Was Ihr Mitarbeiter wirklich kostet

Management
Was Ihr Mitarbeiter
wirklich kostet
Im Vorfeld jeder Investition müssen auch die Arbeits- bzw. Lohnkosten für neue
Mitarbeiter berechnet werden. Mit welchen Ausgaben Schweinehalter kalkulieren
sollten, erläutert Peter Spandau von der LWK Nordrhein-Westfalen.
N
icht kleckern, sondern klotzen.
Wenn es um den Stallneubau geht,
kennen viele Schweinehalter
scheinbar keine Grenzen mehr. In der
Schweinemast liegt die Platzzahl bei einem Neubau meist bei 1 000 oder mehr
Mastplätzen. Und in der Ferkelerzeugung
wird immer häufiger eine Bestandsverdoppelung von 200 oder 300 auf 400 bis
600 Sauen angepeilt. Die Folge dieser
Entwicklung sind deutlich höhere Investitionen als noch vor Jahren. 500 000 €
und mehr sind heute eher die Regel als
die Ausnahme.
Augenmerk auf die
Arbeitskosten!
Angesichts dieser hohen Bausummen
ist im Vorfeld der Maßnahme eine exakte
Investitionsplanung und Kostenberechnung unerlässlich.
Die Kosten für den eigentlichen Stallbau lassen
sich durch entsprechende
Firmenangebote relativ genau ermitteln. Daraus leiten
sich die Abschreibungs- und
Unterhaltungskosten für
das Gebäude ab. Ebenso
die Kapitalkosten in Form
von Zinsen und der Zinsanspruch für das Eigenkapital.
Auch die Höhe des Umlaufkapitals lässt sich im Vorfeld recht gut taxieren.
Sicherlich schwieriger,
aber immer wichtiger wird
eine möglichst genaue Vorausschätzung der Arbeitskosten. Ging es in der Vergangenheit oftmals nur um
die Bewertung der Arbeitskraft des Betriebsleiters oder von Familienmitgliedern, stehen viele Schweinehalter heute
vor der Beschäftigung des ersten Mitarbeiters. Alternativ sieht die Planung vor,
für bestimmte Arbeiten Aushilfen legal
zu beschäftigen.
Aus dem häufig sehr dehnbaren kalkulatorischen Lohnanspruch der Betriebsleiterfamilie werden somit immer öfter
tatsächlich zu zahlende Lohnkosten. Und
denen kommt bei einer Liquiditätsrechnung ein ganz anderer Stellenwert zu, da
sie in jeder finanziellen Situation an den
Arbeitnehmer abzuführen sind.
25 € Stundenlohn für
den Betriebsleiter
Betriebsleiter tragen die meiste Verantwortung. Für sie sollten 25 € pro Stunde
eingeplant werden.
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Bei der Kalkulation der Kosten für die
Arbeit muss der Investor beachten, dass
zwei Größen sämtliche Arbeitsausgaben
beeinflussen:
n Zum einen ist die erforderliche Arbeitszeit je Einheit – pro Mastplatz oder
je Sau – maßgebend. Eine hohe Arbeitseffektivität wirkt sich positiv aus.
n Zum anderen sind die Kosten je Arbeitsstunde entscheidend.
„Minijobber“ erhalten monatlich 400 €.
Die Ausgaben des Arbeitgebers liegen um
30 % höher, da er Abgaben zu zahlen hat.
Der in Planungsrechnungen gebräuchlichste Wert für die Arbeitskosten des
Betriebsleiters liegt bei 15 € je Stunde.
Dieser Satz wird allgemein als der notwendige Anspruch für die Leistung des
„Chefs“ angesehen.
Allerdings gibt es Abweichungen. Gerade in Süddeutschland wird häufig noch
mit 12 € je Stunde kalkuliert, während in
Nordwestdeutschland eine immer größere Zahl von Unternehmern sich selbst mit
15 € pro Stunde nicht mehr zufrieden
gibt. Immerhin sind die Aufgaben der Betriebsleitung und des Managements die
mit der höchsten Wertschöpfung im Unternehmen. Für die so genannten A-Aufgaben, die grundsätzlich vom Betriebsleiter erledigt werden sollten, werden von
unternehmerisch handelnden Landwirten
daher 25 € je Stunde angesetzt.
Auf den ersten Blick ein stolzer Stundenlohn. Doch wenn man die Einkommenssteuer einschließlich Kirchensteuer
und Soli berücksichtigt, wird schnell klar:
Bei einem Grenzsteuersatz von 40 % und
einer Stundenvergütung von nur 15 €
Im Rahmen der Lohnkostenkalkulation
sollten Betriebsleiter nicht nur den Bruttolohn des Angestellten im Auge haben. Jeder
Arbeitgeber muss ca. 20 % Lohnsteuer und
die Sozialabgaben hinzurechnen.
n Wer einen ungelernten Arbeitnehmer
in Vollzeit beschäftigen möchte, muss mit
einem Stundenlohn von ca. 10,60 € brutto
kalkulieren. Dies entspricht bei 2 080 tariflich zu entlohnenden Jahresstunden einem Jahresbruttogehalt von 22 048 €. Einschließlich der Arbeitgeberanteile zur
Sozialversicherung steigt die Summe um
knapp 20 % auf rund 26 500 € Lohnkosten jährlich.
