18. – 24. Juni 2015 3 Anzeiger Region Bern 21 Baden im Unglück Das Theaterensemble Madame Bissegger zeigt im Steingrüebli bei Ostermundigen das neue Stück «Chrüschbodebad». Ein Probenbesuch. «Dieser ‹Eiffelturm›. Irgendetwas stimmt damit nicht.» Es ist Mittwochnachmittag und in einer Woche findet die Premiere von «Chrüschbodebad» statt, der neusten Produktion von Madame Bissegger. Jetzt geht es nur noch um den Feinschliff und Thomas Scheidegger wünscht von einem der Schauspieler mehr Enthusiasmus in der Aussprache des Worts «Eiffelturm». Er führt gemeinsam mit dem Bühnenbildner Jann Messerli Regie und streckt der Journalistin ein Buch hin, das er im Zuge seiner Recherchen gelesen hat. «Gesundgebadet – ein Berner Bäderbuch» heisst es und stammt aus dem Jahr 1982. arbeiten ausschliesslich mit professionellen Schauspielern und schreiben die Stücke selbst», sagt Scheidegger und Stolz schwingt mit, wenn er von den «harten Anfängen» erzählt. Madame auf der Wolke 25 Jahre gibt es die Gruppe schon, angefangen mit Strassentheater, finanziert durch Hutgeld, «weil die Stadt diese Art von Clownerie nie als unterstützungswürdig erachtet hat». Also haben sie sich Madame Bissegger ausgedacht, eine ältere Dame, die in einem Schloss lebte und die Stücke so sehr mochte, dass sie sich zur Mäzenin erklärte. «Madame sitzt jetzt auf einer Wolke und hält ihre schützende Hand über uns.» Scheidegger lächelt verlegen. Ihre Stelle haben reale Sponsoren eingenommen, das letzte Stück sahen 30 000 Menschen. Und was hat es mit dem Eiffelturm auf sich? Das müssen Sie selbst herausfinden. Milena Krstic TICKETS Mit ihren Kolumnen lässt Yonni Meyer alias Pony M. Tausende von Fremden an ihrem Leben teilhaben. Aus ihrem Erstlingswerk «Vill Liebi» liest sie im Ono. Das Mitteilungsbedürfnis der heutigen Generation kennt keine Grenzen. Und es muss eine gewisse Portion Mut und Narzissmus mit im Spiel sein, wenn man seine eigenen Gedanken für genügend relevant hält, um sie mit Tausenden von Fremden im Internet zu teilen. Steingrüebli, Ostermundigen Vorstellungen bis 19.9. www.madamebissegger.ch Matthias Kummer Lieben und Leiden im Zuber Kemmeriboden-Bad, Lochbachbad und Krummholz-Bad heissen die darin erwähnten Kuranstalten und sind die Vorläufer dessen, was heute schick Spa und Wellness genannt wird. «Aber wer denkt, dass dort bloss brav geplanscht wurde, der irrt. Da ging es teils sehr unsittlich zu und her», sagt Scheidegger und legt die Inspiration hinter «Chrüschbodebad» offen, einem von ihm selbst erfundenen Kurort. Die Geschichte geht in etwa so: Fünf Selbstversorger gehen fast zugrunde und zapfen in der Not eine Wasserquelle an, um ein eigenes Thermalbad zu eröffnen. Natürlich läuft nicht alles glatt, die burlesk-liebenswürdigen Charaktere (gespielt von einem fünfköpfigen Ensemble) sind so verzweifelt über das Ausbleiben der Gäste, dass sie selbst in die Rolle von solchen schlüpfen. Es wird geliebt und gelitten, so wie es sich für ein Freilichttheater gehört. Was unterscheidet denn Madame Bissegger von der Konkurrenz, die im Schweizer Sommer floriert? «Wir Daumen hoch Autorin Yonni Meyer Dass es soweit kommen würde, hätte sich Yonni Meyer aber kaum erträumt, als sie im Juli 2013 anfing, Anekdoten aus ihrem Alltag auf Facebook zu posten. Ehrlichkeit statt Trivialität: Inmitten der unzähligen Katzenbilder und Game-of-Thrones-Spoiler fallen die für Facebook sehr langen Texte über unhöfliche Kassiererinnen und nervige Leute im Tram auf. Aber auch über gesellschaftskritische Themen wie Suizid oder Body Shaming schreibt die 33-jährige Zürcherin ganz offen. Mittlerweile gehört die studierte Psychologin zu den bekanntesten Schweizer Online-Autorinnen, schreibt für das Online-Magazin Kult und hat ihre eigene Kolumne auf dem Newsportal Watson. Die beliebtesten Texte hat sie nun in ihrem ersten Buch «Vill Liebi» gesammelt. Darin spricht sie vielen – vor allem jungen Frauen – aus der Seele und befriedigt auch gleich deren Mitteilungsbedürfnis. Birke Tunç Ono das Kulturlokal, Bern Sa., 20.6., 14 Uhr www.onobern.ch Wir verlosen 1 × 2 Tickets: [email protected] Klavier