Lehrbrief Athletik Schnelligkeit Fußball

Athletik-Training Fußball Schnelligkeit
SPORTLEREI AKADEMIE
Schnelligkeit & Wahrnehmung im Fußballsport
Lehrbrief zum Fernlehrgang der Athletik-Training Fußball A-Lizenz
Autoren:
Tom Geitner
Benedikt Menges
Florian Münch
Impressum:
SPORTLEREI AKADEMIE
Kistlerhofstr. 70, Gebäude 160
81379 München
Tel: 089 / 72630740
Fax: 089 / 72634068
Net: www.sportlerei-akademie.de
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Hinweis:
Um die Lesbarkeit des Textes zu vereinfachen, wurde auf das gemeinsame Verwenden
männlicher und weiblicher Bezeichnungen verzichtet. Wir danken allen Leserinnen für ihr
Verständnis.
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Bearbeitung des Lehrbriefes
So gehen Sie vor:

Zunächst lesen Sie bitte das gesamte Kapitel durch!

Bearbeiten Sie dann die einzelnen Abschnitte des Kapitels!

Lesen Sie sie aufmerksam durch und versuchen Sie dabei, die Sachverhalte der einzelnen
Abschnitte zu erfassen und auf bereits vorhandenes Wissen oder Erfahrungen aus der Praxis
zu
beziehen
(die
wichtigsten
Informationen
werden
am
Ende
des
Kapitels
zusammengefasst)!

Nutzen Sie im Zweifel auch andere Nachschlagewerke (z. B. Bücher oder das Internet)!

Mit den Aufgaben am Ende des Kapitels können Sie überprüfen, ob Sie das Kapitel
verstanden haben und in der Lage sind, das erarbeitete Wissen wiederzugeben. Die
Lösungen finden Sie im Anhang.

Fachwörter und fremdartige Begriffe sind unterstrichen und im angehängten Glossar erklärt.

Verweise auf bereits behandelte Themen und Inhalte sind mit Q (für Querverweis
gekennzeichnet)

Zu den Übungen sind keine Lösungen angegeben, da zumeist individuelle Antworten
gefordert sind und die Übungen zur Vertiefung des Lernstoffes teilweise in den
Praxisseminaren gemeinsam bearbeitet werden.
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Lernziele dieses Lehrbriefes
Mit Durcharbeitung dieses Lehrbriefes sollen Sie…

Den Begriff Schnelligkeitstraining inhaltlich verstanden haben und wissen welche
körperlichen Voraussetzungen für ein Schnelligkeitstraining notwendig sind.

Die verschiedenen Arten der Schnelligkeit verstanden haben.

Die Methoden des Schnelligkeitstrainings kennengelernt haben.

Die verschiedenen Muskelfasertypen kennengelernt haben.

Die Wahrnehmung und ihren Einfluss auf die fußballspezifische Schnelligkeit verstanden
haben.

Übungen zur Wahrnehmung durchführen können.

Die Datenverarbeitung und ihren Einfluss auf die fußballspezifische Schnelligkeit verstanden
haben.

Die Reaktionsfähigkeit und ihren Einfluss auf die fußballspezifische Schnelligkeit verstanden
haben.

Übungen zur Reaktionsfähigkeit durchführen können.

Die athletische Schnelligkeit und ihren Einfluss auf die fußballspezifische Schnelligkeit
verstanden haben.

Übungen zur athletischen Schnelligkeit durchführen können.

Übungen zum Agility Training durchführen können.

Den Begriff Ausdauertraining inhaltlich verstanden haben.

Die Methoden des Ausdauertrainings kennengelernt haben.

