Die Kuh muss zum Betrieb passen

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ZENTRALSCHWEIZ / AARGAU
25. SEPTEMBER 2015
REGION
Fredi Siegrist / Er koordiniert an der Olma für
den Gastkanton Aargau die Tierausstellung.
Dank ihnen erhält die Landwirtschaft eine
starke Plattform. Und auch die Landfrauen
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sorgen für ein sympathisches Bild. «Die Kuh muss zum Betrieb passen»
Swissherdbook / Anlässlich der 125-Jahr-Feierlichkeiten werden am 2. Oktober in Zollikofen auch Fleckvieh-Züchter aus unserer Region geehrt.
ALTBÜRON n Viehschauen sind
tenz, Gehalt und Zellzahl. Ab
und zu könne er nicht widerstehen und setze einen «Star» ein,
gibt er zu. Wichtig ist ihm auch,
dass alte und tiefe Kuhfamilien
mit entsprechend hoher Sicherheit dahinterstehen. Der Rest sei
dann auch «Glück im Stall».
Der 36-Jährige hat den Betrieb
2009 von seinen Eltern übernommen. Seit über 20 Jahren
setzten Ernis auf die Weide. Entsprechend müssen seine Kühe
«einfach» sein. Eine Kuh, die mit
50 Kilo in die Laktation startet,
würde es auf seinem Betrieb
nicht vertragen, weiss er. So seien
sie auf die Rasse Swiss Fleckvieh gestossen. Dieser Kuhtyp
wurde auf dem Betrieb bereits
gezüchtet, bevor die Rasse als
solche anerkannt und benannt
wurde.
gut und wichtig für die Zuchtarbeit, auch «Betriebsmanager»
Josef Erni aus Altbüron nimmt
daran teil, entscheidend sind
aber wirtschaftliche Kennzahlen
der Milchviehherde. Swissherdbook wird an den Jubiläumsfeierlichkeiten («Swisscow 2015»)
Anfang Oktober in Zollikofen
deshalb erstmals Betriebe für
hervorragendes Management auszeichnen. Weitere Sparten sind
«Gold Medal» (Kühe mit überdurchschnittlichen Leistungen)
oder «Einstufung EX 4E und
mehr». Unter den Geehrten sind
auch Züchter aus der Region
Zentralschweiz/Aargau (siehe
Kasten).
Josef Erni setzt auf Vollweide
mit wenig Ergänzungsfutter
Einer der Betriebe mit «herausragendem Management» ist
derjenige von Josef und Anita Erni in Altbüron. Sie produzieren
mit 34 Milchkühen, davon 32 der
Rasse Swiss Fleckvieh (SF), silofreie Milch für eine Emmentaler
Käserei. Erni zeigte sich überrascht, dass er einer von gut 60
Swissherbook-Betrieben schweiz-
E
ine Kuh, die mit
50 Kilo in die
Laktation startet,
verträgt es nicht auf
meinem Betrieb.
Josef Erni, SF-Züchter
weit sein soll, der die Kriterien
dieser Liste erfüllt. Es freut ihn
aber, dass sich der vor gut 20 Jahren eingeschlagene Weg des Betriebs an der Eppenwilerstrasse
Von Berufskollegen lernen im
Arbeitskreis
Ein Betrieb mit herausragendem Management: Sepp Erni, Altbüron, mit den Kindern Remo und Laura bei den Swiss-Fleckvieh-Weidekühen.
(Bild Armin Emmenegger)
offensichtlich positiv in den Zahlen niederschlägt.
Im Vollweidesystem mit rund
500 Kilo Ergänzungsfutter pro
Kuh und Jahr, produzieren Ernis
Kühe im Schnitt 7641 Kilo Milch
bei 4,02% Fett und 3,38% Eiweiss.
Die Lebensleistung beträgt gut
26 000 Kilo, die Serviceperiode ist
bei 98 Tagen, die Zwischenkalbezeit bei 364 Tagen. Die durchschnittliche Zellzahl betrug im
Kontrolljahr 2014/2015 lediglich
46. Mit diesen Werten ist Erni
zwar nirgends absolute Spitze,
aber halt überall sehr gut und
ausgeglichen, und damit sollten
Ausgezeichnete Betriebe
Betriebsmanagementliste: BG
Meier + Lang, Neudorf; Hans Christen, Hofstatt; Josef Erni, Altbüron.
Gold-Medal-Kühe: BG A. + A.
Meyer, Grosswangen; Bruno Koch,
Geuensee (2), Thomas Gerber, Dagmersellen (3); Fritz Wittwer, Oberkirch; Hans Christen, Hofstatt;
Markus Räber, Langnau b. Reiden;
Alois Häfliger, Triengen; Josef Erni,
Altbüron; Anton Felder, Marbach;
Hansueli Maurer, Altbüron; Werner + Liselotte Grossenbacher, Zo-
fingen (5); Landwirtschaftsbetrieb
Liebegg, Gränichen; Grundhof Bözberg AG, Bözberg (2); Jürg Richner,
Unterkulm; Pius Holzherr, Erlinsbach (2); Hubert Schneider, Würenlingen; Anton Richner, Gontenschwil; JVA Lenzburg, Lenzburg (2);
Fred Spuhler, Wislikofen; Hans-Ulrich Lüscher, Muhen; P. + St.
Mumenthaler, Oftringen; Roland
Bläuer, Bözberg. 4 und mehr EXEinstufungen: BG Blum + Geiser,
aem
Roggliswil. die tierischen Voraussetzungen
für eine wirtschaftliche Milchproduktion gegeben sein.
