LESEPROBE

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Lieber Leser
Bei diesem Text handelt es sich lediglich um einen kleinen
Auszug aus meinem Jugendroman „St. Jimmy - Die Geschichte einer Band“.
Wenn dir die Leseprobe gefällt, dann würde ich mich freuen,
wenn du ein gedrucktes Exemplar meines Buches erwirbst.
Es ist in jedem guten Buchhandel erhältlich bzw. unter der
ISBN 978-3-939211-43-3 bestellbar.
Bei weiteren Fragen erreichtst du mich per E-Mail oder über
die offizielle Facebookseite.
Danke für deine Unterstützung.
Julia
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…
Natürlich war es unsinnig, in einer Stadt wie L.A. nach jemanden zu
suchen, aber vom untätigen Rumsitzen würde Jimmy auch nicht auftauchen. Ich verbrachte Stunden damit, ihn zu suchen und in den verschiedensten Bussen durch die Gegend zu fahren. Am Ende hatte ich
alle Plätze abgeklappert, ab denen er sein könnte, aber vergebens. Es
war schon dunkel, als ich mich auf den Heimweg machte. Mein Magen knurrte. Ich hatte ganz vergessen etwas zu essen. Vielleicht war
Jimmy ja mittlerweile wieder aufgetaucht, dachte ich optimistisch.
Jimmy konnte doch schließlich auf sich aufpassen, was sollte ihm da
schon groß geschehen sein?
Wenig später wurde ich in meiner Hoffnung bitter enttäuscht. Nicht
weit von unserer Wohnung wurde ich plötzlich von hinten gepackt
und in eine Seitenstraße gezerrt. Ich wehrte mich mit Händen und
Füßen, doch dann spürte ich etwas an meinem Kopf. Mir hatte noch
niemals jemand eine Pistole an die Schläfe gehalten, doch ich wusste
sofort, was los war und wehrte mich nicht weiter. Ich war wie gelähmt. Dann sah ich meine beiden Angreifer an, die sich vor mir aufbauten. Beide waren sehr groß. Der eine war ziemlich lang und dünn
und hatte ziemlich große Schneidezähne und ein schmales Gesicht,
das mich an eine Ratte erinnerte. Sein Kumpane war etwas kleiner
aber dafür kräftiger, mit einer platten, breiten Nase, die einem Schweinerüssel erstaunlich ähnlich kam. Sie erinnerten mich stark an Harry
und Keith. Nur eben mit Knarren. In dem Moment war ich sicher,
dass mein Ende nahte. Wenn ich in die Fänge von zwei Punk-Hassern geraten war, dann hatte ich echt schlechte Karten. Dann ließ der
Kerl mit der Knarre diese auf einmal sinken. Offensichtlich wollten
sie mich nicht abknallen. Doch was wollten sie dann? Sicher nichts
Gutes, darauf hätte ich mein Schlagzeug verwettet. Die Ungewissheit,
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was aus mir werden würde, machte mich seltsamerweise nervöser als
die Knarre. „Schau dir das an. Der Kleine macht sich vor Angst gleich
in die Hose.“, spottete Schweinenase. Er genoss anscheinend auch
noch meinen Anblick. „Er hat ja auch allen Grund dazu.“, meinte Rattengesicht. „Mit Stan legt man sich nicht an. Das habt ihr Jungs nun
davon.“. Diese Worte waren an mich gerichtet. Ich verstand aber nur
Bahnhof. Stan? Etwa Stan, unser Dealer? Hatte der etwa die beiden
Typen auf mich gehetzt? Was zur Hölle ging hier vor? Ich hatte doch
nichts gemacht. Jedenfalls war ich mir keiner Schuld bewusst. „Ich
hab mich nicht mit Stan angelegt. Ihr habt bestimmt den Falschen.“,
sagte ich und versuchte das Zittern in meiner Stimme irgendwie zu unterdrücken. „Nicht du, Kleiner, aber dein Freund Jimmy.“, entgegnete
Rattengesicht. „Er hat Stoff mitgehen lassen.“ Meine Augen weiteten
sich vor Erstaunen. Das erklärte natürlich einiges! Verflucht, was hatte
sich Jimmy nur dabei gedacht? War er deshalb abgehauen? „Und was
soll ich jetzt machen? Euch sagen wo Jimmy ist?“, fragte ich. „Deinen kleinen Freund haben wir längst. Wir wollen das Geld und du
wirst es uns beschaffen, wenn du Jimmy jemals wieder sehen willst.“
Für einen Moment verschlug es mir die Sprache. Sie hatten Jimmy?
