- Deutsche Mittelstands Nachrichten

Ausgabe 13
08. April 2016
Deutsche
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Mittelstand
Bundesregierung will Unternehmen stärker kontrollieren
Finanzminister Schäuble fordert eine bessere Kontrolle bei Stiftungen und Unternehmen
K
orruption, Steuerhinterziehung,
Geldwäsche – die Aufdeckung
der 214.000 Briefkastenfirmen sorgt
für Aufsehen. Von zahlreichen Regierungen werden nun Konsequenzen
gefordert. Während das US-Justizministerium nach eigenen Angaben die
Dokumente wegen des Verdachts auf
Korruption hin untersucht, ist die
deutsche Regierung etwas zurückhaltender. Schäuble sagte mit Blick auf
die Panama-Papers, zwar überraschten
sie ihn nicht wirklich, man müsse sie
aber dazu nutzen, mehr gegen Steuervermeidung zu tun. „Es verstärkt den
Druck, Missstände abzuschaffen“, sagte
Schäuble und kündigte „zusätzliche Initiativen“ an. Schäuble forderte vor allem mehr Transparenz für Stiftungen
und Firmenkonstruktionen, um deren
wirkliche Eigentümer zu identifizieren
Zahl der Gründungen von Briefkastenfirmen weltweit von 1977 bis 2015.
und Einlagen besteuern zu können.
Dijsselbloem sagte, es sei nicht hinzunehmen, dass eine „gewisse Schicht“
Steuern auf solche Weise vermeiden
könne. „Mit Blick auf die Zukunft wollen die Niederlande Teil der Problemlösung sein“, versicherte der niederländische Finanzminister. „Es ist unser
Anliegen, da etwas zu tun.“
Nur mit mehr Transparenz werden
Grafik: ICIJa
wir der systematischen Verschleierung
etwas entgegensetzen können, sagte
Justizminister Heiko Maas. Briefkastenfirmen, bei denen die wirtschaftlich
Berechtigten anonym blieben, dürfe es
nicht mehr geben. Ziel der Ergänzung
zum Geldwäschegesetz sei es, dass
möglichst viele Menschen Einblicke in
das Register bekämen. „Nur das hilft
gegen Steuerhinterziehung und auch
Analyse
Deutsche Industrie sammelt überraschend weniger Aufträge ein
Die deutsche Industrie spürt die Auswirkungen der schwächelnden Weltwirtschaft. Wirtschaftskrisen in den Schwellenländern haben zu weniger Aufträgen
geführt. Gleichzeitig sorgt die aktuelle
wirtschaftliche Situation in den Schwellenländern dafür, dass die europäischen
Nachbarländer ebenfalls vorsichtiger planen und weniger aus Deutschland nachfragen.
Das Neugeschäft der deutschen Industrie schwächelt. Die Firmen zogen
im Februar 1,2 Prozent weniger Aufträge
an Land als im Vormonat. Ökonomen
hatten mit einem Anstieg von 0,2 Prozent gerechnet. Im Januar lagen die Aufträge noch mit 0,5 Prozent im Plus. „Die
Auftragseingänge im Verarbeitenden
Gewerbe entwickeln sich zu Jahresbeginn zurückhaltend“, so das Bundeswirtschaftsministerium. „Hier spiegelt sich
nicht zuletzt die gegenwärtig schleppen-
de Entwicklung der globalen Wirtschaft
wider.“
Während die Inlandsnachfrage immerhin um 0,9 Prozent zulegte, gingen
die Bestellungen aus dem Ausland hingegen um 2,7 Prozent zurück. „Bezogen
auf die Absatzrichtung des Auslandsgeschäfts fielen die Auftragseingänge aus
der Eurozone um 3,7 Prozent und die
Auftragseingänge aus dem restlichen
Ausland um 2,1 Prozent gegenüber Januar 2016.“
Besonders die Hersteller von Investitions- und Konsumgütern mussten herbe Rückschläge einstecken. Hier sanken
die Aufträge um 2,1 und 7,3 Prozent. „Die
Unsicherheit über den weiteren konjunkturellen Fortgang war im Februar recht
ausgeprägt“, sagt Thomas Gitzel von der
VP BANK LIECHTENSTEIN. „Die deutsche
Industrie bekommt aber auch die schwierige Entwicklung in den Schwellenlän-
dern zu spüren. An dieser Konstellation
wird sich so rasch kaum etwas ändern.“
Dies bestätigen auch die Entwicklungen in den USA. Hier gingen die Bestellungen im Februar ebenfalls zurück:
um 0,8 Prozent. Das könnte in den kommenden Monaten noch einmal für einen
Rückgang in den Auftragsbüchern der
deutschen Industrie sorgen. Nachdem
die Nachfrage nach deutschen Produkten
in den Schwellenländern zurückgegangen ist, setzen viele deutsche Unternehmen verstärkt auf die USA. Drei von vier
Unternehmen sind zuversichtlich, mehr
Geschäfte jenseits des Atlantiks zu machen, wie aus einer am Freitag veröffentlichten Umfrage des Branchenverbandes
VDMA hervorgeht. Im vergangenen Jahr
hatten die Vereinigten Staaten China
als größtes Exportland für Maschinen
„Made in Germany“ vom ersten Platz
verdrängt.
