Visite am 12.04.2016 a Unsere Themen: Abgetrennte Hand replantiert Chronische Schmerzen im Alter behandeln Moderne Therapien gegen Prostatavergrößerung Herzkatheter: überflüssige Nachkontrollen Fisch: Lachsrote Farbzusätze sind schädlich Dr. Wimmer: Was verbirgt sich hinter dem Begriff „palliativ“? Operation Leben: Magenverkleinerung Abgetrennte Hand replantiert Die meisten traumatischen Amputationsverletzungen betreffen die Hände. So wie bei dem 20-jährigen angehenden Industriemechaniker Daniel B. aus Bremen. Bei der Arbeit an einer Schneidemaschine amputierte er sich die linke Hand knapp unterhalb der Fingerknöchel. Der junge Mann hat Glück im Unglück: Im Krankenhaus Bremen-Mitte ist es dem Team um Professor Can Cedidi in einer achtstündigen Operation gelungen die Hand wieder zu replantieren. Nur der kleine Finger der linken Hand konnte nicht gerettet werden. Er musste nach der Replantation doch endgültig amputiert werden, weil er nicht ausreichend durchblutet war. Noch ist nicht sicher, wie gut der junge Mann seine Hand in Zukunft einsetzten können wird. Nach einer so schweren Verletzung muss mit deutlichen Einschränkungen gerechnet werden. Der Operateur ist allerdings zuversichtlich, dass mit einem entsprechenden Training Bewegungen für den Alltag wieder möglich sein werden. Damit eine erfolgreiche Replantation überhaupt möglich ist, gilt es im Falle von Amputationsverletzungen einige wichtige Maßnahmen zu beachten. Voraussetzung für eine erfolgreiche Operation sind eine möglichst geringe Schädigung des abgetrennten Körperteils (Amputat) sowie eine kurze Zeitspanne zwischen Unfall und Replantation. Daher sollte bei jeder Amputationsverletzung unverzüglich der Rettungsdienst informiert werden. Bis zum Eintreffen des Fachpersonals sollte die Verletzung mit sterilen Wundkompressen abgedeckt werden. Bei starken Blutungen sollte ein Druckverband angelegt werden. Das Amputat sollte möglichst keimfrei verpackt werden. Auf keinen Fall darf es gereinigt oder abgewaschen werden. Wenn möglich, sollte es in einen wasserdichten Beutel verpackt und mit diesem in einen weiteren Behälter mit kaltem Wasser aufbewahrt werden. Auf keinen Fall sollte das Amputat direkten Kontakt mit Eis haben, da es sonst Schaden nimmt. Interviewpartner im Beitrag: Prof. Dr. Can Cedidi Chefarzt der Klinik für Plastische , Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie Klinikum Bremen-Mitte Gesundheit Nord, Klinikverbund Bremen St.-Jürgen-Straße 1, 28205 Bremen Tel. (0421) 497 55 45, Fax. (0421) 497 33 22 E-Mail: [email protected] Moderne Therapien gegen Prostatavergrößerung Wenn Mann nachts häufig zur Toilette muss, das Wasserlassen schmerzt oder nur kleine Urinportionen ausgeschieden werden, liegt das meist an der Prostata. Etwa jeder zweite Mann über 50 leidet an einer gutartigen Vergrößerung der Vorsteherdrüse. Sie umschließt die Harnröhre zwischen Blase und Schließmuskel. Die Ursache der gutartigen Vergrößerung der Prostata ist bisher nicht abschließend geklärt. Sicher ist, dass hormonelle Veränderungen sowie genetische Faktoren eine Rolle bei der Entstehung spielen. Die benigne Prostatahyperplasie (BPH) ist die häufigste urologische Erkrankung des Mannes. Zur Diagnostik gehören zunächst die urodynamische