Fachwissen - Sie flunkern, tricksen, fantasieren, aber sie lügen nicht

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Armin Krenz | Irmgard M. Burtscher (Hrsg.)
Handbuch für ErzieherInnen
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– in Krippe, Kindergarten, Kita und Hort –
Ausgabe: 85
Thema: Umgang mit Kindern: Psycho-soziale und soziologische Probleme
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Titel: Sie flunkern, tricksen, fantasieren, aber sie lügen
nicht (7 S.)
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eDidact - Fachwissen
Teil 4
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Sie flunkern, tricksen, fantasieren, aber sie lügen nicht.
Sie flunkern, tricksen, fantasieren, aber sie lügen nicht.
Der seltsame Umgang kleiner Kinder mit der Wahrheit
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Elias (2,6) sitzt auf seinem Bobbycar. Wenn er mit den Füßen auf den Boden stapft,
bewegt sich das Fahrzeug vorwärts und Elias fährt strahlend davon. Die Mutter steht
am Gartentor und schaut ihm nach. Eine Nachbarin kommt vorbei und sagt zu Elias:
„Du kannst ja schon Bobbycar fahren.“ – „Ist nicht Bobbycar, ist Rennauto“, antwortet dieser. Dann schlägt er sich auf die Brust und erzählt der Nachbarin: „Ich bin so
stark wie der Papa. Ich kann Fußball spielen und Tore schießen – bis in den Himmel.“
Die Nachbarin freut sich und lobt den Jungen, aber die Mutter verdreht die Augen.
„Was der sich so alles ausdenkt“, sagt sie. „Hoffentlich wird er kein Lügner.“
Aber Elias Mutter braucht sich keine Sorgen zu machen. Ihr Zweijähriger lügt nicht,
obwohl er unwahre Geschichten erzählt.
Gertraud Finger
Inhaltsverzeichnis
1 Zweijährige können noch nicht lügen und wollen es auch nicht
2 Fantasiegefährten helfen, wenn Kinder nicht weiter wissen
3 Fröhlich etwas Falsches sagen
4 Mit Quatschgeschichten die Großen herausfordern
5 Lügen ist eine Leistung
6 Eltern und Erzieherinnen stellen Fragen
7Fazit
1 Zweijährige können noch nicht lügen und wollen es auch nicht
Elias kann noch gar nicht lügen, denn zum Lügen gehört, dass man absichtlich etwas
Falsches sagt. Er kann sich noch nicht verstellen. Alles, was er sagt, die Übertreibung
seines Könnens und die „Angeberei“ über seine Kraft und Geschicklichkeit, ist für ihn
wahr. Er unterscheidet noch nicht zwischen Fantasie und Wirklichkeit. Was er sich aus­
denkt, stimmt für ihn. Es ist seine Wirklichkeit. – Wenn ältere Kinder spielen, hört man
sie manchmal fragen: „In echt?“ Sie sind schon einen wichtigen Schritt weiter in ihrer
Entwicklung.
Handbuch für ErzieherInnen, Ausgabe 85, 12/2015
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Schule, Kita, Seniorenbetreuung, Religion Interessierte: Handbuch, Nachschlagewerk, Hintergrundwissen
(c) OLZOG Verlag GmbH
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Sie flunkern, tricksen, fantasieren, aber sie lügen nicht.
Teil 4
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Elias will auch gar nicht lügen. Er ist so eng mit den Erwachsenen seiner Umgebung ver­
bunden, dass er glaubt, alle dächten und fühlten wie er. Geheimnisse zwischen Eltern und
Kindern gibt es aus Sicht kleiner Kinder nicht. Wie sollten sie da auf die Idee kommen,
ihre Eltern zu täuschen?
2 Fantasiegefährten helfen, wenn Kinder nicht weiter wissen
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Kinder zwischen 2,5 und 4,5 Jahren leben in einer Welt, in der vieles möglich ist, was in
der Wirklichkeit nicht geht. Fachleute sprechen von einer magischen Kinderwelt. Manch­
mal erfinden Kinder Fantasiegefährten, die niemand außer ihnen sehen kann, sogenannte
„magische Begleiter“. Doch den Eltern bleiben sie nicht unbemerkt. So wird Mala (3,5),
ein schüchternes, etwas unbeholfenes Einzelkind, stets von ihrer „Zwillingsschwester“
begleitet. Bei Tisch sitzt sie dicht neben Mala und nachts schläft sie mit ihr im selben Bett.
Im Kindergarten, wenn die bösen Jungen Mala ärgern wollen, stellt sie sich schützend vor
Mala. Sie hat keinen eigenen Namen. Sie ist nur der Zwilling von Mala, oft die bessere
Hälfte von beiden. Denn sie kann alles, was Mala noch nicht gelingt. Sie kann reiten, auf
Rollschuhen tanzen und sogar die frechen Jungen ausschimpfen. So wie sie ist, möchte
Mala auch einmal werden. Mit der Erfindung der Zwillingsschwester hat das Mädchen
ein Idealbild von sich geschaffen, dem es nacheifern möchte.
Jonathan (4,0) erfindet nach der Geburt seiner kleinen Schwester den „bösen Emil“, der
vieles in der Familie durcheinander bringt. Das Schmusetier der kleinen Schwester, ein
niedliches weißes Schaf, liegt plötzlich im Mülleimer. Wer hat so etwas getan? Jonathan,
der liebe Bruder, bestimmt nicht, aber Jonathan weiß, dass es der böse Emil war. Auch
wenn Jonathan mit dem Kopf die Schwester anstößt, hat Emil ihn geschubst. Emil ist
einfach böse, aber Jonathan ist lieb zu seiner Schwester. Dafür wird er von den Eltern
besonders gelobt.
Doch Jonathan ist auch innerlich wütend auf die kleine Schwester, die ihn in der Familie
„entthront“ hat. Das kann er aber nicht zeigen, weil er die Rolle des lieben Bruders hat.
Seinen inneren Kampf zwischen Anpassung und Aufbegehren löst er, indem er seine
Gefühle auf zwei Personen verteilt. Er kann weiterhin lieb sein, während Emil den bösen
Teil übernimmt. So setzt sich der Junge mit seinen „bösen“ Gefühlen auseinander. Dabei
können ihm seine Eltern helfen. Jonathan muss erfahren, dass es ganz in Ordnung ist,
wenn man seine jüngere Schwester nicht immer mag. Wenn er gleichzeitig spürt, dass
seine Eltern zu ihm halten, braucht er den bösen Emil nicht mehr so dringend. Er wird
von alleine verschwinden.
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Handbuch für ErzieherInnen, Ausgabe 85, 12/2015
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