Radeln entlang der Ilm

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LOKAL SPEZIAL
IL4-1
Donnerstag, 20. August 2015
Der Ilmtal-Radweg
Die Etappen
Beliebtester Radweg in Thüringen
und 4-Sterne-Qualitätsradroute:
Der Ilmtal-Radweg beginnt in Allzunah am Rennsteig auf 753 Metern
über null und endet in Kaatschen
(120 Meter über NN) bei Großheringen, wo die Ilm in die Saale mündet. Auf diesen 125 Kilometern gibt
es viel Natur, Geschichte und Kultur
– von der Ilmquelle über Städte
wie Ilmenau, Stadtilm, Kranichfeld,
Bad Berka, Weimar und Apolda bis
Bad Sulza. Eine Studie im Auftrag
der Thüringer Tourismus GmbH ergab, dass der Ilmtal-Radweg der
beliebteste Radweg in Thüringen
ist. Burgen, Schlösser und UNESCOWelterbe-Stätten reihen sich aneinander. Es lohnt, sich ausreichend
Zeit zu lassen, um Sehenswürdigkeiten zu entdecken und die Thüringer Küche genießen zu können.
Als erste Radroute in Thüringen
wurde sie vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) als
ADFC-Qualitätsradroute mit vier
Sternen ausgezeichnet.
Freies-Wort -Redakteur Uwe Appelfeller hat den Ilmtal-Radweg an
zwei Tagen erkundet und dabei die
Strecken von Allzunah bis Bad Berka (70 Kilometer) und am zweiten
Tag von Bad Berka bis Kaatschen
(64 Kilometer) zurückgelegt. Dabei
hat er sich auch links und rechts
des Radweges ein wenig umgesehen – die tatsächlichen Streckenlängen wären natürlich etwas kürzer, wenn man sich strikt an den
vorgegebenen Radweg hält. Der
Radweg eignet sich für eine Wochenend-Tour, lässt sich aber auch
in mehr Etappen aufteilen. Der zuständige Fremdenverkehrsverband
Weimarer Land empfiehlt auf der
Internetseite www.ilmtal-radweg.de
sogar, den Radweg in fünf Tagesetappen (zwischen 14 und 36 Kilometern Länge) aufzuteilen.
An- und Abreise
Auf dem Ilmtal-Radweg rollt es gut, wenn auch nicht immer am Ufer des Flusses – hier bei Gräfinau Angstedt.
Fotos: Appelfeller
Radeln entlang der Ilm
Die Ilm
Die Ilm beginnt ihren Lauf am
Nordhang des Thüringer Waldes
nördlich von Stützerbach, etwa 575
Meter über dem Meeresspiegel.
Dort fließen die Quellbäche Lengwitz, Freibach und Taubach zusammen. Inklusive des längsten Zuflusses Freibach kommt die Ilm auf
etwa 130 Kilometer Länge und erreicht ein Einzugsgebiet von mehr
als 1000 Quadratkilometern. In
dem Einzugsgebiet gibt es keine
Talsperre, was für eine Mittelgebirgslandschaft etwas ungewöhnlich ist. Größter Stausee ist der 42
Hektar große Speicher Hohenfelden. Die Ilm mündet an der Grenze
zu Sachsen-Anhalt bei Großheringen als linker Nebenfluss in die
Saale. Nach Saale, Werra und Unstrut ist die Ilm der viertlängste
Fluss Thüringens.
Die Ilm entsteht hier bei Stützerbach aus drei verschiedenen
Quell-Zuflüssen.
Aktuelle Umleitungen
Für die Schafstegbrücke über die
Ilm zwischen Griesheim und Stadtilm wird ein Ersatzneubau geschaffen. Bis voraussichtlich Oktober
2015 wird der Radweg zwischen
Griesheim und Stadtilm über Niederwillingen umgeleitet. Der Radweg ist während der Bauarbeiten
zwischen Griesheim und Stadtilm
voll gesperrt, da eine Überfahrt der
Ilm hier nicht möglich ist. Seit Februar 2015 laufen in diesem Bereich
Baumaßnahmen für den Brückenneubau der B90n. In Gräfinau-Angstedt werden bis voraussichtlich
Ende September Bauarbeiten durch
den Wasser- und Abwasserverband
Ilmenau durchgeführt. Die Umleitung über die Straße „Hinter den
Gärten“ ist ausgeschildert, es handelt sich um einen kurzen Umweg.