Das konnte doch einfach nicht wahr sein! „Wieviel?“, fragte ich nur.
„1000$.“, verkündete Schweinenase. „WAS? Wo soll ich bitte 1000$
hernehmen?“, rief ich entsetzt. „Ihr spinnt doch!“ Das war mal wieder typisch für mich! Ich hatte selbst dann noch eine große Klappe,
wenn man mir kurz zuvor erst eine Knarre an den Kopf gehalten hatte. Hätte ich doch nur dieses eine Mal meinen Mund gehalten! Die
Quittung ließ nicht lange auf sich warten.
Mich traf ein solcher Schlag in die Magengegend, dass ich sofort
zusammenbrach. „Werd‘ ja nicht frech!“, sagte Schweinenase und
schlug gleich noch mal zu. Ich versuchte mich aufzurappeln, aber
es ging nicht und ich ließ mich stattdessen auf den Boden sinken.
„Die Drogen können niemals 1000 $ Wert gewesen sein.“, brachte
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ich schließlich keuchend hervor. „Das ist doch Wucher!“ Ich war zu
stolz, um mich so einfach unterkriegen und mir meine Angst anmerken zu lassen. Rattengesicht zog mich hoch und drückte mich gegen
die Wand. Er war erstaunlich kräftig für seine schmale Statur. Sein
Gesicht kam ganz nah an meines und ich musste angewidert das Gesicht verziehen. In dem Moment konnte ich nicht sagen, was ich an
ihm schlimmer fand: Seinen Atem oder seine Attitüde. Dann sagte
er: „Klauen kostet eben extra. Wir sind schließlich kein Selbstbedienungsladen. Außerdem geht es um das Leben deines Freundes. Wenn
er dir etwas bedeutet, dann werden die Mäuse spätestens in einer
Woche auf Stans Tisch liegen. Hast du das verstanden?“ Ich nickte
stumm. Glücklicherweise fiel mir kein weiterer dummer Spruch ein.
„Gut. Und nun verschwinde!“, sagte Rattengesicht. Das ließ ich mir
nicht zweimal sagen. Im Nu nahm ich
die Beinen in die Hand und rannte heim, so schnell ich konnte. Die
Schmerzen hatte ich ganz vergessen. Erst als die Tür unserer Wohnung
hinter mir zufiel, kamen sie wieder zurück.
Bill und Lacey warteten schon im Wohnzimmer auf mich. „Da bist du
ja.“, sagte Bill. Dann sah er mich genauer an. „Mann, wie schaust du
denn aus?“ „Was ist denn passiert?“, fragte Lacey und führte mich
zum Sofa, auf das ich mich sofort fallen ließ. Ich brauchte ein paar
Sekunden, bis ich in der Lage war, etwas zu erzählen. Ich atmete noch
immer schwer und merkte, dass ich leicht zitterte. Ich wollte wirklich keine Schwäche zeigen, aber die Wahrheit war, dass ich panische
Angst gehabt hatte und das ließ sich nun nicht mehr verbergen. Als
ich mich etwas gesammelt hatte, begann ich mit meinem Bericht. Als
ich alles erzählt hatte, sahen mich Bill und Lacey geschockt an. „Wie?
1000$? So viel bekommen wir nie zusammen!“, stöhnte Bill und fuhr
sich mit der Hand durch das Haar. Wie immer, wenn er nervös war.
