Car2X-Kommunikation Mehrwert durch Vernetzung – worauf warten wir noch? Für neue Fahrerassistenzsysteme und nicht zuletzt das Zugpferd „autonomes Fahren“ wird der Informationsaustausch zwischen Fahrzeugen unverzichtbar sein. Zur Vernetzung der Fahrzeuge untereinander stehen mit WLAN und Mobilfunk/LTE zwei alternative Technologien zur Verfügung – mit spezifischen Herausforderungen bei der Umsetzung neuer Dienste. ovember 2018: Abendliche Heimfahrt über eine NebenN strecke. Nebel wabert im Scheinwerferlicht. Vor einer Kuppe warnt das Auto plötzlich seinen Fahrer – erst Sekunden später ist die Ursache zu sehen: ein Pannenfahrzeug, das die Fahrbahn blockiert. Dezember 2018, München Innenstadt: Die Straßen sind wie immer eng mit parkenden Autos verstellt. Glücklicherweise fließt der Verkehr ganz gut und alle beeilen sich, um noch in der Grünphase die nächste Kreuzung zu schaffen. Plötzlich warnt das Auto seinen Fahrer – aus der kleinen Seitenstraße drängt ein Rettungswagen in den fließenden Verkehr. Zu sehen war er 26 Detecon Management Report dmr • Special Automotive 2015 nicht, die Sicht war versperrt, zu hören war er auch nicht, das Radio war zu laut… Die technologischen Voraussetzungen für diese Szenarien sind bereits geschaffen. Aber warum ist die Technologie noch nicht im breiten Einsatz? Mehrwert durch Vernetzung Unsere modernen Autos sind mit zahlreichen Sensoren ausgerüstet, die Assistenzsysteme füttern. Diese wiederum warnen den Fahrer vor Gefahren und können zum Teil auch eigenständige Aufgaben wie das autonome Einparken übernehmen. Bislang befinden sich diese Sensoren im eigenen Fahrzeug, alle Entscheidungen und Aktionen müssen auf die Sicht, Reichweite und Auswertung der eigenen Sensorik aufsetzen. Genau dies zeigt aber auch die Grenzen: Entscheidungen für das Fahren mit höherer Geschwindigkeit erfordern vorausschauende Maßnahmen. In vielen Fällen ist eine solche „Weitsicht“ aus zahlreichen Gründen mit lokalen Sensoren technisch oder auch wirtschaftlich nicht realisierbar. Viele Gefahrensituationen könnten aber entschärft werden, wenn Informationen dazu zwischen den Fahrzeugen und auch mit der Umgebung ausgetauscht w erden könnten. Solch ein Informationsaustausch hat sich auch in der Biologie nach tausenden Jahren Evolution als tragfähiges Konzept zur Gefahrenminderung etabliert. Auch die Vorstellung von autonom fahrenden Fahrzeugen, die zurzeit durch die Medien geht und die Automotive-Branche intensiv beschäftigt, setzt auf der Annahme auf, dass die Fahrzeuge sich in Zukunft über ihre Umgebung, über Wahrnehmungen und Ereignisse austauschen können. Viele neue Anwendungen in und mit Fahrzeugen werden erst durch die gemeinsam ausgewerteten Erkenntnisse benachbarter Fahrzeuge möglich. Hierzu zählt auch der Bereich der Schwarmintelligenz, der vollkommen neue Anwendungsbereiche erschließt. Weiterhin bietet die Nutzung der Sensorik der anderen Fahrzeuge in der Umgebung eine gewisse Sicherheit: Störungen der eigenen Sensoren – seien es Unzulänglichkeiten wie eingeschränkte Blickwinkel, versperrte Sicht, Störungen durch natürliche Einflüsse oder böswillige Täuschungen von außen – könnten schnell im Abgleich mit den Daten aus der Umgebung erkannt und fehlerhafte Aktionen somit vermieden werden. Durch die Kombination der Sensordaten mehrerer Fahrzeuge kann zudem die Zuverlässigkeit der Situationseinschätzung signifikant gesteigert werden. Mit Hilfe von anderen Fahrzeugen oder Infrastrukturelementen kann das eigene Fahrzeug also praktisch „um die Ecke sehen“. Neben der Entlastung des Fahrers können autonom fahrende Fahrzeuge auch eine Verbesserung des