Untersuchung (Messung des Harndrucks) und die Ultraschalluntersuchung der Blase und der Prostata. Zunächst sollten die Beschwerden medikamentös behandelt werden. Bei leichten Beschwerden helfen pflanzliche Produkte: Präparate aus Kürbiskernen, Brennnesselwurz oder Visite am 12.04.2016 a Sägepalmenfrüchten sind ohne Rezept erhältlich. Sie haben sich als hilfreich erwiesen bei Beschwerden wie vermehrtem Harndrang oder nachlassendem Harnstrahl. Auch Blasentraining ist eine sinnvolle Maßnahme bei vermehrtem Harndrang mit kleineren Urinmengen: Dabei versucht der Mann den Drang auszuhalten und erst später zur Toilette zu gehen. Beckenbodentraining hat bei einer gutartigen Prostatavergrößerung keine Wirkung, ist aber trotzdem sinnvoll, um einer Inkontinenz vorzubeugen. Der Urologe sollte die Prostata per Ultraschall untersuchen, denn verbleibt aufgrund einer leicht vergrößerten Prostata regelmäßig etwas Urin in der Blase, können Prostata- und Harnwegsinfekte entstehen. Im schlimmsten Fall führt das zu einem Harnstau. Eine Prostata-Entzündung wird mit Antibiotika bekämpft. α-Blocker entspannen die Muskulatur in der leicht vergrößerten Prostata und Harnröhre, damit das Wasserlassen leichter fällt. Sie haben allerdings keinen Einfluss auf das Größenwachstum der Prostata. Gegen eine stark vergrößerte Prostata helfen 5-α-Reduktase-Hemmer, durch die die Prostata nicht weiter wächst. Ihre Wirkung beruht auf einer Hemmung des Sexualhormons Testosteron. Bleibt eine Besserung der Beschwerden unter der medikamentösen Therapie aus, kann eine operative Therapie notwendig sein. Das Standardverfahren ist noch immer die Ausschälung der Prostata (Bipolare Turp): Mit einem durch die Harnröhre eingeführten Endoskop wird überschüssiges Gewebe mit einer Schlingenelektrode abgetragen und dabei die Wundfläche gleich verschorft. Es gibt kein anderes operatives Verfahren, dessen langfristiger Erfolg so gut belegt ist. Wie bei jeder OP, kann es aber dabei auch zu Komplikationen kommen: Blutungen während und nach der Operation sowie das Auftreten einer dauerhaften Harninkontinenz können auftreten. In 60 bis 90 Prozent aller Fälle treten Ejakulationsstörungen auf. Die Fähigkeit zur Erektion bleibt aber in der Regel erhalten. Der Eingriff eignet sich nicht für Patienten mit erhöhtem Blutungsrisiko - zum Beispiel bei Einnahme von Marcumar. Anstelle des elektrischen Vorgehens kann das Prostatagewebe auch mithilfe von Laserstrahlen entfernt werden. Während herkömmliche Laser (zum Beispiel Greenlight-Laser) das überschüssige Gewebe einfach komplett verdampfen und nur für gering vergrößerte Drüsen geeignet ist, schneiden es Lichtskalpelle heraus. Die TuliumLaserenukleation eignet sich besonders für Patienten mit hohem Blutungsrisiko. Der Eingriff erfolgt durch die Harnröhre, Blutungen verschweißt der Laser sofort. Ein spezielles Instrument zerkleinert das abgetragene Gewebe in der Blase, von dort wird es dann herausgespült. Sowohl die Blutungs- als auch die Inkontinenzrate ist dabei deutlich geringer als beim Ausschälen. Ein weiterer Vorteil dieser Laserbehandlung ist, dass das abgetragene Gewebe im Anschluss feingeweblich untersucht werden kann, um zum Beispiel eine Prostatakrebserkrankung auszuschließen. Urolift-Implantate sind ein