Eine Angewohnheit, die er mit mir gemeinsam hatte. „Das weiß ich
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auch.“, entgegnete ich. Dann fiel mein Blick auf Lacey, die noch gar
nichts gesagt hatte. Sie war völlig blass im Gesicht und sah fast so
mitgenommen aus, wie ich. „Was hat sich Jimmy nur dabei gedacht?
Wie kann er nur die Drogen einfach so stehlen? Das musste ja so
kommen. Dieser Idiot!“, schimpfte Bill. Das war seine Art, mit der
Sache umzugehen, das erkannte ich sofort. Natürlich machte er sich
auch Sorgen um Jimmy, aber er war nicht der gefühlsduselige Typ,
der das auch zeigte. Außerdem hatte Bill ja irgendwie Recht. Jimmy
war wirklich dumm gewesen, wenn er allen Ernstes gedacht hatte,
mit dem Diebstahl durchzukommen. Nun steckten wir in ziemlichen
Schwierigkeiten und Jimmy würde vielleicht sogar mit seinem Leben
bezahlen. „Wir werden ihm doch helfen können, oder?“, brach Lacey plötzlich ihr Schweigen. „Natürlich. Wir werden das Geld schon
irgendwie auftreiben.“, sagte ich zuversichtlich, obwohl ich alles andere als das war. „Sollten wir nicht besser zur Polizei gehen?“, fragte
Lacey. „Nein!“, riefen Bill und ich sofort. Lacey sah uns überrascht an.
Bill erklärte: „Selbst wenn die uns glauben, denke ich nicht, dass die
ohne Beweise viel machen können. Im Gegenteil: Am Ende buchten
die uns alle noch wegen Drogenbesitzes ein.“ „Und denk doch mal
nach: Was wird wohl aus Jimmy, falls Stan mitbekommt, dass wir ihm
die Bullen auf den Hals gehetzt haben?“, fügte ich hinzu. Das überzeugte Lacey. Wir waren auf uns allein gestellt. Wenn wir Jimmy helfen wollten, mussten wir es selbst schaffen. Irgendwie mussten wir an
Geld kommen. Und zwar schnell!
Die nächsten Tage baten wir alle, die wir kannten, um eine kleine
Spende, natürlich ohne den wahren Grund zu nennen. Einige Freunde
und Fans waren bereit, uns etwas zu geben, aber genug kam dabei
nicht zusammen. Ich dachte daran, Mick um Geld zu bitten oder wenigstens um einen Vorschuss meines Lohnes, aber am Ende wollte ich
ihn da doch nicht mit reinziehen. Er hätte uns bestimmt irgendwie
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geholfen, auch wenn er selbst nicht so viel Geld hatte, aber ich brachte es einfach nicht übers Herz, ihn anzupumpen. Er und Josey hatten
schon so viel für uns getan und wir hatten uns doch bei unserem Auszug geschworen, von nun an für uns selbst zu sorgen.
Am fünften Tag, also zwei Tage vor Ende der Frist, hatten wir nur
knapp 300$ zusammen bekommen. Lange noch nicht genug. Und die
Zeit arbeitete auch noch unaufhaltsam gegen uns. Wir würden es nie
schaffen! Ich wusste es und Bill genauso. „Vielleicht gibt Stan sich ja
mit dem zufrieden, was wir haben, und lässt uns den Rest abarbeiten,
oder so?“, überlegte Bill. Ich war da weniger zuversichtlich. So wie
mich seine Schläger behandelt hatten, konnte ich mir nicht vorstellen, dass Stan bereit war zu verhandeln. Blieb nur noch der Verkauf
unserer Instrumente, aber damit wollten wir bis zum Ende warten.
