PDF ausgabe 2016-13 - Deutsche Gesundheits Nachrichten

Ausgabe | 13
08. April 2016
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Wirtschaft
Europäer stecken Milliarden in illegale Drogen
Der Drogenmarkt in Europa floriert. Jährlich geben die Europäer etwa 24 Milliarden Euro für illegale Drogen aus
F
Endverbrauchermarkt bei etwa 38 Proür die organisierte Kriminalität
gehört der Drogenmarkt in Euzent, was einem Marktwert von mehr als
ropa zu den wichtigsten Einnahme9,3 Milliarden Euro jährlich entspricht.
quellen, wie Europol und der aktuelle
„In der EU haben etwa 22 Millionen
Jahresbericht der Europäischen BeobErwachsene die Droge im letzten Jahr
achtungsstelle für Drogensucht zeikonsumiert und rund 1 Prozent der
gen. Darin werde aufgezeigt, welche
erwachsenen Europäer konsumieren
„Verbindungen es zu anderen krimisie nahezu täglich, was das Risiko genellen Tätigkeiten gibt und wie illegasundheitlicher und gesellschaftlicher
le Einkünfte aus dem Drogenhandel
Folgeschäden erhöht.“
für die Finanzierung der MigrantenDer Heroinmarkt ist mit einem
schleusung und terroristischer AkVolumen von 6,8 Milliarden Euro der
tivitäten genutzt werden und damit
zweitgrößte, illegale Drogenmarkt in
internationale
EntwicklungsbemüEuropa. Gerade hier sei der Anteil der
hungen untergraben“, sagte Dimitris
drogenbedingten Todesfälle hoch, so
Avramopoulos, EU-Kommissar für
die Kommission in ihrem Bericht. „Die
Migration und Inneres.
vermehrte Sicherstellung sehr großer
Geschätztes Mindestvolumen des illegalen Markts für die
Heroinmengen lässt auf eine zunehDer Bericht zeigt, dass die EU- Hauptdrogen in der EU.
Grafik: EU-Kommission
Bürger schätzungsweise jedes Jahr
mende Flexibilität und Dynamik im
zwischen 21 und 31 Milliarden Euro
Hinblick auf Produktionstechniken,
ausgeben. Die Untersuchungen haben wei- Drogenmarkt infolge der Globalisierung Produktionsorte, Handelsrouten und Vorsen darauf hin, dass es eine zunehmende und neuer Technologien beschleunigt, so gehensweisen schließen.“ Dies spiegele sich
organisatorische und technische Komple- die EU-Kommission.
in der Verlagerung des Schmuggels auf
Noch immer ist Cannabis in Europa Seecontainer und auf neue Handelsrouten
xität, Verflechtung und Spezialisierung
der an den Drogenmärkten beteiligten die am häufigsten konsumierte Droge. So durch Afrika, den Südkaukasus, Syrien und
Gruppierungen gibt. Zudem habe sich der liegt der Anteil von Cannabis am illegalen den Irak wider.
Analyse
Weltweiter Anstieg der Diabetes-Fälle
Anfangs vor allem ein Problem der
reichen Industrieländer kommt die
Krankheit nun nach und nach auch in
anderen Regionen der Welt an. Vor allem in den ärmeren Ländern führt dies
zu einer steigenden Zahl der Todesfälle,
weil eine adäquate Behandlung oft kaum
möglich ist.
In dieser Woche veröffentlichte die
WHO ihren ersten globalen DiabetesBericht. Die Ergebnisse sind frappierend.
Die Zahl der Diabetiker ist auf weltweit 422
Millionen angestiegen (2012). Im Jahr 1980
waren es nur 108 Millionen. Aus diesem
Grund widmet sich in diesem Jahr der
Weltgesundheitstag auch dem Thema
Diabetes. „Diabetes breitet sich aus“, sagt
die WHO-Generaldirektorin angesichts der
neuen Erkenntnisse. „Sie ist nicht mehr
nur eine Krankheit vermeintlich reicher
Nationen, tatsächlich steigen die DiabetesFälle stetig und überall, vor allem aber in
den Ländern mit mittleren Einkommen.“
Von den 1,5 Millionen 2012 an den
Folgen von Diabetes Verstorbenen kamen
rund 80 Prozent aus Ländern mit geringen
bzw. mittlerem Einkommen. Oft wird
die Krankheit dort zu spät entdeckt und
meist können sich die Betroffenen die
teuren Medikamente nicht leisten. Bei
weiteren 2,2 Millionen Todesfällen waren
ein zu hoher Blutzuckerwert und damit
verbundene Risiken hinsichtlich von Herzkreislaufkrankheiten vorausgegangen.
