...und Heller schuf das Paradies D ie Luft ist wüstenklar und vor uns liegen zum Greifen nah die schneebedeckten Gipfel des Jbel Toubkal. Er ist einer der höchsten Berge Afrikas, und an seinen Hängen entspringt der Ourika- Fluss, der am Ende in der trockenen Wüste An keinem seiner vor Marrakesch versickert. Im Ourika-Tal liegt Projekte arbeitete André Heller jener magische Ort, wo schon an der Ein- so lange wie an diesem. Mit 69 und nach trittspforte in großen Lettern nicht weniger fünf Jahren Vorbereitung öffnet der Mann, als die Rückkehr ins Paradies versprochen wird: André Hellers Wundergarten Anima. Es der als Ö3-Disc-Jockey seine erstaunliche sind nur rund 30 Kilometer vom Jemna el Karriere begann, diese Woche seinen Fna, Marrakeschs berühmtem Platz der nächt- marokkanischen Wundergarten „Anima“ lichen Gaukler, Wahrsager, Schlangenbe- in Marrakesch. Erste Einblicke gewährt schwörer und Geschichtenerzähler, bis zu er exklusiv in der freizeit. Hellers jüngstem Künststück. Der Weg von karl riffert Erdköpfe aus Kamerun waren das Vorbild für FOTOS: ANIMA/STEFAN LIEWEHR diese Skulptur, deren Mund einen erfrischenden Wassernebel versprüht (gr. Bild). Ein Kunstwerk im Anima Garten, das André Heller (r.) selbst geschaffen hat 11 FOTOS: ANIMA/SUZY STÖCKL H E L L E R S M A R R A K E S C H Prächtiger Farbrausch: der Brunnen im Rosengarten Mensch oder Tier? Das Hähne- und Händetor zum islamischen Garten Eine drei Meter hohe Bronzeskulptur von Auguste Rondins Denker Farbsäulen, die den Blick auf die Picasso-Stele mit original Keramikarbeiten von Picasso freigeben H E L L E R S M A R R A K E S C H dorthin ist mit den Mühen der Ebene gepflastert. Die Fahrweise der Einheimischen ist – sagen wir – kreativ und wie in vielen Dritte-Welt-Ländern sind die staubigen Straßen von Plastikmüll gesäumt. Marrakesch, die seltsamste Stadt Marokkos, liegt in der Wüste auf einem riesigen unterirdischen Teich. Eine Oase mit intakter Stadtmauer und geschäftigem Souk, die sich zur Millionenmetropole entwickelt hat. Obwohl die Kolonialzeit längst von der Geschichte verweht wurde, ist die Geschäfts- und Verwaltungssprache bis heute Französisch. Und obwohl die Islamisten bei den letzten Wahlen auch in Marrakesch gewannen, lebt die Stadt großteils vom Tourismus. Insbesondere Franzosen und der Jetset lieben den orientalischen Oasen-Mythos von Marrakesch mit seinen engen Gässchen, Riads und Luxushotels. Vielleicht ist das Jetset-Leben in einer vorindustriellen Gesellschaft mit einer Analphabetenrate von 21 Prozent bei Männern und 42 Prozent bei Frauen besonders aufregend. Paris Hilton schmiss vor kurzem in der Designerherberge Selman, die sie für 48.000 Euro für eine Nacht mietete, eine wilde Party. Von Partypflänzchen abgesehen gedeihen in Marrakesch an die 180.000 wärmeliebende Pflanzen wie Bambus, Yuccapalmen, Papyrusstauden, Zypressen und abenteuerlich hohe Kakteen. Das alles vor einem atemberaubenden Gebirgsspektakel. Schnee, Palmen und die roten Stadtmauern von Marrakesch, was für ein Anblick! Ein Wunder, denn das Klima ist hart. Sehr hart. Im Sommer kann es bis zu 48 Grad heiß werden. Es ist dann staubig und trocken und man sehnt sich lechzend nach Schatten. Im Winter hingegen, wenn es schneit in den nahen Bergen des Hohen Atlas, strahlt die Kälte unbarmherzig bis in die vor knapp 1.000 Jahren gegründete Oasenstadt. Vor drei Jahren fielen die Temperaturen zuweilen nachts auf minus fünf Grad. Viele Pflanzen, von der Cocos Royale-Palme bis zur Bananenstaude, verabscheuen solche Kälte zutiefst. Die halbe Stunde bis zu einer versteckten Schotterstraßenabzweigung, die uns vor die Tore von Anima führt, bietet sich zum Grübeln an. Würden Sie fast Ihre gesamte Altersversorgung in die Hand nehmen, um in einem muslimischen, nordafrikanischen Land ein Grundstück