www.aekn.de KKH Fachtagung §§ 299a ff. StGB Was bleibt noch vom Berufsrecht übrig? Dr. Karsten Scholz, Ärztekammer Niedersachsen Honorarprofessor an der Leibniz Universität Hannover 2. März 2016 KKH-Fachtagung – Betrug im Gesundheitswesen - Berufsrecht Seite 1 www.aekn.de Agenda • Blick 20 Jahre zurück • §§ 299a/b Abs. 1 Nr. 2: „Berufsrechtsakzessorietät“ • Fallgruppen mit Brennpunktpotential • Das (ärztliche) Berufsrecht als Steigbügel für das Strafrecht oder was bleibt davon übrig? 2. März 2016 KKH-Fachtagung – Betrug im Gesundheitswesen - Berufsrecht Seite 2 www.aekn.de Rechtsberatertagung vor 20 Jahren • Sanitätshaus stellt Orthopäden kostenlos Spreizhosen-Muster zur Verfügung; diese werden dem Säugling im Beisein der Eltern angelegt • Arzt stellt im Anschluss eine Verordnung aus, welche er an das Sanitätshaus weitergibt • Arzt erhält keine Vergütung oder sonstige Vorteile 2. März 2016 KKH-Fachtagung – Betrug im Gesundheitswesen - Berufsrecht Seite 3 www.aekn.de vor 20 Jahren • Beteiligung von operativ tätigen Chefärzten an der CKlinik in B-B, einer Rehaklinik für Privatpatienten • „Berufsrechtlich problematisch könnte sein, dass eine 15%ige Gewinnbeteiligung an die Belegungsquote der Klinik gekoppelt wird. Auch ist ein besonderes Kündigungsrecht vorgesehen; die GmbH ist berechtigt, dem Gesellschafter zu kündigen, wenn er in dieser nicht mehr operativ tätig ist.“ • „Es wird festgestellt, dass ein Berufsrechtsverstoß nicht nachweisbar ist. Allein die Finanzierungskonstruktion stellt noch keinen Verstoß gegen die Berufsordnung dar.“ 2. März 2016 KKH-Fachtagung – Betrug im Gesundheitswesen - Berufsrecht Seite 4 www.aekn.de Regierungsentwurf – Auszug, § 299a StGB (1) Wer als Angehöriger eines Heilberufs .... im Zusammenhang mit der Ausübung seines Berufes einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei der Verordnung oder der Abgabe von Arznei- ... .... mitteln ..... 1. einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge oder 2. seine berufsrechtliche Pflicht zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit verletze, (2) Ebenso wird bestraft, wer als Angehöriger eines Heilberufs .... einen Vorteil [als Gegenleistung]* dafür fordert, sich° versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug von Arznei- .... Mitteln ...., die zur Abgabe an den Patienten bestimmt sind, seine berufsrechtliche Pflicht zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit verletze. * Redaktionsversehen (s. Kubiciel WiJ 2016, Heft 1) – °Dritter? 2. März 2016 KKH-Fachtagung – Betrug im Gesundheitswesen - Berufsrecht Seite 5 www.aekn.de Regierungsentwurf – Auszug, § 299b StGB (1) Wer einem Angehöriger eines Heilberufs ... im Zusammenhang mit dessen Berufsausübung einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er bei der Verordnung oder der Abgabe von Arznei- ... .... mitteln ..... 1. ihm oder einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge oder 2. seine berufsrechtliche Pflicht zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit verletze, .... (2) Ebenso wird bestraft, wer einem Angehöriger eines Heilberufs im Zusammenhang mit dessen Berufsausübung ... einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er bei dem Bezug von Arznei- .... mitteln ...., die zur Abgabe an den Patienten bestimmt sind, seine berufsrechtliche Pflicht zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit verletze. 