Nö. Wahlrecht braucht unbedingt eine Reform GVV-Präsident Bgm. Rupert Dworak: Seite 6 Die Kommunale Information ist eine Zeitschrift des Verbandes sozialdemokratischer GemeindevertreterInnen in Niederösterreich Ausgabe 6/2015 Dezember DIE WEIHNACHTLICH geschmückte Landeshauptstadt zeigt sich hier von ihrer schönsten Seite. Ruhig wird es allerdings auch nach den Feiertagen kaum werden - in St. Pölten stehen 2016 Gemeinderatswahlen an. Foto: Werner Jäger 1 Erste Jugendstadträtin Jeannine Gersthofer (25), die erste Stadträtin für Jugend in Ternitz, im KI-Portrait „Starke Frau“ - ab Seite 8 1 Neustift-Innermanzing Nach dem GRW-Erfolg der SPÖ ist die ÖVP-Mehrheit in der Wienerwaldgemeinde nur mehr hauchdünn - ab Seite 12 1 Bürgermeister 4.0 Michael Rosecker spricht im KIInterview u.a. über die neuen Herausforderungen im Bürgermeisteramt - ab Seite 18 AUS DEM INHALT 5 6 Bgm. LAbg. Rupert Dworak, Präsident des GVV Werte Gemeindevertreterin! Werter Gemeindevertreter! Erfolgreich Mitglieder werben ... damit beschäftigt sich ein neues Seminar im KOPAKProgramm für das Frühjahr 2016. FAG, Verwaltungsreform, Wahlrechtsreform GVV-Präsident LAbg. Bgm. Rupert Dworak spricht im KI-Interview Klartext über „heiße Eisen“. 8 Starke Frau: Jeannine Gersthofer Die Ternitzer Jugend-Stadträtin studiert im Endspurt und jobbt in einem sozialen Wohnhaus für Jugendliche. 10 Vorbildlich bei Aufnahme von Flüchtlingen SPNÖ: Plakat-Aktion gegen Zäune und Danke-Aktion für die vielen freiwilligen Helfer im ganzen Land. 12 Starke Minderheit: Neustift-Innermanzing Nach der GRW 2015 ist die schwarze Mehrheit in der kleinen Wienerwaldgemeinde nur mehr hauchdünn. 14 GVV auf Info-Tour durchs Land Sechs Stationen machte der GVV mit seiner herbstlichen Info-Tour durch die Regionen des Landes. 18 Starkes Interview: Michael Rosecker Der Bereichsleiter am Renner-Institut spricht u.a. über die neuen Herausforderungen im Bürgermeister-Amt. 24 Orts-Reportage Stockerau Die größte Stadt des Weinviertels ist eine echte BoomTown mit Naturpark-Anschluss. 32 Das abgelaufene Jahr war ein sehr arbeitsreiches, aber wir beschäftigen uns natürlich auch schon sehr intensiv mit der Zukunft, speziell mit den Herausforderungen für 2016. Dabei stehen selbstverständlich auch die laufenden Gespräche zum Finanzausgleich im Mittelpunkt. Aber auch die zu erwartende Diskussion über die Wahlrechtsreform für die Gemeinderatswahlen 2020. Beide Themen sind auch Teil meines Interviews in der vorliegenden Ausgabe. Schon jetzt will ich Euch alle herzlich zum GVVNeujahrsempfang 2016 einladen, der diesmal am 14. Jänner in der Fachhochschule Sankt Pölten stattfinden wird. Dort werden wir zwei wichtige Arbeitsschwerpunkte für das kommende Jahr starten: Zum einen wollen wir darauf hinweisen, dass Gemeinden Arbeit und Arbeitsplätze schaffen. Wir wollen wieder darauf aufmerksam machen, wie wichtig der Faktor Gemeinde für die Wirtschaft, besonders die regionale Wirtschaft, tatsächlich ist. Und zum anderen wollen wir aber auch 2016 am Bereich Wohnen weiter dran bleiben, uns weiter damit auseinandersetzen. Wohnen ist viel mehr als ein Dach über dem Kopf und muss vor allem wieder leistbar werden. Wir werden hier gemeinsam mit unseren FunktionärInnen neue Ideen und Visionen präsentieren, um dieses Thema nachhaltig zu besetzen. Am Ende des Jahres möchte ich mich auch noch recht herzlich bei Euch allen, insbesonders bei unseren 3.542 GemeindemandatarInnen, für Eure Arbeit bedanken und natürlich auch beim Vorstand und Präsidium des GVV, aber ganz besonders auch bei meinen GVV-BüromitarbeiterInnen, die die Gemeinderatswahlen 2015 nicht nur ausgezeichnet vorbereitet, sondern danach auch sofort wieder begonnen haben, Gemeinden zu betreuen, Schulungsprogramme aufzustellen und über die Kommunale Information alle unsere FunktonärInnen umfassend zu informieren. Für das neue Jahr wünsche ich Euch alles Gute und vor allem Gesundheit. Packen wir’s gemeinsam an, um die Sozialdemokratie in Niederösterreich zu stärken! Herzlichst Der Gemeinde-Rat GVV-Juristin Mag.a Sabine Blecha und andere ExpertInnen informieren in Rechtsfragen. Rupert Dworak 3 EU Editorial StR Mag. Ewald Buschenreiter, Direktor des GVV Werte Gemeindevertreterin! Werter Gemeindevertreter! Liebe Gemeindevertreterin! Lieber Gemeindevertreter! "Die stillste Zeit im Jahre ist gekommen..." jedoch statt sich gemütlich zurückzulehnen und bei einer guten Tasse Tee oder Kaffee am Kaminfeuer das Jahr Revue passieren zu lassen hetzen Sie von einem Termin zum nächsten, stimmt`s? Nix mit Ruhe und Stille in der Vorweihnachtszeit! Aber das ist ja nichts Neues, vor allem nicht für (Kommunal)Politiker(innen)! "Die stillste Zeit im Jahr" wird sie auch in Zukunft genannt werden, auch wenn sie ihr Versprechen nicht hält, - und wir werden es mit einem Lächeln tolerieren. Anders ist die Reaktion sicher, wenn Produkte oder Dienstleistungen, die Sie kaufen (oder geschenkt bekommen), nicht halten, was sie versprechen. Hier haben Sie als BürgerIn der Europäischen Union eine ganze Reihe von Rechten, damit Ihre Interessen gewahrt bleiben. Gemeinsam mit meinen KollegInnen in der S&D (das ist die Fraktion der SozialdemokratInnen im Europäischen Parlament) setze ich mich für die Gewährleistung eines hohen Schutzes aller VerbraucherInnen vor Risiken und Gefährdungen ihrer Gesundheit, ihrer Sicherheit und ihrer wirtschaftlichen Interessen ein - unabhängig davon, wo sie in der EU wohnen, reisen oder einkaufen. So haben wir erst vor wenigen Tagen erreicht, dass sich Pauschalreisende bald auf einheitliche europäische Regeln verlassen können, egal ob sie ihren Urlaub im Reisebüro oder im Internet buchen. Und auch die schrittweise Abschaffung der Roaminggebühren innerhalb der EU bis Juni 2017 sehe ich als Erfolg - schließlich haben sich unsere Informations- und Kommunikationsgewohnheiten in den letzten Jahren stark verändert! Um bessere Informationen für KonsumentInnen - vor allem für jene, die eine spezielle Diät einhalten müssen oder unter Nahrungsmittelunverträglichkeiten oder Allergien leiden, geht´s bei der Lebensmittelkennzeich- nungsverordnung. Hier waren wir S&D Abgeordnete im Europäischen Parlament eine starke Stimme der KonsumentInnen gegen die Interessen der Industrielobby! Es gäbe noch so viel zu berichten von meiner Arbeit im Europäischen Parlament - vielleicht haben Sie nach der "stillsten Zeit im Jahr" einmal ein paar Minuten übrig und besuchen meine Homepage www.karinkadenbach.at oder melden sich über Facebook. Herzlichst, Ihre Karin Kadenbach Abgeordnete zum Europäischen Parlament 4 DER TRADITIONELLE Neujahrsempfang des SPÖ-GVV-NÖ findet heuer am Donnerstag, den 14. Jänner 2016, wie gewohnt in der FH St. Pölten statt. Das Motto lautet „Gemeinden schaffen Arbeit“. Beginn ist um 18.30 Uhr. Neue Mitstreiter werben, gewinnen Das erfolgreiche Anwerben von neuen Mitgliedern und/oder MitstreiterInnen ist schwierig und wird immer wichtiger. Aber man kann es lernen mit Hilfe eines einschlägigen KOPAK-Seminars. Das Seminar „Mitarbeiter und Mitglieder gewinnen“ ist völlig neu im Programm der Kommunalpolitischen Akademie (KOPAK) und wird von der etablierten deutschen Kommunikationsexpertin Gwendolin Jungblut (37) abgehalten. Jungblut (Bild) ist bei uns bekannt durch ihren Auftritt beim GVV-Neujahrsempfang 2015, wo sie ein viel beachtetes Referat gehalten und durch ihr großes Interview, das sie damals der Kommunalen Information gegeben hat. Die Juristin ist Mastertrainerin des Willy-Brandt-Hauses für den Bereich Mitgliederwerbung und ist daher ein absolute Expertin auf diesem Gebiet. Sie arbeitet seit 2007 in der Agentur „The Leadership“, die sich vorwiegend der Beratung von Kommunen, Fraktionen und KandidatInnen vor Wahlen widmet. Das neue KOPAKKursprogramm für das Frühjahr 2016 wird Anfang des Jahres per Post zugestellt. Ein durchaus ambivalent zu betrachtendes Jahr 2015 neigt sich dem Ende zu. Die Gemeinderatswahlen sind nun ein dreiviertel Jahr her, wir haben daraus die Konsequenzen gezogen und bereits bei unserer GVV-Tour im Herbst im Rahmen von sechs Abendveranstaltungen ein neues Betreuungssystem vorgestellt. Wir werden künftig unser Hauptaugenmerk einerseits auf Gemeinden mit mehr als 10.000 Einwohner legen und andererseits Kleinfraktionen mit bis zu maximal vier GemeindemandatarInnen besonders unterstützen. Ersteres deshalb, weil wir erstmals in der Zweiten Republik einen massiven Stimmeneinbruch in unseren Hochburgen hinnehmen mussten. Aber auch bei kleinen Fraktionen gilt es, besondere Unterstützung zu gewähren, da es sonst bei den nächsten Wahlen alsbald große Landstriche mit „weißen Flekken“, sprich ohne SPÖ-Vertretung im Gemeinderat, geben wird. Wir haben daher spezielle, modulare Arbeitspakete für Euch erstellt und wollen diese im Februar 2016 den betroffenen Gemeinden vorstellen. Die erste Informationsrunde mit den Gemeinden über 10.000 Einwohner wird bereits im Dezember 2015 stattfinden. Darüber hinaus wünsche ich Euch allen ruhige und friedvolle Tage im Kreise Eurer Familien, einen guten Rutsch ins Neue Jahr und viel Kraft und Energie für unsere gemeinsamen Herausforderungen im Jahr 2016! Herzlichst, Ewald Buschenreiter 5 Aktuell zialdemokratie, die wir schon bei einem Parteitag 1990 beschlossen haben! Also, nur einen Bezirk aufzulösen, das reicht nicht. Eine Verwaltungsreform schaut anders aus. Ich sage daher: Landkarte auf den Tisch – und genau schauen: Wo kann man unter Umständen Aufgaben, die in Bezirkshauptmannschaften erledigt werden, Gemeinden übertragen? Für mich ist klar, dass es dort, wo es Magistrate gibt, keine BH braucht. Davon abgesehen können auch andere Gemeinden gut BH-Aufgaben übernehmen, weil sie am nächsten beim Bürger sind. Stichworte Pass-Wesen, Führerschein-Wesen, Personalausweise. Warum kann ich das als Gemeindebürger nicht in meinem Gemeindeamt erledigen? Das sind Aufgabenverteilungen, die wir wirklich reformieren können, die die Gemeinden kompetent und näher am Bürger, also schneller, erledigen können.“ Bei der GRW 2015 gab es wieder jede Menge Ärger wegen des Stimmrechts von Zweitwohnsitzern. Was halten Sie in diesem Zusammenhang von einer Reform des nö. Wahlrechts? Dworak: „Zum Thema Wahlrecht Präsident Dworak im Interview „Nö. Wahlrecht muss dringend reformiert werden!“ Wie laufen die Finanzausgleichsverhandlungen aus Ihrer Sicht, was können sich die Gemeinden erwarten? Dworak: „Die FAG-Verhandlungen, die im Sommer begonnen haben, lassen mittlerweile leider erwarten, dass es wieder nicht zu einem großen Wurf kommen wird. Ich glaube nicht mehr, dass sich der Finanzminister mit seiner angestrebten Entflechtung des Transferdschungels gegenüber den Ländern durchsetzen wird. Wie wir wissen, gibt es mehr als 25.000 dieser Transferzahlungen zwischen den Gebietskörperschaften – und hier endlich einmal klar Tisch zu machen, ist ja auch eine der großen Forderungen des Gemeindebundes und der GemeindvertreterInnen. Und ich befürchte hier nun weiterhin den Stillstand. Genauso wie bei unserer Forderung der Kompetenz6 aufteilung: Die Gemeinden kümmern sich voll um die Kinderbetreuung und im Gegenzug werden sie von den Zahlungen für Pflege, Gesundheit und Krankenhauswesen befreit. In manchen Medien wird jedoch schon vom abermaligen Fortschreiben des derzeitigen FAGs gesprochen und das wäre sogar, wenn ich mir Budgetdaten und Wirtschaftsprognosen so anschaue, wahrscheinlich keine schlechte Option für die Gemeinden. Denn realpolitisch glaube ich in dieser Situation kaum noch daran, dass ein neuer FAG unterm Strich vorteilhafter und gerechter für die Gemeinden sein wird. Weiters gibt es derzeit auch nicht die Bereitschaft, über das bestehende und vom Gemeindebund schon lange scharf kritisierte, WestOstgefälle zu reden. Wo ein Vorarlberger Bürger eine höhere Kopfquo- te bei den Erträgen hat, also am Papier mehr Wert ist, als ein Niederösterreicher. Dabei geht es nicht nur um die Abschaffung des abgestuften Bevölkerungsschlüssels, der in Wirklichkeit ja die Aufgaben der Gemeindegrößen bewertet, es geht hier schlicht um Gerechtigkeit. Aber auch hier sehe ich derzeit keine erzielbaren Ergebnisse am Horizont.