von der Größe des Wiener Stadtparks zu erwerben? Würden Sie auf der Hälfte davon einen sündteuren Wundergarten errichten, der am schönsten nach Ihrem Tod sein wird und den einmal Millionen andere Menschen bewundern sollen? André Heller ist in seinem Leben oft abgebogen, wo die meisten von uns nur den Kopf schütteln würden. Diesmal nach Marrakesch. Sogar seinen geliebten „Giardino Botanico“ am Gardasee samt der herrlichen 800-Quadratmeter-Villa aus dem 19. Jahrhundert hat Franzi Heller, wie ihn seine 101 Jahre alte Mutter nennt, für sein aufwendiges Gartenprojekt in Marokko verscherbelt. Gekauft hat das italienische Anwesen der Wiener Immobilienspekulant Günter Kerbler für einen einstelligen Millionenbetrag. Heller bleibt allerdings Kurator und wird den Park in Gardone, den jährlich bis zu 40.000 Menschen besuchen, weiter betreuen. Vermutlich würden 99 von 100 Menschen davor zurückschrecken, zehn Millionen Euro in ein Projekt mit vielen Hindernissen in Marokko zu investieren. Soviel hat der Publikumsgarten samt einer architektonisch gelungenen, aus mehreren Gebäuden bestehenden Privatvilla mit Parkblick gekostet, die Hellers Lieblingsarchitektin Carmen Wiederin nebst anderen Anima-Gebäuden für ihn entworfen hat. Auf dem Grundstück des jetzigen Parks befand sich einst eine Rosenfarm. Dann wurde die Fläche zum steinharten, „Der Tod lauert immer, aber weil du nicht weißt, wann er kommt, erscheint dir das Leben unendlich ... und wir kommen zu dem Trugschluss, es sei ein unerschöpflicher Brunnen. Aber alles passiert nur etliche Male, eigentlich nur sehr wenige Male ... Wie oft wirst du noch den Vollmond aufgehen sehen? Vielleicht zwanzig Mal. Und doch scheint alles ewig und unbegrenzt.“ PAUL BOWLES, AUS „HIMMEL ÜBER DER WÜSTE“ Magischer Fernblick: Palmen André Heller mit und die schneebedeckten Berge einem Teil seiner des Hohen Atlas (gr. Bild). André Hellers Privatvilla (l.), FOTOS: ANIMA/STEFAN LIEWEHR die Besucher des Anima Gartens 14 nicht zu sehen bekommen vierzigköpfigen marokkanischen Brigade. Die Gärtner arbeiten für ein Salär von 220 Euro pro Monat aufwärts 15 H E L L E R S FOTOS: ANIMA/STEFAN LIEWEHR, ANIMA/SUZY STÖCKL Gartenkunst: Stele von Keith Haring neben einem riesigen Kaktus 16 M A R R A K E S C H versteppten Brachland und André Heller für 300.000 derum, der eigentlich als Geschäftsführer von Wien aus Euro zum Kauf angeboten. Der Marokko-Kenner wollte das Projekt überwachen sollte, wird zum eigentlichen feilschen wie die Händler im Souk der Medina und lehnte Realisateur von Anima. André Heller fährt mit ihm nach ab. Ein Fehler. Es fand sich ein anderer Käufer, der die Gardone, erklärt ihm, was für ihn in einem Garten wichtig Liegenschaft dann 2008 wieder an Heller abtrat: zum sei, welche Atmosphären entstehen sollen. vierfachen Preis. Eigentlich ist ein solcher ImmobilienDie Umsetzung von Anima ist schwieriger als gedacht, erwerb gar nicht möglich, denn die postkoloniale Gein Marokko mahlen die Mühlen langsam. Auf einen gusetzgebung verbietet Ausländern, Agrarland zu erwerten Internet-Anschluss von Maroc-Telecom warten die ben. Doch es gibt Ausnahmen für touristische GroßproAnima-Macher immer noch. Nichts ist hier selbstverjekte. Und Heller war – schon per Selbstdefinition – imständlich. Weiss: „Es gibt in Marokko zum Beispiel keine mer eine Ausnahme. großen Baumschulen wie bei uns, keinen Ort, wo man Trotz aller Widrigkeiten und obwohl dem Sohn des jühinfahren und sagen könnte: Geben sie mir drei Meter dischen Wiener Zuckerlfabrikanten Stephan Heller viele vom gelben Bambus und sechs Meter vom grünen und Freunde dringend abrieten, sein Vermögen in einem dann noch einen zweihundert Jahre alten Olivenbaum. muslimischen Land zu investieren, hat Heller seinen Also haben wir Pflanzenscouts eingesetzt, die mit FahrTraum vom selbst konzipierten Wundergarten unerrädern durch die Landschaft gefahren sind und für uns schrocken durchgezogen. „Ich weiß, dass Anima in fünfBäume gesucht haben.