Drei Fremde suchen Bethlehem

Das Spielforum - 205
Spieltyp: Weihnachtsspiel
Inge Barth-Grözinger
Spielanlaß: Alle Weihnachtsfeiern
Drei Fremde
Spielraum: Kleine Bühne kann genügen,
suchen Bethlehem
Lichtregie ist notwendig
Spieler: 9 männliche, zwei weibliche oder
Dritte Auflage - ISBN 3-7695-0319-8
8 männliche, 3 weibliche Spieler
Bestimmungen über das Aufführungsrecht
Spieldauer: Ca. 30 Minuten
Das Recht zur einmaligen Aufführung dieses Stückes
Aufführungsrecht: Bezug von 10 Textbüchern
wird durch den Kauf der vom Verlag vorgeschriebenen
Personen:
Bücher erworben. Für jede Wiederholung bzw. weitere
Der Erzähler
Aufführung des Stückes muß eine vom Verlag
Der Vater
festgesetzte Gebühr vor der Aufführung an den
Die Mutter
Deutschen Theaterverlag PF 10 02 61, D-69442
die Kinder, ca. 16 Jahre alt:
Weinheim/Bergstraße gezahlt werden, der dann die
Peter/Petra
Aufführungsgenehmigung erteilt.
Harald
Für jede Aufführung in Räumen mit mehr als 300 Plätzen
drei fremde Männer
ist außer dem Kaufpreis für die vorgeschriebenen
Herr Siebenschön
Rollenbücher eine Tantieme an den Verlag zu
Frau Siebenschön
entrichten.
Herr Schröder
Diese Bestimmungen gelten auch für
Zur Charakterisierung
Wohltätigkeitsveranstaltungen und Aufführungen in
"Die Fremden" sollten auch so aussehen. Sie sollten leicht
geschlossenen Kreisen ohne Einnahmen.
gebrochenes Deutsch sprechen, aber nicht karikierend.
Unerlaubte Aufführungen, unerlaubtes Abschreiben,
"Die Siebenschöns" dürfen ebenfalls keine Karikaturen
Vervielfältigen oder Verleihen der Rollen müssen als
sein. Allerdings sollten sie als Prototypen des bornierten,
Verstoß gegen das Urheberrecht verfolgt werden. Den
mit sich selbst und seinem Wohlergehen beschäftigten
Bühnen gegenüber als Handschrift gedruckt.
Paares wirken. Die Kinder im Stück sind Brüder. Aus
Alle Rechte, auch die der Übersetzung, Verfilmung,
"Peter" kann aber ohne weiteres "Petra" werden.
Rundfunk- und Fernsehübertragung, sind vorbehalten.
(Auftritt Sprecher, die Bühne ist noch dunkel. Der
Das Recht zur Aufführung erteilt ausschließlich der
Vorhang kann geschlossen oder schon geöffnet sein)
Deutsche Theaterverlag PF 10 02 61, D-69442
SPRECHER:
Weinheim/Bergstraße.
Meine Damen und Herren, wir begrüßen sie ganz
Für die einmalige Aufführung dieses Stückes ist der Kauf
herzlich. Sie erwarten nun ein Stück über Weihnachten,
von 10 Textbüchern vorgeschrieben. Zusätzliche
ein Weihnachtsspiel, etwas Erbauliches vielleicht. Unser
Textbücher können zum Katalogpreis nachbezogen
kleines Spiel aber handelt vom Fremdsein. Gut, die
werde
Handlung findet am zweiten Weihnachtsfeiertag statt,
Kurzinformation
aber was sich da im Hause der Müllers, der Schulzes
Thema dieses Weinachtsstücks ist das Fremdsein. Die
oder Maiers, wie immer sie heißen mögen, abspielt, hat
routinierte Unfreundlichkeit im Umgang der
doch nichts mit Weihnachten zu tun - oder?
