2 Zirrus 3 © Copyright 2016, Henrik Andrej Koralewski Druck: epubli GmbH, Berlin, www.epubli.de ISBN 978-3-7418-0336-9 Printed in Germany Kontakt Autor: [email protected] Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. 4 Henrik A. Koralewski Zirrus Ein Märchen a 5 6 Dieses Buch widme ich Maja, die mir in ihrer unaufdringlichen, kommentarlosen Art so oft Gesellschaft leistete – und damit sei ihr auch die Hartnäckigkeit verziehen, mit der sie während jener Stunden meine Papierablage blockierte. Herbst, 2003 7 8 In meines Buhlen Garten Da stehn zwei Bäumelein Das ein, das trägt Muskaten Das andre braun Nägelein. Muskaten, die sind süße, Die Nägelein, die sind räß, Die geb ich meinem Buhlen, Daß er mein nicht vergeß. Unbekannter Dichter, um 1600 9 10 Sie hatte das Ding am Himmel lange genug beobachtet, um auf den Gedanken zu kommen, daß es etwas mit sich herumtrug. Das Ding war ein Drachen, ein großes, einfaches, anscheinend selbstgebasteltes Modell, und benahm sich reichlich merkwürdig: Seine trägen, unkontrolliert taumelnden und strauchelnden Bewegungen hatten mit denen all der anderen Drachen, die jedes Jahr im Oktober hoch in diesen Himmel stiegen, so gut wie keine Ähnlichkeit. – Wenn ein Drachen sich losreißt, überlegte sie, dann muß er doch eigentlich höher und immer höher hinauf, bis irgendwann die Luft zu dünn für ihn wird... Dieser aber flog ziemlich tief, er stieg nicht und schien eher noch zu sinken, wenn auch so langsam, daß man es kaum bemerkte. Außerdem hing keine Leine dran, nicht einmal das kleinste Stück. Vor allem aber fragte sie sich, wem dieser Drachen entwischt sein sollte, denn im Gegensatz zu den letzten Tagen ließ sich heute weit und breit nicht ein Mensch blicken. Kein Wunder, denn es war scheußlich ungemütlich, windig, kalt und naß, schlecht für Segelflugzeuge und für Drachen, für Menschen und für Tiere. Sogar die Krähen hatten sich in die Baumwipfel zurückgezogen. In den Mulden der zertrampelten Wiese standen Pfützen, das Herbstlaub wehte feucht und labbrig gegen die Stirn, und über der geschlossenen Wand aus Bäumen türmten sich schwarzgraue Wolken. Vielleicht würde es noch schlimmer werden, vielleicht sogar ein Gewitter geben. Warum sie an einem solchen Tag zum Würmersuchen mußte, das fragte sie sich selbst... 11 Das Nieseln ging über in echten, windgepeitschten Regen, der sie zwang, die Kapuze ihrer Jacke aufzusetzen und fest zuzuschnüren. Schon fingen ihre Augen an zu brennen, wie sonst nach dem Besuch im Schwimmbad; das hieß, mit roten Augen in den Bus, mit roten Augen auf ihr Fahrrad bis nach Hause. Als sie sich ohne große Hoffnung nach ihm umdrehte, sah sie, daß der Drachen nicht etwa abgetrieben, sondern immer noch in ihrer Nähe war; wieder war er ein gutes Stück gesunken. Und er blieb hartnäckig, entwand sich fast schon unheimlich allen Angriffen des Windes, der ihn packen und endlich mit sich wegtragen wollte. Daraus aber schien nicht mehr viel zu werden. Jetzt erkannte sie auch, daß sie mit ihrer Vermutung recht gehabt hatte, denn durch den Stoff sah sie es dunkel hindurchschimmern wie einen Tintenklecks. Sie stiefelte vorwärts, versuchte allen Pfützen auszuweichen und konnte trotzdem nicht verhindern, daß ihr das schmutzige Wasser auf Hose, Jacke und Wangen spritzte. An der Stelle, wo der Drachen landen mußte, blieb sie stehen – nicht genau dort, denn sie wußte, wenn ihr dieses Monstrum vor den Kopf prallte, würde es sie töten. Der Schwanz flatterte wie wild, er schien in seiner Wut nach ihr zu schlagen... Noch einmal taumelte der Drachen unter einem Stoß; als die Bö verebbte, schoß er steil hinab und bohrte seine Nase in den Schlamm, ein Geräusch, wie wenn die Messerklinge in den Apfel fährt. Während er sich langsam senkte, fiel sein gezähnter Schwanz in Kringeln über das Tuch. Dann stockte ihr der Atem, als sie sah, wie das dunkle Etwas, das obendrauf gelegen hatte, herunterrutschte, anfing sich zu rühren, und mit steifen kantigen Bewegungen unter das schützende Dach kroch. 12 Möglich, daß es eine Kröte war – jemand mußte sich mit dem Tier einen bösen Scherz erlaubt haben, wie Leute, die Frösche mit einem Strohhalm aufbliesen, bis sie platzten. Doch um sich selbst gegenüber ehrlich zu sein: Sie hatte noch nie in ihrem Leben eine Kröte wie diese hier gesehen. Der abgestürzte Drachen, blaßgrau bespannt und größer als ihr Körper, schaukelte kaum merklich, wie aus eigenem Antrieb, hin und her. Sie ging daneben in die Hocke, mit äußerster Vorsicht und ohne etwas zu berühren. Das Material war unbeschädigt. Es wirkte sehr stabil, viel stabiler als das, was man in den Läden kaufen konnte. Nachdem sie es beinahe unerträglich lange hinausgezögert hatte, machte sie sich schließlich daran, den Drachen umzudrehen. Er wog bestimmt fünf Kilo oder mehr. Als sie ihn fast aufgerichtet hatte, sah sie, wie sich die Kröte, die keine war, mit zitternden Ärmchen an die Streben klammerte. Gegen ihren Willen ließ sie sofort los, und der Drachen fiel schwer zurück auf den Boden – unter sich das kleine, zerbrechliche Wesen. Sie erschrak ein zweites Mal, diesmal über sich selbst: Was hatte sie getan? Und, vor allem, was sollte sie jetzt tun? – Sie fürchtete sich vor dem Anblick einer leblosen Gestalt, dürren, zerbrechlichen Armen und Beinen, die in unnatürlichen Winkeln zu den Seiten abstanden... Etwas, für das sie verantwortlich war. Alles andere, den ganzen wilden Ritt über den Himmel, hatte das Wesen überlebt, aber dann mußte sie, ein dummes elfjähriges Mädchen, kommen und... Plötzlich nahm sie am Rand der Bespannung eine Bewegung wahr. Eine winzige Hand tastete sich nach außen, gefolgt von einem bleistiftdünnen Arm – die Haut kohlrabenschwarz, und schrumpelig wie nach zu langem Baden. 13 Als dann der ganze Körper allmählich zum Vorschein kam, spürte sie eine riesige Erleichterung. Sie sprang ein Stück zurück, um das Wesen nicht zu behindern, das wirklich so groß wie eine Kröte war, dabei aber viel eher einem nackten Menschen glich, mit Haaren und allem, fast allem Drum und Dran. Das schwarze Männchen war völlig von der Rolle. Als es hinauf in ihr Gesicht blickte, stieß es einen piepsenden Schrei aus und versuchte, sich davonzumachen; es geriet in Panik, rannte gegen den Drachen an, schaffte es irgendwie ihn zu umrunden, und floh. Wie sie ungläubig feststellte, hatte es sich auf seinen Rücken einen länglichen Behälter geschnallt, einen Pfeilköcher ohne Pfeile, der mit einem Deckel oder Korken verschlossen war. Sie sah dem über den Matsch hoppelnden Wesen für ein paar Sekunden nach, bis ihr klar wurde, daß es allein schon wegen der Krähen, die oben in den Bäumen lauerten, nicht den Hauch einer Chance hatte. Kurzentschlossen setzte sie hinterher: Mit wenigen großen Schritten holte sie es ein, packte es und hob es auf. Die Haut war verschrumpelt wie getrocknetes Obst aus der Tüte. Sie drehte das Männchen auf den Rücken und es fing sofort zu quieken an, das winzige, häßliche Gesicht zu einer Maske der Angst verzerrt. Sie hielt es nah an ihr eigenes Gesicht – nicht so nah, daß es nach ihr schlagen oder treten konnte – im Moment schien es jedoch vor Schreck gelähmt – und raunte in besänftigendem Ton: „Alles ist in Ordnung. Du brauchst keine Angst zu haben. Ich nehme dich jetzt mit zu mir nach Haus.“ Das Wesen starrte sie an, schwarz bis auf das Weiße in seinen Augen, und lag stumm und warm in ihrer Hand. Der kleine Köcher drückte etwas. 14 Sie putzte das Männchen mit einem Tempotuch notdürftig ab und steckte es dann in die geräumige Seitentasche ihrer Jacke. Beim Gehen ließ sie die Hand locker auf der Tasche liegen, damit es nicht herausfallen und fliehen konnte. Sie spürte, wie es schwach mit seinen Gliedern zuckte. Eine Geschichte, die ihr keiner glauben würde... Keiner! Die sie nicht mal ihrer besten Freundin, ja, wahrscheinlich nicht einmal sich selbst geglaubt hätte. Doch das Männchen, es war da – sie konnte es jederzeit hervorholen und zeigen, jedem, der es sehen wollte. Erst einmal aber waren andere Dinge wichtig. Praktische Dinge. Was immer für ein Wesen das auch war, es mußte saubergemacht und angezogen werden. Dann mußte es schlafen. Und essen: Ja, was würde jemand wie er wohl zu sich nehmen? Salatblätter, kleingehacktes Ei, oder Rosinenstuten oder kalten Braten mit Senf? Sie würden zusammen alles durchprobieren, das und noch viel mehr – und falls das Richtige nicht dabei war, dann konnte sie es immer noch mit den Regenwürmern versuchen, die unter ihren Füßen in dem feuchten Boden saßen und die sie, gegen kleines Taschengeld, für ihren Vater als Köder zum Grundangeln sammelte. Das Männchen mußte größer und kräftiger werden, unbedingt. Noch war es so schmächtig, daß die Katzen in der Nachbarschaft es wie ein Vogelküken zerreißen konnten. Und sollte sie etwa Tag und Nacht die Hand darüberhalten? Nein: Leben konnte es bei ihr nur, wenn es lernte, so weit wie es nur eben ging auf sich selber aufzupassen. Und wenn es bei ihr leben sollte, dann mußte sie natürlich als erstes einmal wissen, was es in seinem Köcher hatte. 