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Entwicklungen der Gründungen von Briefkastenfirmen durch Mossack Fonseca.
gegen Terrorismusfinanzierung“, sagte Maas. Allerdings habe eine Offenlegung auch Grenzen, da es sich bei dem
geplanten Register nur um eine nationale Maßnahme handele und im Ausland gegründete Unternehmen damit
nicht erfasst würden. „Wir können das
zunächst einmal nur für Deutschland
regeln, für geschäftliche Konstruktionen, die es in Deutschland gibt“, so
Maas.
Frankreich hat indes ein vorläufiges Ermittlungsverfahren wegen des
Verdachts auf schweren Steuerbetrug
eingeleitet.
Die Recherchen der SZ in den 11
Millionen erhaltenen Dokumenten
zeigen, dass unter den Kunden der
Anwaltskanzlei Mossack Fonseca fast
140 Politiker zu finden sind. Darüber
hinaus sollen über 500 Banken bzw.
deren Töchter über die Kanzlei für ihre
Kunden Briefkastenfirmen in Panama
registriert haben lassen, so das internationale Recherchenetzwerk ICIJ. Etwa
15.600 Briefkastenfirmen sollen diese
gegründet haben. Die Bankenaufseher
in der Schweiz, Österreich und Schweden kündigten am Montag an, die Rolle
heimischer Institute bei solchen Geschäften zu überprüfen. Das Gleiche
will auch die deutsche Finanzaufsicht
BaFin tun, wie eine mit dem Vorgang
vertraute Person der Nachrichtenagentur Reuters sagte.
Mittlerweile haben die PanamaPapers einige politische Konsequenzen nach sich gezogen. In Island demonstrierten Zehntausende gegen
den Ministerpräsidenten Sigmundur
Gunnlaugsson. Die Opposition hat ein
Misstrauensvotum im Parlament beantragt. Laut den vom internationalen
Recherchenetzwerk ICIJ veröffentlichten Panama Papers der panamaischen
Kanzlei Mossack Fonseca hat Gunnlaugsson vor neun Jahren mit seiner
Grafik: ICIJ
künftigen Frau auf den britischen
Jungfraueninseln eine Briefkastenfirma gegründet und dort Millionen Euro
geparkt. Ende 2009 überschrieb er seiner Partnerin für einen symbolischen
Dollar seinen ganzen Anteil. Er war
aber schon Mitte des Jahres ins Parlament eingezogen und hatte dabei sein
Vermögen unterschlagen.
Argentiniens Präsident Mauricio
Macri weist jegliche Schuld von sich. In
einem kurzen TV-Interview sagte Macri
am Montag, sein Vater – Franco Macri,
einer der reichsten Argentinier – habe
das Konstrukt völlig legal aufgesetzt.
Die Firma habe den Zweck gehabt, in
Brasilien zu investieren. Er selbst sei für
die Firma tätig gewesen. „Da ist nichts
seltsam dran“, so der Präsident. Anders
reagierte der Transparency-Chef in
Chile. Gonzalo Delaveau habe seinen
Rücktritt eingereicht, der vom Vorstand angenommen worden sei, teilte
die Organisation via Twitter mit. In den
sogenannten „Panama Papers“ wird
sein Name in Verbindung mit mindestens fünf Briefkastenfirmen gebracht.
