Hermeneutik als Brückenmethode? Eine Nachlese von Erik Schween zum Werkstattgespräch mit Regine Herbrik am 06.07.2015 Eine gemeinsame Methodologie für die Kulturwissenschaften scheint es bislang nicht zu geben. Eine Methode, die die Zusammenarbeit der Einzeldisziplinen vereinfacht, ist schwierig zu finden, da es hier nicht den einen Untersuchungsgegenstand gibt. Kulturelle Gegenstandsbereiche sind außerdem von Mehrdeutigkeiten und Perspektivenvielfalt geprägt. Wie soll nun eine Methodologie beschaffen sein, mithilfe derer aus kulturwissenschaftlicher Perspektive geforscht und philosophiert werden kann. Das 'Spiel' könnte nach Regine Herbrik die für die Kulturwissenschaften charakteristischen Vieldeutigkeiten aushalten bzw. abbilden. Im Spiel findet man daher Ansatzpunkte für eine solche Methodologie, da sich in ihm mehrere Wirklichkeiten miteinander vermitteln lassen. Denn das Spiel fordert von den Spielern gleichzeitig bewusst zu halten, dass dies ein Spiel ist und diese Prämisse zu vergessen bzw. einzuklammern. Dadurch tritt neben das, was gerade ist, eine Reihe weiterer möglicher Wirklichkeiten. Es werden Sinnhorizonte eröffnet, die der Komplexität der Kulturwissenschaften gerecht werden könnten. Eine solche Vorgehensweise findet sich beispielsweise in der Methodologie der sozialwissenschaftlichen Hermeneutik (nach H.-G. Soeffner). (...) Person 1: weil er hat auch diese schöne runde form. ich hätt' auch gedacht das könnte man in so nem manderladen reinmalen oder sowas. aber:... Person 2: es hat sowas spirituelles irgendwie von weitem. Person 1: ja genau...ja finde ich auch. Person 3: ja es sieht einfach schön aus. weiß nicht ... ich könnt mir auch vorstellen, dass es ein irgend ein logo ist von irgend nem kaffee ist oder sowas. Person 2:..ja. Person 3:.sowas, was in vielen kontexten funktioniert. Person 4: und da haben wir wieder einmal diese perspektive, als wenn man auf n gras oder im wald liegen würde und nach oben schaut. Person 2: stimmt. das hat für mich auch wieder was so in richtung – vielleicht interpretiere ich das jetzt einfach... – in richtung erlösung und in den ... Person 3: jaa. Person 2: himmel und so. Person 4: bei mir hat es was ….dass man der erde zuhört; dass man mit mit dem ohr wirklich an die erde geht und zuhört.1 (...) Gegenseitiges, spielerisches Herausfordern und 'Übertreffen' der Interpretationsansätze, Absurditäten aller TeilnehmerInnen zulassen, keine Interpretation als richtig oder falsch ansehen, Perspektivenvielfalt – das Spiel ist hier als Erweiterung der Sinnhorizonte aufzufassen und dient dem Erkenntnisprozess. Der oben angeführte Ausschnitt entstammt einer Interpretationssitzung zu einem Bild (der spezifische Gegenstand ist hier nicht relevant). Hierdurch lässt sich die schier endlose Potentialität Lesearten zu bilden erahnen: Von einer assoziativ-rationalen2, über eine sakrale3 bis hin zu einer im Ansatz literarischen4 Lesart spannt sich der Bogen in dieser kurzen Sequenz. Die Dualität zwischen Regelhaftigkeit und Freiheit ist frappant. Durch die Eigendynamik des gegenseitigen Wechselspiels zwischen den TeilnehmerInnen tauchen diese in das Spielerische ein und erschaffen verschiedene Wirklichkeiten, welche ausnahmslos existieren dürfen bzw. können. Die hier verwirklichte Fähigkeit, mehrere Sinnwirklichkeiten zu erschaffen ist essentiell, um die heutige Wirklichkeit wissenschaftlich zu erfassen. Das Spiel eröffnet uns interpretatorische Freiräume, um Bedeutungsebenen und Mehrdeutigkeiten zu eröffnen. Durch das Potenzial des Spiels, unzählige Variationen in Hinblick auf ein Phänomen anzubieten und mehrere Lebens- und Erfahrungswelten zu eröffnen, scheint dieser Zugang für die Ausbildung von Methoden für die Kulturwissenschaften hilfreich zu sein. Hierbei geht es nicht nur darum, unterschiedliche Ist-Zustände miteinander zu vergleichen, sondern auch, Vergleiche zu Entwürfen zu ziehen. Die Hermeneutik vermag so zwischen Realitäts- und Möglichkeitssinn zu changieren. Bei diesen Überlegungen drängt sich jedoch die Frage auf, wie die Kulturwissenschaften zu fassen sind. Für die Entwicklung einer gemeinsamen Methodologie für die Kulturwissenschaften ist demnach zu fragen, welche Gemeinsamkeiten, die unter dem Label „Kulturwissenschaften“ versammelten Einzeldisziplinen verbinden. Als gemeinsamer Nenner lässt sich eventuell die oben beschriebene Bedeutungsvielfalt und Mehrdeutigkeit anführen. Darüber hinaus wurde über das übergeordnete Ziel einer spezifischen kulturwissenschaftlichen Methode diskutiert und gefragt, was mit einer gemeinsamen kulturwissenschaftlichen Methode erreicht werden kann. Hinsichtlich der Frage nach einer Methodologie ist zu beachten, dass diese Ausschnitt Gruppeninterpretationssitzung 20150804. TeilnehmerIn: Regine Herbrik, Larissa Bolz, Lina-Marie Huber, Erik Schween 2(...) perspektive, als wenn man auf n' gras oder im wald liegen würde (…) 1 3(...) in richtung erlösung (…) 4(...) dass man der erde zuhört(...) die jeweiligen Forschungsgegenstände mitkonstruiert. Die Methode macht die jeweiligen Gegenstandaspekte sichtbar bzw. unsichtbar. Um ein eindeutiges Profil der Kulturwissenschaften zu schaffen, ist eine spezifische Methodologie also vonnöten. Als Basis für die neue Methodologie dient die Hermeneutik, welche nach Herbrik als eine geisteswissenschaftliche Brückenmethode für die Kulturwissenschaften betrachtet werden kann. Sie wird hier als notwendiger Baustein einer interdisziplinären Hermeneutik für die Kulturwissenschaften verstanden. Doch wie lassen sich Methoden korrekt vermitteln. Die historische Herangehensweise wurde vorgeschlagen. Der Prozess wird durch die geschichtliche Erläuterung deutlich. Durch das Betrachten des Ursprungs der Methoden, wird die gemeinsame erkenntnistheoretische Basis für Methodologie ersichtlich.
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