2. März 2016 KKH-Fachtagung – Betrug im Gesundheitswesen - Berufsrecht Seite 6 www.aekn.de § 31 Abs. 1 MBO als „Vorbild“ • Ärztinnen und Ärzten ist es nicht gestattet, für die Zuweisung von Patientinnen und Patienten oder Untersuchungsmaterial oder für die Verordnung oder den Bezug von Arznei- oder Hilfsmitteln oder Medizinprodukten ein Entgelt oder andere Vorteile zu fordern, sich oder Dritten versprechen oder gewähren zu lassen oder selbst zu versprechen oder zu gewähren. 2. März 2016 KKH-Fachtagung – Betrug im Gesundheitswesen - Berufsrecht Seite 7 www.aekn.de Verbot der Zuweisung ./. Entgelt § 73 VII SGB V und § 31 MBO Es ist Vertragsärzten nicht gestattet, für die Zuweisung von Versicherten ein Entgelt oder sonstige wirtschaftliche Vorteile sich versprechen oder sich gewähren zu lassen, oder selbst zu versprechen oder zu gewähren. § 128 Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend. … Ärzten ist es nicht gestattet, für die Zuweisung von … Patienten oder Untersuchungsmaterial … ein Entgelt oder andere Vorteile zu fordern, sich oder Dritten versprechen oder gewähren oder selbst zu versprechen oder zu gewähren. §§ 32 Brem. KHG, 31a Abs. 1 KHGG NRW, 25a ThürKHG 2. März 2016 KKH-Fachtagung – Betrug im Gesundheitswesen - Berufsrecht Seite 8 www.aekn.de Was darf der (Bundes-) Gesetzgeber? • Gesetzgebungskompetenz ?!? • Bestimmtheit ?!? • Gleichbehandlung ?!? o Täterkreis o unterschiedliches Landesberufsrecht o absehbares Vollzugsdefizit ? o Strafantragserfordernis ? 2. März 2016 KKH-Fachtagung – Betrug im Gesundheitswesen - Berufsrecht Seite 9 www.aekn.de Was darf der (Bundes-) Gesetzgeber? • Gesetzgebungskompetenz ? • § 332 StGB – Bestechlichkeit: • Amtsträger...., dass er eine Diensthandlung vorgenommen hat oder künftig vornehme und dadurch seine Dienstpflichten verletzt hat oder verletzen würde 2. März 2016 KKH-Fachtagung – Betrug im Gesundheitswesen - Berufsrecht Seite 10 www.aekn.de Diebstahl, § 242 StGB • Wer eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. • Wo steht das noch? 2. März 2016 KKH-Fachtagung – Betrug im Gesundheitswesen - Berufsrecht Seite 11 www.aekn.de Regierungsentwurf – Auszug, § 299a StGB (1) Wer als Angehöriger eines Heilberufs .... im Zusammenhang mit der Ausübung seines Berufes einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei der Verordnung oder der Abgabe von Arznei- ... .... mitteln ..... 1. einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge oder 2. seine berufsrechtliche Pflicht zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit verletze, (2) Ebenso wird bestraft, wer als Angehöriger eines Heilberufs .... einen Vorteil [als Gegenleistung]* dafür fordert, sich° versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug von Arznei- .... Mitteln ...., die zur Abgabe an den Patienten bestimmt sind, seine berufsrechtliche Pflicht zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit verletze. * Redaktionsversehen (s. Kubiciel WiJ 2016, Heft 1) – °Dritter? 2. März 2016 KKH-Fachtagung – Betrug im Gesundheitswesen - Berufsrecht Seite 12 www.aekn.de § 30 MBO Ärztliche Unabhängigkeit • „Ärztinnen und Ärzte sind verpflichtet, in allen vertraglichen und sonstigen beruflichen Beziehungen zu Dritten ihre ärztliche Unabhängigkeit für die Behandlung der Patientinnen und Patienten zu wahren.