Die Panama-Papers werden in den
kommenden Wochen noch einiges enthüllen. Sie umfassen eine Datenmenge
von 1,3 Terrabyte. Noch nie wurde eine
so große Menge an Daten geleaked.
Allerdings ist nicht sicher, inwiefern
das System der Briefkastenfirmen tatsächlich in Zukunft stärker kontrolliert wird. Schließlich ist die Kanzlei
Mossack Fonseca nicht der einzige
Dienstleister in diesem Bereich. Und
es wurden in der Vergangenheit schon
öfter Initiativen zur Verhinderung und
Aufdeckung von Steuerhinterziehung
ins Leben gerufen. Im November vergangenen Jahres setzten die Staatsund Regierungschefs der führenden 20
Industrie- und Schwellenländer (G20)
bei ihrem Gipfel im türkischen Antalya
einen Meilenstein. Sie beschlossen den
08. April 2016
sogenannten BEPS-Aktionsplan, mit
dem internationalen Konzernen legale
Steuerumgehungsmöglichkeiten
verschlossen werden sollen. Damit soll
Praktiken ein Riegel vorgeschoben werden, die es Multis wie Google, Amazon
oder Apple ermöglichten, durch Gewinnverschiebungen die unterschiedlichen Steuerregeln in den Ländern für
höchst effektives Steuersparen zu nutzen. Bei der Umsetzung der 15 Aktionspunkte sind die Staaten inzwischen in
den Mühen der Etappe angelangt.
Um strafbare Steuerhinterziehung
ging es auch bei einem zweiten internationalen Großprojekt, für das der
Aufschlag im Oktober 2014 in Berlin
gemacht wurde. Damals verpflichteten sich gut 50 Länder, automatisch
zwischen ihren Steuerbehörden Informationen über Bankenkunden auszutauschen. Inzwischen wollen über 90
Länder mitmachen. Es geht dabei um
den Datenaustausch zur Identität ausländischer Kontoinhaber, um Kontonummern, den Kontostand und gutgeschriebene Kapitalerträge mit dessen
jeweiligem Heimatland. Damit soll das
Tor für grenzüberschreitende Steuerhinterziehung zugeschlagen werden.
Zu den Unterzeichnern der Initiative
gehören auch viele Länder, die lange
im Ruf standen und teils noch stehen,
Steuersünder aus dem Ausland mit
Verschwiegenheit zu verhandeln, etwa
die Cayman Islands, die British Virgin
Islands und Guernsey, aber auch Liechtenstein und Luxemburg. Schäuble
nannte die Initiative einmal als die
„wirksamsten Mittel, um Steuerflucht
und Steuerhinterziehung umfassend
einzudämmen“.
Doch diese Initiativen benötigen
Zeit zur Umsetzung und auch hier wird
es Löcher im System geben. Zumal die
Panama-Papers zeigen, dass eben auch
Politiker und andere Persönlichkeiten
der Öffentlichkeit selbst in derartige Strukturen wie Briefkastenformen
verwickelt sein können. Unternehmen
und Privatpersonen werden am Ende
das Nachsehen haben. Die PanamaPapers werden wahrscheinlich genutzt
werden, um den weiteren Zugriff auf
persönliche und geschäftliche Daten
zu rechtfertigen.
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08. April 2016
Wirtschaft
Rohstoffe: Weltwirtschaft im Sog der Abhängigkeiten
Zwar sind in den vergangenen Wochen die Preise für Rohstoffe leicht gestiegen, doch von einer Erholung kann nicht die Rede sein
M
it 27 Dollar je Barrel erreichte Erdöl im Januar dieses Jahres seinen
bisherigen Tiefstand. Doch nicht nur die
Erdölpreise sind seit mehr als acht Monaten im freien Fall. Auch die Preise für
Rohstoffe wie Kupfer, Eisenerz und Zink
haben an den Finanzmärkten und in den
Förderländern tiefe Risse hinterlassen. Zu
den wirtschaftlichen Schwierigkeiten der
Schwellenländer Russland, Brasilien, Argentinien und China kamen diese Turbulenzen noch hinzu, um nur einige der rohstoffexportierenden Länder zu nennen.
