Mission verändert Menschen und Kirchen

Mitteilungen der evangelischen Werke für die Kirchgemeinden
Nr.3 | 2015
© Act Alliance / Sean Hawkey
Mission verändert
Menschen und Kirchen
contigo
Nr.3 | 2015
INHALT
contigo
Mitteilungen der evangelischen
Werke für die Kirchgemeinden
Herausgegeben von Brot für alle,
HEKS, Mission 21 und den OeME-Fachstellen
Erscheint viermal jährlich im März, Juni,
September und Dezember
ISSN 1660-3788
© Act Alliance / Paul Jeffrey
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DOSSIER
S4 – 9
Mission hat nicht nur Geschichte. Mission wirkt noch heute auf die Entwicklung und den Aufbau der Gesellschaft ein. Das zeigt das Interview mit dem
Zürcher Theologen Ralph Kunz. Frauen in Chile erkämpften sich nach der Militärdiktatur mehr Rechte. Und Junge erleben den Austausch mit einer weltweiten
Gemeinschaft. Das Dossier zeigt, wie Mission die Menschen verändern und Ideen
für eine Kirche von morgen bringen kann. Im Bild Rene de la Cruz aus Estancia,
Philippinen. uw
bROt füR allE
S10 – Philosoph und Entwicklungsdenker:
Zentralsekretär Beat Dietschy wird pensioniert
S11 – Kohlegeschäft von Vitol erstmals durchleuchtet
S13 – Ökumenische Kampagne 2016 zu Verantwortung und Gerechtigkeit
HEKS
S14 – Humanitäre Hilfe im Nordirak
S16 – In der Republik Moldau werden mit Erfolg Rebbauern unterstützt
S17 – Vorweihnächtliche Aktion «Hilfe schenken»
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Heinz Bichsel (hb), OeME
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MISSIOn 21
S18 – In Indonesien wehren sich Menschen vieler Religionen gemeinsam
S19 – Bolivien: Landwirtschaft im Innenhof verbessert Ernährung
S20 – Festwoche: Richtungsweisend und solidarisch
HInWEISE UnD MEDIEntIppS
S22 – Agenda und Nachrichten
S23 – Bücher- und Filmtipps
Titelbild: Mission bringt Welten zusammen – und
verändert sie: Friedensnobelpreisträgerin Rigoberta
Menchú aus Guatemala im Gespräch mit Pfarrer Raúl
Suárez in San Salvador.
Rückseite: Damit auch in schwierigen Zeiten Hoffnung
und Freude bewahrt bleiben: Kinder aus einem
Flüchtlingslager in Gaza geniessen die wilde Fahrt auf
einer Bahn im Vergnügungspark.
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EDITORIAL
Mission – eine Lebenshaltung
Claudia Bandixen, Direktorin Mission 21
Die Zukunft für Christliches
Christlicher Glaube hat schon immer Menschen an
schien vielen klar: Hier
den «Rändern» der Gesellschaft bewegt. Sie haben als
eine Hochzeit mit einer
ausgegrenzte den Glauben als grosse Kraft erkannt.
romantischen Kirche als
Der Ökumenische Rat spricht seit seiner Vollversamm-
Hintergrund, dort ein paar
lung in busan sogar davon, dass missionarisches Han-
«Gutmenschprogramme»…
deln von Menschen getragen werde, die am Rand der
– und sonst viele Kirchen-
Entwicklung und der Gesellschaft leben.
© mission 21
austritte. Religiöse Menschen fänden sich allenfalls
Mission ist eine Glaubenshaltung. Sie sucht die tiefe
in Entwicklungsländern, in
des Menschseins. Sie zeigt Hoffnung auf und sie lebt
der modernen Gesellschaft
diese konsequent in begegnung, in konkreter Hilfe und
hingegen sei Glaube un-
in der auseinandersetzung mit Glauben. Das belegen
bedeutend geworden. Und
die beiträge im Dossier dieser ausgabe von «contigo».
damit seien Kirche und
Es ist für uns auch ein bisschen Stolz dabei, wenn wir
Mission
sagen dürfen, dass gerade darum Mission in basler
verschwindende
Erscheinungen.
tradition seit ihrem Entstehen für die gleiche Würde
und die gleichen Rechte aller Menschen einsteht.
nicht nur die partner von Mission 21, sondern Christen und Christinnen aus aller Welt schauen betrübt auf
Europa, wo, wie sie finden, Kirchen und Glaube immer
weniger ernst genommen werden. Was, fragen sie, sei
denn so fortschrittlich am nicht-Glauben?
Die Leiterin und die Leiter der drei Werke Brot für alle, HEKS und Mission 21 sowie der OeME-Fachstellen wechseln sich beim Schreiben des Editorials ab.
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DOSSIER
MISSION UND FRAUEN
Einige Schritte sind getan auf dem langen Weg
Josefina Hurtado *
In vielen Ländern haben Frauen wenig Selbstbestimmungsrechte. Das betrifft insbesondere wie sie
über ihren Körper bestimmen können, etwa in den
Bereichen Gesundheit, Sexualität und unter welchen
© ZvG
Bedingungen sie Kinder gebären und aufziehen.
Tausende von Frauen, was für sie als Frauen ihr grösstes
Problem sei. Wir achteten darauf, dass Frauen mit unterschiedlichen sozialen und ökonomischen Hintergründen
und aus verschiedenen Religionen zu Wort kamen. Wichtig
war für uns auch die Frage, von wem Frauen die Lösung
ihrer Probleme einfordern sollten.
Ein Ergebnis war klar und erfreulich: Die Frauen wollten
ihre Probleme selbst angehen und lösen können. Sie wollten
als Bürgerinnen mit Rechten auftreten. Dies bedeutete, dass
wir sie zunächst über ihre bereits bestehenden Rechte aufklären und mit ihnen daran arbeiten mussten, wie sie diese
Rechte umsetzen können. Ich lernte, dass dieser Suchprozess
sehr gut dazu geeignet war, bei den Frauen selbst Probleme
zu thematisieren, und auch ein Bewusstsein für ihre Rechte zu schaffen. Fast anderthalb Jahre Arbeit steckten in der
Kampagne, mit den Workshops, dem Aufarbeiten der Ergebnisse und dem Schreiben des Berichts. Für viele Frauen war
diese Arbeit eine eigentliche Entdeckungsreise zu sich selbst.
Möglich wurde all dies dank der internationalen Unterstützung durch Missionen und Kirchen. Organisationen, die
sich eindeutig auf den Glauben bezogen, hatten eine befreiende Rolle im ganzen Prozess. So zum Beispiel der Evangelische Entwicklungsdienst SEPADE, eine Partnerorganisation
von Mission 21.
In offenen Bildungsaktionen wurden in Chile 1989 und 1990 die spezifischen Probleme der
Frauen und entsprechende Lösungsvorschläge gesammelt.
Wo es um Rechte geht, ist es nicht nur wichtig, zu welchen
Rechten Zugang gewährt werden soll, sondern auch wie es zu
dieser Auswahl kommt und wie Frauen lernen können, ihre
Rechte wahrzunehmen. Einen solchen Prozess habe ich in
Chile während der nationalen Kampagne für mehr Frauenrechte am Ende der Pinochet-Diktatur eindrücklich erlebt.
«Ich bin eine Frau – ich habe Rechte»
1989 und 1990 führte die chilenische Frauenbewegung
eine nationale Kampagne mit dem Titel «Ich bin eine Frau
– ich habe Rechte» durch. Ich gehörte dabei zum Organisationsteam. In Workshops in ganz Chile befragten wir
1990, als wir die Resultate aufarbeiteten, war Chile im
Umbruch: Der Regierungswechsel von Pinochet zu Aylwin
und damit die Neubesetzung vieler Regierungsstellen – der
Wechsel zur Demokratie nach 17 Jahren Diktatur. Den
Bericht, der die Resultate der Kampagne zusammenfasste,
überreichten wir diesen neuen Regierungsstellen.
Viele der Frauen, die an diesem Prozess teilgenommen
und gelernt hatten, für sich und ihre Rechte einzustehen,
blieben aktiv und errangen wichtige Positionen. Sie führten
ihrerseits Seminare und Workshops mit staatlichen Institutionen und Organisationen durch. So wurden diese in allen
Bereichen öffentlicher Dienstleistungen, etwa im Bildungsund Gesundheitswesen, für Gender-Aspekte sensibilisiert.
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DOSSIER
Selbstbestimmungsrecht der
Frauen über ihren Körper
Heute, zwei Jahrzehnte später, haben sich die Frauen in Chile viele soziale und politische Errungenschaften
erkämpft. Sie sind politisch aktiv, zahlreiche hochqualifizierte Berufsleute sind Frauen und das Land hat heute mit
Michelle Bachelet eine Frau als Regierungschefin. Dennoch
bleibt noch viel zu tun, wenn es darum geht, dass Frauen
auch über den eigenen Körper bestimmen können – so wie
es für Männer seit jeher schon üblich ist. Chile ist nämlich
weltweit eines der wenigen Länder, welches Abtreibung in
jedem Fall gesetzlich verbietet, sogar wenn das Leben der
Frau gefährdet ist. Das bedeutet, dass eine Frau eine Risikoschwangerschaft nicht abbrechen darf, selbst wenn sie zum
Beispiel bereits Mutter wäre und die Kinder durch ihren
Tod zu Halb- oder Vollwaisen würden. Auch etwa einem
vergewaltigten 12-jährigen Mädchen ist die Abtreibung per
Gesetz verboten.
Zudem hat der gesellschaftliche
Diskussionsprozess zu einem Umdenken geführt: Die Regierung will
den Schwangerschaftsabbruch in
Ausnahmefällen zulassen, bei Lebensgefahr für die Mutter oder nach
einer Vergewaltigung. Und sie hat
hierbei die Unterstützung von 70 Prozent der chilenischen Bevölkerung,
wie eine kürzlich durchgeführte repräsentative Umfrage zeigt.
Aus den Erfahrungen lernen
Missionen und Kirchen setzten sich von Anfang an für
die Bedürfnisse der Frauen ein. Das zeigt auch die 200-jährige Geschichte der Basler Mission und heute Mission 21
deutlich. Mir ist bewusst, dass wir Chileninnen und Chilenen noch mehr tun müssen, damit gleiche Rechte für Frauen und Männer gelten. Wir müssen die Mechanismen im
Machtgefüge finden, welche die Verletzung von Menschenrechten zu etwas «Normalem» machen, und diese ändern.
Dazu ermutigt uns der Glaube: Er gibt uns die Gewissheit,
dass vor Gott alle gleich wertvoll sind, egal ob Frau oder
Mann. «Ich bin als Frau ganz Mensch». Gott hat uns die
Fähigkeit zu verantwortlichem Handeln gegeben. Darum
müssen wir uns nicht versklaven oder sogar töten lassen,
wenn wir nicht der Norm entsprechen. Auch wenn der Weg
lang ist: Wir dürfen selbst über unser Leben bestimmen,
und sollen ebenso unsere Schwestern dazu ermutigen.
* Josefina Hurtado ist Leiterin der Stabsstelle Frauen und Gender von
Mission 21.