Verkehrsflusses mit sich bringen. Platooning, das elektronisch gesteuerte Kolonnenfahren, erlaubt eine optimale Nutzung unserer hochbelasteten Verkehrswege. Die Überwachung des Verkehrs und die direkte Kommunikation zwischen den Fahrzeugen lassen die Sicherheitsabstände massiv schrumpfen und die Kolonne erreicht bei relativ hoher Geschwindigkeit einen sehr hohen bis maximalen Fahrzeugdurchsatz. Nicht zuletzt sinkt auch der Kraftstoffverbrauch: Dank gleichmäßiger Geschwindigkeit und kleiner Abstände zum Vorausfahrenden werden optimale Betriebsbedingungen erreicht und der Luftwiderstand reduziert. Ohne Car2X-Kommunikation ist das wirtschaftlich kaum erreichbar. Markteinführung von Schwarmdiensten Während die sogenannten „Schwarmdienste“, zu denen auch die eingangs skizzierten Nutzungsszenarien zählen, einhellig positiv diskutiert werden, ist deren Markteinführung eine Herausforderung. Es gibt verschiedene Überlegungen, wie wir zu diesen Szenarien kommen können, also wie ein Schwarm initial entstehen kann. Der erfolgreiche Einsatz vernetzter Fahrzeuge und der Nutzen für den Einzelnen setzen voraus, dass andere Nutzer ebenfalls in diese Technik investiert haben. Umgangssprachlich formuliert stehen wir vor einem „HenneEi-Problem“: Die erfolgreiche Nutzung der Schwarmdienste setzt viele Nutzer voraus, die mit ihren Informationen die anderen Verkehrsteilnehmer versorgen können, aber die ersten Nutzer müssen investieren und werden anfangs nur eingeschränkt davon profitieren, da die Verbreitung der damit ausgerüsteten Fahrzeuge noch gering ist. Eine dazu passende Einführungsstrategie könnte b eispielsweise sein, dass in dieser ersten Phase primär Dienste beworben werden, die schon bei relativ geringer Nutzerdichte erlebbar sind und somit schnell einen Nutzen demonstrieren können. Typische Vertreter solcher Dienste operieren mit ortsgebundenen Ereignissen, die mit statischen Karteninformationen nicht abgedeckt werden können, etwa Gefahrenmeldungen von Unfallstellen, liegengebliebenen Fahrzeugen oder Wetterphänomenen wie Glatteis und Platzregen, die eine besondere Aufmerksamkeit des Fahrers erfordern. Soweit heute Diskussionen zur Einführung von Schwarmdiensten im großen Maßstab bekannt sind, begegnen wir einer gesplitteten Strategie bei den großen Herstellern: Sicherheitskritische Anwendungen wie die Warnung vor Gefahren aller Art sollen herstellerunabhängig kommuniziert und v erarbeitet werden können. Alle darüber hinausgehenden Applikationen, zum Beispiel im Bereich der Komfortdienste und des Infotainments, sollen auf die eigene Herstellergruppe begrenzt werden, da sich die Firmen dadurch einen Wettbewerbsvorteil versprechen. Dieser Spagat beeinflusst natürlich auch die Überlegungen hinsichtlich der erforderlichen Infrastruktur, die für diese Dienste aufzubauen und zu betreiben ist. Die ersten Einsatzszenarien und damit Anforderungen entstehen im CAR 2 CAR Communication Consortium (C2C-CC), einem Zusammenschluss von Automobilherstellern, Zulieferern und Forschungseinrichtungen. Weiterführende Anwendungen werden auch innerhalb der Intelligent Transport Systems (ITS) Arbeitsgruppe bei ETSI intensiv diskutiert, welche zudem die Standardisierung in Europa durchführt. 