Forst- und Holzwirtschaft im Fokus

WETTBEWERB UM HOLZ
Forst- und Holzwirtschaft im Fokus
Clusterstudie »Forst, Holz und Papier in Bayern 2015« zeigt positive Entwicklung
Stefan Friedrich, Marcus Knauf, Raphael Hunkemöller und Wolfgang Mai
196.000 Erwerbstätige und ein Umsatz von 37 Milliarden Euro: Diese beiden Zahlen unterstreichen eindrucksvoll die Bedeutung
der Wirtschaftszweige rund um den Roh- und Werkstoff Holz. Den Branchen des Clusters Forst und Holz ist aber auch wichtig,
dass sie für die Gesellschaft mehr sind als nur die Summe ihrer Wirtschaftsleistungen. Der demografische Wandel, die Veränderungen des Holzaufkommens oder ein schwindendes gesellschaftliches Verständnis für die Waldbewirtschaftung sind derzeitige Herausforderungen für den Cluster Forst und Holz. Seine Antwort: Die »Agenda Forst und Holz in Bayern 2030«.
Die Clusterstudie hat die Forst- und Holzwirtschaft auf den
verschiedenen regionalen Ebenen in Bayern analysiert. Auch
die Rahmenbedingungen für den Cluster waren Untersuchungsgegenstand, so zum Beispiel das Holzaufkommen (siehe Beitrag Borchert et al., S. 12–15 in diesem Heft) oder die
Bevölkerungsentwicklung in Bayern. Außerdem standen die
Leistungen des Clusters für die Gesellschaft, beispielsweise
für den Klimaschutz, im Fokus. Die folgenden Ausführungen
stellen wichtige Ergebnisse der Clusterstudie vor.
Gesamtentwicklung
Der Cluster Forst und Holz in Bayern hat sich von 2005 bis
2013 insgesamt positiv entwickelt. Der Umsatz nahm jährlich
im Durchschnitt um 3,3 % (Tabelle 1) zu: von 28,7 auf 37,0
Milliarden Euro. Gleichzeitig blieb die Beschäftigung annähernd konstant bzw. ging nur geringfügig um jährlich durchschnittlich 0,4 % zurück. 2005 gab es noch 202.000 Erwerbstätige im bayerischen Cluster; bis 2013 sank diese Zahl um
6.000. In Tabelle 1 sind die einzelnen Branchen des Clusters
nach Umsatz und Beschäftigung aufgeschlüsselt.
Tabelle 1 zeigt, dass die Branchen unterschiedlich zu Umsatzwachstum und Erwerbstätigkeit beigetragen haben. Als
Zugpferd kann mit einem Umsatzplus von 10,5 % pro Jahr die
Holzverarbeitung im Baugewerbe gelten. In deren Fahrwasser
profitierten zahlreiche Branchen im Cluster, so zum Beispiel
die Sägewerke durch die Herstellung von Bauholz, die Holzwerkstoffindustrie oder mittelbar auch die Forstwirtschaft.
Viele Branchen haben einen Rationalisierungsprozess
durchlaufen, so dass die Zahl der Unternehmen und Erwerbstätigen zurückging. Die Sägeindustrie ist dafür beispielhaft.
Mittels Investitionen in moderne Anlagen wurde eine Ausweitung der Produktion bei geringerem Personalaufwand ermöglicht. Damit hat sich die Sägeindustrie für den internationalen Wettbewerb gerüstet. Der dadurch bedingte Verlust an
Unternehmen und Arbeitsplätzen ist bedauerlich, aber aus
Sicht der Branche unumgänglich, um durch Produktivitätsfortschritte gegenüber der in- und ausländischen Konkurrenz
wettbewerbsfähig zu bleiben.
Aufgrund der gestiegenen stofflichen und energetischen
Holzverwendung trägt die Forst- und Holzwirtschaft heute
deutlich mehr zum Klimaschutz bei als noch 2005. Insgesamt
wurden im Jahr 2012 etwa 3,5 Millionen Tonnen (t) CO2 in
Wald und Holzprodukten gespeichert und 14,5 Millionen t
CO2 durch Substitutionseffekte vermieden; insgesamt ergibt
sich so ein Beitrag von rund 18 Millionen t CO2 zum Klimaschutz. Zum Vergleich: In Bayern wurden 2012 78 Millionen
t CO2 in die Atmosphäre freigesetzt.