Übungen zum Ausdauertraining durchführen können.
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Inhalt
1
Schnelligkeitstraining Allgemein .............................................................................................................. 7
1.1
Bedeutung der Schnelligkeit .................................................................................................................. 7
1.2
Anatomisch-physiologische Grundlagen der Schnelligkeit .................................................................... 7
1.2.1
Muskulatur ........................................................................................................................................ 8
1.2.2
Fasertypen ......................................................................................................................................... 9
1.2.3
Kraft der Muskulatur ....................................................................................................................... 11
1.2.4
Nur kontrollierte Geschwindigkeit ergibt Sinn ................................................................................ 13
1.2.5
Biochemie der Muskulatur .............................................................................................................. 13
1.2.6
Neuromuskuläre Steuerungsprozesse ............................................................................................ 14
1.2.7
Aufwärmen und Erwärmungszustand der Muskulatur ................................................................... 14
1.3
2
Ermüdung und „Repeated Sprint Ability“ ............................................................................................ 15
1.3.1
Ermüdung ........................................................................................................................................ 15
1.3.2
Trainierbarkeit der Repeated Sprint Ability .................................................................................... 16
1.4
Arten der Schnelligkeit ........................................................................................................................ 17
1.5
Periodisierung des Schnelligkeitstrainings .......................................................................................... 18
1.6
Methoden des Schnelligkeitstrainings ................................................................................................. 19
1.6.1
Die Wiederholungsmethode ........................................................................................................... 19
1.6.2
Die Intensive Intervallmethode ....................................................................................................... 19
1.6.3
Die Spielmethode ............................................................................................................................ 19
1.6.4
Zusammenfassung von Kapitel 1 ..................................................................................................... 21
1.6.5
Lernkontrollfragen zu Kapitel 1 ....................................................................................................... 21
Wahrnehmung und Schnelligkeit im Fußball .......................................................................................... 22
2.1
Faktoren zur Verbesserung der Schnelligkeit ...................................................................................... 22
2.1.1
Zeitlicher Ablauf der Schnelligkeit ................................................................................................... 23
2.1.2
Erklärung aus der Sportartanalyse Fußball ..................................................................................... 23
2.2
Die Wahrnehmung .............................................................................................................................. 24
2.2.1
Das Auge.......................................................................................................................................... 24
2.2.2
Das Sehen ........................................................................................................................................ 25
2.2.3
Der Prozess des Sehens ................................................................................................................... 27
2.2.4
Fehlsichtigkeit ................................................................................................................................. 29
2.2.5
Wahrheit oder Wirklichkeit ............................................................................................................. 30
2.3
Die Datenverarbeitung ........................................................................................................................ 32
2.3.1
Einführung ....................................................................................................................................... 32
2.3.2
Das Gehirn ....................................................................................................................................... 32
2.3.3
Das Gehirn als Filter ........................................................................................................................ 37
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2.3.4
Training durch Bewegung................................................................................................................ 38
2.3.5
Die Bedeutung der Informationsverarbeitung für den Fußballspieler ............................................ 39
2.3.6
Beispielübungen zur Datenverarbeitung ........................................................................................ 40
2.4
Die Entscheidung ................................................................................................................................. 41
2.4.1
Einführung ....................................................................................................................................... 41
2.4.2
Kopf vs. Bauch ................................................................................................................................. 41
2.4.3
Zusammenarbeit von Großhirnrinde und limbischen System ........................................................ 42
2.4.4
Treffen von Entscheidungen im Fußball .......................................................................................... 43
2.5
3
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Die Reaktion ........................................................................................................................................ 45
2.5.1
Einführung ....................................................................................................................................... 45
2.5.2
Exkurs in andere Sportarten ............................................................................................................ 46
2.5.3
Definition ......................................................................................................................................... 46
2.5.4
Ablaufphasen von Reaktionen ........................................................................................................ 46
2.5.5
Arten der Reaktion .......................................................................................................................... 47
2.5.6
Einflusskomponenten auf die Reaktionsleistung ............................................................................ 48
2.6
Zusammenfassung von Kapitel 2 ......................................................................................................... 50
2.7
Lernkontrollfragen zu Kapitel 2 ........................................................................................................... 51
Bewegungsmuster im Sprint .................................................................................................................. 52
3.1
Der erste Schritt................................................................................................................................... 52
3.1.1
Einführung ....................................................................................................................................... 52
3.1.2
Anzahl, Intensität und Länge der Sprints im Fußball ....................................................................... 52
3.1.3
Bewegungsbeschreibung „erster Schritt“ ....................................................................................... 53
3.1.4
Bewegungsmuster „erster Schritt“ ................................................................................................. 53
3.2
Übungen Wall Drills ............................................................................................................................. 55
3.3
Das Beschleunigen ............................................................................................................................... 58
3.3.1
Einführung ....................................................................................................................................... 58
3.3.2
Schnelligkeit in Abhängigkeit vom funktionierenden Bewegungsapparat ...................................... 58
3.3.3
Die Arbeit der oberen Extremität und des Rumpfes bei der Beschleunigung ................................ 67
3.3.4
Die Arbeit der Beine beim Beschleunigen ....................................................................................... 68
3.3.5
Der „Core“ als wichtiger Faktor für Schnelligkeit ............................................................................ 71