15 16 I Die Ähre 17 18 D er Weg war staubig, die Kleider waren staubig, Hals und Kehle waren staubig, und er fragte sich, wie es wohl erst im Sommer würde. Über die reglose Ebene der Getreidefelder hinweg fiel sein Blick auf die Zwiebelhaube einer Dorfkirche. Im Dunst des Vormittags hing die Sonne als satte, appetitlich honiggelbe Scheibe; warm, aber lange noch nicht heiß. Wetter wie dieses entsprach zwar nicht vollkommen seinen Wünschen – er liebte das Rascheln und Säuseln des Windes –, aber es war gesund, und niemand wußte so gut wie er, daß es sehr viel Schlimmeres gab. Der Winter, sein erster auf der Straße, war endlos und grausam hart gewesen. – Zeigte sich nicht das Volk ein wenig freigebiger, wenn es sah, wie jemand schlotternd und mit Frostpocken auf beiden Wangen vor der Tür kauerte? Wer das glaubte, irrte gewaltig. Hatte man seine Scheune dann endlich gefunden, womöglich sogar eine, in der man übernachten durfte , blieb man nur selten lange für sich. Im Stunden-, im Halbstundentakt kamen sie herein, torkelten und tasteten, fielen auf ihr Stroh wie nasse Säcke; stöhnten, husteten und wimmerten, knirschten sich ihre letzten Zähne stundenlang zu Pulver, lagen schließlich wie tot bis in den Morgen; und manche von ihnen verströmten einen Geruch, als wären sie es wirklich, und das seit vielen Tagen. In den Städten aber, wo die Feuer hoch wie Scheiterhaufen brannten, dort rückten sie einem erst richtig auf den Pelz. Auch eine dieser dummen und dreisten Ammengeschichten, die Legende vom edlen Bettler, der nicht stiehlt, ins Rund geschickt von denen, die Hunger und Verzweiflung nur vom Hörensagen kannten: Wenn die Sterne bei strahlendem Sonnenschein vom Himmel blinkten und das 19 Loch unter den Rippen einem erbarmungslos den Atem schnürte, dann war die ganze Moral nicht mehr wert als ein Maulvoll schmieriger Tintenpilz. Dann, wenn man auf allen vieren durch das Fallaub kroch und nach einer Art von Ungeziefer wühlte, wie es nicht einmal den Dachsen schmecken konnte, sah die ganze Sache notgedrungen anders aus; und wenn auch er selbst bisher noch nie einen Zunftgenossen um einen Kanten Brot gebracht hatte, so war ihm doch klar, daß auch für ihn der große Tag irgendwann kommen würde. Feo war in diesem Teil des Landes länger nicht gewesen, aber er erinnerte sich dank des dem Bettler eigenen, lebenswichtigen Ortssinns, daß es im Tal zur Linken eine Mühle gab, und zwar eine, die es sich lohnte aufzusuchen. Der Müller dort war ein gutmütiger Mensch, solange man seine Gutmütigkeit nicht auf die Probe stellte; dies wissend würde Feo davon Abstand nehmen, sich aus dem Mühlteich einen Fisch zu stechen, denn dann konnte es plötzlich Steine regnen, was bedeutete, man hatte wieder einen spärlich gesäten Gönner weniger auf der Welt. Ihm schmerzte immer noch der Ellbogen von dem rabiaten Angriff einer Witwe, die – grundlos wie er fand – wie eine Furie mit ihrem Knetholz auf ihn eingedroschen hatte. Und der Ärger mit den Frauen war eben der, daß man gegen sie nicht mal die Hand erheben durfte. Eine traurige Erkenntnis, daß sein Leben, wie er es seit geraumer Zeit nun führte, aus nichts anderem mehr bestand als Laufen, (gelegentlichem) Essen, Frieren und Schlafen, und er sich damit scheinbar auch zufriedengab. Dabei war er noch jung, einer der jüngsten Läufer, die der Bischof – Kurfürst – nun, wer immer, auf seinen Straßen hatte. Doch wenn er die jungen frischen Mädel in den Weilern sah, wie sie miteinander schnatterten und sich dabei unbekümmert 20 über die Brunnen beugten, ihre Backen fest und rot wie Äpfel, dann regte sich nur wenig mehr in ihm als beim Anblick einer wiederkäuenden Kuh. Einen einzigen Vorteil hatte dieses Dasein immerhin, nämlich, im Hinblick auf die Räuber: Wenn sie sahen, daß man nichts, aber auch rein gar nichts für sie mitbrachte, ließen sie einem fast immer seinen Frieden, es sei denn, sie hatten Langeweile; in dem Fall zeigten sie wohl ihre Messer her, beließen es aber bei ihren armseligen Drohungen – sie wollten dir die Nasn pellen und was nicht –, und wenn man nur schön brav war und so tat, als ängstigte man sich halb zu Tode (Stolz war Gift in diesem Fall), hatte das Gesindel seinen Spaß bereits gehabt, und man konnte gehen. Der sandige Weg hinauf zeigte sich launisch; einem lebendigen Ding, einer Würgenatter gleich, schlängelte er sich durch rötliche struppige kniehohe Büsche, stieg kräftig und noch kräftiger an, und hatte seinen höchsten Punkt dann bald erreicht. Unten glitzerte der Bach, der diesseits des Waldes in den Mühlteich lief. Ein guter Platz war diese Kuppe, zum Atmen, zum Ausharren, zur Rast. Am Rande stand, wie so oft, ein Marterl, mit spitzwinkligem Dach und dem Bildnis des Gekreuzigten oder eines seiner unzähligen Helfer – oder, wie es Feo am besten gefiel, mit Unser Lieben Frau. Aufgestellt zum Schutz der Weggabel; genauer (so wollten es die Jammergestalten in den Scheunen) um die Geister, die bei einbrechender Dämmerung aus den Heidebüschen wuchsen, zu bannen. Ammengeschichten: Feo glaubte nicht an sie. Er hockte sich auf die steinerne Umrandung, zog einen Streifen Schwarte, der schon ein paar Tage alt war, aus seiner Kniehose und schob ihn sich, beinahe genüßlich, in den Mund. Die Schwarte war recht delikat da ungeheuer 21 salzig, aber auch härter als Bein, und verlangte viel Geduld und noch mehr Spucke, bis sie schließlich weich war. Bettler hatten gute Zähne – sie blieben heile allemal so lang, wie man nicht anfing, sie kaputtzuknirschen; so lange, bis man Schauermärchen brabbelnd seinem unwürdigen Ende im Staub oder im Stroh entgegenfaulte. Den Heiligen unterm Dach kannte er nicht mit Namen, aber im Grund genommen waren sie alle einer wie der andere, elendig und leidend und bis aufs Blut gepiesackt, kurz, ein Bild des Jammers, angetan, einem auch den letzten Rest von Mut zu rauben. Diesem hier steckten Pfeile in seinem Balg, und außerdem war ihm ein Arm abhandengekommen – vielleicht auch mutwillig entwendet worden, nur fragte Feo sich, was sich mit dem Arm eines Heiligen wohl gewinnen ließ? Nun, am Ende vielleicht etwas; er war zwar wohl ein tüchtiger und abgehärmter Läufer, aber eben lange noch kein altgedienter Fuchs, und die Straße barg sicher mehr als nur ein Geheimnis, das er noch nicht gelüftet hatte. Er schwang sich auf, die Lage abzuschätzen. Linker Hand also zum Bach und zu bewußter Mühle, aber er beschloß nach kurzem Zögern, sich diese Möglichkeit für später aufzuheben und wandte sich, obwohl er durstig war und das Wasser immer suchte, nach rechts. Dort ging es in sanften Wellen den Hang hinab auf wenige einzelne, weit auseinanderliegende Gehöfte zu, deren Anblick ihm auf sonderbare Art verheißungsvoll erschien. – Es fuhr in ihn hinein wie Blitze: Der Taumel dieses Lebens, seiner selbstgewählten kostbaren Freiheit, wollte ihm das Herz zersprengen... Hinab! Er tat, was ihm beliebte. Und wie es ihm beliebte. Feo schlenzte seinen Gehstock, den er sich am Morgen aus einem Birkenast geschnitzt hatte, voller Überschwang hinein in jene ach so unheimlichen Büsche. Noch war er kein abergläubiger alter Knochen, noch hatte er alle Zähne 22 bis auf einen in seinem Mund, noch konnte er Schwarte kauen und ausschreiten wie der nächste Beste. Im Dorf, das jetzt in seinem Rücken lag, wurde zur Mette gerufen, und der endlich aufkommende, schwachbrüstige Wind trug den vollen Klang der Glocken über den Weizen und die Wiesen herüber bis an Feos Ohr. Dorthin, in Richtung Kirche, würde er sich erst wenden, falls weder Höfe noch Mühle etwas hergaben; denn sie waren dort wie alle andern auch, bloß daß sie, anstatt mit Steinen, mit ihren Bibeln nach dir warfen. 23 Nichts war heute, wie es sein sollte. Es fing beim Aufstehen an, als sie mitten in den Nachttopf trat, den sie schummerigen Kopfes weder abgedeckt noch unters Bett geschoben hatte; dann konnte sie das Futter für den Hund nicht finden, der sie mit beinahe menschlich vorwurfsvoller Miene anschaute und schließlich mit hängender Rute hinaustrottete (sie selbst hatte es am Abend auf den Schrank gestellt, Reste von Steckrüben mit zarten Knöchelchen vom Rebhuhn – sie brachte es ihm später in den Garten, aber er beachtete es nicht, solange sie in der Nähe war); und zu allem Überfluß fiel ihr auch der Teller Haferbrei für Großmutter, den diese jeden Vormittag Schlag zehn als zweites Frühstück einzunehmen pflegte, aus der Hand, und sprang auf den groben Küchenfliesen in Stücke. Den Lärm hatte Großmutter zwar nicht mitbekommen, da sie aber von ihrem Stuhl aus die Standuhr immer im Visier behielt, zeterte sie um spätestens zwei Minuten nach ihr altbekanntes: „Spika? Spika! – Wo bleibt’s Essen!“ Einen Teil hatte ihre Enkelin wohl retten können; doch angesichts der halbierten Portion auf ungewohntem Teller gab es nur einen weiteren bösartigen Blick zum Dank. Während sie das eigene Frühstück lustlos in sich hineinlöffelte, bedauerte sie, fast schon aus Gewohnheit, ihre schwere Bürde, sich mit gerade einmal dreizehn Jahren um alles in diesem Hause kümmern zu müssen. Alles, das hieß: den Hund, die Katze, den Vogel, sowie Mahlzeiten, Brennholz, Garten; weiterhin auch Vaters Bienen, und damit war die Aufzählung noch immer nicht komplett. Es fehlten etwa noch die Straßenläufer, die mit ihren Gehstöcken verstohlen an das Türholz pochten; und das taten sie immer häufiger, seit sich herumgesprochen hatte, daß es hier unten etwas zu ergattern gab, anders als bei den Nachbarn, wo 24 außer Schmähworten für Bettler nichts heraussprang. Wann immer sie es mit einem dieser Gesellen zu tun bekam (zwielichtig sahen alle aus, sogar die, die sie als harmlos kannte), wünschte sie sich, mehr als bei jeder Gelegenheit sonst, ein Mann wäre im Haus. „Spika? G’schafft.“ Oh ja, und Großmutter: Schlimm genug, daß sie von Tag zu Tag herrischer und griesgrämiger wurde; mittlerweile aber, da sie nicht mal mehr verstand, warum das Essen vielleicht fünf Minuten später auf den Tisch kam, oder nicht ein Faserchen Fleisch darinnen war, wie sollte man es ihr da jemals rechtmachen? Aufschreiben war sinnlos, denn sie weigerte sich strikt, zu lesen. Wenige Tage, bevor er in der Mühle am Bach verunglückt war, hatte Spikas Bruder ein Hörrohr angefertigt, einen weit sich öffnenden Schalltrichter aus Blech; Großmutter hatte ihn fast augenblicklich zweckentfremdet und als Sprach- oder besser Schreirohr benutzt, um ihren Kommandos noch mehr Nachdruck zu verleihen. Irgendwann hielt es Spika nicht mehr aus und nahm der Alten ihr Spielzeug wieder ab, das seitdem im Haushalt dankbare Verwendung fand. Ihre Großmutter hatte gegessen, wie auch immer. Was stand als nächstes auf der Tagesordnung? Wasserholen... Das entweder, oder aber, jetzt schon in den Wald. „Großmama! Ich geh grad eben raus, zum Brunnen. Hörst du?“ Sie warf einen Blick in die Stube. Mit verrutschter weißer Strickhaube saß die Alte teigig und plump in ihrem Stuhl, die Augen auf das Zifferblatt der Uhr gerichtet, jenem stockenden und polternden, trübe vor sich hinmodernden Kasten, der – all seinen Mängeln zum Trotz – dennoch den einzigen Gegenstand gehobenen Werts in diesen Räumen darstellte. 