© Mission 21 / Pino Covino
Obwohl Abtreibung generell sehr kritisch beurteilt
wird, engagieren sich gerade glaubensorientierte Organisationen in Chile für das Selbstbestimmungsrecht der
Frauen über ihren Körper. Gemeinsam mit anderen regierungsunabhängigen Organisationen erstellen sie jeweils
einen Parallelbericht zum offiziellen
Regierungsbericht an den UNO-Ausschuss «CEDAW». Dieser wacht seit
1979 darüber, dass Chile ein Übereinkommen umsetzt, welches zum
Ziel hat, jede Form der Diskriminierung von Frauen zu beseitigen. Genau
diese Art von Öffentlichkeit und das
partizipative Mitwirken von Frauen
halfen entscheidend mit, dass Frauen,
die in ihrer Verzweiflung heimlich abgetrieben und deswegen Komplikationen erlitten haben, nicht fürs Leben
gezeichnet bleiben müssen: Sie dürfen
heute ein öffentliches Spital aufsuchen, ohne dass sie der Polizei gemeldet werden.
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Frauen müssen weltweit für ihre Rechte einstehen. Suzan Mark (l.), Frauenbeauftragte der «Kirche der Geschwister
in Nigeria» (EYN), übergibt an der Internationalen Frauenkonferenz von Mission 21 an Vertreterinnen verschiedener
Organisationen eine Stellungnahme zur Situation der Frauen in Nordnigeria (siehe auch Seite 20).
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MISSION UND JUGEND
Mit viel Herzblut dabei
Michael Schlickenrieder
Die jungen Erwachsenen in den Netzwerken von Mission 21 engagieren sich mit grosser Motivation und
Solidarität – sei dies in der Schweiz, in Afrika oder
Asien. Und sie lernen dabei viel fürs Leben.
Die Halbinsel Kowloon im Norden Hongkongs: Seit Januar 2015 ist das der Arbeitsort der 26-jährigen Madleina
Walti aus Zug. Bis Ende Jahr wird sie das Team der Flüchtlingsberatungsstelle von Christian Action unterstützen. Ihr
Einsatz erfolgt im Rahmen des «Professionals Exposure Program» (PEP!), einem Weiterbildungsangebot von Mission 21
für junge Berufseinsteigerinnen und -einsteiger.
Grosse Solidarität
Diese starke Solidarität mit Menschen, die viel Leid erfahren müssen, gepaart mit einem grossen Engagement erlebe sie bei vielen jungen Menschen, mit denen sie zusammenarbeite oder denen sie begegne, berichtet Barbara Moser,
Studienleiterin Junge Erwachsene bei Mission 21.
So auch beim internationalen Jugendanlass in der Festwoche zum
200. Geburtstag der Basler Mission
im Juni: Während der Fürbitten betete
eine junge Nigerianerin zu Gott, dem
schrecklichen Terror der Gruppierung
Boko Haram ein Ende zu setzen. Der
nahezu greifbare Schmerz der Menschen in Nigeria habe die jungen Menschen aus verschiedenen Ländern erschüttert und berührt. Neben diesem
Schmerz sei aber noch etwas anderes
spürbar gewesen: ebenjene aufrichtige
Betroffenheit und Solidarität der Anwesenden. Ein Gast aus Ghana meinte
danach: «Ihr habt heute Abend Afrika
Hoffnung gegeben!»
© Christian Weber
Mit Mission verbindet die junge Frau das Teilen ihrer
Werte, ihres Wissens und ihrer Zeit mit denjenigen, die davon profitieren können: «Es gibt zu viel Elend in der heutigen
Welt. Ich sage nicht, dass ich das verändern kann. Ich sage nur,
dass ich zumindest einigen Menschen, die dieses Elend miterleben müssen, unter die Arme greifen möchte, soweit dies in
meinen Händen liegt.» Madleina Walti führt viele Gespräche
mit Asylsuchenden. «Ich versuche ihnen, wo immer möglich,
direkt zu helfen. Sonst leite ich sie an die korrekte Stelle weiter.» Neben der Beratung übernimmt sie auch Betreuungsaufgaben. So begleitet sie ihre Klienten beispielsweise ins Spital
oder zu Treffen, bei denen die Personen ihre Hilfe benötigen.
Madleina Walti im Gespräch mit einem Mitarbeitenden der Flüchtlingsberatungsstelle von Christian Action
Echte Partizipation zulassen
Bei Anlässen wie diesem Jugendevent wirken junge Erwachsene ehrenamtlich in der Planung mit. Innerhalb
der gesetzten Rahmenbedingungen
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sollen sie ihre Ideen einbringen können, sagt Barbara Moser.
«Diese echte Partizipation ist das A und O, dass sie sich als
Teil des Ganzen fühlen können.»
Die partizipative Arbeitsweise erzeugt eine gewisse Verbindlichkeit, bringt Nähe zu den Zielgruppen und baut Beziehungen auf. Mund-zu-Mund-Werbung ermöglicht jungen
Menschen zudem einen leichteren Zugang zu Mission: «Der
Begriff Mission kann auch bei Personen
im jungen Alter eine gewisse Scheu erzeugen», so Barbara Moser. Da helfe es,
Vorurteile abzubauen, indem Gleichaltrige, die bereits Erfahrungen in diesem
Umfeld gesammelt haben, sie einladen
und ihnen davon erzählen. Wenn Barbara Moser mit jungen Personen über
Mission spricht, seien diese zwar kritisch, aber keineswegs desinteressiert.
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altrigen arbeitest, diskutierst und etwas unternimmst, erlebst du enorm viel Neues.» Jugendaustausche sind für ihn
deshalb Lernplattformen, Europa lerne von ihnen, sie aber
auch von Europa. Internationale Austauschprogramme für
junge Erwachsene aus der Schweiz und aus Übersee sind in
Planung, sagt Barbara Moser. So sollen auch Gäste aus einer
Partnerkirche von Mission 21 sehen, wie ihre Generation in
der Schweiz lebt.
Seit 2014 ist Richard Offei Jugendkoordinator der Afrikanischen
Kontinentalversammlung von Mission 21. Er koordiniert und vernetzt
die verschiedenen Jugendgruppen der
Partnerkirchen von Mission 21 in Afrika und deren Projekte. Anhand der
Berichte, die er erhält, versucht er diese
zusammen mit seinen Ansprechpartnerinnen und -partnern weiterzuentwickeln. Falls möglich, besucht er die
Aktivitäten auch vor Ort.
© Tobias Frey
Engagierte Jugendarbeit
in Afrika
Spürbare Gemeinschaft beim Jugendanlass in der Festwoche zum 200-Jahre-Jubiläum der Basler Mission
Für die nahe Zukunft plant er in Ghana eine Jugendkonferenz, an die jeweils eine Vertreterin und ein Vertreter aus
jedem Partnerland kommen sollen. «An diesem Meeting
würden wir uns geeignete Projekte für die Zukunft anschauen: In Tansania etwa ist die HIV/Aids-Rate sehr hoch. Da
sollten die lokalen jungen Menschen beispielsweise Aufklärungsprojekte in diesem Bereich initiieren.» Ziel des Treffens
wäre, eine Verpflichtung zu schaffen, sinnvolle Jugendprojekte in den einzelnen Ländern zu entwickeln, betont der
umtriebige 29-Jährige.
Durch Mission lernen
2013 besuchte Barbara Moser mit jungen Erwachsenen
aus der Schweiz die Presbyterianische Kirche von Ghana,
der auch Richard Offei angehört. Die Gäste aus der Schweiz
waren im Rahmen eines Begegnungscamps im westafrikanischen Staat. Solche Reisen hält Richard Offei für immens
wichtig: «Deine Weltanschauung ist immer abhängig vom
Ort, an dem du lebst, vor allem wenn du jung bist. Wenn
du aber an einen anderen Ort gehst und dort mit Gleich-
Junge Menschen können in vielfältiger Weise von Mission lernen: Neben interkulturellen Kompetenzen erweitern
sie ihr Wissen in Themen wie Entwicklungszusammenarbeit, Gerechtigkeit und Religion. «Unser Ziel ist es, sie für
diese Themen zu sensibilisieren und sie darin zu bestärken,
verantwortungsbewusst und solidarisch zu leben», bekräftigt Barbara Moser. Die Partizipation in einer weltweiten
Gemeinschaft von Menschen könne ausserdem sehr bereichernd und prägend sein für die junge Generation von heute.
Sie erleben, dass es weltweite Beziehungen nicht nur in Wirtschaft und Politik gibt.
Auch Madleina Walti profitiert von ihrem einjährigen
Arbeitseinsatz in Hongkong enorm: «Die Arbeit öffnet mir
die Augen über Realitäten, die in dieser Welt vorhanden
sind, aber immer wieder vergessen gehen, wenn man in einem privilegierten Umfeld lebt.».
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WANDEL DER KIRCHE
Mission als Weg in die Zukunft
Interview: Michael Schlickenrieder
Die Volkskirchen erleiden einen drastischen Mitgliederschwund. Das zwingt sie zu langfristigen Veränderungsprozessen. Ralph Kunz, Professor für Praktische
Theologie an der Universität Zürich, sieht in der Mission grosses Zukunftspotential für die Kirchen.
sondern mehr programmatisch und pragmatisch. Quasi
als strategisches Ziel, das die Absicht der Organisation ausdrückt, Erneuerungen zu bewirken, um so zu mehr Mitgliedern zu kommen.
Aber wie sollte da Mission helfen?
Wenn Mission die Lebensäusserung der Kirche ist,
hat die Kirche eine Mission und sie ist Mission. Also haben diejenigen eine Sendung, die Kirche leben. Diese Sicht
setzt aber einen Bewusstseinswandel voraus. Dass Mission
nämlich nicht das Produkt der Arbeit
von Menschen ist, die man anstellt.
Mission ist vielmehr die Sache der
Gemeinde. Sie ist gesendet, nicht der
Pfarrer. Die Gemeinden selbst sind
die Subjekte. Und das ist für mich
das Wesentliche, wenn ich sage, dass
die Zukunft der Volkskirchen in der
Mission liegt. Das, was die Gemeinden tun, trägt das Evangelium in die
Gesellschaft hinein, macht es sichtbar.
Was verstehen Sie unter Mission?
Mission lässt sich natürlich verschieden definieren. Für
mich ist sie zunächst Kommunikation des Evangeliums.
Menschen werden aufgerufen, sich
der frohen Botschaft zu öffnen, einander zuzuhören, zu beten und das
Gerechte zu tun. Theologisch muss
zwischen der Mission Gottes und der
Mission der Menschen differenziert
werden. Es gibt dazu Schlüsselstellen
im Neuen Testament. Etwa im Johannesevangelium, wo Jesus im Gespräch
mit seinen Jüngern deutlich macht,
dass er sich als von Gott gesendet versteht und seine Sendung zur Sendung
derer wird, die ihm zuhören: «Ich bin
der, welcher gesendet wurde, ich sende euch.» Das ist der Dominoeffekt
der Mission. Mission ist eine Bewegung von Gott her zum Menschen.
Ralph Kunz ist Professor für Praktische Theologie
© Mission 21 / Michael Schlickenrieder
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Ein Beispiel dafür?