“ zigJahrenalsParadiesgartenabsoluteWeltgeltunghaben Gärten brauchen Zeit, viel Zeit, ehe sie ihre volle Schönwird. Hoffentlich dauert es kürzer“, wird Heller später heit entwickeln. Um einen spannenden Park zu schaffen, in seinem Atelier sagen. „Es gibt meines Wissens in ganz für den das Publikum auch Eintritt zahlen würde, musste Afrika keine vergleichbare Unternehmung nach 1945.“ man versuchen, „erwachsene“ Bäume und Pflanzen ausWir sind angekommen. Anima ist zugraben und ihnen bei Anima eine von einer 1,4 Kilometer langen neue Heimat anzubieten. Doch dieMauer umgeben und wirkt wie eise Form der Pflanzen-Migration erne verbotene Stadt. Ein marokkawies sich als schwierig. Um einen nischer Wächter öffnet gemächriesigen, mehr als fünf Meter holich das Tor zu Hellers privatem hen, wild verzweigten, aber sehr Teil des Wundergartens, der dem zerbrechlichen Kaktus aus dem Publikum verschlossen bleiben Garten einer Abbruch-Villa in Marwird. Der Mann, der uns emprakesch zu verpflanzen, mussten fängt, ist jener Wunderwuzzi, der die Anima-Macher erst ein MetallHellers Visionen seit fünf Jahren André Heller und Gregor Weiss, der gerüst über den stacheligen Riesen in die schwierige marokkanische die Visionen des Wiener Künstlers in stülpen – und das bis tief in die Marrakesch realisierte Wirklichkeit übersetzt hat: ein PoErde. „Große Washingtonia-Palmen litologe namens Gregor Weiss, der waren eine besondere Herausfornach Sibirien wollte, aber nach Marrakesch kam. derung“, erzählt Weiss. „Die sind bis zu 23 Meter lang. Weiss, der sowohl Französisch als auch Arabisch spricht, Ich mietete die größten Tieflader, die ich fand, und wir hat eine schwindelerregende Biografie für einen Mann hatten dennoch elfeinhalb Meter Überhang. Wir sind mit kaum vierzig Jahren. Er lebte in New York, fuhr mit nicht auf der Autobahn gefahren und wir waren bewusst einem 2CV nach Syrien und arbeitete dort 2007 ein nur nachts unterwegs.“ Jahr lang als Praktikant in der österreichischen Botschaft; Heller legt extremen Wert auf Qualität, und das geht er werkte als Filmemacher in Slums in Bangladesch und ins Geld. Eine einzige Washingtonia-Palme kostet 4.000 in Nairobi, und er realisierte für Francesca Habsburgs Euro. Doch der Mann, der einst sein ganzes Erbe in ein Thyssen-Bornemisza Art Contemporary „Morning Line“, wenig erfolgreiches Filmprojekt steckte, nur um bei das Flaggschiff für die Biennale in Sevilla. Dann nahm Burgschauspielerin Erika Pluhar zu punkten, und der sein Leben eine Wendung: „Ich hätte für eine Univerbei einem grandiosen Feuerwerksprojekt in Lissabon sum-Dokumentation nach Sibirien zum kältesten Ort sein gesamtes Geld buchstäblich verpulverte, hat viel der Welt fahren sollen, wo es im Winter minus 55 Grad dazugelernt. „Ich verstehe, dass ich mich an Budgets hat, als der Anruf aus Hellers Büro kam.“ halten muss“, sagt Heller. „Ich verstehe, dass man stets Wie entsteht ein Garten für zehn Millionen Euro und Preise vergleichen und auch herunterhandeln muss und warum ist er so teuer? „Wir haben sehr unorthodox genicht mit einer idiotischen Grandezza sagen darf: Was arbeitet“, sagt Weiss. „Wir standen auf einer G’stettn, verlangt wird, zahle ich. Ich bin kein Träumer. Ich bin wo absolut nichts war. Aber Heller ist jemand, der ein ein manischer Verwirklicher.“ unheimliches Vorstellungsvermögen hat.