25 „Hörst du?“ „Ei ja... Wo simmer hier? Mir ham kein Fleisch im Ofen net, und Käs’, den hammer auch net. – So hol bittschön das Franzerl her, er soll’s mir mein Trompetten bring’, für daß ich...“ „Großmama, das Franzerl ist nicht mehr“, versetzte Spika, aus reiner Routine und daher viel zu leise. Sie ließ die Alte vor sich hinbrabbeln und fantasieren, holte aus der Waschküche zwei hölzerne Kübel und trat mit ihnen, bedrängt und beinahe zu Fall gebracht von der ungestüm um ihre Fesseln streichenden Katze, ins Helle hinaus. Der Tag war warm und dunstig. Schwach konnte sie das Läuten der Glocken hören, einen Klang, den sie nicht missen wollte, der sie schon manches Mal getröstet hatte. Lange schon hatte sie in die Kirche keinen Fuß mehr gesetzt; es reichte ihr zu wissen, daß es sie gab, als eine letzte Zuflucht für die womöglich allerärgsten Zeiten. Überhaupt ging Spika nur noch für den Markt ins Dorf, wo sie ihren Honig zum Verkauf anbot und den Erlös sogleich in Käse, Fleisch und Eier steckte. Und wenn die Bienen einmal Pause machten, dann gab’s eben kein Fleisch. Das Dorf lag gut versteckt hinter einem Hügel, der allgemein gemieden wurde, da es auf ihm spuken sollte – gleiches jedoch behauptete man von vielen Örtlichkeiten im Umkreis, nicht zuletzt auch der Mühle und ihrem Teich; ja in der Tat, man konnte, bequemerweise und ohne Protzerei, den Vorwurf ausweiten auf die gesamte Gegend. Das einzige Gebäude, das Spika von ihrer Tür aus sehen konnte, war ein größerer, etwas wohlhabenderer Hof zur Rechten, auch er schon einen Marsch entfernt; nichts Besseres sonst als Wiesen oder grobstoppelige Felder, und hinter ihnen, ein blattgrüner und nadelschwarzer Riegel, der Wald. 26 Für ihr Wasser wenigstens brauchte sie nicht weit zu laufen. Während sie den armlangen, geschwungenen Hebel quietschend auf- und abstemmte, bemerkte sie, wie sich eben von dem Hügel her ihr jemand näherte. Der Bettler – etwas anderes konnte er nicht sein – schritt frisch und unbelastet aus, den Schwung der Jugend (noch) in seinen Beinen. Auf Höhe der halboffenen Tür blieb er kurz stehen, schien einen Moment zu spähen und zu überlegen; dann kam er geraden Weges auf Spika zu. – Gut so, befand sie, in seinem eigenen Interesse: Gut, daß er in mir die Hausherrin erkennt. Ein Quentchen Eitelkeit, das Spika sich freimütig gönnte. Der Bursche, er wirkte auf sie eher kränklich als verwahrlost, trug weder Hut noch Stock. „Schönen Tag. Hast du... Hättet Ihr vielleicht wohl einen Bissen Brot, und dazu ’nen Schoppen Wasser, oder Most?“ Most will er, schau an. Sie kannte diesen Bettler nicht, und bei Bettlern, die man nicht kannte, mußte man grundsätzlich Vorsicht walten lassen – obwohl Spika ihre Scheu mehr und mehr verlor und inzwischen recht genau wußte, wie sie diesen selbsternannten Herren der Straße gegenüber aufzutreten hatte. „Ich fürchte, Most ist aus.“ Vom Pumpen ging ihr der Atem immer noch ein wenig schwer. „Wasser steht hier, vor deiner Nase, und kein schlechtes, ein Schoppen voll oder meinethalben zwei. Und für’s Brot komm grade mit, da muß ich nachschaun, was ich entbehren kann.“ Wortlos ging der Bettler vor ihr in die Knie. Er tauchte seine Hände in den Kübel und schlürfte von dem sauren, erdbraunen Getränk. Als er fertig war, faßte Spika die dünnen ausgefransten Schnüre, die für die wirren Muster sich kreuzender Schwielen auf ihren Handflächen verantwortlich waren, hob die beiden Behälter zaghaft an, und setzte sie daraufhin sofort wieder ab. – Da der Bursche nicht 27 verstehen wollte, mußte sie ihm einen funkelnden Blick zuwerfen, woraufhin er sich endlich erbot: „Oh, ja! Bitte vielmals um Verzeihung.“ Es schwappte, als er die Kübel übernahm. Linkisch, wie er in Haushaltsdingen zu sein schien, war er bestimmt ein Großmeister im Bäumeklettern, Nesterplündern, Fischestechen und Zündeln. Matt, als sei er erschöpft von einem Tagwerk schwerer, ehrlicher Arbeit, stakste der Bettler von der Stelle. „Dorthin.“ Spika deutete auf die Fliesen der Waschküche. „Brot, Brot, Brot.“ Sie öffnete den Speiseschrank, jedoch nur so weit, daß der Bursche ihr nicht hineinspähen konnte, und tat in ihrem Stolz, als habe sie die Qual der Wahl. „Hmm... Wollen mal sehen... Ah: hier. Bitteschön. Das kannst’ haben.“ Der Knapp war hart und es saß schon etwas Schimmel dran, aber weißer und noch kein grüner – sie kniepte die befallenen Stellen einfach ab. So wählerisch durfte kein Bettler sein; so wählerisch war nicht einmal sie. „Danke sehr.“ Er betrachtete das Brot, stopfte es dann fast nachlässig in seine Wamstasche hinein. – Wählerisch, war er es am Ende doch? Dann aber sicher nicht mehr lange. Der Bursche sah sich mit blanker Miene in der Küche um; ob das, was er sah, ihm nun behagte oder nicht, Spika konnte es unmöglich beurteilen. Sie jedenfalls hatte noch eine Menge Arbeit vor der Brust und konnte es sich daher nicht leisten, untätig herumzustehen. „Glück auf den... Nein. Warte.“ Sie kramte noch einmal in den Tiefen ihres spärlich gefüllten Schranks, fand den Käse, der Großmutter so sehr am Herzen lag, und schnitt aus dem Laib ein keilförmiges Stück heraus. „Hier. Das nimm noch dazu. Und Glück auf den Weg.“ 28 Vergelt’s Gott – so lautete die übliche, im Grunde unverzichtbare Erwiderung; aber der junge Bettler, er wußte nicht einmal das. „Drüben, bei den Nachbarn, da brauchst du’s gar nicht erst versuchen, die haben noch nie wem was gegeben.“ Sie mußte diesen lästigen Gast schleunigst wieder loswerden. Natürlich war es ein Fehler gewesen, ihn überhaupt zu sich hereinzulassen, etwas, das sie bisher noch keinem Bettler je gestattet hatte. Unvorsichtigkeit, die rächte sich zuweilen böse: Spika hielt das Messer, mit dem sie den schmalen Keil aus dem Käselaib geschnitten hatte, nach wie vor sehr wachsam in ihrer Hand. Da aber regte sich der Bursche, er nickte, drehte sich rasch um, hob einmal flüchtig seinen Arm, und war aus dem Haus. Erleichtert warf sie hinter ihm die Tür ins Schloß, ihre Waffe auf den Küchentisch und eilte, nicht mit dem besten Vorgefühl, hinüber in die Stube. Zu ihren Füßen lag der Hornlöffel, geschleudert quer durch den halben Raum: Großmutter saß unverändert in dem grobgezimmerten hochlehnigen Stuhl, aber der Teller lag umgestülpt auf dem Boden, und unter ihm quoll Brei hervor. Ob er ihr aus der Hand geglitten war oder sie ihn vielmehr in voller Absicht hatte fallen lassen – Spika durfte es sich aussuchen. Ein klein wenig zumindest hatte Großmutter gegessen, die Reste klebten ihr pappig und hellgrau auf Lätzchen, Mund und Kinn. Als Spika den Teller aufhob – eine ärgerliche Sache allemal, denn der Brei war wenn nicht köstlich so doch immerhin gehaltvoll, mit Birnenstücken drin und einer guten Prise Salz –, brabbelte Großmutter urplötzlich wie angestoßen los: „Mag’s nimmer. Nimmer. Schau, das Franzerl hat’s an Zicklein ’funden und’s tapfer in die Scheun getrie’m. Vielleicht läßt uns das a bisserl Milch? So können’s mir an 29 Handkäs’ walken, und brauchen’s net immerfort zum Markt hinauf.“ Mit einem Seufzer verdrehte Spika die Augen. „Das Franzerl liegt auf’m Acker, Großmama. TOT! Tot und begraben“, rief sie, während sie der Alten ungeduldig mit einem schmutzigen Tuch über Mund und Kinn wischte. „Und, er war in seinem Leben nie und niemals Ziegenhirt, sondern Müllerbursche droben in der Mühle.“ „Ei, was du net alles besser weißt...“, kam es in nörglerischem Ton; dann, in einer leidenschaftlichen Aufwallung: „Spika! Die Uhr! Sieh doch, die Uhr! – O Himmel, so ist das End’ gekommen, und der Herrgott hat’s ein Einsehen.“ Viel zu beschäftigt, um die Uhr, falls sie denn wahrhaftig stehengeblieben war, neu aufzuziehen, kratzte Spika die Bescherung mit dem Löffel zusammen, schleppte den Teller nach draußen und warf seinen Inhalt über den brachliegenden Acker. Wieder zurück, grub sie aus den Tiefen der Anrichte die ehrwürdige Familienbibel, schlug sie beliebig auf und legte sie Großmutter geöffnet in den Schoß. Deren knotige Finger begannen sogleich zu nesteln und in dem abgenutzten Buch ziellos zu blättern. Manchmal, am Abend, las Spika ihr wohl gern aus dieser Bibel vor; aber im Haus mußte es weitergehen, und weiter ging es mit der Wäsche. Als sie die wenigen Teile aus dem Zuber geholt, gewrungen und zum Trocknen über den Holzrahmen gehängt hatte, sammelte sie ein paar Körner und Haferflocken aus dem fast leeren Futtertrog vor der Hauswand, um sie dem Vogel hinzustreuen, dessen schmuckloser Käfig in der kurzen Diele zwischen Eingang, Waschküche und Stube auf dem Boden stand. Teilnahmslos und still, als sei er ausgestopft mit Spänen, hockte der Vogel in einer Ecke. Sogar angesichts der Körner, die klackernd wie ein halbes Dutzend Würfelchen 30 vor seine Füße rollten, blieb er verdächtig ruhig – für Spika ein Signal, ihren Blick sofort von ihm abzuwenden. Denn dieses Geschöpf im Käfig war keineswegs so harmlos, wie ein Unbedarfter glauben mußte. Wenn man ihn sich anschaute, wirkte der Vogel zwar recht hübsch aber dennoch unscheinbar, mit mattgelbem, rot durchschossenem Gefieder und hellroten, wie es scheinen wollte nicht genau gleich langen Beinen. Singen konnte er nicht, vom Sprechen ganz zu schweigen; aber diese Mängel machte er mehr als wett. Spikas Vater hatte ihn vor vielen Jahren auf dem Basar einer großen prachtvollen Stadt erstanden, seinen Kindern zur Kurzweil und Gesellschaft. – Die Erklärung, die ihm der Händler mit auf den Weg gab, war so unglaubwürdig wie simpel: Angeblich stammte der Vogel aus einem abgeschiedenen Teil der Welt, wo er seine Fähigkeit im täglichen Überlebenskampf benutzte, um sich gegen Schlangen und ähnliches Raubzeug, das ihm nachstellte, zu verteidigen. Der Vogel war ein Hypnotiseur. Er saß da, saß reglos da und wartete; doch wer immer sich von seinem Auge gefangennehmen ließ und hineinblickte, in jene trügerische, blankpolierte schwarze Perle, der war ihm hoffnungslos ausgeliefert und verfallen. Das Opfer wurde hineinversetzt in einen schwebenden, traumartigen Zustand, der etliche Minuten, ja