27 Detecon Management Report dmr • Special Automotive 2015 Die Realisierung von Schwarmdiensten kann auf zwei unterschiedliche Arten erfolgen. Eine Variante setzt darauf, dass Fahrzeuge ihre Erkenntnisse über aktuelle Besonderheiten und Ereignisse im Straßenverkehr an ein zentrales Rechenzentrum melden, ein sogenanntes Backend. Dort werden die eingehenden Daten verarbeitet und bewertet, bevor daraus etwa eine Warnung generiert und diese an relevante Empfängerfahrzeuge gesendet wird. Man kann hierbei von einer internetbasierten Car2X-Cloud sprechen. Die andere, dezentrale Variante kommt ohne Netzwerkinfrastruktur aus, indem Daten unmittelbar per Funk mit Nachbarfahrzeugen ausgetauscht werden. Jedes Fahrzeug wertet die erhaltenen Informationen für sich aus und leitet entsprechende Schlussfolgerungen ab, zum Beispiel eine Stauwarnung. bhängig von den Anforderungen der zu realisierenden A Anwendung im Fahrzeug eignet sich die eine oder andere Variante besser. Neben der Bewältigung von technischen Herausforderungen sehen wir vor allem auch das jeweils damit verknüpfte Geschäftsmodell als ausschlaggebend für Zeitpunkt Abbildung 1: Mobilfunk Internes Netz des Mobilfunkbetreibers Internetverbindung optionale Vernetzung Backend OEM A Backend OEM B Externe Datenquelle (z.B. Verkehrsüberwachung) Quelle: Technische Hochschule Ingolstadt 28 Detecon Management Report dmr • Special Automotive 2015 und Umfang der Markteinführung einer Anwendung. Während einfache Dienste wie Stauwarnungen heute bereits in Form von Smartphone Apps existieren, werden komplexe Funktionen, die besonders in kritischen Verkehrssituationen den Fahrer unterstützen sollen, sowohl eine tiefergehende I ntegration in das Fahrzeug benötigen als auch erheblich höhere Anforderungen an das Kommunikationsmedium stellen. Anforderungen an die Kommunikationstechnik Das C2C-CC setzt auf IEEE 802.11p, einer neuen Variante des bekannten WLAN Standards 802.11, zur Kommunikation zwischen den Fahrzeugen. Auch Verkehrsinfrastruktur wie Lichtsignalanlagen und Wechselverkehrszeichen können mit dieser Technik in die Kommunikation eingebunden werden. Fahrzeuge innerhalb einer gewissen Reichweite bilden dabei ein sogenanntes Ad-Hoc-Netzwerk, in welchem sie untereinander Informationen und Nachrichten dezentral austauschen und diese auch gerichtet weitergeben können. Dafür soll ein lizenzfreies Frequenzband bei 5,9 GHz in der EU und den USA genutzt werden. Da die Reichweite der Funksignale auf diesen relativ hohen Frequenzen schnell durch das Gelände begrenzt wird, werten alle Fahrzeuge empfangene Nachrichten orts- und richtungsabhängig aus und leiten sie kooperativ weiter. Es ist leicht einzusehen, dass dieses Konzept eine ausreichende Dichte von Fahrzeugen mit Automotive WLAN-Kommunikation voraussetzt. In etwas erweiterter Sichtweite (50 bis 1000 m) braucht es einen weiteren Kommunikationspartner, damit eine Nachricht weitergegeben werden kann. Gegebenenfalls können Nachrichten auch im Fahrzeug kurz gepuffert werden, bis ein weiterer Empfänger in Reichweite kommt. Allerdings ist die kurze Latenzzeit durch die direkte Kommunikation ein nicht zu unterschätzender Vorteil bei sicherheitskritischen Anwendungen, die oft sehr zeitkritisch sind und somit einer Pufferung entgegenstehen. Die Leistungsfähigkeit der WLAN-Technik in verschiedensten Netzkonstellationen ist daher Gegenstand von wissenschaftlichen Untersuchungen im Car2X-Kommunikationslabor des Forschungszentrums für Fahrzeugsicherheit CARISSMA an der Technischen Hochschule Ingolstadt. Speziell in der Einführungsphase dieser Fahrzeugdienste, die wesentlich von der langsamen Marktdurchdringung durch Neufahrzeuge bestimmt wird, wird man daher auf die normalen Mobilfunknetze zurückgreifen müssen, um zuverlässig g rößere Distanzen zu überbrücken. Die modernen LTE-Netze, die schon heute wesentliche Teile der Länder gut abdecken und bis in wenigen Jahren eine umfassende Versorgung mit Breitband-Datendiensten sicherstellen, bieten sich zumindest in der Einführungsphase