Helens 1. Bericht

Maisha Mazuri Grundstück füllt sich mit Leben
Obwohl das Maisha Mazuri Gebäude noch nicht fertiggestellt ist, tummeln sich bereits jetzt hunderte
Kinder aus der Umgebung auf dem Grundstück. Sie nutzen die Schulferien um ihrer Leidenschaft,
dem Fußball spielen, nachzugehen. Von Jung bis Alt, alles ist hier vertreten.
Mein Name ist Helen Milkau. Ich bin 33 Jahre jung und seit Januar 2015 aktives Mitglied im Verein
Hand in Hand für Kenia e. V. Um mir ein besseres Bild darüber zu machen, für was wir im Verein
unsere Energie und Freizeit aufbringen, habe ich beschlossen, für drei Monate nach Kenia zu reisen,
um mir ein Bild von unserem neuen Projekt Maisha Mazuri Children Center, dem Land und den
Leuten zu machen. Am 01.04.2015 war es dann so weit, auf nach Afrika!
Ich wohne bei unserem Projektleiter Jimmy Kilonzi und seiner Family. Sie wohnen ca. 30 Minuten
entfernt von dem Ort, wo wir unser Kinderheim bauen. Solange das Maisha Mazuri noch im Bau ist,
sind Volunteers & Gäste bei Familie Kilonzi herzlich willkommen. Die Gastfreundschaft ist toll, man ist
sofort Mitglied der Familie und lernt so am besten das Leben der lokalen Leute kennen. Das Haus ist
besser als viele andere in der Umgebung und es ist vor allem sicher. Und dennoch müssen wir
Europäer uns erst einmal an alles gewöhnen. „Dusche“, „Toilette“, Küche, Essen etc. Aber ich muss
sagen, ich bin froh, hier untergekommen zu sein, da es doch alles etwas anders ist, als wir es von
daheim gewohnt sind. Nicht, das ich mich nicht selbst versorgen könnte aber man muss hier erst mal
einen Ort finden, an dem auch die Infrastruktur („Sanitäre Einrichtungen“, Hygiene, Wasser,
Elektrizität) einigermaßen gegeben ist und gekocht wird hier doch auch etwas anders. Sobald jedoch
das Children Center fertig ist, können Volunteers und Gäste in den dort eigens für sie vorgesehenen
Zimmern untergebracht und selbstverständlich mit versorgt werden.
Als ich gleich am ersten Tag mit Jimmy und
Victor das Grundstück besucht habe, war
ich überwältigt von der Größe und dem Stil
des Gebäudes. Es macht richtig was her und
das Grundstück drum herum ist auch sehr
groß und lässt Platz für einen Garten,
Spielplatz und weitere Gebäude. Auf dem
Bau selbst tümmelten sich Arbeiter, die
sogenannten „Worker“. In jeder Ecke war
einer zu sehen und sie hämmerten und
zimmerten munter vor sich hin. Ich ziehe
den Hut vor Ihnen, wie sie mit einfachsten
Mitteln diesem Gebäude Form geben und
das unter meist sehr heißen, schwülen
Wetterbedingung. Zumindest nehme ich
das Wetter trotz einiger Wolken
überwiegend so wahr. Für die Leute hier ist
ja gerade Herbst o.s.ä. Manchmal muss ich
echt lachen, wenn ich sie in ihren dicken
Steppjacken am Straßenrand stehen sehe.
In den ersten Tagen hat mich Jimmy überall mit hin genommen, allen vorgestellt und so konnte ich
mich langsam an die neuen Gegebenheiten anpassen und mich akklimatisieren. Da ich unter
anderem hier bin, um auch mit anzupacken, dauerte es gar nicht lange, da gab es die erste Aufgabe.