fast eine Stunde lang anhalten konnte, und der Spika bisweilen sogar heute noch in beträchtliche Verwirrung stürzte. Unter dem Einfluß des Vogels gelangte sie an Orte, die ihr völlig fremd waren und dabei doch auf sonderbare Art vertraut erschienen. So war sie wiederholt einer unmöglichen Stadt ansichtig geworden – einer endlosen Wirrnis kühn emporwachsender, glatter farbloser Häuser, jedes einzelne ausgestattet mit unzähligen blinkenden Fenstern; inmitten 31 dieser Bauten ragte ein schlanker Turm mit nadelscharfer Spitze in die Höhe, gegen den auch der mächtigste Kirchturm bloß ein Stöcklein war. Einmal flog ein riesenhafter Vogel über diese Stadt dahin – flog, ohne mit seinen Schwingen zu schlagen. Dann schaute sie auf sich selbst herab, wie sie von einer hochgewachsenen, vermummten Gestalt in einem Kahn über einen spiegelglatten Fluß oder See gerudert wurde, bis der Kahn von gespenstisch ziehenden Schwaden ganz umfangen wurde, in ein weißes Wolkenmeer hineinstieß und verschwand. Szenen dieser Art – rätselhaft, aber kaum bedrohlich – waren die Regel; doch es gab auch andere, wüst und voller Gewalt, die Spika erschreckten und sich tief und dauerhaft in ihr Gedächtnis brannten. Sie erinnerte sich an den Anblick eines enormen, freistehenden Baumes mit starken ausladenden Ästen, von denen die Körper der Gehenkten wie überreife Früchte hingen, während ringsum eine gaffende Menschenmeute harrte; und einmal sah sie ein in frostiges Zwielicht getauchtes, endlos ödes Feld, das übersät war mit hunderten gefallener Soldaten, die Waffenröcke blutgetränkt; eingehüllt in ihre Flaggen und halb unter ihren Schlachtrössern begraben, die den Nebel ihrer letzten Atemzüge in die eisige Luft hauchten. Doch diese Szenen berührten sie nicht so, wie sie es in einem Alptraum vermocht hätten. Sie blieben starr; erstarrt wie Fleischbrocken in einem Klumpen Sülze, und Spika kam es vor, als betrachte sie diese Ungeheuerlichkeiten wie aus der Sicherheit einer erhöhten Warte. Selbst dann, wenn sie sich selber sah: Nie wurde sie hineingezogen. Und trotzdem war alles so übernatürlich klar und deutlich. Wenn sie dann aus ihrer Trance schließlich erwachte, war der Vogel immer dabei, beiläufig zu trinken oder seine Körner aufzupicken; in seinem ganzen Benehmen tat er so, als 32 könne er kein Wässerchen trüben. Tatsächlich aber lauerte er nur darauf, seine Fähigkeit, die ihm womöglich eine Art von absonderlichem Genuß eintrug, so oft wie möglich anzuwenden – etwas, das ihm auch auf die Entfernung von mehreren Schritten noch gelang. Auch die Katze, die sich naturgemäß oft in der Nähe des Käfigs aufhielt, war bereits unter seinen Bann geraten. Der Himmel wußte, was sie gesehen hatte. Eine Zeitlang hatte Spika ernsthaft überlegt, ob sie ihren Vogel nicht besser verkaufen, oder ihn einfach aussetzen sollte in der Landschaft. Doch sie befürchtete, daß er sich auf irgendeine unselige Art an ihr rächen würde. Sie traute ihm fast alles zu, denn sie war längst zu dem Schluß gekommen, daß er auch Gedanken lesen konnte: Während sie etwa mit jenem gespielt hatte, ihn loszuwerden, verhielt der Vogel sich ungewohnt feindselig und hatte sie einmal, als sie ihm einen Schluck Wasser in seinen Käfig stellen wollte, sogar in den Finger gebissen. Inzwischen, nun, da er spürte, daß ihm die Gefahr der Abschiebung nicht mehr drohte, war er im Umgang leicht und genügsam, er fraß und trank ausgesprochen wenig – so wenig, daß Spika schon auf den verrückten Gedanken gekommen war, der Vogel ernähre sich in Wahrheit von den Bildern, die er in den Köpfen seiner hilflosen Betrachter erschuf. Früher manchmal hatte sie über den Käfig ein dunkles Tuch geworfen, eine Schutzmaßnahme, die der Vogel ohne jegliche Proteste hinnahm. Mittlerweile aber war das Tuch überflüssig geworden, denn Spika hatte sich selber fest genug im Griff, um nicht andauernd hinzuschielen. Und – es mußte gesagt sein – sie hatte sich dem Einfluß sogar willentlich schon mehrfach ausgesetzt, denn die Erfahrung war eben nicht nur beunruhigend und fremd, sondern auch sehr aufregend, aufregender als jeder Traum – und überdies 33 wurde sie das seltsame Gefühl nicht los, daß alles, was der Vogel ihr auf seine Weise zeigte, etwas Wichtiges bedeuten mochte. Im Anschluß an diese Sitzungen fühlte sie sich immer sehr ausgelaugt und schwach, verspürte auch nicht selten arges Kopfweh, weswegen sie sich für eine Viertelstunde oder länger auf ihr Bett legen mußte. Bei alledem war Spika sich jedoch im klaren, daß sie es mit ihrem Vogel unter keinen Umständen zu weit treiben durfte. Die schlimmsten, härtesten Tage – die bitteren, frostkalten langen Winter: Hier konnte der Vogel wahrhaftig helfen, helfen, Kälte und Erstarrung zu vergessen, ihre Ketten für eine begrenzte Zeit abzustreifen, die furchtbare Last nicht mehr zu spüren. Aber, es gab immer ein Erwachen. Und falls man sich erst abhängig machte und den Vogel tagtäglich gebrauchte , dann mußte es irgendwann dahin kommen, daß man mit einem Bein dauerhaft in jener künstlich-schreckerfüllten Welt verblieb; die beiden Reiche würden weiter und weiter auseinanderdriften und der Stand immer unsicherer werden, bis es den Körper – und mit ihm, den Geist – am Ende unweigerlich zerriß. Er konnte brandgefährlich werden, dieser Vogel. Und heute war gewiß kein Vogel-Tag. Heute hieß es den Speiseschrank bestücken, und zu diesem Zweck würde Spika erst die Mühle aufsuchen und anschließend den Wald. Sie stellte ihrer Großmutter, die mit zerfurchter Stirn über der Bibel brütete und dazu ihre Lippen kaum merklich bewegte, den Nachttopf vor den Stuhl. (Hin und wieder benutzte ihn die alte Frau tatsächlich; nur endete er dann meist genauso wie vorhin der Teller.) Danach griff sie sich den Weidenkorb, legte ein Töpfchen ihres funkelnd goldgelben, stets mit einem Wabenstück veredelten Honigs hinein, und schob sich ein kleines Messer mit hakenförmiger 34 Klinge in den Strumpf – für die Pilze, und für jeden, der sie an der Suche hindern wollte. Wie jedesmal schärfte sie ihrem Hund ein, auf Haus und Insassin gut achtzugeben, und machte sich dann auf den Weg zur Mühle, deren Klappern zwar noch nicht zu hören, aber trotzdem schon in ihren Ohren war. ¯ Feo knabberte sein Brot in vollem Lauf herunter. Den Käse hatte er bereits verdrückt, im Sitzen und mit Andacht, denn so etwas Feines bekam man nicht alle Tage auf die Hand. Das Brunnenwasser hingegen war eine Zumutung sogar für ihn: Es schmeckte wie es aussah, abgelagert und sauer, als käme es aus hundert Klaftern Tiefe nur äußerst widerwillig hinauf. Sollte er von dem Zeug etwa Dünnpfiff bekommen, dann gute Nacht: Das war (zusammen mit dem krassen Gegenteil davon) so ziemlich das Fatalste, was einem auf der Straße je passieren konnte, denn es zwang einen zum Gang in den Wald – und wenn die Räuber einen dabei ertappten, wie man mit entblößtem Arsch grimassierend über den Bucheckern kauerte, dann hatten sie ihr Fressen gefunden und machten einem zum Gespött des halben Landstrichs. Und wenn man richtig Pech hatte, und sie gerade Lust aufs Schnitzen hatten... Dann verließ man die Szene mit einer tiefen Kerbe – in eben diesem Körperteil. Nein? So weit würden sie nicht gehen? Oh, doch. Feo grinste schief. Einer von den Zähneknirschern hatte ihm genau ein solches Andenken einst stolz präsentiert. Im Tausch übrigens, für einen schimmeligen Kanten Brot. – Was für ein Leben! Was für ein jammervoller Haufen Dreck. Aber, ganz so schlimm 35 war es zum Glück nicht immer. Man brauchte nur an den Käse denken, und an die Person, die ihn gereicht hatte... Trotzdem, Feo nahm sich vor, in Zukunft nur noch frisches Wasser aus Bachläufen und Flüssen oder aus klaren, unverschlammten Weihern zu trinken. Das Mädchen von dem Hof, es war ihm mit erhobenem Haupt und ohne jede Furcht entgegengetreten, obwohl es gerade einmal in dem Alter war, wo die Mädchen jenes Merkmal auszubilden begannen, das sie zweifelsfrei als solche zu erkennen gab. Da war er nun wahrhaftig anderes gewöhnt, so gut bewirtet wurde er vielleicht in einem Fall von sieben oder acht; Grund genug also, dort unten noch ein- oder auch zweimal vorzusprechen. Öfter jedoch nicht: Er war bereits lange genug im Geschäft, um sich vor dem Kardinalfehler zu hüten, sich an einer Quelle niederzulassen, statt sich nur vorübergehend an ihr auszuruhen. Denn Abhängigkeit und Freiheit, das ging nun einmal nicht in einen Hut; und machte man sich erstmal abhängig, war es bis zum Hungerlöhner nur noch ein verschwindend kleiner Schritt. Was aber mit dem Rest des Tages anfangen? Einen Abstecher zur Mühle, oder lieber doch erst sehen, was sich im Dorf ergab? Feo entschied sich für das Dorf, denn er hatte etwas läuten hören von einer bevorstehenden Kirmes – ein Ereignis, das er sich auf keinen Fall entgehen lassen wollte. Einer Kirmes, wie es hieß, unter Mitwirkung von Gauklern. Das Wort, alleine schon das Wort! Knechtschaft war der Tod, sogar mit Geld; Freiheit ohne Geld war immerhin Leben. Aber Gaukler sein! Dieses Dasein bot dir einfach alles, es schenkte dir von jedem etwas: Nahrung, Abenteuer, 36 Kameradschaft; Anerkennung, Kurzweil, Schutz. – Schlicht: Es war das Paradies auf Erden. Ja. Wenn es einen Berufsstand gab, den Feo nicht nur respektierte, sondern sogar ohne Einschränkung bewunderte, dann war es dieser. ¯ Der Müller war ein Mann so gut, wie ihn das Land nur je hervorbrachte, arbeitssam, wohlmeinend und duldsam, dabei durchaus von einer gezügelten, gesundes Maß nie überschreitenden Lebenslust, die ihn ein munteres Gespräch oder einen Humpen Bier nicht verweigern ließ, sofern es seiner Müllerei nicht in die Quere schoß, und in der er vielleicht am ehesten einem Priester glich – einem von der aufgeklärten, unfanatischen Sorte, die ihr Menschsein nicht verleugnete und daher den Wert des Seltenen besaß. Eine gedrungene Gestalt in mehlfarbenem Leinen, trug er im Gesicht und an den Händen die Ehrenzeichen seiner Zunft, winzige Narben verursacht durch heimtückische feinste Splitter, die während des Schärfens von den Mühlsteinen absprangen und