weiteres, schonendes Verfahren. Dabei wird die Prostata gerafft. Dazu werden durch die Harnröhre spezielle Anker in die Prostata eingebracht. Sie raffen das Prostatagewebe und erweitern dadurch den Durchmesser der Harnröhre. Der Harnfluss erhöht sich danach durchschnittlich um ein Drittel. Die Patienten geben eine Verbesserung der Symptome und eine Steigerung der Lebensqualität an. Im Rahmen von Studien konnten nur leichte Komplikationen wie Schmerzen beim Wasserlassen oder Blut im Urin beobachtet werden. Das Verfahren eignet sich insbesondere für junge Pateinten, die ihre Zeugungsfähigkeit erhalten wollen. Die Prostata darf dabei nicht mehr als 60 Gramm wiegen. Die Vergrößerung darf also noch nicht weit vorangeschritten sein. Da bei diesem Verfahren die Ursachen der Beschwerden nicht beseitigt werden, schreitet das Wachstum der Prostata fort. Die Verankerungen könnten dadurch möglicherweise im Verlauf ausreißen und eine weitere Therapie erforderlich sein. Daher müssen Langzeitstudien zeigen, ob sich die anfänglich guten Behandlungsergebnisse auch über einen längeren Zeitraum nachweisen lassen. Die Behandlung erfolgt momentan noch an wenigen Kliniken in Deutschland im Rahmen klinischer Studien. Die Kosten von etwa 1.500 Euro werden daher nicht von den Krankenkassen übernommen. Um eine Prostatavergrößerung und auch bösartige Veränderungen frühzeitig erkennen zu können, sollten sich Männer mit Prostataleiden in der Familie frühzeitig, sonst ab dem 45. Lebensjahr einmal jährlich untersuchen lassen. Spätestens wenn Männer mehrmals nachts auf die Visite am 12.04.2016 a Toilette müssen, sollten sie den Arzt aufsuchen, denn je früher ein Prostataleiden behandelt wird, desto geringer sind die Risiken. Interviewpartner im Studio: Priv.-Doz. Dr. Thomas Herrmann Stellvertretender Klinikdirektor und Leitender Oberarzt der Sektion Minimalinvasive Chirurgie, Leiter Endourologie und Laparoskopie Klinik für Urologie und Urologische Onkologie Medizinische Hochschule Hannover Carl-Neubert-Straße 1, 30625 Hannover Tel: (0511) 532 58 47 E-Mail: [email protected] Interviewpartner im Beitrag: Priv.-Doz. Dr. Martin Schönthaler Oberarzt der Klinik für Urologie, Minimalinvasive Techniken und Steintherapie Universitätsklinikum Freiburg, Department Chirurgie Hugstetter Straße 55, 79106 Freiburg Tel. (0761) 27 02 89 30 E-Mail: [email protected] Internet: www.uniklinik-freiburg.de Chronische Schmerzen im Alter behandeln Schmerzen sind eine individuelle Erfahrung. Sie werden von Mensch zu Mensch und von Situation zu Situation ganz unterschiedlich empfunden. Wissenschaftlich belegt ist, dass unzureichend behandelte akute Schmerzen einer der wichtigsten Risikofaktoren für die Entwicklung chronischer Schmerzen sind. Chronische Schmerzen haben die ursprüngliche Funktion des Schmerzes, Warnsignal vor körperlicher Gefährdung zu sein, verloren. Sie sind stattdessen zu einer eigenen Krankheit geworden. Anhaltende Schmerzen machen die Nervenzellen, das Rückenmark und auch das Gehirn empfindlicher für Schmerzreize. Die Folge ist, dass bereits leichte Reize als Schmerz empfunden werden. Es entsteht ein sich selbst verstärkender Mechanismus - eine Schmerzspirale. Im Verlauf der Erkrankung bildet sich ein Schmerzgedächtnis aus, das, während