3.3.6
Bewegungsbeschreibung Sprinten .................................................................................................. 72
3.3.7
Biomechanische Determinanten des Sprints .................................................................................. 73
3.3.8
Einfluss der Kraft auf die Sprintleistung .......................................................................................... 73
3.3.9
Frequenz und Schrittlänge .............................................................................................................. 74
3.3.10
Übungen zum Beschleunigen...................................................................................................... 75
3.4
Zusammenfassung von Kapitel 3 ......................................................................................................... 80
3.5
Lernkontrollfragen zu Kapitel 3 ........................................................................................................... 80
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4
Agilität ................................................................................................................................................... 81
4.1.1
Steigerung der Agilität als leistungssteigernder Faktor ....................................................................... 83
4.3
Das Abbremsen.................................................................................................................................... 84
4.3.1
Einführung ....................................................................................................................................... 84
4.3.2
Bewegungsbeschreibung ................................................................................................................ 84
Der Richtungswechsel ......................................................................................................................... 85
4.4.1
Einführung ....................................................................................................................................... 85
4.4.2
Bewegungsbeschreibung ................................................................................................................ 86
4.5
4.5.1
4.6
Die Reaktionsschnelligkeit als Leistungsparameter ............................................................................. 88
Agility Ladder................................................................................................................................... 90
Lernkontrollfragen zu Kapitel 4 ........................................................................................................... 94
Ausdauertraining ................................................................................................................................... 95
5.1
Einführung ........................................................................................................................................... 95
5.2
Vorteile des Ausdauertrainings ........................................................................................................... 95
5.3
Muskuläre Faktoren des Ausdauertrainings ........................................................................................ 96
5.4
Ausdauertestung mit Shuttle Run Test ................................................................................................ 96
5.4.1
Der große Vorteil des Shuttle-Run-Tests ......................................................................................... 96
5.4.2
Ablauf des Shuttle Run Tests ........................................................................................................... 97
5.5
Methoden des Ausdauertrainings ....................................................................................................... 99
5.5.1
Dauermethode ................................................................................................................................ 99
5.5.2
Intervallmethode........................................................................................................................... 100
5.5.3
Wiederholungsmethode ............................................................................................................... 100
5.5.4
Spielmethode ................................................................................................................................ 101
5.6
Fußballspezifisches Ausdauertraining ............................................................................................... 101
5.7
Zusammenfassung von Kapitel 5 ....................................................................................................... 103
5.7.1
6
Die Entwicklung der Agilität im Leistungssport ............................................................................... 82
4.2
4.4
5
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Lernkontrollfragen zu Kapitel 5 ..................................................................................................... 103
Lösungen zu den Lernkontrollfragen ................................................................................................... 104
6.1
Lösungen zu Kapitel 1 ........................................................................................................................ 104
6.2
Lösungen zu Kapitel 2 ........................................................................................................................ 104
6.3
Lösungen zu Kapitel 3. ....................................................................................................................... 105
6.4
Lösungen zu Kapitel 4 ........................................................................................................................ 106
6.5
Lösungen zu Kapitel 5 ........................................................................................................................ 106
7
Glossar ................................................................................................................................................. 107
8
Tabellen & Abildungsverzeichnis ......................................................................................................... 110
9
Literaturverzeichnis ............................................................................................................................. 112
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1 Schnelligkeitstraining Allgemein
Schnelligkeit nimmt im Sport eine außerordentliche Rolle ein. Gerade bei Spielsportarten wie Fußball ist diese
Leistungsfähigkeit maßgeblich am Erfolg beteiligt.
„The key to improved sport performance is producing more force in less time.“ (Dietz, 2012).
Schnelligkeit ist ein sehr komplexes Phänomen. Deshalb behandelt dieser Lehrbrief verschiedene Effekte davon.
Zunächst wird auf die beobachtbare Schnelligkeit eingegangen. Genauer wird beschrieben wie der Körper
Schnelligkeit produzieren kann und welche Systeme eine Rolle spielen. Dann folgt eine Behandlung der
Wahrnehmung. Sie ist ein zentraler Punkt und dazu noch eine Möglichkeit einen enormen Wettbewerbsvorteil
zu erzielen, da das Wissen dazu bei vielen noch brach liegt. Dem folgt eine genauere Betrachtung des
Schreitmusters und der Sprintbewegung. Außerdem wird die Agilität als fußballnahe Fähigkeit vorgestellt und
beschrieben. Ein weiteres Kapitel zum Thema Ausdauer schließt den Lehrbrief ab.
Somit sollte der Leser einen guten Einblick und Überblick in alle Aspekte der Schnelligkeit im Fußball bekommen
haben.
In diesem ersten Kapitel soll es also um die Grundlagen der Schnelligkeit gehen. Welche Faktoren beeinflussen
die Schnelligkeit? Welche Rolle spielt der Körper? Wie kann man die Schnelligkeit trainieren?
1.1
Bedeutung der Schnelligkeit
Bei der Schnelligkeit handelt es sich um einen außerordentlich vielfältigen Fähigkeitskomplex, der sich in den
verschiedensten Sportarten in recht unterschiedlicher Weise darstellt. Ringer, Boxer, Karatekas, Spielsportler
und Leichtathleten zeichnen sich zwar alle durch eine hohe Schnelligkeitsausprägung aus, unterscheiden sich
jedoch in vielfacher Hinsicht in ihrer sportartspezifischen Schnelligkeit voneinander. Schnelligkeit ist nicht nur
die Fähigkeit, schnell zu laufen, sondern sie spielt auch bei azyklischen Bewegungen (Sprung, Wurf) und weiteren
zyklischen Bewegungen (Eisschnelllauf, Radsprint) eine wichtige Rolle. Darüber hinaus ist sie mit ihren kognitiven
Teilkomponenten, der Wahrnehmungsschnelligkeit, Antizipationsschnelligkeit, Entscheidungsschnelligkeit und
Reaktionsschnelligkeit in allen Spielsport- und Kampfsportarten von eminenter Bedeutung. Schnelligkeit im
Fußball ist zum Beispiel daher wichtig, da den wichtigen Szenen des Fußballspiels fast immer Sprints vorangehen
(Faude, 2012).
Schnelligkeit ist eine motorische Hauptbeanspruchungsform, die wie die Beweglichkeit sowohl eine Zuteilung zu
den konditionellen Fähigkeiten als auch zu den koordinativen Fähigkeiten zulässt.
Nach Grosser (2007) definiert sich die Schnelligkeit wie folgt: „Die Schnelligkeit im Sport stellt die Fähigkeit dar,
aufgrund kognitiver Prozesse, maximaler Willenskraft und der Funktionalität des Nerv-Muskel-Systems
höchstmögliche Reaktions- und Bewegungsgeschwindigkeiten unter gegebenen Bedingungen zu erzielen.“
1.2
Anatomisch-physiologische Grundlagen der Schnelligkeit
Die Schnelligkeit ist als komplexer psychophysischer Leistungsfaktor von verschiedenen anatomisch
physiologischen Voraussetzungen abhängig:
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