Der Ilmtal-Radweg hat vier
Sterne und gilt als Thüringens beliebteste Tourenrad-Strecke. Freies Wort hat
getestet: Die Route ist sehr
abwechslungsreich, hat
aber kleine Schwächen.
Von Uwe Appelfeller
A
m Anfang stellt sich die Frage:
Wie kommt man zum Startpunkt des Radweges? Das ist gar
nicht so einfach, wenn man nicht
zufällig zu den zwei Dutzend Einwohnern des kleinen Örtchens Allzunah am Rennsteig gehört. Man
kann also, etwa von Ilmenau aus, mit
dem Fahrrad auf den Rennsteig kurbeln, man kann sich mit dem Auto
hinbringen lassen, oder man kann
öffentliche Verkehrsmittel nutzen.
Letzteres will ich testen: Mit dem
Bus des Ilmenauer Omnibusverkehrs
IOV zum Beispiel kann man ab Ilmenau bis zur Rennsteigkreuzung in
die Nähe von Allzunah gelangen.
Das Problem: Der Bus nimmt nur
zwei Fahrräder mit, und wenn jemand mit Kinderwagen zusteigt, ist
Endstation für Radfahrer, wird mir in
der Ilmenau-Information gesagt.
Ich radle also zum Ilmenauer Busbahnhof, und dort bilden sich die
ersten Schweißperlen auf meiner
Stirn: Unter den vielen Fahrgästen
der Linie 300 ist auch ein Ehepaar
mit zwei Fahrrädern vor mir am Einstieg. Der Busfahrer zeigt sich aber
kulant, nimmt alle drei Fahrräder
mit – wobei ich meine, dass sogar
noch ein viertes in den Bus gepasst
hätte. Auch eine ältere Frau, die später mit einem Rollator zusteigt, ist
kein Problem: Ihr kleines Gefährt
passt auch noch in den Bus, dann
wird es aber langsam eng.
Nach einer knappen halben Stunde ist die Rennsteigkreuzung erreicht, die zwei Kilometer auf der
Straße und auf Waldwegen nach Allzunah sind eben und schnell geradelt. In Allzunah verlockt das Café
Spindler zu einer Einkehr, nicht aber
an dem Donnerstag, an dem ich starte: Da ist ebenso Ruhetag wie freitags. Ein Radweg-Schild zeigt, dass
hier nicht nur der Ilmtal-Radweg anfängt, sondern auch die Mitte des
Rennsteigradweges ist. Ein Radwege-
kreuz also. Neben mir lassen sich
zwei Radler von einer Frau mit dem
Auto absetzen, die wünscht ihnen
eine gute Reise und hofft: „Vergesst
unterwegs nicht wieder die Hälfte!“
Dann rollen sie den Berg hinab.
Auch ich starte. Bis Stützerbach geht
es fünf Kilometer nur abwärts, wegen
der warmen Temperaturen locken
hier das Wassertretbecken und das
Freibad. Einige andere Radler quälen
sich auf der kleinen Nebenstraße in
Gegenrichtung nach Allzunah, ich
beneide sie nicht wirklich.
Kurz nach Stützerbach erst kommt
man zur wirklichen Quelle der Ilm:
Der namensgebende Fluss entsteht
hier durch die Zusammenflüsse der
Quellen Lengwitz, Taubach und Freibach. Ein Schild weist darauf hin,
überhaupt stehen entlang des Radweges sehr viele informative Schilder
mit Wissenswertem zur jeweiligen
Region. Im Freibachtal zum Beispiel
erlebt man mehrere Hundert Meter
sensible Natur, der Radweg wurde
hier bewusst nur auf einer kurzen
Strecke ausgebaut.