die eigentliche Schmerzursache schon nicht mehr vorhanden ist, bestehen bleibt. In Deutschland leben mehr als zehn Millionen Menschen mit chronischen Schmerzen. Mit zunehmendem Alter steigt das Risiko für schmerzhafte Erkrankungen. Im Vordergrund stehen dabei Schmerzen durch Erkrankungen des Bewegungs- und Stützapparates wie Arthrose, Osteoporose und rheumatische Erkrankungen, aber auch Nervenschmerzen infolge von Stoffwechselerkrankungen oder Krebsleiden. Ältere Menschen klagen in der Regel weniger über Schmerzen als junge. Die weit verbreitete Vorstellung, dass Schmerzen im Alter normal sind, führt dazu, dass sie selten angemessen behandelt werden. Altersbedingte Hirnveränderungen beeinflussen die Schmerzwahrnehmung: So ist die Schmerzschwelle im Alter erhöht, die Schmerztoleranz dagegen vermindert. Die Folge sind Bewegungsmangel und Schonhaltungen, die zu schmerzverstärkenden, einseitigen Belastungen und Fehlhaltungen führen. Dabei ist es gerade im Alter wichtig, Beweglichkeit und Mobilität möglichst lange zu erhalten, um ein unabhängiges Leben zu ermöglichen. Denn Inaktivität und insbesondere Bettruhe führen innerhalb kürzester Zeit zu einem Abbau von Muskelgewebe und damit zu Verstärkung der Beschwerden oder gar zur Pflegebedürftigkeit. Im Mittelpunkt der Behandlung von chronischen Schmerzen steht daher - unabhängig vom Alter - ein multimodaler Therapieansatz. Er verbindet den Einsatz von klassischen Schmerzmitteln, medizinische Trainingstherapien (Physiotherapie), psychologische Verfahren und soziale Unterstützung. Zentrales Behandlungsziel ist die Erhöhung der Lebensqualität. Besonders wichtig ist hierbei das körperliche Training. Es sollte an die individuelle Leistungsfähigkeit des Einzelnen angepasst sein. Dabei gilt es neben der Beweglichkeit auch Kraft und Ausdauer sowie Visite am 12.04.2016 a Koordination und Gleichgewicht zu trainieren. Psychologische Verfahren, wie zum Beispiel Entspannungsverfahren und Hilfen zur Bewältigung des Schmerzes, unterstützen die Therapie. Der medikamentösen Therapie kommt zur Unterstützung des körperlichen Trainings eine entscheidende Bedeutung zu. Allerdings müssen die Schmerzmedikamente sorgfältig mit anderen erforderlichen Medikamenten abgestimmt werden. Denn mit zunehmendem Alter steigt die Wahrscheinlichkeit einer mehrfachen Medikation. Außerdem verändert sich der Stoffwechsel im Alter. Dies erhöht das Risiko von unerwünschten Nebenwirkungen. Hierbei gilt es, sich schrittweise an die notwendige Dosierung heranzutasten, um unerwünschte Wirkungen wie Benommenheit und Gleichgewichtsstörungen zu vermeiden. Freiverkäufliche Schmerzmedikamente sollten deshalb nicht über längere Zeit ohne Rücksprache mit dem Arzt eingenommen werden. Die unkontrollierte Einnahme von entzündungshemmenden und schmerzlindernden Medikamenten, sogenannte nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR), kann unerwünschte Wirkungen wie Magenbluten, Leber- und Nierenschädigung verursachen. Interviewpartner im Studio: Priv.