? Klasse Martin Samer will seine Eltern verklagen Tekstopgave nr. Martin Samer will seine Eltern verklagen (GB/HF 98-3-2) I Tyskland må forældrene ofte finansiere børnenes studium. En student får kun uddannelsesstøtte1, hvis forældrene har en lav indkomst. De forældre, som ikke vil betale, risikerer, at deres børn stævner2 dem. I denne tekst hører vi om Martin Samer, som har haft økonomiske problemer med sine forældre. Gennem sin advokat sendte han dem en advarsel, fordi de ikke mere ville hjælpe ham, da han var blevet 25 år. Artiklen stammer fra damebladet3 BRIGITTE. 1 SU (statens uddannelsesstøtte) Bafög n 2 stævne verklagen 3 dameblad Frauenmagazin n Aufgaben 1. Übersetze den dänischen Text ins Deutsche. 2. Schreibe eine zusammenhängende Darstellung von Martin Samer, seinem Studium und seinem Verhältnis zu den Eltern. Wie entwikkelt sich dieses Verhältnis? 3. Beantworte eine von den folgenden Aufgaben: a. Erkläre, warum die Eltern plötzlich den Geldhahn zudrehen und nimm Stellung dazu. b. Wie stellt sich Martin dazu, daß man sowohl studieren als jobben muß? Deine Meinung zum Thema Studium und Job. c. Diskutiere, ob Martin richtig handelt, als er seine Eltern verklagen will. d. Wie lange sind Eltern für ihre Kinder verantwortlich? Begründe Deine Auffassung. e. Wie stellst Du Dir Dein Traumstudium oder Deinen Traumjob vor? Afleveres den Mein Vater ist Arzt, und meine Mutter hat zusammen mit einer Freundin einen Computerladen. Meine Schwester ist Tischlerin und bereitet sich gerade auf die Meisterprüfung vor. Alle sind also ganz solide im Geschäft. Mein Ethnologiestudium1 dagegen hat meine Fa milie nie so ganz ernst genommen. »Na, dann viel Spaß in Afrika«, hat mein Vater immer gesagt. Irgendwie dachten sie, daß ich mal mit Tropenhelm und Moskitonetz bei den Wilden forschen würde, und ich glaube, das haben sie als eine Mischung aus Abenteuerlust und Forscherdrang gerade akzeptiert. Mit 1000 Mark im Monat haben sie mir eine kleine Wohnung und das Studium bezahlt, so daß ich eigentlich nur in den Ferien mal jobben mußte. Und das Klima zwischen meinen Eltern und mir war richtig gut, seit ich ausgezogen war, als ob wir uns neu angefreundet hätten. Das waren ganz tolle Jahre: Familienleben, wie es sein soll – nicht zu eng, aber mit viel Herzlichkeit und Wärme. Aber dann bin ich nach dem achten Semester2 für ein Jahr in die USA gegangen, zu einem Museumspraktikum. Und als ich wiederkam, fing der Ärger an. »Und wann machst du denn deine Prüfung?« wollte mein Vater schon auf dem Rückweg vom Flughafen wissen. »In zwei 1 2 Ethnologie f etnologi, dvs. læren om andre folkeslag Semester n semester, et studiehalvår Jahren oder so«, habe ich ziemlich ehrlich gesagt, aber das hätte ich nicht sagen sollen. Denn sofort haben sie mich unter Druck gesetzt: Was ich denn eigentlich mit ihrem Geld vorhätte? Ich habe gesagt, ich will über die Geschichte der Ethnologie in den USA schreiben, und da war meine Mutter regelrecht fassungslos: »Das soll ein Thema sein? Spinnst du eigentlich?