Das Holz für die Dächer musste gestrichen werden. Highlight für die Arbeiter vor Ort. Noch nie hatten
sie eine „Mzungu“, eine Weiße, so arbeiten sehen und zu ihrer Überraschung konnte ich das sogar
richtig gut ;). Ich habe seit diesem Tag an einen
„Vorarbeiter“. Er heißt Kimeu, spricht etwas
Englisch und ist unser Sicherheitsmann. Er ist
immer da, übernachtet auch auf dem Grundstück
und bewacht es. Er kümmert sich um alles, was
außer dem Hausbau auf dem Grundstück noch
so anfällt; Garten, Hühner, Bäume, Bewässerung
etc. Er hat mir erzählt, dass seine Familie ca. 4
Stunden entfernt lebt, er dort aber keine Arbeit
hat und hier die Möglichkeit, für sich und seine Familie, vier Kinder, Geld zu verdienen. Natürlich fällt
es ihm auch sehr schwer, so weit weg zu sein und sie nur einmal im Monat zu besuchen. Aber so ist
das nun mal hier, sagte er, und ist Dankbar für den Job. Das Mittagessen wird von einer Frau aus
dem Dorf gekocht und 13h vorbei gebracht und kann gegen Cash gekauft werden.
Sobald ich Gelegenheit habe, spreche ich mit den Leuten vor Ort. Oft sind es die Arbeiter auf dem
Bau oder Leute, die ich an der Tankstelle, im Restaurant, im Bus/Matatu treffe. Es ist erstaunlich, wie
bekannt das Projekt hier mittlerweile ist. Nicht zuletzt seit ein paar Wochen, wo ständig diese
„Mzungu“ von A nach B gefahren werden will, sei es mit dem Matatu oder dem Motorrad. Wir
kommen dann immer recht schnell auf unser Children Center zu sprechen. Die Leute sind so
freundlich und wahnsinnig dankbar für unsere Unterstützung. Alle beten sie für uns! Speziell die
Frauen aus der Umgebung danken uns immer, weil ihre Männer jetzt eine Beschäftigung haben,
etwas Geld verdienen und abends müde ins Bett fallen und so nicht auf dumme Gedanken kommen!
Und das sind nicht meine Worte!! Das Alkoholproblem ist leider hier sehr verbreitet. Viele Männer,
besonders in den abgelegenen Dörfern greifen schon früh morgens aus Langerweile zur Flasche. Und
da spreche ich nicht von Bier. Das ist für viele zu Niedrigprozentig. Hier gibt’s Klaren für wenig Geld
und daher sehr viele Alkoholabhängige. Seit 2010 gibt es daher ein Gesetz, was verbietet, Alkohol
vor 17h zu verkaufen. Aber wer diesen wirklich braucht, der bekommt ihn natürlich irgendwie.
Maisha Mazuri lebt aber nicht nur wegen der vielen Arbeiter, die täglich unser Projekt voranbringen.
Nein, Maisha Mazuri lebt vor allem durch die vielen Kinder, die bereits jetzt schon fast täglich auf
das
Grundstück
kommen um Fußball
&
Volleyball
zu
spielen.
Drei
Spielfelder gibt es auf
dem Gelände. Eins
für die großen Jungs,
eins für die Mittleren
und eins für die
Mädels. Das Feld für
die Bambinis ist in
Arbeit. Jimmy hatte
mich bereits vor
meiner Ankunft als FIFA Couch angekündigt, was natürlich vollkommener Quatsch ist, aber das war
egal. Er wusste, dass ich mich dem Fußball Projekt annehmen wollte und hat es, in seiner Art, publik
gemacht. Zur ersten Trainingseinheit am 09. April – ich traute meinen Augen kaum, erschienen über
70 Kinder jeden Alters. Ich dachte, ich wäre gut gerüstet mit Bananen und Äpfeln, bissl Wasser für
hinterher. Ha, lächerlich, das reicht nie, dachte ich als ich die alle gesehen habe und habe es gleich
gar nicht erst aus dem Auto geholt, das hätte nur Verletzte und Tränen gegeben. So stand ich also da,
mit meiner Trillerpfeife, die nicht wirklich
funktionierte und mit Händen und Füßen
erklärend, was ich vor habe. Zum Glück hatte ich
auch hier wieder tatkräftige Unterstützung durch
Kimeu und Jimmy, die gedolmetscht haben. Wir
haben die Kids in drei Gruppen aufgeteilt und
einfach erst mal spielen lassen. Zum Glück hatte ich
einen neuen Ball dabei, so hatten wir wenigstens
für jedes Team Einen. Es war unglaublich schön mit
anzusehen, wie die Kids mit mehr oder weniger
Ahnung einfach alle auf den Ball stürmen und
Freude haben, dabei zu sein. Ich versuche jetzt in
den folgenden Wochen ein paar Basics in die
Gruppen zu bringen und sie bis zum Turnier fit zu
bekommen. Dabei staune ich immer wieder, wie
die Kids mit einfachsten Mitteln zurechtkommen.
