SPIELTHEORIE Das Gefangenendilemma (Prisoner’s Dilemma) 2 Zwei Herren (Braun und Blau) haben eine Bank überfallen. Der Sheriff hat sie gefasst, kann aber nur ein minder schweres Verbrechen nachweisen (unerlaubter Waffenbesitz). Die beiden Herren sitzen in getrennten Zellen und bekommen unabhängig voneinander den folgenden Vorschlag vom Sheriff: Wenn ihr beide schweigt, werdet ihr nur wegen unerlaubtem Waffenbesitz verurteilt (Auszahlungen von - 1); Wenn nur einer gesteht, wird er freigelassen und der andere bekommt eine lange Gefängnisstrafe (Auszahlung von - 9); Wenn ihr beide gesteht, werdet ihr milde bestraft (Auszahlungen von - 6). Blau Braun NG G NG -1 , -1 -9 , 0 G 0 , -9 -6 , -6 Spieltheorie Beschreibung eines Spiels 3 Identifizierung der Spieler, die den noch zu definierenden Spielregeln unterworfen werden. Spiel = System von Regeln über zulässige Entscheidungen (Aktionen) der Spieler, (externe) Zufallsentscheidungen, Reihenfolge der Entscheidungen, Informationslage der Spieler, Ende des Spiels, Auszahlung als Bewertung einer realisierten Endsituation (in Abhängigkeit der getroffenen Entscheidungen). Spieltheorie Beschreibung eines Spiels 4 Verhaltenshypothese: Jeder Spieler ist bestrebt seine Auszahlung zu maximieren (in Kenntnis der Regeln des Spiels und dem Wissen, dass alle Mitspieler diese Regeln kennen). Common-Knowledge-Annahme: Die Regeln des Spiels sind allen Spielern bekannt, und alle wissen, dass diese allen bekannt sind. Ebenso wissen alle, dass allen bekannt ist, dass dies alle wissen, etc. ad infinitum. Spieltheorie Spiele in Normalform 5 Ein Spiel in Normalform ist durch 3 Elemente beschrieben: die Spieler, ihre Aktions- (bzw. Strategie-) Mengen und ihre Auszahlungsfunktionen. N = {1, 2, …, n} – Spielermenge, S = S1 × S2 × … × Sn – die Menge der (zulässigen) Strategiekombinationen s = (s1, s2, …, sn), wobei Si die Strategiemenge von Spieler i ∈ N darstellt, u1, u2, …, un – Auszahlungsfunktionen, wobei ui : S → R die Auszahlungsfunktion von Spieler i ∈ N ist, die seine Auszahlung bei der Wahl der Strategiekombination s = (s1, s2, …, sn) ∈ S angibt. Spieltheorie Spiele in Normalform 6 Bemerkungen: si ∈ Si heißt auch reine Strategie für Spieler i s = (s1, s2, …, sn) wird oft zerlegt in si – Aktion von Spieler i und s-i = (s1, s2, …, si-1, si+1, …, sn) – Aktionen aller übrigen Spieler außer i, d.h. si ∈ Si und s-i ∈ S-i = S1 × S2 × … × Si-1 × Si+1 × … × Sn Gefangenendilemma N = {Braun, Blau}; SBraun = SBlau = {G, NG}; uBraun(NG, NG) = - 1, uBraun(G, NG) = 0, uBraun(NG, G) = - 9, uBraun(G, G) = - 6; uBlau(NG, NG) = - 1, uBlau(G, NG) = - 9, uBlau(NG, G) = 0, uBlau(G, G) = - 6. Spieltheorie 7 Anderes (Bei)Spiel: Kopf oder Zahl (Matching