Gedichte vom Gedichtwettbewerb 2015

Die Gedichte der Gewinner des Gedichtwettbewerbs „Ismaning dichtet“
werden in der Reihenfolge wiedergegeben, wie sie am Vortragsabend
vorgetragen worden sind
„Ungereimtes aus Ismaning“ von Reiner Knäusl
In Ismaning findst Du oft nicht,
was mancher Name Dir verspricht:
Gehst Du zur Torfbahn hier im Dorf,
dann siehst Du vieles, nur kein’n Torf;
beim Wirt Zur Mühle tust Dir schwer,
gemahlen wird da heut nichts mehr.
Wenn Du ins Bahnhof-Wirtshaus gehst,
gehst Du bei uns halt in die Rest.
Beim Neuwirt gibt’s manch gut’s Gericht,
doch neu – das ist der Neuwirt nicht!
In Fischerhäuser Fischersleute,
die findest Du dort nicht mehr heute.
Die Agrob gibt’s schon lang nicht mehr,
statt Ziegeln stellt man Daten her.
Wir haben zwar ein schönes Schloss,
in Wahrheit ist’s das Rathaus bloß,
wenngleich man manchmal meinen kann,
da wär doch noch ein Schlossherr dran.
Im Kutscherbau, so nebenbei,
die Zeit der Kutschen ist vorbei,
und statt der Halfter und Geräte
bewahrt man dort Gemeinderäte.
Beim Stumpfberg in der Straße drin –
Verkehrsinseln, ganz ohne Sinn,
auf denen man nicht stehen kann –
sonst fährt Dich glatt ein Auto z’am.
Fährst Du zum Dorf nach Norden raus,
dann blinkst Du links – und fährst gradaus!
So findet man manch krummes Ding,
so ist’s bei uns, in Ismaning!
„Klagelied des Dichters“ von Markus Berg
Einst trug’s sich zu, das ist sicher verbrieft,
dass die Gemeindebücherei nach einem Dichter rief.
Sie rief sehr laut, und sie rief oft,
so drang der Ruf, nicht unverhofft,
zu vielen Dichterohren,
auf dass dereinst, im Juli war’s, ein Häuflein ward erkoren.
Zu präsentieren Reim auf Reim, im Park, gleich dort beim Schloss.
Einer der Dichter wollt ich sein, darum mein Hirnschmalz floss.
Zu dichten Verse voller Geist, die engelsgleich erstrahlen,
ok, ich geb es zu, ich wollt auch damit prahlen.
Doch als ich las das Regelwerk, da ward mir angst und bang,
das Epos durfte kurz nur sein, grad 30 Zeilen lang!
Nur 30 Zeilen, die sich lohnen! Das schaff ich nie! Nicht in Äonen!
30 Zeilen, oh mein Gott, welch Kreativkorsett,
wär Shakespeare so was auferlegt, es gäb heut kein Hamlet!
30 Zeilen, es weint der Dichter,
und sind da nicht noch viele Richter,
die hart, mit festem Federstrich,
die Zeilen zählen? Fürchterlich!
Und ich wag‘ kaum zu erwähnen,
dass sie auch, mit gefletschten Zähnen,
bewerten meine Versstrukturen,
als wären sie nur Werksklausuren.
Vielleicht wird, oh mir bricht das Herz, der Reim analysiert,
und inhaltlich das ganze Werk noch falsch interpretiert!
Es wird von ihnen ganz entkleidet, die Wörter werden isoliert,
zerlegt und textlich ausgeweidet, und analytisch massakriert.
Mit infernalischem Gesicht, tobt hier das Jüngste Versgericht!
Doch … halte ich nun traurig inne, ich zittere und werde bleich,
denn eiskalt schießt’s mir in den Sinne, die 30 Zeilen sind erreicht!
„Im Frühling“ von Alina Schiele
(Schülergedicht Grundschule am Kirchplatz, 3. Schuljahr)
Im Frühling wenn die Vögel singen
und auf ihren Ästchen schwingen,
wenn Blüten aus dem Boden sprießen
und Menschen die Sonne genießen,
wenn alle Leute glücklich sind,
sogar das allerkleinste Kind
und natürlich du und ich
dann freu‘ ich mich.
„Vor dem Rennen“ von Claudia Windirsch-Schuster
Er
mit glänzendem Helm auf der chromblinkenden Maschine
in der schwarzen Lederkombi und mit schwarz-weißen Handschuhen
auf Startposition.
Ich
mit der Telefonnummer seiner Schwester im Portemonnaie
und mit dem Schlüssel zu seiner Wohnung in der Jackentasche
auf dem Turm.
