Unterlagen Waldpädagogik-Workshop „Vorwärts zu den Wurzeln“ 4

Unterlagen Waldpädagogik-Workshop „Vorwärts zu den Wurzeln“
4. März 2016
Workshop „Verlier nicht den Boden unter deinen Füßen!“
Ena Smidt
EINIGE GRUNDLAGEN ZUM THEMA BODEN
Was ist ein Boden?
Der Boden ist die dünne Grenzfläche zwischen der Atmosphäre, der Hydrosphäre
und der Lithosphäre, also in Austausch und Wechselwirkung mit Luft, Wasser und
Gestein. Reaktionen, die im Boden stattfinden, haben Auswirkungen auf alle
anderen Sphären, die umgekehrt auch wieder den Boden beeinflussen.
Der Boden besteht aus mineralischen Komponenten, die aus dem darunter
liegenden verwitternden Gestein stammen, aus abgestorbenem organischem
Material, das von oben eingetragen wird, aus Luft und Wasser. Natürliche Böden
haben eine Jahrtausende dauernde Entwicklungsgeschichte hinter sich. Abhängig
von den Umgebungsbedingungen, vor allem Niederschlag und Temperatur, spielen
sich unterschiedliche chemische und physikalische Prozesse in einem Boden ab und
führen im Laufe der Zeit zu einem charakteristischen Bodentyp.
Der Boden ist Lebensraum für Pflanzen, Tiere und Mikroorganismen und stellt ein
komplexes Ökosystem dar. Kleine Nagetiere, Insekten, Würmer, Schnecken und
viele andere Tiere tragen zur Zerkleinerung von Laub, Ästen, Wurzeln, anderen
Pflanzenteilen und toten Tieren bei. Eine wichtige Rolle spielen die Regenwürmer,
die den Boden lockern, pflanzliches Material mithilfe von Tonteilchen verdauen und
als stabiles Ton-Humusgemisch ausscheiden. Fruchtbare Böden sind unter anderem
an einer hohen Regenwurmaktivität zu erkennen. Die meisten Lebewesen im Boden
sind jedoch mit freiem Auge nicht sichtbar und viele von ihnen noch gar nicht
bekannt. Einzellige Tiere, Schimmelpilze und Bakterien bilden die größte Biomasse
und sind am Abbau und der chemischen Umwandlung abgestorbener Lebewesen
hauptsächlich beteiligt. Die chemischen Produkte, die aus diesem organischen
Material entstehen, sind für uns deshalb interessant, weil sie einerseits zur
Bodenbildung beitragen, andererseits als Gase in die Atmosphäre oder gelöst ins
Grundwasser gelangen können.
Was gefährdet den Boden?
Der Boden ist die dünne Schicht der Erdoberfläche, auf der sich alle
lebensnotwendigen Aktivitäten abspielen, auf der wir uns bewegen, wohnen,
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arbeiten, Landwirtschaft betreiben, um uns zu ernähren und um Rohstoffe für
unsere Kleidung oder zur Energieerzeugung zu gewinnen. Wichtig ist der sorgsame
Umgang mit der Ressource Boden. Die Kenntnis der Wechselwirkungen mit Luft,
Wasser und Gesteinen ist eine wesentliche Voraussetzung, um richtige Maßnahmen
für eine nachhaltige Entwicklung zu setzen.
Gefährdet wird der Boden durch Bodenversiegelung (in Österreich täglich 22 ha!!),
den Eintrag von Schadstoffen und die Bodenerosion. Unter Bodenversiegelung
versteht man das Abdecken des Bodens durch Bauwerke (Häuser, Straßen,
Parkplätze, Freizeitflächen). Die Folge ist nicht nur das Verschwinden des Bodens,
sondern auch die verminderte Wasseraufnahme durch Versickerung.
Der Eintrag von Schadstoffen führt zu einer Kontamination des Bodens, die in
schweren Fällen durch sehr teure Maßnahmen saniert werden muss. Aber auch die
unsachgemäße Anwendung von Düngemitteln oder die falsche Bodenbearbeitung in
der Landwirtschaft tragen zur Verschlechterung der Bodenqualität und zu
Umweltproblemen bei.