In dem Bericht mahnt die WHO
deshalb zu umfassenderen Gegenmaßnahmen. Geschehe dies nicht, könnte
Diabetes bis spätestens 2030 zu den
sieben häufigsten Todesursachen weltweit gehören. Allein in Deutschland sind
derzeit etwa 6 Millionen Menschen an
Diabetes erkrankt. Doch selbst hierzulande weiß fast jeder Fünfte nicht einmal,
dass er an der Krankheit erkrankt ist. Die
Zahl der Diabetes Typ-2-Neuerkrankkungen unter deutschen Jugendlichen hat
sich in den vergangenen Jahren sogar
verfünffacht.
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Haupthandelswege von Cannabis in Europa. Kokain ist das am häufigsten konsumierte, illegale Stimulans in Europa. Ihr
Endkonsumentenmarkt wird auf mindestens 5,7 Milliarden Euro jedes Jahr geschätzt.
Vor allem in West- und Südeuropa wird viel
Kokain konsumiert. Besorgniserregend
Grafik: EU-Kommission
aber seien im Moment vor allem die synthetischen Stimulanzien wie Amphetamin,
Methamphetamin und MDMA. Und hier
vor allem die Beschaffbarkeit der hochdosierten MDMA-Produkte und der zunehmende Methamphetaminkonsum. „Bei der
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Gesamtbetrachtung der Daten zeigt sich
deutlich, dass Methamphetamin bei der
Drogenproblematik in Europa relevanter
zu werden droht. Eine Überwachung dieses
Bereichs ist also angebracht.“
Zu den bekannten Drogen kommen
außerdem noch neue psychoaktive Substanzen hinzu. Allein 2015 wurden 100 neue
Substanzen erstmalig im Frühwarnsystem
der EU aufgeführt. Damit sind mittlerweile
560 an neuen Substanzen im Frühwarnsystem. Etwa 70 Prozent davon traten allein
erst in den vergangenen fünf Jahren auf.
Der Markt nimmt eine immer größere
Rolle ein. 2014 wurden in der EU fast
50.000 Mal neue Substanzen mit einem
Gesamtgewicht von annähernd 4 Tonnen
sichergestellt. „Viele dieser Substanzen sind
deutlich stärker als ihre kontrollierten
Entsprechungen. Hauptsächlich wurden
synthetische Cannabinoide sichergestellt,
die als legaler Ersatz für Cannabis verkauft
werden dürfen.“
Pharma
Keine Steuervorteile: Mega-Pharma-Fusion geplatzt
Der US-Pharmariese Pfizer hat die milliardenschwere Übernahme des Botox-Herstellers Allergan platzen lassen
W
egen einer Verschärfung der US- sion arbeiten. „Aus dem geplanten Zusam- mit einem größeren Therapiespektrum als
Steuergesetze ist die 160 Milli- menschluss wird ein weltweit führendes bislang“, sagte Chairman und Chief Exearden Dollar schwere Übernahme des biopharmazeutisches Unternehmen entste- cutive Officer Ian Read damals. „Allergans
Botox-Herstellers Allergan durch
Geschäftsbereiche ergänzen und
den US-Pharmariesen Pfizer geerweitern Pfizers Portfolio sowohl
durch hervorragende innovative
scheitert. Der geplante Zusamals auch etablierte Arzneimittel“.
menschluss sei in gegenseitigem
In der zweiten Jahreshälfte sollte
Einvernehmen
abgebrochen
die Fusion abgeschlossen werden.
worden, teilte Pfizer am MittPfizer wollte nach dem Zuwoch mit. Pfizer müsse Allergan
dafür 150 Millionen Dollar zahsammenschluss seinen Hauptsitz
nach Irland verlagern. In Irland
len.
sind die Steuersätze deutlich niedHintergrund sind neue Maßnahmen der US-Regierung gegen
riger als in den USA. Bisher liegt
Steuervorteile im Zuge solcher
der Hauptsitz in New York. Die
Übernahmen. In den USA haben in
neuen US-Vorschriften schließen
den vergangenen Jahren zahlreiche
nun eine Verlegung von FirmenKonzerne nach Großfusionen ihre
sitzen nach Übernahmen jedoch
Firmensitze ins Ausland verlegt, Mit Viagra hat Pfizer noch immer ein weltweit bekanntes Produkt auf
aus. Dafür ist für Pfizer der Hauptwas massive Steuerersparnisse dem Markt.
grund der Fusion weggebrochen.
