Bausteine einer wissenschaftlichen Karriere

Bausteine einer wissenschaftlichen Karriere
Roland Langrock | Lehrstuhl Statistik und Datenanalyse
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Wer bin ich und wie bin ich hier gelandet?
Roland Langrock, geb. 1983
2003–2008 Studium der Mathematik (Diplom) in Heidelberg
(Anfang 2008: Bewerbung für Quereinstieg in den Lehrerberuf — auf
Drängen meines Umfelds hin dann aber doch wieder verworfen)
2008–2011 Promotion in WiWi (Statistik) in Göttingen
2011–2013 Postdoc in St Andrews (UK) in einer interdisz. Gruppe von
Statistikern und Biologen — wichtigste Phase meiner Karriere (Profilbildung)
(Sommer 2013: 2. Platz auf einer W2-Liste (mit tenure track) an der LMU)
2013–2015 Lecturer (Statistik) in St Andrews (unbefristet!)
Sommer 2015: Ruf nach Bielefeld auf W3-Professur
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Was war in meinem Fall entscheidend?
Zielstrebigkeit — ab 2011 habe ich wirklich hart auf eine wissenschaftliche
Karriere hingearbeitet
Timing und (ganz viel) Glück:
• ... bei der Wahl meines Doktorvaters/des Themas
• ... mit meinem Umfeld (insb. St Andrews)
• ... hinsichtlich der Situation in Bielefeld
Unterstützung durch Mentoren (in meinem Fall derer vier)
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Wichtige beeinflussbare Bausteine einer Uni-Karriere
Publikationen
Mentoren/Netzwerk/Umfeld
Drittmittel
Impact, Zitierungen, Sichtbarkeit der eigenen Forschung
Lehrerfahrung
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Ebenso wichtige, aber schlecht planbare Bausteine
Glück
Timing
Social skills
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Planbare Bausteine — Publikationen
ob man eine Professur bekommt hängt letztendlich vor allem von den
Publikationserfolgen ab (zumindest in meinem Gebiet)
hoher Forschungsoutput ist i.d.R. ein notwendiges Kriterium für die
Ruferteilung an einer Uni (manchmal sogar ein hinreichendes!)
daher: am Anfang der wissenschaftlichen Karriere so viel Energie wie
möglich in Forschungs-/Publikationsaktivitäten stecken
dies garantiert natürlich nicht den Erfolg, ist m.E. aber der beste Weg um
die Erfolgswahrscheinlichkeit zu maximieren
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Tipps zum Thema Publikationen — Teil I
trendige Themen erkennen und ggf. erschließen
zielstrebig sein, d.h. insbesondere:
• vielversprechende Ideen mit Nachdruck verfolgen
• scheiternde Projekte frühzeitig als solche erkennen und verwerfen
an guten Ko-Autoren festhalten!!!
Möglichkeiten für Ko-Autorschaften ergreifen
immer an mehreren Projekten (mit versch. Ko-Autoren!) arbeiten → höhere
Produktivität, weniger Durststrecken, mehr Vielfalt im CV
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Tipps zum Thema Publikationen — Teil II
Schreibstil durch Feedbackeinholung ständig verbessern
nicht zu perfektionistisch sein, insb. bei Ersteinreichungen (aber auch keine
unfertigen Arbeiten einreichen!)
Lehre sollte eine kleine Rolle relativ zur Forschung einnehmen
Zeitmanagement!!! (z.B. durch realistische to do Listen)
realistische (kurzfristige, mittelfristige und langfristige) Ziele setzen und
prüfen ob sie eingehalten wurden
nicht unterkriegen lassen von ungerechten Gutachten
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Stichwort Gutachten...
Von Zeit zu Zeit kriegen wir alle vernichtende Urteile — aus meiner Sammlung:
“This is a very straightforward exercise that I would perhaps give as an
assignment to my masters students.”
“Not even my undergraduate students would make such an error”
“The authors don’t seem to be familiar even with the basic techniques
available”
“I can see no novelty whatsoever”
“There’s nothing that I can see in the proposal that the community doesn’t
know about since the 1960s”
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Wie geht man hiermit um?
sich klar machen, dass peer review nunmal zum Teil eine Lotterie ist
(und man manchmal eben an ein Arschloch gerät...)
sich klar machen, dass es allen so geht
langfristig spielt Gutachterpech kaum eine Rolle, daher ist Selbstmitleid
i.d.R. nicht angebracht (Enttäuschung aber natürlich schon)
über negative Erfahrungen mit Kollegen sprechen
einen Tag ärgern, dann weitermachen (d.h. woanders einreichen)
aber: angebrachte Kritik unbedingt ernst nehmen!