“ • Handlungs- und Unterlassungspflicht ! • Abstraktes Gefährdungsdelikt ! 2. März 2016 KKH-Fachtagung – Betrug im Gesundheitswesen - Berufsrecht Seite 13 www.aekn.de BGH v. 21.5.2015 – I ZR 183/13 Erfolgsprämie für Kundengewinnung • • • Die Bestimmung des § 1 Abs. 5 BO Zahnärzte Nordrhein, nach der der Zahnarzt keine Verpflichtung eingehen soll, die seine Unabhängigkeit bei der Berufsausübung beeinträchtigen kann, stellt eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG* dar. Ein Geschäftsmodell, an dem sich ein Zahnarzt beteiligt, ist mit § 1 Abs. 5 BO Zahnärzte Nordrhein unvereinbar, wenn es die Gefahr begründet, dass ein Zahnarzt sich bei der Behandlung nicht am Patientenwohl orientiert, sondern an seinen eigenen wirtschaftlichen Interessen. Eine solche Gefahr ergibt sich nicht aus Bestimmungen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Betreibers des Geschäftsmodells, die die Auslegung zulassen, dass der Zahnarzt die Behandlung eines Patienten aus medizinischen Gründen ohne Kostennachteile ablehnen kann. * jetzt § 3a UWG 2. März 2016 KKH-Fachtagung – Betrug im Gesundheitswesen - Berufsrecht Seite 14 www.aekn.de Normzweck / Kontext § 30 MBO • Die Norm verdeutlicht, dass die fachliche Unabhängigkeit als ein Wesensmerkmal des freien Berufs kein Selbstzweck ist sondern dem Patientenschutz dient • § 2 Abs. 2 MBO: „Ärzte haben ihren Beruf gewissenhaft auszuüben und dem ihnen bei ihrer Berufsausübung entgegengebrachten Vertrauen zu entsprechen. Sie haben dabei ihr ärztliches Handeln am Wohl der Patienten auszurichten. Insbesondere dürfen sie nicht das Interesse Dritter über das Wohl der Patienten stellen.“ • Kammergesetze: Gebot gewissenhafter Berufsausübung • § 1 Abs. 2 BÄO: „Der ärztliche Beruf ist kein Gewerbe; er ist seiner Natur nach ein freier Beruf.“ 2. März 2016 KKH-Fachtagung – Betrug im Gesundheitswesen - Berufsrecht Seite 15 www.aekn.de Regierungsentwurf – Auszug, § 299b StGB (1) Wer einem Angehöriger eines Heilberufs ... im Zusammenhang mit dessen Berufsausübung einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er bei der Verordnung oder der Abgabe von Arznei- ... .... mitteln ..... 1. ihm oder einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge oder 2. seine berufsrechtliche Pflicht zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit verletze, .... (2) Ebenso wird bestraft, wer einem Angehöriger eines Heilberufs im Zusammenhang mit dessen Berufsausübung ... einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er bei dem Bezug von Arznei- .... mitteln ...., die zur Abgabe an den Patienten bestimmt sind, seine berufsrechtliche Pflicht zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit verletze. 2. März 2016 KKH-Fachtagung – Betrug im Gesundheitswesen - Berufsrecht Seite 16 www.aekn.de Überblick Berufsrecht • Konkretisierungen des § 30 MBO • § 31 Abs. 1 MBO: Verbot der Zuweisung gegen Entgelt – „Vorbild“ für §§ 299a, 299b • § 31 Abs. 2 MBO: Empfehlungsverbot – außer bei Vorliegen eines hinreichenden Grundes • § 32 MBO: Unerlaubte einseitige Zuwendungen • § 32 Abs. 2 MBO: Privilegierung Fortbildung • § 33 MBO Zuwendungen bei vertraglicher Zusammenarbeit 2. März 2016 KKH-Fachtagung – Betrug im Gesundheitswesen - Berufsrecht Seite 17 www.aekn.de These 1 • Das Berufsrecht als Berufsausübungsrecht gewinnt zur Auslegung der durch „Verletzung der berufsrechtlichen Pflicht zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit“ erheblich an Bedeutung. Dass eine solche Pflicht besteht bzw. im StGB kodifiziert wird, leitet sich aus der Befugnis des Bundes ab, das Berufsbild zu prägen. 