Familienmitglieder wird unterbrochen durch das
(Sprecher ab)
unvermutete Auftreten dreier Ausländer, die eine
(Beleuchtung. Man sieht ein gutbürgerliches
Auskunft einholen möchten. Die Reaktion auf die
Wohnzimmer im Stil unserer Zeit. Wichtig sind ein
Fremden ist bei jedem anders. Da keiner die verlangte
Eßtisch mit Stühlen, eine Sitzgruppe, etwas im
Auskunft geben kann, einigt man sich, Nachbarn um Rat
Hintergrund, nicht zu dominierend aber auffällig
zu fragen, kommt miteinander ins Gespräch und
präsent, der Fernsehapparat, eine künstliche Tanne mit
begreift, daß Weihnachten ein Fest sein kann, das die
Schmuck. Zwei Auf- bzw. Abgänge: links hinten zur
Erfahrung von Nähe und Liebe wieder ermöglicht.
Küche, rechts vorn zur Diele. Auftritt des Vaters)
1
VATER:
Ein Santa ... was?
(leger gekleidet, Strickjacke, Pantoffeln, unterm Arm die
PETER:
Fernsehzeitschrift, ruft in die Küche, wo die Mutter
Santa-Claus, das ist englisch und heißt Nikolaus. Wer das
unsichtbar werkelt)
heißeste Kostüm mitbringt, kriegt einen Preis. Also
Mutti, hol doch mal ein paar Bier aus dem Keller.
Winni hat da was ganz Tolles ...
MUTTER:
VATER:
(noch unsichtbar)
(laut)
Ich kann jetzt nicht, ich bin noch nicht fertig mit dem
Santa Klos, Santa Klos ... wo sind wir denn. Ihr mit
Abendbrot.
eurem Englisch-Kram. Bei uns wird jetzt Weihnachten
VATER:
gefeiert, verstanden! Ordentliche deutsche
Beeil dich, die Show fängt gleich an.
Weihnachten, und jetzt ab in den Keller!
MUTTER:
PETER:
Schick doch einen von den Buben.
(maulend ab)
VATER:
Immer ich, warum nicht Harry? Der hockt sowieso den
Wo stecken die denn überhaupt? Harald, Peter ...
ganzen Tag vor dem Computer.
(Pause, nach einer Weile lauter)
VATER:
Harald, Peter ...
(ruft ihm nach)
PETER:
Den knöpf ich mir auch gleich vor, keine Angst.
(schick gekleidet, discomäßig sozusagen, steckt den Kopf
(laut)
zur Dielentür herein)
Harald, Harald ... gleich setzt's aber was!
Was brüllst du denn so, was'n los?
MUTTER:
VATER:
(steckt den Kopf zur Tür herein, in weinerlichem Ton)
Hol mal ein paar Bier aus dem Keller und komm dann
Hilft mir denn keiner? Ich werd nicht fertig bis zur
rüber. Wir wollen es uns jetzt ein bißchen gemütlich
Sendung.
machen.
VATER:
(hat in der Zwischenzeit Stecker für elektrischen
Ich schick gleich Harald. Warum mußtest du heute
Tannenbaum eingesteckt, evtl. eine Schallplatte
abend auch noch in die Kirche gehen? Selber schuld.
aufgelegt. Sehr leise könnte zum Beispiel "White
MUTTER:
Christmas" ertönen)
Weil Weihnachten ist. Da muß wenigstens einer gehen.
PETER:
Ist ja 'ne Schande.
Gemütlich machen, wenn ich das schon höre! Den
VATER:
ganzen Abend vor der Glotze sitzen und futtern. Das
Ach was, die Pfarrer verdienen ihr Geld auch ohne dich.
süße Zeug kommt mir schon zu den Ohren raus. Ich hau
Zum Donnerwetter nochmal, HARALD!
jetzt ab, geh in die Disco.
(Letzteres brüllend)
VATER:
HARALD:
Ich hör wohl nicht recht - Disco, Disco am zweiten
(in Jogginganzug und Strümpfen, sollte etwas
Weihnachtsfeiertag! Also zu meiner Zeit hätten wir nicht
unordentlich aussehen, widerwilliger Gesichtsausdruck,
mal im Traum daran gedacht, an Weihnachten von
man merkt, er ging nur ungern vom Computer weg)
zuhause wegzugehen. Weihnachten - das Fest der
Was'n los?
Familie, merk dir das. Und deshalb wird schön zu Hause
VATER:
geblieben.
(äfft ihn nach)
PETER:
Was'n los, was'n los ...
