AZ Aarau, vom: Samstag, 2. Mai 2015

AARAU 31
AARGAUER ZEITUNG
SAMSTAG, 2. MAI 2015
Alle denken bloss an das Eine
Aarau Disco oder Waldlichtung – beim Balzverhalten der Männchen spielt das keine Rolle,
Evolution hin oder her. Ein Bummel durch die Naturama-Ausstellung «Sexperten»
Ja, man zieht unweigerlich Parallelen
zur Menschenwelt. Und das macht die
Ausstellung so unterhaltsam, ein Grinsen kann sich auch der abgebrühteste
Besucher nicht verkneifen. Die beiden
kämpfenden Hirsche? Klar, Fussballer.
Die australische Pfauenspinne, bei der
sich das Männchen als Tänzer so lange
zum Affen macht, bis ihn das Weibchen
ranlässt oder verspeist? Ein kurzer
Blick in einen Klub am Samstagabend
genügt. Die Hirschkäfer? Der Macho,
der sich erst um die Herzdame bemüht
und sich dann auf dem Sofa bedienen
lässt. Herr Schwan, für den nur der eigene Spass zählt? Weiter verbreitet, als
gemeinhin vermutet. Genauso wie die
männermordende Gottesanbeterin.
Die Ausstellung macht es überdeutlich: Es dreht sich alles immer um Sex –
egal ob bei den Tieren oder den Menschen. Das sagt auch Kurator Holger
Frick, der die Ausstellung für das Liechtensteinische Landesmuseum erarbeitet und nach seinem Wechsel ins Naturama nach Aarau auch hier aufgebaut
hat: «In der Natur hat alles Schöne nur
mit Sex zu tun.» All die Farben, die
mächtigen Geweihe, die prächtigen Gefieder, die stolzen Brunfttänze und
wunderschönen Gesänge.
VON KATJA SCHLEGEL
Geschafft hat es keiner von beiden. Die
beiden Rothirsche, vollgepumpt mit Adrenalin und geblendet von der Schönheit der Rothirschdamen, sind beim
Kampf gestorben. Qualvoll verendet,
verheddert in einen Zaun. Aufgeben
wollte keiner der beiden, bis in den Tod
blieben die Geweihe ineinander verkeilt. Gefreut hat sich der Dritte, der die
Rothirschdamen kampflos beglücken
durfte. Und der Tierpräparator.
Heute stehen die beiden Platzhirsche
im Naturama, als Hauptattraktion der
eben eröffneten Sonderausstellung «Sexperten – flotte Bienen und tolle Hechte».
Hier wird an rund 50 Exponaten gezeigt,
welchen Aufwand die Männchen im Tierreich betreiben, um die Weibchen um
den Finger zu wickeln.
Kopfloser Dauersex
Eines vorneweg: Die Schamesröte
treibt es einem beim Bummel durch
die Ausstellung nicht ins Gesicht, sehr
wohl aber ein breites Grinsen. Denn
nebst den Rothirschen harren weitere
liebestolle Präparate der Besucher:
Zwei Hirschkäfermännchen beispielsweise, deren Zangen so gross sind, dass
sie mit den Fresswerkzeugen nicht
mehr an das Totholz kommen und deshalb von einem Weibchen gefüttert
werden müssen. Oder die Dreifleckige
Wie kommt man dazu, so eine Ausstellung zu machen? Fricks Vorgänger
in Liechtenstein wollte eine Ausstellung
über Jungtiere schaffen und sammelte
Präparate von grossäugigem Nachwuchs. Frick, daheim in der Evolutionsbiologie, machte noch einen Schritt
zurück und setzte bei der Paarung an.
«Ich erzähle gerne Geschichten, und
die Geschichten rund um die Fortpflanzung sind sehr unterhaltsam.» Berührungsängste habe er keine gehabt, als
Biologe sei er schmerzfrei. Ausserdem
sei es ja keine pornografische Ausstellung, sondern eine, die man auch mit
Kindern besuchen kann. «Die Kinder
gehen völlig unverkrampft damit um.
