PDF-Download - Katholische Kirche beim hr

Doris Meyer-Ahlen
hr1-Zusprüche
Mittwoch, 13.04.2016
Grenzen
In diesen Wochen höre ich immer wieder das Wort „Grenzen“. Grenzen werden
häufig zum Thema gemacht: Es wird über Obergrenzen diskutiert, die die Zahl in
unserem Land ankommender Flüchtlinge begrenzen soll; Grenzen werden
geschlossen und gesichert, es gibt mancherorts wieder Grenzkontrollen. Wir denken
neu nach über die Grenzen Europas - ganz konkret, aber auch im Sinn der Identität
Europas, die neu zur Debatte steht.
Die Erfahrung von Grenzen und Begrenzungen gibt es auch in meinem persönlichen
Alltag. Grenzerfahrungen gehören zum Leben dazu. Die Spannbreite ist dabei sehr
groß: beginnend mit einer Aufgabe, die unmöglich zu erledigen ist und so als
Begrenzung empfunden werden kann, bis hin zu existenziellen Fragen wie Krankheit,
Behinderungen und Tod eines nahestehenden Menschen, sehen sich Menschen,
sehe ich mich mit Grenzerfahrungen konfrontiert. Es bedarf daher eines guten
Umgangs mit Grenzen.
Vielleicht kann ja diese Zeit nach Ostern auch eine Zeit sein, in der ich mir eigene
Grenzen und Grenzziehungen – bewusste und unbewusste – vor Augen führe und
darüber nachdenke. Denn mit der Auferstehung Jesu, die Christen Ostern gefeiert
haben, ist auch die existentiellste, die bedeutsamste Grenze menschlichen Lebens,
der Tod, aufgebrochen und überwunden. Als Christin glaube ich, dass mein Leben
auch über den Tod hinaus eine Bedeutung hat und aufgehoben ist. Dieser Glaube
ermutigt und stärkt mich, darüber nachzudenken, wo kann ich mein Leben
grenzenloser gestalten kann? Wo ist eine größere Offenheit für andere Menschen
möglich, auch für diejenigen, die Hilfe und Unterstützung suchen? Aber auch die
Frage danach ist wichtig, wo ich mir wünsche, dass Grenzen beachtet und
respektiert werden, um Leben zu gestalten und manches auch erst zu ermöglichen?
Nach Ostern haben alle Grenzen, die das Miteinanderleben und das
Zueinanderfinden von Menschen einschränken, sowie alle Schranken, die
Zuwendung, Unterstützung und damit Hoffnung begrenzen, ihre Berechtigung
verloren. Grenzen darf es nur geben, um Leben und Liebe zu schützen.
Zum Nachhören als Podcast:
http://www.hr-online.de/website/radio/hr1/index.jsp?rubrik=19034