Nach Abzug von mindestens 24 Urlaubstagen, etwa zehn Feiertagen mit
Lohnfortzahlung und acht Krankheitstagen verbleiben knapp 1 750 effektiv geleistete Arbeitsstunden. Unter dem Strich
belaufen sich die Lohnkosten je Arbeitsstunde für den Unternehmer damit auf
gut 15 €.
n Für qualifiziertere Mitarbeiter mit
Fachausbildung oder Ähnlichem liegt der
Bruttolohn aktuell bei 13 € je Stunde bzw.
27 040 € pro Jahr. Einschließlich der Arbeitgeberanteile von 19,33 % zur Pflege-,
Renten-, Arbeitslosen- und Krankenversicherung steigen die Gesamtausgaben
für den Arbeitgeber auf 32 265 € (Übersicht). Damit kostet die effektiv geleistete
Arbeitsstunde den Betriebsleiter unter
Berücksichtigung der Urlaubs-, Feierund Krankheitstage etwa 18,50 €. Der Arbeitnehmer erhält 9,89 € netto.
j
sackt die Stundenentlohnung des Betriebsleiters auf unter 10 € nach Steuern
ab. In diesem Fall degradiert sich der
„Chef“ selbst zum Hilfsarbeiter.
13 bis 18 € für Mitarbeiter
Neben der Entlohung des Betriebsleiters müssen gerade in wachsenden Betrieben zusätzliche Arbeitskräfte bezahlt
werden. Die Entlohnung sollte differenziert werden, sich nach der Qualifikation
der Mitarbeiter richten.
n Jugendliche, Altenteiler oder Aushilfskräfte, die stundenweise im Betrieb mithelfen, lassen sich sehr gut über einen so
genannten „Minijob“ bezahlen. Die Anzahl dieser Jobs je Unternehmen ist nicht
begrenzt.
Mit den betreffenden Personen wird
im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung ein Arbeitsvertrag über maximal
400 € monatlich geschlossen. Während
der Arbeitnehmer keine Abgaben zu entrichten hat, zahlt der Arbeitgeber eine
zusätzliche Lohnsteuer- und Sozialabgabenpauschale in Höhe von 30 %. Seine
Ausgaben steigen somit
auf 520 € pro Minijob. Außerdem muss er den gesetzlichen
Urlaubsanspruch des Minijobbers in
seiner Kalkulation berücksichtigen.
Welche Kosten der Arbeitgeber für jede „Minijobber-Stunde“ effektiv
zu tragen hat, lässt sich an
folgendem Beispiel erklären: Sind 44 Monatsstunden vereinbart, müssen
vier Stunden Urlaubsanspruch berücksichtigt werden. Effektiv kostet den
Arbeitgeber die Arbeitnehmerstunde dann 13 €
(520 € geteilt durch 40 Arbeitsstunden).
Die Pflichtabgaben zur
Pflege-, Renten-, Arbeitslosen- und Krankenversicherung verteuern die Arbeit.
Übersicht: Das kostet der
qualifizierte Mitarbeiter1)
Ausgaben Arbeitgeber, gesamt
Pflegeversicherung
0,98 %
Rentenversicherung
9,95 %
Arbeitslosenversicherung
1,40 %
Krankenversicherung
7,00 %
Arbeitgeberanteil
19,33 %
Arbeitnehmer, brutto (2 080 h x 13 €/h)
Arbeitnehmeranteil
20,23 %
Pflegeversicherung
0,98 %
Rentenversicherung
9,95 %
Arbeitslosenversicherung
1,40 %
Krankenversicherung
7,90 %
Sozialversicherung, gesamt
Lohn- und Kirchensteuer, Soli
Arbeitnehmer, netto
bei 1 750 h für Arbeitgeber je Akh
bei 2 080 h für Arbeitnehmer je Akh
1)
Jahresrechnung
32 265 €
264 €
2 690 €
379 €
1 893 €
27 040 €
264 €
2 690 €
379 €
2 136 €
5 469 €
1 002 €
20 569 €
18,44 €
9,89 €
verheiratet, ein Kind, 2 080 bezahlte Jahresstunden laut Tarif
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Wer Ordnung im Sauenstall hält, erledigt seine
Arbeiten schneller und
effektiver. Das senkt die
Arbeitskosten deutlich.
Fotos: Arden, Heil (4),
ks-Fotografie
Sauen: Effektiv Arbeiten
drückt Lohnkosten
Der zweite entscheidende Faktor zur
Planung, Ermittlung und Bewertung der
Kosten für die Arbeit ist die Arbeitszeit,
die je Mastplatz bzw. je Sau und Jahr aufgewandt wird.