Von Höhenmetern ist er übrigens
nicht frei, auch wenn man flussabwärts radelt: Der erste Anstieg
kommt noch vor dem Manebacher
Campingplatz Meyersgrund.
Ein kurioser (Rad-)Wegweiser am
Campingplatz bei Manebach.
Nach einigen Hundert Metern
Hauptstraße in Manebach geht es
durch den Wald weiter nach Ilmenau, am „Nadelöhr“ Tannebrücke
wird gerade gebaut – wie später auch
am Ilmufer. Deswegen wird der Radweg in Ilmenau derzeit umgeleitet,
und nicht nur hier: Bis Stadtilm gibt
ILMTAL-RADWEG
AUTOBAHNDREIECK
ERFURT-NORD
KaatschenWeichau
Bad Sulza
Niederossla
Oßmannstedt
ERFURT
A71
APOLDA
WEIMAR
E40
A4
Mellingen
JENA
Anfahrt: Nach Allzunah mit dem eigenen Auto oder über die Bahnhöfe
Rennsteig (2,5 Kilometer bis Allzunah; wird aber nur am Wochenende/Feiertagen angefahren),
Oberhof (20 Kilometer), Gehlberg
(17 Kilometer) und Ilmenau (15
Kilometer). Ab Ilmenau weiter mit
dem Bus Richtung Frauenwald, allerdings gibt es nur begrenzte Radstellplätze im Bus. Bahnhöfe für
„Quereinsteiger“ flussabwärts gibt
es in Kranichfeld, Bad Berka, Weimar, Oßmannstedt, Apolda, Bad
Sulza.
Abreise: Am Endpunkt bei Großheringen oder in Bad Sulza kann man
die Bahnhöfe zur Abreise nutzen,
es gibt stündliche Direktverbindungen zum Beispiel nach Erfurt. In
Thüringen werden Fahrräder in
Nahverkehrs-Zügen übrigens kostenlos mitgenommen.
Bad Berka
ARNSTADT
Tourist-Informationen
Kranichfeld
AUTOBAHNKREUZ
ERFURT
Kleinhettstedt
Stadtilm
Allzunah - Stützerbach - Manebach - Ilmenau Griesheim
Langewiesen - Gräfinau-Angstedt - Cottendorf Griesheim - Stadtilm - Kleinhettstedt - Dienstedt Kranichfeld - Tannroda - Bad Berka - Hetschburg Gräfinau-Angstedt
Buchfahrt - Oettern - Mellingen - Taubach Manebach
Ehringsdorf - Oberweimar - Weimar (Kegelbrücke) ILMENAU Langewiesen
Kromsdorf - Oßmannstedt - Oberrossla Stützerbach
Niederrossla - Zottelstedt - Mattstedt - Wickerstedt Allzunah
Eberstedt - Darnstedt - Bad Sulza - Großheringen Kaatschen-Weichau
A73
2km
Grafik: A. Roch
maps4news.com/©HERE
Die erste von zwei Tagesetappen führte von Allzunah nach Bad Berka.
es derzeit fünf kleinere oder größere
Umwege, zumeist wegen Straßenoder Wegebauarbeiten. Den längsten, etwas unangenehmen Umweg
muss man zwischen Griesheim und
Stadtilm in Kauf nehmen, und zwar
über einen Hügel bei Niederwillingen – oder über die Bundesstraße.
In Ilmenau hat sich ein Bekannter
spontan entschlossen, mich auf dem
Radweg zu begleiten. Bereits bei
Stadtilm aber hat er eine Bordsteinkante übersehen, rumpelt darüber
und holt sich eine wohlgeformte
Acht ins Hinterrad, inklusive eines
Speichenbruchs. Der Besitzer eines
Stadtilmer Fahrradladens kann die
Panne zwar beheben, hat aber erst ab
15 Uhr Zeit für uns und braucht erwartungsgemäß eine Stunde zum
Einspeichen des Rades. Wir vertreiben uns die Zeit bei einem Eiskaffee.