Die Instrumente waren unser Kapital, von denen wir uns nicht trennen wollten solange es möglich war. Stattdessen kam mir noch eine
andere Idee. Eine völlig wahnsinnige Idee. Ich wollte bei Stan einbrechen und Jimmy befreien. Bill war sofort dagegen, als ich ihm davon
erzählte. „Bist du etwa auf einem Selbstmordtrip? Das ist so gut wie
unmöglich! Selbst wenn wir wüssten, wo Stan Jimmy festhält, würden
wir es nie schaffen, da einzubrechen und heil mit Jimmy herauszuspazieren. Das kannst du vergessen!“ „Aber irgendetwas müssen wir
doch tun!“, wand ich ein. „Ja, ich versteh dich. Glaub mir, ich will genau so wenig tatenlos hier rumsitzen, wie du. Aber es hilft uns nichts,
wenn du jetzt völlig sinnlos dein Leben aufs Spiel setzt. Wir haben
noch zwei Tage. Wir können immer noch unsere Instrumente verkaufen oder die Polizei einschalten, wenn es keinen anderen Weg gibt.“
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Kapitel 33: Superheld spielt man nicht (man ist es!)
Mir war natürlich klar, dass Bill wie so oft Recht hatte, aber ich hielt
es nicht mehr aus, untätig herumzusitzen. Ich konnte einfach nicht
anders und so stahl ich mich am späten Nachmittag klammheimlich
davon. Ich hatte Jimmys Springmesser eingesteckt. Eben jenes Messer, das er an dem Abend in Bishop bei sich gehabt hatte, als wir uns
kennen gelernt hatten. Mit einem Messer gegen die mit Pistolen bewaffneten Schläger von Stan! Allein der Gedanke war schon ein Witz,
aber ich hatte nun einmal keine andere Waffe. Verdammt, ich hatte ja
noch nicht einmal einen Plan, wie ich vorgehen sollte! Alles, was ich
hatte, war die feste Überzeugung, dass ich Jimmy helfen musste, so
wie er auch mir geholfen hätte. Hätte ich etwas weiter gedacht, wäre
mir vielleicht in den Sinn gekommen, dass mit Jimmys Rettung (falls
sie mir denn überhaupt gelingen sollte) die Probleme erst so richtig
anfangen würden. Stan würde vermutlich Jagd auf uns machen und
wir
würden untertauchen müssen. Aber selbst wenn mir das noch rechtzeitig klar geworden wäre, hätte es mich wohl kaum aufgehalten.
Ich machte mich auf den Weg zu Stans Club. Es war vielleicht etwas
unwahrscheinlich, dass er Jimmy dort gefangen hielt, wo es doch ein
öffentlicher Ort war, aber ich wusste, dass er dort auch seine Drogengeschäfte regelte. Vielleicht gab es im Club so etwas wie geheime
Räume oder wenigstens Räume, die für die Besucher des Clubs nicht
so leicht zugänglich waren. Außerdem hatte ich keine Idee, wo ich
sonst mit der Suche anfangen sollte. Vielleicht war das Glück zur Abwechslung ja mal auf meiner Seite. Das einzige Problem, das mir in
dem Moment Kopfschmerzen bereitete, war, wie ich unbemerkt in
den Club gelangen sollte.
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Als ich an meinem Ziel ankam, sah ich schon von Weitem, dass
Schweinenase die vordere Tür bewachte. Diesen Eingang konnte ich
also schon mal streichen. Schweinenase würde mich nie rein lassen.
Jedenfalls nicht ohne die 1000$. Und ich hatte definitiv keine Lust,
noch mal von einem von Stans Schlägern vermöbelt zu werden. Ich
lief in eine kleine Seitenstraße und suchte nach einem anderen Eingang. Zu meiner Überraschung fand ich tatsächlich ein offenes Kellerfenster. Glück muss man haben! Vorsichtig blickte ich hinein. Auf den
ersten Blick schien die Luft rein. Auf den zweiten Blick erkannte ich,
dass es das Damenklo war. Na ganz toll! Mir blieb anscheinend nichts
erspart! Nachdem ich mich doppelt und dreifach vergewissert hatte,
dass auch wirklich niemand drinnen war, quetschte ich mich durch das
kleine Fenster, die Beine voran, und ließ mich auf den Boden fallen.