sich tief unter die Haut gruben, wo sie sich einkapselten und nisteten bis zu jenem Tag, da die schützende Hülle aufbricht und sie wieder freigibt an die Erde. Sein struppig wachsender Kinn- und Backenbart hatte den Wandel vom Rostbraun zum Eisgrau fast vollständig vollzogen. Das Klappern aus der Mahlstube drang beharrlich aber gedämpft herauf; für den Müller zu gedämpft, denn dieser Lärm klang in seinen Ohren herrlicher als Himmelschöre und Posaunen. Er wurde bereits unruhig, sobald er einmal 37 länger als eine Viertelstunde auf ihn verzichten mußte – irgendwann brüllte ihn die Stille wie Geschützdonner an. Recht behaglich wurde es ihm erst, wenn das Holz unter seinen Sohlen, das ganze Gebäude um ihn herum wackelte und dröhnte – umso mehr, als ihm eben diese Unruhe und Betriebsamkeit ja sein täglich Brot erhielt. Seine Mühle rumorte jedoch nicht mehr so ausdauernd wie in früheren Zeiten, wurde das Geld im Land doch immer knapper, so daß die Mahlgäste längst nicht mehr in Scharen zu ihm strömten – andernfalls hätte er die Arbeit allein, ohne einen Burschen, auch gar nicht bewerkstelligen können. Mittlerweile stöhnten alle, die, die ihn belieferten, wie jene, die von ihm kauften; einige gingen inzwischen derartig erbärmlich schwer am Stock, daß sie ihren Scheffel nur noch in natura zahlen konnten. Der Müller trat vor das hoch über dem Teich gelegene, tief in die Mauer eingeschnittene Fenster, das seinen Kopf aufnahm fast wie ein maßgefertigter Helm. Er spähte auf das Wasser – es lag vollkommen still –, ob sich nicht ein Zeichen von ihm, dem Fisch, erkennen ließ. Das war nicht der Fall; doch gerade als er sich wieder zurückziehen wollte, sah er, wie durch das warme Gelb der Felder eine rotgekleidete, fidele junge Gestalt des Weges zog. Der Müller nickte, was in seinem Falle einem Lächeln gleichkam. Es war die kleine Waise (inzwischen nicht mehr gar so klein) vom Hof hinter den Rübenäckern. Und was sie in ihrem fast aufreizend hin- und herschaukelnden Korb herantrug, erfreute ihn ebenso, denn es war für ihn bestimmt. Wie selten schön es sich doch fügte, daß dieses Mädchen, ungeachtet dessen, was einst ihrem Bruder zugestoßen war, auch weiter ihren Weg hierher zur Mühle fand, nicht nur, weil es ihm Gesellschaft und erlesen feine Nahrung brachte: In gewisser Weise fühlte der Müller sich für das Schicksal 38 der Kleinen selbst verantwortlich, denn erst durch den tragischen Unfall war sie ja vollends in ihre mißliche Lage hineingeraten – obwohl natürlich der Tod ihres Vaters ein nicht minder harter Schlag für sie gewesen war. Das Franzerl. Gänzlich Uneingeweihte, sie mochten vielleicht glauben, in einer Mühle könne niemand zu Tode kommen oder höchstens ein ausgemachter Narr, der sämtliche ihm erteilten Warnungen verlachte; das aber war ein Irrtum. Gefahren lauerten immer und überall, vor allem aber, wenn die Unbilden der Natur, namentlich das Eis im Winter und das Hochwasser im Frühjahr, dem Müller sein Leben schwermachten und gar seine Existenz bedrohten. Franz war im Winter verunglückt, als das Mühlrad wieder einmal zu vereisen drohte. Um dies zu verhindern mußte er, feingliedrig und behende wie er war, in die Radstube hinein, wie er es auch dann zu tun hatte, wenn die Lager mit Talg neu geschmiert werden mußten. Das Eisräumen ging so vonstatten, daß man mit einem feuchten, glosenden Strohbündel starken Rauch erzeugte, um die Eisbildung auf dem Rad zu unterbinden, häufiger noch das bereits entstandene Eis abzuschmelzen. Franz wollte es besonders gründlich machen und hatte sich in dem Bretterverschlag zu lange aufgehalten, so daß der Rauch ihn schließlich übermannte: Der Junge verlor die Besinnung, er stürzte ab, zerschlug sich seine Knochen auf dem Mühlrad, und landete tief unten auf dem Grund des Einlaufs. Und dort verblieb er, bis sein Brotherr endlich etwas bemerkte, und den leblosen, brettharten Körper aus dem kalten Wasser zog... Monate nach diesem Vorfall war ein Landstreicher an des Müllers Tür gekommen – eine Ungestalt wie aus einem bösen Traum, in halbdurchsichtige Fetzen eingehüllt, spindeldürr, beinahe zahnlos –, der mit schreckhaft geweiteten 39 Augen mümmelnd berichtete, auf dem Grunde des Baches vor dem Mühlrad liege eine „Leich“. Der Müller begleitete ihn hin um nachzusehen, fand dort aber nichts; das Ganze war natürlich reiner Unsinn. Aus Mitleid steckte er dem Wahnsinnigen Brot zu – mehr, als er irgendeinem Bettler je gegeben hatte. In der Folge zeigte es sich dann, daß immer weniger Landstreicher sich in die Nähe des Mühlteiches verirrten: Offenbar hatte das wandelnde Gerippe sich nicht lumpen lassen – hatte seine Gegenleistung, wenn man es so wollte, zuverlässig erbracht. Die Wahrheit war, daß Franz nicht neben und nicht vor, sondern in der Mühle umging. Er selbst hatte ihn zweimal in der Mahlstube gesehen – beidesmal am frühen Abend, nachdem das große Klappern vorüber und eine ungesunde, unheimliche Stille eingezogen war. Der Junge stand, etwas gebeugt, in einem Winkel; er kehrte ihm den Rücken, eine Haltung, als sei er mit einer seiner typischen Arbeiten beschäftigt. Nur befand er sich dafür am falschen Platz, und außerdem bewegte er sich nicht um einen Zoll; er stand dort halb gebückt aber stocksteif, wie eingefroren im tiefsten leblosesten Winter. Der Müller brachte es nicht fertig, sich zu nähern; stattdessen hatte er den Jungen laut beim Namen gerufen, und da war das Schemen verschwunden, in einer Art, als habe jemand achtlos mit dem Lappen über einen mit Kreide beschmierten Tisch gewischt. Eine Geschichte, die ihm gelegentlich wohl zusetzte – besagtes Bild war plötzlich da, so wie ein Kalenderblatt, das ein heimlicher Besucher ihm hinterrücks vor seine Augen schob –, mehr als das aber auch nicht. Wirklich schlimm war nur das Unglück, der Schock und der Verlust für die kleine Spika und ihre alte, gebrechliche Großmutter. In einem Punkt jedoch war er sich sicher, nämlich, daß er die 40 Erscheinung vor dem Mädchen nie auch nur mit einem Wort erwähnen würde. Während der Müller sinnierend und sehr langsam die steile Treppe hinunter in die Stube klumpte, wo das Mahlwerk wie ein entfesselter Deibel rüttelte und polterte, drückte Spika die schwere Eingangstüre auf und eilte ihrem Gönner und väterlichen Freund, eine Hand auf dem Geländer und den Korbhenkel über der knochigen Schulter, schwungvoll entgegen. Wann immer Spika in die Mahlstube kam, strich sie als erstes dem Kleiekotzer über seinen spitz gehörnten Kopf – so hatte sie es schon als kleines Kind getan und dabei jedesmal laut aufgeschrien, worüber der Müller sich prächtig amüsierte. Angst hatte sie heute keine mehr, doch sie behielt die schöne Gewohnheit bei und sagte sich, sie bringe ihr Glück. Anschließend hielt sie der grimmigen, derb herausgeschnitzten Fratze immer noch die Hand unter das Maul, um den Kleiestrom sanft und warm durch ihre Finger rieseln zu lassen, bevor er sich großzügig in den Auffangbehälter ergoß. Sie liebte alles in diesem Raum, den feinen Staub in der Luft und auf dem knorrigen alten Holz, die Spinnfäden in den Winkeln, das Beben unter ihren Füßen und, mehr noch als alles andere, das Klappern – so sehr, daß sie enttäuscht war, wenn sie es nicht schon zwischen den Feldern auf die Entfernung hörte; obwohl es hier oben in der Mahlstube so laut war, daß man sich kaum verständlich unterhalten konnte. Doch zwischen dem Müller und ihr gab es ohnehin nicht viel zu reden. Sie schlossen ihr Geschäft, sie händigte ihm ein Töpfchen ihres Honigs aus und er reichte ihr dafür einen Laib Brot und dazu, falls er gerade welches hatte, eine 41 Flasche von dem dunklen, wolkig-trüben Hefebier, das kräftigend und nahrhaft, und daher für Kinder gleich welchen Alters vorzüglich geeignet war. Zwar hätte der Müller Brot und Bier auch so gegeben; aber der Honig war nun mal des Mädchens Pfund, und er begrüßte es, wenn Spika ihrem eigenen, bescheidenen Gewerbe nachging, wie es ja am Ende doch ein jeder mußte – und für ihre Bienen schien sie wahrlich eine goldene Hand zu haben. Der Honig, den sie ihm brachte, war jedenfalls nicht weniger als eine reine Wonne. Manchmal stiegen sie gemeinschaftlich die Treppe hinauf bis in die Kammer, wo sie nacheinander aus dem kleinen Fenster spähten, über den Teich und die angrenzende Feldflur. In der ersten Zeit hatte der Müller Spika die Wirkungsweise seiner Mühle erläutert – wie das Wasser eingefangen und seine Kraft genutzt wurde, um den oberen Stein gegen den unteren in Drehung zu versetzen. Er hatte sie emporgehoben, damit sie die Goss’n einmal selbst mit Gries befüllen konnte, was so oft wiederholt werden mußte, bis das Mehl endlich so fein war, wie die Mahlgäste es haben wollten. Vor allem aber hatte er ihr erklärt, wie das Klappern zustandekam, ihr zum noch besseren Verständnis gar einen der ausgedienten Gabelstöcke mit nach Haus gegeben, wo er wie ein Besenstiel gegen den Kamin lehnte. Inzwischen hatte Spika die Mühle längst begriffen; ja, sie kannte sich nicht sehr viel schlechter in ihr aus als deren ureigener Betreiber. Daher gab es meist nicht mehr zu tun, als sich in der Stube auf die Bank zu setzen, den Mehlstaub aus der Luft zu schmecken und sich dem unabänderlichen Pulsschlag der Geräusche hinzugeben – bis dieser den Kopf so weit betäubt hatte, daß kein einziger sinntragender Gedanke mehr sich formen wollte. 42 Nachdem dieses Programm gewohnheitsmäßig abgeleistet war, stiegen Spika und ihr Müller wieder hinab und begaben sich nach draußen vor die Tür, wo das Klappern nur noch recht leise, das Plätschern des Wassers über dem mächtigen Rad dafür umso deutlicher zu hören war. „Sag mir, kommst du denn zurande, Mädel?“ Dies war eine Frage, die der Müller immer stellte, die er sich verpflichtet fühlte zu stellen; und auch Spikas Antwort blieb sich stets die gleiche. „Ja. Es geht. Die Zeiten sind schwer, aber für alle.“ „Wohl wahr. Wenn uns immer nur der Krieg vom Hals bleibt, dann ist’s wohl alles zu ertragen. Aber, ich fürchte, sie marschieren schon.“ Darauf fand Spika keine Erwiderung. „Und was treiben die Bettler?