Verstärkte Bodenerosion ist ebenfalls eine Folge menschlicher Aktivitäten (z.B.
fehlende Pflanzendecke, häufigere Starkregenereignisse durch den Klimawandel
etc.).
Bodenschutz umfasst daher eine Fülle von Maßnahmen auf unterschiedlichen
Ebenen. Eine davon ist das Wissen über das Ökosystem Boden, seine Funktionen,
seine Einmaligkeit und seine Verletzlichkeit. Die Waldpädagogik kann dazu
beitragen, den Blick zu schärfen und diese Zusammenhänge zu verstehen.
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PRAKTISCHER TEIL
1.
Im Wald (ohne besonderes Zubehör möglich; evtl. Schaufeln oder
Spaten mitnehmen)
Die hier beschriebenen Aktivitäten sind ausschließlich für Ausgänge in den Wald
geeignet. Von Vorteil ist es, wenn man eine Profilgrube (muss in der Regel
gegraben werden) oder eine Profilkante (z.B. Straßenböschung) zur Verfügung hat,
da man in diesem Fall die Horizonte (= unterschiedliche Bodenschichten) sehen
kann. An diesen Horizonten lassen sich viele Eigenschaften der Böden, chemische
Vorgänge und Umweltbedingungen ablesen.
Den Boden entdecken
Woraus besteht der Boden? Bestandteile bestimmen und mit der Becherlupe
Ausschau nach Bodentieren halten; Können wir etwas Besonderes entdecken?
Regenwurmgänge, Regenwurmlosung, Wurzelgänge, Farben, Steine…………
Ton, Schluff, Sand bestimmen
Bodenmaterial wird zwischen Daumen, Zeigefinger und Mittelfinger geknetet. Aus
der Konsistenz kann man den Ton-, Schluff- und Sandanteil abschätzen. Enthält ein
Boden viel Ton, können verschiedene Figuren geformt werden. Man kann toniges
Material an Baumstämme kleben und Masken formen (Waldgeister).
Boden fühlen
Wenn es die Witterung und die Art des Bodens erlauben, kann man barfuß oder mit
der Hand die Bodenoberfläche fühlen (Nadeln, Moos, Laub etc.). Kann auch mit
verbundenen Augen als Ratespiel veranstaltet werden.
Pflanzen und Boden
Wir beobachten die Wurzeln verschiedener Pflanzen (krautige Pflanzen, Bäume).
Wie tief reichen die Wurzeln in den Boden? Können wir eine Wurzel bis zu ihrem
Ende verfolgen? Abmessen der Wurzellänge.
Tiere im Boden entdecken (evtl. Becherlupen mitnehmen)
Welche Tiere kannst du erkennen? Gibt es Regenwürmer? Wie tief graben sie sich in
den Boden?
Abbau organischer Materialien (Humusbildung)
Verschiedene Abbaustadien von Pflanzen (Blättern, Holz etc.) beobachten und
beschreiben. Was verändert sich (Farbe, Geruch, Form, Wassergehalt)? Wie lange
dauert es, bis man das Ausgangsmaterial nicht mehr erkennt?
Wie ist die Abbaubarkeit verschiedener Materialien? Wer baut ab? Beobachtungen
aus dem Haushalt (z.B. vom Verderb von Lebensmitteln) oder in der Natur (Wald,
Garten, Komposthaufen).
Tierspuren entdecken
Manchmal kann man auf dem Boden Abdrücke und Spuren von Tieren erkennen.
Wer kann das sein?
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Bodenmaterial für die Körperpflege
Manche Tiere (z.B. Wildschweine) reinigen sich mit Schlamm. Sie wälzen sich in der
Suhle (kleiner Schlammtümpel im Wald) und streifen das überschüssige Material an
Baumstämmen ab (Malbaum), wo es eintrocknet und ein sichtbares Zeichen
hinterlässt. Kann man so einen Malbaum im Wald entdecken?
2.
Experimente (Zubehör notwendig)
Die in diesem Kapitel beschriebenen Aktivitäten können draußen ( ) und/oder
drinnen () durchgeführt werden. Sie sind durch entsprechende Symbole
gekennzeichnet.