Entwicklung in Einzelbranchen
Abbildung 1: Anteil des Clusters Forst und Holz an der Gesamtbeschäftigung (sozialversicherungspflichtig) je Landkreis (2014)
(Datenbasis: Bundesagentur für Arbeit 2015)
20
Die Clusterstudie untersuchte einzelne Branchen aufgrund ihrer Bedeutung bzw. aktueller Entwicklungen genauer. Exemplarisch für das Vorgehen und die Ergebnisse soll an dieser
Stelle der Bereich »forstwirtschaftliche Dienstleistungen« vor-
LWF aktuell 2/2016
WETTBEWERB UM HOLZ
Tabelle 1: Entwicklung des Clusters Forst und Holz
in Bayern von 2005-2013
Forstwirtschaft, darunter
Waldbesitz
Forstw. Dienstleistungen
Rundholztransport
Holzbearbeitung, darunter
Unternehmen
Umsatz [Mio. Euro] Erwerbstätige
durchschnittliche jährliche
Änderung 2005 bis 2013 [%]
2005
2005
Unterneh- Umsatz
men
2013
2013
2005
2013
Erwerbstätige
1.575
3.020
1.420
1.990
18.900
19.460
8,5
4,3
0,4
–
–
900
1.300
14.100
13.600
–
4,5
-0,4
1.300
2.800
370
580
3.800
5.000
9,8
5,9
3,5
260
240
150
130
1.000
850
-1,1
-2,1
-2,1
1.410
1.265
1.470
2.630
10.200
8.700
-1,3
7,5
-2,0
1.400
1.300
1.200
2.300
8.500
7.500
-1,3
8,6
-1,5
13
12
290
330
1.700
1.200
-1,0
1,9
-4,4
5.480
4.480
6.070
7.680
52.500
42.000
-2,5
3,0
-2,8
2.400
2.600
3.000
4.100
28.700
23.700
1,4
4,1
-2,3
110
120
190
760
1.400
2.200
1,7
19,0
5,3
Bau- und Ausbauelemente
2.000
1.200
2.000
2.200
18.300
13.900
-5,8
1,5
-3,4
Sonstige Holzverarbeitung
1.100
520
930
620
4.100
2.200
-8,5
-5,0
-7,7
6.500
9.200
2.400
5.400
27.900
42.500
4,4
10,5
5,4
140
130
4.900
5.500
22.500
20.400
-0,6
1,5
-1,2
4400
3800
10.700
11.500
67.700
59.600
-1,8
0,9
-1,6
660
590
1.700
2.400
2.500
2.900
-1,5
4,0
1,8
20.200
22.500
28.700
37.000
202.000
196.000
1,4
3,3
-0,4
Sägeindustrie
Holzwerkstoffindustrie
Holzverarbeitung, darunter
Möbelherstellung
Holzpackmittelindustrie
Holz im Baugewerbe
Papier und Zellstoff
Verlage und Druckereien
Holzhandel
Cluster Forst und Holz, gesamt
(Datenbasis: LFSTAD 2015a, LFSTAD 2006-2015, LFSTAD 2011-2015, BAYSF 2012-2015, Bundesagentur für Arbeit 2014, eigene Berechnungen)
gestellt werden: Dazu zählen Betriebe, die von der Pflanzung
bis zum Waldpflegevertrag ein teilweise sehr umfangreiches
Paket für Waldbesitzer und Forstbetriebe anbieten. Rund
2.800 Betriebe mit 5.000 Beschäftigten sind in Bayern tätig
und erzielen damit 580 Millionen Euro Umsatz. Die Zahl der
Unternehmen nahm die letzten Jahre deutlich zu, allerdings
sank ihre Durchschnittsgröße.
Den forstlichen Dienstleistungsbetrieben könnte zukünftig mehr Verantwortung für die Waldbewirtschaftung zukommen. Die zunehmende Entfremdung der Waldbesitzer von der
Forstwirtschaft bietet ihnen die Chance, ihr Angebot auszuweiten. Damit werden die Unternehmen immer stärker das
Bild der Forstwirtschaft prägen und sich an steigenden naturschutzfachlichen und rechtlichen Ansprüchen an die Durchführung von Holzerntemaßnahmen messen lassen müssen.
Branchenvertreter beurteilten als Schwächen ihrer Branche unter anderem eine zu geringe Organisation in Verbänden, die angespannte wirtschaftliche Situation durch Überkapazitäten und Preisdruck sowie eine eingeschränkte Investitionsfähigkeit durch zu geringe Kapitalausstattung.
Als Risiken empfanden die Betriebe die zunehmenden
rechtlichen und fachlichen Anforderungen an ihre Tätigkeiten.
Gleichzeitig erwartet die Branche ein zunehmendes bzw.
gleichbleibendes Marktvolumen und setzt Hoffnungen in die
Erschließung neuer Geschäftsfelder (z. B. Verkehrssicherung
und Baumpflege).
LWF aktuell 2/2016
Regionalisierte Ergebnisse
Änderungen der Rahmenbedingungen wirken sich, selbst wenn
sie auf höherer Ebene erfolgen, bis in die Regionen Bayerns
aus. Daher wurden, sofern die Daten verfügbar waren, die Analysen bis auf Landkreisebene durchgeführt. Bei Umsatz und
Beschäftigung enden die Analysemöglichkeiten allerdings auf
Ebene der Regierungsbezirke, wenn Aussagen über einzelne
Branchen getroffen werden sollen. Die statistischen Ämter wollen so Rückschlüsse auf einzelbetriebliche Daten vermeiden.