-Doz. Dr. Albert Lukas Chefarzt Zentrum für Altersmedizin Malteser Krankenhaus Seliger Gerhard Bonn/Rhein-Sieg Von-Hompesch-Straße 1, 53123 Bonn Interviewpartner im Beitrag: Prof. Dr. Matthias Karst, Facharzt für Anästhesiologie, spezielle Schmerztherapie, Psychotherapie, Akkupunktur Leiter der Schmerzambulanz Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin Medizinische Hochschule Hannover Carl-Neuberg-Straße 1, 30625 Hannover Tel. (0511) 532 31 08, Fax. (0511) 532 31 09 E-Mail: [email protected] Dr. Rolf Stegemann, Facharzt für Allgemeinmedizin Hausärztliche Gemeinschaftspraxis in Luthe Hauptstraße 43, 31515 Wunstorf-Luthe Tel. (05031) 90 90 30 Internet: www.hausarzt-luthe.de Dr. Christian Sturm, Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Klinik für Rehabilitationsmedizin Medizinische Hochschule Hannover Tel. (0511) 532 41 15 Internet: www.mh-hannover.de/rehabilitation Ratgeber: Prof. Dr. Matthias Karst: Das Schmerz-Buch. Neue Wege wagen. 144S.; (Schlütersche 2014); €19,99 Weitere Informationen: Deutsche Schmerzgesellschaft e.V. Internet: www.dgss.org Herzkatheter: überflüssige Nachkontrollen Obwohl die Sterblichkeit bei einem akuten Herzinfarkt und der koronaren Herzkrankheit in den letzten zwei Jahrzehnten stark gesunken ist, sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen noch Visite am 12.04.2016 a immer die häufigste Todesursache in Deutschland. Experten sehen den positiven Trend der Sterblichkeitsraten insbesondere im Zusammenhang mit Fortschritten in der Herzkatheterdiagnostik und -therapie. Dabei spielt auch die flächendeckende Verfügbarkeit von Herzkatheterlaboren eine besondere Rolle. Denn neben Verbesserungen der Rettungssysteme führt die flächendeckende Verfügbarkeit zu erheblichen Verkürzung der Zeit vom Notfall bis hin zu endgültigen Versorgung im Krankenhaus. Und die ist bei einem Herzinfarkt entscheidend. Im Rahmen einer Herzkatheteruntersuchung (Koronarangiografie) werden die Herzkranzgefäße mithilfe von Kontrastmittel und Röntgenaufnahmen dargestellt. So lassen sich Engstellen oder gar Verschlüsse erkennen und schließlich behandeln. Der Arzt führt dazu einen etwa zwei Millimeter dicken Draht über ein arterielles Blutgefäß in der Leiste oder am Handgelenk bis zum Herzen vor. Zeigen sich Engstellen oder Verschlüsse in den Herzkranzgefäßen, können diese mithilfe eines aufblasbaren Ballons aufgedehnt, mit einem Stent stabilisiert und offen gehalten werden. Der Nutzen und die Risiken von Herzkatheteruntersuchungen sind immer wieder Anlass von Diskussionen. In Deutschland werden diese im Schnitt dreimal häufiger durchgeführt als in anderen Ländern. Im Jahr 2013 waren es hierzulande über 885.000 - in 342.000 der Fälle wurde dabei auch ein Stent implantiert. Kritische Stimmen sagen, es werde zu viel kathetert. Vor allem finanzielle Anreize seien für die große Zahl an Herzkatheteruntersuchungen verantwortlich. Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie weist dagegen darauf hin, dass in einem hohen Maße leitliniengerecht vorgegangen wird. Nur bei weniger als sieben Prozent aller Katheteruntersuchungen im Jahr 2014 wurden die Empfehlungen der Fachgesellschaften nicht berücksichtigt. Medizinische Leitlinien legen Behandlungsvorschläge für die Versorgung und Behandlung verschiedener Erkrankungen fest. Sie basieren auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft und Forschung und werden in regelmäßigen Abständen überprüft und aktualisiert. Dabei sind die Leitlinien keine verbindlichen