Kalkstein bestimmen (, )
Wenn Kalkstein (CaCO3) mit Säure in Berührung kommt, wird der Stein gelöst und
Kohlenstoffdioxid gebildet. Diese Reaktion kann zum Nachweis von Kalkstein
verwendet werden. In der Bodenchemie wird verdünnte Salzsäure (HCl) verwendet
(Vorsicht beim Hantieren!). Angenehmer in der Handhabung ist Zitronensäure, die
im Lebensmittelhandel erhältlich ist.
Den Kalkstein erkennt man am Aufbrausen, das durch die Bildung der CO 2 Bläschen
bei Einwirkung von Säure verursacht wird.
Kann ein Boden sauer sein? - pH-Wert messen (, )
Ein bisschen Bodenmaterial wird mit Wasser vermischt. Mit einem Indikatorpapier
wird der pH-Wert gemessen. Es gibt auch ein einfaches Boden-pH-Meter, mit dem
laut Anleitung der Boden pH-Wert gemessen werden kann. Warum ist es wichtig zu
wissen, ob der Boden sauer ist oder nicht?
Wechselwirkung zwischen Wasser und Boden (, )
Die unterschiedlichen Ladungen der Bodenteilchen bewirken die Ionenaustauschprozesse im Boden. Ein Experiment mit einem positiv geladenen Farbstoff
(Methylenblau) zeigt, dass das vom Methylenblau gefärbte Wasser, das durch einen
mit Bodenmaterial gefüllten Filter fließt, unten farblos ankommt. Dieser Versuch
beweist, dass die beim üblichen pH-Wert unserer Böden negativ geladenen Teilchen
(z.B. Tonminerale) einen positiv geladenen Farbstoff zurückhalten. Bei dem
gleichen Versuch mit Bengalrosa, einem negativ geladenen Farbstoff, geht der
Farbstoff ungehindert durch. Aufgrund der negativ geladenen Gruppen wird
Bengalrosa von den negativ geladenen Teilchen des Bodens abgestoßen. Daraus ist
auch zu erkennen, dass ein negativ geladener Bestandteil eines Stickstoffdüngers
wie das Nitrat leicht ins Grundwasser ausgewaschen wird, was unerwünscht ist.
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Chemischer Nachweis des CO2, das beim biologischen Abbau gebildet wird
(vorbereiten, , )
Bei jedem Abbau organischer Materialien wird unter anderem Kohlenstoffdioxid
(CO2) gebildet. Man kann es nicht sehen, aber beobachten, dass der Feststoff
immer weniger wird. In einem Farbexperiment wird dieses CO2 nachgewiesen. Man
befüllt 2-3 Tage bevor das Experiment gezeigt werden soll eine leere
Kunststoffflasche mit Bioabfällen und verschließt sie locker. Durch den
Schraubverschluss wird ein Loch gebohrt, in das ein Strohhalm gesteckt wird.
In einem durchsichtigen Becher/Glas befindet sich Wasser mit 2-3 Tropfen des
Farbindikators Phenolphthalein. Die Lösung ist klar und farblos, da Phenolphthalein
bei neutralem und saurem pH-Wert farblos ist. Mit einer Messerspitze voll Soda
(Natriumcarbonat) wird die Lösung alkalisch gemacht (ein paar Brösel Waschpulver
genügen auch, um die Lösung alkalisch zu machen). Phenolphthalein reagiert mit
einem Farbumschlag nach pink.
Für den Nachweis wird CO2 durch Druck auf die Kunststoffflasche in diesen Becher
geleitet. Das CO2 senkt den pH-Wert, da Kohlensäure entsteht. Die Lösung wird
wieder farblos.
CO2
Nachweis der
Kohlensäure
alkalisch
Bioabfall
frisch
Bioabfall
1 Woche
Zugabe von Soda
erhöht den pH-Wert,
die Lösung wird durch
das Phenolphthalein
pink
Kompost
6 Monate
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sauer
CO2 senkt den pHWert durch die
Bildung von
Kohlensäure; die
Lösung wird wieder
farblos
Den Farbindikator (Phenolphthalein) bekommt man in einer Chemikalienhandlung
oder über Bestellung im Internet.