Zwar sind in den vergangenen Wochen
die Preise für Rohstoffe wie Kupfer, Eisenerz und Erdöl wieder leicht gestiegen,
doch von einer Erholung kann nicht die
Rede sein. Zu stark sind die Abhängigkeiten der Förderländer vor allem vom Erdöl,
aber auch von den Investitionen aus den
westlichen Ländern. Und diese haben in
den vergangenen Monaten ebenfalls abgenommen. Das schwächt die Schwellenländer zusätzlich und reduziert wiederum
deren Nachfrage nach Produkten aus den
westlichen Ländern. Ganz abgesehen davon, dass noch immer Überkapazitäten
herrschen.
Die Grundproblematik liegt in der erheblichen Abhängigkeit der Länder, die Erdöl
exportieren. Während sich der Erdölexport in Europa lediglich auf Norwegen
und in Nordamerika vornehmlich auf Kanada konzentriert, sieht es in Südamerika,
dem Mittleren Osten, Afrika und Eurasien
ganz anders aus. Hier überwiegt die Zahl
der Rohstoffexporteure. Zu Beginn des
zweiten Jahrtausends lag der Anteil der
Rohstoff-Exporte bei etwa 20 bis 30 Prozent. Mittlerweile hat er 60 bis 80 Prozent
erreicht.
Allein schon durch die Preishausse konnten viele Regierungen mit dem Export von
Rohstoffen entscheidende Gewinne einfahren. Diese allerdings hatten erheblich
negative Auswirkungen auf ökonomischer
und sozialer Ebene. Die Gier nach dem
schnellen Geld führte zu einer starken
Konzentration auf den Wirtschaftszweig
der Rohstoffförderung und des Exportes.
Die Investitionen in andere Branchen und
in Bildung wurden in etlichen Ländern
jahrzehntelang vernachlässigt. Wer in einem auf den Export von Rohstoffen konzentrierten Land etwas werden wollte, konzentrierte sich auf eine Ausbildung genau
in eben diesem Sektor.
Fachkräfte in anderen Branchen gibt es
kaum oder diese sind ins Ausland gegangen. Hinzu kommt, dass der Erfolg beim
verringert worden. Und es ist davon auszugehen, dass dieser Abschwung noch eine
Weile anhält, da China gerade den Sprung
von einem Industriestaat zu einem Dienstleistungsstaat unternimmt. Viele Unternehmen und Arbeiter im Land werden
dabei auf der Strecke bleiben, was auch
international zu einigen Verschiebungen
führen wird.
Während sich der Erdölexport in Europa lediglich auf Norwegen und in Nordamerika vornehmlich auf
Kanada konzentriert, sieht es in Südamerika, dem Mittleren Osten, Afrika und Eurasien ganz anders
aus.
Foto: EU-Kommission
Rohstoffexport nicht selten zur Bereicherung der Eliten und zu Korruption geführt
hat. Die Gewinne aus den Bodenschätzen
kamen bei den meisten in der Bevölkerung nie an. Umso dramatischer ist es in
Zeiten sinkender Rohstoffpreise. Es gibt
keine funktionierende Wirtschaft, die den
Abschwung bei den Rohstoffen auffangen
könnte. Und befindet sich ein Land bereits
in einer Wirtschaftskrise, wie etwa Brasilien oder Venezuela, dann wirken sinkende
Rohstoffpreise wie ein Brandbeschleuniger.
Angesichts des wirtschaftlichen Abschwungs in China ist entsprechend die
Nachfrage nach Rohstoffen noch einmal
Doch ohne einen Abbau der massiven
Überkapazitäten ist mit einer langfristigen Erholung am Rohstoffmarkt nicht zu
rechnen. Das gilt für Kupfer genauso wie
für Eisenerz und Erdöl. Derzeit liegt beispielsweise die Produktion von Erdöl um
etwa drei Millionen Barrel pro Tag über der
Nachfrage. Die Mehrheit der Eisenerz und
Kupfer produzierenden Unternehmen versucht seit einigen Monaten aufgrund der
gesunkenen Preise ihre Kosten zu senken,
andererseits erhöhen sie trotz weltweiten
Überkapazitäten ihre Produktion. Noch
immer werden neue Minen geöffnet. In
Bezug auf die bestehenden Überkapazitäten spielt China eine herausragende Rolle.