Eine Gemeinde engagiert sich
in einem bestimmten Bereich, zum
Beispiel in der Altersbetreuung: Die
Gemeinde ist dann der Ort, wo Anam Theologischen Seminar der Universität Zürich.
gehörige mit ihren Demenzkranken
Am internationalen Symposium von Mission 21
Gehör und Unterstützung finden.
Etwa seit 2000 feiert der Begriff
(24.-26. September 2015) referiert Kunz zum Thema
Die Gemeinde ist auch der Ort, wo
Mission in europäischen Kirchen ein
«Mission als Zukunft der Kirche».
Flüchtlinge Anschluss finden an die
Comeback. Weshalb diese Wende?
Schweizer Bevölkerung. Ich denke da
Hintergrund dieser Entwicklung
beispielsweise an den mitenand-Gottesdienst in Kleinbasel.
sind unter anderem die sinkenden Mitgliederzahlen in den
Da wird eine Begegnung von verschiedenen Kulturen geVolkskirchen. Bereits in den 1970er-Jahren hat eine starke
lebt, die sonst so nicht stattfindet. Damit verbunden ist das
Säkularisierung eingesetzt. In den 1990er-Jahren erkannProjekt «Sonntagszimmer», das jeden Sonntag ein ganztäten die Volkskirchen, dass sie etwas ändern müssen, gerade
giges Programm bietet. In Gemeinden isst, trinkt und feiert
auch in Deutschland, wo sich die Menschen in den neuen
man miteinander. Die Menschen schliessen FreundschafBundesländern kaum der Kirche verbunden fühlten. Die
ten, leben Gemeinschaft und finden zusammen das gute
Kirchen haben deshalb das Thema Mission wieder ins Feld
Leben. Das alles macht für mich Mission aus.
gebracht, aber weniger im klassisch evangelistischen Sinn,
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Die Kinder freuen sich über eine grosse Weihnachtsüberraschung im Rahmen des «Sonntagszimmer»-Projektes der evangelisch-reformierten Kirche Basel.
Und wie wird eine Kirche missionarisch?
Ich glaube schon, dass es sinnvolle Animationsstrategien gibt, welche die Kontaktaufnahme erleichtern. Wichtig
finde ich, dass der Gottesdienst einer Kirchgemeinde Offenheit signalisiert und Gastfreundschaft erlebbar wird.
Ich kann reingehen, ich werde willkommen geheissen, aber
nicht bedrängt. Dennoch ist so etwas wie eine Zone vorhanden, wo ich Freundschaften schliessen kann, wo Verbindlichkeit da ist. Es ist transparent, was gespielt wird.
Und da ist noch mehr: die Würde der Tradition, die Geschichte der Mütter und Väter. Altehrwürdig und radikal
neu: Wenn solche Mischungen zustande kommen, entstehen Gemeinden mit Ausstrahlung.
Was bedeutet das für die Zukunft der Kirchgemeinden?
Das glaubwürdigste Szenario ist meines Erachtens eine
«Mixed Economy». Damit meine ich eine kirchlich gerahmte und theologisch orientierte Vielfalt. Unterschiedliche
soziale Formen des christlichen Lebens, die verschiedenen
missionarischen Grundlagen folgen, können nebeneinander existieren. Noch haben wir die Monotonie einer Form.
Das hat keine Zukunft. Zudem wird es sicherlich mehr
Gemeinschaftsformen geben. Anstatt vier oder fünf deren
20 oder 30, auch kleine Kommunitäten. In verschiedenen
Städten zeigen sich schon immer mehr neue Formen.
Gemeinden werden entstehen, die sich stark von dem
unterscheiden, was man heute Kirchgemeinde nennt. Dieser Prozess läuft aber über 30, 40 Jahre. Gross ist auch der
Unterschied zum Beispiel zwischen Basel-Stadt und dem
Thurgau. Dort gibt es Gemeinden, in denen noch immer
die Mehrheit der Dorfbevölkerung Mitglied der Kirche ist.
Kirche entwickelt sich in parallelen Welten. Die kleinräumigen Verhältnisse machen die Situation unübersichtlich
und komplex.
Wo verorten Sie die Schwächen von Mission?
In der Ethik wird zwischen Verantwortungs- und Gesinnungsethik unterschieden. In der Verantwortungsethik
haben wir so etwas wie eine Rückversicherung im Prozess
des Handelns, indem die zu erwartenden Handlungsfolgen
mitbedacht werden. In der Gesinnungsethik dagegen geht
es um das Prinzip, das Engagement und das innere Feuer.
Mission tendiert zu einer gesinnungsethischen StraightForward-Strategie. Anders gesagt: Sie hat eine übermässig
kritische Haltung gegenüber den institutionellen Bremsen
der Kirche. Sie stellt alles, was nach Rückversicherung aussieht, unter Verdacht, das Wirken des Heiligen Geistes zu
behindern. Sie verwechselt manchmal den eigenen Enthusiasmus mit dem Heiligen Geist. Die Schwäche der Mission
ist in diesem Sinne das Religiöse. Und das Religiöse ist nicht
einfach von vornherein gut, sondern kann überhitzen, kippen und das Göttliche wie das Menschliche verdrängen.
Dieses Kippen kann die Kirche nur mit einem wachen
Geist und mit einem hohen Mass an Selbstkritik verhindern.
Es braucht aber auch eine kritische äussere Stimme: Die
Theologie hat die Gabe und Aufgabe, die Geister zu prüfen.
Darum hat die Kirche auch das Amt der Lehrer und nicht
nur Evangelisten! Ich finde es wichtig, genau hinzuschauen,
nachzufragen und notfalls zu bremsen. Aber wir haben es in
der Vergangenheit vielleicht auch ein wenig übertrieben mit
Nachdenken, Bremsen und mit der Kritik an Mission.
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BEAT DIETSCHY
Wandel zu einer
lebensdienlichen Wirtschaft
Urs Walter
Die Welt braucht Entwicklung. Das erfuhr Beat
Dietschy von den Menschen, denen er als Zentralsekretär begegnete. «Vor allem braucht sie eine andere
Entwicklung». Brot für alle helfe, die «Vision einer
Entwicklung im Dienst des Lebens» zu erreichen.
Rund zehn Jahre hat Beat Dietschy Brot für alle geleitet.
Jetzt wird er als Zentralsekretär der Entwicklungsorganisation der Evangelischen Kirchen der Schweiz pensioniert.
Entwicklung und Wandel prägen diese Zeit. «Wir haben
eine Strategie des Wandels gebraucht», blickt Dietschy zurück – und nach vorne. Nur schon der Klimawandel verlange einen Wandel im Entwicklungsverständnis: «Wollen
wir seine Folgen in erträglichen Grenzen halten, so müssen
wir das Dogma grenzenlosen Fortschritts und Wirtschaftswachstums hinterfragen, das ihn verursacht hat.» Dietschy
nicht nur die bäuerliche Landwirtschaft im Süden zu fördern
– auch unsere Konsum- und Produktionsweisen im Norden
sind mit dem Haushalt der Erde in Einklang zu bringen.»
Die neue Strategie von Brot für alle trägt dem Rechnung mit
den beiden Kernthemen «Recht auf Nahrung» und «Ethisch
Wirtschaften».
Nur wenn die westlich orientierte Konsumwelt ihr Verhalten ändere, betreibe sie nicht weiter Raubbau und Ausbeutung: «Weniger für uns. Genug für alle» lautete darum
das Motto der Ökumenischen Kampagne 2015. «Erst so wird
eine andere Entwicklung möglich, welche ‹die Fülle des Lebens für alle Kreaturen› im Blick hat, und ‹eine gute Nachricht für jeden Teil der Schöpfung› bringt», zitiert Dietschy
als Theologe aus Dokumenten der letzten Vollversammlung
des Ökumenischen Rates in Busan (Südkorea). Dort mahnte
auch der koreanische Theologe Park Seong-Won: «Das heutige Zivilisationsmodell ist nicht nachhaltig, sondern lebenszerstörend… Wir müssen es in ein lebensförderliches verwandeln». Das klingt visionär und ist auch so gemeint: «Wir
brauchen konkrete Utopien in der Entwicklungsarbeit», sagt
Beat Dietschy dazu.
Visionär und pragmatisch
Es ist aber auch pragmatisch. «Wir müssen nicht alles neu erfinden, als wären wir die Herren und Meister
der Welt.» In allen Kulturen und erst recht den religiösen
Traditionen fänden sich alternative
Weltsichten. «Buen vivir» ist so ein
Gegenentwurf zum Weltbild der Moderne, er ist Dietschy von seinen fünf
Jahren Arbeit in Peru vertraut. Aber
auch Ubuntu aus Afrika oder Sangsaeng aus Korea könnten Leitbilder
für andere Lebensentwürfe sein. Alle
rücken das gut gestaltete Zusammenleben, die gegenseitige Unterstützung
und Lebenserhaltung in den Vordergrund, Gerechtigkeit und Friede (der
biblische «Schalom») statt Konflikt
und Disharmonie.
© Brot für alle /
Mit seinem breiten Denken erfasst der Theologe und Philosoph
viele Modelle und misst die heutige
westliche Realität daran. Dabei hilft
Beat Dietschy die ausgeprägte Fähigkeit der Vernetzung. Mit Offenheit
und journalistischer Neugierde geht
Octavio Sáncher, Direktor von Anafae in Honduras, setzt sich für lokales Saatgut ein. Das sichert nicht nur die Ernährung,
sondern bringt auch Genuss.
er auf die Menschen zu. Es berührt
ihn das Leben von Steve Kawita in
der demokratischen Republik Kongo. Kawita habe von
bleibt zuversichtlich, dass ein Abbremsen der klimatischen
seiner Hoffnung erzählt, dank jahrelanger Gratisarbeit für
Veränderungen noch möglich sei – aber auch nötig, um in
die Fischzucht einer Fabrik von Glencore dort eines Tages
den Armutsregionen den Hunger zu besiegen. «Dafür ist
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Nr.3 | 2015
doch noch eine bezahlte Arbeit zu bekommen. Oder er erzählt von Nancy Cardoso, die in Brasilien an der Seite der
Kleinbäuerinnen und der Landlosen Grosskonzernen wie
Monsanto oder Syngenta die Stirn bietet. «Das gute Leben
ist die Überwindung der perversen Monokulturen», sagt
die methodistische Theologin und fordert einen liebevollen
Umgang mit Land.
Wandel, Entwicklungen und das schillernde Wesen von Fortschritt
Zivilgesellschaft stärken
Ergänzungsband zur Gesamtausgabe der Werke Blochs «Tendenz-
Im Süden unterstützt Brot für alle solche Veränderungsprozesse über Partnerorganisationen, im Norden mit den
ökumenischen und entwicklungspolitischen Kampagnen.
Sie sind das Herzstück von Brot für alle, meint Dietschy.
«Mit ihnen verändern wir ein Stück weit die Welt – und uns
selber». Weltweit wird diese Transformation zum Beispiel
mit den im September 2015 von der Uno festgelegten Ziele für nachhaltige Entwicklung anvisiert. Da müsse sich die
Zivilgesellschaft einbringen, ermutigt Beat Dietschy alle engagierten Menschen in den Kirchgemeinden und ausserhalb.