“ Ein französiZeitweise arbeiteten bis zu 120 Handwerker, Gärtner scher Landschaftsarchitekt, der Hellers Ideen umsetzen und Hilfskräfte an dem Projekt. Derzeit sind es noch sollte, wird nach zwei Monaten gefeuert. Seine Entwürfe vierzig Leute, zum größten Teil Bauernburschen aus sind zu eigenständig. Später wird ein spanischer Garder Umgebung, viele davon Analphabeten, die froh über tenarchitekt zugezogen, der auch für den Spielrasen einen sicheren Job sind. Alle seien vorbildlich sozial vervon Real Madrid verantwortlich ist. Gregor Weiss wiesichert, wird betont – in Marokko alles andere als selbst17 FOTOS: ANIMA/STEFAN LIEWEHR, ANIMA/SUZY STÖCKL H E L L E R S M A R R A K E S C H verständlich. Die Löhne scheinen für europäische metern mit Mosaiksteinchen aus Fès verkleidet. Augen kümmerlich. Der Mindestlohn in Marokko Jetzt ist das ein Signature von Anima, das es kein beträgt derzeit 220 Euro pro Monat und davon lezweites Mal in Marokko gibt.“ ben meist mehrere Menschen. Kann sich das Projekt Anima rechnen? Marrakesch Europäische und marokkanische Vorstellungen zählte zuletzt knapp 1,8 Millionen Touristen pro kollidierten zuweilen heftig. Palmendiebe offerierJahr. Erstaunlich ist, dass angesichts dieser Zahl ten Bäume für den Paradiesgarten, die nachts irgendunglaubliche 880.000 Besucher im Vorjahr in einen wo in einer Oase ausgerissen worden waren. Garten pilgerten, in den weltbekannten Jardin MajoTransporteure waren baff, wenn sie dafür gescholrelle, der in den 20er- und 30er-Jahren von dem ten wurden, dass sie von André Heller ausgesuchte französischen Maler Jacques Majorelle angelegt und Olivenbäume einfach abgeschnitten hatten, um sie 1980 von Modeschöpfer Yves Saint Laurent und auf einen billigeren Kleinlaster zu verfrachten. Und seinem Lebensgefährten Pierre Bergé gekauft Lieferanten verstanden nicht, warum Weiss keine wurde. Vielleicht liegt der Gartenerfolg daran, dass privaten Provisionen nehmen wollte. Wie kann man Marrakesch zwar voller Zauber und orientalischer nur so dumm sein und Bakschisch verweigern? Magie ist, aber eigentlich wenige klassische SehensBauern schüttelten den Kopf, weil sie nicht verstanwürdigkeiten hat. 150.000 Besucher pro Jahr wären den, dass es nicht um besonders ertragreiche, sonihm schon genug, sagt André Heller. Und mehr als dern um besonders schöne 500 Menschen dürfen Hellers Bäume ging. Garten nicht gleichzeitig betreDennoch: In fünf Jahren entten, weil es den Zauber von stand so ein dicht bepflanzter Anima zerstören würde. Garten, der in vielen Bereichen Das nicht unriskante Projekt die Anmutung eines fünfzig, startet in schwierigen Zeiten. sechzig Jahre alten Parks hat. Auch wenn die mörderischen Es scheint, als fühlten sich die islamistischen Anschläge in Pflanzen, die übrigens mehr Paris und Brüssel an die 2.500 unter dem winterlichen Frost Kilometer von Marrakesch entals unter der sommerlichen fernt sind, haben sie auf den Hitze leiden, recht wohl. VielTourismus im gesamten Maleicht auch weil André Heller ghreb verheerenden Einfluss. mit ihnen spricht: „Ich treibe Von Ägypten bis Tunesien das Geld auf, ich inszeniere rechnen die Tourismusexperdas Projekt, aber du musst ten 2016 mit Einbußen bis zu auch etwas zum Gelingen bei70 Prozent. Auch die 10,3 Miltragen“, sagt er. lionen Touristen, die 2015 an Die Besucher können an bis die sechs Milliarden Dollar Figuren mit Bronzeköpfen aus zu fünf Meter hohen beein- Benin, die alle Besucher nahe des nach Marokko spülten, werden druckenden Baumfarnen, an heuer sicher nicht mehr in dieEingangs willkommen heißen betörenden Strelitzien, an ser Zahl kommen. Die Hotels zwölf Palmenarten, an Bananenstauden, an vielen klagen über eine magere Auslastung von 45 Prozent Ficus-Arten und an rund 6.000 Rosenstöcken vorund weniger. Dies obwohl sich das Königreich Mabeiwandeln. Und es wäre kein Heller-Garten, würde rokko bislang als eine Insel der Stabilität im unruman nicht auch mit Kunstobjekten erfreut werden: higen Maghreb erweist. Mal stößt man auf einen Denker von Rodin, mal Doch à la longue könnte sich André Hellers Anima auf