Im Osten was Neues? Das Bild Polens und Russlands in Deutschland 2013 Jacek Kucharczyk Agnieszka Łada Cornelius Ochmann Łukasz Wenerski Im Osten was Neues? Das Bild Polens und Russlands in Deutschland 2013 Auszüge und Zusammenfassung der Studie „Im Osten was Neues? Das Bild Polens und Russlands in Deutschland“ von J. Kucharczyk, A. Łada, C. Ochmann und Ł. Wenerski, die beim Institut für Öffentliche Angelegenheiten in Warschau im Sommer 2013 erscheinen wird. Inhalt Überblick 3 Auszüge aus der Studie 1. Sehr positive Beurteilung der deutsch-polnischen Beziehungen 4 2. Gemischte Gefühle bezüglich der deutsch-russischen Beziehungen 4 3. Kooperation im Vordergrund 5 4. Assoziationen mit Polen 7 5. Assoziationen mit Russland 7 6. Polen und Russen weit hinter den westlichen Gesellschaften 7 7. Akzeptanz in gesellschaftlichen Rollen 8 Fazit und Folgerungen 1 Persönliche Kontakte helfen – Ostdeutsche positiver eingestellt 11 Allgemeine Schlussfolgerungen 11 Informationen zur Umfrage 12 Impressum 12 Im Osten was Neues? Das Institut für Öffentliche Angelegenheiten (Instytut Spraw Publicznych) www.isp.org.pl Das Institut für Öffentliche Angelegenheiten (ISP) ist einer der führenden Think Tanks in Polen und seit 1995 als unabhängiges Zentrum für Forschungen und Analysen tätig. Durch vielfältige Untersuchungen, Gutachten und Empfehlungen zu grundlegenden Fragen des öffentlichen Lebens steht das ISP im Dienst von Staat, Gesellschaft und Bürger. Das ISP kooperiert dabei eng mit zahlreichen Experten und Forschern wissenschaftlicher Einrichtungen aus dem In- und Ausland. Die Ergebnisse der Forschungsprojekte werden auf Konferenzen und Seminaren vorgestellt, aber auch in Form von einschlägigen Buchpublikationen, Berichten und Policy Papers unter polnischen und ausländischen Parlamentariern, Regierungsmitgliedern und Angehörigen der Staats-, Kommunal- und EU-Verwaltung, in akademischen Kreisen sowie unter Journalisten und Repräsentanten von NGOs verbreitet. Bertelsmann Stiftung www.bertelsmann-stiftung.de Die Bertelsmann Stiftung engagiert sich in der Tradition ihres Gründers Reinhard Mohn (gest. 2009) für das Gemeinwohl. Die Werte Freiheit, Solidarität, Menschlichkeit und der Glaube an den Wettbewerb bilden das Fundament der Stiftungsarbeit. Die Bertelsmann Stiftung ist unabhängig und parteipolitisch neutral. Eines der wichtigsten Ziele der Stiftung ist die Förderung der internationalen Verständigung und der Beitrag zur Gesellschaftsreform. Das kann sie nur erfüllen, wenn sie sich selbst in einem ständigen Dialog mit allen gesellschaftlichen Stakeholdern befindet. Partner der Bertelsmann Stiftung sind beispielsweise Entscheidungsträger in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, öffentliche und wissenschaftliche Institutionen oder andere Stiftungen. In besonderem Maße führen wir den aktiven Austausch mit Vertretern anderer Kulturen und anderer gesellschaftlicher Systeme. 