SCHWEINEHALTUNG Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben INHALT Große Würfe – von simpel bis HighTech . . . . 30 Streptokokken stoppen . . 34 Den Wind gezähmt . . . . . 37 Fotos: Brosthaus Herr der Fliegen . . . . . . . 40 Große Würfe – von simpel bis HighTech Große Würfe sind ein Segen, aber auch eine Herausforderung. Mit welch unterschiedlichen Strategien drei Sauenhalter große Würfe erfolgreich großziehen, zeigen unsere Praxisreportagen. S o schön viele lebend geborene Ferkel sind – für Sauen ist es ein Marathon, genügend Milch für einen großen Wurf zu produzieren. Damit die Sauen nicht zu viel Kondition verlieren und die Ferkelverluste gering blei- ben, sind die Ferkelerzeuger gefordert. Von der Geburtsbetreuung bis zum Absetzen müssen sie Zeit und Geld investieren, um möglichst viele Ferkel großzuziehen. Dass sie einen guten Job machen, zeigen die Zahlen der Erzeugerringe. Trotz der stark gestiegenen Ferkelzahlen pro Wurf sind die Verluste längst nicht im gleichen Maße gestiegen. Welchen Weg Sauenhalter dabei wählen, hängt von den persönlichen Vorlieben, der verfügbaren Zeit, dem Geschick mit Tier und Technik und vom Geldbeutel ab. Wir stellen drei Ferkelerzeuger vor, die vom reinen Sortieren über die Selbstbaulösung bis zur professionellen Saugferkel-Flüssigfütterung ihren Weg für hohe Absetzleistungen gefunden haben. Sortieren ist Chefsache Jakob Maaßen setzt 34 Ferkel pro Sau und Jahr ab, ohne auch nur einen Tropfen Milch zu füttern. J Nach der Biestmilchphase beginnt das große Tauschen in Jakob Maaßens Stall 30 14 / 2016 akob Maaßen aus Kevelaer ist Sauenhalter durch und durch mit einem hervorragenden Blick fürs Tier. Den braucht er täglich. Denn trotz großer Würfe mit durchschnittlich 15,6 lebend geborenen Ferkeln gibt es in seinem Stall weder Milchschalen noch technische Ammen. Allein durch intensives Ferkelversetzen gelingt es ihm, 88,5 % der geborenen Ferkel abzusetzen. Obwohl die Ferkel beim Absetzen nur 5,3 kg wiegen, bewegen sich die Verluste im Flatdeck mit 2,3 % im Schnitt. „Den genetischen Vorteil der vielen lebend geborenen Ferkel dürfen wir nicht durch höhere Verluste verspielen“, ist Maaßens Überzeugung. An jeder Zitze ein Ferkel Der Schlüssel zum Erfolg seines Systems ist für Jakob Maaßen ein voll funktionsfähiges Gesäuge der Sauen: „Nur wenn alle Zitzen kräf- SCHWEINEHALTUNG Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben tig angesäugt werden, kann ich Ferkel umsetzen.“ Ebenso wichtig: Auch im Folgewurf bleibt das Gesäuge leistungsfähig. Deshalb greift er in die Trickkiste, wenn in einer Gruppe zu wenig Ferkel geboren werden. Im 24-Stunden-Takt tauscht er dann die Würfe zwischen zwei Sauen: Die eine bekommt 8 Ferkel, die andere 14. So bleibt bei beiden das Drüsengewebe aktiv. Mit dem Umsetzen beginnt der Landwirt im Allgemeinen nach der Biestmilchphase: „Doch wenn ich sehe, dass Ferkel bei ihrer Mutter nicht zum Zuge kommen, dann setze ich 13 bis 14 von den Kleinen für 24 Stunden an eine Jungsau, damit sie sich mit Biestmilch sattsaufen können.“ Nach der ersten Behandlung mit Nabelkürzen und Zähneschleifen beginnt für alle anderen Ferkel das große Tauschen. In den zwei Wannen des Behandlungswagens werden die Ferkel nach Größe vorsortiert. Die kleinen Ferkel setzt Maaßen komplett an Jungsauen, da sie dort reichlich Milch bekommen und die Gesäugeleiste in erreichbarer Höhe ist. Die schwersten Ferkel werden bei den älteren Sauen gesammelt. Die Ferkelzahl passt Maaßen an das Alter der Sauen an. Bis zum A und O des Ferkelversetzens ist für Jakob Maaßen ein voll entwickeltes Gesäuge, das gute Milchleistung im aktuellen und im Folgewurf garantiert. dritten Wurf bekommen die Sauen bis zu 16 Ferkel, um alle Zitzen gut auszubilden. Ältere Sauen erhalten 15 Ferkel. Ab dem sechsten Wurf reduziert der Landwirt auf maximal 14 Ferkel. „Denn das Gesäuge wird nicht besser“, so Maaßens Kommentar. Jedes Ferkel im Blick Doch danach ist nicht Schluss mit dem Versetzen. Die komplette Säu- geperiode hindurch behält der engagierte Sauenhalter die Ferkelentwicklung im Auge. Beim Füttern beurteilt Maaßen täglich jeden Wurf der 30er-Abferkelgruppe. Bleibt ein Ferkel zurück, legt der Landwirt es zu einer jüngeren Sau, deren schwerstes Ferkel er einem anderen Wurf zuordnet. Dadurch wird eine milchreiche Zitze für den Neuling frei. „So können sich Kümmerer konditionell an die anderen Ferkel ranarbeiten“, erklärt Flüssigfütterung für Saugferkel Eine Sensorfütterung für Milch, flüssigen Prestarter und festen Prestarter – Heinz Terstriep versorgt schon die Saugferkel mit aufwendiger Technik. D as Verteilen des Prestarters gab bei Heinz Terstriep aus Ahaus-Alstätte den Ausschlag, die Nutrix+-Flüssigfütterung der Firma Weda für Saugferkel zu testen. Denn diese füttert auch am Wochenende viele Male täglich entsprechend dem Hunger der Ferkel – ohne dass ein Mitarbeiter dazu in den Overall schlüpfen muss. Doch kann die Fütterung nicht nur Prestarter, sondern auch Milch und Ferkelaufzuchtfutter verteilen. Jeweils zwei Buchten teilen sich eine Fressschale. Wenn der Sensor „leer“ meldet, dosiert eine frequenzgesteuerte Kreiselpumpe Milch oder Futterbrei aus dem 125 l fassenden Anmischbehälter nach. Für jede Gruppe kann man Abfragezeiten, Mischungen und Futterkurven hinterlegen. Doch kostet der Komfort Einarbeitungszeit und benötigt regelmäßige Übung. Deshalb ist immer ein Mitarbeiter täglich für die Bedienung der Anlage zuständig. In Terstrieps Betrieb befüllt ein Futterbehälter 32 Tröge, sprich 64 Abferkelbuchten. Ab dem zweiten bis dritten Tag, wenn der Großteil der Gruppe geferkelt hat, verteilt die Fütterung Elektrolyte als Begrüßungstrunk. Danach bekommen die Ferkel bis zum zehnten Tag Milch. Anfangs werden 100 g Milchpulver pro Liter Wasser aufgelöst. Das steigert sich auf 130 g/l bis zum zehnten Tag. Je nach Komponente wählt der Prozessrechner die richtige Wassertemperatur zum Anmischen. aufgenommen. Deshalb wartet Terstriep mit der Umstellung bis zum 21. Tag, wiederum mit einer Verschneidungsphase von drei Tagen. Maaßen seine Taktik. Einzige Ausnahme sind Ferkel mit Durchfall. Aus diesen Würfen wird nicht versetzt. Nach 14 Tagen ist die kritische Zeit vorbei. Ferkel, denen dann Milch fehlt, kompensieren diese an der Futterschale und langen verstärkt beim Prestarter zu. Beim Absetzen nach 21 Tagen Säugezeit gönnt Maaßen den kleinsten Ferkeln noch einen Nachschlag. Sie dürfen zwei Wochen lang bei vier bis fünf Schlachtsauen der Gruppe nachsäugen. Die Hygiene bleibt gewahrt, da reichlich Abferkelplätze und kleine, separate Abteile vorhanden sind. Diese Ferkel kommen mit der nächsten Gruppe ins