«Dass diese Ziele auch verwirklicht werden, dafür braucht es
Menschen, die den Wandel wollen und zu Wege bringen.»
Erstmals wurde im April 2015 mit weiteren Organisationen mutig eine Volksinitiative gestartet. Mit der Konzernverantwortungsinitiative soll insbesondere eine Sorgfaltspflicht
für Schweizer Konzerne eingeführt werden. Ein Einsatz für
die Menschenrechte und die Bewahrung der Schöpfung, der
theologisch und ethisch gut abgestützt ist. Auch da komme
es auf uns an, die wir über viele Handlungs- und Einflussmöglichkeiten verfügen, unterstreicht Dietschy. Und er erhofft sich, dass Brot für alle und die vielen Engagierten, die
mittragen, tatsächlich zu «Transform-Akteuren» werden.
Zwei Wünsche für die Zukunft
Jetzt übergibt Beat Dietschy die Leitung von Brot für
alle an Bernard DuPasquier. Er und ein Team von heute 38
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern führen die Arbeit weiter. Ihnen und allen, die das Werk immer wieder engagiert
Beat Dietschy, Theologe, Philosoph, Entwicklungsdenker
haben Beat Dietschy immer beschäftigt. Seine Dissertation
widmete er dem Begriff Fortschritt. Als persönlicher Mitarbeiter des
Philosophen Ernst Bloch in Tübingen arbeitete er 1976-1977 am
Latenz-Utopie» mit.
Beruflich war er mit der GTZ (Deutsche Gesellschaft für
Technische Zusammenarbeit) in Peru. Er verfasste Studien zur
Religion, zur Akzeptanz neuer Technologien und zum Einsatz von
Radiokommunikation im Hochland von Peru – und war daneben
von 1982 bis 1987 Korrespondent fürs Schweizer Radio und andere
Medien. Anschliessend war er in Forschungsprojekten zur Theologie
der Befreiung und zur Globalisierung engagiert.
Zehn Jahre bis 2003 arbeitete Beat Dietschy als Beauftragter
für Ökumene, Mission und Entwicklungszusammenarbeit der
Evangelisch-reformierten Kirchen St. Gallen, Thurgau und beider
Appenzell. Danach wechselte er zu Brot für alle als Leiter Information
und Bildung. 2004 übernahm er zusätzlich ad Interim die Leitung.
Seit 2007 war Dietschy Zentralsekretär der Entwicklungsorganisation
der reformierten Kirchen der Schweiz. uw
unterstützen, dankt Beat Dietschy. Und gibt Brot für alle
zwei Wünsche mit: Als Sprachrohr der Zivilgesellschaft ein
wesentlicher Akteur bleiben und weiterhin den Reichtum
der ökumenischen Bewegung pflegen. Mit «Leidenschaft»,
so steht es im Leitbild, fördere Brot für alle die Bewegung
hin zu einer Wirtschaft und Kultur des Lebens.
Bernard DuPasquier neu an der Spitze von Brot für alle
Seit Anfang September 2015 heisst der Geschäftsleiter von Brot für alle Bernard DuPasquier.
Der 44-jährige Theologe leitete seit 2012 den Bereich Kooperationssysteme. Davor arbeitete
© Brot für alle / Marion Nitsch
DuPasquier acht Jahre beim Hilfswerk HEKS, unter anderem als Abteilungsleiter AsienEuropa, zuvor war er fünf Jahre Zentralsekretär von Cevi Schweiz.
Neben seiner grossen Führungserfahrung bringt Bernard DuPasquier breite Kenntnisse mit
im Non Profit Management, in Fundraising und Public Relations. Der gebürtige Romand
und Vater von drei Töchtern wohnt in Bern. Nach den berühmten «100 Tagen» wird Bernard
DuPasquier in der nächsten Nummer zu Wort kommen. uw
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contigo
Nr.3 | 2015
ONLINE-SPIEL
KONZERNVERANTWORTUNG
Was für ein Chef bist du?
Vitol und die Menschenrechte
Viele Konzerne werden von Managerinnen und Managern geführt,
Urs Walter
die vergiftete Böden, die Ausbeutung von Menschen oder gefährliche Arbeitsbedingungen in Kauf nehmen, um ihren Profit und den
ihrer Aktionäre zu maximieren. Im Online-Spiel ceo-for-a-day.ch
Vitol bemüht sich im Kohlegeschäft in Südafrika zu
können alle Chef eines internationalen Konzerns sein. Vier Typen von
wenig um die Wahrung der Menschenrechte und der
Managern (und Managerinnen) lassen sich kombinieren. Wie werden
international anerkannten Umweltstandards. Intrans-
dabei Menschenrechte, Umwelt, Aktionärsinteressen oder Steuerop-
parent bleibt, wie der Rohstoffhändler seine Sorgfalts-
timierung gewichtet? Das Game zeigt auf spielerische Art und Weise,
pflicht wahrnimmt. Nötig sind darum Vorschriften.
welche Möglichkeiten die Konzernverantwortlichen in den Ländern
In der Region Limpopo im Norden Südafrikas wird die
Mine Vele erneuert und ausgebaut. Die Kohleförderung im
Tagebau bedroht ganz direkt die Lebensgrundlagen von
über 5000 Bewohnerinnen und Bewohner. Exklusiver Exporteur der Kohle aus der Mine Vele ist Vitol. Der Rohstoffhändler Vitol aus Genf besitzt auch für das Minenprojekt in
Makhado in der gleichen Region einen Abnahmevertrag. In
Makhado sollen ab Ende 2018 Koks und Steinkohle abgebaut
werden. Das Dorf Mudimeli würde weitgehend von Tagebaugruben und Abraumhalden eingeschlossen, was Landwirtschaft und Wasserversorgung beeinträchtigt. Betrieben
werden die Minen von Coal of Africa (CoAL).
des Südens haben: www.ceo-for-a-day.ch. uw
Bevölkerung und dokumentieren, wenn Menschenrechte
verletzt oder die Umwelt verschmutz werden. Die Anwohnerinnen und Anwohner befürchten insbesondere Wasserverschmutzung. Dazu belastet der Kohlestaub, der beim Abbau
und den vorausgesagten über 800 Lastwagenfahrten pro Tag
durch die Dörfer entstehen wird. Der Landwirtschaft und auch
dem Tourismus in der fruchtbaren Region drohen Einbussen.
Mehrere tausende Arbeitsplätze dürften verloren gehen.
Befürchtungen, beim Kohleabbau werde zu wenig sorgfältig vorgegangen, sind nicht aus der Luft gegriffen: 2010
wurde CoAL gebüsst, weil das Unternehmen die Bedingungen der Wasserlizenzen für die Mine Vele verletzt hatte. Aber
auch Vitol als exklusiver Exporteur der Kohle aus den Minen
Vele und Makhado muss Verantwortung übernehmen, um
solche Verletzungen künftig zu vermeiden.
©Brot für alle /Daniel Tillmanns
Verbindliche Regeln für alle nötig
Im Dorf Mudimeli erhalten die Opponenten der geplanten Kohlemine keine Auskünfte.
Bench Marks Foundation hilft ihnen, sich bei Coal of Africa im fernen Johannesburg Gehör
zu verschaffen.
Befürchtungen und Busse
Gegen die Projekte gibt es erheblichen Widerstand. Das
zeigt die Arbeit von Bench Marks Foundation, einer Partnerorganisation von Brot für alle in Südafrika. Eigens geschulte
Freiwillige erfassen die Auswirkungen des Bergbaus auf die
Damit diese Sorgfaltspflicht in der Schweiz gesetzlich
geregelt wird, tragen Brot für alle und Fastenopfer die Konzernverantwortungsinitiative mit. Sie wird die Schweizer
Konzerne zwingen, ihre Geschäfte überall mit der nötigen
Sorgfalt anzugehen. Freiwillige Massnahmen genügen nicht.
Das belegt die Analyse zum Vorgehen Vitols in Südafrika. Vitol ist mit 254 Milliarden Franken der umsatzmässig grösste
Schweizer Konzern. Im Kohlegeschäft gehört er zu den fünf
Grössten weltweit. Das bedeutet viel Macht gegenüber den
Minen, wo Vitol die Kohle einkauft. Umso wichtiger ist, dass
Vitol und alle anderen global tätige Konzerne ihre Verantwortung wahrnehmen, damit Tochterfirmen wie Lieferanten
die Menschenrechte sowie Umweltstandards einhalten.
Weitere Informationen: www.brotfueralle.ch/vitol
contigo
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Nr.3 | 2015
ÖKUMENISCHE KAMPAGNE 2016
«Verantwortung tragen –
Gerechtigkeit stärken»
Konzernverantwortungsinitiative ist. Freiwilligkeit genügt
offenbar nicht. Gemeinsam mit rund 70 Organisationen fordern Brot für alle und Fastenopfer darum, dass die Sorgfaltspflicht in der Schweiz gesetzlich geregelt wird.
Über der Ökumenischen Kampagne 2016 steht «Verantwortung tragen – Gerechtigkeit stärken». Es geht
um die Sorgfaltspflicht der Konzerne. Sie müssen
ihre Verantwortung weltweit wahrnehmen, fordert
Kürzlich hat Brot für alle gemeinsam mit Fastenopfer die
Tätigkeit des grössten Schweizer Rohstoffhändlers Vitol in
Südafrika analysiert (Bericht Seite 12). Menschenrechte und
international anerkannte Umweltstandards sind bedroht.
Das Gleiche gilt für ein Fallbeispiel aus Burkina Faso, das im
Hinblick auf die Ökumenische Kampagne 2016 erarbeitet
wird. Dort steht der Goldhandel im Zentrum. Was bei uns
Menschen schmückt, wird in Burkina Faso und vielen anderen Ländern unter misslichen Umständen geschürft und
verarbeitet. Beide Analysen verdeutlichen, wie wichtig die
© Brot für alle
eine von Brot für alle miterarbeitete Initiative.
Gold durchläuft eine lange Lieferkette. Doch die Hersteller in der Schweiz nehmen kaum
Verantwortung wahr. Darunter leiden die Beschäftigten in den Minen.
Würde und Gerechtigkeit
So erreicht Brot für alle das Sammelziel
Brot für alle und Fastenopfer wollen bis Ostern 2016 je 10 000
Unterschriften sammeln. Helfen Sie mit! Ein paar Tipps dazu:
- Alle volljährigen (ab 18 Jahren) Schweizer Bürgerinnen und Bürger
dürfen unterschreiben – aber nur einmal
- Pro Bogen nur Unterschriften aus einer politische Gemeinde (bei
Städten genügt die Basis-PLZ für alle)
- Sammeln in Gruppen macht mehr Spass
- Mobile Sammelgruppen (bis drei Personen) brauchen bei Sammelaktionen im öffentlichen Raum keine Bewilligung (Ausnahme: Bahnhöfe)
Erstmals engagiert sich Brot für alle als Mitinitiantin einer politischen Initiative. Doch der Schutz der Menschenrechte ist vor allem ein ethisches Gebot. Der Mensch als Abbild Gottes trägt das Göttliche in sich. Darum setzen sich
die kirchlichen Werke besonders für die Menschenrechte
ein. Menschenwürde ist unveräusserlich und steht jeder und
jedem Einzelnen zu. Ebenso ist die Bewahrung der Schöpfung ein wesentliches kirchliches Anliegen. Das Evangelium
– die Botschaft und das Handeln Jesu Christi – ruft zu einem
gerechten Handeln auf und gilt für die Kirche auch heute.