Mit schnellen Schritten war ich durch den Raum geeilt und an der Tür.
Ich lugte raus in den Gang. Keiner da. Prima. Das letzte, was ich wollte, war, dass mich jemand ausgerechnet aus dem Damenklo kommen
sah. Mann hat schließlich seinen Stolz. Nun durfte ich keine Zeit verlieren. Der Club würde schon bald öffnen. Ich musste mich also beeilen
und Jimmy finden, bevor es hier von Leuten wimmelte. Es war besser,
wenn mich keiner sah, der am Ende Stan einen Tipp geben konnte.
Ich schlich leise den Gang entlang und spähte vorsichtig um eine Ecke.
Erschrocken wich ich zurück, als ich noch einen von Stans Schlägern
erblickte. Diesen Typ kannte ich noch nicht. Es war ein Schwarzer und
er erinnerte mich irgendwie an einen Gorilla, mit seinen langen Armen und der dunklen, fast schwarzen Haut. Zum Glück hatte er mich
noch nicht bemerkt. Was aber wichtiger war, war die Tatsache, dass
er vor einer Sicherheitstür saß, hinter der offiziell nur Lagerräume waren. Das behauptete jedenfalls das Schild an der Tür. Neben ihm auf
einem kleinen Tisch waren ein halbvolles Glas Whiskey (oder etwas
in der Art) und ein Schlüsselbund. Das ganze Szenario machte mich
stutzig. Was machte der Kerl hier? Man musste nicht Sherlock Holmes
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heißen um zu merken, dass hier etwas nicht stimmte. Wenn hinter
diesem Gorilla-Typ wirklich nur Lagerräume waren, müsste die Sicherheitstür als Schutz doch ausreichen, sollte man jedenfalls meinen. Das
war doch alles etwas viel Aufhebens wegen ein paar Drinks oder was
man sonst noch in den Lagerräumen eines Clubs erwarten konnte.
Es sei denn natürlich, dass sich noch etwas anderes dahinter verbarg.
Etwas, das diesen extra Schutz bedurfte. Nur was? Drogen? Jimmy?
Was auch immer es war, ich musste es herausfinden. Aber wie sollte
ich an dem Gorilla vorbeikommen? Die Lösung fand ich direkt neben mir an der Wand. Ein Feuermelder! Der kam mit wie gerufen. Ich
zögerte keine weitere Sekunde, sondern schlug die Scheibe ein und
drückte den roten Knopf. Sofort ging der Alarm los. Ich huschte noch
ein weiteres Mal in die Damentoilette - zum wirklich letzten Mal, wie
ich hoffte - ließ die Tür einen Spalt auf und lugte raus auf den Gang.
Keine fünf Sekunden später kam der Gorilla auch schon angetrabt.
Für eine Schrecksekunde hielt ich den Atem an, aber dann war er auch
schon an den Toiletten vorbeigeeilt. Ich schlüpfte wieder durch die
Tür in den Gang und ging zu seinem Platz. Die Schlüssel lagen immer
noch auf dem Tisch! ‚Was für ein Idiot!‘, dachte ich erfreut. Wie gut,
dass Stan bei seinen Angestellten anscheinend mehr auf Muskelmasse
statt auf Hirnmasse setzte. Ich betrachte die Schlüssel kurz, verglich sie
mit dem Schloss, dann wusste ich, welchen ich brauchte. Im Nu war
die Sicherheitstür geöffnet und ich fand mich in einem kleinen Gang
mit fünf Türen wieder. Alle sahen gleich aus, also öffnete ich die Tür,
die mir am nächsten war. Nichts. Nur ein Lagerraum. Also weiter zur
nächsten Tür. Mist! Wieder ein Lagerraum! Alle guten Dinge sind drei,
dachte ich und ging zur dritten Tür.