2 Im Osten was Neues? Überblick Die wichtigsten östlichen Nachbarn sind in Deutschland kaum bekannt. Fast ein Vierteljahrhundert nach dem Zusammenbruch des „sowjetischen Machtbereiches“ benutzen wir Begriffe wie „ehemaliger Ostblock“ oder „Osteuropa“ wie selbstverständlich als Bezeichnung für alle östlichen Nachbarn Deutschlands. Die Bilder welche die beiden größten Nachbarn - Polen und Russland im vereinigten Deutschland projizieren, unterscheiden sich jedoch deutlich voneinander. In den letzten Jahren haben sich die deutsch-polnischen Beziehungen auf unterschiedlichen Ebenen intensiv entwickelt. Eng sind die Beziehungen auf der internationalen Ebene. In der Europäischen Union stehen Berlin und Warschau häufig auf einer Seite, was die Entscheidungsfindung angeht. Polens Rolle in der Europäischen Union wächst, obwohl es noch nicht zur Eurozone gehört, die stabile wirtschaftliche Situation (im Vergleich zu anderen EU-Mitgliedsstaaten) wird positiv betrachtet, und die polnische Ratspräsidentschaft innerhalb der Europäischen Union im Jahre 2011 war sehr erfolgreich. Langjährige Ängste vor einem Ansturm polnischer Arbeiter in Deutschland haben sich nicht bewahrheitet – sie sind heute eine gefragte Arbeitskraft, nicht nur in der Landwirtschaft oder im Bausektor. Hinzu kommt die gute Beurteilung Polens als Ausrichter der Fußball-Europameisterschaft 2012. All dies hat zur Folge, dass die deutschen Eliten sich immer positiver über Polen äußern. Die berühmte „polnische Wirtschaft” steht für die Wirtschaftseliten schon lange nicht mehr symbolisch für „Durcheinander, höchste Unwirtschaftlichkeit, Fehlen jeglicher Planung und Schmutz“, sondern vielmehr ist sie zu einem Synonym für Wirtschaftsaufschwung und erfolgreiche Reformen geworden. Die deutschen Medien führen häufig Wirtschaftsdaten an, die die gute Entwicklung des östlichen Nachbarn belegen; in weiteren Umfragen bezeichnen deutsche Unternehmer den polnischen Markt als sehr attraktiv für Investitionen. Nach Jahren der Annäherung, in denen das deutsch-polnische Netz ständig wuchs, hat auch die Bevölkerung allerlei Möglichkeiten gehabt, negative Urteile über den Nachbarn im Osten einer Überprüfung zu unterziehen, die sich nicht über Jahrzehnte sondern über Jahrhunderte in Deutschland etablierten. Daher scheint alles auf dem allerbesten Weg zu sein, dass nicht nur Experten und Unternehmer, sondern auch alle anderen Bürger den Nachbarn im Osten entschieden positiver einschätzten. Wie die Umfrage zeigt, läuft dieser Prozess nicht ganz so automatisch ab. Tatsächlich ist der Blick auf Polen, welcher in dieser Publikation vorgestellt wird, eher positiv. Doch hat er sich in den vergangenen Jahren nicht so stark verbessert, wie es in den politischen und wirtschaftlichen Eliten in Deutschland geschehen ist. Das große Unwissen der Deutschen über Polen ist noch immer auffällig. Gewöhnlich ist dies auch der Nährboden für Stereotype und unreflektiertes Wiederholen von den in der Vergangenheit vernommenen Ansichten, vor allem der negativen. Auch die durchweg positivere Bewertung der westlichen Staaten und deren Bevölkerungen sticht ins Auge – auf der Sympathieskala oder bei der angemessenen Zusammenarbeit bleibt Polen weit hinter Holland oder Frankreich zurück. Das Bild Russlands in Deutschland gestaltet sich anders. Nach Jahren der positiven Einstellung gegenüber dem wichtigsten Nachfolgestaat der Sowjetunion scheint die Bevölkerung kritischer auf Russland zu schauen. Die Rückkehr Vladimir Putins in den Kreml und die damit verbundene Verschärfung der innenpolitischen Auseinandersetzung enttäuschte die Deutschen. Die Hoffnungen, die mit Dmitrij Medvedev als Russlands Präsidenten verbunden waren, blieben unerfüllt. Seine Modernisierungsrhetorik nahm zunächst die