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Anlage-, entwicklungsbedingte Einflussgrößen
o Alter
o Geschlecht
o Anthropometrie
o Konstitution
o Technik
o Talent
Neuronale Größen
o Rekrutierung und Frequentierung motorischer Einheiten (intramuskuläre Koordination)
o Erregungs- und Hemmungswechsel im ZNS
o Koaktivierung
o Reizleitungsgeschwindigkeit
o Vorinnervation
o Reflexinnervation

Tendomuskuläre Einflussgrößen
o Muskelfasertypenverteilung
o Querschnittsfläche der FT Fasern
o Muskelkontraktionsgeschwindigkeit
o Muskel- Sehnen Elastizität
o Dehnbarkeit (Viskosität)
o Hebelverhältnisse
o Muskeltemperatur

Sensorisch, kognitive, psychische Einflussgrößen
o Konzentration
o Informationsaufnahme
o Informationsverarbeitung
o Motivation, Volition (Willenskraft)
o Durchsetzungsvermögen, Anstrengungsbereitschaft
o Wissen, Erfahrung
o Antizipationsfähigkeit
o Mentale Stärke
o Lernfähigkeit
Die wichtigsten schnelligkeitsbestimmenden Faktoren sollen in der Folge kurz dargestellt werden.
1.2.1
Muskulatur
Ein Skelettmuskel besteht aus vielen Faserbündeln, diese aus Fasern, diese wiederum aus sog. Myofibrillen und
diese schließlich aus. sog. Sarkomeren. Letztere sind ca. 2/1000 mm lang. Der menschliche Bizepsmuskel baut
sich aus etwa zehn Milliarden Sarkomeren auf. Die makromolekularen Einheiten des Sarkomers bilden die dicken
und dünnen Filamente; sie bestehen aus Eiweißen (Proteine: Aktin, Myosin, Troponin und Tropomyosin).
Die Muskelkontraktion selbst kommt durch eine Brückenbildung zwischen Proteinmolekülen aufgrund der
Freisetzung von Kalziuminonen und der Spaltung, des in der Muskelzelle vorhandenen Energiedepots ATP
(Adenosintriphosphat) zustande. Das ATP ist auch dafür verantwortlich, dass die Brückenbildung wieder
aufgehoben wird. Wenn also in einem Muskel die ATP-Konzentration nach Drosselung der Energiezufuhr absinkt
(z. B. im stark ermüdeten Zustand), so kann der Muskel nicht erschlaffen, er bleibt hart (Muskelkrampf, Tod).
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1.2.2
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Fasertypen
Der menschliche Muskelapparat besteht aus drei Arten von Muskelfasern, die überall am Körper in Kombination
vorkommen. Zum einen gibt es die roten, langsam zuckenden Muskelfasern (slow twitch), die eine erhöhte
Ermüdungsresistenz vorweisen und somit überwiegend für langanhaltende oder stetig wiederkehrende
Belastungen herangezogen werden. Zum anderen existieren die weißen, schnell zuckenden Muskelfasern (fast
twitch) welche zwar schneller ermüden, dafür eine erhöhte Kontraktionsgeschwindigkeit aufweisen und somit
bei schnellen und schnellkräftigen Bewegungen notwendig sind. Diese Faserart gilt es beim
Geschwindigkeitstraining so zu trainieren, dass deren Rekrutierung und die Kraftentfaltung verbessert werden.
Der dritte Typ wird als Intermediär-Typ bezeichnet und stellt eine Art „Zwitter“ der beiden vorgenannten dar. Je
nach Anforderung kann dieser Fasertyp die Aufgaben der schnellen oder der langsam zuckenden Fasern
unterstützen.
Die roten Slow—Twitch-Fasern (ST-Fasern), reichlich besetzt mit aeroben Enzymen (für Glykogen- und
Fettstoffwechsel, Mitochondrien, Myoglobin und Triglyzeriden, sind eher als ermüdungsresistente Fasern zu
bezeichnen.).
Die weißen Fast-Twitch-Fasern glykolytischer Prägung (FTG-Fasern verfügen über mehr anaerobe Enzyme,
Phosphat- und Glykogenspeicher). Sie sind die schnell ermüdenden „Kurzleister“ für höhere Intensitäten. Die
Fast-Twitch-Fasern oxidativer Ausprägung (FTO-Fasern) nehmen enzymatisch eine Art Mittelstellung ein. Als
intermediärer Fasertyp weisen sie auch die stärksten Anpassungsreaktionen auf spezifische Belastungen auf.
Grundsätzlich aber kommt es bei allen drei Muskelfasertypen (je nach Belastungsgestaltung) zu einer
metabolischen Ausdifferenzierung in die aerobe oder anaerobe Richtung.
Tabelle 1 wesentliche Merkmale der einzelnen Muskelfasertypen (nach Badtke et al., 1995)
In Tabelle 1 und 2 werden die Eigenschaften der Fasern übersichtlich dargestellt.
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Tabelle 2 Fasertypen in Belastung (Quelle: SPORTLEREI AKADEMIE)
Natürlich reagieren die unterschiedlichen Fasertypen auch in verschiedener Weise mit Adaptionen auf
Trainingsbelastungen. Dies wird in Tabelle 3 zusammengefasst.
Tabelle 3 Training der Fasertypen (Quelle: SPORTLEREI AKADEMIE nach Weineck, 2010 und Weineck, 2010b)
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Abbildung 1 Rekrutierungsmuster der Fasern (Quelle: SPORTLEREI AKADEMIE)
In obiger Abbildung ist zusammenfassend die Faserrekrutierung in Abhängigkeit von der elektrischen Schwelle
zu sehen. Werden viele elektrische Impulse an die Muskulatur gesendet bzw. ist das elektrische Signal stark, so
werden vorwiegend Typ II-Fasern benutzt und die Kraft steigt. Sehr deutlich ist zu erkennen, dass es ein
fließender Verlauf ist und man nicht sagen kann, dass ab einer gewissen Schwelle nur noch Typ I oder Typ II
Fasern verwendet werden (Baechle, 2008).
Die Faserverteilung ist genetisch vorgegeben, wonach es also „geborene Sprinter“ und Langzeitausdauersportler
gibt. Durch Training kann allerdings sehr stark ein positiver Einfluss auf die Muskelfasern genommen werden und
so die Kraftentfaltung gesteigert werden; auch wenn nur wenige spezielle Fasern vorhanden sind.
Hinsichtlich der Muskelfasertypen werden „weiße“, dicke, schnellzuckende (FTG Fasern) von „roten“, dünnen,
langsamen (ST Fasern) und gemischten (FTO Fasern) unterschieden. Aus zahlreichen Untersuchungen geht
hervor, dass Ausdauersportler mehr Slow Twitch Fasern aufweisen als FT Fasern. Bei Sprintern und Springern ist
die Verteilung umgekehrt. Nach derzeitigem Wissensstand ist zum einen eine Dominanz des genetischen Faktors
bekannt. Sprinter verfügen über z. B. bis zu 80 % an FTG und FTO Fasern, zum anderen besteht Klarheit darüber,
dass sich sowohl die Ultrastruktur als auch die metabolische Kapazität jeder einzelnen Muskelfaser spezifisch
dem unterschiedlichen Training anpassen können.
1.2.3
Kraft der Muskulatur
Die unterschiedliche Leistungsfähigkeit im Schnelligkeitsbereich – dies gilt besonders für ihre Teilkomponente,
die Beschleunigungsphase – basiert auf einem verschiedenen Ausgangsniveau an Koordinations- und
Kraftvermögen. Eine Verbesserung der speziellen Kraft geht stets auch mit einer Erhöhung der