Die Kuh muss
zum Betrieb passen
«Ich will eine Kuh, die zu meinem Betrieb passt», beschreibt
Erni die Strategie kurz und
knapp. Keinesfalls dürfe sich der
Betrieb der Kuh anpassen. Bei
der Auswahl der Stiere setzt er
nicht auf die von Zuchtverbänden und Genetikanbietern angepriesenen Verkaufsschlager, sondern hat seine eigenen Kriterien.
Diese heissen vor allem Persis-
Nebst der Vorarbeit seines Vaters nennt Josef Erni einen Arbeitskreis des BBZN, begleitet
von Lehrer/Berater Stefan Moser, als wichtigsten Erfolgsfaktor in seiner Milchviehhaltung.
Zehn Vollweidebetriebe tauschen sich darin re­gelmässig aus
und sprechen offen – Buchhaltung inklusive – über gemachte
Erfahrungen.
Wegen des tiefen Milchpreises
überlege er sich noch mehr, wie
mit der Milch noch irgendwie
Geld verdient werden könne. So
habe er auch kurz vor der Übernahme des Betriebes erst einmal einen entsprechenden Kurs
am BBZN Hohenrain besucht.
Thema: «Mit Milch Geld verdienen». Die Freude am Beruf und
an den Tieren sei Voraussetzung,
trotzdem müsse man halt auch
«über die Bücher».
Armin Emmenegger
Die Kosten in der Landwirtschaft bleiben im Fokus
Margen / Die Schweizer Produktionskosten sind sehr hoch. Gemäss dem ZBB-Vorstand auch wegen importierten Stalleinrichtungen und Maschinen.
ROTHENTHURM
n Im August
thematisierte der Zentralschweizer Bauernbund (ZBB) in der
«BauernZeitung» die hohen Produktionskosten und kritisierte
die Margenpolitik der Importeure. Er forderte die Landwirte
auf, vor Anschaffungen genügend Zeit zu investieren, Konkurrenzofferten einzuholen und
gegenüber dem Verkäufer hart
zu verhandeln.
Kaufkraftabschöpfung
am falschen Ort
Der Bericht löste nicht nur
Freude aus und die R
­ eaktionen
blieben nicht aus. Für den Zentralschweizer Bauernbund ist
nun aber wichtig, dass die hohen
Produktionskosten der Schweizer Landwirtschaft ernsthaft
thematisiert und den Bauern
die Produktionsmittel zu fairen
Bedingungen angeboten werden.
Da die Produzentenpreise und
insbesondere die Milchpreise
massiv unter Druck geraten sind
und generell die Einkommenssituation auf den Betrieben angespannt bleibt, ist die Landwirtschaft auf kostengünstige Produktionsmittel angewiesen. Gerade die Schweizer Milchwirtschaft, mit der offenen Grenze
bei der gelben Linie, steht in
direkter Konkurrenz mit dem
Ausland. Die Vorstellung von
ausländischen Maschinen- und
mechanischen Einrichtungsherstellern, wonach die Produkte in
der Schweiz teurer abgesetzt
werden können als anderswo,
weil die Kaufkraft in unserem
Land grösser ist, muss der Vergangenheit angehören. Wenn
schon eine Kaufkraftabschöpfung, dann auf Luxusartikeln,
welche für das tägliche Leben
nicht entscheidend sind, aber sicher nicht auf Mitteln, welche die
Landwirtschaft zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigt.
Der Vorstand des ZBB zeigt
Verständnis für die Position der
Importeure von Maschinen, Melkanlagen und weiteren mechanischen Einrichtungen.
Importeure bleiben
in der Pflicht
Der Vorstand ist aber überzeugt, dass Preissenkungen zugunsten der Schweizer Landwirtschaft nun unabdingbar sind. Zu
solchen Preisnachlassen müssten in erster Linie die Importeure
bereit sein, da die regionalen
Landmaschinenwerkstätten und
Installationsbetriebe nur wenig
Spielraum bei der Preisgestaltung hätten, meint der ZBB.
Das gemeinsame Ziel müsste
sein, die rund 47 000 Arbeitsplätze der der Landwirtschaft vorgelagerten Betriebe zu erhalten,
diese korrekt für ihre Arbeit zu
entschädigen und der Landwirtschaft die Produktionsmittel zu
fairen Bedingungen zur Verfügung
zu stellen. Franz Philipp, ZBB
Melkanlage mit einer Marge von 28 000 Franken
Ein Milchbauer hatte im vergangenen Jahr in seinem neuen Stall
einen Melkstand installiert. Er
kaufte diesen bei der Schweizer
Niederlassung der Melkanlagefirma für Fr. 55 000.– plus Montage,
welche mit Fr. 12 000.– separat
ausgewiesen wurde. Die Anlieferung der Melkanlage erfolgte direkt aus dem Ausland und mit ihr,
fälschlicherweise die Rechnung
des ausländischen Herstellers.
Der Milchbauer staunte nicht
schlecht als er sah, dass die Materialkosten, umgerechnet mit einem Eurokurs von Fr. 1.20.–, gerade mal Fr. 27 000.– ausmachten.
Da die Verträge bereits unter-
zeichnet waren, hatte er keine
Chance mehr, einen Preisnachlass
zu erwirken, obwohl die Marge
von Fr. 28 000.– in keinem Verhältnis zur effektiv erbrachten Leistung der Niederlassung stand. fp
Es gibt öfters lange Gesichter in
hiesigen Ställen.
(Symbollbild er)