deutschen Eliten einschließlich Kanzlerin Angela Merkel für ihn ein. Man hoffte auf eine Vertiefung der Reformen in der russischen Gesellschaft und Wirtschaft. Diese Hoffnungen bleiben unerfüllt. Neben der positiven Entwicklung der Handelsbeziehungen und des wachsenden deutschen Exports nach Russland, nimmt die kritische Haltung der Eliten und eines großen Teils der deutschen Gesellschaft gegenüber Russland zu. Die Resolution des Deutschen Bundestages vom November 2012, welche die Einschränkung der Bürgerrechte in Russland scharf kritisierte, und der kühle Empfang des Präsidenten Vladimir Putin durch die Bundeskanzlerin auf der Hannover Messe im April 2013 geben die Veränderungen wieder, die sich in der Beziehung der deutschen Eliten gegenüber Russland vollziehen. Die vorliegende Umfrage unter Deutschen zeigt, dass die Haltung des Durchschnittbürgers zum Land Russland sehr kritisch ist, und dass das Bild der Russen als Gesellschaft kaum besser ist. 3 Im Osten was Neues? 1. Sehr positive Beurteilung der deutsch-polnischen Beziehungen Die Deutschen beurteilen die deutsch-polnischen Beziehungen als sehr gut. Zum ersten Mal ist die Zahl der positiven Antworten so hoch und beträgt 70%. Das Ergebnis ist auch zum ersten Mal den polnischen Antworten aus der gleichen Zeit sehr ähnlich (73% der Polen schätzen die Beziehungen positiv ein). Wie sind Ihrer Meinung nach die gegenwärtigen Beziehungen zwischen Deutschland und Polen? Angaben in % 14 3 26 54 Sehr gut 3 2000 Eher gut 13 2 25 56 Eher schlecht 4 2006 Sehr schlecht 16 3 32 46 Schwer zu sagen 2 2008 11 1 18 6 64 2013 Quelle: Bertelsmann Stiftung / Institut für Öffentliche Angelegenheiten Diese Ergebnisse weisen darauf hin, dass die Bevölkerung sich dessen bewusst ist, dass sich die Beziehungen zwischen Berlin und Warschau deutlich verbessert haben. 2. Gemischte Gefühle bezüglich der deutsch-russischen Beziehungen Die Beurteilung der deutsch-russischen Beziehungen ist sehr gemischt. Fast die Hälfte der Befragten beurteilt sie positiv (47%), nur ein bisschen weniger als negativ (42%). Wie sind Ihrer Meinung nach die gegenwärtigen Beziehungen zwischen Deutschland und Russland? Angaben in % Sehr gut Eher gut Eher schlecht 11 2 40 45 2 2013 Sehr schlecht Schwer zu sagen Quelle: Bertelsmann Stiftung / Institut für Öffentliche Angelegenheiten Die Untersuchung zeigt eine sehr positive Einschätzung des gegenseitigen Beziehungen im deutschpolnischen Verhältnis, das kaum noch übertroffen werden kann. Im deutsch-russischen Verhältnis kann dies nicht gesagt werden, obwohl hier wahrscheinlich wegen der innenpolitischen Auseinandersetzung in Russland die momentane Aufnahme sehr kritisch ausfällt. Die öffentliche Meinung reagiert mit diesen Beurteilungen auf die komplizierte Situation in den bilateralen Kontakten. Einerseits, politisch, sind sie auf der Regierungsebene sehr angespannt. Andererseits, wirtschaftlich, sind sie sehr wichtig und entwickeln sich weiter. 4 Im Osten was Neues? 3. Kooperation im Vordergrund Polen wird von den Deutschen als ein wichtiger politischer Partner gesehen. 