“ Die Abschaffung des Bezirkes Wien-Umgebung wurde von der NÖVP als „Verwaltungsreform“ verkauft. Wie stehen Sie dazu? Dworak: „Weil in Niederösterreich der Bezirk Wien-Umgebung von der Landkarte verschwinden wird, ist das noch lange keine Verwaltungsreform. Denn dieses, viel umfassendere, Thema muss man mit Mut und Entschlossenheit angehen – übrigens auch eine langgehegte Forderung der niederösterreichischen So- „Missbrauch des Wahlrechts bekämpfen“ das Prinzip Ein Bürger, eine Stimme auch künftig so schnell wohl kaum geben wird, weil die NÖVP das nicht will. Selbstverständlich spielen die Zweitwohnsitzer in Niederösterrich eine besondere Rolle – das ist allein schon der Tatsache geschuldet, dass wir Wien umgeben. Und tatsächlich spielen einige dieser Zweitwohnsitzer auch in ihren nö. Gemeinden eine Rolle, weil sie sich dort gesellschaftlich, wirtschaftlich oder kulturell betätigen. Aber man muss endlich zumindest den Missbrauch dieses Wahlrechts bekämpfen. Es kann nicht sein, dass in 70m2 großen Häusern 25 oder 30 Leute gemeldet sind, dass eine 500-Einwohner-Gemeinde 1.500 Wahlberechtigte hat – siehe Semmering. Ich glaube, da muss man nun Klartext re- den und endlich eine Reform zustande bringen, die den Menschen den Eindruck vermittelt, dass man hier wirklich um Demokratie bemüht ist und nicht um deren Missbrauch. Ich halte auch klar fest, dass wir uns als SPÖ darüber ernsthaft Gedanken machen, wie dieses Wahlrecht ausschauen kann. Wir müssen auch offen darüber reden, ob es künftig nur mehr den amtlichen Stimmzettel geben soll. Denn einen Kandidaten, eine Kandidatin persönlich zu wählen, das kann ich auch auf einem amtlichen Stimmzettel. Und wir müssen auch darüber reden, wie wir bei den Briefwahlwählern jeglichen Missbrauch ausschließen können. Das sind wir nicht nur den WählerInnen, sondern auch unseren FunktionärInnen schuldig. Aber eines ist klar: Dazu brauchen wir im Landtag eine qualifizierte Mehrheit. Und wir sehen hier auch die ÖVP in einem starken Zugzwang. Denn auch aus deren Reihen werden diese Punkte mitunter sehr kritisch gesehen. Spätestens im Frühjahr 2016 sollten hier einschlägigen Gespräche aufgenommen werden.“ Foto: www.fotoplutsch.at Finanzausgleich, nö. Verwaltungsreform, nö. Wahlrechtsreform - drei gemeinderelevante heiße Eisen, zu denen GVV-Präsident Bgm. LAbg. Rupert Dworak (Bild) Klartext spricht. für Zweitwohnsitzer vertrete ich klar den Standpunkt: ein Bürger, eine Stimme. Die derzeit in Niederösterreich geltende Rechtslage auf Gemeindeebene, dass Zweitwohnsitzer in mehreren Gemeinden abstimmen dürfen, halt ich für nicht gut. Muss aber auch einräumen, dass es 7 Starke Frau Hause herrschte immer eine offene, liberale Atmosphäre und dafür bin ich heute noch dankbar. Meine Eltern haben mir immer voll vertraut, bei den Dingen, die ich angegangen bin und mich unterstützt. Das schätze ich an ihnen sehr.“ Der Weg in die Politik tat sich über einen Ferialjob bei der Stadtgemeinde auf. Dort gehörte das Ferienspiel zu Jeannines Aufgaben - und sie machte sich dabei auffallend gut. Das zeigte Wirkung: Im Vorfeld zur GRW 2010 haben sich der heutige Vize-Bgm. Christian Samwald und StR Peter Spicker mit ihr ins Kaffeehaus gesetzt, und angefragt, ob sie nicht in der Jeannine Gersthofer, BA (25) Das Model und die Politik Das Studium „Soziale Arbeit“ hat sie erfolgreich abgeschlossen, bei „Ergotherapie“ ist sie im Endspurt. Nebenbei arbeitet sie noch zehn Stunden als Sozialpädagogin im Sozialen Wohnhaus Neunkirchen, ein privater Verein, der sich um Jugendliche kümmert. Und ja, eine siebenjährige Karriere als JungModel hat Jeannine Gersthofer (25) auch schon hinter sich. Seit der GRW 2015 ist die fotogene Ternitzerin mit Herz und Hirn die erste Jugend-Stadträtin ihrer Heimatstadt Ternitz (Bez. NK). Und auch in dieser Funktion hat sie viel vor. 8 8 Fotos: Stadtgemeinde Ternitz Ihr Konterfei (mit Hund) zierte schon das GVV-Plakat „Wir sind gerne SPÖ-GemeinderätInnen“, das im Frühjahr 2014 in ganz Niederösterreich in den SPÖ-Schaukästen hing. Damals war die Ternitzerin noch einfache Mandatarin, allerdings auch schon für die Jugend zuständig. Ihr Bürgermeister, GVV-Präsident Rupert Dworak, erkannte ihr Potential und machte Gersthofer nach erfolgreich geschlagener GRW 2015 zur Jugend-Stadträtin. Dabei war ihr das Engagement in der Politik ganz und gar nicht in die Wiege gelegt. Der Papa ist Polizist in der Wiener Hofburg, die Mama arbeitet bei der Volkshilfe Wr. Neustadt als Lerncoach, Bruder Patrick (28), hat Wirtschaft studiert und arbeitet nun in der Wiener Wirtschaftskammer. Die Eltern sind zwar bekennende Sozialdemokraten, aber zu Hause gab es kein natürliches parteipolitisches Biotop, das das Leben Jeannines geprägt hätte. „Politik war nicht wirklich ein Thema. Wählen gehen ja, auch wir Kinder wurGanz oben: Starke Frau Jeaninne Gersthofer. Oben: den angehalten, von unserem Wahlrecht Gebrauch zu Werbe-Bild für die „Teenitz-Aktion“ mit StRin Jeaninne machen, aber das war’s dann auch schon. Ich wurde auch nicht in eine bestimmte Richtung gedrängt. Zu Gersthofer, GR Erik Hofer und GRin Kristin Stocker. Es begann mit einem Ferialjob - jetzt ist sie die erste Jugendstadträtin in Ternitz Stadtpolitik aktiv werden möchte. Daraus folgte dann die Kandidatur für die SPÖ, samt Einzug in den Gemeinderat. Und nach der GRW 2015 avancierte sie sogar zur Stadträtin. Gersthofer: „Im Nachhinein bin ich extrem froh darüber, dass das so gelaufen ist, und dass diese beiden mein Interesse an Politik so nachhaltig geweckt haben. Denn, um ehrlich zu sein, war mir bis dahin die Politik nicht wirklich wichtig. Erst nachdem ich mich intensiver mit der Materie befasst habe, wurde mir klar, wie wichtig die Politik für unser aller und mein ganz persönliches Leben tatsächlich ist. Wenn ich damals diesen Zugang nicht gefunden hätte – mein Leben würde heute sicherlich ganz anders aussehen.“ Mittlerweile ist Jeannine Gersthofer fixer Bestandteil der Ternitzer Kommunalpolitik und das Aushängeschild der Jugendpolitik ihrer Heimatstadt. „Was ich an der Kommunalpolitik so schätze, ist, dass Du als Einzelner in einer Gemeinde durchaus was bewirken kannst. Das macht mir unglaublich viel Freude. Wenn ich bei Veranstaltungen bin, wie z.B. beim Band-Contest, den wir unlängst veranstaltet haben, dann kriegen die Jungen mit, wer ich bin und was ich in der Gemeinde mache. Viele sprechen mich dann auch direkt darauf an, was ich tun kann – und um genau das soll es gehen. Viele, die mich kennen, reden dann mit mir auch über ganz andere Themen, wie die Flüchtlingsproblematik. Ich habe ja prinzipiell jedem gegenüber eine offene und wertschätzende Haltung. Ich denke, das strahlt aus und deswegen komme ich mit so gut wie allen Menschen recht gut zurecht. Außerdem bin ich wirklich der Meinung, dass man allein mit Kommunizieren schon viele Vorurteile ausräumen kann.“ Gerade in Ternitz hat eine gezielte Jugendpolitik bereits Tradition. Schon in den 80er Jahren machte das Jugendzentrum „Gewölbe“ mit seinem Veranstaltungsprogramm weit über die Stadt- und oft auch über die Bezirksgrenzen hinaus Furore. Und auch das heutige Jugendzentrum, für das Gersthofer politisch verantwortlich ist, setzt Maßstäbe. Geleitet von Andreas Preisinger (Lebensund Sozialberater, Vollzeitangestellter bei der Stadtgemeinde), ist es von MO-FR von 16 bis 21 Uhr geöffnet. Bei Bedarf auch am Wochenende. Täglich kommen 20 bis 30 BesucherInnen! „Dass das mit der Jugend bei uns so gut läuft, ist sicher auch ein Verdienst von Bgm. Rupert Dworak. Das ist ein Bürgermeister, der sich hier klar positioniert, sich überdurchschnittlich für die Jungen in seiner Stadt interessiert und sich ihrer Anliegen annimmt. Schon allein die Tatsache, dass er das Jugendressort mit einem Stadtratsposten aufgewertet hat, spricht Bände. Egal, was ich brauche, ich kriege bei ihm Gehör. Noch nie hab ich den Satz Das geht nicht! vernommen. Es gibt immer irgendeine Möglichkeit. Der Rupert vertritt in meinen Augen so sehr das, was die Sozialdemokratie ausmacht.“ Das jüngste Projekt der Jugend-Stadträtin heißt „Teenitz. Deine Stadt wird jung“. Gersthofer: „Mit dieser Plattform sollen unsere Jungen die Möglichkeit haben, sich zu äußern und/oder mitzuarbeiten. Diese Plattform gibt es auf Facebook, aber auch in Form von tatsächlichen Treffen und Dis- Ihr jüngstes Projekt „Teenitz. Deine Stadt wird jung“ lädt zum Mitgestalten ein kussionsrunden. Das erste ging am 2. Oktober erfolgreich über die Bühne, weitere sollen vierteljährlich stattfinden. Angekündigt werden diese Treffen in Ternitzer Amtsblatt, im Internet und in den Lokalmedien. Willkommen ist jeder im Alter von 15–25 Jahren. Das Motto des Ideenzirkels lautet: MITreden, MITbewegen, MITgestalten, MITmachen, MITbestimmen, MIT DIR.“ Zukunft in der Politik? „Ja, das kann ich mir durchaus vorstellen. Denn ich liebe es, mit und für die Menschen zu arbeiten. Ich bin wirklich froh, dass ich Soziale Arbeit studiert habe, das hat mich als 19-Jährige schon sehr geprägt. Und dann hat sich alles gefügt, es ist die Politik dazugekommen usw. Job, Studium, Politik sind irgendwie thematisch verschmolzen, alles hat sich sehr positiv ineinander gefügt – und für das alles bin ich extrem dankbar.“ 9 NÖ Kriegsflüchtlinge: SPNÖ ist bei Unterbringung vorbildlich 10 Schon mehrere Jahre wird über eine umfassende Novellierung der VRV 1997 und damit über die Einführung eines neuen Haushaltsrechts für Länder und Gemeinden diskutiert. Im April hat der Finanzminister mit der Aussendung des Begutachtungsentwurfes der Voranschlags- und Rechnungsabschlussverordnung 2015 die finale Phase eingeläutet. Am 19. Oktober 2015 wurde die VRV 2015 kundgemacht. Damit steht fest: Das neue Haushaltsrecht für Gemeinden wird kommen! Bei der Pressekonferenz (v.l.): Matthias Stadler, Rupert Dworak, Maurice Androsch, Günther Sidl. blick die Hauptlast in NÖ noch immer Traiskirchen trägt. „Auch den Gemeinden, die Transitquartiere eingerichtet haben, gebührt großes Lob. Bis heute haben wir in NÖ fast 40.000 Kriegsflüchtlinge auf ihrem Weg – meist nach Deutschland – Übergangsquartiere gegeben und betreut“, erklärt Dworak. SPÖ nimmt in Melk syrische Flüchtlingsfamilie auf: „Die Aufnahme der syrischen Familie im Haus der SPÖ des Bezirkes Melk ist ein Zeichen für eine klare Haltung, für Menschlichkeit und dass der Rechtsstaat prüft, wer hier bleiben kann“, sagt SPNÖ-Integrationssprecher Dr. Günther Sidl. „Die Familie ist in ein Netzwerk an freiwilligen HelferInnen eingebunden. Gelebte Solidarität und ein Beispiel, wie es sehr gut funktionieren kann.