“ Eine weitere stehende Frage des Müllers. „Sie werden es nicht müde.“ „Sehr viele seh ich nicht mehr hier herum. Neulich wohl, da habe ich einen gesehen, den ich kannte – aber auch zwei oder drei, die mir fremd waren. Gib also Obacht, Mädel, ’s kann ja nicht schaden.“ „Nein. Ich hab mein Messer unterm Strumpf parat. – Aber jetzt, jetzt muß ich weiter in den Wald, hinein in die Pilze. Die ersten müßten mittlerweile raus sein... Ich glaube, sie können’s gar nicht erwarten, daß ich komme und ihnen an den Stengel rücke.“ Der Müller lachte trocken; er winkte ihr zum Abschied, und stapfte dann ein weiteres Mal in seine tosende Kammer hinauf. Spika passierte die kurze gewölbte Brücke, die über den schnellströmenden Mühleneinlauf führte, und schlug den Pfad in Richtung Pilzwald ein. Eher nur ein Wäldchen, bestand er aus einigen Dutzend Nadelbäumen umgeben von 43 einem Ring aus Buchen und Eichen, wobei das nächste, fast zum Verwechseln ähnliche (und dennoch weit weniger ergiebige) Waldstück nur durch ein Rapsfeld abgeschieden war. Da diese Gehölze gute Deckung schufen aber als Wege kaum genutzt wurden, brauchte man vor Raubsgesindel keine Angst zu haben, wie dieses Pack sich in der Gegend ohnehin nicht groß bemerkbar machte. Dies hier war das Reich der Bettler, womöglich auch, der Geister – nicht aber, der Räuber. An Pilzen hatte der Wald trotz seiner geringen Größe Erstaunliches zu bieten. Spika sammelte nur solche Sorten, die sie einwandfrei sicher kannte, also nur jene, die ihr Vater ihr genau erklärt und ein ums andere Mal gezeigt hatte. Sie sammelte Maronen und den großen Herrenpilz, außerdem die Rotkappe, die Ziegenlippe und den reifüberzogenen Zigeuner; manchmal auch die jungen Tintlinge und, wenn nichts Edleres in Sicht war, den Hallimasch und das Stockschwammerl, das man aber leicht verwechseln konnte. Auch Walpurgiseier nahm sie mit; diese schmeckten wie ein Rettich, wenn man sie in Scheiben geschnitten in der Pfanne briet, nachdem man den Matsch drumrum entfernt hatte. Die gefährlichsten unter den Pilzen waren der Ziegelrote Rißling, der braune Fliegenpilz und der weiße und der gelbe Knollenhut – viel gefährlicher als etwa der Satansschwamm, von dem man nur Bauchgrimmen bekam, oder der rote Fliegenpilz, der etwas ähnliches mit einem anstellte, wie es der Vogel tat. Die Knollenhüte waren überhaupt die allerschlimmsten: Sobald sie einen von ihnen zwischen den Stämmen hervorleuchten sah, kniff sie wie unter einem Zwang die Augen zu und beschrieb um den Pilz einen ausladenden Bogen. Denn der Volksglaube wollte es, daß jedes junge Mädchen, das diese Gewächse für die Dauer von 44 nur sieben Wimperschlägen ununterbrochen anschaute, im Leben niemals Kinder bekommen konnte. Wehe aber dem, der nur einen einzigen Bissen Knollenhut im Magen hatte: War es damit nicht bereits um ihn geschehen, genügten zwei, drei weitere Bissen, um sein Schicksal endgültig zu besiegeln. Und es war ein Tod, wie man ihn seinem ärgsten Feind nicht wünschen wollte. Die meisten und besten Pilze fand Spika im Herbst, wenn der Wind über die stoppeligen Felder raste, daß sich die Vogelscheuchen närrisch wild auf ihren Stecken drehten, und ihnen das Stroh in aufsprühenden Wolken aus den Gliedern riß; jetzt, im späten Frühjahr, sah es noch bescheiden aus, da gab es oftmals nur die Frühen Lorcheln, die für teures Geld auch auf den Märkten feilgeboten wurden. Diese Lorcheln, sie hatten gewissermaßen zwei Gesichter: Sie dufteten gut und man konnte sie essen, wenn man sie vorher gründlich kochte und danach sehr sorgfältig trocknete. Falls aber jemand kam, der sich nicht mit ihnen auskannte, dann zeigten sie ihm nur zu gerne ihr anderes, häßliches Gesicht – und wenn er das gesehen hatte, dann kannte er sich aus. In Erwartung dieser besonderen Beute verbannte Spika alle stattlichen Schirmträger bis auf weiteres aus ihrem Sinn, und stellte sich voll und ganz auf ein Gebilde ein, das etwa so aussah wie ein Kalbsgehirn, rostbraun gewunden auf hellem kurzem Stiel. Oft hatte sie den typischen Geruch schon in der Nase, bevor sie die Lorcheln überhaupt erblickte, und so war es auch diesmal. Sie versteckten sich zwischen den jungen Kiefern, so dicht aneinandergedrängt, daß sie fast wie ein einziger verwachsener Riesenpilz wirkten – ein Anblick, der Spikas Herz höher schlagen ließ wie das des Jägers, der den ersehnten Zwölfender endlich vor seiner Pfeilspitze hat. 45 In der Vorfreude auf die bisher üppigste Pilzmahlzeit des Jahres schnitt sie sämtliche der Lorcheln, sie ergaben sicherlich zwei Pfund und mehr, in ihren Korb. Während der Müller eine Pause machte und aus dem Fenster ein angebundenes Stück Räucherspeck an langer Leine hinab in den Teich senkte, um seinen Fisch, falls dieser bei Laune war, zu necken, machte Spika sich beladen mit Brot, Bier, Pilzen auf den Heimweg; und ein junger Bettler, der aus alter Gewohnheit – wenn es ihn auch mit Macht ins Dorf und zu den Gauklern zog – bereits in der geringsten Ablenkung Anlaß zu verfrühter Rast fand, beobachtete sie dabei vom Hügel her sehr aufmerksam. ¯ „Feste kochen“, riet Großmutter, als Spika ihr den Korb mit den Lorchen freudig und stolz unter die Nase hielt, und verkündete im selben Atemzug: „Muß auf’m Balken.“ Es war keineswegs so, daß die alte Frau nicht laufen konnte. Sie weigerte sich bloß dies zu tun, solange es nicht unbedingt notwendig war, und es gab im Grunde auch nur ein Bedürfnis, das dies je notwendig machte. Da sie es haßte, den Nachttopf über Tag zu benutzen, versuchte sie einfach, so lange auszuharren, bis ihre Enkelin von ihren Streifzügen zurückkam. Sie tat dies mit wechselndem Erfolg; dieses Mal war es, wie Spika erleichtert feststellte, gutgegangen. „Nicht so hastig, Gnädigste! Das Buch.“ Sie entwand ihrer Großmutter die Bibel und legte sie neben den Stuhl auf den harten gestampften Boden. „Kind, net in den Staub! Der Herrgott wird es nimmer leiden, wenn man mit Füßen nach ihm tritt.“ Spika hob die 46 Bibel auf und schlenzte sie, wiederum nicht sehr respektvoll, auf die Anrichte. Mit einem „Hopp!“ faßte sie ihre Großmutter unter den Achseln; es folgte eine inzwischen wohl gut und gerne hundertfach erprobte, ungemein störrische Prozedur – wild rudernde Arme, brabbelnde Proteste –, die in einen wackeligen, zermürbend langsamen Toilettengang mündete. „Die Uhr, Spika, sieh doch nur, die Uhr.“ „Ich zieh sie wieder auf, nachher. – Gib acht jetzt, wo du hinsteigst: Hier kommt schon die Schwelle.“ Die Bretterbude befand sich neben einem länglichen Stapel aus Holzresten hinter dem Haus, das sie, da es einen rückwärtigen Ausgang nicht gab, umrunden mußten. Als die grauschwarz getigerte Katze die Ankömmlinge bemerkte, ließ sie vom ihrem Spielzeug – einer Grille, die sie mit endloser Beharrlichkeit aus einer Erdhöhle gekitzelt hatte – sofort ab, schnurrte heran und drängte sich ohne Rücksicht zwischen Spikas und Großmutters Beine. Spika scheuchte das Biest mit einem routinierten Tritt davon. „Halte dich nur schön immer an der Strebe fest, du weißt! Dann brauche ich gar nicht mit hinein.“ „Muß bald wieder g’schüppt werden – sonst hammer die Fliegen als Gewitterwolk’ darinnen“, gab die Alte zu bedenken, bevor die löchrige Brettertür hinter ihr zufiel. Das Fallklo war im Prinzip eine einfache und praktische Sache, nichts weiter als eine vier Fuß tiefe Grube mit einem quer darüberliegenden Balken, der in der Mitte mit einem Loch versehen war. Hatte sich die Grube im Laufe der Zeit angefüllt, mußte sie geleert werden: eine Arbeit zum Knochenkotzen schwer, denn das Zeugs verbuk und wurde schließlich zähfaserig wie Torf. Man schaufelte es in eine Karre und kippte es auf den Acker, wo es als Dünger seinen Dienst tat. Spikas Vater hatte es immer so gehandhabt – 47 damals, als er noch Anteil nahm, seine Äcker ihm noch wichtig waren. In Winternächten aber, da wurde die Sitzung über der Grube zum klirrenden Albtraum; und auf dem Höhepunkt des Sommers brach es aus jenen Hinterlassenschaften nur so hervor, als ein schieres Wimmeln und Kämpfen, ein abscheuliches Getümmel bleicher beinloser Leiber. Aus dem Verschlag hörte Spika dumpfes Ächzen; und solange ihre Großmutter noch ächzte, gab es keinen Grund zur Besorgnis. Während sie auf das knappe und stets gleiche Kommando wartete, ließ sie ihren geschultem Blick über die Reihe ihrer Bienenkörbe schweifen. Viel tat sich dort nicht um diese Jahreszeit, und das war gut und richtig so. Zwar hatten ihre Völker das Schwärmen nicht im Blut, aber es konnte trotzdem nicht schaden, ein wenig auf der Hut zu sein. Innerhalb der nächsten paar Tage würde sie ans Werk gehen, in ihrem eigenen Interesse und dem ihrer Schützlinge die erforderlichen Maßnahmen treffen. Bienen waren so wie alle Haustiere – und in gewisser Weise, wie die Menschen auch –, man mußte ihrem Glück hin und wieder ein wenig auf die Sprünge helfen. „Spika? G’schafft!“ Schwerfällig und keuchend, mit schleifendem verkrustetem Rocksaum aber immerhin doch sittsam zurechtgerückter Haube, zwängte die Alte ihren unförmigen Körper durch die Tür. Nachdem Spika ihre Großmutter sicher in den Stuhl gelotst und Brot und Bier im Speiseschrank verstaut hatte, setzte sie sogleich einen Topf voll Wasser auf, und verteilte die fleischfarbenen Läppchen gleichmäßig über das rauhe Holz des Tisches. Die Lorcheln waren wunderbar, ihr aromatischer Duft füllte binnen kurzem das ganze Haus – und dennoch wieder, ihre zwei Gesichter. Der Trick lag in 48 dem sorgfältigen Abkochen, wie auch Großmutter es empfohlen hatte, und dem darauffolgenden, ebenso gründlichen Trocknen. Selbst dann war es nicht auszuschließen, daß man für einige Stunden ein gewisses Bauchdrücken über sich ergehen lassen mußte, aber soviel war die vortreffliche Mahlzeit allemal wert: Wie der Bettler gut beraten war, nicht wählerisch zu sein, so konnte Spika in ihrer Lage es sich nicht leisten, übervorsichtig und ängstlich zu sein. Als die Pilze dann gekocht waren und auf einem Brett zum Trocknen an der frischen Luft auslagen, widmete sie sich einigen kleineren Arbeiten, zu denen auch die Pflege ihres winzigen, aber wertvollen Kräuter- und Gemüsegartens gehörte, wertvoll unter anderem deshalb, weil er auch solches Grün enthielt, das den Hunger zuverlässig unterdrückte – ein allerletztes Mittel, auf das sie zum Glück noch nicht sehr oft hatte zurückgreifen müssen. Heute schnitt Spika nur ein wenig Schafgarbe, um gegen die Lorcheln, sollten sie sich launisch zeigen, eine wirksame Waffe in der Hand zu haben. Endlich war die Sonne so tief gesunken, daß ihre Färbung vom Orangenen ins Rötliche hinüberspielte, für Spika der Zeitpunkt, ihre Pilze zu begutachten. Diese erwiesen sich als pulvertrocken und somit ausreichend präpariert. Wieder fiel ihr die Ähnlichkeit mit kleinen Gehirnen auf – ein seltsamer Streich der Natur, als hätte Gott seiner Freude am Nachbilden ungehinderten Lauf gelassen... Wer hätte es ihm verübeln wollen? Sie streute eine Prise Salz und etwas Petersilie über die Lorcheln; andere Gewürze gab es nicht, aber sie waren auch nicht nötig. Dem feierlichen Anlaß gemäß trug sie ihren Stuhl hinüber in die Küche, um Großmutter am Tisch Gesellschaft zu leisten. 