Bodenerosion ()
Eine Kiste wird zur Hälfte mit Erde gefüllt. Mit der Gießkanne wird Wasser über die
schräg gestellte Kiste gegossen. Man kann beobachten, dass die Erde mehr oder
weniger schnell weggeschwemmt wird. Man verbessert die Situation, wenn z.B.
kleine Holzstäbchen (Zweige) in die Erde gesteckt werden. Sie zeigen die Funktion
einer Pflanzendecke, die den Abtrag des Bodens durch Erosion verhindern kann.
Fühlboxen - woraus besteht ein Boden? (, )
In 5 geschlossenen Boxen mit schmalen Öffnungen zum Hineingreifen befinden sich
Gefäße mit den Bestandteilen des Bodens: Wasser, Luft (leeres Gefäß!), Sand,
Steine, Blätter und Pflanzenmaterial. Die Bestandteile müssen durch Tasten
erraten werde. Die Boxen können einfach aus leeren Schuhschachteln angefertigt
werden.
Korngrößen bestimmen (, )
Mit Sieben unterschiedlicher Lochdurchmesser, können die Korngrößen und ihr
Anteil am Boden durch Abwiegen bestimmt werden.
Wasserdurchfluss (sandiger, toniger Boden) (, )
Wie schnell das Wasser durch den Boden fließt, kann man mit diesem einfachen
Experiment bestimmen. Um den Unterschied deutlich zu erkennen, verwendet man
zuerst am besten Sand und vergleicht ihn mit einem tonhaltigen Boden.
In eine abgeschnittene Kunststoffflasche mit einem perforierten Boden werden
unterschiedliche Bodenmaterialien eingefüllt. Die Flaschen werden an einem Stativ
befestigt oder aufgehängt. Oben wird eine definierte Wassermenge eingefüllt. In
welchem Becher kommt das Wasser früher an? Die Zeit wird gestoppt, wenn der
erste Tropfen in den Becher fällt. Wenn das gesamte Wasser durchgelaufen ist,
kann man auch erkennen, wie viel Wasser der Boden aufnehmen kann. Wie groß ist
die Differenz zwischen dem aufgegebenen und dem angekommenen Wasser?
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WASSER
WASSER
…………
…………
…………
3.
Kreatives Gestalten
Malen mit Bodenfarben (, )
Grundlage ist eine Mischung von Wasser mit Ei, das mit dem Schneebesen homogen
verteilt wird. Eine kleine Menge dieser Mischung wird mit fein gemahlenem
Bodenmaterial zu einer pastösen Masse angerührt, mit der auf Papier gemalt
werden kann, am besten mit einem Borstenpinsel. Man kann auch Blätter sammeln,
pressen, mit der Masse bestreichen und auf Papier drucken.
Drucken mit
Bodenfarben
Malen mit Bodenfarben
Bodenprofil auf Papier kleben ()
Ein Doppelklebestreifen wird in der Mitte der Länge nach auf ein stärkeres Papier
oder einen Karton (A4 oder A5) geklebt. Nach Abheben des Schutzstreifens wird das
feine Bodenmaterial nach dem Vorbild eines Profils auf dem Streifen fixiert. Wie
kommt man zu einem Bodenprofil? An einer Geländekante ist häufig ein Bodenprofil
zu erkennen. Von den unterschiedlich gefärbten Schichten wird Material
gesammelt, getrocknet und gemahlen.
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Profil eines Bodens
Tonfiguren herstellen (, )
Mit einem tonhaltigen Boden lassen sich Figuren formen. Als Objekte eignen sich
Waldtiere. Die Objekte einfach trocknen lassen. Wenn die Möglichkeit besteht,
können sie auch gebrannt werden.
Literatur
dreck, warum unsere Zivilisation den Boden unter den Füßen verliert (2010)
Montgomery David R., Oekom verlag, München.
Waldböden, Ein Bildatlas der wichtigsten Bodentypen aus Österreich,
Deutschland und der Schweiz (2012) Leitgeb E., Reiter R., Englisch M., Lüscher P.,
Schad P., Feger K.H. (Hrsg.), WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA.
Lehrbuch der Bodenkunde - Scheffer/Schachtschabel (2010) Blume H.-P.,
Brümmer G.W., Horn R., Kandeler E., Kögel-Knabner I., Kretzschmar R., Stahr K.,
Wilke B.-M., Springer Spektrum.
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