59% von ihnen meinen, Deutschland soll sich in den Beziehungen mit Polen in erster Linie auf Kooperation und das Erreichen von Kompromissen konzentrieren. Bezüglich der Beziehungen zu Russland ist die Gesellschaft gespalten – die Gruppe, die auf Zusammenarbeit setzt, ist fast genauso groß (48%), wie die Gruppe, die die Verteidigung der deutschen Interessen einfordert (43%). Deutschland sollte in seinen Beziehungen mit Polen / Russland in erster Linie… Angaben von 2013, in % auf die starke Verteidigung seiner eigenen Interessen ausgerichtet sein. 32 59 48 PL 9 43 RU Schwer zu sagen 9 auf die Kooperation und das Erreichen von Kompromissen ausgerichtet sein. Quelle: Bertelsmann Stiftung / Institut für Öffentliche Angelegenheiten Eindeutig zeigt sich bei den Deutschen das Gefühl des „gemeinsamen Interesses” mit Polen und der gemeinsamen Zugehörigkeit zur EU. Im deutsch-russischen Verhältnis sind die Völker nicht so weit. Obwohl auch hier Kooperation und Kompromiss im Vordergrund stehen. 5 Im Osten was Neues? Assoziationen mit Polen und Russland Angaben in % ALLTAGSLEBEN, DARUNTER ARBEIT POLEN Saisonarbeiter aus Polen 1% viele arbeiten in Deutschland 1% polnische Pflegekräfte 1% Zuwanderer 1% Schwarzarbeit 1% Gute Arbeiter 1% Arbeitslosigkeit 0,5% gute Sportler / Fußballspieler 2% Autodiebstahl 7% Diebstahl / Diebe 5% Kriminalität 2,5% Tierquäler 1% Korruption 0,5% billiges Einkaufen 4% Polenmärkte 2,5% Niedriglohnland 2% schöne Frauen 1% schlechter Ruf 1% Zigaretten 1% Alkohol 2% Wodka 1% Wirtschaftsaufschwung 0,5% Sperrmüllsammler 0,5% 40 TOURISMUS, KULTUR schönes Land / schöne Orte 2% billiger Urlaub 1% Urlaubsland 1% gutes Essen 2% fremde Sprache 1% fremde Kultur 1% großes Land 0,5% Warschau 3% Land an der Ostsee 3% Masuren 1% Krakau 0,5% Schlesien 0,5% Danzig 0,5% schöne Landschaft 3% RUSSLAND 20 ALLTAGSLEBEN, DARUNTER ARBEIT SITUATION IN POLEN Armut / armes Land 3% schlechte Wirtschaftslage 1% Unordnung 0,5% Wirtschaftswachstum 2% viel Landwirtschaft 0,5% GEGENSEITIGE BEZIEHUNGEN / POLITIK 24 7 EU-Land 3% Grenzen / Offene Grenzen 1% Nachbarland 1% gute Nachbarn 1% GEGENSEITIGE BEZIEHUNGEN / POLITIK 6 23 CHARAKTEREIGENSCHAFTEN freundliche Menschen 3% Gastfreundlichkeit 1% modern 0,5 % gesellig 1% faule Menschen 0,5% 6 TOURISMUS, KULTUR GESCHICHTE Auschwitz 0,5% Lech Wałęsa 0,5% Solidarność 0,5% Ostblockland 2% Zweiter Weltkrieg 1% ehemalig deutsch 1% Geschichte allgemein 0,5% 22 6 RELIGION Papst 3% fromme Katholiken 1% SITUATION IN RUSSLAND 4 10 PERSÖNLICHE KONTAKTE komme selbst aus Polen, habe Familie, Freunde in Polen 2% 2 armes Land 3% Geld / Reichtum / viele Reiche 3% Armut und Reichtum 2% reich an Bodenschätzen/Rohstoffe 1% viele Millionäre 0,5% viele Völker 0,5% CHARAKTEREIGENSCHAFTEN laute Menschen 2% arrogant 0,5% Freundliche Menschen 2% gesellig 1% hilfsbereit 1% Gastfreundlichkeit 0,5% 7 SONSTIGE 9 GESCHICHTE 6 Krieg 2% Gorbatschow 1,5% Stalin 0,5% Lenin 0,5% SONSTIGE 9 Quelle: Bertelsmann Stiftung / Institut für Öffentliche Angelegenheiten ehemalige Sowjetunion 0,5% Eiserner Vorhang 0,5% Zar 0,5% Wodka 12 Alkohol / trinken viel Alkohol 4% Korruption 4% Kriminalität 1,5% Gewalt 1% Mafia 1% Schöne Frauen 0,5% Kaviar 0,5% gute Küche 0,5% Krimsekt 0,5% Moskau 3% Roter Platz 0,5% St. Petersburg 0,5% Wolga 0,5% Kälte/ kaltes Land 5% Sibirien 1,5% Pelz / Pelzmützen 0,5% Kultur 1,5% Musik 0,5% weites Land 5,5% schönes Land / schöne Orte / Sehenswürdigkeiten 0,5% schöne Natur 0,5% Transsibirische Eisenbahn 0,5% Putin 5% Diktatur 3% Kreml 2% Unterdrückung 2% Macht 1,5% Menschenrechtsverletzungen 1% keine Demokratie 1% politisch schwierig / Unruhen 