(häufiges Problem: gute Idee wird schlecht kommuniziert)
nicht selber zum Arschloch werden! (Karma)
“happy times” E-mail-Ordner einrichten
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Planbare Bausteine — Mentoren/Netzwerk/Umfeld
einen guten Mentor und Förderer zu haben ist Gold wert: kann als Türöffner
fungieren, wichtige Kontakte herstellen, Sichtbarkeit der Forschung
erhöhen, Publikationschancen verbessern, ...
wenn man gut vernetzt ist rutscht man schneller mal in ein Projekt mit hinein
ein gutes Netzwerk zu haben kann die Chancen in einem
Bewerbungsverfahren signifikant erhöhen
wie findet man einen Mentor? indem man Kontakte knüpft!
simpler Tipp zum Kontakte knüpfen: bei Konferenzen auf Leute zugehen
und ihren Vortrag loben (generell immer gut: Interesse an der Forschung
anderer zeigen und aussprechen — auch öffentlich, z.B. auf Twitter)
regelmäßig um Feedback und Tipps zur eigenen Entwicklung bitten
Karma! (es gibt zwar immer wieder Leute, die einen ausnutzen, aber auch
solche, die einen Gefallen “zurückzahlen” wollen — und meiner Erfahrung
nach zahlt es sich langfristig aus, nett zu sein)
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Planbare Bausteine — Drittmittel
Dafür bin ich leider nicht die richtige Ansprechperson — bisher wurden
alle meine Anträge abgelehnt...
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Planbare Bausteine — Impact, Zitierungen, Sichtbarkeit
Forschung betreiben die von Interesse und relevant ist
(für Sie UND für die community)
Alleinstellungsmerkmal herausarbeiten (“HMMs, das macht doch der
Langrock”), aber nicht zu spezialisiert sein (→ eierlegende Wollmilchsau)
Forschungsergebnisse kommunizieren, Aufmerksamkeit generieren (eigene
Webseite, Blog, Twitter, researchgate, etc.)
auf Konferenzen aktiv sein (nicht nur während des eigenen Vortrags!)
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Planbare Bausteine — Lehrerfahrung
spielt in meinem Bereich nur eine untergeordnete Rolle
wenn man hinreichend viele Publikationserfolge für eine Professur
vorzuweisen hat, dann ist man meistens so weit fortgeschritten in der
Karriere, dass man sowieso auch schon ein bisschen Lehrerfahrung
vorweisen kann
ob man nun 5, 10 oder 30 Vorlesungen betreut hat spielt nach meiner
Erfahrung keine nennenswerte Rolle in Berufungsverfahren
vor dem letzten Semester hatte ich gerade einmal zwei Vorlesungen
gehalten!
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Allgemeine Tipps/Ratschläge — Teil I
sich mit anderen zu vergleichen ist normal, sollte aber nicht allzu
exzessiv betrieben werden
in der Wissenschaft gibt es immer Leute, die wesentlich beeindruckendere
CVs haben als man selbst — macht nix, einfach auf sich selbst schauen
die allermeisten (postdocs) sind genauso unsicher wie man selbst
Wissenschaft nicht als Wettkampf betrachten, sondern sich Ziele stecken,
bei deren Erreichung man mit sich selber zufrieden ist, unabhängig davon
wieviel andere leisten
Lockerheit bzgl. des Ziels Professur ist wichtig — man kann dies einfach
nicht am Reißbrett planen, und selbst mit einem nahezu perfekten CV muss
es nicht unbedingt klappen
keine Professur zu bekommen ist kein Versagen!
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Allgemeine Tipps/Ratschläge — Teil II
die Chance keine feste Stelle an der Uni zu bekommen ist leider sehr hoch
daher ganz wichtig: es gibt ein Leben außerhalb der Uni!
einen einigermaßen zufriedenstellenden Plan B zu haben gibt Sicherheit
wenn der Frust überwiegt: vielleicht besser die Reißleine ziehen?!
Familie und wiss. Karriere schließen sich meiner Meinung nach nicht aus ...
... aber der Partner/die Partnerin muss flexibel sein und mitziehen
(und natürlich ist es ein Kraftakt!)
Auslandsaufenthalt z.B. während der Postdoc-Zeit ist sinnvoll
Ortswechsel sind zwar nicht unbedingt notwendig, aber doch
empfehlenswert — nicht zu gemütlich sein!
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Viel Erfolg auf Ihrem Weg!
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