an. Moderne Fahrzeuge haben schon heute für ihre Infotainment-Anwendungen eine Anbindung an Mobilfunknetze, die dann auch für die Car2X-Kommunikation genutzt werden könnte. Die absehbare Weiterentwicklung der Mobilfunktechnik zu 5G enthält auch interessante Funktionen, die Einsatzfälle rund ums Fahrzeug abdecken können, zum Beispiel die geplante Device-to-Device-Kommunikation oder die Nutzung des kommenden Multicasts in LTE. Allerdings muss sich die schnelllebige Kommunikationsindustrie auf Endgeräte einstellen, in diesem Fall Fahrzeuge, die 15 und mehr Jahre im Netz unterstützt werden müssen. Moderne Handys werden häufig nach anderthalb bis zwei Jahren aussortiert und durch ein besseres Nachfolgemodell ersetzt. Damit einher geht dann auch die Unterstützung der neuesten Mobilfunkstandards und Frequenzen. Ein derartiges Upgrade verbauter Technik im Fahrzeug ist jedoch unwahrscheinlich. Dennoch werden Fahrzeugbesitzer auf liebgewonnene Schwarmdienste nicht mehr verzichten wollen. Frequenzen genutzt werden, fallen für deren Nutzung und den Betrieb der Netze Gebühren an. Dienste wie die k ooperative Umfeldwahrnehmung, welche wegen der Dynamik des Umfelds fortlaufend Daten austauschen müssen, würden die Mobilfunknetze übermäßig belasten und wären entsprechend teuer. Folglich wird man sich bei Mobilfunk auf Dienste mit geringerem Datenvolumen beschränken, die beispielsweise nur in besonderen Situationen wie einer Panne Daten senden. Selbst mit dieser Einschränkung bleibt die Frage nach möglichen Gebührenmodellen im Raum, die Car2X-Diensten einen einfachen Start ermöglichen. Zudem arbeiten die Automobilhersteller mit unterschiedlichen Netzbetreibern zusammen. Wird hier ein nationales Roaming möglich sein, wenn im Interesse der Fahrzeugsicherheit eine garantierte Netzverfügbarkeit notwendig ist? Wird der Fahrer künftig regelmäßig zur Kasse gebeten, wenn er Sicherheitsfunktionen nutzen möchte? Außerdem erwarten Kunden, dass die Technik ihres Fahrzeugs grenzüberschreitend und somit international funktioniert. Folglich ist nicht nur nationales, sondern auch internationales Roaming aufgrund der Kosten ein kritischer Punkt. Zudem ist Abbildung 2: pWLAN Beide Technologien – WLAN und Mobilfunk – schließen sich keinesfalls gegenseitig aus. Vielmehr spielen die infrastrukturunabhängige, unmittelbare Ad-Hoc-Kommunikation sowie breitbandige Datennetze mit nachgelagerten Backends in komplementären Szenarien ihre Stärken aus. Betreibermodelle der Zukunft Road Side Unit Netzwerk Mobilfunk Während die Mobilfunknetze bereits heute schon einen nahezu flächendeckenden Dienst anbieten können, sind auch hier einige Aspekte zu berücksichtigen. Da für Mobilfunk lizenzierte Backends Quelle: Technische Hochschule Ingolstadt 29 Detecon Management Report dmr • Special Automotive 2015 LTE-Mobilfunk: Automotive WLAN: LTE ist international die aktuelle (4.) Generation der Mobilfunknetze. LTE („Long Term Evolution“) ist die erste Mobilfunktechnik, die vollständig auf der Datentechnologie des Internets (IP) basiert. LTE-Netze sind für die schnelle, mobile Datenkommunikation entwickelt worden („Datenturbo“ mit hohen Übertragungsraten und sehr kurzen Verzögerungen). Die Car2X-Kommunikation mittels Automotive WLAN ist als Ad-Hoc-Netzwerk (Vehicular Ad-Hoc Network VANET) organisiert, sodass Fahrzeuge unmittelbar Daten austauschen können, ohne auf weitere Netzwerkinfrastruktur angewiesen zu sein, und somit keine weiteren Kosten entstehen. LTE wird von den Mobilfunkbetreibern auf unterschiedlichen Frequenzbändern angeboten; im ländlichen Bereich bei 800 MHz, um große Gebiete mit schnellem Internet