Den Redetext finden Sie hier.

Wirtschaftsempfang der Stadt Germering
6. April 2016
Grußwort des Vorsitzenden des Gewerbeverbands, Jürgen Biffar
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Germeringer Stadträte,
sehr geehrte Unternehmerinnen und Unternehmer,
vor einem Jahr habe ich an dieser Stelle über das autonome Fahren
gesprochen. Die Reaktionen reichten von überrascht, über amüsiert bis hin zu
bestätigend, auf alle Fälle hatten wir schönen Gesprächsstoff für den Abend.
Sie alle haben anschließend festgestellt, wie schnell das Thema auf einmal
allgegenwärtig war. Heute bezweifelt kein Wirtschaftsführer und kein Politiker
mehr, dass wir bis 2030 kaum noch selbst ein Auto steuern, ja kaum noch eines
besitzen werden. Für die Menschen wird das Leben besser, die Umwelt
profitiert vom Elektroantrieb als Standard.
Diese Veränderung bei der Mobilität ist ein wesentlicher Teil der sogenannten
Digitalen Transformation. Damit sind große Veränderungen gemeint, die durch
die Verfügbarkeit von Digitaltechnik entstehen. In einigen Bereichen sind wir
schon mitten drin. Im Einzelhandel beobachten wir Verlagerungen vom
stationären zum Online-Handel. Das Bankwesen wird massiv durchgerüttelt,
zum einen durch die extreme Niedrigzinsphase, zum anderen aber auch durch
neue Anbieter von Finanzdienstleistungen, sogenannte Fin-Techs. In der
übrigen Wirtschaft wird von Industrie 4.0 oder dem Internet der Dinge
gesprochen. Maschinen und Geräte kommunizieren direkt miteinander über
das Internet. Auch Smart Home gehört zu diesem Bereich.
Bei diesen großen Veränderungen spricht man auch von der Transformation
der Geschäftsmodelle. Diese Digitale Transformation wird die Menschheit
einen großen Schritt weiterbringen. Der Verbrauch ökologisch wertvoller
Ressourcen wird deutlich sinken. Das Leben wird in vielen Bereichen
angenehmer. Die Welt wird demokratischer, Grenzen verlieren an Bedeutung.
Menschen in ärmeren Regionen können leichter am Wohlstand teilhaben.
Die Digitale Transformation wird aber nicht für jeden nur angenehm sein. Wer
sie nicht mitgeht, wird auf der Strecke bleiben. Aufhalten können wir den
Strukturwandel nicht.
Nun zur guten Nachricht:
alle Germeringer Unternehmerinnen und Unternehmer und alle Bürger
Germerings haben überaus positive Perspektiven im Rahmen der Digitalen
Transformation.
Warum bin ich davon überzeugt?
Sechs wirklich gute Nachrichten geben mir allen Grund zum Optimismus.
Erstens. Die Deutsche Wirtschaft, die Bundesregierung und alle
Landesregierungen haben das Thema digitale Transformation zur Chefsache
erklärt. Gemeinsam wollen Politik und Wirtschaft unser Land fit machen. Es soll
auf Vorschlag des Branchenverband Bitkom bundesweit sogenannte
Technologie-Hubs geben. An ihnen werden für je eine Branchen, also
Finanzwesen, Life Sciences, Logistik, Maschinenbau etc. digitale Kompetenzen
gebündelt werden, ähnlich wie im Silicon Valley. Für München soll es einen
Mobilitäts-Hub geben sowie wahrscheinlich auch einen für „Urban
Technologies“.
Zweitens. In Germering haben Politik, Stadtverwaltung und Gewerbeverband
im vergangenen Jahr die Initiative ergriffen, um in enger Abstimmung
gemeinsam die Chancen der Digitalen Transformation für Germeringer
Bürgerinnen und Bürger und für die örtlichen Betriebe zu nutzen. Wir wollen
einen Maßnahmenkatalog erarbeiten, mit dem wir Germering und vor allem
auch unserer jungen Generation einen deutlichen Vorsprung verschaffen.
Die dritte gute Nachricht ist:
Schon während wir einen solchen Maßnahmenkatalog erarbeiten, haben
zahlreiche Aktivitäten begonnen. Wie wir erfahren haben, arbeitet die
Stadtverwaltung selbst am Ausbau ihrer Online-Services. Breitband-Internet ist
flächendeckend in Germering verfügbar und ein W-LAN-Hotspot nach dem
anderen entsteht.
Überhaupt ist es bei leibe nicht selbstverständlich, dass sich eine Kommune
einem komplexen Thema wie der digitale Transformation selbst annimmt und
aktiv wird. Was unsere Stadtverwaltung hier leistet ist vorbildlich.
Vom Gewerbeverband aus haben wir seit letztem Jahr zahlreiche Initiativen
neu gestartet. Im Arbeitskreis Schule-Wirtschaft arbeiten wir sehr eng mit
unseren örtlichen Schulen zusammen, um die bestehende TechnologieAusbildung an den Schulen zu unterstützen und ergänzende Angebote zu
schaffen. Aus Germeringer Unternehmen konnten wir sechs IT-Scouts
gewinnen, die in Zukunft für die Schulen Vorträge und Workshops zu aktuellen
IT-Themen anbieten. Dazu gehören zum Beispiel Internet-Sicherheit,
Programmieren von Apps, Robotersteuerung und generell die
Berufsmöglichkeiten in der Digitalwirtschaft.
