Die Neuen in Landquart: Wieder Fleisch, aber anders

REGION
Südostschweiz | Mittwoch, 18. November 2015
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Reutegger, Unternehmensleiter der
Mérat & Cie. AG. Tatsächlich zeigt auch
ein Blick ins Handelsregister keinerlei
personelle Überschneidungen zwischen der Führungsriege der Carna
Grischa und jener des Berner Traditionsbetriebs Mérat. Die einzige Parallele: Wie Carna Grischa ist auch Mérat
im Fleischhandel tätig.
Damit hat es sich aber auch schon.
«Es ist absolut nicht unser Ziel, als ‘Billiger Jakob’ aufzutreten», betont Reutegger. Natürlich gebe es heute im Gastro- und Hotelleriemarkt, wo Mérat tätig ist, Ausschreibungen. «Da zählt
dann das beste Preis-/Leistungsverhältnis.» Vorwiegend über den Preis,
wie das bei Carna Grischa der Fall war,
will Mérat seine Produkte aber nicht
absetzen. Zudem ist das mittlerweile
über 70-jährige Unternehmen eng mit
dem Grossverteiler Migros verbunden:
über die Saviva-Gruppe, einen Zusammenschluss von Schweizer Produzenten und Dienstleistern.
Zuversicht und Nachhaltigkeit
Wieder Leben im Betrieb: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Mérat & Cie. AG arbeiten seit drei Wochen in ihren Landquarter Räumlichkeiten.
Bild Olivia Item
Die Neuen in Landquart:
Wieder Fleisch, aber anders
Die Skandalfirma Carna Grischa ist Geschichte. Fleisch gibt es aber am früheren Standort in Landquart wieder –
seit drei Wochen. Die Traditionsfirma Mérat ist hier eingezogen. Mit Carna Grischa hat sie nichts gemeinsam.
von Olivier Berger
D
er Ruf ruiniert, die Firma
konkurs: Knapp ein Jahr
ist es her, seit Unregelmässigkeiten bei der Deklaration von Schweizer
Fleisch bei der Landquarter Firma Carna Grischa aufgeflogen sind. Ende Juni
stricht der Betrieb die Segel und ging
in Konkurs. Die juristischen Nachwehen des Skandals sind allerdings noch
nicht abgeschlossen, wie Claudio Riedi,
Mediensprecher der Staatsanwaltschaft Graubünden, bestätigt.
«Die Abklärungen sind immer noch
im Gang», sagt Riedi. «Derzeit gibt es
auch keine Neuigkeiten, die wir kommunizieren können.» Riedi geht davon
aus, dass es noch «eine Weile dauern»
könnte, bis die rechtliche Aufarbeitung
des Fleischskandals abgeschlossen ist.
Ermittelt wird nach wie vor wegen Betrugs, Urkundenfälschung und Verstös-
«Es ist absolut
nicht unser Ziel,
als ‘billiger Jakob’
aufzutreten.»
Hans Reutegger
Unternehmensleiter Mérat & Cie. AG
sen gegen die Lebensmittelgesetzgebung. Zu Gerüchten, dass sich einer der
möglichen Verantwortlichen für den
Skandal ins Ausland abgesetzt hat, will
sich Riedi nicht äussern.
«Nichts mit Carna Grischa zu tun»
In die zeitweise verlassenen Räumlichkeiten von Carna Grischa in Landquart
ist vor rund drei Wochen ein neuer Betrieb eingezogen. «Mit Carna Grischa
haben wir nichts zu tun», betont Hans
Die Saviva-Mitgliedschaft war auch
einer der Gründe, wieso sich Mérat
ausgerechnet in den stillliegenden Carna-Grischa-Räumlichkeiten niedergelassen hat, wie Reutegger verrät. Einen
Stock höher sei schon länger der Eierhändler Lüchinger & Schmid präsent,
welcher ebenfalls zu Saviva gehöre.
«Von der Logistik her hat sich das deshalb gut so ergeben.» Einen Standort
in der Ostschweiz habe Mérat schon
länger gesucht, so Reutegger. «Landquart ist ideal, weil man von hier aus
nicht nur Graubünden, sondern auch
das Rheintal und den Kanton Glarus
anfahren kann.»
Die Ostschweiz und Graubünden
seien ein interessantes Gebiet für Mérat, findet Reutegger – und das trotz
der aktuellen Tourismusbaisse. «Die
Touristiker und die Gastronomie werden wieder Mittel und Wege finden, erfolgreich zu sein.» Immerhin sei die
Schweiz «ein wunderschönes Land».
Und schliesslich würden im Osten der
Schweiz Fleischwaren für rund eine
halbe Milliarde Franken pro Jahr verkauft und konsumiert.
Von diesem Kuchen will sich Mérat
auch künftig ein Stück abschneiden.
Allerdings setzt das Unternehmen –
anders als die Vorgängerin – sehr stark
auf Nachhaltigkeit, Regionalität und
Qualität, wie Reutegger betont. Dazu
gehört unter anderem, dass viel Fleisch
aus der Region bezogen wird, dass die
ganzen Verarbeitungsprozesse zertifiziert und transparent sind. Und: Rund
90 Prozent des Fleischs bei Mérat stammen aus der Schweiz.
Davoser Hundehalter sind verunsichert
In Davos kursieren Befürchtungen, dass Giftköder für Hunde ausgelegt worden seien. Weder der Kantonspolizei noch dem Kantonstierarzt
liegen aber Hinweise dafür vor. Davoser Tierärzte haben bislang keinen Hund wegen Vergiftungserscheinungen behandeln müssen.
von Béla Zier
Die Besitzerin der Davoser Hundeschule, Rosmarie von Ah, ist in Sorge um
schwanzwedelnde Vierbeiner. Via Facebook postete sie darum Meldungen,
wonach an mehreren Orten in Davos
Giftköder ausgelegt worden seien.