Sie sehen einfach die herzigen Häschen, keine wilden Rammler.» Bei den
Führungen mit Teenagern, da gebe es
schon blöde Sprüche und viel Gekicher. «Aber da lacht man einfach mit.»
Im konservativen Liechtensteinischen
hat die Ausstellung laut Frick auffällig viele junge Besucher angelockt. «Mal schauen, wie aufgeschlossen die Aarauer sind.»
Holger Frick Kurator
Herr und Frau Feldhase, in eindeutiger Pose erstarrt.
KATJA SCHLEGEL
Ein Video zur Ausstellung
auf www.aargauerzeitung.ch
Das Geschenk schützt vor Hochwasser
Aarau Die Stadt ist ihre
Beaver-Hochwasserschläuche
los. Die Gebäudeversicherung
hat sie gekauft und gleich dem
Kantonalen Katastrophen
Einsatzelement weiterverschenkt.
VON HUBERT KELLER
Grossräte, Abteilungschefs, Kommandanten, Werkmeister, Förster, ein Divisionär, Materialwarte, Generalsekretäre
und last but not least mit Marcel Guignard der ehemalige Stadtpräsident
und mit Jolanda Urech die aktuelle
Stadtpräsidentin – das Aufgebot war
gross und dem Anlass durchaus angemessen, ging es doch nicht mehr und
nicht weniger darum, dass die Stadt ihre Beaver-Schläuche losbrachte. «Gottlob d’ War ab!». Nein, laut sagte das niemand, auch wenn Christoph Fischer,
seines Zeichens Leiter der Ortsbürgergutsverwaltung, einräumte, dass die
Stadt den Verkauf mit «grosser Hartnäckigkeit angestrebt» habe.
Neue Raucherinseln
auf dem WSB-Perron
VON DAVID EGGER
Die SBB verbannen die Raucher aus den
Bahnhofunterführungen. Der Bahnhof
Aarau sei neu ein «Nichtraucher-Bahnhof», heisst es auf Schildern in den Unterführungen. Die Schilder wurden dort
platziert, wo früher Aschenbecher standen. Der Entscheid, das Rauchen in den
Unterführungen zu untersagen, haben
die Unternehmen SBB und WSB zusammen mit der Stadt Aarau gefällt – alle
drei sind Eigentümer einzelner Teile der
Unterführungen. Auf den Perrons bleibt
das Rauchen erlaubt.
Die SBB argumentiert, dass die
Aschenbecher in den Unterführungen
nicht nur zum Ausdrücken der Zigaretten benutzt wurden: «Es bildeten sich
dort auch Menschenansammlungen,
welche den Pendlerstrom behinderten», schreibt die SBB auf Anfrage.
Eine besondere Massnahme hat sich
die WSB ausgedacht: Sie hat an den beiden Enden ihres Perrons Raucherinseln
erstellt (siehe Foto). Die Insel ist mit einem Aschenbecher, einem Tisch und
zwei Anlehnhilfen ausgerüstet. Dank
der Raucherinsel wird ein grosser Teil
des Perrons zur Nichtraucherzone. Die
WSB erhofft sich damit auch tiefere Reinigungskosten, weil sich der Zigarettenabfall so an einem Ort konzentriert.
«Kinder sehen nur die Häschen»
«In der Natur hat alles
Schöne nur mit Sex zu tun.»
Gottesanbeterin, die ihrem Männchen
während der Paarung den Kopf abkaut.
Der Vorteil für das Männchen: Kopflose
Gottesanbeter dürfen fast einen Tag
lang ran, solche mit Kopf nur ein paar
Stunden. Und frisch gestärkt mit der
männlichen Proteinbombe legt die Gottesanbeterin deutlich mehr Eier.
Dann sind da noch die beiden Schwäne, von denen – weiss man über Treue
und Paarung Bescheid – keiner mehr
versteht, weshalb sie so gern als romantisches Sujet für Hochzeiten verwendet werden: Schwanenmänner sind
notorische Fremdgänger und gehen
mit ihren Damen nicht gerade zimperlich um. Herr Schwan ist vor allem auf
seinen eigenen Spass bedacht und
drückt Frau Schwan bei der Paarung
mit seinem Gewicht unter Wasser. Ein
mögliches Ersäufen der Liebsten
nimmt Herr Schwan in Kauf.