Zerrissene Kleidung, kaputte Schuhe, keine Schuhe
oder nur einen am „starken Fuß“, Schmutz überall,
egal. Das stört hier keinen. Mein Hauptproblem für
mich und meine Übungsstunden ist, dass wir nur
drei Bälle haben. Bei Passübungen oder
Schusstechniken und einer Gruppengröße von 2030 und mehr Kids, kommt dann natürlich schnell Langeweile auf. Aber trotz dieser kleinen
Herausforderungen ist es toll anzusehen, wie wissbegierig die Kids sind und wie sie meinen Tipps
lauschen. Jetzt habe ich erst mal noch einen kleinen Ball für die Bambinis gekauft. Die können zwar
kaum gerade aus Laufen aber wollen natürlich auch mitmischen und werden von den Großen immer
weg geschickt. Jetzt können sie auch kicken. Was mich letzte Woche nach dem Training sehr
beeindruckt hat war, das alle am Ende von sich aus nochmal zusammen gekommen sind. Dann hat
der Kapitän der großen Jungs und die Kapitänin der Frauen sich bei
Kimeu und mir bedankt für die schöne Zeit und das sie das alles sehr
schätzen. Ich war voll gerührt, wusste gar nicht, wie ich tun sollte. Diese
Worte von einem „coolen 15 jährigen“.. wow, ich war voll gerührt!
Danach haben sie alle zusammen gebetet.
Unser Projekt der Schulpatenschaften steht zwar noch in den
Kinderschuhen aber wir dürfen uns sehr glücklich schätzen, bereits eine
Familie gefunden zu haben, die zwei Kinder aus der Umgebung des
Children Center unterstützen. Ich durfte Botschafter spielen und ihnen
kleine Geschenke von der Familie übergeben. Die Bilder werde ich sicher
nicht so schnell vergessen. Zum einen waren die Kids, vor allem die
kleine Esther, vollkommen verdutzt, als wir zu ihnen aufs Grundstück
kamen. Wahrscheinlich hatte sie noch nie zuvor eine Weiße gesehen. Zum anderen waren sie von
den Geschenken überwältigt und wussten im ersten Moment gar nichts damit
anzufangen, sie haben einfach alles über sicher „ergehen“ lassen. Ich war froh,
dass Jimmy und Matthew
dabei waren, die ein wenig
für mich übersetzen konnten.
Fedelis, der größere der
beiden, kann allerdings schon
etwas Englisch und so konnte
er den Brief der Familie
vorlesen. Das war echt süß
anzuschauen und auch wenn
das Lächeln noch sichtlich
schwer viel, hat man doch das Funkeln in den
Augen der Kinder und deren Großmutter gesehen.
Da ich das Projekt der Patenschaften in Zukunft
selbst betreuen darf, waren dieser Besuch und diese Erfahrungen für mich umso wichtiger.
Das sind zwei ganz tolle Beispiele und ein Beweis mehr, wie sehr unsere Arbeit hier geschätzt wird,
wie sehr die Gemeinde jetzt schon hinter dem Projekt steht und wie viel Lächeln und Hoffnung wir in
die Gesichter der Familien, vor allem die der Kinder bringen können. Das motiviert unheimlich und
zeigt, dass wir unsere Freizeit und Energie in das Richtige investieren. Ich hoffe, dass wir bald mit
dem Bau fertig sind und dann auch die ersten Waisenkinder einziehen können. Auch sie sollen eine
Chance auf ein besseres Leben bekommen und zusammen mit anderen Kindern groß werden.
Bisher habe ich „nur“ die Gegend hier und Nairobi erkundet. Es ist jedes Mal ein Highlight mit dem
Bus oder dem Matatu nach Nairobi zu fahren. Es ist zwar meist die gleiche Strecke und doch immer
anders. Schlafen kann man in den Bussen eh nicht, obwohl die Fahrt zwischen 1-2,5h dauern kann.
Dafür sind die Fahrer zu crazy und die Straßen zu schlecht. Außerdem verpasst man viel zu viel.