Behandlungsstrategien, sondern müssen immer an den Einzelfall angepasst werden. Natürlich ist eine Herzkatheteruntersuchung nicht risikolos. Neben der Strahlenbelastung durch die Röntgenaufnahmen können lebensbedrohliche Herzrhythmusstörungen, Blutungen oder ein Schlaganfall den Patienten gefährden. Allerdings sind sich die Experten einig: Stimmt die Indikation, gibt es also einen triftigen Grund für die Durchführung einer Herzkatheteruntersuchung, ist ihr Nutzen in der Regel größer als ihr Risiko. Stimmt die Indikation dagegen nicht, ist das Risiko der Untersuchung zu groß. KontrollHerzkatheteruntersuchungen bei Patienten ohne Beschwerden oder weitere Hinweise auf Durchblutungsstörungen des Herzens sind nicht sinnvoll. Und selbst bei bekannten Verengungen von Herzkranzgefäßen, die keine Beschwerden verursachen, ist eine routinemäßige Kontrolluntersuchung nicht notwendig. Empfehlenswert sind dagegen regelmäßige funktionelle Kontrolluntersuchungen, die ein Belastungs-EKG (Ergometrie), eine Ultraschalluntersuchung vom Herzen (Echokardiografie) oder eine Myokardszintigrafie umfassen. In Zukunft werden zudem nichtinvasive Verfahren wie die Computertomografie und die Magnetresonanztomografie eine verstärkte Rolle in der Diagnostik und Kontrolle von Herzkranzgefäßerkrankungen spielen. Interviewpartner im Beitrag: Prof. Dr. Thomas Meinertz, Internist, Kardiologe, Pharmakologe Fachbereich Kardiologie Klinikum Stephansplatz Stephansplatz 3, 20354 Hamburg Tel. (040) 320 88 31-0 Fax (040) 320 88 31-30 E-Mail [email protected] Internet: www.klinikum-stephansplatz.de/kardiologie Visite am 12.04.2016 a Prof. Dr. Johannes Dahm, Facharzt für Kardiologie und Angiologie, Sportmedizin Herz- & Gefäßzentrum Neu-Bethlehem Humboldtallee 6, 37073 Göttingen Tel. (0551) 48 87 00, Fax (0551) 446 82 E-Mail: [email protected] Internet: www.hgz-goettingen.de Prof. Dr. Friedrich-Christian Rieß Direktor des Albertinen Herzzentrum Hamburg Chefarzt Herzchirurgie Süntelstraße 11a, 22457 Hamburg Tel. (040) 55 88 24 42, Fax (040) 55 88 24 21 E-Mail: [email protected] Internet: www.albertinen-herzzentrum.de Fisch: Lachsrote Farbzusätze sind schädlich Der Räucher-Lachs auf dem Fischbrötchen ist nicht immer echter Lachs. Manchmal ist es Lachsersatz: rosafarbener Alaska-Seelachs. Den gibt es eigentlich gar nicht. Der Name ist eine Erfindung der deutschen Lebensmittelindustrie für den Pazifischen Pollack. Pollack ist im Gegensatz zum Lachs ein Weißfisch. Er gehört zur Familie der dorschartigen Fische und ist eng mit dem Kabeljau verwandt. Er lebt in den kalten Gewässern des Nordpazifiks. Als Seelachs lässt er sich allerdings deutlich besser verkaufen. Im Vergleich zum echten Lachs hat Alaska-Seelachs zwar weniger Kalorien, dafür aber auch deutlich weniger gesunde Omega-3-Fettsäuren. Aufgrund seines geringen Fettanteils eignet sich der Alaska-Seelachs eigentlich auch nicht zum Räuchern. Damit er dennoch geräuchert werden kann, muss ihm zum einen Fett in Form von Öl zugegeben werden und zum anderen muss er lange in Salz eingelegt werden. Ein Teil davon wird zwar bei der weiteren Verarbeitung wieder entfernt, es bleibt aber immer noch ein nicht unerheblicher Rest im Endprodukt zurück. Damit er seinem Namen gerecht wird und auch