GESCHICHTE VON CHONI, DEM KREISZIEHER

GESCHICHTE VON CHONI, DEM KREISZIEHER
(Der Babylonische Talmud, Traktat Taanit 23 a)
Es lehrten die Rabbanan: Einmal war schon der Großteil des [Monats] Adar vorbei und es war noch
kein Regen gefallen. Da sandten die zu Choni dem Kreiszieher: Bete, dass Regen falle! Er betete, doch
es fiel kein Regen. Da zog er einen Kreis und stellte sich hinein, so wie es der Prophet Habakuk machte,
denn es heißt (Hab 2, 1): „Ich will auf meinem Wachturm stehen, ich stelle mich auf den Wall“ Er
bettete vor Gott: Herr der Welt, deine Kinder haben sich an mich gewandt, da ich [für sie] wie ein Sohn
des Hauses vor dir bin. Ich schwöre bei deinem großen Namen, dass ich mich von hier nicht
fortbewege, bis du dich deiner Kinder erbarmst. Da begann der Regen zu tröpfeln.
Seine Schüler sagten zu ihm: Meister, wir haben dich gesehen und werden nicht sterben. Doch scheint
uns, der Regen fällt nur, um dich von deinem Schwur zu lösen. Da sagte der [zu Gott]: Nicht so habe
gebetet, sondern um Regen für Brunnen, Gräben und Höhlen. Da regnete es stürmisch, bis jeder
Tropfen groß wie die Öffnung eines Fasses war; und die Weisen, schätzen, dass kein Tropfen geringer
war als ein Log [über einen halben Liter].
Seine Schüler sagten zu ihm: Meister, wir haben dich gesehen und werden nicht sterben. Doch scheint
und, der Regen fällt nur, um die Welt zu vernichten. Da sagte er vor [Gott]: Nicht so habe ich gebetet,
sondern um wohlgefälligen, segensreichen und willkommenen Regen. Nun regnete es, wie es sich
gehört, bis das ganze Volk wegen des Regens zum Tempelberg hinaufstieg.
Sie sagten zu ihm: Meister, wie du gebetet hast, dass [Regen] fällt, so bete nun, dass er wieder aufhört.
Er antwortete ihnen: Mir ist überliefert, dass man wegen des Übermaßes an Gutem nicht betet.
Dennoch bringt mit einen Jungstier für ein Dankopfer. Sie brachten ihm einen Jungstier für ein
Dankopfer. Er legte ihm seine beiden Hände auf und sagte vor [Gott]: Herr der Welt, dein Volk Israel,
das du aus Ägypten herausgeführt hast, kann weder ein Übermaß an Gutem noch ein Übermaß an
Strafe ertragen. Wenn du über sie zürnst, können sie nicht bestehen. Wenn du über sie Gutes
überfließen lässt, können sie auch nicht bestehen. Er sei von wohlgefällig, dass der Regen aufhört und
es in der Welt Erleichterungen gibt. Sofort erhob sich ein Wind; die Wolken wurden weggetrieben und
die Sonne schien. Und da Volk zog auf das Feld hinaus und sammelte Schwämme und Trüffel.
Simeon ben Schetach ließ ihm ausrichten: Wärest du nicht Choni, hätte ich über dich den Bann
verhängt! Denn wären [jetzt] Jahre wie die Jahre Elijas (Kön 17,1), als sich die Schlüssel des Regens in
der Hand Elijas befanden, [da er Gott genötigt hätte, gegen den Schwur Elijas zu Handeln]? Aber was
soll ich dir tun, wenn du dich vor Gott wie ein verzogenes Kind bestimmst und er dir deinen Willen
erfüllt, wie ein Sohn sich vor seinem Vater verzogen aufführt und dieser ihm einen Willen erfüllt? Er
sagt zu ihm: Vater, lasse mich in warmen Wasser baden! Wasche mich in kaltem Wasser! Gib mir
Nüsse, Mandeln, Aprikosen und Granatapfel! Und er gibt sie ihm. Über dich sagt die Schrift (Spr. 23,
25) „Deine Eltern mögen sich freuen, jubeln möge die Mutter, die dich gebar“
Der Talmud: Einführung, Texte, Erläuterungen Günter Stemberger S. 189- 190, Königstein, C.H.Beck
1980