2. März 2016 KKH-Fachtagung – Betrug im Gesundheitswesen - Berufsrecht Seite 18 www.aekn.de Aber: Der Wunsch nach Klarheit • Montgomery DÄBl 2015, A-1363 • „Es fehlt eine Liste für die Kitteltasche“ DÄBl 2013, A-2226 - 2231 • Nach SGB V gewünschte Kooperationen dürfen nicht strafbar sein Häufig nur unter bestimmten Bedingungen gestattet. Problemfelder 2. März 2016 KKH-Fachtagung – Betrug im Gesundheitswesen - Berufsrecht Seite 19 www.aekn.de „Kooperationen“ ArztKrankenhaus - Beispiele 1. 20 €/h für die OP-Nutzung 2. gleichzeitige Tätigkeit als Chefarzt und im angeschlossenen MVZ mit Zielvereinbarung, welche auf die Entlassquote um 11 Uhr abstellt 3. Täglich wechselnder Wahlarzt aus einer Berufsausübungsgemeinschaft 4. Outsorcing einer ganzen Abteilung 2. März 2016 KKH-Fachtagung – Betrug im Gesundheitswesen - Berufsrecht Seite 20 www.aekn.de angemessene Vergütung • angemessene Zahlungen, die ihren Grund in der Behandlung des Patienten selbst haben • GOÄ gilt idR nicht • Maßstäbe: dennoch GOÄ / tarifvertragliche Vergütung / Kalkulation in der DRG / nicht: Praxisausfallkosten • aber: DRG als Mischkalkulation („Landarztzuschlag“); einziger niedergelassener Gefäßchirurg, der den Zentrumsbestand sichert • Genaue Leistungsbeschreibungen könn(t)en helfen! 2. März 2016 KKH-Fachtagung – Betrug im Gesundheitswesen - Berufsrecht Seite 21 www.aekn.de BSG v. 25.3.2015 – B 6 KA 24/14 R = Unrechtsvereinbarung ? • Bei einer Teil-Berufsausübungsgemeinschaft zwischen Zuweisern und Operateuren (in der Augenheilkunde) - aber auch darüber hinaus – muss durch entspr. vertragliche Regelungen sichergestellt sein, dass die nichtoperativ tätigen Ärzte am Gesamtergebnis (nur) in dem Verhältnis beteiligt werden, in welchem der Wert der von ihnen erbrachten Leistungen zum Wert der Gesamtleistungen steht. Verzichten die von der Zuweisung profitierenden Ärzte ohne sachlichen Grund auf Gewinn, erhöht sich hierdurch unzulässigerweise der Gewinnanteil der zuweisenden Gesellschafter 2. März 2016 KKH-Fachtagung – Betrug im Gesundheitswesen - Berufsrecht Seite 22 www.aekn.de Radiologen und Orthopäden • „…Sie hatten darauf hingewiesen, dass ein strafrechtlich relevanter Vorteil bereits in der Möglichkeit gesehen werden kann, sich an der schnittbildgesteuerten Diagnostik beteiligen zu können, die üblicherweise von einem Radiologen alleine durchgeführt wird.“ • „…. Erstellung des Dienstplans ergibt sich die Situation, dass die angebotene Erwerbsmöglichkeit tatsächlich der Anzahl der Zuweisungen entspricht. Trotzdem liegt keine Unrechtsvereinbarung vor, weil … Zielen der Qualitätssicherung dient“ 2. März 2016 KKH-Fachtagung – Betrug im Gesundheitswesen - Berufsrecht Seite 23 www.aekn.de Unternehmensbeteiligungen • (zB) Stille Gesellschaften mit Rückflüssen, die anderen Marktteilnehmern nicht gewährt werden • Wann liegt ein „spürbarer Einfluss“ vor? • Lässt sich der Unternehmergewinn relativ sicher durch das Verordnungsverhalten beeinflussen? • geschlossener Investorenkreis; Corpsgeist erzeugt • Aber was ist mit eigenen Unternehmen? zB Hersteller von Murmeltiersalbe 2. März 2016 KKH-Fachtagung – Betrug im Gesundheitswesen - Berufsrecht Seite 24 www.aekn.de Verdienstmöglichkeiten • Teilnahmemöglichkeit an besonderer Versorgung • Möglichkeit, einen Vortrag zu halten • Möglichkeit, an einer AWB teilzunehmen • hohe Fahrtkostenpauschale • Unrechtmäßiger Vorteil (§§ 31, 32 MBO) oder Gegenleistung für eine sachlich geforderte Leistung (§ 33)? 