Flatdeck. Beim Absetzen sortiert Maaßen die Ferkel nach Größe. Die Buchten belegt er zunächst über. Nach vier Wochen sortiert er das schwerste Drittel ab und stallt dieses in ein separates Abteil um. So kann er das Futter optimal anpassen. Fazit: Jakob Maaßen erreicht hohe Aufzuchtleistungen durch intensives Ferkelversetzen, da er ein hervorragendes Auge für Tiere hat. Das spart Investitionen und Kosten für Milchpulver. Dafür nimmt er geringere Absetzgewichte, längere Belegung des Flatdecks und höhere Belastungen der Sau in Kauf. sb Bei Milch fragt der Sensor ein- bis zweimal pro Stunde den Füllstand der Tröge ab, bei Prestarter alle zehn Minuten. Durch das Zischen der Ventile merken die Ferkel, dass eine frische Portion auf sie wartet. Bei Milch reicht es, einmal am Tag anzumischen. Der Prestarter muss zum Ende der Säugezeit zweimal täglich angesetzt werden, da das Behältervolumen nicht ausreicht. Anhand der Futterkurve und der Erst Milch, dann Prestarter Mit einer Verschneidung von drei Tagen bekommen die Ferkel danach flüssigen Prestarter. Vorteilhaft erwies sich ein Produkt auf Erbsenbasis, das sämig und homogen im Trog bleibt. Normaler Prestarter ist zwar deutlich günstiger, wird aber in dem Alter noch nicht genügend von den Ferkeln Morgens füllt die Auszubildende Anne Hoge Milchpulver oder Prestarter in die Behälter. Die grüne Leuchte signalisiert, ob das gewählte Gewicht erreicht ist. 14 / 2016 31 SCHWEINEHALTUNG am Vortag gefressenen Menge macht der Prozessrechner einen Vorschlag, wie viel Futter angemischt werden soll. Doch diesem folgt Mitarbeiter Thomas Schröer nicht immer: „Nach der Dreifachimpfung am 21. Tag sind die Tiere so geschafft, dass wir die zweite Mischung ausfallen lassen.“ Die Futterhygiene erledigt die An- lage automatisch. Ist der Behälter leer, wird Restfutter mit Luft aus der Leitung gedrückt. Wenn mangels Futter sechs Tröge nicht gefüllt werden, holt sich die Anlage 10 l Wasser und spült damit die Leitungen. Automatische Reinigung Morgens läuft zudem ein automatisches Reinigungsprogramm ab. „Wenn wir um halb sieben anfangen, ist alles blitzsauber“, freut sich die Auszubildende Anne Hoge. Um Probleme mit Eiweiß- und Fettresten zu verhindern, wird das System dienstags automatisch mit Lauge gespült, donnerstags mit Säure. Für die Mitarbeiter bleibt lediglich die Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben Trogpflege. Sie spritzen einmal täglich die Tröge mit einem scharfen Wasserstrahl sauber. Dass ständig Futter angeboten wird, kommt den Kleineren zugute. Die Würfe sind homogener, das Absetzgewicht ist um 500 g gestiegen und liegt aktuell bei 7,6 kg. Zudem fressen die Ferkel im Flatdeck zügig durch, da sie flüssiges Futter kennen. „Insgesamt holen sie dadurch eine halbe Woche heraus“, ist Thomas Schröer überzeugt. Demgegenüber stehen die Futterkosten plus die Investition in die Anlage. Für eine 900er-Gruppe hat der Betrieb 225 kg Milchpulver, 300 kg flüssigen Prestarter und 600 kg Prestarter im Gesamtwert von 1490 € gebraucht. Das entspricht 1,65 €/Ferkel. Heinz Terstriep jedenfalls ist so zufrieden, dass er schon drei weitere Anmischbehälter nachgerüstet hat. Fazit: Jederzeit Futter frei Schnauze, immer frisch – mit der Nutrix-Flüssigfütterung bekommen auch große Würfe genug zu fressen. Da nicht nur Milch, sondern auch Prestarter verteilt wird, halten sich die Futterkosten für Saugferkel in Grenzen. Zudem wird das Absetzloch beim Umstallen ins Flatdeck entschärft. Die Hygiene ist gut gelöst. Allerdings erfordert das System hohe Investitionskosten. Und für die Mitarbeiter ist es eine Herausforderung. sb Sicher und warm in der Box Aus der Not heraus hat Johannes Lax eine simple Ammenbox aus einem 1000-l-Container gebaut. Mittlerweile belegt er elf Boxen. A Thomas Schröer nutzt eine Aluschaufel als Spritzschutz bei der Trogreinigung. 32 14 / 2016 uslöser für die Idee waren zwei aufeinanderfolgende, sehr große Abferkelgruppen. „Es war keine einzige Abferkelbucht für Ammensauen frei“, erinnert sich Johannes Lax. Der junge Sauenhalter aus Geldern baute kurzentschlossen eine platzsparende Ammenbox für die mutter- lose Aufzucht aus einem handelsüblichen 1000-l-Container. Für Wärme sorgen zwei Infrarotlampen, die der Bucht ihren Namen „Disco-Box“ gegeben haben. Der Boden besteht aus Kunststoffrosten. Diese liegen auf Unterzügen aus Stahl, die in Schlitzen der Kunststoffwand be- festigt sind. Die Ferkel können Wasser aus der Beckentränke oder Milch aus dem Trog saufen. Nach und nach verfeinerte der Landwirt das System: Die Beckentränke wird heute über einen Klickverschluss ans Wassernetz angedockt. Ein Thermostat schaltet eine der beiden Infrarotlampen, Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben damit es weder zu warm noch zu kalt in der Box wird. Und der VAMilchtrog speist sich aus einem 10-l-Kanister über ein Unterdrucksystem. Sobald die Ferkel Milch trinken, strömt Luft in den Kanister, der daraufhin die nächste Portion Milch eindosiert. Auch die Hygiene hat Lax einfach gelöst. Ein zusätzlicher aufgeschnittener Container dient als Waschbox. Dort säubert er die Tröge morgens und abends mit Hochdruckreiniger und heißem Wasser. Für die Milchkanister nutzt er eine Spüldüse aus dem Pflanzenschutz. Nach dem Ausstallen der Ferkel wird die Gülle abgelassen und die gesamte Box gereinigt und desinfiziert. Mit fünf Tagen in die Box In den Containerboxen wuchsen die überzähligen Ferkel so gut, dass Johannes Lax seitdem auf Ammensauen verzichtet. Mittlerweile stehen elf Boxen in einem separaten Raum. Diese beherbergen Ferkel aus zwei Altersgruppen. Die Milchkanister reinigt Johannes Lax mit einer Planzenschutz-Spüldüse. Nach drei Wochen wird ausgestallt, sodass die Boxen nach Reinigung und Desinfektion eine Woche leer stehen. Da sich die Geburten auf mehrere Tage verteilen, setzt Lax die Würfe der Vorläufersauen nach rund fünf Tagen komplett in eine Box um. So sind diese, oft Jungsauen oder Umrauscher, frei, wenn der Großteil der Gruppe ferkelt. Große Würfe mit 17 Ferkeln oder mehr sind keine Seltenheit. Ferkel vom gleichen Geburtstag werden nach Größe sortiert. Die kleineren bekommen bei einer Jungsau bessere Wachstumschancen. Sie müssen beim Versetzen in die Box mindestens fünf, aber höchstens zehn Tage alt sein. Bei älteren Ferkeln besteht die Gefahr, dass die kurzzeitig „abgesetzten“ Sauen in die Rausche kommen aufgrund des Milchstaus. Im Schnitt bleiben die Ferkel 17 Tage in der Box. Zum Absetztermin gönnt der Sauenhalter den leichtesten Ferkeln der Gruppe 14 Extratage im geschützten Kleinklima der Box. SCHWEINEHALTUNG Beraterin Dr. Julia Hoeck hebt die simple Technik, das gute Mikroklima und die stabilen Absetzgewichte von durchschnittlich 6 kg im Betrieb Lax hervor. Auch die kleineren Ferkel im Aufzuchtstall profitieren von den Boxen. Sie bekommen zweimal täglich die Restmilch aus den Kanistern. Im Flatdeck finden die „Boxferkel“ mühelos Anschluss. Sie fressen eher besser, da Lax sie zum Ende der Boxzeit knapp mit Milch, aber reichlich mit Prestarter versorgt. Ammenboxen statt Ammensauen: Bei Johannes Lax stehen die elf Ammenboxen in einem eigenen Raum. Er nutzt sie für durchschnittlich 15 % der Ferkel. Johannes Lax setzt gut 32 Ferkel/ Sau/Jahr ab. Davon werden rund 1,5 Ferkel pro Wurf in den Boxen groß. Die Verluste liegen dort bei 1 %. Den größten Vorteil sieht er in der Gleichmäßigkeit der Absetzgruppe. Zudem verlieren die Sauen weniger Gewicht. 