zu versorgen, und bei 1800 und 2600 MHz, um in Ballungsräumen vielen Nutzern einen schnellen Internetzugang zu ermöglichen. Somit ist kurzfristig eine sehr gute, leistungsfähige wie auch flächendeckende Versorgung zu erwarten. Wie in modernen Smartphones können die LTE-Empfangsmodule auch die anderen Mobilfunktechnologien benutzen, zum Beispiel 3G (UMTS / HSPA) in Gebieten ohne LTE-Abdeckung. Car2X-Anwendungen verschiedener Fahrzeuge kommunizieren vorerst nur über das Mobilfunknetz miteinander, eine direkte Car2Car-Kommunikation ist aber mit den geplanten Erweiterungen der LTE-Technik (Device-toDevice Communication, Proximity Services) in der 5. Mobilfunkgeneration zu erwarten. Für die Nutzung in Car2X-Anwendungen müssen mit den Mobilfunkbetreibern entsprechende Abkommen getroffen werden. Wichtig sind dabei anbieter- und netzübergreifende Betreibermodelle, auch im internationalen Umfeld, da die Nutzung der Car2X-Anwendungen nicht auf ein einzelnes Netz begrenzt werden kann. Generell wird für die Nutzung von LTE aber eine Berechnung durch den Betreiber erfolgen. In vielen modernen Fahrzeugen ist standardmäßig ein Mobilfunkmodul (mit LTE) verbaut, um während der Fahrt den Zugang zum Internet für die bekannten Infotainment-Dienste zu ermöglichen. Auf dieser Infrastruktur des Fahrzeugs könnten aus technischer Sicht auch Car2X-Anwendungen aufsetzen. 30 Detecon Management Report dmr • Special Automotive 2015 Sowohl in den USA als auch in Europa sind exklusiv Frequenzen im 5,9 GHz Band für die Ad-Hoc Kommunikation reserviert. Da auf beiden Seiten des Atlantiks die Modulations- und Kanalzugriffsmechanismen einheitlich durch den Standard IEEE 802.11p geregelt sind, kann identische Hardware in den Fahrzeugen für beide Märkte verbaut werden. Hinsichtlich der Software unterscheiden sich beide Systeme jedoch. So sind weder die Nachrichtenformate noch die Mechanismen zum Verteilen dieser Nachrichten im Netzwerk identisch. Die Standardisierung der Nachrichten und Protokolle erfolgt in Europa durch das European Telecommunications Standards Institute (ETSI) unter Mitwirkung von Organisationen wie dem CAR 2 CAR Communication Consortium. Während für die Nutzung der Funkkanäle im 5,9 GHz Band keine Kosten anfallen, sind die Hardwarekosten und nicht zuletzt die Entwicklungskosten für ein solches VANET im Vergleich zu etablierter Mobilfunktechnik höher. Mit steigender Verbreitung dieser Technik ist allerdings auch mit fallenden Preisen für die WLAN-Hardware zu rechnen. Da ein lizenzfreies Frequenzband verwendet wird und keine Netzbetreiber involviert sind, fallen auch wesentlich geringere Kosten im laufenden Betrieb an. Besonders für den Einsatz in der Fahrzeugsicherheit ist nach aktuellem Stand der Technik Automotive WLAN mit seinem direkten Kommunikationsweg zwischen Fahrzeugen und den kurzen Latenzzeiten im Vorteil gegenüber Mobilfunk. die Frequenznutzung im Mobilfunk länderspezifisch. Heutige Smartphones unterstützen weitgehend diese verschiedenen Frequenzbänder, dennoch sind lokale Einschränkungen zu finden und geeignete Mobilfunkchips teurer als ihre Pendants, die nur weniger Bänder unterstützen. sicht umgehend angegangen werden. Bei der Bedeutung der Automotive-Industrie in Deutschland einerseits und der Sicherheit im Straßenverkehr andererseits wären öffentliche Programme zur Unterstützung der Einführung ein volkswirtschaftlich kluger Weg. Viele dieser Probleme erfordern eine gemeinsame, konzertierte Aktion von den Mobilfunkbetreibern, den Herstellern der Fahrzeugindustrie sowie den Regierungsvertretern und Regulierungsbehörden. Dies ist aktuell noch nicht