Pennies) Von zwei Spielern hat jeder eine Münze; Jeder Spieler muss die Münze entweder mit Kopf oder Zahl nach oben auf einen Tisch legen; Die Spieler machen dies gleichzeitig; Zeigen die beiden Münzen die selben Zeichen, gewinnt Spieler 1; zeigen sie verschiedene, so gewinnt Spieler 2; Spieler 2 Sie spielen um 10 Euro. Kopf Zahl Spieler 1 Kopf 10 , -10 -10 , 10 Zahl -10 , 10 10 , -10 Spieltheorie Anderes (Bei)Spiel: Kopf oder Zahl 8 N = {Spieler 1, Spieler 2}; S1 = S2 = {Kopf, Zahl}; u1(Kopf, Kopf) = u1(Zahl, Zahl) = u2(Kopf, Zahl) = u2(Zahl, Kopf) = 10; u1(Kopf, Zahl) = u1(Zahl, Kopf) = u2(Kopf, Kopf) = u2(Zahl, Zahl) = - 10. Spieltheorie 9 Anderes (Bei)Spiel: Kampf der Geschlechter (Battle of the Sexes) Sven und Tina müssen entscheiden, wie sie den heutigen Abend verbringen und haben die Wahl zwischen “ins Kino gehen” und “ins Stadion gehen”. Zum Zeitpunkt der Entscheidung befinden sich Sven und Tina in verschiedenen Städten ohne jede Möglichkeit zu kommunizieren. Beide wissen das folgende: Beide würden gerne den Abend gemeinsam verbringen. Sven zieht vor ins Stadion zu gehen. Tina zieht vor ins Kino zu gehen. Sven Tina Stadion Kino Stadion 2 , 1 0 , 0 Kino 0 , 0 1 , 2 Spieltheorie Anderes (Bei)Spiel: Kampf der Geschlechter 10 N = {Sven, Tina}; SSven = STina = {Stadion, Kino}; uSven(Stadion, Stadion) = uTina(Kino, Kino) = 2; uSven(Kino, Kino) = uTina(Stadion, Stadion) = 1; ui(Stadion, Kino) = ui(Kino, Stadion) = 0 für i ∈ {Sven, Tina}. Spieltheorie Letztes (Bei)Spiel: Das Duopol von Cournot 11 Zwei Firmen (1 und 2) produzieren das gleiche Gut. Die entsprechenden Mengen sind q1 und q2. Jede Firma wählt ihre Menge, ohne zu wissen, welche Menge die andere Firma gewählt hat. Preisabsatzfunktion: P(Q) = a – Q, wobei Q = q1 + q2. Kostenfunktionen: Ci(qi) = cqi für i ∈ {1, 2}. Die Normalform: Spielermenge: {Firma 1, Firma 2} Strategiemengen: S1 = [0, + ∞), S2 = [0, + ∞) Auszahlungsfunktionen: u1(q1, q2) = P(Q)q1 – cq1 = q1(a – (q1 + q2) – c) u2(q1, q2) = P(Q)q2 – cq2 = q2(a – (q1 + q2) – c) Spieltheorie Dominante Strategien 12 Eine Strategie si ∈ Si dominiert die Strategie si‘ ∈ Si, für Spieler i, falls Eine Strategie si* ∈ Si ist dominant für Spieler i, falls ui(si*, s-i) > ui(si, s-i) für alle si ≠ si* und für alle s-i ∈ S-i. Eine Strategie si ∈ Si dominiert schwach die Strategie si‘ ∈ Si, für Spieler i, falls ui(si, s-i) > ui(si‘, s-i) für alle s-i ∈ S-i. ui(si, s-i) ≥ ui(si‘, s-i) für alle s-i ∈ S-i und ui(si, s-i) > ui(si‘, s-i) für zumindest ein s-i ∈ S-i. Eine Strategie si* ∈ Si ist schwach dominant für Spieler i, falls ui(si*, s-i) ≥ ui(si, s-i) für alle si ≠ si* und für alle s-i ∈ S-i und ui(si*, s-i) > ui(si, s-i) für einige s-i ∈ S-i. Spieltheorie