Kinder brauchen Väter - JAKO-O Familien

Achim Schad
Kinder brauchen Väter
Die Bedeutung der Väter für die Entwicklung von Jungen und Mädchen
Die Kindererziehung liegt in den Händen der Frauen. In Familie, Kindergarten und Grundschule
spielen männliche Bezugspersonen kaum eine Rolle. Die Bedeutung der Väter und Männer für die
kindliche Entwicklung wird jedoch zunehmend erkannt. Eine stabile Vater-Kind-Beziehung stärkt das
Selbstwertgefühl des Kindes, fördert die Leistungsbereitschaft und wirkt sich auf die
Geschlechtsrollenentwicklung von Mädchen und Jungen positiv aus. Der ergänzende "männliche"
Erziehungsstil ist eher fordernd, risikofreudig und an Regeln und Konsequenzen orientiert, der
„weibliche“ Stil ist eher behütend, umsichtig und beziehungsorientiert.
In diesem Vortrag werden die Rolle des Vaters in der Familie, seine Bedeutung als Bezugsperson in
der Kindererziehung sowie die unterschiedlichen Wirkungen auf die Entwicklung von Jungen und
Mädchen thematisiert.
In vielen Familien bleiben die Väter noch immer zu sehr im Hintergrund und spielen für die kindliche
Entwicklung kaum eine Rolle. Doch das Argument »zu wenig Zeit« gilt nicht, da die Qualität und nicht
allein die Quantität in der Eltern-Kind-Beziehung
ausschlaggebend ist. Auch für beruflich stark beanspruchte Mütter ist eine intensive Beziehung zu
ihren Kindern eine Selbstverständlichkeit.
Ein verändertes Rollenverständnis von Mutter und Vater kann es erst dann geben, wenn die
Bedeutung der Väter für die kindliche Entwicklung einen mit der Bedeutung der Mütter vergleichbaren
Stellenwert erhält.
Die große Bedeutung der Väter für die Geschlechtsrollenidentität der Söhne ist hinlänglich
nachgewiesen.
Ebenso verstärken die Väter die weibliche Geschlechtsrollenidentität im Hinblick auf die späteren
Beziehungen der Töchter zu Männern.
Darüber hinaus werden bei Kindern durch eine stabile Vater-Kind-Beziehung die kognitive
Entwicklung und die Leistungsmotivation positiv beeinflusst.
Die auch von uns Vätern bis heute oftmals unterschätzte Bedeutung für die Entwicklung und
psychische Gesundheit der Kinder lässt sich vor allem ableiten von den negativen Auswirkungen, die
bei Abwesenheit des Vaters in der frühen Kindheit festgestellt worden sind ( s. Artikel:
„Epidemiologische Befunde zur Bedeutung früher Abwesenheit des Vaters für die psychische
Gesundheit“, von Prof. Dr. med. Matthias Franz, Arzt für Psychotherapeutische Medizin am Klinischen
Institut für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.)
Die psychogenen Beeinträchtigungen betreffen Mädchen und Jungen vergleichbar gravierend, wenn
auch mit unterschiedlichen Auswirkungen. Mädchen reagieren auf diese Defizite eher sozial
unauffälliger, da die Folgen eher in psychosomatischen Beschwerden, depressivem Verhalten und
Opferrollen sichtbar werden. Jungen reagieren auf diese Defizite eher sozial auffälliger, da die Folgen
in dissozialem psychischem Verhalten ( Regelverletzungen, Gewalt, Kriminalität), also in aggressivem
Verhalten und Täterrollen sichtbar werden. Drogenkonsum sind bei männlichen und weiblichen
Jugendlichen und Erwachsenen weit verbreitet.
Auswirkungen der Vaterentbehrung bei Frauen:
Frauen haben oftmals Schwierigkeiten, mit positive, lang andauernde Beziehungen einzugehen. Sie
pendeln zwischen Idealisierung des Mannes und Verachtung, da der Idealisierung notwendigerweise
die Enttäuschung folgt. Die Sehnsucht nach väterlicher Beachtung, Anerkennung und Zuwendung
überträgt sich auf den männlichen Partner, wirkliche Nähe und seelische Intimität mit dem Mann ist
diesen Frauen jedoch oftmals nicht möglich, da sie eine emotionale Beziehung zu einem Mann ( das
können neben dem Vater auch Großväter oder ältere Brüder sein) nicht entwickeln konnten.
(Frauen, die in ihrer Ehe glücklich sind, geben eher an, dass ihr Mann dem Vater ähnelt.
Untersuchungen belegen, dass die Beziehung zwischen Vater und Tochter in der Kindheit mit dem
späteren ehelichen Glück korreliert.)
Junge Frauen werden häufiger ungewollt schwanger. Sie werden signifikant öfter Opfer von sexuellen
Übergriffen, da sie mit männlichen Wünschen und Forderungen nicht souverän umgehen können,
sondern darauf unsicher, zu nachgiebig und mit einer ängstlichen Opferhaltung reagieren.