Einer ihrer Beiträge, der mit «Passt auf
eure Fellnasen auf» endet, wurde 155
Mal geteilt und so weiterverbreitet. Wie
die Hundetrainerin gestern auf Anfrage mitteilte, basierten ihre Mitteilungen auf Benachrichtigungen Dritter. So
etwa auch die Meldung von letzter Woche, als sie von jemandem angeschrieben worden sei, der beim Landwasser
in Davos Platz ein Hackbällchen gefunden habe. Der Mann habe in dem
Hackbällchen ein weissgrünes Pulver
entdeckt und sei «so geschockt gewesen, dass er es sofort ins Landwasser
geworfen hat», berichtet von Ah. Ihr
haben diese Meldungen Angst einge-
jagt. Deshalb hat sie die Mitglieder der
Davoser Sektion des Schweizerischen
Kynologischen Vereins und ihre Kunden angeschrieben, sie sollten aufpassen. Aufgrund der Verunsicherung hat
sie mit weiteren Personen letzte Woche
sogar das Areal der Davoser Hundeschule nach Giftködern abgesucht. Gefunden wurde nichts. Wie von Ah auf
eine entsprechende Frage sagte, geht
sie davon aus, dass in Davos ein Hundehasser sein Unwesen treibt. Die Meldungen, die über Facebook schnelle
Verbreitung fanden, sorgen unter den
Davoser Hundehaltern für Unsicherheit. Fakt ist, dass bis heute nichts passiert ist und kein einziger bestätigter
Fall vorliegt, dass wirklich Giftköder
ausgelegt worden sind.
«Für uns ist das ein Gerücht»
Den zwei Davoser Tierarztpraxen liegen keine Hinweise dafür vor, dass ein
Hundefeind Giftköder verteilt hat.
«Für uns ist das bislang ein Gerücht,
das nicht bestätigt werden kann», sagte Marianne Geret von der gleichnamigen Davoser Kleintierpraxis auf Anfrage. Man habe bisher keinen Hund mit
Vergiftungserscheinungen behandelt.
Das bestätigte auch Katja Weder von
der Gross- und Kleintierpraxis in Davos
Laret: «Wir hatten keinen Fall.» Wie
Geret und Weder unisono ausführten,
seien sie in letzter Zeit öfters von besorgten Hundehaltern aufgrund der
Mitteilungen wegen angeblich gefundener Giftköder angesprochen worden.
Der Kantonspolizei Graubünden
liegt bis dato kein bestätigter Fall für
ausgelegte Giftköder in Davos vor, eine
Anzeige sei in diesem Zusammenhang
bislang ebenfalls keine eingegangen. In
sozialen Netzwerken würde schnell etwas geteilt, weitergeleitet und würde
dann entsprechend die Runde machen, meinte Thomas Hobi, Mediensprecher der Bündner Kantonspolizei.
Sollte jemand tatsächlich einen vermeintlichen Giftköder finden, wäre es
wichtig und hilfreich, die Polizei zu
kontaktieren, damit der Fund analysiert werden kann, so Hobi.
Ein Vergiftungsfall in fünf Jahren
Hätte es in Davos einen Fall mit einem
absichtlich vergifteten Hund gegeben,
dann wüsste dies der Bündner Kantonstierarzt Rolf Hanimann. «Ich habe
nichts von Todesfällen in Davos gehört.
Wir haben keine Meldung, auch keine
polizeiliche», stellte er auf Anfrage klar.
Im Raum Landquart sei ein Hund gestorben, dessen Tod «von den Beteiligten, nicht von uns, auf eine Vergiftung
zurückgeführt wird». Das sei die Problematik an der ganzen Geschichte, so
Hanimann. Von Vergiftungen und Giftködern könne man dann sprechen,
wenn eine Analyse vorliege und man
sagen könne, es handle sich um Strychnin, Zyankali oder Rattengift. Woran
der Hund im Raum Landquart gestoben sei, werde abgeklärt. Er wisse, dass
in diesem Fall von Privaten eine Verbindung zu Davos gemacht worden sei.
Was ist die Ursache dafür, dass in sozialen Netzwerken schnell Meldungen
verbreitet werden, obwohl wie jetzt in
Davos keine belegbaren Hinweise existieren, dass tatsächlich Giftköder verteilt wurden? Für Hanimann ist der
Grund dafür emotionaler Natur: «Man
ist natürlich in Angst, weil man als
Hundehalter ein Horrorszenario davor
hat, wenn man ein Tier durch solch
eine Vergiftung verliert. Das wird mit
Schmerzen und Todeskampf assoziiert, und das will man nicht. Darum ist
man getrieben, alle vorbeugend zu
warnen, damit niemand in so eine Situation kommt.» Gemäss Hanimann
hat es in Graubünden in den vergangenen fünf Jahren einen einzigen nachweisbaren Fall gegeben, dass ein Hund
durch einen Köder vergiftet wurde.