Aggression gegenüber dem Pflegepersonal in Pflegeinstitutionen – Bedeutung von Kontextfaktoren Karin Stutte SHURP Konferenz, 3. Februar 2016, Bern Hintergrund (I) • Aggressives Verhalten von Bewohnern gegenüber Pflegenden ist ein Problem in Pflegeinstitutionen: • 77% der Pflegenden berichteten von verbaler, 54% von physischer und 7% von sexueller Aggression. • Negative Konsequenzen: • Bewohner: Zwangsmassnahmen, Abgabe von Medikamenten • Pflegende: tiefere Arbeitszufriedenheit, Wechsel des Arbeitsplatzes, Verletzungen. Mandiracioglu & Cam 2007; Voyer et al. 2005; Feil et al. 2007; Testad et al. 2007; Zeller et al. 2014 Universität Basel, Department Public Health | PFLEGEWISSENSCHAFT 2 Hintergrund (II) • Erleben von Aggression ist assoziiert mit modifizierbaren Kontextfaktoren. • Die Identifizierung von modifizierbaren Kontextfaktoren in Zusammenhang mit dem Erleben von aggressivem Verhalten kann einen positiven Einfluss auf Strategien zur Rekrutierung und Erhaltung von Personal haben. Zeller et al. 2014, Schwendimann et al. 2013 Universität Basel, Department Public Health | PFLEGEWISSENSCHAFT 3 Studienziele (1) Prävalenz der verschiedenen Typen von aggressivem Verhalten (verbal, physisch und sexuell) von Bewohnern gegenüber Pflegenden in Schweizer Pflegeinstitutionen bestimmen, und (2) deren Zusammenhänge mit Faktoren der Arbeitsumgebung und Merkmalen beim Pflege- und Betreuungspersonal zu untersuchen. Universität Basel, Department Public Health | PFLEGEWISSENSCHAFT 4 Bezugsrahmen Merkmale der Stationen Vollzeitäquivalenzstellen Stationstyp Arbeitsumgebung Führung Adäquate Personalressourcen und Mittel Autonomie Zusammenarbeit Partizipation Merkmale der Pflegenden Alter Geschlecht Bildungsniveau Aggressives Verhalten (verbal, physisch, sexuell) Gesundheit Pflegende Emotionale Erschöpfung Schwendimann et al. 2013 Universität Basel, Department Public Health | PFLEGEWISSENSCHAFT 5 Prävalenz von aggressivem Verhalten • Mehr als die Hälfte der Befragten war betroffen von aggressivem Verhalten von Bewohner/innen. • In den 4 Wochen vor der Befragung erlebten Pflege- und Betreuungspersonen mindestens einmal folgende Formen der Aggression von Bewohner/innen: 66% 42% 15% 0 10 20 30 Verbale Aggression 40 50 60 Physische Agression 70 80 90 100 Sexuelle Agression Universität Basel, Department Public Health | PFLEGEWISSENSCHAFT 6 Zusammenhänge mit aggressivem Verhalten Faktor Variable Aggressionsformen verbal physisch sexuell Stationsmerkmale Demenzabteilung Arbeitsumgebung Adäquate Personalressourcen und Mittel Mehr Autonomie - - Bessere Zusammenarbeit - - Männliches Geschlecht - - Ausbildungshintergrund - (Therapeu t/innen) (Hilfspersonal) Gesundheit Pflegende Häufigere emotionale Erschöpfung Personalmerkmale Höheres Alter : p<.001, : p<.01, : p<.05 Kein signifikanter Zusammenhang: Vollzeitstellen, Führungsqualität, Partizipationsmöglichkeiten Universität Basel, Department Public Health | PFLEGEWISSENSCHAFT 7 Bedeutung der Ergebnisse (I) Variable Form Bedeutung Häufigere emotionale Erschöpfung V P S Negativspirale, aufmerksam sein, individuelle und teambezogene Unterstützung anbieten Adäquate Personalressourcen und Mittel V P S Förderung einer guten Teamzusammensetzung Demenzabteilung V P S Mehr Verhaltenssymptome vorhanden Höheres Alter V P S Erfahrungen können zu ruhigerem Auftreten führen, höherer Resilienz Universität Basel, Department Public Health | PFLEGEWISSENSCHAFT 8 Bedeutung der Ergebnisse (II) Variable Form Bedeutung Ausbildungshintergrund V Unterschiedlicher Einsatz aufgrund von Skilland Grademix (direkte Pflege/Therapie, Organisation und Planung) Therapeuten P Hilfspersonal Bessere Zusammenarbeit V Offene Kommunikation und mehr berichtete Ereignisse Mehr Autonomie S Individuelleres eingehen auf Patienten Männliches Geschlecht S Mehr männliche Bewohner die sexuelle Aggression zeigen, welche eher auf weibliches Personal ausgerichtet ist Universität Basel, Department Public Health | PFLEGEWISSENSCHAFT 9 Schlussfolgerungen • Aggressives Verhalten von Bewohner/innen gegenüber dem Pflegepersonal kommt in der Schweiz häufig vor. • Die Prävalenz ist am höchsten bei verbaler Aggression, gefolgt von physischer und sexueller Aggression • Zentrale Faktoren, die mit vermehrtem Erleben von Aggressionen zusammenhängen sind: • Häufigere emotionale Erschöpfung • Als inadäquat wahrgenommene Personalressourcen und Mittel • Demenzabteilungen • Geringeres Alter der Pflegenden Universität Basel, Department Public Health | PFLEGEWISSENSCHAFT 10 Empfehlungen • Praxis: Empfohlen wird das regelmässige Erfassen von Kontextfaktoren mit dem Fokus auf Prävention und Reduktion von Aggressionsereignissen • Forschung: Interventionsforschung wird empfohlen um die Auswirkungen von Veränderungen der Arbeitsumgebung oder die Reduktion von emotionaler Erschöpfung auf das Erleben von aggressivem Verhalten zu untersuchen Universität Basel, Department Public Health | PFLEGEWISSENSCHAFT 11 Zum Schluss • Die Untersuchung von möglichen Interventionen zur Verminderung von aggressivem Verhalten ist wichtig, um das Wohlbefinden der Bewohner/innen sowie die Sicherheit und Zufriedenheit der Pflegenden zu fördern. Universität Basel, Department Public Health | PFLEGEWISSENSCHAFT 12 Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. www.shurp.unibas.ch
© Copyright 2024 ExpyDoc