Dominante Strategien 13 Rationalitätsforderung: Benutze nie eine dominierte Strategie! Vorsicht: Es kann dominierte Strategien geben, ohne dass eine Strategie selbst (gegen alle andere) dominant ist! Ein Spiel ist dominant lösbar, wenn jeder Spieler (genau) eine dominante Strategie besitzt (Gleichgewicht in dominanten Strategien). Spieltheorie Das Gefangenendilemma ist dominant lösbar 14 Beweis: Es muss gezeigt werden, dass jeder Spieler eine dominante Strategie hat. Spieler Braun: G dominiert NG, da uBraun(G, NG) = 0 > - 1 = uBraun(NG, NG), d.h. falls Blau NG spielt, ist G besser für Braun als NG, und uBraun(G, G) = - 6 > - 9 = uBraun(NG, G), d.h. falls Blau G spielt, ist G besser für Braun als NG. Spieler Blau: G dominiert NG. Das Gleichgewicht in dominanten Strategien ist (G, G) mit Auszahlungen (- 6, - 6). NG Braun Blau G NG -1 , -1 -9 , 0 G 0 , -9 -6 , -6 Spieltheorie 15 Das “Kampf der Geschlechter” - Spiel ist nicht dominant lösbar Keine dominante Strategie für Sven: uSven(Stadion, Stadion) = 2 > 0 = uSven(Kino, Stadion), uSven(Kino, Kino) = 1 > 0 = uSven(Stadion, Kino). Keine dominante Strategie für Tina: uTina(Stadion, Stadion) = 1 > 0 = uTina(Stadion, Kino), uTina(Kino, Kino) = 2 > 0 = uTina(Kino, Stadion). Tina Stadion Kino Sven Stadion 2 , 1 0 , 0 Kino 0 , 0 1 , 2 Spieltheorie 16 Wiederholtes Eliminieren dominierter Strategien Der Grundsatz, dass ein Spieler nie eine dominierte Strategie benutzen sollte, kann iterativ zur Lösung von Spielen benutzt werden: Falls eine Strategie dominiert wird, eliminiere sie! (Die Komplexität des Spiels wird dadurch reduziert) Falls eine Strategie im reduzierten Spiel dominiert wird, eliminiere sie! Mach weiter so! Spieltheorie 17 Wiederholtes Eliminieren dominierter Strategien Spieler 2 Links Spieler 1 Mitte Rechts Oben 1 , 0 1 , 2 0 , 1 Unten 0 , 3 0 , 1 2 , 0 Spieler 2 Links Spieler 1 Mitte Oben 1 , 0 1 , 2 Unten 0 , 3 0 , 1 Spieltheorie 18 Wiederholtes Eliminieren schwach dominierter Strategien Spieler 2 Links Spieler 1 Rechts Oben 3 , 2 2 , 2 Unten 0 , 0 1 , 1 Spieler 2 Spieler 1 Links Rechts Oben 3 , 2 2 , 2 Unten 0 , 0 1 , 1 Spieltheorie 19 Wiederholtes Eliminieren schwach dominierter Strategien Das Ergebnis hängt von der Reihenfolge des Eliminierens ab! Es gibt Spiele, in denen es keine (schwach) dominierten Strategien gibt (Kampf der Geschlechter). ⇒ Nash-Gleichgewicht. Spieltheorie Beste Antworten: Ein Beispiel 20 Spieler 2 Spieler 1 L M R O 0 , 4 4 , 0 3 , 3 M 4 , 0 0 , 4 3 , 3 U 3 , 3 3 , 3 3.5 , 3.6 M ist die beste Antwort von Spieler 1 auf die Strategie L von Spieler 2; O ist die beste Antwort von Spieler 1 auf die Strategie M von Spieler 2; U ist die beste Antwort von Spieler 1 auf die Strategie R von