Bis auf Landkreisebene hinab liegen Informationen zur
wirtschaftlichen Leistung des Clusters insgesamt vor. Der Vergleich mit der Gesamtwirtschaft der Regionen wird dadurch
möglich und die Anteile an Umsatz und Beschäftigung können dargestellt werden. Abbildung 1 stellt den Anteil der Beschäftigten des Clusters an der Gesamtbeschäftigung auf
Landkreisebene dar. Hier zeigen sich deutliche Unterschiede.
Es wird deutlich, dass der Cluster im ländlichen Raum eine besondere Rolle für die Beschäftigung hat. In ländlich geprägten Landkreisen waren 2014 durchschnittlich 4,1 %, im
städtischen Raum hingegen nur 2,3 % der Beschäftigten im
Cluster Forst und Holz beschäftigt. Die Streuung war dabei
erheblich. Spitzenreiter waren die Landkreise Coburg (15,4 %)
und Aichach-Friedberg (11,3 %). Einen besonders niedrigen
Anteil wies der Cluster im Landkreis Ingolstadt (0,5 %) und
der kreisfreien Stadt Erlangen (0,6 %) auf.
21
WETTBEWERB UM HOLZ
Abbildung 2: Regionale Holzbauquote im Wohnungsbau
(Datenbasis: LFSTAD 2015b)
2004–2006 und 2011–2013
Als eine weitere Informationsquelle für die Entwicklung auf
Regionalebene wurden regionale Holzbauquoten ausgewertet,
beispielhaft in Abbildung 2 für den Wohnungsbau auf Landkreisebene mit Durchschnittswerten für 2004 bis 2006 (linke
Grafik) und 2011 bis 2013 (rechte Grafik).
Diese Abbildung zeigt ein deutliches Land-Stadt-Gefälle:
Spitzenreiter beim Bauen mit Holz im Wohnungsbau sind
ländliche Landkreise wie Bad Kissingen mit einer Holzbauquote von 45 % oder Regen mit 38 %, am wenigsten wird in
den kreisfreien Städten gebaut – München bildet in Bayern
mit einer Holzbauquote von 5 % das Schlusslicht. Hier zeigt
sich Handlungsbedarf, um das Bauen mit Holz im urbanen
Bereich (z. B. bei mehrgeschossigen Häusern) voranzubringen.
Experten sehen die aktuell gültige Landesbauordnung als ein
großes Hindernis an.
Blick in die Zukunft
Vertreterinnen und Vertreter der Branchen entwickelten auf
Basis der intensiven Analyse Empfehlungen, wie die wirtschaftliche und gesellschaftliche Position der Forst- und Holzwirtschaft gestärkt werden kann. Diese Vorschläge wurden in der
»Agenda Forst und Holz in Bayern 2030« zusammengefasst.
Die Agenda versteht sich als Handlungsprogramm für die Branche. Sie enthält eine zielgebende Vision und 17 konkrete Handlungsziele für Forschung, Wirtschaft und Politik (z. B. »Laubholz in Wert setzen und optimal nutzen«). Die Cluster-Initiative
Forst und Holz in Freising und die regionalen Cluster und
Netzwerke verstehen sich dabei als Impulsgeber.
Literatur
BaySF – Bayerische Staatsforsten AöR (Hrsg.) (2012-2015): Statistikbände 2011 bis 2014
Bundesagentur für Arbeit (2014): Arbeitsmarkt in Zahlen - Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte am Arbeitsort. Sonderauswertung. Nürnberg, Oktober 2014
Bundesagentur für Arbeit (2015): Arbeitsmarkt in Zahlen - Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte und Geringfügig entlohnte Beschäftigte
am Arbeitsort. Sonderauswertung. Nürnberg, April 2015
LfStaD – Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung
(2015a): Umsatzsteuerstatistik (Voranmeldungen) für die Jahre 2005
bis 2013 nach ausführlicher wirtschaftlicher Gliederung (Sonderauswertung)
LfStaD – Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung
(2015b): Datenauszug aus den Baufertigstellungsstatistiken 1983 –
2014. Sonderauswertung. Kennziffer F II 1 m.
LfStaD – Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung
(2006–2015): Statistische Berichte - Verarbeitendes Gewerbe in den Regierungsbezirken und Regionen Bayerns. Berichtsjahre 2005 bis 2014.
Statistische Berichte Kennziffer E I 1-2 j 2005 bis j 2014
LfStaD – Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung
(2011–2015): Handwerk in Bayern – Ergebnisse der Registerauswertung. Statistische Berichte Kennziffer E V 2 j 2008 bis 2012
Stefan Friedrich war Projektleiter für die Clusterstudie an der LWF,
Raphael Hunkemöller der dortige Projektbearbeiter. Dr. Marcus
Knauf bearbeitete die Studie im Auftrag der Cluster-Initiative Forst
und Holz in Bayern, für die Wolfgang Mai die Gesamtkoordination
innehatte. Die Clusterstudie wurde durch das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten gefördert.
[email protected], [email protected];
[email protected], [email protected]
Die Clusterstudie ist über die Homepages der beteiligten Institutionen in Form eines Lang- und Kurzberichtes sowie einer Broschüre
als Download verfügbar.
22
LWF aktuell 2/2016