Mehrere Germeringer Unternehmen stehen bereit, engagierte Lehrerinnen und
Lehrer bei ihren technologischen Projekten und bei Arbeitsgemeinschaften zu
unterstützen, mit Know How und auch finanziell.
Letzte Woche haben wir gemeinsam mit dem Jugendrat das erste Girls Technik
Camp im Jugendzentrum Cordobar durchgeführt. 11 Mädchen zwischen acht
und elf Jahren haben an zwei Tagen mit Elektro-Baukästen experimentiert.
Angeleitet wurden sie dabei von jugendlichen Betreuerinnen. Wir wollen mit
dieser Initiative möglichst frühzeitig Mädchen an die Technik heranführen, um
ihnen die gleichen Chancen und Verdienstmöglichkeiten im künftigen
Arbeitsmarkt zu eröffnen, wie Jungs. Das Girls Technik Camp fand als Pilot
erstmals im Rahmen des Germeringer Ferienprogramms statt. Aufgrund des
sehr guten Erfolges werden wir es in den Sommerferien sowie im nächsten Jahr
fortsetzen. Wir danken hier besonders dem Amt für Jugend, Familie und
Soziales, den Kolleginnen und Kollegen von Herrn Rattenberger. Mit ihnen
arbeiten wir seit vielen Jahren eng zusammen. Sie wirken aktiv im Arbeitskreis
Schule-Wirtschaft mit und haben uns mit dem Ferienprogramm den
organisatorischen Rahmen für das Girls Technik Camp geboten.
Zu Jahresbeginn fand hier in der Stadthalle das Germeringer Smart Home
Forum statt. Smart Home, also die intelligente Steuerung der Technik zu Hause,
ist ein wichtiger Teil der digitalen Transformation. An Ausstellungsständen und
in Fachvorträgen haben sich die Germeringer Bürger aber auch zahlreiche
Handwerksbetriebe über die neuen Möglichkeiten informiert. Der Termin für
die zweite Smart Home Messe im Januar 2017 ist bereits fixiert.
Die vierte gute Nachricht ist:
Wir haben hier in Germering eine ganz außergewöhnliche Kultur der
Zusammenarbeit. Politik, Wirtschaft, Verwaltung, Schulen, Kindergärten und
Vereine arbeiten miteinander für die Zukunft unserer Stadt. Ein
herausragendes Beispiel aus der jüngsten Zeit ist für mich die Zusammenarbeit
mit dem Stadtmarketing. Für sieben Monate war der kleine Stachus gesperrt,
jetzt ist er ein wunderschöner Mittelpunkt unseres Ortes. Die Bauzeit war für
niemanden einfach. Stadtmarketing, namentlich Lena Eberl und Prof. Vossen,
und der Bereich Einzelhandel im Gewerbeverband, geleitet von Katrin Schmidt,
haben optimal kooperiert und mit zahlreichen Aktionen die Bauzeit für alle
erträglich gestaltet. Eine tolle Leistung, bei Leibe nicht normal ist bei einer solch
kritischen Baustelle. Wir Germeringer können darauf stolz sein. Vielen Dank an
das Stadtmarketing!
Die fünfte gute Nachricht:
Der Gewerbeverband wird künftig noch effektiver wirken können. Bislang
waren wir ein Ortsverband des bayerischen Bund der Selbständigen. Wir haben
nun einen eigenständigen Verein gegründet, der sich als „Wirtschaftsverband
Germering“ künftig vollkommen auf Germering konzentrieren kann. Alle
Bereiche und der gesamte Vorstand werden Ihre Arbeit mit vollem Engagement
in den Wirtschaftsverband einbringen. Alle geplanten und bereits eingeleiteten
Aktivitäten werden im Wirtschaftsverband Germering mit verstärkter Power
fortgesetzt. Sie müssen sich nur an einen moderneren Namen gewöhnen.
Und schließlich die sechste gute Nachricht:
Wir schaffen das. Ich wähle diesen mittlerweile etwas abgegriffenen Satz ganz
bewusst. Deutschland war und ist durch die Flüchtlingskrise stark belastet. Ich
persönlich unterstütze die Haltung und auch die Handlungen unserer
Bundesregierung vollkommen, bis zum heutigen Tag. Auch ich verstehe nicht
alles. Aber jetzt, wo wir zumindest eine Verschnaufpause haben, hat sich für
mich meine Einstellung bestätigt, nämlich dass wir unseren Politikern vertrauen
können. Und auch der Politik, der Europäischen Politik insgesamt. So wie wir
die Finanzkrise überwunden haben, werden wir auch die Flüchtlingskrise
überwinden. Natürlich werden Fehler gemacht und es gibt kein optimales
Ergebnis. Wie in der Wirtschaft auch.