erkennbar. Mit geeigneten Betreibermodellen muss der Komplexität der heutigen Mobilkommunikation und den zum Teil erheblichen Gebühren bei der Nutzung fremder Netze begegnet werden. I nternationale Absprachen sind notwendig, damit die Dienste auch bei Fahrten ins Ausland nahtlos verfügbar sind. Für die Nutzer stellt sich dann die Frage, mit welchen Kosten die Kommunikation seines Fahrzeugs das eigene Budget belastet. Da beide Technologien orthogonale Vorteile besitzen, könnte die Ausstattung der Fahrzeuge sowohl mit 802.11p WLAN-Techniken als auch mit Mobilfunk vorgeschlagen werden. Damit profitiert man sowohl vom einfacheren Betreibermodell und freien Ressourcen als auch von der Verwendung der vorhandenen Kommunikationsinfrastruktur zur Behebung des geringen Nutzens für Early Adopters. Allerdings summieren sich dabei die Einbaukosten beider Komponenten und die Kosten der Betreibermodelle. Wenn auch diese Hürde genommen ist, wird sich eine Vielzahl von technisch neuen Lösungen ergeben. Im Bereich Fahrzeugsicherheit und auch Fahreffizienz ist enormes Potenzial zu erwarten. Trotz aller bisher gelösten Probleme kann im Fahrzeugsicherheitsbereich mit spannenden neuen Anwendungen und Forschungsthemen gerechnet werden, denen an der Technischen Hochschule Ingolstadt im Forschungsbau CARISSMA, dem Forschungszentrum für Fahrzeugsicherheit, nachgegangen wird (www.carissma.eu). Spannende neue Anwendungen in der Zukunft Das autonome Fahren bestimmt die Medien auf der ganzen Welt, vor allem in Zeiten der prestigeträchtigen Automotive Shows. Die CEOs namhafter Automobilkonzerne sind Stargäste auf den großen Elektronikmessen und begeistern das Publikum und die Fachpresse mit selbstfahrenden Autos. Die Realisierung dieser Vision und der konstant wachsende Individualverkehr verlangen eine intelligente und effiziente Kommunikation der Fahrzeuge untereinander wie auch mit der Infrastruktur, der Cloud, um die einzelnen Erlebnisse kompetent zu bewerten und a ndere Verkehrsteilnehmer zu informieren und zu lenken. Während die Technik in vielen Komponenten und Konzepten greifbar ist, sind noch große Anstrengungen bei allen Beteiligten erforderlich, um weltweit geeignete Betreiber- und Betriebsmodelle zu finden und zu etablieren. Kreative Ideen sind gefragt, um die Verbreitung und Nutzung der vielversprechenden Kommunikation von Fahrzeugen zum Wohl aller in die Breite des Markts zu bringen. Typische Einführungshürden – wenige Nutzer und teure Technik führen zu geringer Verbreitung und resultierend geringem Kundenmehrwert – müssen mit strategischer Weit- Prof. Dr. rer. nat. Christian Facchi ist seit 2004 Forschungsprofessor für eingebettete und vernetzte Systeme an der Technischen Hochschule Ingolstadt. 2011 übernahm er die wissenschaftliche Leitung des zentralen Forschungsinstituts der Hochschule Ingolstadt (ZAF). Er forscht im Bereich Fahrzeugsicherheit an Themen der Car2X-Kommunikation. Zuvor war er in der Entwicklungsabteilung für Mobiltelefone bei Siemens tätig. Prof. Dr.-Ing. Ernst-H. Göldner hat die Entwicklung der Breitbandkommunikation bei Siemens und später Nokia über viele Jahre intensiv begleitet. Seit 2013 arbeitet er an der Technischen Hochschule Ingolstadt als Professor für technische Informatik und Kommunikationsnetze. Raphael Riebl forscht an der Technischen Hochschule Ingolstadt seit Oktober 2013 im Bereich vernetzter Fahrzeuge. Sein Schwerpunkt liegt auf Leistungsbewertungen und Tests für Car2X-Kommunikation auf Basis von Automotive WLAN/IEEE 802.11p. 31 Detecon Management Report dmr • Special Automotive 2015
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