Rede Christine Kronenberg Internationaler Frauentag 2015: … von

Rede Christine Kronenberg
Internationaler Frauentag 2015: … von Rollenbildern, Vorbildern, Selbstbildern
Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Frauen, lieber Männer
sehr geehrter lieber Herr Oberbürgermeister
Herzlich Willkommen zum IFT 2015!
wer erinnert sich an 2014?
An meine Cousine Eva?
An meine Nichte Alexandra?
An meine Mutter Elisabeth?
Meiner Mutter geht es gut. Ihre Rente ist um 1,67 % gestiegen;
sie erhält jetzt 370 €.
Alexandra, lebt seit August in New York. Ihr Gehalt ist 6stellig und Eva arbeitet immer noch halbtags.
Heute geht es um Heidi:
um
… Rollenbilder I Vorbilder I Selbstbilder!
Das Heidi war wohl eine unserer Mädchenikonen.
Das Heidi: Ein geschlechtloses Naturkind, das den Alpöhi
aufweicht, den (bildungsscheuen) Geißenpeter alphabetisiert
und das arme reiche Stadt-Mädchen Klara von der Lähmung heilt.
Dennoch meinte Fräulein Rottenmeier, Heidi sei eine Wilde und
müsse streng erzogen werden.
Ich gehe davon aus, dass Sie nun alle im Film sind.
Mit Heidi-Filmen wurden Rollen vermittelt.
Auch mit dieser Heidi: Erst Mädels vom Immenhof, dann
Hochzeit auf Immenhof - mit Heidi Brühl.
Heidis heiraten, Heidis erziehen, Heidis sorgen , Heidis werden
durch Heirat versorgt!
Und so sorgen sich Heidis heute nicht nur um ihre Ehe, sondern
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auch um ihre Existenz, um ihre Rente.
… und schuld sind die Rollenbilder.
Was ist passiert?
Bilder, diese Rollenbilder und die Rollenzuschreibung der
Sorgenden, der durch Heirat versorgten, haben Gesetze geprägt;
z. B. unsere Steuergesetze, mit denen Ehefrauen, die
erwerbstätig sind, heute noch mit hohen Steuern abgestraft
werden;
Rollenbilder wirken auf Krankenkassenbeiträge und auf die
Alterssicherung;
Sie sind in Tarifverträge eingeflossen; haben sich bis heute in
Köpfe - in überwiegend männliche Hirne -eingebrannt.
Man kann es nicht oft genug wiederholen:
Ein Katze- beißt- Schwanz -Effekt.
Wie soll ich es erklären?
Seit Jahren engagiere ich mich für eine höhere Eingruppierung
von Sekretärinnen.
Die Tätigkeiten sind in einem Tarifvertrag von 1961! beschrieben.
„150 Silben Stenogramm und schnell in fehlerfreier deutscher
Sprache in Maschinenschrift übertragen.“
Diese antiquierte Beschreibung ist Bewertungsmerkmal und
immer noch Grundlage für die Eingruppierung von Sekretärinnen.
Sie sind niedriger eingruppiert als Grünarbeiter und
Bestattungsgehilfen.
„Ein traditionell weibliches Berufsbild wird eindeutig
benachteiligt. Das ist ungerecht!“, mit dieser Argumentation kam
ich nicht weiter.
Als letztes legte ich 2013 dem Organisator eine Gehaltsabrechnung vor:
„35 Wochenstunden - 1400 € netto! Davon kann keine leben.“
Und was war seine Antwort?
„ Sie wird ja wohl noch einen Mann haben, der das Geld
nachhause bringt.“
Hoppla: Da war sie wieder, die Schere im Kopf, die Rollenfalle!
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Denn einen Mann hatte diese Heidi nicht mehr:
Sie war alleinerziehend mit drei Kindern und 1400€ netto!
Der männliche Ernährer und die Sorgearbeit leistenden Ehefrau:
Wir finden dieses Bild in Gesetzen, in der Rechtsprechung, in
Tarifverträgen, in Köpfen, auf dem Konto –
wie gefährlich sind da eigentlich Tarifkommissionen, die nahezu
ausschließlich mit Männern besetzt sind?
Mein Fazit:
ROLLENSTEREOTYPE prägen unseren Alltag und sind der
Haupthinderungsgrund für Geschlechtergerechtigkeit in unserer
Gesellschaft.
Pause
Da braucht es einen zeitgemäßen Feminismus.
sagt Netzfeministin Anne Wizorek.
Sie sagt:
Wir brauchen einen Feminismus, der wieder zusammendenkt,
was eigentlich immer schon zusammengehört hat:
das Private mit dem Politischen.
Denn was politisch verpasst wird, muss heute privat gelöst
werden – zu ungunsten der Frauen.
Wir brauchen eine feministische und politische Debatte, die sich
wieder traut, die Machtfragen politisch zu stellen und die
Mächtigen in Frage zu stellen.
Anne Wizorek ist 24!
Kommen wir nun zu den Vorbildern und zur Hass-Figur des
Feminismus:
Heidi hat ein Vorbild. Sie ist eins! Sie ist Mädchenikone.
Sie ist zweifelsohne geschäftstüchtig und sie ist immerhin
unabhängig – unabhängig von Kopf bis Konto.
Und dennoch frage ich mich: Was ist das für eine Welt, in der
Strahlefrauen mit kantenloser Persönlichkeit Vorbilder sind:
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Strahlefrauen, die Werbung für VW-Sondereditionen und DreiWetter-Taft machen?
Es gibt jetzt von mir keine weiteren Bilder, keine Statements zu
Heidi, zu ihrer Werbung und ihrer Wirkung auf Mädchen.
Dazu gibt es später einen Workshop mit Frau Dr. Völzmann.
Ich möchte Sie, Euch Ladies, heute ermutigen, anderen Frauen
ganz offen ein Vorbild zu sein. Parallel denken wir bitteschön
intensiv über Vorbilder nach und suchen uns ganz bewusst
weibliche Vorbilder im eigenen Umfeld.
Unzählige sind präsent.
Ich habe mich auf die Suche nach Germanys next rolemodel
gemacht – Rolemodels sind Vorbilder. FOTOS –Pause!!
Frauen, an denen wir uns orientieren sollten!
Ich komme zum Selbstbild:
Selbstbilder steuern Denken, Fühlen und Verhalten und so ist es
alarmierend, wenn Zwölfjährige nicht ins Schwimmbad gehen,
weil sie sich zu fett finden und Vierzehnjährige sich bestens im
Brasilian Waxing auskennen oder für eine neue Nase sparen.
Mädchen wachsen! mit der Vorstellung auf, dass ihr Körper
unvollkommen ist, dass er bearbeitet, verbessert und
perfektioniert werden muss. Und Jungen?
Wie sollen Mädchen auch anders, wenn nur 4 von 100 Frauen
sich selbst als schön betrachten.
Haben wir eine verzerrte Wahrnehmung von Schönheit?
Meine Kurzfassung zum Jahresmotto heißt daher:
Mehr Stolz, Ihr Frauen!
Hedwig Dohm
(deutsche Publizistin und Frauenrechtlerin 1831-1919)
Vielen Dank
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