Aarau
Übergabe mit vereinten Kräften: (von rechts) Oberförster Christoph Fischer, Stadtpräsidentin Jolanda Urech und Norbert Kräuchi, Bau, Verkehr und Umwelt.
KEL
Die Stadt wäre nämlich auf einer Investition von 530 000 Franken sitzen
geblieben, wenn nicht die Aargauische
Gebäudeversicherung die praktisch
neuen
Beaver-Hochwasserschutzelemente abgekauft und gleich weiterverschenkt hätte, nämlich dem Kantonalen Katastrophen Einsatzelement. Dessen Kommandant, David Bürge, war
deshalb wohl der glücklichste der
glücklichen Mannen und Frauen, die
am Donnerstag bei herrlichem Sonnenschein die Beaver-Übergabe im Zeughaus Aarau feierten.
Ernstfall im Juni 2014
Natürlich hat die Sache einen durchaus ernsten Hintergrund. Die orange-
farbenen Schläuche musste die Stadt
nämlich anschaffen, damit die Bauparzellen der Ortsbürgergemeinde im
Scheibenschachen im Notfall vor den
Fluten der Aare geschützt werden
konnten. In der Nacht vom 1. Juni 2014
kamen sie denn auch tatsächlich zum
Einsatz. Am Philosophenweg rechtsufrig sowie auf der Aarestrasse im Scheibenschachen am anderen Ufer wurden
die 750 Meter Beaver ausgelegt. Der
Härtetest blieb dann aber doch aus, die
Aare hielt sich knapp zurück.
Dass die Schläuche der Stadt nur eine beschränkte Zeit zur Verfügung stehen sollten, war schon klar, als der Einwohnerrat deren Kauf im November
2011 bewilligte. Nach dessen Fertigstellung stellt nämlich das Kraftwerk Rüchlig den Hochwasserschutz sicher.
Wie wichtig solche Hochwasserschutzelemente sind, machte Andreas
Flückiger, Leiter der Abteilung Militär
und Bevölkerungsschutz, deutlich. Er
verwies darauf, dass durch den Aargau
drei Viertel der Schweizer Flüsse fliessen. Dass also der Kanton regelmässig
von Hochwasser betroffen ist, sei es in
Aarau, Mellingen, Brugg oder Wallbach, verwundert nicht.
Nur für Raucher: Die Aschenbecher, Anlehnhilfen und der praktische Tisch. ZVG
Erlinsbach
96er-Stäcklibuebe
sammelten sogar
einen Töff ein
Ein Grill, Winterpneus, Staubsauger,
Gartenmöbel, ein Briefkasten mit samt
Post – ja sogar ein Roller und ein Motorrad wurden eingesammelt: In Erlinsbach haben die Stäcklibuebe mit Jahrgang 1996 in der Nacht auf den 1. Mai
die Walpurgisnacht zelebriert. In dieser
ziehen die Stäcklibuebe traditionsgemäss durchs Dorf, treiben allerlei Schabernack wie das Entwenden von Sachen aus privaten Vorgärten – und vergessen dabei auch das eine oder andere
Gläschen Alkohol nicht.
Die Bevölkerung konnte sich gegen
die umherziehenden Teenager mit einem Kleber, der in den Wochen vor der
Walpurgisnacht verkauft wurde, schützen. «Chläb mi uf… – oder pass uf!»,
hiess das Motto der 96er.
Wer also nicht aufpasste, konnte am
Morgen des 1. Mai seine sieben Sachen
unweit des Dorfplatzes einsammeln.
Weil auf dem Erlinsbacher Dorfplatz
derzeit gebaut wird, mussten die «Stäcklibuebe» auf die Gösgerstrasse als Depotstandort ausweichen. (SHA)
Sogar ein Motorrad wurde von den
Stäcklibuebe abgeschleppt.
SIH