Foto: Flickr/ Toshiyuki IMAI/CC by sa 2.0
mit sich bringt. Diese als Inversion
Mit einem jährlichen Umsatz
bezeichnete Taktik ist in Amerika
von 48,9 Milliarden Dollar (2015)
ein Politikum geworden.
hen mit großen Stärken in der Erforschung zählt Pfizer mittlerweile über 97.000 MitIm November hatten beide Unterneh- und Entwicklung neuer Wirkstoffe und für arbeiter weltweit. Allein etwa 2.000 davon
men bekanntgegeben, dass sie an einer Fu- die Versorgung von noch mehr Menschen arbeiten in Deutschland.
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Forschung
Bakterien sollen zur Krebsbekämpfung eingesetzt werden
Es gibt einige Bakterien, die im Kampf gegen den Krebs eine positive Wirkung haben könnten
D
ie Zahl der an Krebs Erkrankten
steigt jedes Jahr. Krebs gehört zu
den häufigsten Todesursachen. Die Weltgesundheitsorganisation WHO (Stand
2012) schätzte, dass in den kommenden
zwei Jahrzehnten die Zahl der Neuerkrankungen um etwa 70 Prozent ansteigen
wird. Jedes Jahr sterben in der EU mehr als
100.000 Menschen an arbeitsbedingten
Krebserkrankungen. Diese Zahl übersteigt
die Anzahl der tödlichen Arbeitsunfälle
um das Zwanzigfache, wie eine Untersuchung des Europäischen Gewerkschaftsinstituts (ETUI) zeigt. In Deutschland sind
es etwa 17.700 Fälle. Die Internationale
Arbeitsorganisation schätzt die Zahl der
weltweiten Todesfälle aufgrund arbeitsbedingter Krebserkrankungen auf 666.000.
Krebs ist Todesursache Nummer 1 – zumindest in den Hochlohnländern.
Aus diesem Grund investieren
Pharmaunternehmen, Stiftungen und
auch Regierungen weiter stark in die Erforschung neuer Behandlungsmethoden.
Das Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung setzt dabei auf probiotische
E.coli-Bakterien.
Probiotisch deshalb, weil es bei dem
Einsatz von pathogenen Bakterien oft zu
anderen gefährlichen Auswirkungen auf
den Körper des Menschen kommt. Bei
probiotischen Bakterien ist ein Einsatz
gegen Krebs möglich, ohne dass es zu
anderen Schädigungen durch die Bakterien kommt. Die pathogenen Bakterien
mussten so stark modifiziert werden, um
dem Patienten nicht zu schaden, dass die
therapeutische Wirkung am Ende auch
ausblieb.
Die Wissenschaftler des HelmholtzZentrums für Infektionsforschung (HZI)
haben nun die Ergebnisse zu ersten Tests
mit probiotischen Bakterien an Mäusen
in der Fachzeitschrift „Oncotarget“ veröffentlicht. Das Ergebnis: Die Bakterien
griffen tatsächlich die Tumore an, ohne
toxisch zu wirken. Die Bakterien, die die
Wissenschaftler bei den Mäusen einsetzten, werden bereits jetzt von Millionen
Menschen genutzt, um Darmstörungen zu
behandeln. Vor allem Symbioflor-2 habe
effizient die Tumore zerstört.
„Das belegt das vielversprechende
Potenzial bei der Therapie von soliden
Tumoren, obwohl die therapeutische Potenz nicht ganz an die von ‘Salmonella’
heranreicht“, sagt Dino Kocijancic, Wissenschaftler in der Abteilung für Molekulare
Immunologie am HZI. „Aber wegen ihrer
überlegenen Tumorspezifität und der Tatsache, dass sie nicht abgeschwächt werden
müssen, eignen sie sich gut als Bio-Vehikel
zur Einschleusung therapeutischer Moleküle in Tumore“.
