Was passiert mit Toten und wo gehen sie hin? Was passiert, wenn ein Mensch stirbt? Nach dem Tod eines Menschen sind viele Menschen ganz durcheinander. Ein Bestatter oder eine Bestatterin hilft ihnen dabei, alles Nötige zu organisieren. So haben die Angehörigen Zeit, sich in Ruhe zu verabschieden. Die Bestatterin Susanne Wolf berichtet, wie eine Beisetzung und die Trauerfeier ablaufen. Frau Wolf, was passiert, wenn ein Mensch stirbt? Susanne Wolf: Das Wichtigste ist, dass der Arzt angerufen wird, der muss zuerst den Totenschein ausstellen, dann erst darf der Verstorbene vom Sterbeort bewegt werden. Schön ist es, wenn die Angehörigen Zeit haben, Abschied von ihrem lieben Menschen zu nehmen. Ich finde es wichtig, dass den Menschen der Tote nicht sofort entrissen wird. Wenn der Tote zum Beispiel zuhause aufgebahrt wird, kann die Familie zur Ruhe kommen. Eine Kerze anzünden, eine Blume, ein Foto oder ein Kuscheltier hinstellen. Das gehört zur Trauerarbeit. Bestatterin Susanne Wolf Foto: Privat Wie lange darf der Tote denn zuhause bleiben? Susanne Wolf: Die Gesetze schreiben vor, dass ein Mensch innerhalb von acht bis zehn Tagen unter die Erde kommt oder verbrannt wird. Wenn ein Mensch zuhause stirbt, dürfen die Angehörigen den Leichnam bis zu 36 Stunden zuhause behalten. Wichtig ist, dass sie wissen, dass ein Toter beim Einkleiden oder Bewegen Geräusche machen kann. Er hat Luft im Bauch, die die Stimmbänder bewegen kann und so kann es sein, dass eine Leiche seufzt, obwohl sie tot ist. Das muss man wissen, sonst erschreckt man sich. Oft öffnen die Familien der Verstorbenen das Fenster, damit die Seele entschwinden kann. Gibt es noch andere Bräuche? Susanne Wolf: Es gibt viele Bräuche. Bei den meisten geht es darum, dass die Hinterbliebenen Angst haben, dass die Seele zurückbleibt und als verirrter Geist herum spukt. Manche Menschen sagen deshalb, dass alle Spiegel im Haus mit Tüchern verhängt werden müssen. Sonst verfängt sich die Seele in ihnen. Wenn ein Toter aus einem Raum getragen wird, soll das mit den Füßen voran passieren – damit der Tote nicht sieht, was er verlässt. Etwas Ähnliches will man bewirken, wenn die Träger den Sarg noch drei Mal an verschiedenen Stellen im Raum auf den Boden klopfen. Die Seele soll so verwirrt werden und den Weg zurück nicht finden. Es gibt auch die Tradition, dass man einem Toten Goldmünzen auf die Augen legt – als Bezahlung für Info – Aufgabe 1/3 © OMEGA MIt dem Sterben leben e.V., mct 2013 Was passiert mit Toten und wo gehen sie hin? Interview mit einer Bestatterin den Fährmann, der den Toten dorthin bringt, wo er hin soll – ins Reich der Toten. Heute glaubt natürlich kaum noch jemand an Geister und ich habe auch noch nie erlebt, dass ein Toter zurückgekommen ist. Aber manche der alten Rituale können trotzdem noch helfen, Abschied zu nehmen. Wie bereitet man den Toten denn für die Beerdigung vor? Susanne Wolf: Er wird zum Beispiel für die Beerdigung angezogen. Es gibt heute nach wie vor das Totenhemd, eine Art Nachthemd. Das war früher bei Feuerbestattungen vorgeschrieben. Aber ich finde, dass jeder Mensch in seinen Lieblingssachen begraben werden sollte. Das kann der schicke Sonntagsanzug sein oder auch ein bequemer Jogginganzug. Meiner Mutter habe ich zum Beispiel zwei Paar Socken angezogen, weil sie immer kalte Füße hatte. Foto: Auswahl an Särgen in einem Bestattungsunternehmen Was passiert, wenn die Angehörigen Abschied von dem Toten genommen haben? Susanne Wolf: Dann kommt der Bestatter mit einem Leichenwagen und holt den Toten ab. Man darf den Toten nicht einfach in einem normalen Auto transportieren. Im Bestattungsinstitut wird der Tote dann bis zur Beerdigung in der Kühlung aufbewahrt. So wird die Verwesung der Leiche verlangsamt. Wie läuft die eigentliche Beerdigung ab? Susanne Wolf: Das ist unterschiedlich. In der Regel gibt es eine Trauerfeier in der Kapelle auf dem Friedhof. Katholiken feiern zum Beispiel ein so genanntes Requiem oder eine Heilige Messe in der Kirche. Dann wird der Sarg zum Grab getragen. Dort betet der Pfarrer. Wenn der Tote oder die Angehörigen sich das gewünscht haben, kann auch noch jemand musizieren, z.B. auf der Geige oder auf dem Saxofon. Danach treten die Trauergäste einzeln ans Grab und verabschieden sich von dem Toten. Jeder kann dem Toten eine Schaufel Erde ins Grab werfen. Bei unseren Trauerfeiern stelle ich immer eine Schale mit Blütenblättern neben das Grab. Das ist schöner und macht nicht so viel Lärm, wie wenn Erde auf den Sarg prasselt. Wichtig ist, dass die Trauergäste etwas tun können. Das Schlimmste ist, wenn sie vor dem Grab stehen und einfach nicht wissen, wie sie sich verhalten sollen. Nach der Beerdigung gibt es oft noch ein Kaffeetrinken, bei dem sich die Leute an den Toten erinnern und über ihn sprechen können. Manche sagen dazu auch Leichenschmaus. Info – Aufgabe 2/3 © OMEGA MIt dem Sterben leben e.V., mct 2013 Was passiert mit Toten und wo gehen sie hin? Interview mit einer Bestatterin Was passiert in der Zwischenzeit am Grab? Susanne Wolf: Das Grab wird geschlossen und die Friedhofsgärtner holen die Blumen und Kränze aus der Trauerhalle und legen sie darauf ab. Später können die Angehörigen das Grab so bepflanzen, wie sie möchten. Zum Beispiel können sie Blumen nehmen, die der Tote gerne mochte. Es ist schön, wenn die Angehörigen das Grab pflegen. So können sie etwas für den Verstorbenen tun und sich in einer friedlichen Atmosphäre an ihn erinnern. Todesanzeigen – eine Form des Abschieds Vielleicht hast du in der Zeitung schon mal die Seite mit den Todesanzeigen gesehen. Das sind häufig schwarz umrahmte Anzeigen mit einem Kreuz, einer Taube oder einem anderen Symbol. Darin stehen der Name des Toten, sein Todestag, vielleicht ein Sinnspruch und manchmal auch die Todesursache. Oft wird bekannt gegeben, wann und wo die Beerdigung ist. Die Angehörigen schalten diese Anzeige, damit alle, die es wissen wollen, erfahren, dass jemand gestorben ist. Sie können natürlich nicht jeden einzeln anrufen und zur Beerdigung einladen. Info – Aufgabe 3/3 © OMEGA MIt dem Sterben leben e.V., mct 2013
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