“ Sprache sei der entscheidende Schlüssel zur Integration, so Sidl: „Menschen, die einmal hier sind, sind Teil unseres Lebens. Nur wenn diese Deutsch lernen, kann verhindert werden, dass sie sich isolieren. Es braucht daher jede private Initiative, aber auch ein klares Bekenntnis der Politik. Etwa ein Aufstocken der Mittel für die Erwachsenenbildung und ein koordiniertes Vorgehen bei den Deutschkursen.“ Schon seit längerer Zeit steht das Grundprinzip der Reform fest: Das Rechnungswesen der Gemeinden soll in Zukunft aus einer 3Komponenten-Rechnung (Ergebnis-, Finanzierungs- und Vermögenshaushalt) bestehen. Was die neue Buchungslogik, als auch die Form und Gliederung von Rechenwerken betrifft, können sich gemdat-Gemeinden getrost zurücklehnen. Sie können darauf vertrauen, dass die Gemeinden – zum gesetzlich geforderten Zeitpunkt – mit k5 eine Rechnungswesen-Applikation zur Verfügung haben, die das neue Haushaltsrecht beherrscht und auch weiterhin alles auf Knopfdruck liefert. Auch bei der erforderlichen Vermögenserfassung und –bewertung können Sie auf die Unterstützung durch die gemdat zählen. Seit mehr als 30 Jahren ist es für uns eine Selbstverständlichkeit, alle gesetzlichen Bestimmungen in unseren Softwareprodukten rechtzeitig und benutzerfreundlich zu realisieren, sodass die Akteure in den Städten und Gemeinden darauf vertrauen können, mit einem modernen Werkzeug ausgestattet zu sein. Unsere Entwickler stehen mit dem Gesetzgeber, den Aussichtsbehörden bzw. mit Gemeinde- und Städtebund im ständigen Kontakt und garantieren für eine leistungsfähige und benutzerfreundliche Anwendersoftware. Österreichweit haben sich fast 1.200 Gemeinden für k5 entschieden, 700 (davon 170 in NÖ) haben bereits k5 erfolgreich im Echteinsatz. Als k5-Anwendergemeinde setzen Sie somit auf die Kommunalsoftware Nr. 1 in Österreich, sind Teil einer großen Familie und für die Zukunft bestens gerüstet. Informationen gemdat NÖ Tel. 02262/690, www.k-5.at., www.gemdatnoe.at WERBUNG sich über 10.000 AsylwerberInnen in der Grundversorgung des Landes, der Rest wird durch den Bund versorgt. 59 Prozent der Gemeinden sind zwischenzeitlich dem Aufruf, Flüchtlingen Unterschlupf zu geben, gefolgt. Bis Jahresende werden 12.000 Plätze in der Grundversorgung zur Verfügung stehen. „Etwa ein Drittel der Flüchtlinge erhält Asyl und wird längere Zeit bleiben. Als nächster Schritt muss deshalb auf Landes- wie auch Bundesebene die Frage der zügigen Integration geklärt werden“, so LR Ing. Maurice Androsch. „Besonders erfreulich ist für mich, dass von den 121 nö. SPÖ-Gemeinden schon 86 Gemeinden Kriegsflüchtlinge bei sich aufgenommen haben – das sind 71 Prozent aller SPÖ Gemeinden, damit liegen die sozialdemokratisch geführten Kommunen weit über dem Landesschnitt“, sagt GVV-Präsident LAbg. Bgm. Rupert Dworak. „Und es freut mich, dass dies, wie beim nö. Kommunalgipfel vereinbart, in kleinen, überschaubaren Einheiten geschieht – was der Integration dient und zum Wohle der Flüchtlinge und auch der Ortsbevölkerung ist“, so Dworak. Es dürfe aber auch nicht außer Acht gelassen werden, dass im Augen- Foto: Herbert Käfer „Stacheldrahtzäune innerhalb der EU sind antidemokratisch, unmenschlich, ein „eiserner Vorhang“ würde das Ende der europäischen Idee bedeuten – 66.000 Kilometer EU-Außengrenze müssen gesichert, aber können nicht mit Stacheldraht verbarrikadiert werden. Menschenrechte stehen nicht zur Debatte“, so LPV Mag. Matthias Stadler im Rahmen einer Pressekonferenz am 12. November in St. Pölten, bei der auch das aktuelle Plakat der SPNÖ präsentiert wurde: „Wer Zäune baut, muss aufpassen, dass er nicht irgendwann auf der falschen Seite steht!“ Gleichzeitig will sich die SPNÖ bei allen ehrenamtlichen HelferInnen für ihr Engagement bedanken, teils sogar persönlich: Der für das Asylwesen zuständige LR Ing. Maurice Androsch wird in allen Regionen des Landes Einrichtungen besuchen, die Flüchtlinge betreuen und dort den HelferInnen ein symbolisches Dankeschön überreichen. Stadler fordert, die unwürdige Situation in Europa zu beenden: „Es kann nicht sein, dass einige wenige Länder versuchen, die Flüchtlinge bestmöglich zu versorgen, während andere Staaten sich weigern. Dafür muss es Konsequenzen geben – etwa eine Kürzung der EU-Gelder.“ Weiters fordert Stadler Hotspots an den EU-Außengrenzen, eine Beschleunigung der Asylverfahren, rasche Maßnahmen zur Lenkung der Flüchtlingsströme sowie Schutzzonen in Kriegsgebieten und verstärkte außenpolitische Aktivitäten der EU zur Bekämpfung der Fluchtursachen. Die Situation in Niederösterreich: Fast 12.600 Flüchtlinge werden derzeit in NÖ betreut. Davon befinden Neues Haushaltsrecht: Mit k5 auf dem richtigen Weg! 11 Starke Minderheit „Bestrafung“ nach Mandatszugewinn Neustift-Innermanzing, Bezirk StP Warum war die SPÖ bei der GRW 2015 so erfolgreich? Edeltraud Mühlbauer: „Das hat sicher mehrere Gründe. Wir hatten ein zum Teil neues und auch verjüngtes Team und absolvierten einen Top-Wahlkampf mit flächendeckenden Hausbesuchen. Wir sind im Ort auch sehr gut vernetzt, unser Spitzenkandidat Thomas Steinmaier ist Obmann des Fußballvereines und sein Bruder Franz, der zwar nicht im Gemeinderat sitzt, aber bei uns stark mitarbeitet, ist Obmann des Tennisvereins. Wir haben mit den Menschen wirklich viel gesprochen – auch bei unseren mobilen SPÖ-Cafès, die wir mit einem Schankwagen freitags und samstags in allen Ortsteilen abgehalten haben. Und nicht zuletzt haben wir wahrscheinlich auch von der eher zerstrittenen internen Situation in der ÖVP profitiert. Der Bürgermeister ist jetzt schon Mitte 70 und in seiner dritten Amtsperiode und hat immer wieder mit eigenmächtigen 12 Entscheidungen oder vollmundigen Versprechen, die er nicht halten konnte, für Ärger und Diskussionen gesorgt. Auch in der eigenen Fraktion. Er agiert oft wie der sprichwörtliche Orts-Kaiser und lässt uns und sogar auch die eigenen Leute, was Informationen betrifft, dumm sterben.“ Wie ist aktuell die Situation im Gemeinderat, nachdem die SPÖ der ÖVP zwei Mandate abgenommen hatte? Mühlbauer: „Der Verlust von zwei Mandaten an die SPÖ hat den Nach Wahlsieg war Schluss mit Gratulationsbesuchen Bürgermeister ganz sicher sehr geschmerzt. Und Aufregung gab es von Anfang an: Kurzfristig war unser Spitzenkandidat Thomas Steinmeier sogar Vizebürgermeister. Nach seiner Wahl im Gemeinderat wurde er im Land angelobt, aber dann hat die ÖVP einen Einspruch im Land gemacht und dem wurde statt gegeben. Schließlich kam es zu einer Neuwahl und der neue Vizebürgermeister kommt nun aus der ÖVP. Wie sehr die ÖVP unser Zugewinn getroffen hat, kann man auch daran sehen, dass wir quasi über Nacht von den üblichen Glückwunschbesuchen der Gemeinde bei Jubilaren oder Familien mit Babynachwuchs ausgeschlossen wurden.“ Gibt es mit der ÖVP nun eine Zusammenarbeit oder gar ein Arbeitsübereinkommen mit der ÖVP? Mühlbauer: „Nein, wir fahren einen Oppositionskurs, denn der InfoFluss zu uns ist noch immer sehr spärlich. Aber wir haben jetzt mit Thomas Steinmaier und Jürgen Strutzenberger zwei Mandatare im Gemeindevorstand und da tun wir uns schon ein wenig leichter. Trotzdem müssen wir feststellen, dass wir auch im Vorstand nicht alles erfahren, weil auch dort viele Informationen wegen uns ausgespart werden. Ich selber bin die Obfrau des Prüfungsausschusses. Mit den Fraktion und harter Kern der SPÖ-Neustift-Innermanzing (v.l.), 1.Reihe: GGR Thomas Steinmair, GRin Edeltraud Mühlbauer (Fraktions-, Ortspartei- und Prüfungsauschussvorsitzende), GGR Jürgen Strutzenberger; 2. Reihe: GR Michael Kracher, GRin Sahra Hawle-Edel, Bärbel Wetl, Heinz Buttinger, Helga Fuger, Franz Steinmair, Kevin Winkler; 3. Reihe: GRin Roswitha Zarda, Helmut Grabner, GR Günther Schmolz, Christoph Hörig. Fotos: SPÖ Neustift-Innermanzing Fraktions- und Ortsparteivorsitzende GRin Edeltraud Mühlberger (42) arbeitet als Werksköchin in Sankt Pölten. Sie ist auch Chefin der Kinderfreunde Neustift-Innermanzing. Die schwarze Mehrheit in der 1.500-Einwohner Gemeinde Neustift-Innermanzing ist seit der GRW 2015 nur mehr hauchdünn. 10 ÖVP Mandate (-3) stehen nun 6 SPÖ (+2), 2 Grüne (+1) und einem FPÖ Mandat gegenüber. Die „Bestrafung“ der erfolgreichen SPÖ durch die empfindlich geschrumpfte ÖVP erfolgte prompt. Die SozialdemokratInnen unter Fraktionschefin Edeltraud Mühlberger dürfen nicht mehr mit auf „Gratulationstour“... Grünen und den Blauen hingegen funktioniert die Zusammenarbeit recht gut. Es gibt auch regelmäßig gemeinsame Anträge der Opposition, die auch immer wieder mal tatsächlich beschlossen werden. Im Gegenzug stimmen wir natürlich auch für ÖVP-Anträge – wenn wir diese für sinnvoll erachten.“ Partei-Events im Jahresverlauf? Mühlbauer: „Der Maskenball unserer Kinderfreunde ist sehr beliebt. Heuer im Sommer hatten wir zum ersten Mal eine Oldtimer-Rallye organisiert, die war so erfolgreich, dass wir uns eine Neuauflage überlegen. Fixpunkt ist auch unser großer Krampus-Rummel, zum dem auch Gast-Gruppen geladen werden und zu dem immer viele, 1.000 bis 1.500, Besucher kommen. Am 30. Oktober gehen die Kinderfreunde traditionell mit den Kids in Kostümen von Haus zu Haus und sammeln Süßes und Spenden. Das Geld kommt immer einem karitativen Zweck für be- dürftige Kinder zugute. Heuer wurde die Aktion insofern boykottiert, als dass an diesem Tag unmittelbar VOR unserem Umzug eine kleine Gruppe, organisiert vom Elternver- Es herrscht noch immer Angst vor Repressalien ein der VS, ihre Tingeltour machte… Ansonsten haben wir keine eigenen Events, weil es im Ort viele Vereine gibt, die auch ihre eigenen Veranstaltungen machen. Aber die SPÖ ist immer mit ihren Leuten bei diesen Events präsent.“ Wie wichtig ist der Fraktion Öffentlichkeitsarbeit und was passiert hier? Mühlbauer: „Die Öffentlichkeitsarbeit ist uns sehr wichtig und liegt bei uns in mehreren Händen. Unsere Zeitung Der rote Bote erscheint viermal im Jahr, vor Wahlen öfter. Es gibt auch bezahlte Anzeigen von Betrieben im Ort im Blatt. Produziert wird er von Ernst Schlager und Heinz Buttinger. Schlager betreut auch unsere Homepage. Den Kontakt zur Bezirkspresse pflegen Thomas Steinmaier und ich. Wir machen auch Plakat-Aktionen und/oder hängen Transparente auf. Nicht nur aus politischen Anlässen, sondern immer auch vor den Feiertagen – z. B. mit unseren Weihnachtswünschen. Wie schwierig ist es, neue Mitarbeiter zu finden? Mühlbauer: „Obwohl wir uns nun mit ein paar Jungen verstärkten konnten, ist es in der Regel für uns sehr schwierig, neue Mitstreiter zu finden. Die Menschen sind leider immer weniger bereit, sich politisch zu engagieren. Und speziell beim Engagement für die SPÖ spielt in Niederösterreich sicher immer noch die Angst vor Repressalien eine Rolle.“ Ziel für die GRW 2020? Mühlbauer: „Das ist klar: Die ÖVP-Mehrheit brechen, ihr wenigstens noch ein Mandat abnehmen. Dann müssen die politischen Karten in der Gemeinde völlig neu gemischt und verteilt werden.