Besonders interessant war der Trip durch die Mathare Slums. Nicht ganz ungefährlich aber wir hatten
einen super Guide. Krass wie viel Armut hier auf einem Fleck zusammen kommt. An ein paar
Spielregeln muss man sich hier in Nairobi aber schon halten. Diese hat mir aber Jimmy vor meinem
ersten „Alleingang“ mitgeteilt, zum Beispiel welchen Stadtteil man besser meidet.
Aber im Großen und Ganzen fühle ich mich in „Upper“ Nairobi wirklich sicher. Klar wird man ständig
angesprochen aber die meisten Leute sind super freundlich, sprechen super Englisch und bisher habe
ich keine schlechten Erfahrungen gemacht. Sie versuchen einen natürlich überall zu bescheißen aber
mit der Zeit kennt man die Preise und dann bekommt man diese auch. Immer wenn ich in Nairobi
bin, gönne ich mir Essen, was es hier auf dem Land so nicht gibt; mal eine Pizza, einen Burger oder
Fisch oder mal einen richtigen Kaffee und ein Stück Kuchen/Brownie. Der amerikanische Einfluss ist
auch hier deutlich zu erkennen. Alles frittiert, süß und kalorienreich. Aber was soll´s. So ist das nun
mal hier. Salat wie wir ihn kennen, gibt es nur ganz selten und ist auch relativ teuer. So wie alles, was
nicht lokal ist. Käse hatte ich bisher noch gar nicht und der fehlt mir, ehrlich gesagt, ein kleinwenig.
Zu meiner Verwunderung gibt es hier in der Gegend sogar zwei Schwimmbäder. Natürlich nicht so
groß wie wir es kennen aber immerhin.
Natürlich kann sich das hier nicht jeder
leisten aber es ist doch erstaunlich, da
grad an sonnigen Wochenenden oder
derzeit in den Ferien, reger Trubel
herrscht. Ok, meist bezahlen die Eltern nur
für die Kinder, da sie selbst eh nicht
schwimmen können und daher auch
keinen Eintritt zahlen. Auch hier war mein
erster Besuch mit Jimmys Kids ein Abenteuer für sich, bin ich doch weit und breit wahrscheinlich die
einzige Weiße hier und dann habe ich auch noch einen Bikini an. Die Mädels hier haben alle
Badeanzüge die fast den ganzen Körper bedecken.
Da hatte ich natürlich erst mal den Lacher auf
meiner Seite. Aber sie haben sich schnell daran
gewöhnt und da ich schwimmen kann und viele von
ihnen nicht, haben sie sich das mit dem Lachen
schnell überlegt. Seitdem kommen immer mehr
und ich soll ihnen das Schwimmen beibringen.
Zurzeit ist Regenzeit. Das heißt aber nicht, dass es jeden Tag regnet. Es gibt auch mal eine Woche, wo
es gar nicht regnet aber wenn der Regen dann kommt, kann es auch gleich mal zu
Überschwemmungen kommen, wie vor
ein paar Tagen. Da steht hier alles unter
Wasser und Schlamm soweit das Auge
reicht. Und bei den Holzbuden und
einfachen Häuschen könnt ihr euch
vorstellen, wie es dann hier aussieht.
Gummistiefel sind hier in jedem Haushalt
zu finden. Krass ist, wie schnell der Boden und
die Sonne das Wasser danach aufsaugen. Dann
ist es binnen paar Tagen wieder richtig staubig
und dreckig überall. Ein Mittelmaß gibt es kaum.
Aber der Regen ist wichtig für die Landwirtschaft.
Regen bedeutet Essen und da es im Dezember kaum geregnet hat, ist es jetzt umso wichtiger für die
Bauern und deren Ernte. Außerdem sieht die Landschaft derzeit sooo toll, alles blüht und grünt.
Man kann sich förmlich daneben hinstellen und die Veränderung der Landschaft beobachten. Ich
kann mir gar nicht so recht vorstellen, wie es ist, wenn es hier Trockenzeit hat.
In der kommenden Woche werde ich mal die Küste Kenias erkunden. Man sagt, dort ist es noch
heißer und die Arbeitsweise ist noch langsamer als die vieler Firmen hier zu Lande. Ich bin gespannt!