Bewegungsgeschwindigkeit einher. Die Zunahme des Muskelquerschnittes ermöglicht mehr Brückenbindungen
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pro Zeiteinheit für das Ineinandergleiten von Aktin und Myosin und erhöht so die Kontraktionsgeschwindigkeit
des Muskels.
Abbildung 2 Prozess der Muskelkontraktion (Quelle: FU Berlin)
Die interessante Frage für Trainer ist nun, wann und bei welchen Krafteinsätzen und
Bewegungsgeschwindigkeiten, welche Muskelfasern vorrangig eingesetzt werden. Grundlegend werden zu
Beginn einer Bewegung rote Muskelfasern eingesetzt. Diese Tatsache ergibt sich allein aus der isometrischen
Anfangsspannung jeder Bewegung (Ehlenz et al. 2003, S. 38 ff)
Beispiel 1:
Bei einer, mit geringem Wiederstand, von ca. 20 % beginnender muskulären Beanspruchung, ohne besondere
Geschwindigkeit, werden vorwiegend die langsamen „roten“ Muskelfasern innerviert. Erneuert sich nach einer
Pause der qualitativ und quantitativ identische Kraftaufwand, werden erneut dieselben motorischen Einheiten
aktiviert. Nimmt der Kraftaufwand zu, werden neue motorische Einheiten eingesetzt. Einschließlich bis zur
maximalen, statischen Kraft, gesteigerte Krafteinsätze, lassen immer neue motorische Einheiten hinzutreten
(nach Hollmann/Hettinger 2000).
Beispiel 2:
Bei einer Beanspruchung mit geringem Wiederstand, jedoch sehr hoher Geschwindigkeit, kann der Krafteinsatz
alleine nur durch den Einsatz der „weißen“ Muskelfasern gewährleistet werden. Voraussetzung ist in diesem Fall,
dass von vornherein die Impulsfrequenz hoch ist. Nimmt nun der Wiederstand zu, können die betreffenden
Muskelfasern ihre Entladungsfrequenz nicht mehr steigern. Um ein erhöhtes Kraftniveau zu erreichen, müssen
weitere motorische Einheiten zugeschaltet werden, die jedoch eine geringere Kontraktionsgeschwindigkeit
haben (ST Fasern, FTO Fasern). Dadurch verringert sich die Gesamtgeschwindigkeit der Bewegung.
Beispiel 3:
Bei explosiven Krafteinsätzen (z. B. Sprung) werden vorwiegend „weiße“ Fasern innerviert, wobei je nach
Kraftniveau nicht auf den Einsatz weiterer nicht weißer Fasern verzichtet werden kann.
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3 Bewegungsmuster im Sprint
Nachdem nun sowohl die allgemeinen Komponenten der Schnelligkeit (siehe Kapitel 1 Q) und die
wahrnehmungsbasierte Schnelligkeit (siehe Kapitel 2 Q) behandelt wurden, soll nun genauer auf die Lauf- und
Sprintbewegung eingegangen werden.
Es wird sowohl der erste Schritt im Bewegungsmuster analysiert, wie auch die Bedeutung des Rumpfes, der Arme
und der Beine beim Beschleunigen vorgestellt. Außerdem wird die Bedeutung der Kraft auf die Schnelligkeit
verdeutlicht und die Biomechanik des Sprints in Betracht gezogen.
3.1
Der erste Schritt
3.1.1
Einführung
Je nach Position des Spielers zu seinem Gegenspieler, je nach Aktion, auf die er reagieren muss bzw. auf die er
startet, untergliedert sich der „erste Schritt“ in verschiedene Startbewegungen. Grundvoraussetzung für einen
schnellen ersten Schritt ist ein tiefer Schwerpunkt zu Bewegungsbeginn. Der erste Schritt sollte immer auch mit
dem richtigen Bein in die richtige Richtung gemacht werden. Je nach Typ Sprinter kann der erste Schritt
raumgreifend gemacht werden.
3.1.2
Anzahl, Intensität und Länge der Sprints im Fußball
Die Spielfeldgröße und das taktische Verhalten im Raum stellen die Basis für die Länge der Sprintdistanzen im
Fußball dar. Analysen zeigen, dass 96 % der Sprints in einem Fußballspiel Distanzen von bis zu 30 m aufweisen.
Dabei sind 49 % der Sprintdistanzen zehn Meter und kürzer. Aus dieser Verteilung der Sprintdistanzen kann
abgeleitet werden, dass sowohl das Sprintantrittsverhalten als auch die maximale Sprintgeschwindigkeit wichtige
Ausprägungen der Sprintleistungsfähigkeit im Fußball sind.
In der Premier League absolvieren die Spieler im Durchschnitt 183 Läufe mit hoher Intensität, wovon im Mittel
84,6 Sprints unter zwei Sekunden und drei Sprints mit einer Dauer von über sechs Sekunden waren. In der
Summe absolviert jeder Feldspieler über 100 Sprints mit einer Gesamtstrecke von über 1000 Metern. Bezogen
auf die Dauer der durchschnittlichen Sprintzeiten zeigen sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den
unterschiedlichen Spielpositionen. Jedoch hatten Mittelfeldspieler kürzere Erholungszeiten zwischen den Sprints
als Stürmer oder Abwehrspieler. Dabei richten sich 48,7 % aller zielgerichteten Laufwege direkt nach vorne,
sieben % direkt nach hinten. Annähernd neun % zielen nach lateral rechts oder links und weitere zehn % nach
diagonal rechts oder links vorne.
Es lässt sich also zusammenfassen:
 60 % der Sprints werden aus der Laufbewegung absolviert
 Bei ca. 75 % der Sprintaktionen kommt es zur Bedrängnis durch Gegner
 Die Gesamtleistung bei Anzahl und Strecke der Sprints steigt mit der Spielklasse
 In der ersten Halbzeit sind die Sprintleistungen etwa 5 % größer als in der zweiten Halbzeit
Die Summe aus Drehungen, Richtungswechseln, Sprints und intensiven Läufen ergibt die Anzahl der ersten
Schritte:
 183 Läufe mit hoher Intensität
 904 Drehungen
 50 schnelle Richtungswechsel
Ein Fußballer macht während eines Spiels im Durchschnitt über 1100 „Erste Schritte“.
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3.1.3
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Bewegungsbeschreibung „erster Schritt“
Bisher gibt es kaum einen Athletiktrainer im Fußball, der sich dem Thema „erster Schritt“ intensiv gewidmet hat.
Für viele ist es ein nicht zu beachtender Bewegungsablauf, der selbstverständlich zum Loslaufen dazu gehört.
Befragt man Fußballspieler, wie ihnen beigebracht wird loszulaufen, werden sie mit großer Wahrscheinlichkeit
sagen, dass sie viele kleine Schritte beim Loslaufen machen sollen. Diese Aussage ist zum einen weder
vollkommen falsch, noch ist sie wirklich richtig.
Es gilt dabei ganz individuell von Spieler zu Spieler zu unterscheiden. Ein gutes Beispiel kommt aus der
Leichtathletik. Einer der weltbesten Starter der Sprinterszene ist der ehemalige Weltmeister Asafa Powell
(9,74sec). Auch wenn ein Fußballer nie aus der Startposition eines 100 m Läufers starten wird, so gilt es sich
trotzdem in einem idealen Technikbild an den schnellsten Menschen zu orientieren. Betrachtet man seine
Starttechnik so fällt besonders sein enorm großer explosiver erster Schritt auf. Die gesamte Bewegung ist auf