1% Weltmacht 0,5% Pussy Riot, Verurteilung der Mädchengruppe 0,5% Erdgas / Erdgaslieferungen 2% Ölvorkommen 1% Kommunismus 1% Schlechter Ruf 1% fremde Sprache 0,5% 4. Assoziationen mit Polen Polen und seine Bevölkerung wird vom deutschen Bürger hauptsächlich mit Situationen aus dem Alltag assoziiert, darunter mit der Arbeit (40% aller Assoziationen). Diese Tendenz verstetigt sich seit Jahren. Ein Großteil der Assoziationen bezieht sich auf Kriminalität (14,5%). Mit Diebstahl werden die Polen eher in Westdeutschland assoziiert, was darauf hindeutet, dass es sich hier um Stereotype handelt, die in den neunziger Jahren von den deutschen Medien verbreitet wurden. Die Ostdeutschen dagegen, die vor allem in den Grenzregionen von den Diebstählen betroffen sind, erwähnen die Möglichkeit des billigen Einkaufens in Polen. Die Deutschen betonen auch die Professionalität polnischer Arbeiter (gute Arbeiter/gute Handwerker) wie auch die Tatsache, dass die Leistungen der Arbeiter aus Polen billiger sind. Eine wachsende assoziative Gruppe stellen die Landschaft, die Regionen und die Städte in Polen dar. Historische Assoziationen mit Polen spielen für die Deutschen eine untergeordnete Rolle. Siehe Grafik Assoziationen mit Polen und Russland. Die aufgelisteten Assoziationen deuteten darauf hin, dass der Stereotyp „Pole – Dieb” in der deutschen Gesellschaft immer noch weit verbreitet ist. Er wird allerdings durch die Medienberichterstattung über die Diebstähle in den Grenzregionen, wo nach der Beseitigung der Grenzkontrollen die Kriminalität stark zugenommen hat, noch verstärkt. Die Kooperation zwischen der polnischen und deutschen Polizei liefert erste Ergebnisse, die Bevölkerung bleibt allerdings verunsichert. 5. Assoziationen mit Russland Russland wird von den Deutschen hauptsächlich mit Unzulänglichkeiten einer gelenkten Demokratie und mit Alkohol assoziiert. Siehe Grafik Assoziationen mit Polen und Russland. 6. Polen und Russen weit hinter den westlichen Gesellschaften Aus sieben Bevölkerungsgruppen, nach denen in den Untersuchungen gefragt wurde, empfinden die Deutschen am meisten Sympathie für die Holländer (55%) und die Franzosen (50%). In der weiteren Reihenfolge stehen die Amerikaner (43%) und die Briten (37%). Den Polen bringen etwa ein Viertel der Deutschen Sympathie entgegen, womit diese auf dem sechsten Platz, dem vorletzten vor Russland (15%) aber hinter den Griechen (34%) rangieren. Der Stand der Sympathie der Deutschen gegenüber den Polen schwankte über Jahre hinweg nur unbedeutend, meistens bewegte er sich um die mittleren Werte (auf der Skala von 1 – Sympathie bis 5 – Abneigung) von 2,9 in den Jahren 2000 und 2008, über 3,2 im Jahr 2006 auf aktuell 3,0. Russland ist aktuell bei 3,5 Punkten platziert. Siehe Grafik auf der nächsten Seite. 7 Im Osten was Neues? Wie ist Ihr Verhältnis zu folgenden Gesellschaften? 5 Abneigung 4 3 2 Sympathie 1 Niederländer Franzosen Amerikaner Briten Griechen Polen Russen Durchschnitt Deutschland gesamt Durchschnitt Bundesländer West Durchschnitt Bundesländer Ost Quelle: Bertelsmann Stiftung / Institut für Öffentliche Angelegenheiten Die Sympathie der Deutschen gilt weiterhin dem Westen. Die Aussöhnungsprozesse mit den Niederländern und Franzosen sind abgeschlossen. Auch die Amerikaner und die Briten gehören zum „westlichen“ Kulturkreis. Der „Süden“ verdient noch nicht diese Aufmerksamkeit und der „Osten“ bleibt weiterhin der unbekannteste Teil der Nachbarschaft der Deutschen. 