Wie eine Nabelschnur das blutrote Band zwischen Aus-Knopf des Motorrades und
Karabinerhaken an seiner Jacke.
Wenn daran gezogen wird, ist alles aus, hat er mir erklärt.
Ja, sage ich, dann ist alles aus.
„Die Schule“ von Manuel Ertl
(Schülergedicht Grundschule Camerloherstraße, 1. Schuljahr)
In der Schule lernt man schreiben
und man will dort gerne bleiben.
Mit dem Stift kann ich auch malen
und in Mathe lernt man Zahlen.
In Deutsch müssen wir lesen
und Frau Stöckel schwingt den Besen.
Auf die Pause freut sich jedes Kind
deswegen weht im Pausenhof der Wind.
Jetzt ist Sport
und danach geht’s in den Hort
„Als es begann“ von Anton Weigand
wie dankte ich den Richtern der Hölle
in der dunklen Poesie der Nacht
als ich stand an des Todes Schwelle
wo das Feuer der Gerechten wacht
aus den Schatten trat ich hinaus
in der blauen Sonne Licht
war dies der Cherubime Haus
und der Glanz ihr goldenes Gesicht
doch da schlugen rohe Knechte laut
gehüllt in dunkelrote Roben
ein Trommelfell aus Menschenhaut
verdammt auf ewig Gott zu loben
die Schlange singt im Schoß der Erde
und Stille trägt die Klänge weit
und Saat gesäht und Leben werde
Gesänge aus der Dämmerung der Zeit
„Sommerrondell“ von Milena Starovoitova
(Schülergedicht Grundschule am Kirchplatz, 3. Schuljahr)
Wie schön es ist, im Meer zu baden!
Die Wellen schwingen hin und her.
Wie schön es ist, am Strand zu liegen!
Und die schöne Sonne genießen.
Wie schön es ist, im Meer zu baden!
Muscheln finden im Meer ist schön.
Alle wollen jetzt ein Eis,
denn es ist so heiß.
Wie schön es ist, im Meer zu baden!
Blätterwald und seltsame Schreiberlinge von Markus Berg
Gehe ich heute durch euren schaurigen Blätterwald,
so wird mir auch bei warmem Wetter kalt.
Ich lese Worte, doch, erkenne darin keinen Sinn,
es schwurbelt und blubbert, im Blattwerke drin.
Einst waren geschriebene Worte noch schön,
sie flossen und sprossen, wie Blüten zu Höh’n,
der Geist wurde klar und das Herz wurde weich,
heut geht’s in den Blättern nur um nacktes Fleisch!
Ich sehe Schreibsklaven, die, in ihren Blätterwald-Türmen,
nach Schlagzeilen graben, wie Vögel nach Würmern.
Keine Nachricht zu blöde, kein Titel zu doof, sie machen der lesenden Masse den Hof.
Es droht der Islam oder der faule Grieche. Wer depressiv ist, solle daheim bittschön siechen!
Sie schreiben: Der Flüchtling kommt aus Gier nur hierher,
will eure Arbeit und Frauen und sicher noch mehr!
Und dann noch die Werbung! Zwar sorgt so was wie Seitenbacher,
gern Mal für gescheite Lacher,
doch, wenn ich zum Beispiel mit ner Xanthippe parshippe, und mit ihr dann Hugo an der Bar nippe,
und sie dabei lüstern anlippe, und letztendlich doch nur noch vom Stuhl wippe, und abends immer
alleine ins Bett kippe,
dann frage ich mich: Wer zum Trochäus denkt sich sowas aus,
presst „ich parshippe“ aus seinem Textbaukasten heraus?
Früher hat man sich noch persönlich in der Kneipe getroffen,
sich Auge in Auge verliebt und auch ein paar Weine ge…soffen.
Doch heut hat der Markt alle schon infiziert,
schon früh wird nach Geld und Erfolg nur gegiert.
Durchs Studium gemastert, von Google gerastert, Erfolgsweg gepflastert, was ist euch denn noch
Spaß wert?
Wenn Ihr sozial vernetzt, vom Job zerfetzt, durchs Leben wetzt!
Und wahrlich, ich sage Euch, so geht es immer weiter,
und zum Schluss noch gefragt, warum zum Trochäus heißt Twix nimmer Raider?
„Die glückliche Isolde“ von Thea Hetmanek
(Schülergedicht Grundschule Camerloherstraße, 3. Schuljahr)
Der Rubin leuchtet rot im Licht.