“ 13 Frau kommunal Gewalt gegen Frauen geht uns alle an Gewalt an Frauen hat viele Formen. Strukturell haben Frauen mit vielen Diskriminierungen zu kämpfen – eine, die Existenz wesentlich betreffende, ist das ungleiche Einkommen. Auch sexuelle Übergriffe – kaum eine Frau hat solche im Laufe ihres Lebens nicht erfahren. Gewalt in der Familie ist eine besonders schlimme Form, denn hier geht von jenem Menschen Gefahr aus, der einem besonders nahe steht und das eigene Heim, das ein Ort der Geborgenheit sein sollte, ist gefährlicher als die dunkelste Straße. Auch im Krieg sind Frauen und Kinder besonders gefährdet und werden zur Destabilisierung des Gegners entführt, gefoltert und vergewaltigt. Dieser Form von Ge- walt an Frauen gedenken die SPÖFrauen ganz besonders an den Internationalen Tagen gegen Gewalt an Frauen vom 25. November bis 10. Dezember. In vielen Bezirken und Gemeinden finden dazu Lesungen statt. Leider gibt es viele schockierende und berührende Lebensberichte von Frauen auf der Flucht, aus denen ausgewählt werden muss – auch wenn sie alle erzählt werden sollten. Von Gewalt bis hin zum Mord sind viele Frauen betroffen, egal welcher Nationalität, Hautfarbe, religiöser Zugehörigkeit oder sexueller Ausrichtung. Um ein sichtbares Zeichen gegen Gewalt zu setzen – abgesehen von Veranstaltungen – gibt es für alle Gemeinden und Organisationen die Möglichkeit, eine Fahne zu hissen. Die Fahne „Frei Leben ohne Gewalt“ ist auch über unsere SPÖ NÖ Landesfrauenorganisation zu beziehen und ein deutliches Signal für ein gewaltfreies Leben, denn „Der starke Mann ist stärker ohne Gewalt“, sagte schon Berthold Brecht. Die Menschlichkeit einer Gesellschaft zeigt sich nicht zuletzt daran, wie sie mit den schwächsten Mitgliedern umgeht. Helmut Kohl, 15.5.1998 von Anni Mitterlehner, Landesfrauengeschäftsführerin der SPÖ Niederösterreich. Der GVV unterwegs auf Info-Tour In sechs Abendveranstaltungen wurden die Schwerpunkte für 2016 präsentiert Ewald Buschenreiter und Dir.-Stv. GR Karl Zimmerl) den GemeindeMandatareInnen seine Arbeitsschwerpunkte für 2016 nahe brachte. Und Profi-Consulter Franz Kornberger, der schon lange und ausge- Bild oben (v.l.): Franz Kornberger, Karl Zimmerl, LAbg. Günter Sidl, Präs. Bgm. LAbg. Rupert Dworak, Bgm. Toni Gruber, LAbg. Bgm.in Renate Gruber bei der GVV-Info-Tour in Melk. Bild rechts: der GVV-Info-Abend in Stockerau. 14 zeichnet mit dem GVV zusammenarbeitet, analysierte mit den Gemeinden ihre Strukturdaten und präsetierte die Eckpfeiler der Sekundäranalyse, so wie der aktuellen Wertestudie. Fotos: SPÖ-GVV-NÖ Melk, Schwarzenau, Stockerau, Bad Vöslau, St. Pölten und Breitenau am Steinfeld waren im Herbst die Stationen, bei denen der GVV (vertreten mit Präsident LAbg. Bgm. Rupert Dworak, Dir. StR 15 SJ Den Jungen zeigen, wie wichtig es ist, politisch aktiv zu sein! Bei ihrer Landeskonferenz Ende September hat sich die Sozialistische Jugend NÖ eine neue Führung verpasst. Die neue Vorsitzende Julia Jakob (20) und der neue Landesgeschäftsführer Daniel Gürtler (21) im KI-Interview. 16 schließlich sind das unsere Wurzeln. Und dass der Kampf gegen rechts einer ist, auf den man sich immer wieder neu besinnen muss.“ Sind die Jungen wirklich so politikverdrossen, wie es immer wieder heißt? Julia Jakob: „Überhaupt nicht. Ich glaube es ist so, dass das, was mit Politik assoziiert wird, oft ein sehr enges Bild ist, das vielleicht tatsächlich eher wenige Leute interessiert. Z.B.: Politik ist das, was dann in der Zeitung auf Seite 2 abgehandelt wird. Irgendeine Plenarsitzung, oder sonst was. Da kann ich mir schon gut vorstellen, dass das für viele Jugendliche abgehoben und weit weg wirkt. Aber alle interessieren sich für ihre Jobchancen, ihre Lehrstelle. Interessieren sich dafür, wie sie in ihre Schule, zur Uni kommen. Alle interessieren sich dafür, wo sie wohnen und ob sie sich das leisten können. Das sind ja Themen, die hochpolitisch sind. Und diese Verbindung kann man dann ganz leicht herstellen. Die Jungen sind also nicht politikverdrossen. Eher wird ihnen eingeredet, dass sie an der Politik eh nichts ändern können. Aber das stimmt halt überhaupt nicht.“ Was erwartet sich denn die Jugend von der Politik? Julia Jakob: „Man darf schon einmal nicht den Fehler machen und sagen: Es gibt DIE Jugend. Weil die Erwartungen der Einzelnen sind sehr unterschiedlich. Und meistens auch auf die direkte Lebensrealität bezogen. Eine junge Frau, die versucht, von zu Hause auszuziehen und dabei von ihren Eltern nicht unterstützt wird, wird ganz andere Probleme und Ansprüche an die Politik haben, als ein junger Arbeiter, der sich schwer tut, eine Lehrstelle zu finden. Da gibt es sehr unterschiedliche Wünsche. Aber was sich alle quer durch die Bank erwarten, ist, dass sie endlich ernst genommen werden. Weil Jugendliche und auch ihre Anliegen sind in der Politik total unterrepräsentiert. Und das quer durch alle Parteien.“ In den 80er-Jahren konnte die SJ mit ihren vielen und vielfältigen Events bei den Jungen gewaltig punkten. Schon allein deshalb, weil das restliche VeranstaltungsAngebot so dünn war. Heute hat sich das total gewandelt. Wie kann man jetzt die Jungen erreichen? Daniel Gürtler: „Wir haben unsere Jugendkulturschiene Restart, mit der wir durchs Land touren und versuchen, vor allem in kleinen Gemeinden, die vielleicht gerade mal eine Veranstaltung der Landjugend oder ein Feuerwehrfestl haben, jugendpolitische kulturelle Akzente zu setzen. Wir haben in diesem Zusammenhang auch am 12. Dezember unser Final Desti- Das neue Führungs-Duo bei der SJNÖ: Landesvorsitzende Julia Jakob und Landesgeschäftsführer Daniel Gürtler. Foto: SJNÖ Julia, Du bist der neue Kopf an der SJNÖ-Landesspitze. Wie wirst Du es denn anlegen? Julia Jakob: „In Zeiten wie diesen muss der Fokus klar darauf gerichtet werden, dass man jungen Menschen zeigt, wie wichtig es ist, politisch aktiv zu sein. Und dass man ihnen klar macht, wie wichtig es auch ist, dass man sich hierbei organisiert. Dass es nicht reicht, wenn man ab und zu ein FacebookPosting absetzt, dass man es blöd findet, was gerade passiert. Sondern dass man selber aktiv sein muss und das auch sein kann. Das gehört den Jugendlichen deutlich gesagt, denn das kriegt man in der Schule nicht mit auf den Weg, in der Lehre nicht und auch beim Studium nicht. Also will ich die Wichtigkeit des Sich-politisch-Organisierens vermitteln und dazu animieren, das auch gleich auszuprobieren. Inhaltlich liegt unser Schwerpunkt auf der Arbeit gegen Rassismus, gegen Rechtsextremismus im Allgemeinen und gegen neofaschistische Ekeltaten, wie sie derzeit leider wieder vermehrt passieren, im Besonderen. Das interessiert und betrifft sehr viele Jugendliche und hier gibt es auch großes Potential dafür, dass die Jugendlichen aktiv werden wollen. Das ist für uns als Sozialistische Jugend etwas extrem Wichtiges, denn nation in Obergrafendorf, ein riesengroßes Festival in der Pielachtalhalle. Ich glaube, dass es diesen Mix, diese zweischienige Strategie geben muss, einerseits die Jugend kulturell mit Veranstaltungen ansprechen und wo sich gleichzeitig die Möglichkeit bietet, sich politisch einzubringen und seine eigenen Interessen abzusetzen.“ Julia Jakob: „Man muss auch sehen, dass Jugendkultur mit ihren Veranstaltungen und Events etwas sehr Politisches ist. Und gerade am Land es gibt es oft keinerlei entsprechenden Angebote. Das ist selbstverständlich auch ein politisches Problem. Und wenn man sich jetzt noch anschaut, dass Vereinsfeste – über alle Parteigrenzen hinweg – kriminalisiert werden, dann ist das auch ein Problem, das das bestehende Angebot weiter ausdünnen wird. Da ist es für eine politische Organisation, die das akti- ve Teilhaben der Jugend an der Gesellschaft fördern möchte, wichtig, Akzente zu setzen und Angebote zu schaffen.“ Wie wichtig sind in der politischen Jugendarbeit soziale Medien? Welche sind Eurer Erfahrung nach dafür besonders nützlich? Julia Jakob: „Facebook ist hier nicht mehr wegzudenken. Wir nutzen Facebook auf vielfältigste Art und Weise. Wir haben eine eigene Fan-Page, wir kommunizieren hier über anstehende Veranstaltungen, über inhaltliche Sachen, auch über SJ-interne Angelegenheiten, wenn wir z.B. Fotos von unserer Landeskonferenz hochladen. Und über diese Plattform schreiben uns dann auch viele Jugendliche an, melden sich, sagen, dass sie es cool finden, was wir so machen – oder tragen sich zur Mitarbeit an.“ Daniel Gürtler: „Nur zur Veranschaulichung: Wir hatten unlängst ein Posting zur Westbahn, als sich die Verantwortlichen über die Flüchtlinge echauffiert hatten, und wir schafften mit diesem Posting eine Reichweite von 23.000. Das ist schon bemerkenswert: Eine Arbeit von fünf Minuten, in denen ich dieses Posting erstelle und dann so eine Reichweite. Das zahlt sich aus.“ Julia Jakob: „Twitter hingegen ist in Österreich hauptsächlich ein Spielzeug für Journalisten und Journalistinnen. Für die Jugendarbeit bringt Twitter kaum was, wir nutzen den Dienst nicht sehr. Instagram hingegen, das wir im Augenblick auch noch nicht intensiv nutzten, hat da für uns viel mehr Potential. Besonders im Altersbereich von 14 bis 17 Jahre. Da wollen wir künftig verstärkt reingehen. Das funktioniert ähnlich wie Facebook, hat aber den Fokus auf Bilder. Auch das kann man gut zur Verbreitung von politischen Botschaften einsetzen.“ 17 Starkes Interview „Ein Realitäts-Check sollte BürgermeisterInnen dazu bringen, sich weiterzubilden!“ Fotos: www.fotoplutsch.at Der Wiener Neustädter Historiker, Autor, Verleger und Philosoph Michael Rosecker (45) ist Bereichsleiter am renommierten Renner-Institut, zuständig für Politisches Management, Grundlagenarbeit, Aus- und Weiterbildung. Im KI-Interview spricht der ehemalige Gemeinderat u.a. über die Bedeutung der Kommunalpolitik und die neuen Anforderungen des BürgermeisterInnen-Amts. 18 Auf die Kommunalpolitik wird in Österreich ganz gerne „von oben hinunter geschaut“. Diese Geringschätzung lassen vor allem Politiker höherer Ebenen oder auch Journalisten sogenannter Qualitäts-Medien immer wieder unverblümt durchblicken. Sie hingegen verfassen wissenschaftliche Aufsätze mit dem Titel „Nahräume der Demokratie - Brennpunkt Kommunalpolitik“. Wie wichtig ist denn nun die Kommunalpolitik wirklich? Auch in einer globalisierten Welt ist meines Erachtens und davon bin ich tief überzeugt, die Kommunalpolitik von entscheidender Bedeutung. Denn die Menschen verbringen noch immer ihr Leben vor allem in ihren Nahräumen – und das sind die Kommunen. Und diese zu gestalten ist erstens eine wunderbare und zweitens eine sehr wichtige Aufgabe. Denn die Kommunen sind auch das Eingangstor zur Demokratie und das Fundament der Demokratie. Und das Klein-Reden oder GeringSchätzen, das halte ich für einen schweren gesellschaftspolitischen Fehler. Hier gibt es auch viel zu tun. Denn die Veränderungen, die diese globalisierte Welt mit sich bringt, haben natürlich auch die Gemeinden erreicht. Und für mich ist es eine zentrale sozialdemokratische Aufgabe in dieser Situation die sozialen Fragen, die Gerechtigkeitsfragen, aber auch die Beteiligungsund Freiheitsfragen in der heutigen Zeit neu zu verhandeln und hier auch neue Projekte zu wagen. Die Anforderungen an das Bürgermeisteramt und die Verant- wortlichkeiten die damit einhergehen werden immer größer. Was müssen die BürgermeisterInnen 4.0 können? Wie sehr verändert sich das Amt und der Blick der Öffentlichkeit auf seine InhaberInnen? Zunächst bin ich mal der Überzeugung, dass die BürgermeisterIn 1.0 auch beim Zukunftsmodell 4.0 noch immer Aufgaben und Anforderungen hat, die damals wie heute noch essentiell sind. Man muss, und das möge eine Phrase sein, aber