Als Mitverantwortliche vor Gott, für die Schöpfung und vor
anderen Menschen sind alle dazu verpflichtet, die Verantwortung dieser Konzerne nicht diesen selber zu überlassen.
- Standaktionen brauchen in der Regel eine Bewilligung (durch
Gemeinde oder Polizei, z.T. gebührenpflichtig)
- Veranstaltungen, Konzerte, Festivals und Grossanlässe eignen sich
bestens, um Unterschriften zu sammeln
- Material (Unterschriftenbogen, Flyer, und kleine Poster) gratis bei
Brot für alle
- Unterschriften-Bogen möglichst füllen: Das Beglaubigen kostet
gleichviel, ob mit einer oder zehn Unterschriften
- Ausgefüllten Unterschriftenbögen rasch Brot für alle zusenden
Informationen und Unterschriftenbogen zum Herunterladen:
Besser ist, die Verantwortung mittels Kriterien wie zum
Beispiel einer verbindlichen Sorgfaltspflicht oder einer Rechenschaftsablage einzufordern. Das gilt vor allem bei
Konzernen mit einer starken Machtposition. Mit der Konzernverantwortungsinitiative stärkt Brot für alle als Entwicklungsorganisation der reformierten Landeskirchen den
Einsatz dafür, dass Menschen weltweit in Würde, Frieden
und Freiheit leben können. Die Initiative bringt aber auch
in der Wirtschaft mehr Gerechtigkeit. Bleibt gutes Verhalten
freiwillig, drohen Schweizer Konzerne, die sich fair verhalten, gegenüber Mitbewerbern mit weniger sorgfältigem Verhalten, den Kürzeren zu ziehen. uw
www.brotfueralle.ch/konzernverantwortung
Alle aktuellen Informationen zur Kampagne auf www.sehen-und-handeln.ch
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contigo
Nr.3 | 2015
Mustafa Abdalla hat die Hygieneartikel in den ersten
Augustwochen gemeinsam mit seinem 15-köpfigen Team
an die rund 4600 Familien im Flüchtlingscamp verteilt. Er
arbeitet für «Norwegian Church Aid» und ist für die Verbesserung der Hygienebedingungen in den beiden Camps
zuständig. Mustafa kommt aus Damaskus und ist einer der
230 000 syrischen Flüchtlinge, die zusätzlich zu den knapp
zwei Millionen intern Vertriebenen im Irak Schutz suchen.
«In Syrien war ich nicht länger sicher», begründet er seine
Flucht, nachdem er 2011 gegen das syrische Regime protestiert und für zwei Wochen im Gefängnis gelandet war.
NORDIRAK
Eine ungewisse Zukunft
Olivier Schmid
Seit Anfang August leistet HEKS gemeinsam mit
«Norwegian Church Aid» Soforthilfe im Nordirak.
HEKS unterstützt rund 32 000 Menschen in zwei
Flüchtlingscamps in der Provinz Dohuk mit Hygieneartikeln im Wert von rund 400 000 Franken.
Vor einem Jahr haben die Truppen des Islamischen Staates die zweitgrösste Stadt im Irak, Mosul, in ihre Gewalt gebracht. Hunderttausende von Menschen, vor allem Angehörige religiöser Minderheiten wie Jesiden, sind seither in den
Norden des Landes geflüchtet. Viele leben in Flüchtlingscamps und sind auf Hilfe angewiesen, um die wichtigsten
Grundbedürfnisse zu decken: Nahrungsmittel, Unterkunft,
Zugang zu Trinkwasser, Kochutensilien und Hygieneartikel.
Vertrauen schaffen
Zwei Jahre lang lebte Mustafa in einem Flüchtlingscamp
im autonomen Kurdengebiet im Nordirak. Zunächst arbeitete er dort als Freiwilliger; dann begann er für internationale Hilfswerke und später für «Norwegian Church Aid» zu
arbeiten.
Mustafa liebt seine Arbeit, auch wenn sie hart sei. «Die
Menschen in den Flüchtlingscamps haben traumatische Erlebnisse hinter sich. Viele haben Familien und Freunde, die
in Gefangenschaft des Islamischen Staates geraten sind. Und
sie mussten ihre Häuser und ihre Jobs aufgeben und wissen
nicht, wann sie zurückkehren können. Ihre Zukunft ist ungewiss», erklärt er.
© Ioannis Georgiades / NCA
Darum müssen Mustafa und sein Team erst einmal Vertrauen schaffen, bevor sie die Flüchtlinge in den Camps für
einen sparsamen Umgang mit Wasser und bessere Hygienebedingungen sensibilisieren. «Ich habe mein Team deshalb
nicht nur in Bezug auf die verschiedenen Aspekte bei der
Verbesserung der Hygienesituation geschult, sondern auch,
wie sie auf die Flüchtlinge im Camp zugehen und mit ihnen
kommunizieren müssen.»
Mustafa uns sein Team führen auch Befragungen durch und passen die Hilfspakete
gegebenenfalls an die Bedürfnisse der Flüchtlingsfamilien an.
Soforthilfe für 4600 Familien
Die HEKS-Partnerorganisation «Norwegian Church
Aid», die auf Wasserversorgung spezialisiert ist, sorgt in zwei
Flüchtlingscamps in der Provinz Dohuk für Zugang zu sauberem Wasser und für bessere Hygienebedingungen. HEKS
unterstützt die Flüchtlingsfamilien mit Hygieneartikeln, vor
allem mit Seifen, Windeln und Waschmitteln.
Soforthilfe-Projekte in der
Provinz Sulaymaniyah
HEKS hat bereits von Oktober 2014 bis Mai 2015 Soforthilfe im Nordirak geleistet. In Zusammenarbeit mit den
Partnerorganisationen «Christian Aid» und «REACH» hat
HEKS in der Provinz Sulaymaniyah rund 13 000 Kriegsflüchtlinge mit Lebensmitteln, Kochutensilien, Matratzen,
Decken und Kissen versorgt. Zurzeit sind Abklärungen im
Gange, um von Oktober an gemeinsam mit «REACH» ein
weiteres Soforthilfe-Projekt in der Provinz Sulaymaniyah
umzusetzen.
Spenden: PC-Konto 80-1115-1, Vermerk «Nordirak»
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Nr.3 | 2015
Weiterbildung und Vernetzung
REPUBLIK MOLDAU
Von Trauben leben
Olivier Schmid
Die Republik Moldau ist eines der ärmsten Länder
Europas. Um das wirtschaftliche Wachstum zu fördern, unterstützt HEKS Weinbauern und Tafeltraubenproduzenten bei der Verbesserung und Vermarktung ihrer Produkte.
Mittlerweile hat Nicolae seinen Sohn Ion zum Geschäftsführer gemacht. Ion schloss letztes Jahr sein Studium an der
landwirtschaftlichen Fakultät der staatlichen Universität ab.
Bereits als Student setzte er sich für eine verstärkte Zusammenarbeit der Bauernfamilien im Bezirk Cahul ein.
Mit fünfzehn weiteren Tafeltraubenproduzenten gründete er den Verband der Cahuler Tafeltraubenproduzenten
(APSM). APSM baute mit Unterstützung von HEKS 2013 die
Farmer Field School (FFS) auf. Die Schule bildet in Feldkursen
jährlich rund 280 Traubenproduzentinnen und Weinbauern
weiter. Vermittelt werden agroökologische Produktionsmethoden und geeignete Massnahmen zur Anpassung an den Klimawandel. Auch Ion hat sich in diesen Kursen weitergebildet.
Investitionen zahlen sich aus
Immer mehr Arbeitskräfte ziehen
darum in die Städte oder wandern ins
Ausland aus. Zurück bleiben vernachlässigte ältere Menschen sowie Kinder
und Jugendliche ohne Perspektiven.
Ion Bria hat mit Unterstützung von HEKS neue Absatzmärkte erschlossen und verkauft seine hochwertigen
Tafeltrauben nun auch ins Ausland.
Um diese Entwicklung zu stoppen,
vermittelt HEKS kleinen und mitHEKS und APSM unterstützen die Tafeltraubenprodutelgrossen Bauernbetrieben landwirtschaftliches Wissen,
zenten auch bei der Vermarktung ihrer Produkte und helfen
fördert die Vernetzung lokaler und nationaler Produzenneue Absatzkanäle zu erschliessen. Seit 2013 beliefern Ion
tenvereinigungen und erleichtert ihnen den Zugang zu Inund sein Vater die nationale Supermarktkette Linella. Dank
vestitionskrediten und Absatzmärkten.
einem Vertrag mit einem rumänischen Obstimporteur
konnten sie ihre Absatzkanäle diversifizieren.
Auch der Tafeltraubenproduzent Nicolae Bria aus dem
Bezirk Cahul im Südwesten des Landes konnte früher nur
Förderung des Weinanbaus
schlecht vom Ertrag der sechs Hektaren grossen Anbaufläche leben. Ein Grund dafür war, dass er die Trauben nicht
HEKS half in den letzten drei Jahren insgesamt 55 Prolagern konnte. So musste er sie nach der Ernte ab Feld eiduzentinnen und Produzenten, Verträge mit dem Betreiber
nem Zwischenhändler verkaufen. Im Jahr 2010 erhielt das
einer Kühlanlage und den Supermarktketten Linella und
Familienunternehmen mit Unterstützung von HEKS einen
Fourchette abzuschliessen. HEKS hat darüber hinaus die
Kredit für ein kleines Kühlhaus. Bis zu 50 Tonnen Trauben
Entwicklung des Weiterbildungslehrgangs «Weinanbau»
werden dort nun während einem bis drei Monaten gelagert.
unterstützt. Dieser wurde in den Lehrplan des nationalen
Dies verbessert die Qualität der Trauben. Vor allem kann die
Colleges für Weinanbau und Weinherstellung integriert. 90
Familie die Trauben nun zu einem bedeutend höheren Preis
Traubenproduzentinnen und -produzenten haben diesen
und über einen längeren Zeitraum verkaufen.
Lehrgang bereits abgeschlossen.
© Octavian Olaru / HEKS
Ein Grossteil der Bevölkerung der
Republik Moldau lebt auf dem Land
und arbeitet in der Landwirtschaft.
Die meisten Betriebe nutzen aber veraltete Methoden und erzielen nur ein
ungenügendes Einkommen. Das Geld
für Investitionen fehlt, die Qualität
ihrer Produkte entspricht nicht den
Marktanforderungen. Zudem fehlt ihnen das Wissen, wie sie neue Absatzmärkte erschliessen können.
contigo
Nr.3 | 2015
HILFE SCHENKEN
Einmal schenken,
zweimal Freude bereiten
Olivier Schmid
Auch dieses Jahr startet im Oktober die beliebte
vorweihnächtliche Aktion «Hilfe schenken» von HEKS.