Auswirkungen der Vaterentbehrung auf Männer:
Die männliche Geschlechtsidentität wird unzureichend entwickelt. Der Zugang zu den eigenen
Gefühlen ist erschwert. Die Nähe zu Frauen wird als bedrohlich erlebt, emotionale Hingabe ist nicht
möglich, die Beziehung zu Frauen ist von Machtgebaren und Imponiergehabe geprägt.
Idealisierung männlicher Macht und Suche nach machtvollen männlichen Vorbildern.
Jungen idealisieren männliche Attribute ( körperliche Stärke, Muskelkraft, Kampfbereitschaft,
Siegeswillen), die sich in grotesken maskulinen Phantasiefiguren widerspiegeln, die Kampfmaschinen
darstellen, die über übernatürliche Kräfte, monströse Körper und hochmoderne Waffen verfügen.
Zahllose Filmhelden wie Rambo, Zorro oder der Terminator dienen als Ersatzidentifikationen, da
leibhaftige männliche Bezugspersonen als Vorbilder fehlen, bei denen Stärke und
Durchsetzungsfähigkeit mit liebevoller Zuwendung, Verständnis und Interesse verbunden werden
kann.
Starke Vorliebe für Waffen, Orden, Titel, Auszeichnungen, die Überlegenheit und Macht signalisieren.
(Junge Männer mit einer labilen männlichen Identität hegen nicht selten Sympathien für
rechtsradikalen Positionen und Organisationen mit militärischer Befehlsstruktur).
Die Männer bleiben als Väter oftmals randständig und entwickeln keine oder nur eine sehr schwache
emotionale Beziehung zu ihren Kindern.
Diese männlichen Jugendliche und junge Männer geraten oft mit dem Gesetz in Konflikt, (sie
erreichen dadurch in pervertierter Form die Zuwendung von Männern in Form von Polizisten, Richtern,
Vollzugsbeamten, Bewährungshelfern und Sozialarbeitern.)
Die Rolle des Vaters in der Familie
Die ideale Vaterrolle gibt es nicht. Jede Familie ist anders und Familien durchlaufen verschiedene
Phasen, in denen sich die Elternrollen und damit auch die Vaterrolle wandelt. Es gibt immer noch
Familien, in denen der Vater hauptsächlich als Ernährer in Erscheinung tritt und wo die Erziehungsund Betreuungsarbeit komplett in der Zuständigkeit der Mutter liegt. Es gibt am anderen Ende der
Skala Familien, in denen der Vater Hausmann und Vollzeitvater ist, die Mutter Alleinverdienerin und
nach Feierabend auch noch Arbeit mit nach Hause bringt. Und es gibt alles dazwischen.
Entscheidend für die Entwicklung der Kinder sind zwei Aspekte:
1. Die jeweilige Rollenteilung sollte von beiden Eltern akzeptiert werden, die Kinder spüren die
gegenseitige Wertschätzung und Unterstützung der Eltern in den jeweiligen Aufgaben.
2. Der Allein- oder Haupternährer - in den meisten Familien immer noch der Vater - nimmt sich
im Rahmen seiner beruflichen Möglichkeiten Zeit für die Familie und zeigt Interesse und
Engagement für seine Kinder.
Kinder spüren genau, ob die Eltern sich gegenseitig in ihren Elternrollen respektieren oder ob
unterschwellig Kritik und Missbilligung erfolgt.
Kinder spüren, ob die Abwesenheit berufsbedingt ist oder ob der Vater den Kindern erst die vierte
oder noch geringere Priorität einräumt.
Der an den Kindern interessierte, in die Familie integrierte Vater sollte mit der Mutter das Zentrum der
Familie bilden. Eine eigenständige und damit eigenverantwortliche Beziehung der Väter zu ihren
Kindern ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung.
Die Mutter sollte nicht zwischen Vater und Kind vermitteln ( »Der Papa ärgert sich, wenn du so laut
bist!«), der Vater sollte nicht den Kontakt zum Kind über die Mutter laufen lassen ( »Hat der Junge
seine Hausaufgaben erledigt?«). Klare Absprachen
darüber, wann wer für die Versorgung und Betreuung der Kinder verantwortlich ist, unterstützen die
Eigenverantwortlichkeit der Väter und helfen den Müttern, die Kinder loszulassen. Um den Vätern
Raum für die Entwicklung einer eigenverantwortlichen Beziehung zu ihren Kindern zu ermöglichen, ist
es empfehlenswert, ab der Geburt der Kinder „Teamregeln“ zu vereinbaren, da Paare mit Beginn der
Elternschaft häufig wieder in die traditionellen Rollen zurückfallen. Dieser „Rückfall“ wird durch
gesellschaftliche Rahmenbedingungen stark begünstigt: Die Gehaltsstruktur in der Berufswelt (Frauen
verdienen bei gleicher Arbeit oftmals noch immer weniger als Männer), die Steuergesetzgebung
(Ehegattensplitting) und auch das geschlechtsspezifische Statusdenken ( In Paarbeziehungen hat der
Mann meistens das höhere Einkommen) führen dazu, dass Männer der Erwerbsarbeit und Frauen der
Familienarbeit den Vorrang geben, was zumeist auch von beiden so gewollt ist.