es ist nicht selbstverständlich, die Menschen mögen. Man muss offen auf Menschen zugehen, man muss immer eine offene Tür für die BürgerInnen haben. Das war vor 70 Jahren so und das wird in 70 Jahren immer noch so sein. Das ist basic. Das gilt es heute sogar noch zu intensivieren, weil der Zugang vieler Menschen zu den Parteien und über die Parteien zur Politik ein distanzierterer ist, als noch in den 1970er-Jahren unter Kreisky. Natürlich haben sich in den letzten Jahren die Anforde- „Es ist alles viel komplizierter geworden“ rungen an dieses Amt vervielfältigt. Es ist im Sinne Fred Sinowatz alles viel komplizierter geworden. Weil sich die Selbstverständlichkeiten der Menschen, wie Politik funktionieren soll, gravierend verändert haben, auch die Ansprüche der Menschen sind höher und größer geworden. Da muss man als Bürgermeisterin, als Bürgermeister entsprechen und das ist schwierig. Als BürgermeisterIn der Zukunft muss man auf das Nahe und Kleine achten, aber auch den Blick auf das Große, auf das Veränderte und auf neue Wege und neue Entwicklungen richten. Das ist sicher herausfordernd, weil viele dieser Dinge nicht naheliegend sind. Braucht es da künftig spezielle Ausbildungen. z.B. im Managementbereich? Ja, ich bin überzeugt, Fragen FACT-SHEET Mag. Dr. Michael Rosecker * 4. März 1970 in Wiener Neustadt; Historiker, Philosoph, Verleger, Autor; SPÖ-GR in Wr. Neustadt von 2006- 15; Vorsitzender des Bundes sozialdemokratischer AkademikerInnen im Bezirk Wiener Neustadt. Rosecker studierte Geschichte und Philosophie an der Universität Wien und war im Industrieviertel-Museum Wiener Neustadt tätig. Er arbeitet als Bereichsleiter für Politisches Management und Grundlagenarbeit am Dr.-Karl-Renner-Institut in Wien. Abteilung: Politische Aus- und Weiterbildung und Grundlagenarbeit. Im Jahr 2001 war Rosecker federführend an der Gründung des Vereins Alltag Verlag beteiligt. Ein Buchverlag mit Sitz in Wiener Neustadt, der vor allem wissenschaftliche Literatur publiziert. Verlegt werden unter anderem Michael Amon, Michael Rosekker, Thomas Schmidinger und Werner Sulzgruber. Der Verlag hat sich als ehrenamtlicher Verein konzipiert, dessen Obmann Michael Rosecker ist. Vereinsmitglied bis zu seinem Tode war auch der Widerstandskämpfer und Sozialforscher Karl Flanner, von dem ebenfalls fünf Bücher beim Alltag Verlag erschienen sind. Roseckers politisches Credo: Gerechtigkeit heißt Gleichheit und Freiheit verbinden. 2002 erhielt Michael Rosecker den Anerkennungspreis des Landes NÖ für Erwachsenenbildung für sein Buch „Zwischen Provinz und Internationale“. 19 Starkes Interview Kommunalpolitik sehr schnell ein Problem. Weil wir dürfen eines nicht vergessen und das wir sehr oft übersehen oder gar ignoriert: Die Menschen sind heute massiv gebildeter als früher unter Bruno „Ansehen und Respekt müsen heute verdient werden“ Kreisky. Das zeigt sich in jeder einschlägigen Statistik, das kann man sich anschauen. Mit der Bildung sind natürlich auch Ansprüche und Kritikfähigkeit der Menschen größer geworden. Und das ist eine gewaltige Herausforderung, der man sich stellen muss. So Selbstverständlichkeiten wie früher gibt es einfach nicht mehr. Ansehen und Respekt müssen heute erst verdient werden und gehen nicht mehr automatisch mit dem Amt einher. Die Menschen wollen heute auch mehr mitentscheiden und mitwirken können. Bürgerbeteiligung, in all ihren Formen, ist also Gebot der Stunde und Rezept für die Zukunft. Sie haben sich ja mit Bürgerbeteiligung auch schon intensiv auseinandergesetzt. Unter anderem auch bei der einschlägigen Enquete des GVV 2012 in Schwechat… Genau. Dieses alte Bild „Wir ma- chen Politik für Euch“ – damit wird man heute nicht mehr sehr weit kommen. Heute muss man Politik mit den Menschen machen, sie in die Entscheidungen einbeziehen. Politische Aus- und Weiterbildung gehören zu Ihrem Brotberuf. Wo sehen Sie hier bei unseren MandatarInnen und FunktionärInnen aktuell die größten Defizite? Wo setzt das Renner-Institut im Augenblick Schwerpunkte in Sachen Weiterbildung? Unser Ausbildungsangebot ist nicht defizitorientiert. Sondern wir wollen einfach Kompetenz stärken und erweitern. Hier gibt es ein paar Themen, die sind für uns zentral. Das Erste ist die Notwendigkeit einer starken Repolitisierung der politischen Struktur der Sozialdemokratie. Ich glaube auch, dass eine stärkere, pointierte, auf Grundwerte und Interessenslinien fokussierte Politik nötig ist damit man unterscheidbar bleibt, damit man erkennbar bleibt. Hier ist viel zu tun. Nämlich auch die politischen Inhalte zu adaptieren an neue gesellschaftliche Gegebenheiten. Vieles kann man aus der Geschichte lernen, aber manche neue Wege muss man neu beschreiten. Fotos: www.fotoplutsch.at des Managements – jetzt nicht im betriebswirtschaftlichen Sinne, aber doch in Fragen der zielgerichteten Organisation, in Fragen der Transparenz, des Controllings, der Effektivitätsprüfung von politischem Handeln, das sind Fragen, denen sich BürgermeisterInnen der Zukunft stellen müssen. Bei vielen unserer Vorstellungen, wie Politik funktioniert, da müssen wir jetzt an einigen Schrauben drehen, weil sich da so einiges verändert hat, so wie auch im Alltagsleben der Menschen. Ein Realitäts-Check sollte die BürgermeisterInnen dazu bringen, sich weiterzubilden, um all den neuen Anforderungen gerecht werden zu können. Erstens muss man wahrnehmen, dass wir in einer pluralen Gesellschaft leben. Die Lebensstile, die Arbeitsweisen haben sich sehr verändert. Die Werthaltungen sind vielschichtiger, die Wahlmöglichkeiten sind mehr geworden. Mit dieser neuen Pluralität muss man erst mal zurechtkommen. Die alten Muster, hier auf der einen Seite die ArbeiterInnen und dort ist das Bürgerliche, sind überholt, dieser Setzkasten ist jetzt neu formatiert. Wenn man das nicht erkennt, bekommt man heute in der 20 Das Zweite sind natürlich auch Fragen wie: Wie kann man heute Organisationen aufsetzen, dass sie transparenter sind und dass sie auch niederschwellig sind, so dass die Menschen zur Politik auch leicht Zugang finden? Gefragt sind niederschwellige Formen, die es den Menschen möglich machen, bei bestimmten Projekten einfach mitmachen, sich einbringen können. Das bedeutet wohl auch eine Öffnung der Parteigrenzen… Das alte Lagerdenken, hier sind die unsrigen und dort sind die anderen, muss beendet werden. Mit diesen Vorstellungen kann man heute nicht mehr operieren, Die Schnittstelle Gesellschaft/BürgerInnen/Partei muss niederschwelliger werden. Wie schaut es Ihrer Wahrnehmung nach, mit der Öffentlichkeitsarbeit in der SPÖ aus? Die Öffentlichkeitsarbeit ist unumstritten ein wesentlicher Pfeiler jeder Politik. Die klassische Haltung ist hier: Wir senden nach draußen und informieren. - Aber so eine One-way-Kommunikation allein ist halt zu wenig. Die Öf- fentlichkeitsarbeit darauf zu reduzieren, greift zu kurz. Die Menschen wollen heute natürlich sehr wohl auch informiert werden. Sie wollen aber auch mitreden. Da muss ich Kanäle öffnen, damit das Return-to-Sender auch funktioniert. Präsenz auf Facebook? „Unbedingt, aber mit Hirn!“ Die Bedeutung der medialen Kommunikation ist selbstverständlich auch noch sehr groß, aber auch hier hat sich viel verändert. Man kann sicher vieles, wie Medienpolitik heute funktioniert, kritisch hinterfragen, aber es ist auch ein Fakt, dass man hier heute mehrere Kanäle bespielen muss. BürgermeisterInnen der Generation 4.0 haben heute viele Aufgaben in der Kommunikation, die es vor 20, 25 Jahren noch gar nicht gegeben hat. Wie die sozialen Medien, Facebook, Twitter. Müssen sich BürgermeisterInnen dort engagieren? Ja, das ist notwendig. Allein schon um die Net-born-Generation zu erreichen. Also jene Menschen, die in diese Technologie schon hineingeboren wurde. Dazu ist das unerläßlich. Aber bitte mit Hirn! Einfach nur zu sagen Hurra, hier bin ich und irgendwelches Zeug ins Netz zu stellen, das reicht sicherlich nicht. Man muss die Funktionsweisen und Regeln dieser Medien gut beherrschen, um sie sich zunutze machen zu können. Denn die neuen Medien bergen einiges an Gefahren in sich. Wenn man sich damit nicht auseinandersetzt und im Netz unbedacht, z. B. mit fürchterlichen oder all zu privaten Fotos agiert, kann das schnell kontraproduktiv werden. Und je urbaner das politische Feld ist, um so wichtiger sind die Sozialen Medien. Sie waren ja auch lange Zeit Gemeinderat in der roten Hochburg Wr. Neustadt. Zwar sind die Sozialdemokraten in der „Allzeit Getreuen“ immer noch die stimmenstärkste Partei, aber regiert wird die Stadt seit heuer vom schwarzen Landtagsklub-Chef Klaus Schneeberger, den eine sogenannte „bunte“ Koalition zum Bürgermeister gewählt hat. Was ist da schief gelaufen? Wie haben Sie das alles erlebt? 21 Starkes Interview Europa lange Zeit nicht reagiert, um die entsprechenden Strukturen zu schaffen, um den zu erwartenden Flüchtlingsstrom zu bearbeiten, diese Menschen aufzunehmen – aufbauend auf den Grundrechten, auf die wir in Europa so stolz Wie wir wissen, war diesmal die Ausgangssituation sehr schwierig. Auch die wirtschafts- und finanzpolitische Lage war natürlich eine Herausforderung für die Sozialdemokratie. Und es hatte sich schon im Vorfeld abgezeichnet, dass es eine breite Allianz geben wird, um die absolute Mehrheit der SPÖ zu brechen. Das Motto lautet: Alle gegen einen. Das ist dann auch gelungen, aber die Sozialdemokratie blieb mit mehr als 40% der Wählerstimmen immer noch stärkste politische Kraft in der Stadt. Trotzdem hat diese sogenannte bunte Koalition Klaus Schneeberger zum Bürgermeister gemacht. Im Detail ist sie dann gar nicht so bunt, auch wenn die Grünen mitmischen bleibt sie im Kern schwarz-blau mit Anhang. Aber wie ist es nun dazu gekom- 22 men? Vielleicht wurde in Wiener Neustadt auf die schon oben angesprochene Vielfalt der heutigen Stadtgesellschaft, auf diese Pluralität, von der SPÖ teilweise zu wenig reagiert. Dass man hier sehr stark auf die gute, große und erfolgreiche Tradition der Sozialdemokratie in Wiener Neustadt gebaut hat und gleichzeitig vielleicht ein paar Zukunftsthemen zu wenig im Blick hatte. Aber selbstverständlich hat die SPÖ noch immer gute Chancen, den jetzigen Zustand zu verändern. Auch weil das Gegenüber, Schwarz-Blau mit grauem Anhang, eine klare politische Agenda fährt und an dieser Agenda und diesen Konflikten kann und muss man ansetzen und eine klare sozialdemokratische Linie herausarbeiten. Sie haben sich auch mit dem Thema Integration viel beschäftigt. Das hochaktuelle heiße Eisen Asyl für Kriegsflüchtlinge spaltet die österr. Bevölkerung. Die eine Hälfte sagt, „Das Boot ist voll!