Schenken Sie Ihren Liebsten eine edel gestaltete
Geschenkkarte und bedürftigen Menschen Hilfe zur
Selbsthilfe.
Mit den 32 originellen Geschenken aus dem neuen Katalog unterstützen Sie Bedürftige in der Schweiz und im
Ausland, ihre Lebensumstände selbstbestimmt zu verbessern – sei es mit altbewährten «Hilfe schenken»-Klassikern,
etwa mit einer Ziege, Enten oder Hühnern, sei es mit ganz
speziellen Geschenken, etwa mit der Erfolgsleiter, dem Dorfladen oder dem Schutzengel. Auch dieses Jahr gibt es neue
Geschenke, die doppelt Freude bereiten – eine Auswahl:
Ein Fischernetz für den grossen Fang
Mit 160 Franken helfen Sie armen Fischerfamilien im
Südsudan am Nil, ihre Lebensgrundlagen zu verbessern.
Die Familien erhalten ein Boot und ein Fischernetz und fischen so nicht mehr im seichten Wasser, sondern draussen
im Fluss. Dadurch steigern sie ihren Fang, verkaufen Überschüsse auf dem Markt und erzielen ein Einkommen. Mit
diesem können sie Reparaturen bezahlen, die Gesundheitskosten decken und ihre Kinder in die Schule schicken.
Ihr Geschenk hat aber auch eine langfristige Perspektive.
Rund 2200 Fischerinnen und Fischer haben sich in 15 Kooperativen zusammengeschlossen und mit Unterstützung
von HEKS zwei umweltfreundliche Fischtrocknungsanlagen gebaut. Einige Mitglieder sollen nun in Buchhaltung,
Finanzplanung und Führung geschult werden, damit die
Kooperativen nach Abschluss des Projektes selbstständig
weiterbestehen können.
Ein Ferkel für Schulkinder
Mit 30 Franken helfen Sie einer Dorfgemeinschaft auf
Haiti, eine Schweinezucht aufzubauen. So viel kostet ein
dreimonatiges Ferkel, das rund ein halbes Jahr später mit
Gewinn weiterverkauft werden kann. Für den Start einer
Schweinezucht benötigt eine Dorfgemeinschaft zwischen
sechs und zehn Ferkel. Die Muttersäue bleiben und werfen
erneut Junge – der Kreislauf setzt sich fort.
© HEKS
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Mit einem Netz und einem Boot unterstützt HEKS Fischerfamilien am Nil, damit sie ihre
Lebensgrundlagen verbessern können.
Der Gewinn aus der Schweinezucht soll den Schulbetrieb
für die Kinder sicherstellen. Denn die Dorfgemeinschaften
in den abgelegenen Gebieten von Grand‘Anse müssen selbst
für die Löhne der Lehrpersonen und den Unterhalt der
Schulen aufkommen. In den letzten 30 Jahren hat HEKS 29
Schulhäuser aufgebaut, in denen heute mehr als 4000 Kinder
unterrichtet werden.
Velowerkzeug für die Zukunft
Mit 45 Franken unterstützen Sie erwerbslose Menschen
in der Schweiz bei der Integration in den Arbeitsmarkt: beispielsweise durch einen Arbeitseinsatz in der Velowerkstatt
oder im Nähatelier von «HEKS TG job». Das Programm vermittelt zahlreiche weitere Einsätze: in den Bereichen Landschaftspflege, Entsorgung, Umzug und Reinigung.
«HEKS TG job» unterstützt die Arbeitssuchenden auch
mit Bewerbungscoachings und Weiterbildungskursen. Die
Teilnehmenden verbessern ihre Qualifikationen und werden
individuell darin unterstützt, ihr Leben selbstständig, wirtschaftlich unabhängig und eigenverantwortlich zu gestalten.
Das gesamte «Hilfe schenken»-Sortiment mit Informationen
zu Spendenfonds sowie Bestell- und Zahlungsmodalitäten
finden Sie unter: www.hilfe-schenken.ch
contigo
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Nr.3 | 2015
HEKS-INLANDKAMPAGNE
Bundesrat prüft Forderung
nach nationaler Datenbank
Ständerätin Anita Fetz (SP/Basel) unterstützt die diesjährige HEKS-Kampagne «Chancengleichheit zahlt sich
aus». In einem in der Sommersession eingereichten Postulat
fordert sie den Bundesrat auf, den Aufbau einer nationalen
Datenbank zur Interpretation und Vergleichbarkeit ausländischer Berufsdiplome zu prüfen. Das würde Unternehmen
helfen, leichter einen Eindruck über die beruflichen Qualifikationen und Fähigkeiten hochqualifizierter Migrantinnen
und Migranten zu erhalten. Diese stellen ein bisher kaum
beachtetes Potenzial an Fachkräften dar. Im Rahmen seiner
Kampagne fordert HEKS, dass diese Menschen und ihre Fähigkeiten als Massnahme gegen den Fachkräftemangel besser genutzt werden. os
rin Barbara Miller zeichnet ein eindrückliches Portrait des
Kleinbauern Cido und seiner Gemeinschaft. Jahrelang haben
sie um Land gekämpft und trotz widriger Umstände einen
Weg aus der Armut gefunden. Mit Unterstützung von HEKS
und seinen lokalen Partnerorganisationen gelang es, ein alternatives und nachhaltiges Entwicklungsmodell zu verwirklichen. Dieses beruht nicht auf dem Raubbau an der Natur,
sondern versteht den Menschen als Teil des Ökosystems, des
Cerrado, einem riesigen, von Abholzung bedrohten Savannengebiet in Zentralbrasilien.
«HOME OF HOPE»
«Home of Hope», die soziale Organisation der Reformierten
Kirche in Braşov, hat die begehrte Auszeichnung der rumänischen AVON-Stiftung gewonnen. Die Stiftung zeichnet
jedes Jahr Personen und Organisationen für herausragende
Leistungen sozialer und gemeinnütziger Projekte aus.
Die HEKS-Partnerorganisation «Home of Hope» engagiert
sich seit 2003 für die Opfer von häuslicher Gewalt. Mittels
Informationskampagnen und Seminaren sensibilisiert sie
die Öffentlichkeit für das Thema und betreibt in Braşov eine
Anlauf- und Beratungsstelle für Gewaltopfer, die rund um
die Uhr geöffnet ist. Ende 2008 hat das Frauenhaus «Home of
Esther» seine Türen geöffnet, das Frauen und ihren Kindern
vorübergehenden Schutz bietet und wo ihnen Fachpersonen
Perspektiven aufzeigen. Jährlich finden rund 60 Frauen mit
ihren Kindern im Frauenhaus Schutz. os
«LUNCHKINOS»
«Cido – Eine Zukunft im Cerrado»
Auch dieses Jahr präsentiert Ihnen HEKS im Rahmen
der «Lunchkinos» den Film zur Sammelkampagne. Der neue
Kampagnenfilm «Cido – Eine Zukunft im Cerrado» zeigt die
Arbeit von HEKS in Brasilien. Die preisgekrönte Regisseu-
© ZvG
Frauenhaus in Rumänien
ausgezeichnet
Der HEKS-Kampagnenfilm aus Brasilien zeichnet Leben und Widerstand des Kleinbauern
Cido nach.
«Lunchkinos» finden in verschiedenen Orten in der
Deutschschweiz statt. Umfangreiches Kampagnenmaterial
für Ihre Sammelanlässe in Ihrer Kirchgemeinde finden Sie ab
Oktober auf der Website.
Weitere Informationen und Anmeldung: www.heks.ch/lunchkino
Kampagnenmaterial: www.heks.ch/sammelkampagne
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contigo
Nr.3 | 2015
Spiritualität des einfachen Lebens
An der letztjährigen Generalversammlung hat der PGI
diese ganze Problematik deshalb zu einem seiner Hauptthemen bis 2018 gemacht – neben Armut, Ungerechtigkeit und
religiöser Radikalisierung. «Für mich ist das Agrar- und Umweltthema das grösste dieser Probleme», stellt Gultom klar.
INDONESIEN
Gemeinsam für die
Umwelt einstehen
Michael Schlickenrieder
Landraub und Umweltzerstörung nehmen im Vielvölkerstaat Indonesien zu. Der Evangelische Kirchenbund in Indonesien, Partnerorganisation von
Mission 21, geht aktiv gegen die miteinander verwobenen Probleme vor.
© Heiner Heine
Seit einiger Zeit entstehen in Indonesien immer mehr
Konflikte um Landbesitz. Firmen erwerben Land, um Rohstoffe zu fördern oder riesige Plantagen anzubauen. Häufig
betrifft es Gegenden, wo Kleinbäuerinnen und Kleinbauern
seit mehreren Generationen leben und arbeiten. «Die Regierung stellt sich aus wirtschaftlichen Gründen meist auf die
Seite der Firmen und zwingt die Bauernfamilien wegzuziehen», sagt Gomar Gultom, Generalsekretär des Evangelischen Kirchenbundes in Indonesien (PGI). Die traditionellen
Besitzrechte der Kleinbäuerinnen und Kleinbauern würden
einfach für wertlos erklärt. Dagegen setzen sie sich häufig zur
Wehr. Besonders in Nordsumatra ist die Lage angespannt.
Um Ölpalmen anzubauen, werden riesige Flächen des indonesischen Regenwalds abgeholzt.
Diese Entwicklung bringt weitere Probleme mit sich:
Der Anbau von Palmöl ist in den wenigsten Fällen nachhaltig. Und die Bergbauindustrie setzt der Umwelt ebenso zu.
Hinzu komme, so Gultom, dass die Menschen in Indonesien oft verschwenderisch mit nicht erneuerbaren Ressourcen
umgehen, den Abfall sorglos entsorgen und übermässig viel
Plastik verbrauchen.
Die 89 Mitgliedkirchen des PGI haben sich dazu verpflichtet, für eine bessere Umwelt und gegen Landraub einzustehen. Der PGI hat für sie daher ein ökumenisches Pilotprogramm («Die Kirche als Freund der Natur») ausgearbeitet.
Dieses zeigt ihnen, wie sie in ihren lokalen Gemeinschaften
das Thema mit dem christlichen Glauben verbinden können. Ebenso beinhaltet das Programm Wege, wie die Kirchgemeinden in praktischer Weise zu einer Verbesserung der
Lage beitragen sollen.
«Wir sehen die Habgier als die wesentliche Ursache der
Agrar- und Ökologiekrise an. Aus diesem Grund fokussiert
unser Programm auf eine Spiritualität des einfachen Lebens,
auf einen Weg der Mässigung», erklärt Gultom. Dieses Prinzip beinhalte den Verzicht einiger – damit möglichst viele Indonesierinnen und Indonesier ihre Bedürfnisse stillen können, besonders ihre ökonomischen.
Voneinander lernen
Henriette Lebang, die neue Präsidentin des PGI, betont
die Zusammenarbeit der Religionsgemeinschaften im pluralistischen Indonesien, wo der religiöse Frieden in Teilen
des Landes bisweilen gefährdet ist: «Wir alle in Indonesien
müssen über die religiösen Grenzen hinweg an einem Strang
ziehen, um auf die Umwelt- und Agrarproblematik antworten zu können.» Der PGI lädt deshalb regelmässig Religionsführer aus allen Regionen des Landes ein, um mit ihnen über
dieses und andere herausfordernde Themen zu sprechen und
um zu einer gemeinsamen öffentlichen Position zu kommen.