7. Akzeptanz in gesellschaftlichen Rollen Die Akzeptanz den Polen gegenüber dominiert in allen untersuchten gesellschaftlichen Rollen deutlich über ihre Ablehnung. Allgemein haben 61% der Deutschen keine Vorbehalte gegenüber Polen in unterschiedlichen gesellschaftlichen Rollen. Am liebsten sehen die Deutschen einen Polen als Arbeitskollegen (79%), Nachbarn (77%) oder als Einwohner in Deutschland (74%). Unter den Befragten haben 62% der Deutschen nichts dagegen, wenn ein Pole die deutsche Staatsbürgerschaft erhält. Eine geringere Akzeptanz bezieht sich auf gesellschaftliche Rollen, die mit mehr Nähe verbunden sind, wie Freund (57%) oder Schwiegersohn/Schwiegertochter (49%) sowie mit Unterordnung unter einen polnischen Chef (53%). 8 Im Osten was Neues? Würden Sie einen Polen / einen Russen in folgenden Rollen akzeptieren? Angaben in % 65 RU 2013 PL 2013 Arbeitskollege 79 60 Nachbar 77 59 Einwohner 47 Staatsbürger 62 41 Freund 57 38 Chef Schwiegersohn/ -tochter 53 33 0 74 49 30 60 90 Quelle: Bertelsmann Stiftung / Institut für Öffentliche Angelegenheiten Die gleiche Reihenfolge der Akzeptanz der Polen bezogen auf unterschiedliche gesellschaftliche Rollen gilt auch im Fall der Russen. Hier sind die Werte allerdings durchgehend deutlich um etwa 14 - 17% niedriger. Der Anteil der positiven Antworten auf die Frage nach der Akzeptanz der Polen in gesellschaftlichen Rollen ist allerdings in den letzten Jahren in vielen Fällen gesunken. Die sinkende Akzeptanz ist allerdings nicht mit einem starken Anstieg der Anteile negativer Antworten verbunden, sondern mit der gestiegenen Häufigkeit der Antwort „schwer zu sagen“. Würden Sie einen Polen in folgenden Rollen akzeptieren? Angaben in % 79 2013 2008 2000 Arbeitskollege 77 Nachbar 70 Einwohner 62 Staatsbürger 45 57 Freund 53 52 49 Schwiegersohn / -tochter 48 30 65 64 54 Chef 82 74 75 59 0 84 76 57 57 60 90 Quelle: Bertelsmann Stiftung / Institut für Öffentliche Angelegenheiten Die Deutschen würden Polen in allen gesellschaftlichen Rollen mehr akzeptieren als nicht akzeptieren. Die in manchen Fällen gesunkenen Werte im Vergleich zu Untersuchungen aus der Vergangenheit deuten darauf hin, dass der Annäherungsprozess nicht ohne Probleme verläuft. 9 Im Osten was Neues? Die Wahrnehmung der Charaktereigenschaften der Polen hat seit 2006 eine entschiedene Verbesserung erfahren. Heute meinen die Deutschen viel öfter, dass die Polen freundlich (Anstieg um 33 Prozentpunkte), unternehmerisch (plus 15 Prozentpunkte), gebildet (plus 14 Prozentpunkte), modern (plus 8 Prozentpunkte) oder religiös (plus 7 Prozentpunkte) sind. Die Verbesserung ist jedoch fast bei jedem Merkmal zu sehen. Deutlich weniger Deutsche als im Jahr 2006 empfinden die Polen heute als rückständig, schlecht organisiert, verantwortungslos, intolerant, passiv-abwartend, oder unfreundlich. Wie charakterisieren Sie den typischen Polen? Zusammenstellung von positiven Merkmalen aus den Jahren 2000, 2006 und 2013 Angaben in % 2013 2006 2000 religiös 68 freundlich 59 26 39 unternehmerisch fleißig 34 26 21 33 19 26 verantwortungsbewusst 29 28 gut organisiert 28 29 k.A. k.A. 19 25 23 30 24 k.A. 24 19 0 32 27 diszipliniert ehrlich 43 36 31 27 gebildet ordentlich 38 30 modern effektiv 48 33 33 tolerant 75 73 20 22 21 40 60 80 Quelle: Bertelsmann Stiftung / Institut für Öffentliche Angelegenheiten Die positive Veränderung zeigt, dass die Deutschen die Entwicklungsprozesse in Polen – vor allem das Wirtschaftswachstum – bemerkt haben. In anderen Bereichen dagegen verläuft die Annäherung noch schleppend. Die Aufmerksamkeit der Medien gilt nicht nur in diesem Fall negativen Erscheinungen. Positive Entwicklungen werden mit Verspätung wahrgenommen. 