“, die andere Hälfte meint, wir könnten noch viel mehr tun, sprich mehr Menschen aufnehmen. Wie sehen Sie das? Die Situation ist eine Herausforderung für ganz Europa. Und es ist eine Situation, die nicht plötzlich vom Himmel gefallen ist. Leider wurde darauf in Fotos: www.fotoplutsch.at „Die neue Pluralität wird nicht mehr weggehen“ sind. Dass diese Katastrophen in Syrien und im Irak schwerwiegende Folgen haben werden, war sehr wohl absehbar, aber Europa hat sich lange um dieses Problem gedrückt. Das ist jetzt für viele Menschen sehr herausfordernd, auch in Österreich. Aber eines muss uns klar sein: Diese globalisierte Welt erreicht irgendwann uns alle. Und nicht nur über die Konsumgüter. Man hat gerne die Globalisierung in Sachen Reisen und Konsum. Aber damit verbunden sind auch Menschen und nicht nur Finanztransaktionen. Eine aufgeklärte, zukunftsorientierte und ehrliche Politik muss den Menschen heute klar vor Augen führen, dass Pluralität, verschiedene Formen des Lebens und eine Vielschichtigkeit im Alltag, wie wir sie heute haben, nicht mehr weggehen werden. Das ist eine Tatsache und mag auch schwierig sei, aber das ist auch eine große Chance! Und all jene, die den Menschen Gegenteiliges einzureden versuchen und alte Bilder von kulturell homogenen Nationalstaaten als Botschaft und als Ziel vor Augen führen, die sind naiv oder bösartig. Denn erstens war diese Welt auch in der Vergangenheit nicht immer segensreich und zweitens wird sie in ihrer positiven Form mit Sicherheit nicht mehr kommen, sondern nur mehr als Katastrophe. Auch die sozialen Ungleichhei- ten sollte man bei dieser Thematik nicht vergessen, denn meistens werden die Probleme ja nur am kulturellen Sektor angesprochen. Dahinter stecken aber soziale Fragen, soziale Benachteiligungen und Verteilungsfragen. Das wird in unserer Gesellschaft oft ausgeblendet. Und hier ist es zentrale Aufgabe einer sozialdemokratischen Kommunalpolitik, Menschen dabei zu begleiten, neue Formen des Zusammenlebens, des MiteinanderSprechens zu finden. Es mag banal klingen: Aber die klassische Arbeit, Menschen im Gemeindebau, in der Siedlung zusammenzuführen und gemeinsam etwas für die Gemeinde zu schaffen - das sind heute Kernaufgaben der Politik. Neue Formen der Kooperation, der Kommunikation, des Miteinanders. Und da funktionieren die alten Vorstellungen, wie Politik tickt, eben nicht mehr. Man wird viel Neues ausprobieren müssen, manches wird auch scheitern, aber allein der Versuch, hier neue Wege zu gehen, wird belohnt werden. 23 1 2 3 1 Der Turm der Pfarrkirche ist mit 88m der höchste in NÖ. 2 Motorshow am Sportflugplatz 3 A Chorus Line 4 Der einmalige Auwald, ganz nah an der Stadt, ist hier gut erkennbar, ganz im Hintergrund das Kraftwerk Greifenstein. Orts-Reportage Stockerau, Bezirk Korneuburg Stadt mit Naturpark-Anschluss Bild links: das imposante Rathaus. Bild oben: der prächtige historische Sitzungssaal der Stadtgemeinde. 24 Fotos: Stadt Stockerau, Dr. Maria-Andrea Riedler Die größte Stadt des Weinviertels ist auch eine der vielfältigsten des Landes. Ein urbanes Kleinod, mit Schwerpunkten in Kultur und im Schulbereich. Und mit einem geschützten Naturjuwel, der Stockerauer Au, vor der Haustür. Das alles und noch mehr sorgt für eine hohe Lebensqualität seiner BürgerInnen. Die Infrastruktur, die kaum Wün- von Wien, machen Stockerau zum „Wir sind Schulstadt, Kulturstadt sche offen lässt, und die verkehrs- begehrten Wohnort am Rande des und Sportstadt. Und zwar in dieser günstige Lage, 25 km nordwestlich Wiener Speckgürtels. Reihenfolge. Und wir sind geprägt 4 von einem überdurchschnittlich großen Bevölkerungszuwachs. Das liegt an der hohen Lebensqualität, die wir unseren Bürgern bieten und an den ausgezeichneten Verbindungen nach Wien“, weiß Bürgermeister Helmut Laab (59), der 33 Jahre als Bankangestellter gearbeitet hat. 1991 hatte Stockerau noch 13.600 Einwohner. Seither ist diese Zahl um satte 6,2 Prozent gewachsen - und das bei einer negativen Geburtenbilanz! Laab: „Der stete Zuzug birgt auch Gefahren, nämlich, dass wir zu einer Schlafstadt werden. Das ist die Herausforderung da- bei, dass die Menschen, die hier her ziehen, auch am Leben in der Stadt teilnehmen.“ Auf jeden Fall boomt der Wohnungsbau. Seit einigen Jahren werden jährlich rund 100 neue Wohnungen (Genossenschaften) errichtet. Neue Gemeindewohnungen werden nicht mehr gebaut, aber die 800 bestehenden laufend saniert und auf höhere Standards gebracht. Auch ein Projekt „Junges Wohnen“ ist laut Bürgermeister in Vorbereitung. Was ebenfalls sehr für einen Umzug nach Stockerau spricht, ist die Tatsache, dass die Stadt ein echtes Bgm. Helmut Laab (3.v.l.) zu Gast beim türkischen Fest. Stadtpfarrkirche Naturjuwel vor ihren Toren hat. Die Stockerauer Au ist seit 1994 Naturschutzgebiet. Sie ist eine der letzten großen zusammenhängenden Auen Mitteleuropas und wird von einem sogenannten Gießgang bewässert. Das ist ein künstlich geschaffener Fluss, der im Zusammenhang mit der Errichtung des Donaukraftwerkes Greifenstein im Jahr 1984 fertiggestellt wurde. „Das ist unsere grüne Lunge, ein Naherholungsgebiet, ein echter Schatz, der für Spaziergänger und Radfahrer offen ist“, kommt Laab ins Schwärmen. Selbstverständlich gibt es in Stok- Publikumsmagnet Weihnachtsmarkt Sebastianikirche. 25 1 1 kerau auch ein starkes Pendlerwesen, derzeit stehen 4.000 Auspendlern, 3.800 Einpendlern gegenüber. Mehr als 4.000 Jobs bietet die Stadt, Leitbetrieb ist M.U.T. - das durch seine Müllauto-Produktion allseits bekannte Unternehmen für Fahrzeug- und Gerätebau, Fördertechnik, Umwelttechnik, Wasserund Abwassertechnik hat hier sein Stammhaus und beschäftigt derzeit rund 200 MitarbeiterInnen. Finanziell steht die Stadt gut da, sie hat schon vor längerer Zeit einen konsequenten Sanierungskurs eingeschlagen, in den letzten Jahren wird der Konsolidierungskurs auch von Fachleuten des KDZ begleitet. Das Budget im ord. Haushalt beträgt 47,4 Millionen Euro, der RA 2014 bescherte ein Plus von 800.000 Euro, die Einnahmen aus der Kommunalsteuer betragen rund fünf Millionen Euro. Die Stadt macht auch in Energiewirtschaft: Die Weinviertler Energie GmbH & Co KEG betreibt einen Windpark mit vier Windenergieanlagen. Bei einer Gesamtleistung von 2,4 MW werden jährlich 3,5 Millionen kWh elektrischer Strom produziert. Die Gemeinde ist beteiligt. Sogar der Tourismus spielt eine Rolle. Mit 320 Gästebetten werden 35.600 Nächtigungen pro Jahr (2014) erzielt. Hier profitiert Stokkerau wieder stark von seiner WienNähe und den guten Verkehrsanbin- dungen dorthin. In Sachen Gemeindekooperationen ist Stockerau ein wenig anders: Aktuell gibt es bei den Straßenkehrmaschinen eine Zusammenarbeit mit der Stadt Korneuburg, aber das war’s dann auch schon. Denn Stockerau ist seit 1998 eines der 17 Mitglieder im Verband der Verbandslosen, die z.B. ihren Abfall gemeinsam vermarkten. Aber es gibt keine Verbandsbeschlüsse, jede Gemeinde muss das immer für sich entscheiden. Laab: „Meiner Meinung nach, funktioniert das ausgezeichnet. Ab 2016 kostet uns die Entsorgung von einer Tonne Restmüll 105 Euro. Ich bin überzeugt davon, dass das nirgendwo anders günstiger geht.“ Ein Aushängeschild der Stadt ist der rege Kulturbetrieb. Das Lenautheater zeigt in ganzjährigem Spielbetrieb Theater, Musik und Kabarettaufführungen. Namhafte österreichische Künstler haben den Ehrenschutz des Theaters übernommen, unter anderem Felix Dvorak, Ernst Stankovski, Luzia Nistler und Christoph Fälbl. Und: In den Sommermonaten Juli und August finden die Stockerauer Festspiele auf dem Platz vor der Stadtpfarrkirche statt. Die haben sich zu einem echten Publikumsmangnet entwickelt. Und welche Projekte stehen in nächster Zeit an, Herr Bürgermeister? Laab: „Wir haben uns gerade ein neues Verkehrsprojekt verpasst, 1 Blick auf das Stadtzentrum, übrigens: für die tollen Luft-Bilder zeichnet Stadtamtsdir.in Dr. Riedler verantwortlich. 2 26 1 Produktion im Leitbetrieb M.U.T. - deren Müll-Auto kennt fast jedes Kind. 2 Originell: der neue, von Jitish Kallat gestaltete Kreisverkehr Stockerau Ost. Attraktiver Erholungsraum zu jeder Jahreszeit: Das Naturschutzgebiet Au steht Fußgängern und Radlern offen. 3 Fotos: Stadt Stockerau, Dr. Maria-Andrea Riedler 2 + 3 das beginnen wir jetzt umzusetzen. Hier geht es, grob gesagt, um die Neuregelung von Verkehrsflüssen durch die Stadt, an anderen Stellen um Verkehrsberuhigung oder Lükkenschüsse bei Radwegverbindungen oder auch um die Unterführung der Bundesstraße. Neben dem Verkehr werden wir uns nun auch intensiv um neue Betriebsansiedlungen kümmern. Die Stadt hat ja schon mit entsprechenden Grundstückankäufen eine entsprechende Offensive gestartet. So können wir nun im Osten der Stadt ein erweitertes und für Betriebsansiedlungen optimales Areal anbieten. Gefragt sind kleinere und mittelgroße Betriebe.“ 2 FACT-SHEET Stockerau Stadtgemeinde im Bezirk KO, größte Stadt im Weinviertel. Einwohner: rd. 18.000, davon rd. 1.200 Zweitwohnsitzer. Katastralgemeinden: Stockerau, Oberzögersdorf, Unterzögersdorf. Fläche: 37,44 km2 Seehöhe: 176m Gemeinderat (37 Mandate): 17 SP, 12 VP, 4 FP, 3 Grüne, 1 Neos; Besonderheiten: „seniorenfreundliche“ Gemeinde, „Jugendgemeinde“; Krankenhaus (Landesklinikum Weinviertel) mit 162 Betten; großes Erholungszentrum mit Freibad, Hallenbad, Minigolfanlage und Kunsteislaufplatz; Sportzentrum mit Fußballstadion, Sporthalle, Millenniumshalle, Funcourt und Skaterplatz; Sportflugplatz; Autobahnpolizei; ASFINAG Stützpunkt; Landesberufsschulen für Elektrotechnik, KFZ-Mechaniker und KFZ-Elektriker, Fachschule für Sozialberufe, Schule für allgemeine Gesundheits- & Krankenpflege; Angebote für Senioren: Tagesklubheim, Tageszentrum, städt. Pflegeheim, Landespflegeheim, betreubares Wohnen; Angebote für Jugend: Jugendzentrum, Streetworker, Jungendservicestelle; Veranstaltungszentrum (bis zu 1.000 Plätze); Windpark; Naturschutzgebiet Stockerauer Au; Lenau-Theater, Stockerauer Festspiele (Open Air); Bezirksmuseum, Siegfried-Marcus-Museum. 27 Info Aktuell Neues Büro für Urban Forum Der KI Buch-Tipp Bernhard Müller leitet das neue Büro in der Wiener Neustädter Reyergasse 5/2 als Generalsekretär. Der frühere Wiener Neustädter Bürgermeister macht auch mit seinem neuen Buch „China. Hinter dem Reis“ von sich reden. Nützliches Handbuch für Gemeindeverantwortliche BürgermeisterInnen soll der Umgang mit Flüchtlingen erleichtert werden. Ein 60-seitiges Handbuch, das unter www.alpbach.org zur Einsicht und zum Download steht, bietet Ratschläge von AmtskollegInnen, Empfehlungen von Fachleuten. Basis für das Handbuch war ein Vernetzungstreffen von rund einhundert BürgermeisterInnen am Rande des berühmten und bereits traditionellen Forum Alpbach. Dort wurde nun unter anderem über rechtliche Aspekte bei der Quartiersuche, eine kluge Kommunikation mit der Ortsgemeinschaft und den Aufbau eines Netzwerks an Ehren- amtlichen debattiert. Das jetzt veröffentlichte Handbuch richtet sich an BürgermeisterInnen, AmtsleiterInnen und alle Personen, die in der Flüchtlingshilfe aktiv sind. Besonders bemerkenswert: Das Handbuch ist als „open source“, also als „offene Datei“ konzipiert und kann deshalb von Interessierten jederzeit ergänzt und verbreitet werden. *** Offenes Handbuch für Gemeinden „Wege aus der Asylquartierkrise“: Ratschläge, Auskünfte und Erfahrungen für die erfolgreiche Integration von Flüchtlingen – von BürgermeisterInnen, für BürgermeisterInnen. Als PDF oder DOC gratis einsehen oder downloaden unter www.alpbach.org“ 28 Fotos: z.V.g. Für seine langjährige Arbeit und seine Verdienste als Kommunalpolitiker und als Bürgermeister von Pitten (Bezirk NK) wurden Bgm. a.D. Günter Moraw Ende Oktober die Viktor-Adler-Plakette und das Goldene Ehrenzeichen des SPÖGVV-NÖ verliehen. Moraw wird übrigens bis zu seinem 70er (in eineinhalb Jahren) dem Gemeinderat als Mandatar erhalten bleiben. Gleichzeitig wurde sein Nachfolger im Pittner Bürgermeisteramt, Helmut Berger, von seinen Genossen V.l.: GVV-NÖ-Präsident LAbg. Bgm. Rupert Dworak, GVV-Bez. Neunkirchen- mit