einen Eselsmann von André Heller oder ein maals jenes eine kühne Lebensprojekt erweisen, das gisches Spiegelhaus. Es gibt eine große Arche Noah den Multi-Media-Künstler-Manager auch noch in namens Hoffnung, die aussieht wie ein von Kinderzweihundert Jahren überleben wird – finanziellen hand gefertigtes Papierschiff. Und man trifft einen und politischen Risken zum Trotz. So wie das weltgewaltigen Erdkopf mit Rasta-Frisur, aus dessen weit größte Museum für moderne Kunst, die LonMund ein kühler Sprühregen erfrischt. Vorbild waren doner Tate Gallery, ihren Stifter, Henry Tate, souErdköpfe aus Kamerun. Die Realisierung erwies sich verän überdauert hat. Wer würde sich sonst noch als schwierig. „Marokko hat phantastische Handan den englischen Zuckerbaron aus dem 19. Jahrwerker“, sagt Gregor Weiss, „aber sie machen alle hundert erinnern? ein Copy und Paste von Mustern aus dem 19. JahrUnd vielleicht hat ja auch der Namensgeber im Anihundert. Außerdem sagen sie am Beginn einer für ma-Café „Paul Bowles“ recht. Bowles, der Marokkosie ungewöhnlichen Arbeit immer: Nein, so macht süchtige amerikanische Schriftsteller, der sein halman das nicht. Doch dann gibt es immer einen, bes Leben in Tanger verbrachte, postulierte: „Siden es interessiert, ob es geht. Wir haben zum Beicherheit ist ein falscher Gott. Wenn du ihm erst zu spiel den Erdkopf auf einer Fläche von 70 Quadratopfern beginnst, bist du schon verloren.“ 18 Oud-Spieler vor einem schönen Anima-Tor. Die Oud ist die arabische Urform der Laute 19 Der Anima-Schöpfer auf der Arche Noah namens Hoffnung Außerirdischer Skulpturengast am Ende des großen Rosentunnels 20 FOTOS: ANIMA/SUZY STÖCKL, ANIMA/STEFAN LIEWEHR, KARL RIFFERT Von der Begegnung mit einem Schwierigen Ein ungewöhnlicher Blick aufwiegende Palmen, auf die schneebedeckten Berge des Hohen Atlas und auf die schlafenden Hunde André Hellers, die auf die Namen Leopold, Cosma und Pablo hören. Drei Journalisten hatten Anfang März – zu unterschiedlichen Zeiten – das Privileg, auf der weitläufigen Pool-Terrasse der Heller-Villa in Marrakesch zu sitzen. Zwei KollegenvondendeutschenMagazinenSpiegel und Stern, ich als einziger österreichischer Journalist für die freizeit. Hätte irgendein unbekannter Investor in der Nähe von Marrakesch einen Garten angelegt, wären wir nicht dort gewesen. Man hätte ihn vermutlich freundlich an die Anzeigenabteilung verwiesen. Bei Heller ist das anders. Der zornige und wenig erfolgreiche Schauspieler, dafür aber unglaublich goscherte Ö3-Disc-Jockey von einst, der als 25-Jähriger mit einem filmischen Nachruf über sich selbst für einen Fernseh-Skandal sorgte, hat in 69 Jahren einen beeindruckenden Weg von Hietzing nach Marrakesch zurückgelegt – mit schwindelerregenden Höhen und wenig beneidenswerten Tiefen. Er ist ein hochtalentierter Liederschreiber und war ein eitler Pop-Star; er hat unglaubliche Projekte realisiert von Luna Luna bis AfrikaAfrika!, von Circus Roncalli, Feuerwerken bis zum Fest des MaharadjasvonUdaipur.ErhatmehrMenschen beleidigt als die meisten von uns, aber auch Millionen erfreut. Wie also, werde ich gefragt, ist der Heller so, wenn man ihn trifft? Hmm. Ich finde: ein ein- ziger Widerspruch. Einerseits scheu und unsicher, andererseits rhetorisch brillant, ein Feuerwerker geschliffener Sätze und Pointen, aber auch einer, der schnell gekränkt reagiert, wenn er nicht ständig im Mittelpunkt steht. Unglaublich offen und sympathisch, dann wieder vorsichtig und erschrocken über die eigene Ehrlichkeit. Es war mein zweites Interview mit André Heller. Das erste, vor etlichen Jahren, machte ich für eine trend-Titelgeschichte über die Familie Swarovski – Heller in der Rolle als genialer freizeit-Autor Karl Riffert (kl. Foto) ist der einzige Journalist aus Österreich, der André Heller in Marrakesch kurz