Mein Vertrauen beruht auch auf all den Menschen, die in den letzten 9
Monaten mithalfen, die Folgen der Flüchtlingskrise zu lindern. Allen voran den
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Landratsämter, auch und gerade hier in
Fürstenfeldbruck. Sie waren und sind für die Verteilung verantwortlich. Sie
haben weit über die Grenzen der Belastbarkeit gearbeitet. Und sie wurden oft
beschimpft und selten gelobt. Aus Germeringer Sicht haben sie einen sehr
guten Job gemacht. Natürlich nicht perfekt. Perfekt geht überhaupt nicht. Aber
sehr gut. Dafür möchte ich mich als Vertreter der Germeringer Wirtschaft ganz
herzlich bedanken. Auch dieses gute Ergebnis basiert auf der sehr
konstruktiven Zusammenarbeit aller Involvierten, insbesondere Landratsamt,
Schulleitungen, Helferkreise und Stadtverwaltung. Selbst als es so aussah, als
ob auch in die Realschulturnhalle Flüchtlinge einziehen, und unser nächster
Berufsinfoabend der Germeringer Schulen gefährdet schien, haben alle
Beteiligten zusammengearbeitet und schnell einen Plan B entwickelt. … Den wir
jetzt gottseidank wohl nicht brauchen werden.
Diese vorbildliche Arbeit, die hier von Landkreis, Stadt und Bürgern geleistet
wurde und uns die Bewältigung der Flüchtlingskrise ermöglichten und
ermöglichen, ist ein weiteres Indiz, dass wir aus den Herausforderungen der
digitalen Transformation eine echte Chance – und daraus eine hervorragende
Zukunft für Germering und unsere nachfolgende Generation machen können.
Nach sechs guten Nachrichten, habe ich aber nun eine Aufforderung an uns
alle. Vor allem an die Unternehmerinnen und Unternehmer unter uns.
Ich hoffe, ich konnte Sie ein bisschen mitreißen, mit meinem Optimismus für
die Zukunft. Ein Optimismus der wohl begründet ist.
Aber es gibt auch eine große Gefahr. Diese Gefahr liegt in der Verunsicherung
der Menschen. Diese allgemeine Verunsicherung ist die Ursache für die Angst
vor neuem. Noch schlimmer, sie ist auch die Ursache für Fremdenhass. Und sie
war die Ursache für das schlimme Ergebnis der letzten Landtagswahlen.
Auch hier in Germering gibt es diese Verunsicherung. Fremdenhass spüren wir
gottseidank noch nicht. Zumindest nicht öffentlich geäußert. Und eine AFDOrtsgruppe blieb uns bislang erspart.
Aber viele Menschen haben Angst vor der Urbanisierung unserer Stadt. Sie
möchten die Beschaulichkeit Germerings bewahren.
Wenn Germering eine eigenständige Stadt bleiben möchte, mit einer weiterhin
starken Wirtschaft. Wenn wir erfolgreiche Unternehmen und damit attraktive
Arbeitsplätze in Germering möchten. Und wenn wir möglichst viel Kaufkraft am
Ort halten möchten, braucht Germering ein urbanes Zentrum. Und wir
brauchen deutliche Bebauungen an den Ortseinfahrten, die jedem Ankömmling
signalisieren, hier kommst Du in eine moderne, zukunftsorientierte Stadt.
Es ist eine allgemeine Verunsicherung, warum manche Menschen
Veränderungen wie sie die Urbanisierung Germerings mit sich bringen,
ablehnen, ohne dies sachlich begründen zu können.
Wir als Unternehmer können da etwas dagegen tun. Als aller erstes können wir
unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern das Gefühl der Sicherheit geben.
Zeigen wir ihnen unsere Wertschätzung und Anerkennung. Und zeigen wir
ihnen, dass unsere Unternehmen sehr gut mit den Herausforderungen der
Zukunft umgehen können und ihre Arbeitsplätze damit sicher sind. Ich habe
Ihnen sechs gute Nachrichten genannt, die unsere aktuelle Entwicklung mit sich
bringen. Sagen Sie diese auch Ihren Kollegen. Natürlich sollen und müssen wir
von unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auch Unterstützung beim
Wandel einfordern. Aber wenn wir ihnen gleichzeitig klarmachen, dass sie die
Veränderungen für ihren eigenen persönlichen Erfolg nutzen können,
bekommen wir auch entsprechendes Engagement zurück.
Sprechen Sie mit Ihre Kolleginnen und Kollegen auch über die Entwicklungen in
Germering. Erklären Sie, warum die baulichen Planungen wichtig sind. Wichtig
für Germering, die Bürger, aber vor allem auch für ihr Unternehmen.
Und mit einer Bitte darf ich abschließen. In den nächsten Wochen sind wieder
IHK-Wahlen. Nehmen Sie an den Wahlen Teil. Wählen Sie unsere Kandidaten
aus Germering in den Regionalausschuss Fürstenfeldbruck. Damit können wir
Ihre und unsere Germeringer Interessen auch dort und über die IHK in der
bayerischen Landespolitik vertreten.
Vielen Dank!