der Silbernen Ehrennadel ausVorsitzende Bgm. Sylvia Kögler, Bgm. a.D. Dr. Günter Moraw und der amtie- gezeichnet - für sein Bemühen, in Pitten die SPÖ-Mehrheit zu halten. rende Pittener Bürgermeister Helmut Berger. Foto: BB/Santomas Bgm. a.D. Moraw ausgezeichnet Urban Forum trä gt dazu bei, die Bedeutung der stä dtischen Kommunalpolitik zu heben. Das Urban Forum bietet: + Vortragstä tigkeiten zu urbanen Themen + Zurverfü gungstellen von Fachwissen bei Klausuren, Tagungen, Konferenzen etc. + Moderation und Begleitung von einschlä gigen Fachveranstaltungen + Know-how-Transfer mit Partnerinstitutionen und –einrichtungen + Aufbau einer Urbanitä tsbibliothek Publikationen in Fachzeitschriften und Herausgabe von Werken + 4 x jä hrlich Erstellung der Online-Zeitung „Urban Forum“ (ab Frü hjahr 2016) + Datenerhebung, -analyse und -archivierung + Unterstü tzung bei Recherchearbeiten + Annahme von Forschungsaufträ gen + Mitwirkung bei einer konzeptiven und strategischen Urban Agenda + Erarbeitung von internationalen Vergleichen hinsichtlich Urbanisierungsstrategien. Mit dem Bü ro von Urban Forum wurde auch die Zweigstelle Wiener Neustadt des Instituts fü r Kommunalwissenschaften (IKW) erö ffnet. Kernstü ck ist eine Urbanitä tsbibliothek, die derzeit 359 Publikationen aus den Fachbereichen Public Management, Management, Wirtschaft, Recht, Kommu- V.l.: Generalsekretär Bernhard Müller (mit Rucksack von Cummunalp), Obfrau Gabriele Matzner-Holzer, Büroleiterin Marie Grüner, Walter Peer (GF Communalp GmbH). nikationswissenschaft und Europa bietet. Ebenfalls in der neuen Bürogemeinschaft: die Gemeindentwicklerin Communalp GmbH. Ausgehend von der tiefen Überzeugung, dass Gemeindeentwicklung jeden einzelnen Bereich der Lebens- und Arbeitsbereiche berü cksichtigen muss, entwickelt die Communalp GmbH gemeinsam mit den Entscheidungsträ gerInnen und den Bü rgerInnen nicht nur eine Vision sondern auch einen konkreten Plan, wie diese Vision schlussendlich umgesetzt werden kann. Die Communalp GmbH bietet eine kompetente, umfassende Betreuung und Begleitung der vielfä ltigen Prozesse, die fü r die Entwicklung einer Gemeinde grundlegend sind. Seit 2012 erfolgreich in West-Österreich tä tig, weitet sie ihr Geschä ftsfeld auch auf den Osten unseres Landes aus und hat in Wiener Neustadt ihr Bü ro fü r Ost-Österreich erö ffnet. Bernhard Mü ller leitet diese Zweigstelle. *** Brückenbauer nach China. Bernhard Müller, ehemaliger Bürger- meister von Wiener Neustadt und Vorstandsmitglied einer österreichisch-chinesischen Freundschaftsgesellschaft, besuchte in den letzten zehn Jahren sowohl dienstlich, als auch privat ausgiebig die Volksrepublik China. Sein neues Buch „China. Hinter dem Reis“ ist ein persönlicher, kurzweiliger, aber stets informativ gehaltvoller Reise- und Erlebnisbericht, der gekonnt den Bogen von hochrangigen politischen Zusammentreffen, über Gespräche mit jungen Menschen auf der Straße, bis hin zu berührenden Erlebnissen und echten Freundschaften spannt. Das Buch „China. Hinter dem Reis“ von Bernhard Müller - erscheint im Seifert Verlag. Seiten: 296, illustriert (s/w und Farbe), Format: 13,4 × 21,5 cm, ISBN: 978-3902924-45-2, Preis: 22,95 Euro. 29 Info Roswitha Pippan Panzenböck-Stockner Rainer Zeithammel Karola Grill-Haderer Wolfgang Scharmitzer Ihre Volkshilfe-BetreuerInnen Fotos: Werner Jäger, Franz Baldauf, Volkshilfe NÖ Sie planen ein Projekt zur Betreuung von SeniorInnen oder Kindern in Ihrer Gemeinde? Sie überlegen den Bau eines Sozialzentrums oder betreubarer Wohnungen? Sie hätten ein Quartier zur Grundversorgung von Flüchtlingen? Das ExpertInnen-Team der Volkshilfe NÖ unterstützt Sie und Ihre Gemeinde in jeglicher Projektphase. 30 „Wir sehen uns mit unserer langjährige Erfahrung und unserem Fachwissen seit jeher als Partnerin für die Gemeinden in sozialen Fragen“, erklärt der Präsident der Volkshilfe NÖ Prof. Ewald Sacher. Noch bevor GemeindevertreterInnen in die endgültige Planungsphase eines Projekts gehen, sollten sie deshalb die Expertise der Volkshilfe NÖ/SERVICE MENSCH GmbH einholen, denn das Team unterstützt von der Bedarfserhebung bis zum Förderansuchen. „Unsere ExpertInnen stehen gerne für kostenlose und unverbindliche Beratungsgespräche zur Verfügung“, betont der Geschäftsführer Mag.(FH) Gregor Tomschizek, „je früher sie eingebunden werden, desto besser.“ Die Volkshilfe NÖ/SERVICE MENSCH GmbH startet mit Neuerungen im Führungsteam ins kommende Jahr: Ab Oktober leitet MMag. Maria Panzenböck-Stockner die Dienstleistungsbereiche „SeniorInnenangebote“ sowie „Kids & Family“. Sie verfügt bereits über eingehende Erfahrung als Leiterin beider Bereiche. Sollten Sie eine Kinderbetreuungseinrichtung der Volkshilfe NÖ/SERVICE MENSCH GmbH in Ihrer Gemeinde haben oder gründen wol- len, dann ist zukünftig Mag. Karola Grill-Haderer Ihre direkte Ansprechpartnerin: 02622/82200-6350; [email protected] Angesichts der aktuellen Situation engagiert sich die Volkshilfe verstärkt in der Grundversorgung von asylsuchenden Menschen. Wenn Sie ein Quartier zur Verfügung stellen können, wenden Sie sich per E-Mail an die Bereichsleiterin Dr. Roswitha Pippan: 02622/82200-6100; [email protected] Für Betreubares Wohnen sowohl für bestehende als auch für die Planung neuer Häuser ist Mag. Silvia Stabelhofer erreichbar: 02622/822006290; [email protected] Die aufgrund der neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen geschaffene Abteilung Förderungs- und Vertragsmanagement übernimmt Mag. Wolfgang Scharmitzer: 02622/822006460; [email protected] Für die 24-Stunden-Personenbetreuung bleibt KommR Rainer Zeithammel Ihr Ansprechpartner: 02622/82200-6400, [email protected]. Enquete „Kleinkind-Betreuung und Schulische Nachmittagsbetreuung“, 27. Jänner 2016, 18 Uhr, St. Pölten: Seit Einführung der Förderrichtlinien für institutionelle Kinderbetreuung in NÖ im Jänner 2015 zeigt sich vermehrt bei Gesprächen mit GemeindevertreterInnen, dass es diesbezüglich Unklarheiten gibt. Die Enquete ermöglicht Information und Diskussion mit Fachleuten. Es werden alle Fördermöglichkeiten im Rahmen der Kleinkind-Betreuung sowie notwendige Schritte für die Gemeinden als Schulerhalter zur Einrichtung einer Schulischen Nachmittagsbetreuung erläutert. Enquete „Moderne Wohnformen im Alter“, 20. April 2016, 18 Uhr, St. Pölten: Aufgrund des großen Interesses im Vorjahr wird die GVV-Enquete wiederholt! Denn für Gemeinden bedeutet betreutes bzw. betreubares Wohnen die Chance, älteren MitbürgerInnen länger die Möglichkeit zu geben, in ihrer Heimatgemeinde zu bleiben. Es wird die Studie „Was wünschen die NiederösterreicherInnen im Alter?“ präsentiert und Wohnbaugenossenschaften erläutern an Best-Practice-Beispielen die Möglichkeiten moderner Wohnformen im Alter. 31 Der Gemeinde-Rat Basics der NÖ Gemeindeordnung – Teil 5 von Mag.a Sabine Blecha Juristin des Verbandes Die Rechtsprechung versteht unter Befangenheit die Hemmung einer unparteilichen Entscheidung durch unsachliche psychologische Motive. Die Befangenheitsbestimmungen in der Gemeindeordnung sollen eine unparteiische Amtsführung sichern und Gewissenskonflikte des Befangenen sowie den Anschein der Parteilichkeit und damit eine Beeinträchtigung des Amtsansehens vermeiden. Befangenheitsgründe Die Fälle, in denen von einer Befangenheit auszugehen ist, sind in der Gemeindeordnung teilweise exakt definiert, teilweise wird die Befangenheit durch eine Generalklausel umschrieben, die konkrete Anwendung ist immer eine Einzelfallbeurteilung. Bürgermeister und die Mitglieder der Kollegialorgane sind demnach von der Beratung UND Beschlussfassung über einen Verhandlungsgegenstand wegen Befangenheit ausgeschlossen: • in Sachen, an denen sie selbst oder nahe Verwandte beteiligt sind (Kind, Enkelkind, Urenkel, Eltern, Großeltern, Urgroßeltern, Schwester, Bruder, Tante, Onkel, Nichte, Neffe, Cousine, Cousin). Die Befangenheit gilt auch, wenn die Ehe- 32 Teil 5 der Basics zur Gemeindeordnung beschäftigt sich mit der Befangenheit. Die Gemeindeordnung geht davon aus, dass Mandatare in bestimmten Fällen befangen sind. Die politische Bedeutung kann beachtlich sein, wenn durch die Befangenheit von Mitgliedern des Gemeinderates die Mehrheitsverhältnisse im Gemeinderat verändert werden. Wissen zu den gesetzlichen Ausschließungsgründen. gattin, der Ehegatte oder die eingetragene Partnerin oder der eingetragener Partner des Mandatars oder des Verwandten beteiligt ist. • wenn eine Person beteiligt ist, die mit dem Bürgermeister oder einem Mitglied eines Kollegialorgans in Lebensgemeinschaft lebt, oder ein Kind, ein Enkelkind und ein Urenkel einer dieser Personen beteiligt ist; • in Sachen ihrer Wahl- oder Pflegeeltern, Wahl- oder Pflegekinder, ihres Mündels oder Pflegebefohlenen; • in Sachen, in denen sie als Bevollmächtigte einer Partei bestellt waren oder noch bestellt sind; • im Berufungsverfahren, wenn sie an der Erlassung des angefochtenen Bescheides in unterer Instanz mitgewirkt haben; • wenn sonstige wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, ihre volle Unbefangenheit in Zweifel zu setzen (Generalklausel). Durch diese Generalklausel erlangen die Befangenheitsgründe, die nicht gesetzlich normiert sind, rechtliche Bedeutung. Die Bestimmung ist eher ausdehnend auszulegen, damit jeder Schein einer Parteilichkeit vermieden wird. Jeder Gemeinderat hat von sich aus die Befangenheit wahrzuneh- men und den Sitzungssaal bereits vor der Beratung zu verlassen. Allerdings können befangene Mandatare auf ausdrücklichen Beschluss des Gemeinderates der Beratung zur Erteilung von Auskünften beigezogen werden, vor der Beschlussfassung haben sie aber wieder den Beratungsraum zu verlassen und dürfen bei ihren Auskünften natürlich nicht den Gemeinderat zu beeinflussen versuchen. Wird durch Befangenheit der Gemeinderat beschlussunfähig, so hat über den Verhandlungsgegenstand die Aufsichtsbehörde (§ 86) zu entscheiden. Sind beim Gemeindevorstandes so viele Mitglieder befangen, dass die Beschlussfähigkeit in zwei aufeinanderfolgenden Sitzungen nicht gegeben ist (§ 36 Abs.3), dann geht die Zuständigkeit auf den Gemeinderat über. Für Gemeinderatsausschüsse wird der Gemeindevorstand zuständig ( § 57 Abs.4). Begriffsbestimmungen Verwandt ist, wer gemeinsame Vorfahren hat (in gerader Linie stammen sie voneinander ab, in der Seitenlinie verbindet sie nur nur die gemeinsame Abstammung miteinander, wie bei Geschwister, Geschwisterkinder, Onkel und Tan- Fotos:© Gina Sanders - Fotolia.com, z.V.g. § te, Neffe und Nichte usw.). Der Grad der Verwandtschaft bestimmt sich nach der Zahl der Zeugungen. Unter „Schwägerschaft“ ist die Verbindung des einen Ehegatten zu den Verwandten des anderen Ehegatten zu verstehen, nicht jedoch der Verwandten der Ehegatten zueinander. Das Rechtsverhältnis zwischen „Wahleltern“ und „Wahlkindern“ wird durch Annahme an Kindes Statt (Adoption) begründet. Zwischen den Wahleltern und den Nachkommen des Wahlkindes und zwischen dem Wahlkind und den Vorfahren der Wahleltern besteht der Ausschließungsgrund aufgrund fehlender Vorfahren nicht, denkbar wäre der Ausschließungsgrund der Generalklausel. Die Begriffe „Pflegeeltern“ und „Pflegekinder“ sind nicht allein im Sinne des Jugendwohlfahrtsrechtes zu verstehen, es könnte ein die Befangenheit begründendes Pflegeverhältnis daher auch gegenüber Großjährigen