Probiotische E.coli-Bakterien eignen sich zur Krebsbehandlung. Foto: Flickr/ NIAID/Cc by 2.0
Forschung
Elektrische Gabel soll ungesunde Salzzufuhr reduzieren
Mittels eines Reglers kann die Intensität des Salzgeschmacks eingestellt werden
T
rotzdem immer wieder vor einem zu
hohen Konsum von Salz gewarnt wird,
greifen weiterhin viele zum beliebten Gewürz. Geschmacksverstärker und die oft
schon durch Unternehmen stark gesalzenen Fertigprodukte haben den Geschmack
der Konsumenten in den vergangenen
Jahren stark geprägt. Selbst in Produkten,
in denen wir kein Salz erwarten, ist nicht
selten Salz enthalten. Unsere Geschmacksnerven haben sich daran gewöhnt und fordern oft mehr Salz, weil die Empfindlichkeit dafür nachgelassen hat.
Allerdings ist ein zu hoher Salzgehalt
ein nicht zu unterschätzendes Gesundheitsrisiko. Um gefährdeten Menschen den
Ausstieg aus dem Salzkonsum zu erleichtern, hat die japanische Wissenschaftlerin
Hiromi Nakamura vom Rekimoto Lab der
University of Tokyo an der Entwicklung
einer besonderen Gabel geforscht. Diese
arbeitet mit elektrischen Impulsen.
Im Griff der Gabel befindet sich eine
Batterie, die per Knopfdruck leichte Stro-
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Die Gabel soll neben einem salzigen auch einen sauren Geschmack auslösen können.
Foto: Flickr/Marcus Quigmire/CC by sa 2.0
mimpulse auslöst. So entsteht der Geschmack von Salz im Kopf, ohne dass die
Nahrung gesalzen wurde. Mithilfe eines
Reglers kann entsprechend auch die Intensität des Salzgeschmacks bestimmt werden.
Der Prototyp ist für etwas mehr als 17 Dollar
zu haben zuzüglich der Kosten einer Gabel.
Die Gabel kann auch metallische und saure
Geschmäcker erzeugen, so die Japan Today.
Grundlage der Gabel war ein Test, bei
dem elektrische Impulse genutzt werden,
um zu sehen, ob bestimmte Regionen der
Zunge von Patienten noch aktiv oder abgestorben sind. Bis zu sechs Stunden kann
die Gabel genutzt werden, ohne geladen
zu werden.
In Deutschland liegt einer aktuellen
Studie des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft zufolge der
tägliche Salzkonsum bei Frauen bei 8,4
Gramm und bei Männern im Schnitt bei
10 Gramm. „Das heißt: Über 75 Prozent der
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Männer und fast 70 Prozent der Frauen
überschreiten die Empfehlung der DGE
täglich.“ Eine hohe tägliche Salzzufuhr ist
ein ernstzunehmender Risikofaktor für
die Entstehung von Bluthochdruck und
kardiovaskulären Erkrankungen.
Den Versuch, Menschen einen Geschmack vorzugaukeln, um sie von ungesunden Lebensmitteln fern zu halten,
macht auch der Right Cup. Über die
Crowdfunding-Plattform Indiegogo lief im
vergangenen Jahr eine Aktion zur Umsetzung der Idee. Dabei setzen die Entwickler
auf den Zusammenhang zwischen Geruch
und Geschmack. Demnach ist vor allem
der Geruch zu 80 Prozent entscheidend
für das Geschmackserlebnis. Das Team
um Isaac Lavi nutzt die Aromen, die die
großen Unternehmen auch für ihre Getränke einsetzen. Die Aromen wurden direkt
in den Trinkbecher integriert statt in das
Getränk an sich.
Damit ist der Becher aufgrund des
Geruchs in der Lage, dem Trinkenden vorzugaukeln, er konsumiere etwa Zitronenlimonade statt Wasser. Sechs verschiedene
Geschmacks- bzw. Geruchsrichtungen
werden bereits angeboten: Beeren, Orange, Apfel, Zitrone, Pfirsich und Cola. Für
Menschen, die nicht ausreichend Wasser
trinken, könnte dies eine gute Alternative
sein.