Ich glaub', ich steh' im Wald. Ich hab mich schon mit
(wütend)
meinen Kumpels verabredet. Heut abend läuft 'ne ganz
Warum gibst du keine Antwort? Und wie siehst du
heiße Sache, 'n Santa-Claus-Wettbewerb.
überhaupt aus? So rumzulaufen, an Weihnachten. Du
VATER:
gehst jetzt gleich in die Küche und hilfst deiner Mutter.
2
(Harald maulend ab. Peter kommt zurück mit den
und gestikuliert. Harald kommt ebenfalls aus der Küche,
Bierflaschen, trägt sie in die Küche, von dort wird ein
stellt sich neben seine Mutter)
kurzer Streit mit Harald hörbar. Der Vater hat es sich
VATER:
zwischenzeitlich im Sessel bequem gemacht und mampft
(weiterhin gekünstelt)
Plätzchen. Zaghaftes Klingeln an der Haustür. Peter
Na, meine Herren, was kann ich für Sie tun?
kommt zurück)
MANN 1:
VATER:
Entschuldigen Sie, aber wir ... wir haben uns verirrt, Sie
Sieh mal nach. Wer kann denn das noch sein?
verstehen, wir sind fremd, ja, Fremde.
PETER:
(Schauspieler erstarren in ihrer jeweiligen Position,
Ach, Mann, darf ich dann in die Disco?
Beleuchtung wird zurückgefahren, man muß die
VATER:
Personen aber noch sehen können. Der Sprecher tritt
Verschwinde jetzt.
auf)
(Peter ab. Kurze Pause)
SPRECHER:
PETER:
Fremd-Sein, in der Fremde sein. Vielleicht hat es doch
(etwas verstört)
etwas mit Weihnachten zu tun? Joseph und Maria waren
Du Vati, da sind drei Männer, die haben sich verlaufen.
fremd in der Stadt Davids, obwohl ihre Vorfahren von
VATER:
dort stammten. Sie waren Fremde, die nirgends
Verlaufen? Wir sind doch nicht in der Wüste. Was
willkommen waren. Im Stall mußte Maria dann ihren
wollen die denn?
Sohn zur Welt bringen, wie wir ja alle längst wissen.
PETER:
Fremd waren auch die Heiligen Drei Könige, fremd in
Sie fragen, ob wir nicht einen Stadtplan haben. Sie
dem Land, in dem sie den unbekannten neugeborenen
suchen, glaube ich, eine bestimmte Straße.
König suchten. Auch sie waren angewiesen auf die
VATER:
Freundlichkeit der Leute, ihre Hilfe, ihr
Na ja, hol sie rein. Weil Weihnachten ist. Aber wenn das
Entgegenkommen.
wieder so Zeitschriftenwerber ...
(ab. Beleuchtung wird wieder hochgefahren)
(wird unterbrochen. Drei Männer schieben sich
VATER:
vorsichtig und schüchtern herein. Sie tragen Mäntel,
Aha, aha. Wo wollen Sie denn hin?
Jacken oder Parka, evtl. mit Schal. Sie müssen verfroren
MANN 1:
und müde aussehen. Zwei von ihnen halten krampfhaft
Straße heißt ...
Plastiktüten mit Aufschrift "ALDI" o. ä. fest)
(zieht einen Zettel heraus)
VATER:
hier: Betlehemstraße.
(gekünstelt, leutselig)
(er reicht Vater den Zettel)
Guten Abend, guten Abend, na, nur rein in die gute
VATER:
Stube.
(liest)
MÄNNER:
Betlehemstraße 17. Merkwürdig. Mutti, weißt du, wo die
(im folgenden unterschieden als Mann 1, Mann 2, und 3,
Betlehemstraße ist?
zusammen)
MUTTER:
Guten Abend.
(ist nähergekommen, schaut Vater über die Schulter)
(Bleiben zusammengedrängt am Eingang stehen)
Keine Ahnung.
VATER:
(zu den Buben)
(leise zu Peter)
Weiß einer von euch ...
Das sind ja Ausländer!
(Peter schüttelt den Kopf)
PETER:
HARALD:
(zuckt mit den Schultern)
Noch nie gehört.
Na und?
MUTTER:
(Mutter kommt aus der Küche, schaut Vater fragend an
Suchen Sie da etwas Bestimmtes?
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