bestehen. „Mündel“ heißt der Minderjährige, für den ein Vormund bestellt ist, „Pflegebefohlener“ ist die Person, für die ein Kurator oder Sachwalter bestellt ist Unter „Partei“ ist nicht die Partei im Sinne des Verwaltungsverfahren, sondern jede Person zu verstehen, auf die sich die wirtschaftliche Betätigung der Gemeinde bezieht. Als Bevollmächtigte im Sinne dieser Bestimmung sind zunächst die rechtsgeschäftlichen („gewillkürten“) Vertreter zu verstehen (zB. Rechtsanwalt, Steuerberater). Der rechtsgeschäftliche Vertreter besitzt eine „Vollmacht, es kommen aber auch die amtlichen Vertreter, wie z.B. der Nachlass-, Konkurs-, Masse-, Ausgleichs-, Zwangsverwalter in Frage. Eine Befangenheit des Mandatars im Berufungsverfahren ist dann gegeben, wenn er unmittelbar an der Erlassung des Bescheides mitgewirkt hat. Wer z.B. in der unteren Instanz nur als Erhebungsorgan tätig war, als Verhandlungsleiter oder als Amtssachverständiger, ist nicht befangen. Ausnahmen von der Befangenheit Berufs- oder Bevölkerungsgruppe : Eine Befangenheit liegt nicht vor, wenn der Bürgermeister oder die Mitglieder der Kollegialorgane an einem Verhandlungsgegenstand lediglich als Angehörige einer Berufsgruppe oder einer Bevölkerungsgruppe beteiligt sind, deren gemeinsame Interessen durch den Verhandlungsgegenstand berührt werden und deren Interessen zu vertreten sie berufen sind. Häufigstes Beispiel: wird generell über eine Regelung zur Förderung von Gewerbetreibenden beschlossen, so sind Gewerbetreibende als Mandatare nicht befangen, anders wenn eine konkrete Förderung für den Betrieb eines Mandatars beschlossen wird, so ist der betreffende Mandatar sehr wohl befangen. Die Festsetzung von Flächenwidmungs- und Bebauungsplänen oder die Festsetzung der Steuersätze gilt allgemein, natürlich auch für jene Mitglieder des Gemeinderates, die an der Erlassung dieser Verordnungen mitgewirkt haben. Bei der Erlassung von Verordnungen steht die allgemeine Geltung im Vordergrund, damit erweist sich, dass bei der Erlassung von Verordnungen im Allgemeinen eine Befangenheit zu verneinen ist. Auch der Gemeindevoranschlag ist eine Verordnung, weshalb kein Mitglied des Gemeinderates bei der Beschlussfassung über den Voranschlag befangen sein kann. Auswirkung der Befangenheit Ein Gemeinderatsbeschluss ist bei Verletzung der Bestimmungen über die Befangenheit nicht automatisch ungültig. Die Aufsichtsbehörde stellt bei der Aufhebung darauf ab, ob der Gemeinderat bei Abwesenheit des befangenen Mitglieds nicht beschlussfähig gewesen oder bei Abwesenheit des befangenen Mitglieds die erforderliche Mehrheit nicht zustande gekommen wäre, nur dann kommt es zur Aufhebung, nur dann hätte sich die Befangenheit auf die Beschlussfassung auch ausgewirkt. Eine Aufhebung ist allerdings nicht möglich, wenn der Beschluss länger als drei Jahre zurückliegt oder er bereits vollzogen wurde und jemand aufgrund dieses Beschlusses bereits gutgläubig Rechte erworben hat. 33 € Der Gemeinde-Rat führen kann. Für das erste und zweite Quartal 2016 ist eine Schonfrist vorgesehen: Bei bloßer Nichterfüllung der Registrierkassen- und Belegerteilungspflicht droht im ersten Quartal 2016 jedenfalls keine Finanzstrafe. Im zweiten Quartal 2016 gilt dies nur, wenn glaubhaft begründet werden kann, warum eine Umstellung noch nicht erfolgte (zB Lieferengpass). Registrierkassenpflicht ab 2016 – inwieweit Gemeinden betroffen sind und Eileen Klippl Merkur Treuhand Steuerberatung GmbH www.merkurtreuhand.at Einzelerfassungspflicht und Registrierkassenpflicht bei Bareinnahmen Durch das Steuerreformgesetz 2015/2016 werden für Betriebe neue Aufzeichnungspflichten für alle Bareinnahmen eingeführt. Betriebe müssen ab 1.1.2016 grundsätzlich alle Bareinnahmen zum Zweck der Losungsermittlung (Tagesumsatz) einzeln erfassen. Ein Kassasturz, den bisher Unternehmen bis € 150.000 Jahresumsatz machen durften, ist grundsätzlich nicht mehr gestattet. Zur Einzelerfassung der Bareinnahmen muss eine elektronische Registrierkasse, ein Kassensystem oder ein sonstiges elektronisches Aufzeichnungssystem verwendet werden, wenn - der Jahresumsatz je Betrieb € 15.000 und - der Barumsätze dieses Betriebes € 7.500 im Jahr überschreiten. Eine Registrierkassenpflicht besteht nur, wenn beide Umsatzgrenzen überschritten werden. Unter Barumsätzen im Sinn dieser Bestimmung versteht man Umsätze, bei denen die Gegenleistung durch Barzahlung, Zahlung durch Bankomat- und Kreditkarten und andere vergleichbare Zahlungsformen (zB Zahlung mittels Mobiltelefon oder PayLife Quick) erfolgt. Als 34 Barzahlung gilt auch die Hingabe von Barschecks sowie vom Unternehmer ausgegebener und von ihm an Geldes statt angenommener Gutscheine, Bons und Geschenkmünzen. Zahlungen per Erlagschein, Telebanking oder Einziehungsaufträge stellen keine Barumsätze dar. Unter Registrierkasse ist jedes elektronische Aufzeichnungssystem zu verstehen, das zur Losungsermittlung bzw. Dokumentation einzelner Bareinnahmen eingesetzt wird. Als Registrierkasse können auch serverbasierte Aufzeichnungssysteme, Waagen und Taxameter mit Kassenfunktionen dienen. Jede Registrierkasse hat über ein Datenerfassungsprotokoll (Kassenjournal) zu verfügen. Ab 1.1.2017 ist die Registrierkasse mit einer technischen Sicherheitseinrichtung zum Schutz gegen Manipulation zu versehen. Dabei ist die Unveränderbarkeit der Aufzeichnungen durch kryptographische Signatur jedes Barumsatzes mittels einer dem Steuerpflichtigen zugeordneten Signaturerstellungseinheit zu gewährleisten. Weiters muss ab diesem Zeitpunkt jede Registrierkasse über Finanzonline registriert werden und erhält eine eigene Kassenidentifikationsnummer. Die Kosten für die Anschaffung einer Registrierkasse werden mit einer in der Steuererklärung beim Betriebsfinanzamt beantragbaren Prämie von € 200 gefördert. Beginn der Registrierkassenpflicht Die Verpflichtung zur Verwendung einer Registrierkasse entsteht mit Beginn des viertfolgenden Monats nach Ablauf des Voranmeldungszeitraums für die Umsatzsteuer (Kalendermonat oder Kalendervierteljahr), in dem die Umsatzgrenzen erstmals überschritten wurden; jedoch frühestens ab 1. Jänner 2016. Diese Umsatzgrenzen beziehen sich auch auf Zeiträume vor 2016. Hat ein Betrieb bereits bis September 2015 mehr als € 15.000 Jahresumsatz und hiervon mehr als € 7.500 Barumsätze erzielt, besteht daher Registrierkassenpflicht ab dem 1.1.2016. Sanktionen bei Nichtbeachtung der Registrierkassenpflicht Wird gegen die Registrierkassenpflicht verstoßen, stellt dies eine Finanzordnungswidrigkeit dar, die mit einer Geldstrafe bis € 5.000 geahndet wird. Weiters kann die sachliche Richtigkeit der Bücher und Aufzeichnungen angezweifelt werden, was zu einer Schätzungsbefugnis der Finanzverwaltung Fotos: © BillionPhotos.com - Fotolia.com, z.V.g. von Mag. Christoph Hohenecker Gemeinden unterliegen mit ihren Umsätze aus unternehmerischer Tätigkeit (Betriebe gewerblicher Art) grundsätzlich der Registrierkassenpflicht, Umsätze aus hoheitlicher Tätigkeit sind ausgenommen. Gilt die Registrierkassenpflicht auch für Gemeinden? Sind Gemeinden und andere Körperschaften des öffentlichen Rechts hoheitlich tätig, fallen sie hinsichtlich dieser Umsätze nicht unter die Registrierkassenpflicht. Werden Gemeinden im Rahmen von Betrieben gewerblicher Art unternehmerisch tätig, fallen sie bei Überschreiten der diesbezüglichen Grenzen mit diesen Umsätzen hingegen unter die Registrierkassenpflicht. Beispiel: Ein von einer Gemeinde betriebenes Hallenbad hat einen Jahresumsatz von € 20.000, wovon € 10.000 Barumsätze sind. Da sowohl die Umsatzgrenze von € 15.000 als auch die Barumsatzgrenze von € 7.500 überschritten werden liegt Registrierkassenpflicht vor. Variante: Das Hallenbad hat einen Jahresumsatz von € 10.000, der zur Gänze Barumsätze sind. Da die Jahresumsatzgrenze von € 15.000 nicht überschritten ist, besteht keine Registrierkassenpflicht. Es besteht jedoch eine Einzelaufzeichnungspflicht jedes Barumsatzes und eine Belegerteilungspflicht. ze von Haus zu Haus oder auf öffentlichen Straßen, Plätzen etc., sofern sie nicht in Verbindung mit fest umschlossenen Räumlichkeiten ausgeführt werden und der Jahresumsatz € 30.000 nicht überschreitet (zB Christbaumverkäufer, Maronibrater) • Gemeinnützige Körperschaften: Jedenfalls ausgenommen sind unentbehrliche Hilfsbetriebe (§ 45 Abs 2 BAO). Bei entbehrlichen Hilfsbetrieben (§ 45 Abs 1 BAO) sind bestimmte Vereinsveranstaltungen wie Feuerwehrfeste unter gewissen Voraussetzungen ausgenommen (maximale Dauer der geselligen Veranstaltungen von 48 Stunden im Kalenderjahr, Organisation der Veranstaltung und Verpflegung bei der Veranstaltung durch Mitglieder der Körperschaft oder deren nahen Angehörigen, bei Auftritten von Musik- oder anderen Künstlergruppen maximales Stundenhonorar von € 1.000) Weitere Ausnahmeregelungen bestehen für bestimmte Automaten und Onlineshops. Erleichterungen gelten für mobile Unternehmer (zB Tierärzte, Fremdenführer). Siehe hierzu im Detail die Barumsatzverordnung 2015. Belegerteilungspflicht Unternehmer sind ab 1.1.2016 weiters verpflichtet, bei Barzahlungen einen Beleg zu erstellen und dem Käufer auszuhändigen. Jeder Beleg muss mindestens folgende Angaben enthalten: - eindeutige Bezeichnung des liefernden oder leistenden Unternehmers - fortlaufende Nummer mit einer oder mehreren Zahlreihen, die zur Identifizierung des Geschäftsvorfalles einmaAusnahmen von der Registrierkas- lig vergeben werden senpflicht - Tag der Belegausstellung • Kalte Hände“-Regelung: Umsät- Menge und handelsübliche Be- zeichnung der gelieferten Gegenstände oder Art und Umfang der sonstigen Leistungen - Betrag der Barzahlung Tipps für Gemeinden • Bereits nach Abschluss der Buchhaltung für September 2015 sollte bei den in Frage kommenden Betrieben geprüft werden, ob die Umsatzgrenzen überschritten werden und daher Registrierkassenpflicht ab 1.1.2016 besteht. • Eine Registrierkassenpflicht wird nach der Literaturmeinung vermieden, wenn die Gemeinde/der Betrieb gewerblicher Art ab Anfang 2016 komplett auf bargeldlosen Zahlungsverkehr umsteigt (also keine Bareinnahmen mehr hat). • Bei gemeinnützigen Tätigkeiten der Gemeinde (zB Kulturbetrieb) kann die Ausnahme für unentbehrliche Hilfsbetriebe (§ 45 Abs. 2 BAO) erwirkt werden. • Für jede Bareinnahme ist ein Beleg auszustellen. • Es sollte darauf geachtet werden, dass die angeschaffte Registrierkasse den Anforderungen ab 2017 (kryptografische Signatur) entspricht oder eine Nachrüstung des Anbieters ihrer Registrierkasse inkludiert ist. 35 Frohe Festtage und einen guten Start ins Jahr 2016 wünscht das Team des Verbandes der sozialdemokratischen GemeindevertreterInnen in NÖ Fotos: © Alina G, S.H.exclusiv - Fotolia.com, © Can Stock Photo Inc., © usbfco, Marco2811 - Fotolia.com Impressum Medieninhaber und Herausgeber: Verein Information für sozialdemokratische Gemeinden in NÖ, Hans Czettel Platz 1, 2630 Ternitz Präsident: LAbg. Bgm. Rupert Dworak Geschäftsführer: StR Mag. Ewald Buschenreiter Redaktion: Bahnhofplatz 10, 4. Stock, Postfach 73, 3100 St. Pölten Chefredaktion: Hellfried Mayer ([email protected]) Fachbeiträge dieser Ausgabe: Mag.a Sabine Blecha, Mag. Christoph Hohenecker, Eileen Klippl Anzeigenannahme: Franz Schmucker, 0681 1070 7750, [email protected] Druck: Mangold & Kovac
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