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Das Land ist der weltgrößte Importeur von
Rohstoffen. Bei vielen Metallen beträgt der
Anteil Chinas am Weltverbrauch mehr als
50 Prozent. China produziert 46 Prozent
des weltweiten Stahls und verbraucht
über 80 Prozent des 1,3 Milliarden Tonnen umfassenden, weltweit gehandelten
überseeischen Eisenerzes. Auch 45 Prozent
des weltweiten Kupfers gehen nach China.
Doch das meiste davon wird nicht weiterverarbeitet.
70 Prozent des importierten Kupfers in
China werden als sogenanntes PhantomInventar genutzt. Unternehmen erhalten günstige Kredite mit vergleichsweise
niedrigen Zinsen, um Kupfer ins Land einführen zu können. Und ein Großteil eben
dieses Kupfers wird dann als Sicherheit für
einen größeren Bankkredit hinterlegt. Chinas Banken sitzen auf Kupferbeständen.
Droht die Schuldensituation im Land zu
eskalieren, könnten die Banken beginnen,
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ihre Kupfersicherheiten wieder zu Geld
zu machen. Das würde zu einem Ausverkauf führen und für dramatische Entwicklungen an den Rohstoffmärkten sorgen.
In jedem Falle aber sorgt die Situation in
China bereits jetzt schon dafür, dass die
Überproduktion von Rohstoffen sich noch
weiter erhöht hat – allein dadurch, dass die
Nachfrage aus China gesunken ist. Im Februar fielen die Importe des Landes den 16.
Monat in Folge.
Innovation
Forschungen zu Energiegewinnung durch Nuklearfusion
Die Sonne produziert durch die Fusion von Atomkernen riesige Mengen von Energie in Form von Hitze
Die Sonne als Vorbild.
A
m chinesischen Institute of Physical
Science versuchen Wissenschaftler,
die Kraft der Sonne auf ganz neue Weise
für die Energieversorgung zu nutzen. Die
Kernfusion soll zukünftig das Energieproblem auf der Welt lösen. Dazu haben sich
die Forscher ganz genau die Vorgänge in
und auf der Sonne angesehen: mit der
Verschmelzung von Atomkernen. Im Februar gelang es ihnen, dank einer Nuklearfusion ein Plasma zu erzeugen, das mit
49,99 Millionen Grad (50 Millionen Kelvin) fast drei Mal so heiß wie das Innere
der Sonne ist.
Foto: NASA/GSFC/Solar Dynamics Observatory
Doch das allein war nicht das einzig
Außergewöhnliche. Sie konnten das Plasma auch 102 Sekunden lang auf dieser
Temperatur halten, so das Team des Experimental Advanced Superconducting
Tokamak (EAST). Ihr Ziel ist es, ein Plasma
zu kreieren, das eine Temperatur von 100
Millionen Kelvin erreicht und diese Temperatur länger als 1.000 Sekunden halten
kann: Das sind fast 17 Minuten.
Kurz vor dem Erfolgserlebnis der Wissenschaftler vom Institute of Physical Science in Hefei, macht das Max-Planck-Institut in Greifswald von sich reden. Ihnen
war es gelungen, in der Fusionsanlage
Wendelstein 7-X das erste WasserstoffPlasma zu erzeugen. „Mit einer Temperatur von 80 Millionen Grad und einer
Dauer von einer Viertel-Sekunde hat das
erste Wasserstoff-Plasma in der Maschine
unsere Erwartungen vollständig erfüllt“,
sagt Hans-Stephan Bosch, dessen Bereich
für den Betrieb von Wendelstein 7-X zuständig ist.
Wendelstein 7-X, die weltweit größte
Fusionsanlage vom Typ Stellarator, werde keine Energie erzeugen, so das MaxPlanck-Institut. Trotzdem soll die Anlage
beweisen, dass auch Stellaratoren kraftwerkstauglich seien. Mit Wendelstein 7-X
solle die Qualität des Plasmaeinschlusses
erstmals der eines Tokamaks ebenbürtig
werden:
„Ein Ring aus 50 supraleitenden,
etwa 3,5 Meter hohen Magnetspulen ist
das Kernstück der Anlage. Ihre speziellen
Formen sind das Ergebnis ausgefeilter
Optimierungsrechnungen der Abteilung
‚Stellarator-Theorie‘ und ihrer über zehnjährigen Suche nach einem besonders
wärmeisolierenden magnetischen Käfig.