Wirtschaft
Studie: Vorsicht vor Werbung mit Vitaminen
Die Lebensmittelbranche setzt auf stetig neue Mittel, um ihre Produkte an die Konsumenten zu bringen
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oodwatch hat im Februar und März
2016 in Deutschland und den Niederlanden in Supermärkten und Discountern
recherchiert. In beiden Ländern wurde
dazu jeweils ein Markt der drei umsatzstärksten Händler aufgesucht und alle
Produkte erfasst, auf deren Verpackungsvorderseite mit Vitaminen geworben
wird. In Deutschland wurden 214 und in
den Niederlanden 430 solcher Produkte
gefunden. Die Lebensmittel wurden anschließend anhand des WHO-Nährwertprofilmodells als ausgewogen oder unausgewogen eingestuft.
Die Ergebnisse der Untersuchungen
sind eindeutig: Von den in Deutschland
untersuchten Produkten mit beworbenen
Von den untersuchten Produkten sind knapp 90 Prozent zu süß, zu fettig oder zu salzig. Foto: foodwatch
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zuckrige Getränke – die Lebensmittelhersteller nutzen die Unfähigkeit der EU schamlos aus,
sich endlich auf Regeln zu einigen“, so foodwatch. Die HealthClaims-Verordnung sollte in
der EU eigentlich genau das
verhindern. Nur Lebensmittel, die danach als ausgewogen
eingestuft werden, sollen mit
gesundheits- oder nährwertbezogenen Angaben werben
dürfen. Die EU-Kommission
hat 2009 einen Entwurf für
ein solches Modell vorgelegt.
Die Umsetzung ist jedoch seit
sieben Jahren im Verzug.
Derzeit ist allerdings unklar, ob die Nährwertprofile
schließlich, wie in der VerDurch den Verweis auf zusätzliche Vitamine kann das Produkt
ordnung festgeschrieben,
als besonders gesund und hochwertig dargestellt werden. eingesetzt werden oder ob
Grafik: foodwatch
sie gestrichen werden sollen.
Unter dem Deckmantel der
Vitaminen erfüllen 89 Prozent (190 von 214
Produkten) nicht die Kriterien des WHO- „Vereinfachung von Gesetzen“ (dem soNährwertprofilmodells für ausgewogene genannten REFIT-Programm) führt die EU
Lebensmittel. In den Niederlanden sind derzeit eine Evaluierung der Health-Claims76 Prozent (325 von 430) der untersuchten Verordnung bezüglich der Nährwertprofile
Produkte mit Vitaminwerbung unausge- durch. Mitte April 2016 stimmt außerdem
wogen. Vor allem auf Süßigkeiten und das europäische Parlament über den Vorgesüßten Getränken sind derart irrefüh- schlag ab, die Nährwertprofile ganz aus
rende Botschaften zu finden. Aber auch der Verordnung zu streichen.
Doch nicht nur die Verbrauchertäubei Fruchtsäften und Joghurts wird dies
von den Herstellern gern genutzt, um ihre schung ist bei dieser Herstellerpraxis zu
Produkte gesünder und damit attraktiver kritisieren. Bei Produkten, die mit Vitamiwirken zu lassen.
nen angereichert wurden, besteht darüber
„Ob Fruchtgummis, Bonbons oder hinaus die Gefahr einer Überdosierung.
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Diese kann nachteilige Folgen für die Gesundheit haben. Das Bundesinstitut für
Risikobewertung (BfR) rät zum Beispiel
von der Anreicherung von Lebensmitteln mit Vitamin A (außer bei Margarine)
und Vitamin D ab. Dennoch sind zum
Beispiel viele gesüßte ACE-Getränke oder
zuckrige Joghurts mit Vitamin D auf dem
Markt. „Hier wird gezielt mit der Angst von
Verbraucherinnen und Verbrauchern vor
einem Vitaminmangel gespielt, um die
Produkte als gesund zu vermarkten“, heißt
es in der Studie von foodwatch.
In 85 Prozent der Fälle wurden die
Vitamine künstlich zugefügt. Dabei sind
die meisten Menschen in Deutschland
laut Deutscher Gesellschaft für Ernährung (DGE) mit Vitaminen ausreichend
versorgt. Aus diesem Grund müsse die
EU-Kommission endlich die Health-ClaimsVerordnung umsetzen.