Innerhalb der Mitgliedskirchen nehme der PGI zudem
eine aktiv vermittelnde Rolle ein, sagt Lebang. Wenn sich
eine Kirche in konkreten Projekten für die Umwelt einsetzt,
beispielsweise in der korrekten Entsorgung von Abfall, könnten andere Kirchen von deren praktischen Erfahrungen profitieren. Und die Aufgabe des PGI bestehe darin, ebendiesen
Austausch zwischen Kirchen zu ermöglichen. «Man muss
gute Dinge, welche die Kirche tut, teilen. Das macht für mich
die ökumenische Bewegung aus», unterstreicht Lebang.
* Franziska Schlegel arbeitet im Team Fundraising von Mission 21.
contigo
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Nr.3 | 2015
BOLIVIEN
Lichtblick Stadtgarten
Franziska Schlegel *
In El Alto verwandeln sich Innenhöfe in kleine
Bauernhöfe. Dies ist möglich dank der Organisation
Focapaci, die Mission 21 neu unterstützt. Verbesserte Ernährung der ärmsten Familien und eine stärkere
soziale Stellung der Frauen sind die Ziele.
Erfahrungsaustausch. Ein Jahr später konnte sie mit deren
Hilfe ein Gewächshaus in ihrem Innenhof bauen und ist seither eine erfolgreiche Gemüseproduzentin. Heute, fünf Jahre
danach, unterstützt sie eine Gruppe von fast 30 Familien bei
der Produktion und kann nebenbei viel Zeit mit ihrer Tochter
verbringen.
Umfassende Ausbildung
Die Frauen erhalten bei Focapaci eine umfassende Einführung in die landwirtschaftliche Produktion und lernen
die Grundlagen des Verkaufs und der Selbstorganisation
kennen. Neben dieser Ausbildung werden sie von erfahrenen
Frauen wie Juana Laura und Fachpersonen von Focapaci umsichtig begleitet.
El Alto ist eine Stadt der Zuwanderung aus ländlichen
Gebieten und Bergbauzentren in Bolivien. Obwohl auf 4100
Metern gelegen, gehört El Alto zu den am schnellsten wachsenden Städten weltweit und gleichzeitig zu den ärmsten in
Lateinamerika. Am Rande der Stadt gibt es riesige Armenviertel, oft ohne fliessendes Wasser und Strom und auch ohne
Spitäler. Die Hoffnungen der meisten neu Ankommenden
werden bitter enttäuscht. Häufig leben sie nach kurzer Zeit
in noch ärmeren Verhältnissen als zuvor. Viele können kaum
lesen und schreiben und schlagen sich mit Gelegenheitsjobs
durch. Eine ausgewogene Ernährung können sie sich nicht
leisten. Besonders die Kinder leiden an den Folgen.
Focapaci, das «Zentrum für Bildung und Weiterbildung
für Bürgerbeteiligung», bietet einen Ausweg aus dieser Situation. Zahlreiche Grundstücke in El Alto haben einen ungenutzten Innenhof, der Platz für ein Gewächshaus und einen
kleinen Stall bietet. Focapaci ermutigt vor allem Frauen dazu,
dort Nahrungsmittel zu produzieren, sich untereinander zu
organisieren und überschüssige Produkte zu verkaufen. So
verbessert sich nicht nur die Ernährungssituation der Familien. Die Frauen gewinnen auch an Selbstbewusstsein und erfahren mehr Wertschätzung. Gesamthaft begleitet Focapaci
in El Alto etwa 650 Familien.
© Focapaci
Die Hoffnung in der Erde
Juana Laura mit einer ihrer Schülerinnen im Gewächshaus
«Die Arbeit von Focapaci wird von den Familien in El Altos Armenvierteln sehr geschätzt», sagt Wilfredo Blanco,
Agronom bei der Partnerorganisation von Mission 21. «Das
Projekt bringt Erfolg. Die Wirkung ist schnell spürbar! Stadtgärten sind eine Chance, Mangelernährung und extreme Armut deutlich zu reduzieren.»
Eine Erfolgsgeschichte
«Vorher war ich in meinem Haus eingesperrt, während
ich auf meine Tochter aufpasste und ich fühlte mich schlecht,
weil ich nichts machen konnte», erzählt Juana Laura. Die Alternative dazu war, ihre Tochter bei den Grosseltern zu lassen
und mit ihrem Mann von früh bis spät in Fabriken zu arbeiten. Als ihre Tochter in die Schule kam, brauchte sie Hilfe bei
den Hausaufgaben, jemanden, der auf ihre Ernährung achtet
und mehr Aufmerksamkeit als neben der Arbeit in der Fabrik
möglich war. Juana Laura kündigte darum. Glücklicherweise
wurde sie etwas später auf eine Produzentinnen-Organisation in ihrer Nachbarschaft aufmerksam. Sie begann Kurse bei
Focapaci zu besuchen und traf sich mit anderen Frauen zum
* Franziska Schlegel arbeitet im Team Fundraising von Mission 21.
«Landwirtschaft und Einkommensförderung» ist eines von fünf
Hoffnungsprojekten der Kampagne «200 Jahre unverschämt viel
Hoffnung» zum Jubiläum der Basler Mission 2015.
Informationen: www.mission-21.org/hoffnungsprojekte
Projekt: «Lichtblick Stadtgarten», Nummer: 420.1018
Spenden: PC 40-726233-2, IBAN Nr. CH58 0900 0000 4072 6233 2
(Vermerk: «420.1018»)
Informationen: [email protected], 061 260 23 03
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contigo
Nr.3 | 2015
der Geschwister in Nigeria» (EYN). Die EYN trägt als Partner die Hilfsprojekte für die Bevölkerung vor Ort.
AKTUELL
Richtungsweisend und solidarisch
Michael Schlickenrieder
In der Festwoche zum 200-Jahr-Jubiläum der Basler Mission wurde nicht nur zurückgeschaut und
gefeiert. Es wurde auch an der Zukunft des Werkes
gearbeitet, damit den aktuell dringendsten Herausforderungen begegnet werden kann.
© Mission 21 / Christoph Rácz
Im Juni feierte Mission 21 mit Gästen aus Afrika, Asien,
Lateinamerika und Europa 200 Jahre Basler Mission. Während der Festwoche tagte auch die Internationale Synode, das
oberste Entscheidungsorgan von Mission 21, mit Delegierten
aus den Partnerkirchen und -organisationen. Die Synode
wählte Johannes Blum-Hasler zum neuen Vorstandspräsidenten, genehmigte die Jahresrechnung 2014 sowie das Rahmenbudget für das kommende Jahr und läutete den Prozess
für ein neues Leitbild von Mission 21 ein.
Mit einer interreligiösen Mahnwache am Bahnhof SBB in Basel erinnerte Mission 21 im
Juni an die Opfer von Boko Haram in Nigeria.
«Wir schweigen. Aber nicht nur.»
Besonderes Gewicht hatten Solidaritätsaktionen für die
Opfer der Terrorgruppe Boko Haram in Nordnigeria. Die
Synode beschloss einstimmig eine Resolution, die den Terror von Boko Haram klar verurteilt und die Verpflichtung
christlicher Organisationen bekräftigt, den Menschen in
Nigeria beizustehen. Es wird ausdrücklich festgehalten, dass
diese Unterstützung christlichen wie auch muslimischen
Opfern zugute kommen soll. Die Resolution wurde im ständigen Dialog mit verschiedenen Kirchen ausgearbeitet, insbesondere mit der nigerianischen Partnerkirche, der «Kirche
Während der Festwoche fand ausserdem eine öffentliche
Solidaritätsaktion für Nigeria am Bahnhof SBB in Basel statt:
An vier Tagen verteilten Freiwillige bei einer Mahnwache
Info-Flyer und Armbänder mit Namen von Boko-HaramOpfern. Die Aktion stand unter dem Motto «Wir schweigen.
Aber nicht nur.» und war der Kick-Off zu weltweiten Solidaritätsaktionen, die vom 1. Juli bis 31. Dezember 2015 dauern.
Die neue Website www.solidarity-nigeria.org dokumentiert
diese Aktionen. Kontaktieren Sie uns, wenn auch Sie und Ihre
Kirchgemeinde eine Solidaritätsaktion gestalten wollen.
Kontakt: via Formular auf der Website oder
[email protected], 061 260 23 30
Im Herbst 2015 erscheint eine Publikation zur liturgischen Advocacy (die
in Seligpreisungen umformulierte Resolution) und anderes liturgisches
Material zum Herunterladen: www.mission-21.org/liturgien-nigeria
Regionalgruppe
young@mission21 Bern
Gibt es in Ihrer Kirchgemeinde junge Menschen, die sich
auf der Basis des christlichen Glaubens und gemeinsam mit
Gleichaltrigen für eine gerechtere Welt einsetzen wollen?
Die Regionalstelle Mission 21 in Bern gründet eine Regionalgruppe und sucht dazu Interessierte zwischen 16 und 30
Jahren. Die Gruppe trifft sich vier bis fünf Mal jährlich in
Bern. Zu ihren Hauptaufgaben gehört die Organisation des
Nord-Süd-Tages für Konfirmationsklassen. Daneben bleibt
Zeit für eigene Initiativen, Aktivitäten und Begegnungen mit
Menschen aus Süd und Nord. ms
Weitere Informationen unter www.refbejuso.ch/mission21regio
Mission Frieden
Im Herbst 2015 gibt Mission 21 neues Material zur interreligiösen Friedensarbeit heraus, das Sie dabei unterstützt,
das Thema in Ihrer Kirchgemeinde aufzunehmen. Es knüpft
an die Kampagne «Religion in Freiheit und Würde» an. Das
Materialpaket enthält einen neuen Kurzfilm zur Versöhnungsarbeit in Nigeria und einen Kurs für die gemeindliche
Erwachsenenbildung. Liturgische Bausteine zeigen neue
Formen, wie Verbundenheit mit Menschen in Not im Gottesdienst erfahren werden kann. ms
Das Materialpaket kann ab Herbst 2015 hier heruntergeladen werden:
www.mission-21.org/material-friedensarbeit
contigo
21
Nr.2 | 2015
AGENDA
Veranstaltungsorte:
Wenn nicht anders angegeben: Bei
Mission 21, Missionsstrasse 21, Basel
SEPTEMBER
Ausstellung «Mission possible?»
Herbstbazar
Benefizessen mit -minu
Donnerstag, 29. Oktober, 12–18 Uhr
Freitag, 20. November, ab 19 Uhr,
Freitag, 30. Oktober, 10–18 Uhr
Restaurant Rosengarten, Missions-
Der Herbstbazar von Mission 21 lädt
mit bunten Verkaufsständen, Kaffee
und Kuchen, Kinderprogramm und
vielem mehr zum Bummeln und
Verweilen ein. Mit Trouvaillenverkauf
der «Kalebasse».
strasse 21, Basel
Öffentliches Benefizessen zugunsten
von Mission 21. In Kooperation mit
dem Hotel Bildungszentrum 21 und
dem Basler Journalisten, Autor und
Koch -minu.