Die Spulen sind auf ein stählernes Plasmagefäß aufgefädelt und von einer ringförmigen Stahlhülle umschlossen. In ihrem
luftleer gepumpten Innenraum werden
die Spulen mit flüssigem Helium auf Supraleitungstemperatur bis nahe an den
absoluten Nullpunkt abgekühlt. So verbrauchen sie nach dem Einschalten kaum
Energie. Der von ihnen erzeugte Magnetfeldkäfig hält im Inneren des Plasmagefäßes das Forschungsobjekt der Wissen4
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schaftler in Schwebe, das 30 Kubikmeter
füllende ultra-dünne Plasma.“
In den vergangenen 60 Jahren konnte
bei Versuchen das Plasma nie länger als
20 Sekunden auf gleichbleibender Temperatur gehalten werden. Und doch wird
es dem erfolgreichen chinesischen Wissenschaftlern zufolge noch Jahre dauern,
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bis es möglich sei, eine in der Wirtschaft
einsetzbare Plasma-Maschine zu bauen,
die über Jahrzehnte hinweg eine stabile
Leistung erbringen könnte.
Innovation
Wie Fruchtschalen Autofahrer zukünftig schützen sollen
Die Schale von Früchten kann großem Druck und sehr hohen Krafteinwirkungen widerstehen
D
Der Schale der Macadamia können
Stiche und Schläge kaum etwas anhaben. Untersuchungen haben eine siebenschichtige Sandwichstruktur zum
Vorschein gebracht. „Die Festigkeit der
Macadamia-Schale beruht nicht auf
der Dicke der Schale, sondern auf ihrer
Faserstruktur, die andere Nussschalen
nicht aufweisen – so unsere Erkenntnis“,
sagt Paul Schüler. Die äußere Schale weise kugel- bis kartoffelförmige, sogenannte Sklereid-Zellen mit dicken Zellwänden
auf. Dann folgt eine dicke Schicht mit
ineinander verflochtenen Sklerenchymfasern.
Die Pomelo- und Macadamia-Schalen sind herausfordernde Inspirationsquellen für die bionische Entwicklung
von Schutz- oder Behältermaterialien“.
Aus diesem Grund arbeiten die Wissenschaftler an neuen Materialien und
nutzen die Funktions- und Strukturprinzipien der Schalen. Interessant
wäre, so Schüler, ein neues Material
zu entwickeln, das die Eigenschaften der Pomelo-Schale und die
der Macadamia-Nuss miteinander
kombiniert. Aus einem solchen Material könnten dann Sturzhelme,
Schutzwesten oder Crashabsorber beim Auto hergestellt werden.
„Und geradezu fantastisch wäre
es, gelänge es, die Außenhülle eines Flugzeuges aus einem solchen
Material zu bauen, sodass es einen Absturz übersteht und nicht
auseinanderbricht. Die Passagiere
blieben geschützt.“
Derzeit experimentieren sie an
der Universität mit einem Material aus einer Aluminiumlegierung.
Diese ist extrem leicht, verfügt
über eine offenporige Schaumstruktur und ist der Schale der PoDie Pomelo-Frucht ist die größte Zitrusfrucht der Welt und dank ihrer Schale extrem geschützt.
melo nachempfunden.
Foto: Flickr/John Loo/CC by 2.0
ie Zitrusfrucht Pomelo könnte zukünftig das Autofahren noch sicherer machen. Pomelos gehören zu den
schwersten und größten Zitrusfrüchten
der Welt. Ihre Schale ist so widerstandsfähig, dass selbst ein Aufprall aus zehn
Metern Höhe auf einen Betonboden
ihr nichts anhaben kann. Die zwei bis
drei Zentimeter dicke Schale der Frucht
absorbiert dabei 90 Prozent der kinetischen Energie. Wie das genau funktioniert haben sich nun Wissenschaftler der
TU Berlin, sowie der RWTH Aachen und
der Universität Freiburg angesehen.