15 € Kosten pro Ferkel Er kalkuliert mit Aufzuchtkosten von 15 € für jedes „Box-Ferkel“, davon die Hälfte für Milchpulver (das mit 245 €/dt zu Buche schlägt), rund ein Fünftel für Strom sowie ein Viertel für Arbeit und Festkosten. Fazit: Johannes Lax setzt auf simple Technik, die jeder schnell bedienen kann. So verbessert er die Chancen für kleine Ferkel, entlastet die Sauen und kann auf Ammen verzichten. Die Boxen bieten ein optimales Kleinklima für Ferkel, sodass stabile Absetzgewichte von 6 kg erreicht werden. Nachzügler können gut versorgt werden. Doch ist das Milchpulver nicht gerade billig. Zudem kosten die Hygiene für Boxen und Milchversorgung Zeit. sb 14 / 2016 33 SCHWEINEHALTUNG Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben Streptokokken stoppen Sie werden oft unterschätzt. Dabei sind Streptokokken in vielen, auch gut geführten Betrieben ein Problem. Eine Impfung kann helfen. Doch eine dauerhafte Lösung bringen nur Anpassungen im Management. S Foto: B. Lütke Hockenbeck treptokokken-Infektionen bei Saug- und Aufzuchtferkeln sind ein Problem, das fast jeder Ferkelerzeuger kennt. Am häufigsten zeigen sie sich in Form von Hirnhautentzündungen. Im Endstadium liegen die Ferkel oft auf der Seite und rudern mit den Beinen oder versteifen sich krampfartig. Streptokokken können aber auch Nabel- und Gelenkentzündungen, eitrige Lungenentzündungen und Blutvergiftungen hervorrufen. Noch vor einigen Jahren galten Streptokokken-Infektionen als häufige Begleiterkrankung von Infektionen mit Circoviren (PCV-2), da hier die Immunität der Tiere beeinträchtigt war. Nach Einführung der flächendeckenden Impfung gegen PCV-2 schien sich die Lage zu verbessern, doch inzwischen ist das Problem wieder aufgeflammt. Auch oder gerade in gut geführten Betrieben kommt es oft zu Problemen. Eine mögliche Ursache sind die großen Würfe, die oft mit einer geringeren Kolostrumaufnahme pro Ferkel sowie hohen Belegdichten im Flatdeck einhergehen. Wunden als Eintrittspforten Beim Schwein kommt überwiegend Streptococcus suis vor. Man unterscheidet über 30 verschiedene Serotypen, wobei in deutschen Schweineställen vor allem die Serotypen 2 und 9 vorkommen. Das Tückische ist, dass Streptokokken überall auf landwirtschaftlichen Betrieben lauern und vor allem über gesunde Tiere, die den Erreger auf Haut und Schleimhäuten oder auf den Mandeln tragen, übertragen werden. Da Streptokokken auch im Genitaltrakt gesunder Sauen vorkommen, kann die Infektion von Ferkeln bereits bei der Geburt erfolgen. Die Übertragung kann aber auch bei Kontakt zur Muttersau oder anderen Ferkeln geschehen. Eine häufige Eintrittspforte sind Verletzungen. Neben der Kastrationswunde, dem Nabel oder der Schwanzspitze können auch Bissverletzungen, Hautabschürfungen an den Gelenken oder verbotenerweise abgekniffene Eckzähne die Eintrittsstelle darstellen. Auch bei Impf- und Behandlungsmaßnahmen kann die Übertragung stattfinden. Unter dem Einfluss 34 14 / 2016 Damit die Sauen möglichst wenig Erreger in den sauberen Stall eintragen, wäscht der Landwirt sie vor dem Einstallen. von Stress, zum Beispiel durch das Absetzen, Futterwechsel, Rangkämpfe oder Transport, kann die Immunität der Ferkel beeinträchtigt werden, was sie dann besonders krankheitsanfällig macht. Symptome richtig deuten Da auch andere Erreger Hirnhautentzündungen bzw. Symptome wie Kopfschiefhaltung, Festliegen, Krämpfe und Ruderbewegungen hervorrufen können, geht der Bekämpfung im Stall immer eine gründliche Diagnostik voraus. Dazu sollten mindestens drei frisch erkrankte und unbehandelte Tiere zur Sektion eingesandt werden. Kümmerer sind nicht geeignet. Das Labor erfasst nicht nur die augenscheinlichen Organveränderungen, sondern untersucht das verän- derte Gewebe auch mikroskopisch und führt eine Erregeranzucht durch. Die Erregeranzucht aus Rückenmarks- oder Gelenkflüssigkeit sowie aus veränderten Organen ist am sinnvollsten. Um neben Ödemkrankheit auch die Glässersche Krankheit als Differenzialdiagnose ausschließen zu können, ist es wichtig, dass die Tiere am besten lebend zur Sektion angeliefert werden, da sich Haemophilus parasuis nur aus frisch toten Tieren anzüchten lässt. Nicht zu vergessen ist, dass auch bei Schweinepest oder Aujeszkyscher Krankheit zentralnervöse Störungen mit Fieber und Todesfällen auftreten können. Impfstoff nur stallspezifisch Ein kommerzieller Impfstoff gegen Streptococcus suis steht nicht zur Verfügung. Die Vielfältigkeit des Erregers erschwert hier die Herstellung. Der Hoftierarzt hat jedoch die Möglichkeit, einen bestandsspezifischen Impfstoff herstellen zu lassen, der ein Erregerspektrum eines speziellen Bestandes enthält. Für den Erfolg bestandsspezifischer Impfstoffe gilt es jedoch einiges zu beachten. Die wichtigste Grundlage ist die klare Diagnose. Um die relevanten krank machenden Stämme in einem Bestand identifizieren zu können, ist häufig die Untersuchung vieler Ferkel in der Sektion notwendig. Entscheidend ist dabei die Auswahl der Tiere. Diese sollten akut erkrankt sein, die typischen Symptome zeigen und nicht antibiotisch vorbehandelt sein. Streptokokken lassen sich relativ gut anzüchten und können anschließend aus der Kultur herausserotypisiert werden, um krank machende Stämme zu identifizieren. Bei der Herstellung stallspezifischer Streptokokken-Impfstoffe ist es wichtig, nur Isolate zu verwenden, die aus inneren Organen wie dem Gehirn, der Milz oder aus Gelenken stammen. Doch auch bei sorgfältigster Diagnostik ist die Impfung nicht immer Erfolg versprechend. Häufig sind mehrere Serotypen an dem Krankheitsgeschehen beteiligt. Allerdings wird durch den Impfstoff keine Kreuzimmunität erzeugt. Daher ist es auch wichtig, bei erneutem Auftreten von Problemen die isolierten Erreger wieder zu archivieren und bei Neubestellung ggf. mit in den Impfstoff einfließen zu lassen. Wenn