Doch was ist das: er funkelt nicht!
Er muss in die Werkstatt zum Schliff
auf das Diamantenriff.
Auf dem Diamantenriff dort steht ein Haus,
aus dem schaut ein Künstler raus.
Der Künstler sitzt im Dunklen
und bringt durch seine Arbeit
den Rubin zum Funkeln.
„Wem kann ich mit dem funkelnden Rubin eine Freude machen?“ dacht‘ der Künstler.
Da schießt ihm plötzlich durch den Kopf:
Der Rubin würde wunderbar funkeln an Isoldes Zopf.
„Mit_teilen von drüben“ von Matthias Dietrich
vorübergehen
da war ein haus
aus augenwinkeln
gekommen
die einfahrt mit den
erinnerungen ersetzt
und neue steine am pflaster
sehen (hier lag noch keiner)
nirgends markierungen
die garage geruchlos und hell
verträgt keine bälle
und träfen auch wohl keine
kiesel mehr ans fenster zum hey
einfall und auslass
heute anders ver(mit)teilt
schleichen nicht länger
die knarzende treppe auch
aufgehört hölzern die decke
zu blicken
da geht was
da kommt ein andres
leben herüber
„Im Meerrondell“ von Jasmin Becker
(Schülergedicht Grundschule am Kirchplatz, 3. Schuljahr)
Genehmigung zur Veröffentlichung steht noch aus!
„Gedanken Züge“ von Marina Schirr (alias Monika Feldmann)
4 Tage
bist du nun fort
fühle mich
überfahren
ich schlafe schlecht
mein Körper
schmerzt
Gedanken fliehen
unwirklich
bauen sich Mauern auf
beschütze mich
vor mir selbst
es geht dir gut
erleichtert
in mir
windet sich mein Herz
warte auf
das knackende Schloss
vernehme
einen Schritt
„Lieber Wolke vier mit dir…“
summt
es leis‘
in mir
„Der große Streit um das kleine Grundstück“ von Kateryna Brilliantova
(Schülergedicht Grundschule Camerloherstraße, 4. Schuljahr)
Die Zeit vergeht,
Das Haus, es steht,
Da kommt ein Mann,
Er ist nah dran,
Der sagt zu mir:
„Sucht euch ein neues Quartier,
Bald werden neue Häuser stehen hier!“
Ich sagte aber: „Ich geh nicht fort,
Es ist auch hier ein schöner Ort.“
„Ihr Haus, es wird bald abgerissen,
Egal mit welchen Hindernissen!“
„Das Grundstück, es gehört noch mir.
Sie haben kein Recht alles zu zerstören hier!“
Und so begann der große Streit.
Alle hörten es weit und breit
Es kam ein Dritter
Es war ein Ritter
„Hee, was streitet ihr?
Hört auf, sonst legt ihr euch an mit mir!
Wie gesagt, wenn sich zwei streiten, dann freut sich der dritte!“,
Schrie aus aller Kraft der Ritter.
So stritten wir bis tief in die Nacht
Der Streit hat uns alle sehr müde gemacht
Wir schliefen ein,
draußen allein.
Am nächsten Morgen sprang ich auf,
Wir haben zusammen weiter gerauft.
Und ich gewann mit sehr viel Glück,
Jawohl mir gehört das Grundstück!
Der Mann und Ritter liefen weg,
sie bogen um das nächste Eck.
„Die Falkin“ von Claudia Windirsch-Schuster
„Es ist ein Risiko, ihn fliegen
zu lassen“, sagt der Falkner
und der Falke auf seinem Arm
schaut sich neugierig um
zum Abheben bereit.
„Aber wenn man sich Zeit
für ihn nimmt, in Zuneigung
und Geduld ihn so behandelt wie seine
Art es erfordert und sein selbständiges
Wesen verlangt, dann kehrt er nach
seinem Flug ganz von allein
wieder heim.“
Ich kralle mich sanft an deinem Hemdsärmel
ein, reibe meinen Schnabel behutsam
an deiner Wange, picke dich zart am
Ohrläppchen entlang
und schwinge mich dann
in die Lüfte
empor.
„Im Regenwald“ von Katja Nüssel
(Schülergedicht Grundschule am Kirchplatz, 3. Schuljahr)
Genehmigung zur Veröffentlichung steht noch aus!
„Biedermann als Brandstifter“ von Markus Berg
Schlägt der Biedermann heut Zeitungen auf, so trifft er,
Meinungsmache, manchmal leicht braun versifft, er
fürchtet sich dann, im Geiste oft klein,
vor jedem, der nicht weiß und rein.