so aussieht wie echter Lachs, wird er industriell eingefärbt. Und zwar mit dem Farbstoff Cochenillenrot. Dieser zählt zu den sogenannten Azofarbstoffen und ist gesundheitlich nicht unbedenklich. Azofarbstoffe sind chemische Farbstoffe auf der Basis von Erdöl. Sie stehen im Verdacht Allergien und bei Kindern das AufmerksamkeitDefizit-Hyperaktivitäts-Syndrom (ADHS) auszulösen. In Tierversuchen zeigte sich in hohen Dosen eine erbgutschädigende Wirkung. Die zugelassenen Höchstmengen für Azofarbstoffe sind in den letzten Jahren immer weiter reduziert worden. Trotzdem finden sich die Farben nicht nur in Lachsersatz, sondern zum Beispiel auch in bunten Süßigkeiten, Marmeladen oder spanischen Wurstspezialitäten wie Chorizo. Lebensmittel, die bestimmte Azofarbstoffe enthalten, müssen mittlerweile der Warnhinweis "kann sich nachteilig auf die Aktivität und Konzentration von Kindern auswirken" tragen. Da die Farbstoffe keine weitere Funktion haben - außer Lebensmittel einzufärben - könnten sie relativ einfach durch andere Farbstoffe ersetzt werden, die dann allerdings nicht so kräftig sind. Interviewpartner im Beitrag: Armin Valet, Lebensmittelexperte Verbraucherzentrale Hamburg e.V. Kirchenallee 22, 20099 Hamburg Tel. (040) 24 83 20, Mo-Fr 10-16 Uhr, Fax (040) 24 83 22 90 E-Mail: [email protected] Internet: www.vzhh.de Prof. Dr. rer. physiol. Edmund Maser Direktor des Instituts für Toxikologie und Pharmakologie Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel Brunswiker Straße 10, 24105 Kiel Visite am 12.04.2016 a Christian Niemeyer, Diplom-Biologe Leiter Deutsches Zusatzstoffmuseum Großmarkt, 20097 Hamburg Tel. (040) 32 02 77 57, Fax (040) 32 02 77 58 E-Mail: [email protected] Internet: www.zusatzstoffmuseum.de/ Dr. Wimmer: Was verbirgt sich hinter dem Begriff „palliativ“? Palliativ ist ein Begriff aus der Medizin, der bei den meisten Menschen negativ besetzt ist. Für viele klingt er nach Tod, Aussichtslosigkeit und Hilflosigkeit. Doch das ist ein weitverbreiteter Irrtum: In der Palliativmedizin geht es um viel mehr als um eine reine Sterbebegleitung. Die Palliativmedizin soll viel mehr vor Schmerzen bewahren und zu einer Verbesserung der Lebensqualität beitragen. Das Wort „palliativ“ kommt aus dem Lateinischen palliare und bedeutet „Mit einem Mantel bedecken“. Im Mittelpunkt der Palliativmedizin steht die Schmerzlinderung, Seelsorge und Physiotherapie. Menschen, die die Diagnose einer unheilbaren chronischen Erkrankung bekommen haben – deren Tod aber noch in weiter Ferne steht – werden ebenfalls palliativ behandelt. Palliativ bedeutet also vielmehr eine Symptombehandlung als eine Ursachenbehandlung. Das Gegenteil von palliativ ist kurativ. Denn eine kurative Behandlung ist eine therapeutische Maßnahme, bei der es um die Heilung einer Erkrankung geht. Drehort im Beitrag: HAW Hamburg Fakultät Design, Medien und Information Finkenau 35, 22081 Hamburg Tel. (040) 428 75 76 09 E-Mail: [email protected] Weitere Informationen: Was Sie über gängige Krankheiten wissen müssen Dr. Johannes Wimmer gibt Auskunft: Internet: www.ndr.de/ratgeber/gesundheit/Dr-Johannes-erklaert-Krankheiten-imVideoglossar.doktorjohannes100.html Operation Leben: Magenverkleinerung Michi B. bekommt sein massives Übergewicht einfach