viele verschiedene Stämme in einem Betrieb nachgewiesen werden, ist dies jedoch auch ein Hinweis, dass bei der Bekämpfung das Augenmerk vor allem auch auf die Beseitigung begünstigender Faktoren gelegt werden sollte. Hierzu zählen allen voran Virusinfektionen durch PRRS oder Influenza sowie hohe Belegdichten im Stall. Welches Impfschema das richtige für einen Betrieb ist, entscheidet der Hoftierarzt. Es ist davon abhängig, zu welchem Zeitpunkt die Erkrankung im Bestand auftritt. In der Regel erfolgt eine Impfung der Muttertiere, die die gebildeten Antikörper an die Ferkel weitergeben, sodass die Ferkel bis zu sechs Wochen lang geschützt sind. Die Impfung der Saugferkel kann übergangsweise erfolgen, wird als alleinige Maßnahme aber nicht empfohlen. Und nicht zu vergessen ist, dass die Impfung auch im Optimalfall die Krankheitssymptome nur mindert. Weitere Infektionen werden nicht verhindert, sodass die Ferkel die Erreger wei- Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben SCHWEINEHALTUNG Dicke Gelenke entstehen meist durch Gelenkentzündungen. Neben mechanischen Ursachen werden sie oft durch Infektionserreger hervorgerufen. Nicht nur Streptokokken kommen hier infrage. Um die Ursache herauszufinden, kann der Tierarzt betroffene Gelenke punktieren oder Tiere zur Sektion einsenden. ■ Eitererreger wie Staphylokokken, Streptokokken, Trueperella pyogenes oder E. coli verursachen neben verdickten, warmen und druckempfindlichen Gelenken auch Lahmheiten, Fieber und Störungen des Allgemeinbefindens. Die Erreger dringen meist über Hautverletzungen, z. B. durch raue Böden, Nabel- oder Kastrationswunden und Bissverletzungen, in den Körper ein und streuen in Gelenke und innere Organe. Die Gelenkflüssigkeit ist eitrig-trüb. ■ Haemophilus parasuis (HPS), der Erreger der Glässerschen Krankheit, verursacht Probleme häufig nach Stresssituationen – bevorzugt bei Absetzferkeln und in der Vormast. Bei terverbreiten und gegebenenfalls auch daran erkranken. Vorbeugende Maßnahmen Neben der Impfung sind weitere Prophylaxe-Maßnahmen bei der Bekämpfung eines Streptokokken- der Glässerschen Krankheit können die Tiere neben dicken Gelenken auch Symptome wie bei einer Streptokokken-Infektion, hohes Fieber, Husten und plötzliche Todesfälle, zeigen. Häufig kommt es durch Entzündungen von Bauch- oder Brustfell und Herzbeutel zu Organverklebungen. Die Gelenkflüssigkeit ist vermehrt und trüb, zum Teil gibt es Auflagerungen auf den Gelenkknorpeln. ■ Gelenksmykoplasmen (M. hyosynoviae) verursachen ebenfalls dicke Gelenke und einen steifen Gang, meist ohne Fieber, und treten in der Regel bei Mast- und jungen Zuchtschweinen auf. Eine weitere Mykoplasmenart (M. hyorhinis) kann bei jüngeren Tieren Organ- und Gelenksveränderungen hervorrufen, die in der Sektion nicht von HPS zu unterscheiden sind. ■ Gelenkrotlauf, die chronische Form des Rotlaufs, tritt heutzutage selten auf, kann vereinzelt aber immer wieder vorkommen, da die Ferkel nur bis zur 12. Lebenswoche Problems im Bestand wichtig. Häufig lassen sich bereits durch die Optimierung von Management und Betriebshygiene die Probleme eindämmen. Ein bedeutender Punkt ist die korrekte Durchführung von Reinigungs- und Desinfektionsmaßnah- Foto: Dr. Harlizius Dicke Gelenke – woran liegt’s? Dicke Gelenke können ein Zeichen für eine Infektion mit Streptokokken sein. Infrage kommen aber auch andere Erreger. über maternale Antikörper geschützt sind. In gefährdeten Betrieben können die Schweine bei Masteinstallung geimpft werden. Anders als bei den oben genannten Erregern kommt es bei Gelenkrotlauf nicht zur vermehrten Füllung der Gelenke, sondern zur Versteifung durch Zubildungen an den Gelenkflächen und der Kapsel. Neben trippelndem Gang und Lahmheiten können die Schweine in der Sektion auch blu- men. Alle gängigen zur Stalldesinfektion eingesetzten Desinfektionsmittel töten Streptokokken in kürzester Zeit ab. Dabei ist zu beachten, dass immer die Konzentration für die sogenannte „Spezielle Desinfektion“ angewendet wird. Damit das Desinfektionsmittel je- menkohlartige Veränderungen an den Herzklappen zeigen. Dicke Gelenke sind auch lebensmittelhygienisch relevant. Am Schlachthof wird der betroffene Teil herausgeschnitten und verworfen. Unter Umständen werden dabei auch wertvolle Teilstücke partiell entfernt. Sind mehrere Gelenke entzündet, wird meist der gesamte Tierkörper verworfen, da eine systemische Erkrankung vermutet wird. doch seine Wirkung voll entfalten kann, muss vorher unbedingt eine gründliche Reinigung erfolgen. Sowohl im Abferkelstall als auch im Flatdeck muss auf ein konsequentes Rein/Raus geachtet werden. Nur so ist es möglich, die Ställe vor der Neubelegung auch ent- 14 / 2016 35 SCHWEINEHALTUNG • Probleme mit Streptokokken kommen in fast allen Schweineställen vor – auch in den Topbetrieben! • Eine häufige Eintrittspforte für den Erreger sind Verletzungen in der Haut. • Erkrankte Tiere zeigen Symptome wie Kopfschiefhaltung, Festliegen, Krämpfe und Ruderbewegungen. • Stallspezifische Impfstoffe können die Infektion nicht verhindern, aber helfen bei der Bekämpfung. • Oberstes Gebot sind zudem die fachgerechte Desinfektion der Ställe, das Waschen der Tiere vor dem Einstallen und ein konsequentes Rein/Raus. sprechend zu reinigen. Langsam wachsende Ferkel sollten nicht zurückgestallt werden, da die Gefahr besteht, dass sie Streptokokken auf jüngere Ferkel übertragen. Besser geeignet ist ein Resteabteil, das anschließend ebenfalls gründlich gereinigt und desinfiziert wird. Tierdusche zum Einstallen Nicht nur saubere Ställe, sondern auch saubere Tiere tragen dazu bei, den Infektionsdruck zu mindern. In ein sauberes Abferkelabteil gehört eine saubere Sau. Im Optimalfall ist eine Sauendusche vorhanden, in der die Sauen mit einem Tierwaschmittel und ausreichend warmem Wasser gewaschen werden können. Der Hochdruckreiniger sollte so eingestellt werden, dass der Strahl für die Sauen nicht unangenehm ist. Alternativ kann die Reinigung in einer Ausweichbucht erfolgen. Gibt es weder Sauendusche noch Ausweichbucht, kann man die Sau auch in der Abferkelbucht waschen. Der große Nachteil ist aber, dass die Sauen Keime und Parasiteneier in großer Zahl mit in den Abferkelstall hineinbringen. Eine weitere Keimre- Beginnen, wo andere aufgeben. bestandsspezifische Impfstoffe bei IDT Biologika Zuverlässiger Schutz aus einer Hand Individuelle Impfstoffe für Ihren Bestand Als Einzelmaßnahme und zur optimalen Ergänzung der Handelsimpfstoffe Reduktion des Antibiotika-Einsatzes Wir unterstützen Sie gerne bei Ihrer Diagnostik! www.bestvac.de 36 14 / 2016 IDT Biologika Am Pharmapark 06861 Dessau-Roßlau Tel. 