vor der Eröffnung seines Paradieses besuchen durfte Schöpfer einer der größten österreichischen Touristenattraktionen, der Kristallwelten in Wattens. Für die Anima-Story traf ich André Heller und seine herzenswarme Lebensgefährtin Albina Bauer, die Ex-Ehefrau des Unternehmers Hans Schmid, drei Mal. Unser eigentliches Interview mit Voice-Recorder fand in Hellers Atelier statt, dauerte über drei Stunden und war in vielerlei Hinsicht sehr ungewöhnlich. Heller lag während des Gesprächs auf einer Couch, ich saß wie Sigmund Freud auf einem Sessel und stellte die Fragen. Es war ein von Sympathie getragenes, sehr offenes Gespräch über Hellers viele Verwandlungen, die ihn schließlich zu Anima geführt hatten,einDiskursüberdieeigeneMelancholie, auch über Bitterkeiten, die er der Welt, insbesonderedenFrauen,hattezuteilwerdenlassen. Einige Tage später hörte ich, Heller wolle das Interview nicht autorisieren. Franz Heller war erschrocken über seine Kunstfigur André Heller und deren Unerbittlichkeit gegenüber sich selbst. Wir telefonierten drei Mal miteinander, Heller halbierte das Interview und perfektionierte es in seinem Sinn. Bei einem letzten Abendmahl in Journalistenrunde im betörend schönen Restaurant Dar Yacout in der Medina von Marrakesch kam das Gespräch auf den Glauben der Hindus, wonach man 84.000-mal wiedergeboren würde. André Heller betonte entschlossen, er wolle keinesfalls als Tier wieder auf die Welt kommen. Aber wer weiß, dachte ich, vielleicht fliegt André oder Franz, wie auch immer, eines Tages als Paradiesvogel durch seinen wunderschönen Garten in Marrakesch. Und singt Lieder für seine Freunde, schickt aber hin und wieder auch ein feuchtes Geschenk vom Himmel an Besucher, die er nicht mag. H E L L E R S Nicht viele Menschen würden eine venezianische Villa mit Park am Gardasee gegen ein riskantes Projekt in Nordafrika eintauschen. Andere erkennen eben einen anderen Auftrag in sich. Man muss stets synchron mit den Bedürfnissen seiner klugen Seele leben. Glauben Sie mir bitte, es wäre für meinen Frieden und meine Gesundheit sehr viel riskanter gewesen, Anima nicht in Angriff zu nehmen. Wie schwer war es, diesen Gartentraum in einem muslimischen Dritte-Welt-Land zu realisieren? Es war natürlich kein leichtes, aber ein faszinierendes Projekt und ohne meinen Hauptverbündeten vor Ort, den hochtalentierten Gregor Weiss, wäre ich wahrscheinlich ab und zu ins Schleudern geraten. Hier in Marokko gibt es eigene kulturell bedingte Spielregeln, die man erst einmal verinnerlichen sollte. Mir war klar, dass ich sofort bei den hunderten lokalen Mitar22 Was genau ist es, das Sie mit solcher Kraft nach Marokko zieht? Es war bei der ersten Begegnung ein Déjà-vu. Ich kam mit 24 hierher, blieb viele Monate, fuhr mit offenen Sinnen zwischen Mittelmeer und der Sahara, dem Atlas-Massiv und dem Atlantik durch die Einzigartigkeiten des Königreiches und kam großzügig beschenkt, nämlich nicht mehr Heimatlos, nach Europa zurück. Ich saß, aus meiner Familiengeschichte heraus, sehr, sehr lange immer auf gepackten Koffern. Es gibt ein frühes Lied von mir „Misstraue der Idylle“, da singe ich: „Mach’s dir nicht behaglich. Glaub nicht an einen Ort, denn wo du heut dein Dach dir deckst, jagt man dich morgen fort.