2. März 2016 KKH-Fachtagung – Betrug im Gesundheitswesen - Berufsrecht Seite 25 www.aekn.de Unrechtsvereinbarung • § 33 MBO: Zuwendungen bei vertraglicher Zusammenarbeit • • Soweit Ärzte Leistungen für die Hersteller von Arznei- .... mitteln .... erbringen (z.B. bei Anwendungsbeobachtungen), muss die hierfür bestimmte Vergütung der erbrachten Leistung entsprechen. Die Verträge über die Zusammenarbeit sind schriftlich abzuschließen und sollen der Ärztekammer vorgelegt werden. • D.h. angemessene Vergütung 2. März 2016 KKH-Fachtagung – Betrug im Gesundheitswesen - Berufsrecht Seite 26 www.aekn.de Angemessenheit • Leistung: Durchführung einer klinischen Prüfung einschließlich der Teilnahme an Prüfertreffen, eine AWB, Vortragstätigkeit bzw. die Übernahme einer Moderation oder das Erstellen eines Kongressberichts. Die Möglichkeit, solche Vorträge zu halten, kann aber eine unzulässige Vorteilsgewährung für Beschaffungsentscheidungen sein • Bei Gewährung einer angemessenen Vergütung spricht eine (widerlegliche) Vermutung gegen eine Unrechtsvereinbarung iSd. § 299a , 299b • Angemessenheit bemisst sich nach allen Umständen des Einzelfalls, insbes. Zeitaufwand, Schwierigkeitsgrad der Aufgabenstellung, individuellen Kompetenz des beauftragten Arztes • selbsterstellte Folien? oder „Mietmaul“ ? 2. März 2016 KKH-Fachtagung – Betrug im Gesundheitswesen - Berufsrecht Seite 27 www.aekn.de (Schein-) Leistung? • • • • • • Wert- oder Sinnhaltigkeit der Leistung für das Industrieunternehmen und daher deren Geldwert (Tagungsbericht) ist die Leistung praktisch wertlos, zB. der Vortrag eines Chefarztes vor eigenen Mitarbeitern, oder als „gedankliche Leistung“ nicht fassbar, handelt es sich um eine einseitige Zuwendung, deren Zulässigkeit sich nach § 32 Abs. 1 bemisst Bsp: Einer unbestimmten Vielzahl von Ärzten werden Beraterverträge angeboten oder sie werden, ohne den Erfolg solcher Meetings zu evaluieren, zu Mitgliedern von Advisory Boards berufen Hospitationen von Außendienstmitarbeiter Einbeziehung einer wissenschaftlich nicht begründbare Anzahl von Ärzten an AWB Qualitätsbewertung von Bandagen ohne Auswertungskonzept 2. März 2016 KKH-Fachtagung – Betrug im Gesundheitswesen - Berufsrecht Seite 28 www.aekn.de Förderung der passiven Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen • § 20 Abs. 4 FSA-Kodex • Die Einladung von Angehörigen der Fachkreise zu berufsbezogenen Fortbildungsveranstaltungen Dritter (externe Fortbildungsveranstaltungen) darf sich nur auf angemessene Reisekosten, notwendige Übernachtungskosten (gegebenenfalls unter Einschluss eines Hotelfrühstücks) sowie die durch den Dritten erhobenen Teilnahmegebühren erstrecken, wenn bei diesen Veranstaltungen der wissenschaftliche Charakter eindeutig im Vordergrund steht und ein sachliches Interesse des Unternehmens an der Teilnahme besteht. Eine Übernahme von Kosten darf nur erfolgen, wenn bei der Veranstaltung sowohl ein Bezug zum Tätigkeitsgebiet des Mitgliedsunternehmens als auch zum Fachgebiet des Veranstaltungsteilnehmers vorliegt. ….. 