034901 885 5000 www.idt-tiergesundheit.de Eine Streptokokken-Infektion zeigt sich meist in Form einer Hirnhautentzündung. Dann liegt ein Ferkel oft auf der Seite und rudert mit den Beinen. duktion erreicht, wer das Gesäuge der Sau vor der Geburt mit einem zugelassenen Jodpräparat einsprüht. Am einfachsten geht das mit einer Rückenspritze. Auch die Ferkel können beim Einstallen ins Flatdeck zur Keimreduzierung gewaschen werden. Der Stall muss jedoch ausreichend aufgeheizt sein, damit sich die nassen Tiere nicht erkälten. Alternativ können sie auch bei Einstallung oder zwei bis drei Tage später nach Beendigung der Rangkämpfe mit einem Hautdesinfektionsmittel – bevorzugt einem Jodpräparat – eingesprüht werden. Augenmerk auf Abferkelstall 09/15 1.0 D Über 20 Jahre Foto: Dr. Harlizius Auf den Punkt gebracht Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben Im Abferkelstall sind für die erfolgreiche Bekämpfung von Streptokokken-Infektionen einige entscheidende Punkte zu beachten. Um die Buchten sauber zu halten, sollte mindestens einmal täglich der Kot hinter den Sauen entfernt werden. Andernfalls können Harnwegs- und Gebärmutterentzündungen entstehen, die eine schlechtere Milchleistung nach sich ziehen können. Genau die ist aber Voraussetzung für eine ausreichende Aufnahme maternaler Antikörper sowie zur Verhinderung schwererer Rangkämpfe am Gesäuge. Durch Bissverletzungen und aufgeschürfte Gelenke gelangen Streptokokken in den Körper der Ferkel. Insbesondere bei rauen Böden kommt es vermehrt zu Hautabschürfungen, daher sollten sie entsprechend ausgetauscht werden. Die Sauen sollten auch nach der Geburt für mindestens drei Tage auf das Vorliegen von MMA untersucht werden. Die Kastration sollte mit der 3-Messer-Methode erfolgen, bei der nach jedem Ferkel das Messer gewechselt und in eine Desinfektionslösung gestellt wird. Dadurch verlängert sich die Einwirkzeit des Desinfektionsmittels. Bei der Eisen-Injektion, Behandlungs- oder Impfmaßnahmen sind die Nadeln zwischen den Würfen zu wechseln. Nicht nur die Erregerübertragung wird vermindert, sondern eine scharfe Nadel verursacht auch weniger Gewebeschaden. Erste Anzeichen beachten Auch bei Umsetzung aller Maßnahmen lässt sich die Erkrankung nicht zu 100 % verhindern. Im Fall der Fälle ist es daher wichtig, dass erkrankte Tiere frühzeitig antibiotisch behandelt werden, denn dann sind Verluste häufig noch zu vermeiden. Voraussetzung ist eine gute Tierbeobachtung. Schweine mit ersten Symptomen einer Hirnhautentzündung, z. B. schwankendem Gang und Kopfschiefhaltung, sollten bereits behandelt werden. Sind sie bereits in Seitenlage, kommt die Behandlung meist zu spät. Der Einsatz eines CortisonPräparates in Kombination zum Antibiotikum ist empfehlenswert. Das passende Antibiotikum kann der Hoftierarzt anhand eines Resistenztestes auswählen. Erfolgt eine Gruppenbehandlung, müssen Tiere, die nicht mehr fressen, per Injektion behandelt werden. Insgesamt muss die Behandlung ausreichend lange erfolgen, um ein Wiederaufflackern zu verhindern. Zu guter Letzt ist daran zu erinnern, dass Streptococcus suis ein Zoonoseerreger ist. Insbesondere bei älteren und immungeschwächten Personen und kleinen Kindern können Hirnhaut-, Lungen- und Gelenksentzündungen sowie schlecht heilende Wunden auftreten. Die Infektion erfolgt meist über kleine, unscheinbare Hautverletzungen. In Problembetrieben ist daher das Tragen von Einmalhandschuhen beim Umgang mit den Tieren, insbesondere bei der Geburtshilfe, empfehlenswert. Dr. Sandra Löbert, Schweinegesundheitsdienst der Landwirtschaftskammer NRW SCHWEINEHALTUNG Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben Den Wind gezähmt Mit einer „Haifischzahn-Lüftung“ steuert Martin Schulze Lohoff die Zuluft und beugt Turbulenzen im Stall bei Winddruck vor. I mmer wieder Husten bei den Mastschweinen – Martin Schulze Lohoff aus Laer war mit der Tiergesundheit in seinen Ställen nicht zufrieden. Husten als Bestandsproblem drückte auf seine Stimmung und auf die Leistung der Tiere. Mit rund 820 g Tageszunahmen reizten die dänischen Ferkel ihr Leistungsvermögen bei Weitem nicht aus. Dabei waren die Ställe neu und nach aktuellen Beratungsempfehlungen mit Schlitzlüftung ausgestattet. Und die Ferkel hatten den gleichen Gesundheitsstatus, da sie von einem Sauenhalter stammten. Jahrelang dokterte der Mäster an den Symptomen. Doch kleinere Maßnahmen wie das Abdichten der Buchtentore, um Zugluft aus dem Futtergang zu vermeiden, brachten keine durchschlagende Unter- oder Überdruck ? Die meisten Lüftung sanlagen bei Schweinen arbeiten nach dem Unterdruck-Prinzip. Ve ntilatoren blasen Stallluft aus de m Abteil. Dadurch entsteht im Sta ll Unterdruck, sodass frische Zuluf t einströmt. Bei Mindestluftrate komm t das System an seine Grenzen. Zudem kann Winddruck das Prinz ip aushebeln. Starker Wind kann deutlich mehr Zuluft in den Stall drü cken als für die Tiere gut ist. Mö gliche Folgen: Die Raumdurchsp ülung funktio- niert nicht, es entst eht Zugluft, die Temperatur sackt ab, Falschluft steigt aus dem Gülle keller hoch. Dreh- und Angelpu nkt der Probleme ist der große Zu luftquerschnitt, der auf höchste So mmertemperaturen und Endmastsc hweine ausgelegt ist. Im Herbs t, mit frisch eingestallten Ferkeln, hat der Wind dadurch freie Bahn . Lesen Sie, wie zwei Praktiker das Problem für ihren Betrieb gelöst haben. se Lösung bei einem Kollegen am Niederrhein an. Der hatte dadurch seine Lüftungsprobleme gelöst, sodass der Landwirt sich auf den Umbau einließ. Fotos: Brosthaus Zuluft wird ausgebremst Die Größe der dreieckigen Zuluftöffnungen wird von einem Vorhang gesteuert. Martin Schulze Lohoff und Tochter Victoria sind sehr zufrieden. Die Größe der Zuluftöffnung anpassen Die Zuluft strömt durch die Lücken zwischen den Haifischzähnen ein. Bei Winddruck senkt sich der Vorhang vor den dreieckigen Zuluftöffnungen, sodass der Querschnitt immer kleiner wird und der Wind weniger Zugriff hat. A Minimalöffnung bei Mindestluftrate (Winddruck) B Vorhang halb geöffnet Verbesserung. Ein holländischer Lüftungsberater vermutete, dass Winddruck die Funktion der Lüftung störte. Da der Querschnitt der Zuluftöffnungen sich nach der Sommerluftrate richtet, hat der Wind bei niedrigen Luftraten freies Spiel, um das Unterdrucksystem im Stallinneren auszuhebeln. Er empfahl eine grundlegende Änderung der Zuluftführung. „Doch das war mir damals zu teuer“, räumt Schulze Lohoff schmunzelnd ein. Doch ein Jahr später, als die Atemwegsprobleme im Stall nicht weniger wurden, schaute er sich die- Kernstück der sogenannten „Haifischzahn-Lüftung“ ist ein Vorbau aus Siebdruckplatten über die gesamte Länge