“ Das war mein Empfinden. In Marrakesch erlebe ich mich endlich als fähiger, beflügelter und soweit, als irgendwie möglich, geborgen. Ich bin mittlerweile auch ausredenlos. Man muss im Bedarfsfall sein eigener Erlöser sein und sollte keine Wut auf vermeintlich Schuldige hätscheln. belpreis für Gartenkunst geben. Aber es gibt ja auch keinen für Malerei und Musik. Anima-Schöpfer Heller in seinem Atelier „Mein Lebenswerk bin ich“ André Heller über seinen nun eröffneten Paradiesgarten in Marrakesch, den er, wie er sagt, unter fröhlicher Plünderung seiner Altersversorgung realisiert hat. beitern die Vermutung ausräumen muss, bei meiner Person handle es sich lediglich um einen monomanischen, etwas verrückten Herren mit zu viel Geld, der am Fuß des Atlas auf acht Hektar, ein Paradies herstellt, um in einer Dritte-Welt-Umgebung luxuriös, privilegiert und abgeschottet zu leben. Die Ambition bei Anima war, ganz eindeutig, in Afrika substanzielle, langfristige, dringend benötigte Arbeitsplätze zu schaffen und gleichzeitig hunderttausenden Besuchern eine fantasiegeladene Kraftquelle zu bieten. Natürlich auch mir als Urheber und meiner Herzensfamilie einen gesegneten Energieraum zu bereiten, in dem man begabter als anderswo, die noch ausständigen unverzichtbaren Lernprozesse wagen kann. Was ist für Sie das Magische an Gärten? Gärten sind Heilung, Gärten sind Trost und Seligkeit, auch über die Jahrzehnte immer intensiver werdende Schönheit. Gärten sind eine Schule der Jahreszeiten und des Staunens. Sie sind an heißen Tagen Orte der Kühle und immerzu Einladung zur Besinnung. Gärten sind spirituelle Inspirationen, machtvolle Gebiete in die sich ausgelaugte, wunde Wesen retten können um auszuzittern. Leider werden Gärten in ihrer grandiosen Wirkung auf Leib und Seele von vielen unterschätzt. Es sollte einen No- Wie ist diese Faszination fürs Grüne eigentlich entstanden? Wir wohnten in meiner Kindheit in Hietzing und mein Indianer-Revier war der Park von Schönbrunn. Ich habe außer im Theater oder im Natur- und Kunsthistorischen Museum fast überall gefremdelt; in der Familie, in der Schule. Es gab aber einen Ort, der zauberischer war als alles andere. Die große botanische Wunderkammer des kaiserlichen Palmenhauses. Darin trumpften die Orchideen, fleischfressende Pflanzen, Baumfarne, Kakteen, tropische Wärme und exotische Gerüche auf – und zwar auch im Winter. Ich sehe mich auf einer dieser englischen Holzbänke sitzen und schaue durch die gebogenen Glasscheiben hinaus in den Schnee, der die Taxushecken in bizarre weiße Skulpturen verwandelt. Zehn Meter entfernt regiert das kalte, deprimierende Österreich und ich bin wie von Drogen berauscht mitten im üppigen Dschungel. Das hat meine Südsehnsucht begründet. Mein neuer Roman, der im Mai bei Zsolnay erscheint heißt übrigens: „Das Buch vom Süden“. Wie war das mit dem Anima Park? Hatten Sie ein konkretes Bild im Kopf, wie er einmal aussehen sollte? Durchaus. Da ist die Sprache sehr interessant. Es heißt, man hat einen Einfall. Etwas fällt in dich hinein. Man geht lange spazieren, denkt und rätselt und hofft auf Lösungen und plötzlich kann ich die Antwort vor mir bemerken, so wie ein Polaroid erscheint. Und dann folgt die Knochenarbeit, dieses Bild in der Realität herzustellen. FOTO: ANIMA/STEFAN LIEWEHR Was, Herr Heller, ist Anima? Es ist der Versuch eines Porträts mancher meiner wesentlichen Erfahrungen, unter Zuhilfenahme unterschiedlicher Ausdrucksmöglichkeiten wie: Botanik, Architektur, Düfte und Farben, Skulpturen, Landschaftsinszenierung, Klänge und Wasserspiele, Licht und Schatten. Es handelt von dem, was ich in mittlerweile 69 Jahren an Gutem und Ermutigendem gelernt habe. Was mir zutiefst Freude bedeutet, mir auf vielen Ebenen hilfreich ist, was ich als schützend empfinde, was ich als elegant, behutsam, als genau, als erstaunlich und sinnlich wahrnehme. Dies durfte ich in Anima im eigenen Auftrag umsetzen. Und zwar unter radikaler und durchaus fröhlicher Plünderung dessen, was die meisten Leute ihre Altersversorgung nennen würden. M A R R A K E S C H Sie haben in Ihrem Leben immer wieder sehr viel riskiert bis hin zur völligen finanziellen Mittellosigkeit. Ist Ihnen Existenzangst fremd? Ich bin in gewisser Hinsicht ein Feigling, der sich beharrlich in Mut herausfordernde Situationen bringt, die er dann auf die eine oder andere Art