„Die hohe und effiziente Energieabsorption der Pomelo-Schale liegt in
ihrer inneren Struktur begründet“, sagt
Paul Schüler vom TU-Fachgebiet Werkstofftechnik. So ist die Schale im Inneren
höchst komplex und basiert auf einer offenporigen Schaumstruktur: „Der äußere Randbereich ist sehr fein-, der mittle-
re großporig und im Übergangsbereich
zum Fruchtfleisch hin sind die Poren
langgestreckt“, so die Wissenschaftler.
Steife, sich verzweigende Faserbündel,
die senkrecht zur Außenseite der Schale verlaufen, sorgen für eine zusätzliche
Stabilität.
„Das enorme, spezifische Energieabsorptionsvermögen der Schale wird
aber ganz offensichtlich durch die Stege der Schaumstruktur erzeugt. Diese
sind innen hohl und mit einer Flüssigkeit gefüllt“, so Schüler. Beim Aufprall
werde die Flüssigkeit von einem Steg in
den anderen gedrückt und bewirke die
stoßdämpfende Eigenschaft. Das Ergebnis: Die Schale platzt nicht auf und das
Fruchtfleisch wird vor dem schnellen
Verrotten bewahrt.
Inspiriert von der Schale der Pomelo-Frucht haben die Wissenschaftler
auch die Macadamia-Nuss angesehen.
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Wirtschaft
Billiger Ölpreis macht Suezkanal unattraktiver
Der traditionelle Suezkanal wird derzeit von deutlich weniger Schiffen genutzt als üblich
F
ast 20 Jahre und etliche Leben hat
der Bau des Suezkanals gekostet. Fertiggestellt 1869 konnten die Händler mit
ihren Schiffen erheblich Zeit sparen. Der
Suezkanal ist seitdem ein wichtiges Bindeglied zwischen dem Roten Meer und
dem Mittelmeerraum. So wichtig, dass
sich die Regierung sogar entschlossen hat,
ihn auszubauen, weil die Schiffe in den
vergangenen Jahrzehnten immer größer
geworden sind und der Handel zugenommen hat.
Der Ausbau soll dem ägyptischen Präsidenten Abd al-Fattah as-Sisi eigentlich
höhere Staatseinnahmen ermöglichen.
Im August des vergangenen Jahres wurde eine 35 Kilometer lange zweite Rinne
eingeweiht. Die Staatseinnahmen sollen
mit dem Ausbau von 8 Prozent auf fast
20 Prozent erhöht werden. Bis 2023 sollte
der Ertrag auf 13,2 Milliarden Dollar gesteigert werden. Doch die aktuellen Ölpreise
machen Ägyptens Regierung einen Strich
durch die Rechnung.
Denn immer mehr Schiffe entscheiden
sich, eben nicht die Route durch den Suezkanal zu nehmen. Stattdessen nehmen sie
wieder die ursprüngliche Route über das
Kap der guten Hoffnung am südlichsten
Punkt Afrikas. Immerhin über 100 Schiffe sind allein zwischen Oktober 2015 und
Ende Dezember 2015 dort entlang gefahren.
„Ich befasse mich seit acht Jahren mit der
Schifffahrt“, zitiert die BBC Michelle Wiese
Der Suezkanal ist seit über hundert Jahren ein wichtiges Symbol für den Welthandel.
Foto: Flickr/Photographic Heritage/Cc by 2.0
Bockmann von OPIS Tanker Tracker. „Es ist
sehr selten, einen solchen Betrieb rund um
das Kap zu sehen.“ Und das, obwohl eine
Umrundung des Kaps den Weg von Rotterdam nach Singapur um 6.500 Kilometer
verlängert. Einer der triftigen Gründe für
diese Entwicklung seien die niedrigen Ölpreise.
Der niedrige Ölpreis hat dafür gesorgt, dass
der Schiffsdiesel ebenfalls gesunken ist:
Von 400 Dollar (Mai 2015) auf 150 Dollar
pro Tonne. Nimmt man die Angaben von
Maersk, wonach eine Durchfahrt durch
den Suezkanal etwa 350.000 Dollar pro
Schiff und Passage kostet, ist eine Umfahrung des Kaps derzeit einfach billiger als
eine Durchfahrt durch den Kanal. Hinzu
kommt, dass die Schiffe, die den Kanal
durchqueren, für diese Zeit auch noch eine
heimische Crew beherbergen müssen.