49 Die Mahlzeit ging wortlos und recht still über die Bühne, wie es im Haus überhaupt sehr still geworden war. Großmutter schmatzte laut und rülpste ein paarmal, für Spika ein untrügliches Zeichen, daß es mundete. Sie selber schmatzte ebenfalls, denn munden tat es wirklich. – „Gute“, ließ Großmutter verlauten, und schob den leeren Teller daraufhin so grob von sich fort, als könne sie seinen Anblick länger nicht ertragen. Beim Abräumen spürte Spika ein wohliges Gefühl der Sättigung, wie es ihr beinahe schon fremd geworden war: Das nagende Loch in ihrem Bauch, es war, wenn auch nur für die Dauer von einigen Stunden, gestopft. Zum letzten Mal war sie in einen ähnlichen Genuß gekommen, als der Müller ihr das Rebhuhn zugeschanzt hatte; Wochen war es her mittlerweile. Jetzt aber, da es endlich Sommer wurde, würde es die guten Dinge aus dem Wald wieder öfter geben. Sie überlegte einen Moment, ob sie sich das Bier, zur Krönung eines denkwürdigen Tages, nicht ebenfalls schon heute gönnen sollte, sagte sich dann aber, daß es ihr nicht zukam, Gelage abzuhalten, und sie sich diesen Luxus besser für ein späteres Mal aufhob. Stattdessen also heimisches Wasser aus dem Brunnen. Es schmeckte zwar aufrichtig gesagt verboten – nur wenig besser als Urin –, aber Spika hatte hinreichend Gelegenheit gehabt, sich daran zu gewöhnen, und hielt es außerdem für kraftspendend und gesund, denn es kam ja schließlich so tief aus der Erde, daß es eine Art flüssiges Gestein darstellen mußte – und jedes Kind wußte, daß eine Arznei, die gut schmeckte, nichts taugen konnte. Wie sie vom Licht der Abendsonne umspült mit ihren dünnen, von jahrelanger vielfältiger Arbeit dennoch kräftigen Armen den Hebel quietschend auf- und abbewegte, bot Spika ein Bild des vollkommenen Einklangs mit ihrer 50 Umgebung, eines Einklangs, der durch nichts und niemanden zu erschüttern schien. Wäre dieser Tag ein Vogel-Tag gewesen, sie hätte womöglich in ihrem Kopf ein Bild gesehen, das ihr einen schmerzlichen Verlust, und manches sich daran anschließende Leid hätte ersparen können: das Bild eines schlichten, von der Sonne beschienenen Grabes zwischen Feldern, spärlich geschmückt mit einem trichterförmigen Gegenstand. So aber stand ihr eine ereignisreiche Nacht bevor. Doch Trauer und Verlust waren nur die eine Seite der Medaille, denn gerade sie sollten am Ende jene Wendung herbeiführen, die Spikas neues Leben ebensosehr prägen würde wie ein allerhöchstens eichkatzgroßes, von immerwährender Furcht erfülltes schwarzes Männlein, das an diesem wie an jedem Tag unermüdlich durch entferntes Gelände streifte, wo es verzweifelt und geduldig auf sie wartete. 51 Zwischen Nacht und Morgen wälzte Spika sich in ihrem engen Nischenbett, in dem wohl ein Kleinkind bequem hätte schlafen können, unruhig hin und her. Kalter Schweiß stand ihr in dicken glänzenden Perlen auf dem Gesicht, und tief in ihrem Bauch grollte und rumorte es fast ohne Unterbrechung. Spika hatte die Lorcheln zwar ausreichend gut gekocht, aber sie nicht lange genug getrocknet; hinzu kam, daß sie in diesem Frühjahr ganz absonderlich viel Gift enthielten – Gift, das so unberechenbar und heimtückisch war wie kein zweites, in der Art, daß es oftmals nicht den geringsten Schaden anrichtete, dann wieder erst durch wochenlanges Trocknen restlos zerstört wurde, und bisweilen trotz allen Kochens und Trocknens erhalten blieb und in seiner Wirkkraft an das der Knollenhüte heranreichte, und dem Sammler Krankheit und Tod in sein Haus brachte. Schließlich war da noch das unsaubere Wasser, von dem allein keine Bedrohung ausging, das nun aber vollends dafür sorgte, daß die gefährliche Mahlzeit auf fruchtbaren Boden fiel. Seit Stunden, Stunden, arbeiteten die Lorcheln emsig und zerstörerisch in Spikas Bauch. Sie gaben ihre Schadstoffe sehr allmählich und in winzigen Portionen frei, veranlaßten so die Innereien, sich wieder und wieder in Krämpfen zusammenzuziehen, bis sie das Blut so weit verpestet hatten, daß sie über diesen Weg – gleich einem Heer marodierender Lanzenknechte, das sich über die Zufahrtsstraßen in eine Stadt ergießt – in sämtliche Organe hineingelangen und ihr Vernichtungswerk beginnen konnten. Diesem immer stärker werdenden Unwohlsein und dem gedämpften, jämmerlichen Stöhnen, das in ungleichmäßigen 52 Abständen an ihre Ohren drang, war es schließlich zu danken, daß Spika ihrem verhängnisvollen Schlaf doch noch entrann. Als sie die Augen aufschlug, drehte sich ihr der Kopf wie von einem Schoppenvoll Gebranntem. Sie spürte sofort, daß sie sich sowohl erleichtern als auch übergeben mußte, und rannte barfuß und ohne nachzudenken aus dem Haus, wo sie, nur eben über die Schwelle gelangt, ihren Bedürfnissen freien Lauf ließ. Sie erlitt am ganzen Körper Schweißausbrüche und schlotterte gleichzeitig vor Kälte, während schmerzhafte Blitze ihren Unterleib durchzuckten. Ein See von Speichel schwamm in ihrem Mund; sie spuckte aus, mehrmals hintereinander, aber der See bildete sich neu, schneller als sie spucken konnte. Wieder in der Küche, stürzte sie aus dem Krug einen Schluck Brunnenwasser herunter, mußte ihn aber gleich wieder von sich geben. Denken. Es gelang ihr nicht. War da nicht...? – Ihr Kopf meldete sich zurück, und er sagte ihr als erstes, daß alles, was an Lorchelresten noch nicht verdaut war, so schnell wie möglich hinaus aus ihrem Körper mußte – wahrscheinlich war dies die einzige Chance, zu überleben . Sie taumelte wieder ins Freie und beugte sich über den leeren Trog vor der Hauswand, steckte sich Zeige- und Mittelfinger tief in den Hals; würgte die Pilzbrocken herauf, einmal, zweimal, drei-, vier-, fünfmal, bis endlich alles draußen war und nur noch saure Galle kam. Erschöpft und nach Luft ringend, angetan mit einem kurzen, fadenscheinigen Leibchen, hockte sie barfuß auf der kühlen Erde, spähte blinzelnd in die Nacht. Alles war sehr ruhig und friedlich, kein Windhauch strich, und die Grillen zirpten so laut, daß Spika das Gefühl hatte, sie wären durch ihre Ohren mitten in den Kopf gekrochen. 53 Dumpf entsann sie sich, daß die Virgo heute nacht ihren höchsten Stand am Himmel erreichte, bevor sie die Geräusche aus der Stube wahrnahm, die ihren Schlaf durchdrungen und sie, gerade noch zur rechten Zeit, geweckt hatten, und deren Bedeutung sie nun endlich erfaßte. Großmutter! Sie hastete hinein, in den Raum, wo Großmutter ihre Tage im Stuhl und ihre Nächte im Wandbett verbrachte: Wie sie dort in diesem Bett abwechselnd stöhnte, Unverständlichkeiten keuchte und Spikas Namen rief, mußte sie Entsetzliches durchleiden. Da es aber im Haus höchstens ein paar Kerzenstumpen, nicht aber eine einzige funktionsfähige Lampe gab, sah Spika nur eine Möglichkeit, nämlich, die Kranke ebenfalls hinauszubefördern unter das Sternenlicht, und ihr eine Feder, oder notfalls auch die Finger in den Hals zu stecken. Sie mühte sich, ihre Arme unter Großmutters Achseln zu zwingen, den plumpen, entmutigend schweren Körper vom Fleck zu heben. Die Gepeinigte stöhnte auf, und Spika zog ihre Hände wieder zurück. Sie waren naß von Erbrochenem. Ihre Großmutter schlug um sich, schrie und flehte um Gnade und beschwor den Lieben Gott und seine Heiligen, er möge sie endlich erlösen und zu sich hinauf in sein Reich holen. Und während sie so tobte, fegte der Hund bellend und winselnd vor dem Bett herum, wohingegen Spika nur noch händeringend auf der Stelle sprang – es war eine Szene, wie ihre Albträume sie ihr nicht schlimmer hätten gaukeln können. Irgendwann, als Stöhnen, Husten und Gegenwehr immer mehr nachließen, gelang es Spika, sie wußte selbst nicht wie, ihre Großmutter herauszuhieven und auf den Stuhl zu wuchten, den sie dicht vor das Bett geschoben hatte. Diese Anstrengung erschöpfte sie so sehr, daß ihr schwarz vor 54 Augen wurde, sie geriet ins Wanken und ging unter bohrenden Kopfschmerzen in die Knie. Sie sah nichts mehr, nichts. Zeit und Welt standen still, sie kauerte auf dem Boden einer dunklen Höhle; der Boden würde sich unter ihr auftun und sie einschlucken, sie hinabziehen in jenes Reich, über das nicht der Gott der Bibel, sondern er, der Vogel gebot. – Nicht hinauf: Es ging hinab und nur hinab. Als Spika sich wieder regen konnte, war Großmutters röchelnder Atem kaum mehr zu hören – und als sie den Körper dann wieder unter den Achseln fassen wollte, spürte sie, daß es vorbei war. Der Hund hatte sich inzwischen etwas beruhigt und er wurde jetzt eher neugierig, beschnüffelte sachte das leblose Ding im Stuhl – plötzlich heulte er erschrocken auf und stürmte aus dem Haus, wie es vor ihm die Katze längst getan hatte. Sie war zu keiner Regung fähig. Denken konnte sie nur dies eine: ob sie noch rechtzeitig gehandelt hatte, es für sie wohl irgendeine Hoffnung gab, diese Nacht zu überstehen. Dann nahm sie etwas sehr Merkwürdiges wahr, auch wenn sie es zu dem, was geschehen war, in keinerlei Beziehung setzen konnte: Die hohe Standuhr, Großmutters Lieblingsstück im Haus, tickte nicht mehr, obwohl