des Zentralgangs. Außen lenken die geschlossenen Platten der Holzverkleidung den Wind um. Innen sind dreieckige Löcher in die Siebdruckplatten gesägt. Dadurch bekommt der Vorbau das Aussehen eines Haifischgebisses. Die Zuluft strömt durch die Holzkiste in den Gang und von dort ins gedämmte Dach bzw. in die doppelte Decke. Der Clou des Ganzen ist ein Vorhang hinter den Löchern, der von einer Welle über die ganze Länge des Zentralgangs aufgerollt werden kann. Ist er ganz oben, ermöglicht die Größe der Zuluftöffnungen die volle Sommerluftrate, wie die Übersicht zeigt. Bei kalten Temperaturen fährt der Vorhang herunter, sodass der Lufteinlass kleiner wird. Dadurch arbeiten die Ventilatoren auch im Winter gegen einen konstanten Unterdruck, sodass der Stall flächendeckend mit Frischluft durchspült wird. ➜ C Maximale Zuluftöffnung bei Sommerluftrate Siebdruckplatten Vorhang Zuluftöffnung Eine Druckdose misst den Unterdruck im Zentralgang (links) sowie außen am Stall (rechts). Anhand der Druckdifferenz wird die Höhe des Vorhangs gesteuert. 14 / 2016 37 SCHWEINEHALTUNG Auch bei Winddruck wird der Vorhang abgesenkt. Da der Zuluftquerschnitt sich verkleinert – im Extremfall bleiben nur winzige Dreiecke von jeder „Zahnlücke“ offen – wird der anströmende Wind stark ausgebremst. Dadurch verliert er an Masse und Wucht, sodass er die Luftverhältnisse im Stall nicht durcheinanderbringen kann. Der Vorhang wird nicht von der normalen Lüftungssteuerung geführt. Seine Höhenführung richtet sich nach dem gemessenen Luftdruck. Dazu hat Martin Schulze Lohoff zwei Luftdruck-Messdosen installiert – eine im Zentralgang, die andere außen am Stall. Steuerung über Unterdruck Schlitzlüftung nachgebessert Schweinemäster Burkhard Kersting aus BürenEickhoff hat die Lüftung im Stall mehrfach angepasst, bis er mit der Klimaführung zufrieden war. Plus 100 g Tageszunahmen Zugegeben, die Umrüstung war nicht billig. Für Vorbau, Vorhang, Steuerung und Motor hat Martin Schulze Lohoff 16 000 € für einen Stall mit 1470 Mastplätzen ausgegeben. Doch direkt der erste Durchgang zeigte, dass die Investition sich gelohnt hat. Nach der Umrüstung im September 2013 schafften die Ferkel aus dem Stand 100 g höhere Tageszunahmen. Husten war kein Thema mehr. Der Antibiotikaverbrauch sank rapide. Im Jahr 2014 lagen die Leistungen im Betriebsschnitt bei 915 g Tageszunahmen. Gerburgis Brosthaus Fotos: Waldeyer Eine Steuerung vergleicht die beiden Werte miteinander und steuert die Welle. Diese rollt den Vorhang entsprechend der Druckdifferenz auf oder ab und reguliert so die Zuluftöffnung. Ziel ist es, dass der Unterdruck im Vorraum größer ist als außen. Dann arbeitet die Lüftung auf „Zug“. Im Winter wird eine Druckdifferenz von 5 Hektopascal angestrebt, im Sommer von 10. Damit das System funktioniert, muss der Stall dicht sein. Deshalb füllten Martin Schulze Lohoff und seine Mitarbeiter Fugen im Dachraum und im Zentralgang mit Silikon. Bei größeren Spalten schraubten sie Dachlatten in die Lücken. Die Wellen von Eternit und Trapezblechen wurden ausgeschäumt. Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben Bei der Schlitzlüftung soll die kalte Frischluft auf den geschlossenen Gangboden fallen, dort die Richtung wechseln, dann langsam über die Buchtenwände quellen und sanft in den Tierbereich fallen. D ie Schlitzlüftung ist ein gutes System, welches aufgrund des geringen Luftwiderstandes wenig Energie verbraucht. „Sie muss aber in manchen Fällen angepasst werden, damit die Tiere zwar stets genügend Frischluft haben, aber nicht durch übermäßigen Winddruck und Zugluft krank werden.“ Diese Erfahrung hat Schweinemäster Burkhard Kersting aus Büren-Eickhoff im Südkreis Paderborn gemacht. Der Landwirt hat an der Schlitzlüftung des Schweinestalles nachträglich noch einige Anpassungen vorgenommen, bis er mit der Luftführung zufrieden war: „Wir wollen mit gesunden Tieren hochwertige, sichere Lebensmittel erzeugen. Da spielt der Faktor Stallklima eine wichtige Rolle“, erklärt Kersting seine Motivation für die nachträglichen Umbauten. Und nachgebessert hat der Landwirt in diesem Bereich in den vergangenen Jahren einiges. Bei einem 2009 erbauten Maststall 38 14 / 2016 waren die Probleme mit der Schlitzlüftung besonders groß. Dieser Stall besteht aus vier Abteilen für jeweils 340 Schweine in 42er-Buchten. Jedes Abteil wird über einen Abluftkamin mit Messventilator und Stellklappe entlüftet. Die Zuluft gelangt über die gesamte nördliche Traufenseite in den Dachraum und von dort aus über die Zuluftelemente zunächst in den Abteilmittelgang. Bei Aufprall auf den geschlossenen Boden ändert die Zuluft ihre Richtung, steigt wieder auf und quillt langsam über die ebenfalls geschlossenen Buchtentore in den Tierbereich. Die Luftmengensteuerung sollte dabei in Kerstings Stall über die Position der Stellklappen in den Schlitzelementen erfolgen. Theorie und Praxis ... „Doch das funktionierte von Anfang an nicht wie gewünscht“, so der Landwirt.Vor allem bei wechselnden Wetterlagen und in der Schlussphase der Mast, wenn nach Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben den ersten Verkäufen weniger Tiere im Stall waren, fiel oft zu viel Kaltluft in die Buchten. Oder die Frischluft gelangte nicht dorthin, wo sie benötigt wurde. Die Folge dieser Zug- und Falschluft waren vermehrte Atemwegserkrankungen. Als Erstes haben wir die Stellmotoren für die Zuluftklappen abmontiert und durch Handkurbeln ersetzt, erklärt Kersting. Es kam aber immer noch häufig entweder zu Zugluftsituationen oder zu einem ungeregelten Luftaustausch bei Minimaluftrate im Winter. Zuluftöffnung verkleinert Um den Winddruck zu verringern, entschloss sich Familie Kersting darüber hinaus, die Traufenöffnung zu verkleinern. Entlang des Stalles wurden zusätzliche Bretter angebracht. Den übrig gebliebenen Lufteinlass kann der Landwirt zudem über ein Scharnierbrett mit Drahtseilkurbel stufenlos öffnen und schließen. Außerdem werden im Herbst und Winter vom Dachraum aus Windschutznetze auf die Schlitzelemente gelegt. Diese verhindern ebenfalls eine zu starke punktuelle Luftströmung. „Das hat uns schon mal weiter geholfen“, erklärt Burkhard Kersting. Mithilfe dieser SCHWEINEHALTUNG Burkhard Kersting hatte immer wieder Ärger mit Kalt- und Falschluft bei seiner Schlitzlüftung. Er änderte einiges, bis die Lüftung funktionierte wie geplant. So werden Zu- und Abluftklappen jetzt über separate Luftkurven gesteuert. Nachrüstungen kann er den Windeinfall in den Stall bzw. die Gesamtluftmenge je nach Klimasituation und Stallbelegung besser steuernunddieLuftschwankungen im Tierbereich reduzieren. Zwei separate Luftkurven Um das noch eleganter zu erreichen, hat der Landwirt außerdem die zweite Einstellmöglichkeit der Zuluft verändert: In Kerstings Maststall arbeitet jetzt ein Lüftungscomputer, der die Zuluftstellklappen und die Abluft- klappen unabhängig voneinander über separate Luftkurven steuert. „Das haben wir erst in einem Abteil ausprobiert. Mittlerweile wurden aber auch die übrigen Stallbereiche nachgerüstet“, erklärt Kersting. Das alles hat zwar Arbeit, Nerven und Geld gekostet. Mittlerweile ist der Landwirt aber mit der Klimaführung im Stall zufrieden: „Wichtig ist, dass das System jetzt funktioniert. Denn ein gutes Stallklima ist wichtige Voraussetzung für gesunde und frohwüchsige Mastschweine“. Heinz Georg Waldeyer Der Lufteinlass lässt sich über ein Scharnierbrett mit einer Drahtseilkurbel stufenlos öffnen und schließen. 