EU
Millionen an Steuergeldern für Spaniens Großgrundbesitzer
Die EU verteilt Millionen Euro an Agrar-Subventionen an reiche Großgrundbesitzer in Spanien
D
ie EU hat 250 Millionen Euro an Agrar-Subventionen an die reichsten
Großgrundbesitzer in Spanien verteilt.
Mindestens 60 der 200 reichsten Familien
in Spanien bekamen seit 2008 rund 1,1 Millionen Euro an Subventionen pro Betrieb.
Dies belegen Zahlen des spanischen Garantiefonds für die Landwirtschaft FEGA
und der Seite Farmsubsidy laut einem Be-
richt der spanischen Zeitung El Diario.
Demnach bekam etwa die andalusische Familie Mora Figueroa mit einem
geschätzten Mindestvermögen von 800
Millionen Euro insgesamt rund 50 Millionen Euro an EU-Geldern für ihre zahlreichen landwirtschaftlichen Betriebe.
Besonders interessant ist die Familie
Domecq wegen ihrer starken Verstrickung
in die Politik: So ist etwa der aktuelle EUKommissar für Klima und Energie sowie der frühere Landwirtschaftsminister
Spaniens Miguel Arias Cañete mit einer
Domecq verheiratet. Die Familie erhielt
knapp 37 Millionen an EU-Subventionen,
verteilt auf die 42 landwirtschaftlichen
Betriebe der weit verzweigten Aristokratenfamilie mit einem Schätzvermögen
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Die Agrar-Subventionen machen noch immer den größten Anteil der EU-Ausgaben aus.
von mindestens 400 Millionen Euro.
Die Familie des Ministers selbst erhielt allein während seiner Amtszeit als
Landwirtschaftsminister 1,8 Millionen
Euro an Subventionen, wie die Zeitung El
Confidencial enthüllte. Cañetes anschließende Ernennung zum EU-Energie- und
Umweltkommissar wurde heftig kritisiert,
da seine Familie zudem in mehrere Erdölprojekte verstrickt ist und Anteile an zwei
Ölfirmen hält.
Der Vorwurf von El Diario lautet daher, die EU subventioniere mit Steuergeldern den Reichtum weniger Familien.
Gerade große Familienkonzerne wie Mercadona oder Nutrexpa (Colacao, Nutella,
Cuétara) haben großzügige Zuschüsse
empfangen. Nach Berechnungen von El
Diario erhielten die landwirtschaftlichen
Unternehmen der 60 reichsten Familien
im Schnitt jeweils 1,1 Millionen Euro in
sechs Jahren. Sie werden überproportional stark gefördert, während die kleinen
Landwirte kaum von den Hilfsgeldern
profitieren. Von den 900.000 spanischen
Bauern, die sich im selben Zeitraum für
diese Hilfen bewarben, bekam im Schnitt
jeder Betrieb rund 44.000 Euro. Insgesamt entfielen rund 250 Millionen Euro
der Agrar-Subventionen aus diesem Zeitraum auf die 60 reichsten Großgrundbesitzer.
Das aktuelle System verteilt also
weiter die meisten Hilfsgelder an dieje-
08. April 2016
Foto: Flickr/ Luca Volpi/CC by sa 2.0
nigen, die sie am wenigsten benötigen,
und das obwohl es bereits seit Jahren
kritisiert wird: So informierte die Organisation Tierärzte ohne Grenzen bereits
2011 in einem Aufklärungsvideo: „Wieso
überschwemmen wir die Aristokratie der
Großgrundbesitzer mit Millionen von
Euro an Steuergeldern?“
Die meisten dieser Zuschüsse wurden durch die Betriebsprämienregelung
gewährt. Es handelt sich dabei um Direktzahlungen, die von der Produktion abgekoppelt sind. Bezogen auf die besessene
Grundfläche dienten die EU-Agrar-Beihilfen daher vor allem dazu, das Einkommen
der großen spanischen Landbesitzer weiter zu vergrößern.
Impressum Geschäftsführer: Christoph Hermann, Karmo Kaas-Lutsberg. Herausgeber: Dr. Michael Maier (V.i.S.d. §§ 55 II RStV). Chefredakteurin:
Jennifer Bendele. Redaktion: Anika Schwalbe, Gloria Veeser, Nicolas Dvorak. Sales Director: Philipp Schmidt. Layout: Nora Lorz. Copyright: Blogform
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