10 Im Osten was Neues? Persönliche Kontakte helfen – Ostdeutsche positiver eingestellt In der ganzen Studie sind einige Tendenzen zu beobachten: • Die Personen, die in Polen nach dem Jahr 1989 waren oder Kontakte mit den in Deutschland lebenden Polen haben, zeigen ein deutlich besseres Verhältnis zu Polen als jene, die keine persönliche Beziehung zu Polen haben. Es zeigt sich wie wichtig es für die Verbesserung der Wahrnehmung ist, dass immer mehr Polen und Deutsche, in Kontakt treten. So liegen beispielsweise die Sympathiewerte bei der gesamten Befragtengruppe bei 3,0 (in der Skala von 1 - Sympathie bis 5 - Abneigung). Bei den Deutschen, die schon mehrmals in Polen bereits bei 2,4 und bei 2,0 bei jenen, die regelmäßig dorthin reisen. Die Personen, die in den letzten Jahren in Polen waren, beurteilen auch die deutsch-polnischen Beziehungen viel besser (86% zu 65% von jenen, die nie in Polen waren). Die Personen, die Polen nach 1989 besucht haben schätzen die Kooperation mit Warschau höher ein (2,1) als diejenigen die nicht in Polen waren (2,7). • Einwohner von den östlichen Bundesländern haben ein besseres Bild von Polen als die Westdeutschen. Zum Beispiel in der Beurteilung der Ostdeutschen überholen die Polen (Mittelwert 2,9 in der Skala von 1 bis 5) in der Sympathieskala die Griechen (3,0) und Amerikaner (2,9), während sie in der gesamtdeutschen Bevölkerung hinter diesen Gesellschaften rangieren. Die Ostdeutschen sehen auch die polnischen Merkmale positiver. Sie beurteilen den Stand der deutsch-polnischen Beziehungen (81% der Ostdeutschen und 67% der Westdeutschen) ebenfalls positiver. Allgemeine Schlussfolgerungen und Empfehlungen • Das Bild von Polen und Russland in Deutschland unterscheidet sich eindeutig. Polen und seine Bevölkerung werden positiver wahrgenommen. Die Deutschen bewerten den Mangel an Demokratie in Russland sehr streng und verhalten sich distanziert seiner Gesellschaft gegenüber. Der Hauptunterschied ist darauf zurückzuführen, dass Polen zur Europäischen Union gehört, was das Spektrum der Handlungsmöglichkeiten erweitert, aber gleichzeitig häufig auch die Herausforderungen vergrößert. • Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass die entschiedene Verbesserung des deutschen Polenbildes in den letzten Jahren ein Mythos ist. Die Sicht der deutschen Eliten auf Polen ist positiv, aber in der Gesellschaft herrschen noch immer Stereotype vor, zum Beispiel das Bild des Polen als Autodieb. Wenn man allerdings berücksichtigt, wie verbreitet die antipolnische Rhetorik in Deutschland jahrelang gewesen ist, sind dennoch große Fortschritte sowie positive Tendenzen zu bemerken. • Sehr gut fallen die Antworten auf die Fragen nach der Politik aus. Die deutsch-polnischen Beziehungen haben die beste Beurteilung seit Jahren bekommen, was den realen Stand der Beziehungen widerspiegelt, welche also