hoch sieben TICKETS ZVG Alle Beethoven-Werke für Solo-Klavier und Orchester in drei Tagen – das Berner Symphonieorchester stemmt ein ambitioniertes Vorhaben. Mit einem Kurbad soll die Not im Krachen ein Ende haben: «Chrüschbodebad» von Madame Bissegger. Pegelstand Kolumne von Manuel C. Widmer Vor ein paar Wochen hatte der Pegelstand eine Fahne. Erinnern Sie sich? Madeleine Corbat propagierte den kontrollierten Wildwuchs in Berns Beflaggung. Der kleine Pirat in mir hat sich gefreut: Kunst goes public! Die Idee ist, wenn auch nicht neu, so doch bestechend: Die Kunst aus den Museen holen und zu den Leuten bringen. Zum Beispiel mit Fahnen. Dann kann der Sonntagsspaziergang mit dem Gang durchs (Fahnen-) Museum kombiniert werden: Kunst und Gesundheit gewissermassen. Das könnte in etwas kleinerem Rahmen schon bald Realität werden. Wenn der Stadtrat nämlich meinem 2013 eingereichten Vorstoss «Frei- licht-Museum Stadt Bern: Stromverteilerkästen als Kunst-Orte» zustimmt. Eingereicht wurde er zusammen mit einem Vorstoss, der die Werke des Taiwanesen Jui-Chin Chiu erhalten wollte und konnte. Anlässlich der Ausstellung «City Mountains» im Alpinen Museum hatte dieser fünf Stromverteilerkästen mit leuchtenden Farben in lebendige Bergpanoramen verwandelt. Farbtupfer im Stadtgrau, die wir heute noch fast unbeschadet geniessen dürfen. Ursprünglich sollten die Panoramen nach der Ausstellung – Ordnung muss schliesslich sein - wieder unter einer Schicht «RAL 7032 Kieselgrau» verschwinden. Fünf Klavierkonzerte hat Ludwig van Beethoven (1770–1827) geschrieben, das ist bekannt. Genauso bekannt ist sein Violinkonzert. Dass er selber davon auch eine Klavierfassung erstellt hat, weiss man schon weniger. Und auch eher zu den Geheimtipps gehört die Fantasie für Soloklavier, Chor und Orchester, die sogenannte Chorfantasie. Das Berner Symphonieorchester führt all diese Werke an nur drei Abenden auf. Am Pult steht für den gesamten Beethoven-Marathon der unermüdliche Mario Venzago, an den Tasten wechseln sich diverse aufstrebende und bereits international bekannte Solisten ab: Christian Chamorel, Alexej Gorlatch, Pavel Yeletskyi, Benjamin Engeli, Kirill Zvegintsov und Frank Düpree. Und eine Solistin: Ragna Schirmer wird die Klavierfassung des Violinkonzerts spielen. Damit und mit der Chorfantasie wird der Sonntag zum vielleicht interessantesten Abend, komplettiert vom doch noch sehr traditionellen und etwas im Schatten der übrigen stehenden Klavierkonzert Nr. 2 (eigentlich Beethovens erstes). Dieses exklusive «Beethoven-Fest» ist auch eine Gelegenheit, verschiedene Interpretationen und Herangehensweisen der jüngeren Pianogarde direkt vergleichen zu können. Heute werden Stromverteilerkästen maximal von taggenden Jugendlichen als Markierstation ge- oder missbraucht, je nach Standpunkt. Stromverteilerkästen von ewb und/oder BernMobil könnten aber nicht nur für Bergbilder und Edding-Gekritzel einen geeigneten Untergrund bieten. Die Stadt soll, so erwähnter Vorstoss, jedes Jahr eine Künstlerin oder einen Künstler einladen, eine bestimmte Anzahl Stromkästen zu bearbeiten. So entstünde eine Freilicht-Galerie mit einer jährlich wechselnden Ausstellung vergänglicher Werke. Die Verteilerkästen können und sollen Bernerinnen und Berner genauso wie das touristische Publikum zum Anhalten, Anschauen, Verweilen, Fotografieren bewegen, und eventuell auf den Spuren der bemalten Stromkästen durch Stadt und Quartiere schlendern lassen. Ich freue mich auf die Museums-Besuche in der Open-Air-Pinakothek «Stadt Bern» – ein Kasten-Rundgang durchs Fahnenmeer. Immer offen für alle – wie unsere Stadt… Peter König Kulturcasino, Bern Fr., 19., und Sa., 20.6., 19.30 Uhr sowie So., 21.6., 17 Uhr www.konzerttheaterbern.ch Wir verlosen 2 × 2 Tickets für Fr., 19.6.: [email protected] Manuel C. Widmer ist Primarlehrer, Stadtrat (GFL), als plattenleger mcw (Zweitklass-)DJ in diversen Berner Klubs und als YB-Fan auch an Fussballkultur interessiert. Er ist leidenschaftlicher Koch und Vorstand der IG Nachtleben. Illustration: Rodja Galli, a259
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