Und so trifft man den Biedermann dann wieder,
bei Pe-, Wü-, Ba-, Fri- und was weiß ich noch Gida.
Wenn der Biedermann da hin geht, dann trifft er,
andre Biedermänner als Brandstifter!
„Neues dem Alten“ von Mirko Baier
(Schülergedicht Rudolf-Steiner-Schule, ehemals 13. Schuljahr)
Läuterung im Mittagsregen;
und Pfützen großen Gräbern gleich ein Tränenmeer.
Alte graue Männer knien davor,
bitten um Vergebung,
die Spiegelbilder leidvoll verzerrt.
Erlösung, Erlösung, schreien sie;
vergebens.
Pfirsichfarbene Tropfen; denn
die Sonne kämpft gegen das grau der Welt.
Läuterung im Sonnenregen,
für die gefallenen Helden
einer längst vergangenen Zeit.
Und aus den Blutflüssen
klagen ihre Seelen.
Ein Wanderer erblickt eines
Herbstmorgens,
die lückenlose Fülle des Nebels.
Nebel umgibt ihn,
Nebel liebt ihn –
langsam werden sie eins.
Angebissene Seelen
treiben durch die Stadt
wie Vogelflaum,
während Maden sich
am leblosen Fleisch
der Verstoßenen laben.
Ein böser Traum
hat sich verfangen
in den Sträuchern der Nacht,
wurde weggezerrt, verdrängt
vom hellen Sonnenschein und oben,
kreischen die verjagten Nachtmare,
gequält im läuternden Licht.
Die Drei, die oben thronen,
fallen hernieder,
zerschellen
verachtet, flammend aufgehend
von Pfeilen der Enttäuschung
durchbohrt, gerichtet
im blauen, kalten Feuer
der Verzweifelten –
sie wurden verlassen.
Und die Festen der hohen Herren
verfallen, unbewohnt.
Neues regt sich in den Landen,
gelber Frühlingsduft dem Geiste.
Das Alte hinfort.
FREI!
Nordlichtartige mäandernde Abendfarben
segnen die im Dämmerlicht dunklen Pinien.
Wir glaubten die Zeit zu verlieren
und fanden sie,
dort, an den Wurzeln der Baumriesen und die alten grauen Männer
kniend erstarrt
im grau ihrer eigenen Welt,
das Neue übersehend.
Im Zeitenstrom Wandlung.
Ein Keim erblühet
in den verfallenen Hallen.
„Des Fliagnviech“ von Gabriele Mitreiter
I sitz griabig do am Kanapee, leg gmiatlich meine Fiaß in´d Höh
doch plötzlich hör i, wias do brummt und kloaweis immer näher kummt:
So a Fliagnviech stürzt auf mi zua und scho is vorbei mit meina Ruah.
I reiß’d Augn auf, schaug umanand, da lasst’s se se nieder an da Wand
I pack a Zeitung hau wuid um mi, scho erwischts mei Tass und peng is hi
Des Viech fliagt furt ganz ungeniert – ja ihr is leider nix passiert.
Sie umkreist a drei /vier moi mein Kopf und lasst se nieder auf meim Schopf.
Hob gmoant, i triff sie ohne Zweifi, doch is nur mei Frisur beim Teifi.
Auf meiner Backa grawiets rum, i schlog danoch – vadammt wia dumm
a Watschn hob i mir grad gebm. Des Ludaviech duat weiter lebm.
Doch plötzlich is Gebrumme aus. Vielleicht is doch beim Fenster naus
I loan mi zruck – schlaf wieder ein. Da kriacht des Viech in Mund mir nei
glei spring i auf, hab ghuast und spuckt und dabei des Malefiz vaschluckt.
Scho macht sich diese seltne Speis in Richtung Mogn auf die Reis.
und weil jammern jetzt koan Sinn mehr macht, is guad wenn ma’s positiv
betracht:
Is a vom Gschmack a wengal streng, ja so was muaßt als Frischfleisch seng.
So mancha Lodn war grad froh, kannt a so was frisches bietn oo.
Als weiterer Vorteil sticht hervoa, sie is ohne Gratn – ohne Boa,
hod Mineralien, Vitamin, a Ballaststoffe san mehrfach drin.
A duat’s den Cholesterin net hebn und nur wenig Kalorien abgebn.
Mei Nahrungsmittel Kurzbefund: I sag’s eich glei, des Viech war gsund
Doch wui i davo gar nix hörn! So a Fliagn wird nia mei Leibspeis wern.