Schließlich stellen die Folgen der weitverbreiteten Fehlernährung bereits jetzt
eine immense gesellschaftliche Herausforderung dar: In den letzten Jahrzehnten
ist weltweit ein dramatischer Anstieg von
Übergewicht und ernährungsbedingten
Krankheiten wie Diabetes Typ II zu beobachten. In Deutschland gelten ungefähr 60
Prozent der Menschen als übergewichtig,
fast jeder Vierte gilt als fettleibig. Experten
zufolge entstehen allein durch Adipositas
(Fettleibigkeit) in Deutschland jährlich 63
Milliarden Euro gesamtgesellschaftliche
Kosten. Mehr als 6 Millionen Menschen
sind hierzulande an Diabetes Typ II erkrankt.
Politik
Bundesärztekammer fürchtet Schwächung der Ethik-Kommission
Der neue Gesetzentwurf könnte die Unabhängigkeit der Kommission beeinträchtigen
Z
war wurden einige der früheren
Anmerkungen und Forderungen
durch die Bundesärztekammer in den
Referentenentwurf
übernommen,
doch einige wichtige Aspekte seien
nicht berücksichtigt worden, kritisiert
die Bundesärztekammer. Bei dem Referentenentwurf geht es um das Vierte Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften.
Hauptkritikpunkt der Kammer ist die
Rolle der Ethik-Kommission.
Demnach sei die von Bundestag
und Bundesrat beschlossene Aufrechterhaltung der unabhängigen Bewertung eines Antrages zur Durchführung
einer klinischen Prüfung durch Bundesoberbehörden und nach Landesrecht gebildeten Ethik-Kommissionen
(„Zwei-Säulen-Prinzip“) im vorgelegten
Kabinettsentwurf des geplanten Gesetzes nicht gewährleistet. Wichtig ist der
Bundesärztekammer, dass vor allem die
zuständige Bundesoberbehörde (BOB) zu-
künftig stärker an die Ethik-Kommission
gebunden wird. So solle die BOB nur
Genehmigungen erteilen können, wenn
„die zuständige Ethik-Kommission zu
zentralen Aspekten wie Nutzen-RisikoBewertung für den einzelnen Patienten
sowie die erwartete Bedeutung für die
Heilkunde eine positive Stellungnahme
erteilt hat“, heißt es in der Stellungnahme
der Bundesärztekammer.
Eine darüber hinaus geplante Bildung
einer Bundes-Ethik-Kommission sei nicht
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notwendig und würde nur rechtliche
Bedenken auslösen:
Eine unmittelbar bei den Genehmigungs- und Zulassungsbehörden des
Bundes angesiedelte Ethik-Kommission
dagegen bietet nicht die Gewähr für die
Unabhängigkeit, die sowohl die Deklaration von Helsinki des Weltärztebundes als
auch die Verordnung (EU) Nr. 536/2014
(gemäß Artikel 2 Abs. 2 Ziffer 11) fordern.
Mit gutem Grund haben sich Bundesrat
und Bundestag ausdrücklich für eine
Trennung zwischen BOB einerseits und
nach Landesrecht gebildeten Ethik-Kommissionen andererseits ausgesprochen.
Sollte der Entwurf dennoch an der
Bildung einer Bundes-Ethik-Kommission
festhalten wollen, müssten zwei Grundvoraussetzungen geschaffen werde, so
die Bundesärztekammer. So sollte die
Schaffung einer Bundes-Ethik-Kommission der Zustimmung des Bundesrats
bedürfen. Außerdem müsse die Verordnungsermächtigung an tatbestandliche
Die Bundesärztekammer fordert eine Stärkung der Ethik-Kommission.
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Voraussetzungen gebunden und die Ermächtigung zeitlich befristet werden.
Die Ärzte kritisieren darüber hinaus
auch, dass der geplante Gesetzesentwurf
vorsieht, zukünftig klinische Prüfungen
auf Bundesebene zu genehmigen. „Wenn
die zuständige Bundesoberbehörde
gleichzeitig für die Genehmigung klinischer Prüfungen und die Registrierung
der Ethik-Kommissionen verantwortlich
sein soll, besteht ein erheblicher Interessenkonflikt“, so die BÄK.
Foto: Flickr/United Soybean Board/Cc by 2.0
Impressum Geschäftsführer: Christoph Hermann, Karmo Kaas-Lutsberg. Herausgeber: Dr. Michael Maier (V.i.S.d. §§ 55 II RStV). Chefredakteurin:
Jennifer Bendele. Redaktion: Anika Schwalbe, Gloria Veeser, Julia Jurrmann, Cüneyt Yilmaz. Sales Director: Philipp Schmidt. Layout: Nora Lorz. Copyright:
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