« Während ich in Amerika war, hatten meine Eltern finanzielle Probleme mit der Praxis und mit dem Computerladen, und da hat sich bei ihnen der Verdacht festgesetzt: Der macht sich von unserem sauer verdienten Geld einen blauen Lenz. Sie hatten gar nicht kapiert, was ich mit dem Studium wollte: Zehn Semester waren ihnen genug. Kurz vor dem Examen drehten sie mir den Geldhahn zu. »Deine Schwester verdient schließlich seit Jahren ihr eigenes Geld«, hat mein Vater gesagt. Mir wurde mit voller Wucht klar, wie abhängig ich von meinen Eltern war – und das mit 25. Und ich wußte: Meinen Traumjob, Ethnologe an der Uni, kriege ich nie, wenn ich für zwanzig Stunden die Woche einen Job nehmen muß. Denn Bafög kam bei dem Einkommen meiner Eltern nicht in Frage. Wir haben dann von einem Tag auf den anderen aufgehört, miteinander zu reden. Ich bekam kein Geld mehr, und unser gemeinsa mes Essen am Sonntagabend, meine Überraschungsbesuche im Laden meiner Mutter – das alles war von einem Moment auf den anderen vorbei. Sie haben die finanzielle Unterstützung und ich das Besuchsprogramm gestrichen. An der Uni klappte gar nichts mehr. Ich saß halbtags hinter dem Steuer eines Lieferwagens und wurde immer wütender, bis meine Freundin meine Jammerei satt hatte und spöttelte: »Dann verklag doch deine Eltern.« Zuerst war ich begeistert, denn ich hatte Rachedurst. Ich sah schon meine Eltern mit gesenkten Köpfen vor dem Familiengericht! Im nächsten Augenblick dachte ich: Das kannst du nicht machen. Das bricht den beiden das Herz. Und dann: Moment mal, die beiden sind gerade dabei, dir das Herz zu brechen! Die machen dir deine Zukunft kaputt, ihretwegen mußt du bis an dein Lebensende Waren ausliefern. Über das Geld ist mir endlich klargeworden, daß meine Eltern sich einfach nicht für mein Studium interessierten, sich nie wirklich dafür interessiert haben. Das hat mich am meisten verletzt. Im nachhinein kam mir das Ganze mehr vor, als hätten sie mir nicht nur das Geld, sondern vielmehr ihre Liebe entzogen. Die Sache wurde noch schlimmer, als ich einen Termin bei einer Professorin verpaßte, weil ich mit einer Ladung Waschmittel im Stau stand. Ich bin direkt zu dem Anwalt gefahren, bei dem meine Freundin angestellt war. Sie dachte, ich mache Witze, aber ich habe mir vom Anwalt eine Klage formulieren lassen, komplett mit Paragraphen und Hinweisen auf meine Rechte. Während ich meiner Freundin den Brief diktierte, hat sie immer wieder zu mir gesagt: »Überleg dir das noch mal!« Ich habe buchstäblich die Zähne zusammengebissen, um mir nicht vorzustellen, wie meine Eltern zu Hause am Abendbrottisch den Brief aufmachen und lesen, daß ihr Sohn sich mit ihnen vor Gericht treffen will. Als meine Mutter anrief, zitterte ich am ganzen Körper. Ich dachte, das darf einfach nicht wahr sein, daß unsere Familie am Geld kaputtgeht. Meine Mutter war auch ganz fertig. Zum Teil vor Wut und zum Teil vor Traurigkeit und Scham, genau wie ich, glaube ich. Wir haben uns noch am selben Abend wieder versöhnt. Mein Vater hat aber seine Einstellung klargemacht: »Deine Mutter und ich wollen uns nicht von dir unter Druck setzen lassen, aber wenn dir die Sache wichtig genug ist, um deine Eltern zu verklagen, dann laß uns mal hören«. – »Die Sache«, das war mein Studium. Darüber haben wir uns zum erstenmal richtig unterhalten, und sie haben sich bereit erklärt, mich weiterhin zu unterstützen. Vor Gericht mußte ich sie nicht mehr ziehen. Ich habe meine Examensarbeit in aller Ruhe zu Ende geschrieben und mich bei meinen Eltern im Vorwort für ihre Unterstützung bedankt. Das war so eine Art Wiedergutmachung. Über den Brief vom Anwalt haben wir nie wieder gesprochen. Vielleicht geht er irgendwann mal in unsere Familiengeschichte ein, und dann machen wir Witze darüber. So weit sind wir aber noch lange nicht. (Nach BRIGITTE 4/97)
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