Informationen und Anmeldung:
www.mission-21.org/benefizessen
Noch bis 4. Oktober,
Museum der Kulturen Basel,
Münsterplatz 20, Basel
Das Museum der Kulturen Basel zeigt
eine umfassende Ausstellung aus der
ethnographischen Sammlung der
Basler Mission.
JANUAR 2016
Impulstagung für
Kirchenbasare
Mittwoch, 20. Januar, 8.45–16 Uhr,
www.mkb.ch
Kirchgemeindehaus Johannes,
Wylerstrasse 5, Bern
OKTOBER
Benefizkonzerte
Dienstag, 13. Oktober, 19.30 Uhr
Reformierte Kirche Buchs, Postweg 3,
www.mission-21.org/bazar
NOVEMBER
young@mission21-jahresevent
Buchs (AG)
Samstag, 14. November
Samstag, 17. und Sonntag,
Jahresevent für junge Erwachsene
unter dem Motto «200 Stimmen der
Hoffnung»: politische, kritische, fröhliche und singende Stimmen. Mit dem
Musiker Andrew Bond und verschiedenen Referierenden.
18. Oktober, 17 Uhr,
Aula Campus Muristalden,
Muristrasse 8, Bern
Werke von Schubert, Mendelssohn,
Schumann, Chopin, Brahms.
Mit: Charlotte Pauli (Sopran) und
Manuel Frautschi (Klavier). Kollekte
zugunsten der Soforthilfe von
Mission 21 für Flüchtlinge, Witwen
und Waisen in Nigeria.
[email protected], 031 333 38 49
Vortragsserie mit
Archivführung
«Missionskinder der Basler Mission»
23. November, je 18.15–20 Uhr,
Universität Basel, Petersplatz 1, Basel
11. Oktober bis 8. November, Bern
Archivführung im Missionshaus:
Eine Veranstaltungsreihe zu den
Themen Mission, Rassismus und
Sklaverei. Mit einer Ausstellung,
einem Mundarttheater, Konzerten
und Geschichten. Spezialangebote
für KUW-Klassen und Gruppen aus
den Kirchgemeinden. Veranstaltende:
Theaterensemble Johannes, Kirchgemeinde Bern-Johannes, Cooperaxion.
Samstag, 21. November, 14–16 Uhr
www.theaterensemble.ch
Informationen ab Herbst 2015:
www.refbejuso.ch/mission21regio
FEBRUAR 2016
Fachtagung Interreligiöse
Friedensarbeit
Fundamentalismus vorbeugen:
Was hilft gegen religiöse Radikalisierung?
Informationen und Anmeldung:
www.mission-21.org/young
Vorträge: Montag, 16. und Montag,
«Da draussen bei den Heiden»
Die Impulstagung gibt vielfältige
Impulse für die Basararbeit in den
Kirchgemeinden weiter.
In Zusammenarbeit mit Dagmar Konrad und der Volkshochschule beider
Basel.
Informationen und Anmeldung: www.vhsbb.ch
Montag, 29. Februar, 9–17 Uhr
Seit religiöser Fundamentalismus ein
Problem im eigenen Land ist, gewinnt
die Frage nach Prävention an öffentlicher Aufmerksamkeit: Wie kann
verhindert werden, dass Menschen
sich religiös radikalisieren? Mit:
Dr. Edit Schlaffer, Vorsitzende Frauen
ohne Grenzen, Wien; Dr. Miryam
Eser Davolio, ZHAW Soziale Arbeit,
Zürich; Mustafa Memeti, Imam und
Schweizer des Jahres 2014, Bern.
Informationen und Anmeldung:
www.mission-21.org/fachtagung
Weitere Informationen unter
www.mission-21.org/agenda
22
contigo
aGEnDa
Nr.3 | 2015
Weitere Veranstaltungshinweise auf
den Seiten der Werke 10 bis 21
sePTemBer
NACHRICHTEN
Neuer Leiter Alliance Sud
Hunger, Wut und Wandel
Tagung Brot für alle
Freitag, 11. Sept., 9.30-17 Uhr, Haus der
Religionen, Europaplatz, Bern
Empörung als treibende Kraft für gesellschaftliche Veränderung. Podium
und Workshops.
Information/Anmeldung:
www.brotfueralle.ch/veranstaltungen
10 Milliarden – wie
werden wir alle satt?
Mittwoch, 16. Sept., 18-21 Uhr, Kino
Riff raff, Neugasse 57-63, 8005 Zürich
als Stiftungsrat von Fastenopfer und
im Zentralvorstand von Helvetas
sowie im Initiativkomitee der
Konzernverantwortungsinitiative
weiterhin für mehr Gerechtigkeit und
die Benachteiligten im Süden ein. uw
805 Millionen hungern
Seit Anfang August leitet Mark
Herkenrath Alliance Sud, die entwicklungspolitische Organisation
von sechs grossen Schweizer Hilfswerken. Sein Vorgänger Peter Niggli
hat 17 Jahre lang den entwicklungspolitischen Anliegen eine markante
Stimme gegeben. Künftig setzt er sich
Film-Vorpremiere im Rahmen des
Programms «Zürich isst». Im Anschluss beantworten Valentin Thurn
und Fachleute aus Wissenschaft und
Praxis Fragen.
Jeder Mensch, der regelmässig
unter Hunger und Mangelernährung
leidet, ist einer zu viel. Dennoch ist
die Statistik der Uno-Sonderorganisation für Ernährung FAO erfreulich:
Seit den 1980er-Jahren hat sich die
Zahl der Hungernden weltweit um
rund 200 Millionen auf 805 Millionen Menschen verringert. uw
www.fao.org/hunger/en
… und ausserdem:
www.zuerich-isst.ch
OkTOBer
«Da draussen bei den Heiden»
11. Oktober bis 8. November, Bern
Eine Veranstaltungsreihe zu den
Themen Mission, Rassismus und
Sklaverei. Mit einer Ausstellung,
einem Mundarttheater, Konzerten
und Geschichten. Spezialangebote
für KUW-Klassen und Gruppen aus
den Kirchgemeinden. Veranstaltende:
Theaterensemble Johannes, Kirchgemeinde Bern-Johannes, Cooperaxion.
www.theaterensemble.ch
Menschen auf der Flucht sind leider an vielen Orten Alltag. Bei uns prägen sie Schlagzeilen, doch die wirklich grossen Flüchtlingsströme finden sich andernorts. 3,9 Millionen
Menschen flohen bisher aus Syrien, 2,6 Millionen Menschen aus Afghanistan, nennt eine
Uno-Statistik. Daraus hat Martin Grandjean, Doktorand an der Universität Lausanne und
auf die Visualisierung von Informationen spezialisiert, eindrückliche Grafiken gemacht. Die
Dicke der Linien zeigt die Zahl der Flüchtlinge in den richtigen Proportionen. Viele weitere
Fakten aus der Welt wie der Schweiz hat er in Grafiken umgesetzt.
www.martingrandjean.ch
contigo
HInWEISE & MEDIEntIppS
Nr.2 | 2015
BUCHTIPP
Umwelthandbuch der oeku
Das oeku-Umwelthandbuch für
Kirchgemeinden ist in einer
neuen, erweiterten Ausgabe
unter dem Titel «Es werde grün»
erschienen.
Das Handbuch der oeku hilft allen,
die sich in den Kirchgemeinden für
die Umwelt einsetzen. Energie sparen,
umbauen und sanieren, nachhaltig
einkaufen, Ökologie im Büro, ökologische Reinigung, Blumenschmuck,
Abfallmanagement, Kirchenfeste umweltfreundlich planen, umweltschonend mobil sein, Artenvielfalt fördern
– Handeln darf nicht erst nach Umweltkatastrophen einsetzen.
Das christliche Engagement für
die Schöpfung ergibt sich ganz natürlich aus dem Glauben. Kirchgemeinden vertreten die christliche Botschaft
glaubwürdiger, wenn sie selbst mit der
Schöpfung sorgsam umgehen. Das
Umwelthandbuch «Es werde grün»
unterstützt sie dabei. uw
20 Blicke auf «Mission»
Ein dickes Jubiläumsbuch der
Basler Mission vereinigt zwanzig
Autorinnen und Autoren aus Asien,
Afrika, Lateinamerika und Europa.
Sie erinnern sich und dokumentieren
das mit vielen Bildern. So entsteht ein
breites und persönliches Bild der Geschichte der heutigen Mission 21. Das
Buch reicht bis ins aktuelle Jahr 2015 –
doch prägt der Blick zurück auch diese
Beiträge.
FILMTIPP
Moderne Rebellinnen
nutzen das Internet
Ihre Stimmen werden unterdrückt,
verboten und zensiert. Doch Yoani
Sánchez, Zeng Jinyan und Farnaz
Seifi lassen sich nicht einschüchtern und äussern ihre Meinung
regelmässig via Internet.
In Kuba, Iran und China bringen Yoani Sánchez, Farnaz Seifi und
Zeng Jinyan als Pionierinnen mit
ihren Blogs das staatliche Informationsmonopol ins Wanken. Die drei
furchtlosen Frauen repräsentieren eine
neue, vernetzte Generation moderner
Widerstandskämpferinnen.
Ein spannender Beitrag widmet
sich den Liedern, die aus der Tradition
der Gottesdienst- und Frömmigkeitsformen der Partnerkirchen entstanden. Viele werden heute auch in Europa angestimmt. uw
Der Film begleitet die modernen
Rebellinnen auf ihrer gefährlichen Reise und zeigt, wie die Frauen mit Hilfe
sozialer Medien wie Facebook, Youtube
und Twitter die Missstände in ihren
Ländern anprangern. Sie bauen dabei
so viel politischen Druck auf, dass sie
weltweit Resonanz auslösen.
Christine Christ-von Wedel, Thomas K. Kuhn
(Hg.); Basler Mission. Menschen, Geschichte,
Perspektiven 1815–2015
2015. 244 Seiten, 105 Abbildungen,
ca. Fr. 28.–, ISBN 978-3-7965-3403-4
(Englisch ISBN 978-3-7965-3404-1)
Kurt Aufdereggen et al., Es werde grün.
Umwelthandbuch für Kirchgemeinden, ISBN
978-3-7252-0967-5,152 S., illustriert, 34.80 Fr.,
Bezug: www.oeku.ch/de/bestellungen
Das «Time Magazine» zählt sie zu
den einflussreichsten politischen Stimmen der Welt. Basierend auf ihren bewegenden Zeugnissen und heimlichen
Aufnahmen ist der Film eine Hommage an ihren mutigen Kampf. 2012
wurde er mit dem WACC-SIGNIS Human Rights Award ausgezeichnet. dg
Dokumentarfilm von Barbara Miller, Schweiz
2012. 92 Minuten, ab 16 Jahren
Verkauf und Verleih (DVD):
éducation21, Tel. 031 321 00 22,
[email protected]
Relimedia, Tel 044 299 33 81
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Nr.3 | 2015
© actalliance / Paul Jeffrey
contigo
Wenn die Hoffnung aufwacht,
legt sich die Verzweiflung schlafen.
Arabisches Sprichwort