Die Arbeitskosten sinken, wenn die
Arbeiten von den Mitarbeitern schnell
und effektiv erledigt werden. Entscheidende Einflussgrößen sind die Bestandsgröße, der Gebäudezustand und der
Technisierungsgrad sowie das jeweilige
Produktionsverfahren. Aber auch die individuelle Arbeitsorganisation spielt eine
ganz entscheidende Rolle – insbesondere
in der Ferkelerzeugung.
Die in der jüngeren Vergangenheit
durchgeführten Arbeitszeiterhebungen
zeigen sowohl in der Ferkelerzeugung
wie auch in der Schweinemast erhebliche
Schwankungen. So variiert die erforderliche Arbeitszeit in der Ferkelerzeugung
zwischen 9 und ca. 18 AKh je Sau und
Jahr einschließlich Ferkelaufzucht.
Welche Folgen ein hoher Arbeitsaufwand je Einheit in der Sauenhaltung hat,
zeigt folgendes Beispiel: Ein Ferkelerzeuger, der mit 168 Sauen im Altgebäude
wirtschaftet, 16 AKh je
Sau einkalkulieren muss
und seinen Lohnanspruch
auf 12 € je Stunde beziffert, hat Arbeitskosten
von 192 € je Sau zu tragen.
Wachstumsbetriebe
mit Mitarbeitern kommen meist günstiger davon. In modernen Stallanlagen reichen in der
Regel 10 AKh je Sau. Bei
In größeren Mastbetrieben
wird oft effektiver und
günstiger gearbeitet.
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Arbeitskosten
von
18 € je Stunde belaufen sich die Gesamtkosten auf 180 €. Damit arbeitet der Wachs­
tumsbetrieb
trotz
höherer Stundenlöhne satte 12 € günstiger
je Sau! Und liegt dann
das Leistungsniveau im ersten Betrieb
bei 22 verkauften Ferkeln, im zweiten
aber bei 25, stehen sich Arbeitskosten
von 8,91 € und 7,20 € je Ferkel gegenüber.
Ein gewaltiger Unterschied.
im Vollspaltenstall mussten etwa
0,85 AKh pro Platz aufgewendet werden.
Arbeitszeiten von etwa 1,0 AKh pro Platz
fand man sehr häufig in kleineren Beständen mit kleinen Abteilen und schlecht organisiertem Ferkelbezug.
Festzuhalten bleibt
Spätestens durch den Einsatz von festen Mitarbeitern steigen die Kosten je
Arbeitsstunde in der Schweinehaltung.
Aber auch im reinen Familienbetrieb ist
es sinnvoll, sich über die Arbeitszeit und
deren Kosten Gedanken zu machen.
Auf gar keinen Fall darf der Arbeitgeber nur den Bruttolohn des Arbeitnehmers
berücksichtigen. Der Arbeitgeber hat zusätzliche Lohnsteuer- und Sozialabgaben
zu leisten, die die Arbeitsstunde verteuern.
Werden alle Arbeiten einkommenssteuer-
Mast: Über 2 500 Plätze und
600er-Ferkelpartien ideal
Auch in der Schweinemast gibt es erhebliche Unterschiede beim Arbeitsaufwand. Er variiert zwischen 0,6 und
1,0 AKh je Mastplatz, wie Arbeitszeiterhebungen der LWK Nordrhein-Westfalen
gezeigt haben.
Niedrige Arbeitszeiten pro Mastplatz
hängen im Wesentlichen von der Art der
Fütterung und den Abteil- bzw. den bezogenen Ferkelpartiegrößen ab. Die geringsten Arbeitszeiten von 0,6 AKh pro
Mastplatz wiesen Betriebe mit mehr als
2 500 Mastplätzen und Einkaufspartien
oberhalb von 600 Ferkeln auf. In diesen
Betrieben wurde Fertigfutter eingesetzt
bzw. es wurden vollautomatisch hergestellte Eigenmischungen ohne CCM verfüttert.
Etwas höhere Arbeitszeiten pro Platz
wiesen Mastbetriebe mit 1 300 Plätzen
auf. Beim Einsatz von Eigenmischungen
Rund 18 € kostet Betriebsleiter die
effektiv geleistete Arbeitsstunde einer
qualifizierten Fachkraft.
lich und sozialversicherungsrechtlich korrekt gehandhabt, müssen folgende Arbeitskosten einkalkuliert werden.
n Familienangehörige oder familienfremde „Minijobber“ sind mit 13 € Lohnkosten je Stunde zu kalkulieren.
n Für einen ungelernten Arbeitnehmer,
der unter anderem Reparaturen erledigt,
sind gut 15 € Lohnkosten vom Unternehmer einzuplanen.
n Die qualifizierte Fachkraft, die die Besamung oder die Tierkontrolle übernimmt, kostet ca. 18 € je Stunde.
n Für Betriebsleiter, die Führungsaufgaben wie den Futtereinkauf oder die Vermarktung der Ferkel bzw. Schlachtschweine erledigen, sind 25 € je Stunde
anzusetzen.
-ar-