ihre Gewichte mit der üblichen Sorgfalt aufgezogen waren. Endlich raffte sie sich hoch, um mit größter Vorsicht tätig zu werden. In einer Schublade fand sie ein altes Bettuch, das sie behutsam über die Tote breitete. Danach mußte sie sich sofort wieder ausruhen; sie ließ sich auf Großmutters zerrauftes Bett sinken, das wenigstens ein Stückchen größer war als ihres. In dem Fastdunkel, das Spikas Augen nun besser und immer besser durchdrangen, wirkte das helle 55 Etwas im Stuhl vollkommen fremd, es hätte auch ein Sack mit Kleie oder Mehl sein können. Die Gedanken, welche nun in gnadenloser Hast durch ihren Kopf wirbelten, schienen ihre Schmerzen noch zu verstärken, blieben dabei aber so bruchstückhaft und flüchtig, daß sie ihr nicht das geringste nützten. – Ein Gedanke jedoch trat klarer und hartnäckiger hervor als alle andern, ja nahm sich plötzlich sogar wichtiger als die Angst um ihr eigenes Leben: Sie mußte ihre Großmutter unter die Erde schaffen und zwar bald, sehr bald, denn es war fast Sommer. Sie, sie, sie, sie – nur, wie sollte sie das tun? Er, der Müller, konnte helfen... Aber, er lebte so weit vom Hof entfernt, und es war sehr fraglich, ob sie morgen schon in der Lage war, um... Der Bettler! Der Müller nicht, der Bettler . Er würde wiederkommen, das wußte sie genau – und sie würde ihm sein Brot und seinen Käse geben und ihn im Gegenzug darum bitten, Großmutters Leichnam mit ihr zusammen an einen ruhigen, friedlichen Ort zu bringen und dort zu begraben. Und falls er dieses alles wirklich mitmachte, dann würde sie ihm auch noch ein zweites Stück vom Käse geben, oder, sogar etwas Besseres. Dieser Bettler, er war, neben dem Müller und ihren Tieren, der einzige, den sie nach dieser Nacht noch haben würde, auch wenn sie bisher lediglich hoffen konnte, daß er ihr Vertrauen wirklich verdiente. Spika schüttelte die letzten Skrupel ab und kroch in Großmutters Wandbett, nachdem sie den Stuhl so herumgedreht hatte, daß sie nur dessen Rückenlehne, und von dem hellen Stoff ein paar abstehende Zipfel sah. – Die Haustür ließ sie offenstehen, obwohl sie immer noch fürchterlich fror; denn mehr als alles andere benötigte sie den Einfluß frischer Luft: Dieser war das bei weitem Wichtigste, so 56 wichtig, daß womöglich er allein das Pendel ausschlagen lassen konnte in Richtung Leben oder Tod. Es gab ja ohnehin nur die zwei Möglichkeiten: Entweder, sie wachte in der Frühe auf wie immer, oder aber, sie tat es nicht. Im Grunde aber spielte es überhaupt keine Rolle mehr, weil niemand mehr übrig war, der sie gebraucht hätte. Sogar die Tiere konnten, wenn sie es denn mußten, durchaus für sich selber sorgen. – Nein, es stimmte nicht, nicht ganz: er, der Vogel, nicht... Spika fühlte sich von einer süßen, unendlich leichten Gleichgültigkeit erfaßt, die sie den gräßlichen Tumult in ihrem Bauch und das, was ihrer Großmutter widerfahren war, für kurze Zeit beinah vergessen ließ. Der letzte Gedanke, der ihr vor dem Hinüberdämmern kam, war, daß sie den Vogel unbedingt hinaus aus seinem Käfig lassen mußte, denn falls sie morgen früh nicht aufwachte, dann... Sie schlief. Und während erst die Katze und nach ihr auch der Hund einen scheuen Blick riskierte, und die zwei sich auf leisen Pfoten wieder aus dem Haus, unter den schutzspendenden Nachthimmel stahlen, entspannten sich unter der Decke ganz allmählich Spikas zusammengekrampfte Muskeln, und ihr geschundener Körper begann sich zwar zögerlich und langsam, aber auch mit einer geradezu trotzigen Unverwüstlichkeit, die auf das Beste hoffen ließ, zu erholen. ¯ 57 „Du bist gelb. Du solltest dich sehen: Dein ganzes Gesicht ist gelb. Vor allem aber, deine Augen. – Was war los? Was für ein Unwetter ist bei dir eingeschlagen in der Nacht?“ Feo war wie erwartet gekommen. Als er den üblen Geruch bemerkte und sah, daß die Haustür sperrangelweit offenstand, hatte er einen vorsichtigen Blick in die Stube geworfen, wo Spika leise schnarchend in dem größeren der beiden Wandbetten lag. Das leblose Bündel im Stuhl bestätigte ihm, daß etwas Häßliches passiert sein mußte, und so hatte er die Schlafende mit aller Behutsamkeit geweckt. Jetzt lag Spika auf der Seite und stützte sich schwer auf einen Ellbogen, blinzelnd und hemmungslos gähnend. Das Gähnen, es war unwiderstehlich, so zwanghaft wie das Lachen über einen famosen Spottvers – sie konnte einfach nicht damit aufhören. Nicht, daß ihr zum Lachen zumut gewesen wäre. Sie hatte starke Kopfschmerzen, einen widerwärtigen Geschmack auf ihrer Zunge und fühlte sich wie ausgeweidet, leerer noch als leer. Doch die Luft im Raum war kühl und frisch, und Spika hatte keinen Zweifel, daß es eben diese gute Nacht- und Morgenluft war, die sie am Ende vor dem Allerschlimmsten bewahrt hatte. „Du meinst, in meinem Haus.“ Mit großer Erleichterung stellte sie fest, daß sie sprechen konnte; der Klang ihrer eigenen Stimme erfüllte sie mit einer echten, selten gekannten Freude. Sie richtete sich im Bett ein wenig weiter auf. „Zuerst einmal: Es ist nicht ansteckend. Es kommt von den Pilzen, die ich gestern im Wald geschnitten habe. Sie waren leider giftig.“ 58 „Giftige Pilze? Oh weh... Da hast du bestimmt einen Knollenhut erwischt. Bei denen mußt du höllisch aufpassen! Man kann sie nämlich zu leicht verwechseln mit–“ „Bitte! – Bitte. Erzähl du mir nichts über Pilze. Mit Pilzen habe ich schon heute mehr Erfahrung, als du in deinem ganzen Bettlerleben jemals sammeln wirst.“ „Oh ja, schon gut. Ist ja gut.“ Sofort wurde ihr klar, daß sie den falschen Ton angeschlagen hatte. Von nun an mußte sie vorsichtiger sein, denn schließlich brauchte sie ihn, diesen Bettler. Der hatte sich in einer Art verquerem Schneidersitz auf dem Boden vor dem Bett niedergelassen, und sah sich, falls es so etwas denn gab, mit gelangweiltem Interesse in der Stube um. „Ist das...?“ „Ja. Meine Großmutter. Sie war alt und schwach. Sie hat’s nicht überlebt.“ „Das ist schlimm für dich“, sagte Feo. Es klang wie eine nüchterne Feststellung. „Hast du eigentlich eine Ahnung davon, wie spät es ist?“, fragte er dann. Spika wollte wie gewohnt den Blick auf das weiße Rund mit den zwei Zeigern werfen, als ihr einfiel, daß die Uhr ja stehengeblieben war. „Nein. Habe ich nicht. Meine Uhr, sie schlägt nicht mehr.“ „Es muß ungefähr dreie am Nachmittag sein.“ Drei. Also hatte sie fast zwölf Stunden lang ununterbrochen an einem Stück geschlafen? – Gut: Wenn das so war, dann mußte sie mittlerweile über den Berg sein. Über einen wenigstens, den höchsten. Sie hatte das Gefühl, daß sie besser noch nichts zu sich nehmen sollte. Ein spitzer weißer Zipfel, der über die Rückenlehne des Stuhles ragte, brachte Spika schließlich auch ihr Anliegen wieder in den Sinn. „Du... Wärest du wohl so freundlich, 59 und würdest mir deinen Namen nennen?“, fragte sie im sanftesten Ton, dessen sie in ihrem Zustand fähig war. „Weil, es ist nur, ich möchte dich nicht gerne mit ‚Herr Bettler’ anreden.“ „Sag Feo.“ „Feo. – Feo: Ich gege dir das, wofür du hergekommen bist, also zu trinken und auch etwas Gutes zu essen, aber vorher... Vorher, da möchte ich dich um einen Dienst bitten. Es geht um – sie. Meine Großmutter.“ Mit bebendem Finger deutete sie auf den verhüllten Leichnam. „Hier, in diesem Zimmer, kann sie nicht bleiben. Sie muß anständig begraben werden, so wie ein jeder Toter es verdient.“ Feos Miene blieb unbeteiligt. „Ohne Schimmel?“ „Wie?“ „Brot ohne Schimmel dran, und Käse?“ Sie lächelte schwach. „Oh, selbstverständlich. – Das heißt, ich muß erst nachsehen, was noch da ist.“ „Abgemacht. Klingt sauber“, willigte er ein. „Hast du eine Schubkarre, und einen Spaten?“ Das ging ihr jetzt beinahe schon ein wenig zu schnell, so daß sie wegen des Spatens einen Moment lang überlegen mußte. „Alles beides, vorhanden. Der Spaten müßte in der Scheune sein. Die Schubkarre, sie steht hinter dem Haus.“ Feo stand auf, den Handel perfekt zu machen. „Bist du dir auch wirklich sicher, daß du mitkommen willst, zu deinem Begräbnis? – Ich meinte... Dem, von deiner Großmutter? Es scheint mir, du bist immer noch ganz schön krank.“ „Ach nein, nein, ich fühle mich schon wieder leidlich gut“, log sie Feo ins Gesicht. 60 „Wenn du es also meinst. Bitte. Aber, klapp mir nicht zusammen unterwegs. Ich geh dann grade eben los, die Karre und den Spaten holen.“ Sowie Feo nur durch die Tür war, rutschte sie hastig aus dem Bett, tappte ihrem Zwang gehorchend hinüber zum Stuhl und hob den Teil des Lakens hoch, der den Kopf der Verstorbenen bedeckte. Spika fuhr zurück. Nein: So gerne sie sich selbst auch weisgemacht hatte, ihre Großmutter habe nicht zu sehr leiden müssen und sei am Ende mild und friedlich eingeschlafen – wenn man diese Züge sah, dann wußte man, daß es ganz und gar nicht so gewesen war. Schnell warf sie das Tuch wieder über. Als nächstes kauerte sie sich vor die Standuhr und suchte fieberhaft nach ihrem Spiegelbild in dem zernarbten Glas: Ihr war fast schlecht geworden in der Befürchtung, ihr eigenes Gesicht könne ein jüngeres Gegenstück sein zu... Aber nein. Sie war nicht bleicher als der Tod, sondern, wie es schien, bloß ein wenig gelb; so, wie es Feo bereits festgestellt hatte. Zudem war ihre Haut an Stirn und Wangen von jenen Giften aufgeschwemmt – ein runder, gelblicher Mond, den sie zwischen ihren Schultern trug. Doch beides würde – beides mußte bald wieder verschwinden. Ob sie sich danach nun fühlte oder nicht, sie mußte dringend etwas trinken; tat sie es nicht, würde sie den bevorstehenden Marsch durch die Felder garantiert nicht überstehen. In der Küche: der Krug Brunnenwasser. Spika hatte ihn eben abgesetzt, da knickten ihre Knie unter ihr ein, und sie fand sich der Länge nach ausgestreckt auf den harten Fliesen wieder. Nicht, daß ihr etwa wieder schwarz geworden wäre; ihre Beine hatten nur jegliche Kraft verloren. Wenn Feo sie so liegen sah, dann würde er ihr nie 61 Ende der Leseprobe von: Zirrus Henrik A. Koralewski Hat Ihnen die Leseprobe gefallen? Das komplette Buch können Sie bestellen unter: http://epub.li/1SNAPJe
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