14 / 2016 39 SCHWEINEHALTUNG Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben Herr der Fliegen Ä hnlich wie in dem gleichnamigen Roman von William Golding geraten auch Fliegenpopulationen ohne feste Struktur außer Kontrolle. Die Insekten sind für Mensch und Tier nicht nur „nervig“, sondern übertragen zudem viele Krankheiten. An den feinen Beinhärchen der Tiere können sich Erreger gut anheften und werden so leicht an die Schweine übertragen oder auf die Oberflächen im Stall abgegeben. Oft ist eine zuvor gereinigte und desinfizierte Fläche bereits nach wenigen Stunden des Fliegenkontaktes mit kleinen, klebrigen, schwarzbraunen Punkten übersät. Das sind nicht nur einfache Verunreinigungen. Die Punkte enthalten allerlei Keime wie Durchfallerreger (Coli, PIA, Dysenterie) oder Eitererreger (Streptokokken, Staphylokokken). Überall, wo Fliegen sitzen, geben sie Keime ab bzw. nehmen welche auf. So passiert es, dass sie die Schweine reichlich mit Keimen aus dem Güllekeller (Vorgängertiergruppe), von anderen Betrieben oder von Kadavern versorgen. Aber mit welchen Maßnahmen können die Fliegen und dadurch der Krankheitsdruck minimiert werden? Die Antwort klingt leicht: Man muss den Fliegen den Zutritt zum Stall verwehren und ihnen die Vermehrungsgrundlage im Stall entziehen. Dazu ist es wichtig zu wissen, dass die häufigste Fliegenart im Stall die Gemeine Stubenfliege ist (siehe Kasten). Sie wird umgangssprachlich auch „Stallfliege“ genannt. Um erfolgreich die Oberhand zu gewinnen, ist es nicht nötig, Unsummen in chemische Bekämpfungsmittel zu investieren. Viel entscheidender für den dauerhaften Erfolg ist es, die einzelnen Maßnahmen wirklich konsequent durchzuführen. Eine erfolgreiche Fliegenbekämpfung erfolgt in mehreren Stufen. Stufe 1 – Mechanisch Die mechanischen Maßnahmen bekämpfen nicht die aktuelle Fliegenplage, vermeiden aber, dass neue Fliegen in den Stall kommen und ermöglichen so den Erfolg der nachfolgenden Stufen. Die ein- 40 14 / 2016 fachste Variante ist der Einbau von Fliegengittern. Diese sind in jedem Baumarkt bzw. Fachhandel erhältlich. Die Fliegengitter sollten auf Rahmen montiert und vor die Fenster, Zuluftöffnungen bzw. bei der Ganglüftung vor die Türen gehangen werden. Wenn die Zuluft über eine Schlitzganglüftung aus dem Dachraum erfolgt, sollten die Lüftungskästen von oben mit Fliegengittern gesichert werden. Um eine ausreichende Luftzirkulation zu ermöglichen, muss man die Gitter jedoch regelmäßig reinigen. Meist reicht ein einfaches Abfegen. In den Wintermonaten können die Rahmen bis zum nächsten Frühjahr abgehangen werden. Stufe 2 – Flankierend Fliegenpopulationen sollten auch außerhalb des Stalles bekämpft werden. Klassiker sind der Misthaufen, der sich in Stallnähe befindet, oder ein offener Güllebehälter. Hier finden die Fliegen im Frühjahr und Sommer ebenso gute Entwicklungsbedingungen wie im Stall. Daher empfiehlt es sich, den Behälter abzudecken bzw. den Mist weiter entfernt vom Schweinestall zu lagern. Auch sollten andere Orte auf dem Hof, die mit Nahrung und Feuchtigkeit für die Fliegenansiedlung geeignet sind, regelmäßig gereinigt werden. Dazu zählt zum Beispiel der Bereich rund um die Futtersilos. Fliegen sind nicht nur im Stall ein Problem, sondern erstrecken sich auch in die angrenzenden Räume wie das Futterlager oder den Um- Foto: Brosthaus Es belastet Mensch und Tier, wenn es im Stall nur so vor Fliegen wimmelt. Doch mit einem 4-StufenPlan wird man die Plagegeister wieder los. Fliegen sind Schweinen nicht nur lästig. Sie bringen auch Keime aus dem Güllekeller nach oben oder tragen Erreger von fremden Buchten herüber. kleideraum. Hier empfiehlt sich beispielsweise eine elektrische Falle, die die Fliegen mittels UVLicht anzieht und durch Stromschlag an Gittern tötet. Diese Falle sollte im helleren Bereich der Räume, nahe dem Fenster aufgehängt werden. Es können aber auch einfache Fliegenfänger von der Rolle benutzt werden, die nach spätestens einer Woche zu wechseln sind. Eine weitere Möglichkeit ist es, auf den Fensterbänken sogenannte Fraßgifte in Schalen bereitzustellen. Dabei ist darauf zu achten, dass diese sich außerhalb der Reichweite von Kindern und Tieren befinden und die toten Fliegen regelmäßig entfernt werden. Stufe 3 – Vorbeugend Beim nächsten Stallleerstand ist es wichtig, auf folgende Punkte zu achten: Jede Woche neue Fliegen Die Gemeine Stubenfliege ist schwarz und erreicht eine Größe von etwa 6 bis 8 mm. Sie liebt Wärme, Feuchtigkeit und natürlich Nahrung. Daher sind die Bedingungen im Schweinestall günstig. In der Gülle und in Futterresten kann sie sich wunderbar vermehren. Die Lebenserwartung der Stallfliege beträgt etwa zwei Wochen. In dieser Zeit kann das weibliche Tier allerdings etwa 400 bis 600 Eier legen. Unter günsti- gen Bedingungen benötigen die Eier über das Larvenstadium (ca. 12 mm groß und weißlich) und das Puppenstadium (etwa 10 mm groß und braun) ungefähr sieben bis zehn Tage bis zum Schlupf. Wenn die Fortpflanzung im Frühjahr beginnt, können sich bis zum Herbst aus einer weiblichen Fliege bis zu 1 Mio. neue Fliegen entwickelt haben. Zum Glück ist das nur ein theoretischer Wert … Henrike Freitag, Dr. Marc Boelhauve ■ Schadhafte Stellen an Wänden im Stall sollten ausgebessert werden. Denn hier können sich wunderbar neue Populationen an Fliegen aufbauen. ■ Die Buchtenwände sind zu kontrollieren. Hier können sich in den Ritzen auch nach der Reinigung und Desinfektion noch genügend Maden oder Fliegen für den Aufbau einer neuen Population befinden. Wird so etwas entdeckt, sind die Stellen zu säubern und mit Desinfektionsmittel (Wirkstoff: Kresol) oder einem Larvizid (Wirkstoff: Cyromazin) zu bestreichen. ■ Bis zu 85 % der Fliegenpopulation hält sich im Güllekeller auf. Nur der Rest, also die Spitze des Eisberges, ist oberhalb der Spalten