2. März 2016 KKH-Fachtagung – Betrug im Gesundheitswesen - Berufsrecht Seite 29 www.aekn.de Förderung der aktiven / passiven Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen • Teilnahme einer angestellten Endokrinologin an der ENDO 2013 in San Francisco. Übernahme von Aufwendungen durch einen Generika-Hersteller in Höhe von 7.500 € • „… Die von Ihnen geschuldete Tätigkeit beschränkt sich im Wesentlichen auf eine Tätigkeit an einem mindestens zweistündigen ENDO-Auftakt Meeting mit aktiver Diskussionsbeteiligung und 15 Minuten Referat, dem Besuch von Kongressveranstaltungen sowie dem Besuch des zweistündigen ENDO-FeedbackMeetings mit aktiver Diskussionsbeteiligung und mit mindestens 15 Minuten Referat, indem Sie die von Ihnen auf der ENDO gewonnenen Erkenntnisse mit Kollegen teilen. Damit entspricht die versprochene Gegenleistung nicht den von Ihnen zu erbringenden Leistungen.“ 2. März 2016 KKH-Fachtagung – Betrug im Gesundheitswesen - Berufsrecht Seite 30 www.aekn.de Berufsrechtliche Fragen • Befugnis, Ermittlungen durchzuführen: § 16 Abs. 3 Hamb. G. über die Berufsgerichtsbarkeit der Heilberufe: „Rechtfertigen die Tatsachen sowohl den Verdacht eines Berufsvergehens als auch den Verdacht einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit, so dürfen Ermittlungen nur eingeleitet oder fortgeführt werden, wenn die für die Verfolgung der Straftat oder Ordnungswidrigkeit zuständige Stelle ihre Ermittlungen abgeschlossen hat oder ohne Ermittlungen von einer Verfolgung absieht.“ 2. März 2016 KKH-Fachtagung – Betrug im Gesundheitswesen - Berufsrecht Seite 31 www.aekn.de Berufsrechtlicher Überhang • § 61 Abs. 2 Nds. Kammergesetz für die Heilberufe: • „Wegen derselben Tat, die Gegenstand einer rechtsoder bestandskräftigen Entscheidung in einem Strafoder Bußgeldverfahren war, ist die Fortsetzung eines berufsrechtlichen Verfahrens nur möglich, wenn diese Entscheidung den Unrechtsgehalt der Berufspflichtverletzung nicht abgegolten hat.“ • Ob ein solcher besteht, kann von Feststellungen zur „Berufsrechtsvariante“ und zu entsprechenden Feststellungen bei der Strafmaßbestimmung abhängen. 2. März 2016 KKH-Fachtagung – Betrug im Gesundheitswesen - Berufsrecht Seite 32 www.aekn.de Berufsrechtliche Ahndung nach Einstellung oder Freispruch • § 32 Abs. 1 MBO: „Ärzten ist es nicht gestattet, von Patienten oder Anderen Geschenke oder andere Vorteile für sich oder Dritte zu fordern oder sich oder Dritten versprechen zu lassen oder anzunehmen, wenn hierdurch der Eindruck erweckt wird, dass die Unabhängigkeit der ärztlichen Entscheidung beeinflusst wird.“ • § 31 Abs. 2 MBO: „Ärzte dürfen ihren Patienten nicht ohne hinreichenden Grund bestimmte .... Apotheken ... oder andere Anbieter gesundheitlicher Leistungen empfehlen oder an diese verweisen.“ 2. März 2016 KKH-Fachtagung – Betrug im Gesundheitswesen - Berufsrecht Seite 33 www.aekn.de These 2 • Entfällt die Nr.2 und bleibt nur die wettbewerbsrechtliche Anknüpfung des Strafrechts, wird häufig ein berufsrechtlicher Überhang bestehen. • Ist eine Unrechtsvereinbarung nicht nachweisbar, kommen häufig berufsrechtliche Ahndungen in Betracht. 2. März 2016 KKH-Fachtagung – Betrug im Gesundheitswesen - Berufsrecht Seite 34 www.aekn.de und jetzt: Spannende Diskussion beim Come Together! 2. März 2016 KKH-Fachtagung – Betrug im Gesundheitswesen - Berufsrecht Seite 35
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