eine möglichst große horizontale Beschleunigung ausgelegt. Dabei spielen mehrere Faktoren eine wichtige Rolle.
Zum einen kann er anders als ein Fußballspieler aus einer tiefen Position starten. Dadurch gelingt es ihm, den
Oberkörper weit nach vorne zu richten. Dies unterstützt er zusätzlich durch ein „Nachuntenneigen“ des Kopfes.
Ein übergroßer und explosiver Armschwung in der Startphase unterstützt das Abdrücken der Beine aus dem
Startblock. Beobachtet man den Moment, indem Powell den Startblock verlässt, erkennt man eine komplette
Körperstreckung vom Sprunggelenk bis zum Kopf. Mit dem ersten Schritt beschleunigt er auf 10,5 km/h. Diese
enorme Beschleunigung erreicht er aufgrund zweier Faktoren. Zum einen eine sehr lange Bodenkontaktzeit von
0,19sec während der ersten Stützphase und zum zweiten durch einen übermäßig ausgebildeten M. Iliopsoas. Der
sogenannte Sprintermuskel ermöglicht Powell ein äußerst schnelles Vor- und Zurückschwingen der Beine.
Dadurch kompensiert er die lange erste Bodenkontaktzeit.
Diese physischen Gegebenheiten sprechen für einen langen ersten Schritt. Im Vergleich dazu steht der japanische
Sprinter Nobuharu Asahara (10,02sec). Während seines ersten Schrittes beschleunigt er während einer
Bodenkontaktzeit von 0,16sec auf 9,4 km/h. Beim Betrachten des MRT Bildes seines M.Iliopsoas fällt der große
Unterschied im Muskelquerschnitt im Vergleich zum Jamaikaner auf. Daher ist der Japaner ein Sprinter, der
aufgrund „mangelnder“ Kraft mehr Schritte in der gleichen Zeit machen muss wie Asafa Powell. Dennoch reicht
dies allein nicht als entscheidender Vorteil. Näheres dazu im Kapitel „Frequenz und Schrittlänge“ 3.2.9 Q.
3.1.4
Bewegungsmuster „erster Schritt“
Wie weiter oben bereits beschrieben, kommt ein Fußballspieler nie in die gleiche Startposition, wie ein
Leichtathlet. Trotzdem gelingt ein effektiver erster Schritt nur dann, wenn der Körperschwerpunkt vor dem
Bewegungsbeginn abgesengt wurde. Gleichzeitig nehmen Armschwung, Körperstreckung und Kniehub Einfluss
auf die Schrittlänge. Somit startet ein Fußballspieler aus einer ähnlichen Startposition, wie es der 100 m Sprinter
tut. Im Vergleich zum Leichtathlet, der ein rein lineares Loslaufen trainiert, kommen beim Fußballspieler jedoch
weitere Bewegungsrichtungen vor, die folgendermaßen gewichtet werden können:
1.
2.
3.
4.
1. Schritt nach vorne
1. Schritt diagonal nach vorne
1. Schritt zur Seite
1. Schritt direkt nach hinten
(ca. 49 %)
(ca. 10 %)
(ca. 9 %)
(ca. 7 %)
Übungen zum ersten Schritt
Walldrills
Um Wall Drills trainieren zu können, benötigt man nicht viel Equipment. Um die richtige Technik zu erlernen
reicht Anfangs ein sogenanntes Stützelement. Dies kann eine Wand, Zaun oder aber auch ein Trainingspartner
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sein. Im Fortgeschritteneren Trainingsstadium kann auch ein Schlingentrainer oder auch ein Zugwiderstand
genutzt werden.
Grundlegend geht es bei den Wall Drills darum, die Bewegungsmuster der Schlüsselphasen des Sprints zu
optimieren, um diese später bei Lauf und Sprintübungen optimal umsetzen zu können.
Wann und wie können Wall Drills in das Training integriert werden?
Grundsätzlich werden Wall Drills immer zielgerichtet du auch nicht zwingend alle in einer Trainingseinheit
angewendet. Des Weiteren wird unterschieden, zwischen linearen Bewegungsmustern (geradeaus) und
multidirektionalen Bewegungsmustern (in alle Richtungen). Lineare Bewegungsmuster können weiter noch in
Acceleration (Beschleunigung) und Top Speed (maximale Laufgeschwindigkeit) unterteilt werden.
Multidirektionale Bewegungsmuster unterteilen sich in Lateral (zur Seite) und Crossover (diagonale)
Laufrichtungen. Je nachdem wo innerhalb der Mannschaft Defizite vorhanden sind, können diese entweder in
einem individuellen sowie Gruppen Training verbessert werden.
Wann sollte man die Wall Drills trainieren?
Wall Drills sollten vor dem eigentlichen Sprint Training trainiert werden. Wichtig wie bei jedem anderen Training
ist eine optimale Vorbereitung des Bewegungsapparates auf die nachfolgenden Belastungen.
Exkurs Mobilität vor Stabilität:
Da beim Sprinten ein optimales Zusammenspiel zwischen Haltung und der Arbeit der Extremitäten wichtig ist,
fordert dies ein optimales Wechselspiel zwischen Mobilität und Stabilität. Wenn der Bewegungsapparat nicht
ausreichend über eine funktionelle Beweglichkeit verfügt, kommt es zu einer fehlenden Stabilität in den
jeweiligen Bereichen.
Ein Beispiel hierfür wäre das Kniegelenk. Das Kniegelenk ist ein stabiles Gelenk. Die umgebenden Gelenke
Sprunggelenk und Hüfte sind vergleichsweise mobile Gelenke welche eine optimale Beweglichkeit besitzen
sollten. Je besser diese ausgeprägt ist, umso mehr Stabilität erhält das Kniegelenk.
Um mögliche Defizite und oder Asymmetrien festzustellen, die dieses Verhältnis einschränken können, bietet
z. B. der FMS (Functional Movement Screen) ein Tool womit dies getestet werden kann. Aber auch andere
Möglichkeiten sind hier durchführbar.
Um die Extremitäten ideal auf die folgende Belastung vorbereiten zu können, sollten diese durch
dreidimensionale Aktivierung, dynamisches Stretching und neuronale Aktivierung vorbereitet werden. Hier
eignen sich die sogenannten Movement Preperations.
Da sich die Anforderungen je nach Sprinttraining linear oder Multidirektional unterscheiden, solle auch bei der
Auswahl der Movement Preps unterschieden werden.
Ein lineares Laufmuster enthält überwiegend Flexion und Extensionsmuster in der Hüfte und im Sprunggelenk,
während ein Multidirektionales Laufmuster zusätzlich u. a. eine gute Rotationsfähigkeit in der BWS erfordert.
Coaching von Wall Drills:
Als Coach ist es wichtig, die verbalen Anweisungen und Korrekturen so genau wie möglich und so kurz wie
möglich zu halten.
- Dorsalflexion:
Bringen sie die Muskulatur in den Fußgelenken in eine Vorspannung indem sie die Zehenspitzen zum
Schienbein ziehen.
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- Fersen hoch:
Das Standbein sollte über den Ballen Kontakt zum Boden halten, während unter den Fersen etwas Luft sein
sollte (eine Kreditkarte sollte darunter passen)
- Head to heel strong as steel:
Bleiben sie groß in einer stolzen Körperhaltung. Im ganzen Körper sollte Spannung vorhanden sein,
überwiegend in der Rumpf und Gesäßmuskulatur.
(Quelle: Functional Training Magazin)
3.2
Übungen Wall Drills
Acceleration Hold