„Jimmy!“. Da saß er, gefesselt an einen alten Stuhl. Sein Kopf hing
schlaff nach unten und irgendwie hatte ich das ungute Gefühl, dass
die Flecken auf seiner Kleidung Blut waren. Offenbar hatten sie ihm
übel mitgespielt. Er drehte sich zu mir um, als er meine Stimme hörte,
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und sah mich ungläubig an. „Danny?“ „Ja. Keine Sorge, ich hol dich
hier raus.“, sagte ich. „Wie kommst du hierher?“, fragte er verwirrt.
„Erklär‘ ich später.“, sagte ich und machte mich an seinen Fesseln zu
schaffen. Nun war Jimmys Messer doch nützlich. „Ist alles okay bei
dir?“, fragte ich, als ich seine Beine befreite. Als er nicht antwortete,
sah ich zu ihm auf. Seine Augen waren vor Schreck geweitet und er
sah aus, als wollte er etwas sagen. Bevor er dazu kam, spürte ich einen
harten Schlag auf den Kopf und alles wurde schwarz.
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Epilog
„Jimmy Benson, 1964-1982. Möge er den Frieden finden, den er sein
Leben lang gesucht hat.“, stand da in grauen Stein gemeißelt. Ich
hatte aufgehört zu zählen, wie oft ich diese Zeilen schon gelesen hatte. Es war Mitte Dezember. Genau drei Jahre nachdem ich Jimmy tot
aufgefunden hatte. Ich stand auf dem kleinen Friedhof in L.A. und
schlang die Arme um den Körper. Es war kühl. Zu kühl für Kalifornien.
Ich wünschte, ich hätte etwas Wärmeres angezogen als meine alte
Armee- Jacke. Wie blöd muss man sein, um an diesem rattenkalten
Tag mit einer dünnen Jacke herumzulaufen?, dachte ich. Hatte ich
denn nichts dazugelernt? Nachdenklich schob ich eine rote Haarsträhne aus meinem Gesicht und versuchte mir vorzustellen, was Jimmy
wohl an jenem Tag durchgemacht hatte, als er von daheim abgehauen war. Jenem Tag, an dem seine Mutter gestorben war. Von Jimmys
eigenem Vater erschlagen. Ich konnte es immer noch nicht fassen,
wie wenig ich den Jungen gekannt hatte, der fast ein Jahr lang mein
bester Freund gewesen war. „Möge er den Frieden finden, den er sein
Leben lang gesucht hat.“, las ich noch einmal. Ja, das wünschte ich
ihm wirklich. Plötzlich fühlte ich eine Hand auf meiner Schulter. „Hier
bist du also.“, sagte Bill. Er und Chris traten an meine Seite. Eine Weile
schwiegen wir andächtig, dann sagte Bill: „Komm Danny. Wir müssen ein Flugzeug erwischen.“ „Nach New York.“, ergänzte Chris und
grinste breit. „Noch eine Minute.“, bat ich. Während Bill und Chris
schon zum Auto liefen, senkte ich noch einmal den Kopf. „Ruhe in
Frieden.“, dachte ich. Dann wandte ich mich schließlich von Jimmys
Grab ab und eilte meinen Freunden hinterher. Der Flug würde nicht
auf uns warten und wir hatten schließlich noch einen legendären Club
zu rocken!
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Es ist nicht leicht, ein Punk zu sein. Alltagstrott, ständige Schikanen... so sieht das
Leben von Danny Bogard aus. Bis sich sein
Weg mit dem des jungen Ausreißers Jimmy
Benson kreuzt. Gemeinsam mit dem Bassisten
Bill Foster machen sich die beiden Teenager
auf nach L.A., um als „St. Jimmy“ Musikgeschichte zu schreiben. Doch was als großes
Abenteuer beginnt, entwickelt sich schon bald
zum Alptraum, als sie auf den Schattenseiten
des Erfolgs ins Straucheln geraten.
St.Jimmy
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ISBN: 978-3-939211-43-3