nicht in den Griff. Inzwischen ist er schwer zuckerkrank und seine Nierenwerte werden auch immer schlechter. Der letzte Ausweg ist eine Magenverkleinerung. Professor Thomas Carus vom Asklepios Westklinikum Hamburg wird Michi B. operieren. Er hofft, dass er nicht nur sein Gewicht, sondern auch seinen hohen Blutdruck und den Zucker in den Griff bekommt. Thomas Carus und sein Team arbeiten endoskopisch. Das heißt, mit nur kleinen Schnitten im Bauch führen sie die Kamera und andere Instrumente in den Bauch ein und operieren. Unter der dicken Fettschicht müssen sie zuerst den Magen finden. Damit die Ärzte besser sehen können, ist der Bauch von Michi B. mit Luft gefüllt. Zuerst trennt Thomas Carus den riesigen Magen von Fett und umliegenden Gewebe. Nun kommt die Herausforderung, den oberen Teil des Magens abzutrennen. Hier liegt auch die Milz, die sehr leicht blutet. Es ist der gefährlichste Teil der Operation, es geht um Millimeter. Blutungen im Bauchraum wollen die Ärzte auf jeden Fall vermeiden. Nach einer halben Stunde ist der Magen freigelegt. Dann beginnt der Chirurg ihn zu durchzuschneiden. Dafür hat er eine besondere Schere. Sie näht gleichzeitig auf beiden Seiten und schneidet dann in der Mitte durch. So kann nichts vom Mageninhalt in den Bauch gelangen. Am Ende hat Thomas Carus eine 30 Zentimeter langen Schnitt gemacht und so einen großen Magenteil abgetrennt. Dann zieht er das Stück vorsichtig aus dem Bauch heraus. Anschließend wird er mit Wasser gefüllt, um festzustellen, wie viel Visite am 12.04.2016 a Volumen er tatsächlich hat. 1,8 Liter fasst der entfernte Magen. Nach gut einer Stunde OP werden die vier kleinen Löcher im Bauch zugenäht. In den Magen von Michi B. passen nur noch 200 Milliliter - ein Zehntel im Vergleich zu vorher. Zehn Tage später: Michi B. hat zehn Kilo abgenommen. Auch Blutdruck- und Diabetes-Werte sind verbessert. Pro Mahlzeit soll er nur noch 150 Milliliter zu sich nehmen. Um Mangelerscheinungen vorzubeugen, muss Michi B. Eiweiß, Mineralien und Vitamine zu sich nehmen. Auch in den kommenden Wochen nimmt er kontinuierlich ab und hat nach 20 Jahre zum ersten Mal wieder ein Sättigungsgefühl. Interviewpartner im Beitrag: Prof. Dr. Dr. habil. Thomas Carus Chefarzt der Abteilung für Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie Chefarzt Adipositaszentrum Asklepios Westklinikum Hamburg Suurheid 20, 22559 Hamburg Tel. (040) 81 91 24 00 E-Mail: [email protected] Dipl. oec. troph. Sandra Loddo, zertifizierte Ernährungsberaterin VDOE Asklepios Westklinikum Hamburg Suurheid 20, 22559 Hamburg Tel. (040) 81 91 24 00 Ratgeber: Dr. Laura Dalhaus: Handbuch Adipositas: Übergewicht verstehen und handeln: Konservative und Chirurgische Therapiemöglichkeiten. 92 S.; tredition (2013); €14,99 Claudia Paul: Ernährung vor und nach bariatrischen Operationen: Ein Ratgeber für Betroffene Mit umfangreichem Rezeptteil. 160 S.; Pabst Science Publishers (2014); €20,00 Hinweis: Die Redaktion erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit der angegebenen Adressen und Buchhinweise. Impressum: NDR Fernsehen Redaktion Medizin Hugh-Greene-Weg 1 22529 Hamburg Tel. (040) 415 60 Fax (040) 41 56 74 59 Internet: www.ndr.de/visite
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