Mit Italianità und schweizerischer Qualität ein altes Handwerk lernen und erhalten Zu Beginn der 1950er Jahre wurde die Weberei des Puschlavs mit dem Zweck gegründet, den jungen Frauen des Tales die Möglichkeit zu geben, einen Beruf zu erlernen, sowie sich die nötigen Kenntnisse anzueignen, um zu Hause einer lohnenden Tätigkeit nachzugehen. In jenen Jahren beschäftigten vor allem die enorme Abwanderung der Jungen (zwischen 50% und 70%) und die damit zusammenhängende Entvölkerung die lokalen Behörden. Die Gründungen der Tessitura und des lokalen Museums waren Massnahmen, um die Kultur und Geschichte eines der vier italienischsprachigen Tälern Graubündens zu schützen und zu erhalten. Es war nicht einfach, eine so komplexe und schon damals fast vergessene Kunst wieder einzuführen. Aber nach einigen positiven Erfahrungen, haben im Herbst 1955 vier junge Lernende die Webereischule eröffnet. Nur zwei Jahre nach der Eröffnung, musste die Schule sich einem Problem stellen, welches auch in den Folgejahren immer wieder auftrat; Es erwies sich als schwierig, interessierte junge Leute zu finden, welche für diesen körperlich und geistig anspruchsvollen Beruf geeignet sind. Dennoch sind im Verlauf der Jahre mehr als zwanzig Lernende mit Erfolg ausgebildet worden, unter ihnen auch Jessica Correia de Freitas-Näf. Sie arbeitet heute als Weberin in der Tessitura und ist verantwortlich für die Ausbildung der jungen Lorena Zanchi, welche im Juli 2015 ihre Lehre im Team der Weberei begonnen hat. Heute, genau 60 Jahre nach der Gründung der Webereischule, dauert die Ausbildung zur GewebegestalterIn EFZ drei Jahre. Die Kurse der Allgemeinbildung werden an der Berufsschule in Poschiavo besucht, während die Berufskunde auf Bundesebene zentralisiert ist und im Bildungszentrum Palottis in Schiers sowie in der Tessanda in Santa Maria absolviert wird. Aber kehren wir zur Geschichte zurück … Mehr als zwanzig Jahre haben die Weberinnen Stoff in ihren privaten Wohnungen produziert oder auch bei ihren Treffen im Sitz der Weberei, welcher mehrmals gewechselt hat. Im Jahr 1980 ist die Produktion sowie der Verkauf der Produkte in die Gebäude des Palazzo de Bassus-Mengotti verlegt worden, ein historisches Gebäude im Dorfkern von Poschiavo, wo auch das puschlaver Museum untergebracht ist. Seit seiner Gründung und bis Ende der neunziger Jahre hat Letizia Pedrussio-Gisep sich alleine, aber mit grossem Einsatz und Hingabe, um die Ausbildung der Lernenden und um die Produktion gekümmert. In den letzen Jahren hingegen, war die Tessitura mit verschiedenen Wechseln der Geschäftsführung konfrontiert, welche sie im Jahr 2012 fast in den Konkurs gebracht hätten. Das Engagement sowie der starke Wille, diese Institution mit ihren Idealen der Gründer zu erhalten, haben der Tessitura erlaubt, diese Krise zu überleben. Gegenwärtig kann sie auf die Mitarbeit von drei Weberinnen, zwei Schneiderinnen und einer Lehrtochter zählen, welche Voll- oder Teilzeit arbeiten. Dazu kommen viele Freiwillige, welche sich in ihrer Freizeit ehrenamtlich der Betriebsführung und dem Verkauf der fertigen Produkte widmen. So konnten die Produktionskosten optimiert werden und dadurch die Verkaufspreise leicht gesenkt werden. Für die ausschliesslich in Handarbeit gefertigten und sehr widerstandsfähigen Produkte wird nur Material bester Qualität verwendet. Diese Produkte müssen aber in ihrem Marktsegment mit industriell- und billig hergestellten Produkten kämpfen. Der Unterschied zwischen diesen Produkten ist den Kunden leider nicht immer bewusst. Häufig können sie die hohen Preise nicht nachvollziehen, da sie den grossen Aufwand nicht kennen, welcher hinter einem handgewobenen Handtuch, einer Schürze oder einem Tischtuch steht. Aus diesem Grund hat die neue Direktion den Fokus auf die Entwicklung und Verbesserung der Produktion und der Betriebsführung gelegt. Sie will aber auch die Kundschaft sensibilisieren, zum Beispiel mit Besuchen im Atelier oder durch neue Kommunikations- und Verkaufskanäle (www.tessitura.ch). Ein Besuch in der Tessitura ist die lange Reise ins Puschlav wert, in ein Tal Graubündens, welches verzaubert zwischen Bergen schwebt, in einem perfekten Gleichgewicht zwischen italienischer Kultur und schweizerischer Qualität.
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