Tief gegen die Wand stützen (Spieler hält die Wand fest nicht andersrum)
Große stabile Körperposition
Knie ist 90° angezogen, Dorsalflexion im Sprunggelenk
Acceleration Load & Lift



Ausgangsstellung Knie ist 90° angezogen, Dorsalflexion im Sprunggelenk
Auf Kommando Load (auf dem Bild Spiegelverkehrt) wird das Standbein leicht gebeugt und das andere
Bein gestreckt nach hinten geführt.
Auf Kommando Lift wird das Bein explosiv wieder nach vorne in die Ausgangsstellung gezogen
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Acceleration Marching



Ausgangsposition wie beim Acceleration Hold
Auf Kommando aktiver Beinwechsel
Aufrechter Stand, Knie 90° gebeugt, Dorsalflexion im Sprunggelenk
Absolute Speed Hold Position


Etwas aufrechterer Stand im Vergleich zu vorhin, Knie 90° gebeugt und Dorsalflexion im Sprunggelenk
Das äußere Bein ist das Standbein
Three Points Hold



Position 1: aufrechter Stand, äußeres Bein ist das Standbein, das andere Bein steht auf der Ferse
Position 2: Bein wird über die Zehen nach hinten gezogen bis es gestreckt ist
Position 3: Bein wird wieder 90° nach vorne oben gezogen
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Half Singles




Ablauf wie beim Three Points Hold nur dynamisch
Standposition inneres Bein auf der Ferse
Auf Kommando Bein über Zehen aktiv nach hinten ziehen und auf 90° nach vorne ziehen
Auf Kommando Recover wieder zurück in die Ausgangsposition
Multidirectional Posture Hold


Bei dieser Übung ist das innere Bein das Standbein, beide Beine sind leicht nach innen gedreht
Knie ist 90° gebeugt, Dorsalflexion im Sprunggelenk
Multidirectional Load & Lift