Spieler 2. L ist die beste Antwort von Spieler 2 auf die Strategie O von Spieler 1; M ist die beste Antwort von Spieler 2 auf die Strategie M von Spieler 1; R ist die beste Antwort von Spieler 2 auf die Strategie U von Spieler 1. Spieltheorie Beste Antworten: “Kampf der Geschlechter” 21 Die Strategie a ist die beste Antwort von Spieler 1 auf die Strategie a von Spieler 2; Die Strategie b ist die beste Antwort von Spieler 1 auf die Strategie b von Spieler 2. Die Strategie a ist die beste Antwort von Spieler 2 auf die Strategie a von Spieler 1; Die Strategie b ist die beste Antwort von Spieler 2 auf die Strategie b von Spieler 1. Die Strategiekombinationen (a, a) und (b, b) bestehen aus Strategien, die gegenseitig beste Antworten sind. Spieler 2 Spieler 1 a b a 2 , 1 0 , 0 b 0 , 0 1 , 2 Spieltheorie Beste Antworten und Nash-Gleichgewicht 22 Eine Strategie si ∈ Si ist (eine) beste Antwort für Spieler i auf die Strategien s-i ∈ S-i der anderen Spieler, falls ui(si, s-i) ≥ ui(si‘, s-i) für alle si‘ ∈ Si. Eine Strategiekombination s* = (s1*, s2*, …, sn*) ist ein NashGleichgewicht, falls für alle i = 1, 2, …, n gilt: ui(si*, s-i*) ≥ ui(si, s-i*) für alle si ∈ Si. bi(s-i) = {si ∈ Si : ui(si, s-i) ≥ ui(si‘, s-i) ∀ si‘ ∈ Si}. d.h., si* ∈ bi(s-i*) für alle i = 1, 2, …, n. Beispiel (n = 2): s* = (s1*, s2*) ist ein Nash-Gleichgewicht, falls u1(s1*, s2*) ≥ u1(s1, s2*) für alle s1 ∈ S1 (s1* ist beste Antwort auf s2*), u2(s1*, s2*) ≥ u2(s1*, s2) für alle s2 ∈ S2 (s2* ist beste Antwort auf s1*). Spieltheorie 23 Beste Antworten im GefangenendilemmaSpiel b1(NG) = G und b1(G) = G, b2(NG) = G und b2(G) = G. Nur die Strategiekombination (G, G) besteht aus Strategien, die gegenseitig beste Antworten sind, d.h. das einzige Nash-Gleichgewicht in diesem Spiel ist (G, G). Spieler 2 NG Spieler 1 G NG -1 , -1 -9 , 0 G 0 , -9 -6 , -6 Spieltheorie 24 Wiederholtes Eliminieren dominierter Strategien und Nash-Gleichgewichte Spieler 2 Spieler 1 Links Mitte Rechts Oben 1 , 0 1 , 2 0 , 1 Unten 0 , 3 0 , 1 2 , 0 Spieler 2 Spieler 1 Links Mitte Oben 1 , 0 1 , 2 Unten 0 , 3 0 , 1 Spieltheorie 25 Wiederholtes Eliminieren dominierter Strategien und Nash-Gleichgewichte Spieler 2 Spieler 1 L M R O 0 , 4 4 , 0 3 , 3 M 4 , 0 0 , 4 3 , 3 U 3 , 3 3 , 3 3.5 , 3.6 Spieltheorie Das “Elfmeterduell” 26 Zwei Spieler: Spieler 1 (= Schütze) und Spieler 2 (= Torwart). Die Strategiemengen sind für beide Spieler gleich: L (linke Ecke) und R (rechte Ecke). Die Auszahlungen sind wie in der Matrix angegeben. b1(L) = R und b1(R) = L, b2(L) = L und b2(R) = R. Kein Nash-Gleichgewicht in reinen Strategien! Spieler 1 Spieler 2 L R L 0 , 1 1 , 0 R 1 , 0 0 , 1 Spieltheorie
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