Warum das Schweigen nach Chruschtschows

Warum das Schweigen nach Chruschtschows
„Geheimrede“?
VORWORT:
Unsere Partei, die KPD/ML hat sich bekanntlich Silvester 1968 im Kampf gegen den
Chruschtschow-Revisionismus gegründet. Ausgangspunkt war die „Große Polemik
über die Generallinie“ zwischen der KPdSU und der KP Chinas und der folgende
ideologische Kampf der KP Chinas und der Partei der Arbeit Albaniens gegen den
modernen Revisionismus. Später kamen noch die persönlichen Erinnerungen Enver
Hoxhas, zusammengefasst in seinem Buch „Die Chruschtschowianer“ hinzu. Die
Entartung des Ostblocks wurde im Laufe der Zeit immer mehr auch in der Praxis
sichtbar. Vieles blieb aber immer noch im Dunklen. Wie konnte das passieren? Was
waren die Hintergründe? Erst mit der teilweisen Öffnung der Archive wurde einiges
klarer.
Ein besonderes Verdienst haben hier die Bücher des US-Forschers Grover Furr.
Sein Buch „Chruschtschows Lügen“ ist 2015 auch in deutscher Sprache erschienen.
Ein anderer Aspekt ist die Frage, warum hat die KPdSU diese Lügen hingenommen.
Dazu folgender Artikel:
Historisches:
Warum das Schweigen nach Chruschtschows „Geheimrede“?
Eine der ungewöhnlichsten Neuheiten der letzten Zeit ist das Buch des
amerikanischen Historikers, des Professors der staatlichen Universität Montclerc,
Grover Furr „Die stalinfeindliche Fälschung“ (Algorithmus Verlag 2007) der sich bis in
Detail mit der berüchtigten Rede von N.S. Chruschtschow auf dem XX. Parteitag der
KPdSU befasst hat.
(„Die 61 Lügen Chruschtschows über Stalin“).
Eine Frage war noch warum ließen die Parteitags-Delegierten diese Rede
schweigend über sich ergehen?
Hierzu ein Ausschnitt aus einem Gespräch zwischen Grover Furr und S. Charzisow
von www.litrossia.ru: „Doch trotzdem ist am Ende nicht klar: einerseits wurde die
Rede Chruschtschows, wie sie schreiben, aus Lügen zusammengestellt, und
andererseits hat sich in der Führungsspitze der UdSSR niemand gefunden, der die
Falschheit der „Entlarvungen“ aufgedeckt hätte.
Darüber hinaus wurde von allen Chruschtschow gegenüber einheitlich und
stillschweigend volle Unterstützung zugesagt. Und gerade stoßen wir hier auf eine
der spannendsten Fragen. Trotz der weitverbreiteten Vorstellung, war nicht Stalin die
Hauptzielscheibe der „geschlossenen“ Rede, sondern der politische Kurs und eine
bestimmte Tendenz, die sich mit seinem Namen verbanden. Der russische Historiker
Juri Shukow erklärte das so: Das Ziel Chruschtschows bestand gerade darin, mit den
demokratischen Reformen, die noch zu Lebzeiten Stalins begonnen worden waren,
aber nicht beendet wurden, Schluß zu machen.
Heute sind für viele (und man muß sagen, nicht ohne Einfluß der
Chruschtschowschen Rede) die Begriffe „Stalin“ und „Demokratie“ in der Vorstellung
gegensätzliche Begriffe, zwei unvereinbare Extreme, die zwei gegensätzliche Pole
kennzeichnen. Aber eine solche Meinung ist falsch. Stalin teilte die Leninschen
Ansichten über eine repräsentative Demokratie und war bestrebt, deren Prinzipien im
Staatsapparat der UdSSR zu verwirklichen. Gerade Stalin stand an der Spitze des
Kampfes für die Demokratisierung der sowjetischen Gesellschaft, eines Kampfes, der
sich in den Jahren 1930 bis 1950 in der UdSSR im Herzen der politischen Prozesse
abspielte. Ihr Wesen wurde darauf zurückgeführt, dass damit die Rolle der
kommunistischen Partei bei der Verwaltung des Staates ( wie auch in anderen
Ländern) bis hin zu „normalen“ Grenzen eingeschränkt worden wäre, und die
Aufstellung der Staatslenker nicht nach deren Parteimitgliedschaft zu geschehen hat,
sondern aufgrund demokratischer Prozeduren.
Nicht nur Chruschtschow, sondern offenbar auch anderen sowjetische Führer waren
mit dem Kurs solcher Reformen nicht einverstanden. Jedenfalls waren Malenkow,
Molotow und Kaganowitsch – die bedeutendsten, mit Stalin verbundenen politischen
Figuren, wenn auch ungern, doch im geheimen, mit dem unausgesprochenen Sinn
der „geschlossenen“ Rede einverstanden und haben ihm zugestimmt. An die Macht
kommen, und mit den Ideen einer solchen explosiven „geschlossenen“ Rede zu
übertölpeln, konnte Chruschtschow nur, weil der die sowjetische Parteielite auf seine
Seite brachte.
Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um den Historikern Juri Shukow (Russland) und
John A. Getty (USA) meine Dankbarkeit auszusprechen, deren Arbeiten mich für die
Arbeit an der „geschlossenen“ Rede begeistert haben, und die die zu
Chruschtschows Zeiten noch tief versteckte Tatsache der Zuneigung Stalins
gegenüber den demokratischen Prinzipien erneut aufgedeckt haben.“
Quelle: www.kommunisten-online.de vom 30. Mai 2015
20.06.2015