Ausgangsstellung Knie ist 90° angezogen, Dorsalflexion im Sprunggelenk
Auf Kommando Load (auf dem Bild Spiegelverkehrt) wird das Standbein leicht gebeugt und das andere
Bein gestreckt nach hinten geführt.
Auf Kommando Lift wird das Bein explosiv wieder nach vorne in die Ausgangsstellung gezogen
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3.3
3.3.1
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Das Beschleunigen
Einführung
Nach einem explosiven ersten Schritt, während dem der Spieler beschleunigt hat, gilt es die Geschwindigkeit
weiter auszubauen. Die Statistiken aus Fußballspielen zeigen, dass ca. 50 % aller Sprints zehn Meter oder kürzer
sind. Der Fußballer sollte also über ein maximales Beschleunigungsvermögen verfügen, da er auf kurze Distanzen
viel Geschwindigkeit aufbauen muss. Eine Studie über das Beschleunigungsvermögen französischer
Fußballspieler gibt dies wieder. Zusammenfassend kam heraus, dass sich höherklassige Spieler von
niederklassigen deutlicher in der Sprintzeit auf zehn Meter als auf 30 Meter unterscheiden. Grundlegen kann
man sagen, dass schnellere Spieler eine bessere Startbeschleunigung haben und länger beschleunigen können
als langsame.
3.3.2
Schnelligkeit in Abhängigkeit vom funktionierenden Bewegungsapparat
Betrachtet man die Schnelligkeit und die Sprintfähigkeit als solche, kann nicht oft genug betont werden, dass die
Leistungsfähigkeit in diesem Bereich vom Fundament der Beweglichkeit abhängt und von der Kraftfähigkeit
geprägt wird. Je besser der gesamte Bewegungsapparat auf die Bewegung und die damit einhergehende
Belastung eingestellt und angepasst ist, desto höher ist das zu erreichende Leistungspotential. Gerade beim
Thema Schnelligkeit denken viele im Speziellen an eine gute und schnelle Beinarbeit. Dies jedoch ist nicht die
ganze Wahrheit. Vor allem die Stabilität des Rumpfes trägt maßgeblich dazu bei, wie schnell und effizient sich
die Extremitäten bewegen können und wie viel Kraft letztendlich auf die Straße übertragen werden kann (Cook,
2011).
Ein weiterer Faktor ist das optimale Zusammenspiel von Armen und Beinen, da beide erheblichen Einfluss auf
die Bewegungsgeschwindigkeit und somit den Vortrieb haben. Betrachtet man einen Sprinter in Aktion, so stellt
man schnell fest, dass sein gesamter Bewegungsapparat am Arbeiten ist. Der ganze Körper wird bewegt und trägt
zur Steigerung der Geschwindigkeit bei.
In Sachen Beweglichkeit müssen die Beine spezieller betrachtet werden. Zwar ist es notwendig, dass der Spieler
ausreichend gerade stehen und gehen kann, weshalb auch eine ausreichende Beweglichkeit und Stabilität der
Wirbelsäule notwendig ist, doch hängt vor allem die Schrittlänge von der Beweglichkeit der unteren Extremität
ab. Vor allem die Hüftbeugemuskulatur stellt eine der wichtigsten Muskelgruppen für Läufer dar. Ist keine
ausreichende Hüftbeweglichkeit vorhanden, wird die Schrittlänge nie die notwendige Länge für raumgreifende
Schritte erreichen. Vor allem die Muskeln M. Iliopsoas und M. Rectus Femoris, welche beide eine Beugung im
Hüftgelenk als Funktion haben, können die Schrittlänge stark beeinflussen. Die Muskelgruppe der
Ischiocruralmuskulatur kann noch so stark ausgebildet sein, solange die Hüftbeuger nicht flexibel genug sind,
werden diese die Bewegung immer limitieren. Eine mangelnde Beweglichkeit in diesem Bereich lässt sich oft bei
Amateurläufern beobachten, die in einer Art „sitzender Haltung“ laufen, da es ihnen nicht möglich ist, innerhalb
der Bewegung die Hüfte komplett zu strecken.
Dreidimensionales und aktivierendes Stretching – Movement Preps
Mit Movement Preps, wird der Körper optimal auf die folgende Belastung vorbereitet. Sie bringen das Herz –
Kreislauf System auf Touren, sorgen für eine gute Durchblutung, erhöhen die Körperkerntemperatur und
aktivieren das Nervensystem. Der größte Unterschied im Vergleich zum statischen Dehnen, ist allerdings, dass
durch die dreidimensionalen Bewegungen bei Movement Preps der Körper auf die Bewegungsmuster der
jeweiligen Sportart vorbereitet wird.
Wie bereits im Kapitel Wall Drills erwähnt, ist Auswahl der Movement Preps abhängig von der Sportart und von
den Bewegungsmustern.
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Ein weiterer Vorteil ist die Verbesserung der Beweglichkeit, Stabilität und Schnelligkeit.
Durch Training will man erreichen, dass die Flexibilität und Elastizität der Muskeln verbessert wird. Bei einem
klassischen Dehnen kehrt der Muskel nach einer kurzen Dehnung wieder in die Ausgangsposition zurück. Durch
den neu gewonnenen Bewegungsspielraum durch Movement Preps kann sich der Körper besser daran erinnern
und diesen nutzen.
Dies passiert dadurch, dass der Muskel auch hier zuerst wie bei einem statischen Dehnen in die Länge gezogen
wird. Der große Unterschied ist jedoch, dass der Muskel nicht einfach wieder in den Ursprungszustand
zurückkehrt, sondern jetzt mit dem gedehnten Muskel gearbeitet wird.
Unter diesen Voraussetzungen werden jetzt auch die kleinen Muskeln, welche Gelenke stabilisieren gekräftigt
was u. a. auch das Verletzungsrisiko minimiert.
Darüber hinaus werden diese kleinen Muskeln aktiviert, so dass sie dauerhaft mitarbeiten und nicht andere
Muskeln durch eine nicht Beteiligung dies kompensieren müssen. Durch ein gezieltes Training ist eine
Reaktivierung solcher Muskeln binnen von zwei bis drei Tagen möglich.
Ein weiterer Aspekt ist, dass bei einem statischen Dehnen der Muskeltonus heruntergefahren werden soll. Mit
diesem Wissen kann man Schlussfolgern, dass vor einer anstehenden Belastung, die Muskulatur nicht entspannt
sondern aktiviert werden soll.
Durchführung von Movement Preps:
Wenn man Movement Preps zum ersten Mal selbst durchführt und Sie anleitet durchzuführen, beachtet, dass
durch diese ungewohnten Bewegungs- und Aktivierungsmuster sich dies anfangs wie ein kleines Workout
anfühlen kann.
Nicht selten kommt es vor, dass es hier zu einem leichten Muskelkater kommt.
Deswegen führt Eure Kunden und / oder Athleten langsam heran. Es empfiehlt sich je Übung 1 Serie
durchzuführen mit 10 – 15 Wiederholungen.
Anbei erhaltet Ihr eine Übersicht von möglichen Übungen. Weitere Movement Preps befinden sich im
Übungskatalog. Es sei vorweggenommen, dass Übungsabfolgen miteinander kombiniert werden können und es
natürlich noch viele Übungen mehr gibt.
Eine der besten Übungen zur Verbesserung der allgemeinen Beweglichkeit ist eine dynamische
Bewegungsabfolge, die von Mark Verstegen (2011) als „World´s Greatest Stretch“ bezeichnet wird. Dabei begibt
man sich in einen weiten Ausfallschritt vorwärts, wobei man versucht, das hintere Bein komplett gestreckt zu
lassen. Es wird nun probiert, den Ellenbogen auf der Seite des vorderen Beins auf den Boden zu bringen. Danach
folgt eine Oberkörperrotation über das vordere Bein und zum Schluss richtet man sich über das vordere,
gestreckte Bein mit den Händen am Boden wieder auf (siehe Abbildung 68).
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