sichtbar. Um dieses große Reservoir an Fliegen und vor allem die Brutnester zu zerstören, ist es wichtig, die Gülle aufzurühren und abzupumpen. Die auf der festen Schwimmschicht lebenden und sich entwickelnden Larven werden durch das „Unterrühren“ zu großen Teilen erstickt und sterben. Durch diese Maßnahme wird jedoch die Ammoniakkonzentration in der Luft erhöht. Daher sollte sie nur im unbelegten Stall erfolgen. Außerdem mindert die Maßnahme den Fliegendruck nur kurzfristig und frustrierenderweise sinkt die Fliegenpopulation nicht, wie gehofft, stark ab. Das liegt daran, dass es an mehreren Orten im Stall gute Bedingungen für Nester mit neuen Populationen gibt. Weitere wichtige Brutplätze liegen ebenfalls unter den Spalten, können aber nicht durch das Pumpen/ SCHWEINEHALTUNG Auf den Punkt gebracht Fotos: Dr. Boelhauve Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben An Stellen, wo Kot und Futterreste kleben, fühlen sich die Fliegen besonders wohl. Um sich ungestört zu verpuppen, suchen sich die Fliegenlarven zum Beispiel schmutzige Ritzen aus. Schalen mit Fraßgift können die Fliegenplage reduzieren, packen das Problem aber nicht an der Wurzel. Ablassen der Gülle zerstört werden. Dabei geht es zum Beispiel um feste Anhaftungen von Restgülle an den Kellerwänden und auf den Unterzügen. Meist befinden sie sich in Ecken, Winkeln und unter den Futterplätzen. Leider müssen hier die Spalten an mehreren Stellen hochgehoben werden, um so die Nester mittels Hochdruckreiniger zu entfernen und die Flächen mit einem Larvizid behandeln zu können. den. Ebenfalls ist es wichtig, sich genau an die Herstellerangaben zu halten, da bei einer Unterdosierung jeglicher Erfolg ausbleibt. Für die chemische Eliminierung der Larven stehen zwei Varianten zur Verfügung: Variante 1 – Alzogur: Dieser Wirkstoff (Cyanamid) darf nur im unbelegten Stall ausgebracht werden, weil er auch für Schwein und Mensch giftig ist. Hierzu die Gülle ablassen und das Alzogur nach Herstellerangaben in die Restgülle geben. Praktischerweise wird pro m3 Gülle 1 l Alzogur mit 4 l Wasser gemischt und flächendeckend über die Spalten ausgebracht, damit sich der Wirkstoff gleichmäßig in der Gülle verteilen kann. Nach 30 Min. muss man mit Wasser nachspülen, damit kein Wirkstoff mehr oberhalb der Spalten verbleibt. Auch bei korrekter Anwendung lässt die Wirkung nach einigen Wochen nach. Variante 2 – Larvizide: Im Gegensatz zu Alzogur können Larvizide (Wirkstoff: Cyromazin) auch im belegten Stall ausgebracht werden, da diese für Schweine unbedenklich sind. Sinnvollerweise erfolgt die Ausbringung aber auch im unbelegten Stall, damit alle Bereiche erfasst werden und sich der Wirkstoff gleichmäßig in der Gülle verbreiten kann. Es empfiehlt sich eine Auflösung in Wasser, jedoch ist es möglich, die benötigte Menge Granulat vor dem Stallwaschen zu verstreuen und mit dem Waschwasser in die Gülle zu bringen. Hier ist es wichtig, auf die Dosierempfehlungen der Hersteller zu achten. Diese werden meist in Gramm pro m2 Bodenfläche angegeben. Die Wirkung der Larvizide lässt nach rund acht bis zehn Wochen nach. Dann muss das Mittel erneut ausgebracht werden. Wer Stufe 4 – Chemisch Chemische Bekämpfungsvarianten kommen erst dann in Betracht und können nur dauerhaft erfolgreich sein, wenn die Stufen 1, 2 und 3 konsequent umgesetzt wur- Güllefliege gegen Stubenfliege Anstelle einer chemischen Larvizidbehandlung kann auch die Güllefliege eingesetzt werden. Ihr Einsatz funktioniert jedoch nur in Ställen ohne Unterflurabsaugung, da sie in zugiger Umgebung nicht heimisch wird. Die Larven der Güllefliege leben räuberisch und benötigen für die eigene Entwicklung etwa 20 Stallfliegenlarven. Vorteilhaft ist zusätzlich, dass die adulte Güllefliege sehr flugunlustig ist und daher meist unterhalb der Spalten bleibt. Somit erfolgt kaum eine Belästigung von Mensch und Tier und auch die Gefahr der Krankheitsübertragung ist bei der Güllefliege geringer. Die Ausbringung der Güllefliege sollte kurz vor der Neubelegung (am besten im Frühjahr) erfolgen, nachdem die Arbeiten der Stufen 1, 2 und 3 erledigt wurden. Nachteilig bei der Verwendung der Gül- lefliege ist, dass beim Ablassen der Restgülle immer die Gefahr besteht, die Güllefliegenpopulation komplett zu verlieren. Eine weitere biologische Variante ist die Ausbringung der Schlupfwespe, die ihre Eier in die Larven der Stubenfliege ablegt und sie somit parasitiert. Schlupfwespen sind gut an die Bedingungen im Stall angepasst. Sie leben unter den Spalten und stören somit kaum. Nachteilig ist hingegen, dass die Schlupfwespen ohne „Nachschub“ an Larven selbst zugrunde gehen und bei einem erneuten Befall wieder neu auszubringen sind. Eine gleichzeitige Ausbringung von Güllefliegen und Schlupfwespen ist nicht zu empfehlen, da die Schlupfwespe ebenfalls von den Puppen der Güllefliegen schmarotzen würde. Henrike Freitag, Dr. Marc Boelhauve • Fliegen im Stall sind nicht nur lästig, sondern können auch Krankheiten auf die Schweine übertragen. • Ihre Fortpflanzung ist rasant. Daher sollten nicht nur die ausgewachsenen Fliegen, sondern auch ihre Eier und Larven bekämpft werden. • Futterreste und vor allem Gülle bilden hervorragende Brutstätten. Ein Aufrühren und Ablassen der Gülle hilft, den Fliegendruck zu senken. • Zur chemischen Bekämpfung werden Alzogur, Larvizide und Kontaktgifte eingesetzt. • Weitere Maßnahmen sind Fliegengitter vor den Zuluftöffnungen, elektrische Fliegenfallen und Fliegenfänger von der Rolle. Ende März mit einer Larvizidbehandlung der Restgülle beginnt, sollte diese Mitte Juni und Anfang September oder nach jedem Ablassen der Gülle wiederholen. Für die chemische Bekämpfung der ausgewachsenen Fliegen empfiehlt sich die Ausbringung von Kontaktgiften über Aerosole (Nebel). Der Wirkstoff wirkt nur direkt an den Fliegen und hat keinen anhaltenden Effekt. Die Kontaktgifte dienen ausschließlich zur Beseitigung der aktuellen Population, daher sollte zusätzlich immer eine Larvenbekämpfung unterhalb der Spalten erfolgen. Ein günstiger Bekämpfungszeitpunkt sind die frühen Morgenstunden, denn dann sind die meisten Fliegen zur Futtersuche über den Spalten anzutreffen. Bei der Vernebelung des Wirkstoffs die Lüfter ausschalten und nach etwa 30 Minuten wieder einschalten. Gefahr für Mensch oder Tier besteht nicht, da die Aerosole nicht lungengängig sind. Henrike Freitag, Prof. Dr. Marc Boelhauve, Hygienekompetenzzentrum, FH Südwestfalen Stalosan ® Hygiene am Tier Gegen unerwünschte Erreger und Fliegenlarven Sofort- und ung! k Langzeitwir www.stalosan.de • Tel. 05493 / 9870-513 14 / 2016 41
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