Da wir deshalb gegen 16 Uhr erst in
Stadtilm weiter können, verwerfen
wir unseren Plan, am ersten Abend
bis Weimar zu radeln, und beschließen stattdessen, uns in Bad Berka ein
Quartier zu suchen. Das liegt mit
knapp 70 Kilometern Strecke etwa in
der Mitte des Ilmtal-Radwegs. Bis
dorthin warten aber noch einige Se-
henswürdigkeiten auf uns: die Senfmühle und der Maisirrgarten in
Kleinhettstedt, die Karsthöhle bei
Dienstedt oder Kranichfeld mit den
beiden Burgen (Oberschloss und Niederburg, mit Falkner-Vorführung).
Die Sonne drückt unterdessen, und
die Ilm führt wegen der Hitze nur so
wenig Wasser, dass es sich kaum
lohnt, einmal die Fußsohlen ins
Flüsschen zu halten.
In Bad Berka hilft uns die nette
Frau in der Kurverwaltung, eine Unterkunft zu finden. Das entpuppt
sich als nicht ganz einfach: Da wir
nicht die teuersten Hotelzimmer
nehmen wollen, muss sie mehrfach
telefonieren, bis sie in einer Radlerpension (Velo Inn) zwei freie Zimmer
ermittelt hat. In Weimar wäre das
aber noch schlimmer, sagt sie uns:
„Dort ist fast immer alles ausgebucht.“ Eine Vorab-Reservierung wäre dann also durchaus hilfreich.
Abendessen gibt es in Bad Berka
nach einem kurzen Stadtbummel in
einem der beiden schönen Biergärten, „Zum Nagel“, wo der mit sieben
Metern größte Nagel der Welt mit
Sonnenuhreffekt steht. Guinnessbuch-getestet, natürlich. Teil 2 folgt
Bei der Suche nach Übernachtungsmöglichkeiten, Sehenswürdigkeiten
und anderem können am besten die
Tourist-Informationen entlang des
Radweges helfen:
Stützerbach (Kurverwaltung)
036784/50211
Manebach (Haus des Gastes)
03677/842768
Ilmenau 03677/600300
Langewiesen 03677/807720
Gräfinau-Angstedt (Gemeindeverwaltung) 036785/5880,
Stadtilm 03629/668836
Kranichfeld 036450/42021
Bad Berka (Kurverwaltung)
036458/5790 oder 19433
Weimar 03643/7450 oder
54485550
Apolda 03644/650100
Bad Sulza 036461/8210
Sehenswürdigkeiten
Frauenwald: Stasi-Bunkermuseum,
Stützerbach: Goethe- und Glasmuseum, Wassertretbecken, Manebach: Heimatstube im Haus des
Gastes, Ilmenau: Amtshaus mit
Goethe-Stadt-Museum, Schlittenscheune (Rodelmuseum), Langewiesen: Schaubergwerk „Volle
Rose“, Heinse-Haus, Dörnfeld: Saline-Bohrtürme, Singen: Museumsbrauerei Schmitt (kleinste Brauerei
Thüringens), Niederwillingen: Tunnelmuseum, Stadtilm: Heimatmuseum im Rathaus, Kleinhettstedt:
Kunst- und Senfmühle mit Senfverkostung, Dienstedt: Karsthöhle,
Kranichfeld: Oberschloss, Niederburg mit Falkner-Verführungen,
Baumbachhaus, Tannroda: Korbmachermmuseum, Bad Berka: Coudray-Haus, Gasthof Nagel mit größtem frei stehendem Nagel, Kneippanlage mit Goethe-Brunnen
Die Niederburg ist eines der beiden Schlösser in Kranichfeld.
Tipp: Schwimmbäder
Einen größeren Umweg (etwa
drei Kilometer) müssen Radfahrer bis Herbst 2015 hinter Griesheim in Kauf nehmen.
Ein beliebter Rastpunkt ist die Senfmühle mit Biergarten in Kleinhettstedt.
Die bei Dörnfeld erhalten gebliebenen Salinetürme sind denkmalgeschützt.
Dicht am Radweg gibt es Freibäder
in Stützerbach, Ilmenau, Stadtilm,
Bad Berka, Weimar, Oßmannstedt
und Bad Sulza.