in der Tat als sehr gut bezeichnet werden können. Die Bevölkerung nimmt die Veränderungen wahr, welche in Polen und in den deutsch-polnischen Beziehungen stattfinden. Diese positive Beurteilung der deutsch-polnischen politischen Beziehungen – Gemeinsamkeiten in der EU – sind ein Kapital für die Zukunft Europas. • Die sehr negativen, antipolnischen Stereotypen, die seit dem 18.Jh. in Deutschland herrschen wurden im Großen und Ganzen überwunden – es bleibt aber immer noch viel zu tun. • Russland liefert kein gutes Bild ab, es dominieren die negativen Schlagzeilen der letzten Jahre, insbesondere die negativen Schlagzeilen aus Russland selbst. 11 Im Osten was Neues? • Alle Ergebnisse machen deutlich, dass der unmittelbare Kontakt mit den Polen und ihrem Land ihr Bild und die Einstellung der Deutschen entschieden verbessert. Die Verbesserung der Beurteilung der Charaktereigenschaften, die einem durchschnittlichen Polen zugeschrieben werden, zeigt ebenfalls, dass die Polen als Menschen immer positiver wahrgenommen werden. Dies trägt die klare Botschaft, dass man nie genug in gegenseitige Beziehungen investieren kann, ob dies in der Form von Jugendaustausch, Städtepartnerschaften, Wirtschaftskontakten oder Touristenbesuchen geschieht. • Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen deutlich den enormen Einfluss des Fernsehens und der Presse auf den Wissensstand der Befragten. Dies bedeutet eine ungeheure Verantwortung der Journalisten, deren Berichte das Bild des Landes, über das sie schreiben und sprechen, sehr stark prägen. • Die deutschen Eliten sollen nicht davon ausgehen, dass das positive Bild von Polen, das sie selbst haben, von der breiten Bevölkerung geteilt wird. Die Untersuchungen zeigen deutlich, dass dies nicht der Fall ist. Daher stehen die deutschen meinungsbildenden Schichten vor der Herausforderung, Stereotypen zu erklären und abzubauen, sowie ein positives Bild vom Nachbarn im Osten zu befördern. Dies sollte während politischer Ansprachen geschehen, bei denen Polen als wichtiger Partner hervorgehoben wird. Es sollten deutsch-polnische Projekte initiiert und weit verbreitete, unwahre oder veraltete Überzeugungen durch Fakten und statistische Daten beseitigt werden. 12 Im Osten was Neues? Informationen zu der Umfrage Die Feldstudie 2013 wurde vom 8. bis 15. März 2013 im Auftrag der Bertelsmann Stiftung durch die TNS EMNID durchgeführt. Befragt wurde eine repräsentative Gruppe von 1.045 deutschen Bürgern im Alter von über 14 Jahren. Die Daten von den Jahren 2000, 2006 und 2008 kommen aus den Untersuchungen des Instituts für Öffentliche Angelegenheiten durchgeführt in Deutschland durch TNS EMNID. Gesamte Studie Im Osten was Neues? Das Bild Polens und Russlands in Deutschland 2013 ISBN: 978-83-7689-134-7 Impressum © 2013 Bertelsmann Stiftung Im Osten was Neues? Das Bild Polens und Russlands in Deutschland 2013 Jacek Kucharczyk, Agnieszka Łada, Cornelius Ochmann, Łukasz Wenerski Juni 2013 Bertelsmann Stiftung Carl Bertelsmann Straße 256 D-33311 Gütersloh www.bertelsmann-stiftung.de Cornelius Ochmann [email protected] Telefon +49 5241 81 81198 Institut für Öffentliche Angelegenheiten (Instytut Spraw Publicznych) Agnieszka Łada [email protected] Telefon +48 22 556 42 88 Design: Lucid, Berlin 13 Im Osten was Neues?
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