meistert und erkennt, dass er schlecht beraten wäre, seine Fähigkeiten zu unterschätzen. Schon. Aber die meisten Menschen scheuen, und wenn es im letzten Augenblick ist, vor dem Sprung in das totale Risiko zurück. Wer soll denn für meine Vorstellungen von richtig auf die Barrikaden gehen, wenn nicht ich. Wir sind nicht bei Hofe, wo der Sonnenkönig anordnet, erobern Sie mir dieses oder das und legen Sie es mir zu Füßen. Das muss man schon selber tun, wenn man Träume und Ideen in der Wirklichkeit auf ihre Statik überprüfen will, weil man bestimmte Erfahrungen für unverzichtbar hält. Gab es nie einen Moment, wo Sie am Projekt gezweifelt haben? Nein, nie. Es gab ja, seit er geboren wurde, auch nie einen Moment, wo ich an meinem Sohngezweifelthabe.Unddiese großen bedingungslosen Liebesgeschichten sind immer auch unsere wesentlichen Lehrer und Verwandlungshilfen. Sie starten mit Anima in einer schwierigen Zeit. Islamistische Terrorakte haben viele Touristen verschreckt. Fühlen Sie sich eigentlich sicher in Marokko? Marokko unternimmt, meiner Beobachtung nach, weitaus mehr für seinen Schutz als die meisten europäischen Länder. Ich fühle mich hier sicherer als in Paris, London oder Madrid. Und ich glaube, die hohen Energien und die Wahrhaftigkeit des Projekts beschützen meine Lieben, mich und alle Besucher, die diese wie ein Dichterfreund jüngst ins Gästebuch schrieb: „Betörende Glücksoase“ mit ihrer Anwesenheit ehren. Sehen Sie selbst Anima als Ihr Lebenswerk? Nein, es ist eine wesentliche Etappe. Mein Lebenswerk bin ich. Das Menschenkind, das ich aus mir in der Polarität entwickelt habe. H E L L E R S M A R R A K E S C H Schiff-Installation von Heller mit von Anima-Schlossern geschaffenen Tieren sowie Arbeiten von Künstlerfreunden wie Mimmo Paladino LE DE RLE ITN E R FOTOS: ANIMA/STEFAN LIEWEHR, KARL RIFFERT Wie man ins Paradies kommt ANIMA André Hellers Wundergarten im Ourika-Tal, 27 Kilometer vor den Toren Marrakeschs, ist täglich von 9-18 Uhr (im Winter bis 17 Uhr) geöffnet. Es gibt einen kostenlosen Shuttle-Bus zum Garten, Abfahrt täglich viermal vom Parking de la Koutoubia hinter der Koutoubia-Moschee (9.30h, 11.30h, 14.30h, 16.30h. Telefonische Reservierungen in Österreich 01/5230787, in Marokko +212 524 44 86 58.) www.anima-garden.com Wo wohnt man paradiesisch in Marrakesch und Umgebung? HOTEL MAMOUNIA. Legendäres Fünfsterne-Hotel in Marrakesch mit unglaublichem Garten (77 Gärtner), das Winston Churchill den schönsten Ort der Welt nannte. Alfred Hitchcock drehte hier 1956 den Klassiker „Der Mann, der zu viel wusste“ mit James Stewart und Doris Day. Heller wohnte oft monatelang im Mamounia. www.mamounia.com, DZ/Nacht ab 660 Euro HOTEL ES SAADI PALACE. Top-Fünfsternhotel mit eigenem acht Hektar großem Park im Nobelviertel Hivernage. Nicht zu verwechseln mit dem zugehörigen Viersternhotel Es Saadi Gardens. DZ ab 230 Euro. www.essadi.com FOUR SEASONS MARRAKECH. Erst drei Jahre altes Luxushotel, mit dem bei Four Seasons üblichen erstklassigen Service. Marokkanische, andalusische und italienische Küche, letztere von einem sizilianischen Koch zubereitet. DZ ab 410 Euro. www.fourseasons.com/marrakech/ MÖBEL & ACCESSOIRES für Individualisten KASBAH TAMADOT. Die Edelresidenz von Virgin-Gründer Richard Branson, rund eine Stunde von Marrakesch entfernt. 147 Mitarbeiter für 28 Zimmer. Es kocht der französische Top-Chef Benoit Pépin. Traumlage. Eines der schönsten Hotels der Welt. DZ ab 560 Euro. virginlimitededition.com TUCHLAUBEN 7A, 1010 Wien +43 (0)1 / 537 1111 [email protected] MO – FR 10.00 – 19.00 Uhr SA 10.00 – 18.00 Uhr SCHLOSS WALPERSDORF Schlossstr. 2, 3131 Walpersdorf +43 (0)2782 / 844 89 [email protected] DI – FR 10.00 – 18.00 Uhr SA 9.30 – 17.00 Uhr www.lederleitner.at
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