Factsheet: Andritz AG Hintergrund zum Unternehmen: Die österreichische Andritz AG ist nach eigenen Angaben eine der weltweit führenden Lieferanten von Anlagen, Ausrüstungen, und Serviceleistungen für Wasserkraftwerke, die Zellstoff- und Papierindustrie, die Metall verarbeitende Industrie und Stahlindustrie sowie für die kommunale und industrielle Fest-Flüssig-Trennung. Das Unternehmen beschäftigt weltweit rund 24.500 MitarbeiterInnen und ist an 250 Standorten tätig. Der Hauptsitz des Konzerns ist in Graz. In Österreich sind rund 3.400 MitarbeiterInnen beschäftigt. Das Unternehmen erwirtschaftete im Jahr 2015 einen Umsatz von 6.377,2 Milliarden Euro1. Die Geschäftsbereiche2 der Andritz AG umfassen: Hydro: Wasserkraftwerke, durchschnittlicher Anteil am Auftragsvolumen: 30 Prozent Pulp & Paper: Zellstoff- und Papierindustrie, durchschnittlicher Anteil am Auftragsvolumen: 35 Prozent Metals: Metallverarbeitende Industrie und Stahlindustrie, durchschnittlicher Anteil am Auftragsvolumen: 25 Prozent Separation: Kommunale und industrielle Fest-Flüssig-Trennung, durchschnittlicher Anteil am Auftragsvolumen: 10 Prozent Die Andritz AG lieferte in der Vergangenheit mehrmals elektromechanische Ausrüstungen wie Turbinen und Generatoren für Megastaudämme. Diese Sparte wird von der Andritz Hydro verwaltet. Im Hydro-Bereich erzielte das Unternehmen im Jahr 2015 einen Umsatz von 1.835 Milliarden Euro3. Rund 30 Prozent der Andritz-Aktien, also fast ein Drittel des Unternehmens, gehören dem Vorstandsvorsitzenden Wolfgang Leitner4. Im Jahr 2015 listete das Magazin “Trend“ Herrn Leitner auf Platz 18 der reichsten ÖsterreicherInnen mit einem Vermögen von rund 1.760 Milliarden Euro5. Projektbeispiele: 1 Xayaburi, Laos: Ende 2012 begannen die Arbeiten am Xayaburi-Staudamm in Laos am Mekong, dem größten Fluss Südostasiens. Die Andritz AG bekam den Auftrag für elektromechanische Lieferungen im Wert von bis zu 300 Millionen Euro6. Die Umsetzung des Milliardenprojekts könnte für die mehr als 60 Millionen Menschen, denen der Fluss als Lebensgrundlage dient, verheerende Folgen mit sich bringen. Das Projekt bedroht die Existenz von 23 bis 100 verschiedenen Fischarten, da der Staudamm die Wanderrouten Andritz, Jahresbericht 2015: http://www.andritz.com/de/gr-annual-report-2015-low-de.pdf Andritz, Die Andritz Gruppe – Unternehmenspräsentation März 2016: http://www.andritz.com/de/gr-company-presentationmarch2016-de.pdf 3 Andritz, Die Andritz Gruppe – Unternehmenspräsentation März 2016: http://www.andritz.com/de/gr-company-presentationmarch2016-de.pdf 4 Andritz Website, Aktie: http://www.andritz.com/de/group/gr-investors/gr-share.htm 5 Trend, trend-Ranking: Die 100 reichsten Österreicher: http://www.trendtop500.at/die-reichsten-oesterreicher/?seite=2 6 FIAN (2015), Konzerne. Staudämme. Menschenrechte: http://fian.at/assets/Uploads/FIAN-2015KonzerneStaudaemmeMenschenrechte.pdf, Quelle aus: http://www.eco-business.com/news/another-major-xayaburi-pact/ 2 dieser Fische blockieren und Veränderungen in ihrem Lebensraum vornehmen würde7. Laut der Naturschutzorganisation WWF könnten mit dem Staudamm die Erträge aus dem Fischfang um bis zu 40 Prozent zurückgehen8. Zudem müssten für das Projekt auch landwirtschaftliche Flächen geflutet werden. Für die Menschen vor Ort wäre das eine Katastrophe. Rund 202.000 Personen wären direkt betroffen. Weiter müssten über 2100 Menschen umgesiedelt werden9. Der Verein Finance & Trade Watch Österreich hat im Jahr 2014 (damals ECA Watch Österreich) eine Beschwerde gegen die Andritz AG an den im Wirtschaftsministerium angesiedelten Nationalen Kontaktpunkt (NKP), der mit der Einhaltung der OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen befasst ist, eingereicht. Gemeinsam mit acht internationalen und lokalen zivilgesellschaftlichen Initiativen beschreibt ECA Watch, wie das Unternehmen im Rahmen dieses Projekts am Mekong in Laos internationale Standards verletzt10. Belo Monte, Brasilien: Der seit 2011 im Bau befindliche Belo Monte Megastaudamm in Brasilien soll nach Fertigstellung der drittgrößte Megastaudamm der Welt werden. Gleichzeitig ist dieses Projekt, für das die Andritz AG für die Lieferung von Turbinen und Generatoren einen Auftragswert von 330 Millionen Euro erhielt11, auch eines der Umstrittensten weltweit. Der Eingriff in den Flusslauf und den ökologisch wertvollen „Volta Grande“ (Große Schleife) des Xingu, an der der Staudamm errichtet wird, hätte weitreichende Folgen für die Biodiversität im Amazonas-Regenwald12. 450 Fischarten beheimatet das Xingu-Flussgebiet13. Tiere, darunter verschiedene Affenarten und Schildkröten, wären durch den Bau des Megastaudammes gefährdet14. Nicht nur die Umwelt, auch die Menschen vor Ort wären vom Projekt stark betroffen: Zwischen 20.000 und 40.000 Menschen würden durch das Projekt zwangsumgesiedelt werden15. Aufgrund fehlender Kompensationszahlungen für lokale Gemeinden hat Anfang des Jahres 2016 ein brasilianisches Gericht erstmal die Genehmigung für das Projekt entzogen16. Ilisu, Türkei: Die Andritz AG ist mit einem Auftragsvolumen von 340 Millionen Euro17 an dem umstrittenen, seit dem Jahr 2008 in Bau befindlichen Megastaudamm Ilisu in der Türkei beteiligt. Die Natur, als auch die Menschen vor Ort würden bei diesem Projekt erneut auf der Strecke bleiben: 400 Kilometer des Flusses Tigris und seiner Nebenflüsse sowie der Lebensraum zahlreicher bedrohter Arten würden zerstört werden. Die antike und kulturell äußerst bedeutende Stadt Hasankeyf würde gemeinsam mit hunderten anderen archäologischen Fundstätten geflutet werden 18. Bis zu 80.000 Menschen könnten von dem Megastaudamm betroffen sein 19. Das Projekt sah sich jahrelang mit 7 FIAN (2015), Konzerne. Staudämme. Menschenrechte: http://fian.at/assets/Uploads/FIAN-2015KonzerneStaudaemmeMenschenrechte.pdf, Quelle aus: http://www.internationalrivers.org/campaigns/xayaburi-dam 8 FIAN (2015), Konzerne. Staudämme. Menschenrechte: http://fian.at/assets/Uploads/FIAN-2015KonzerneStaudaemmeMenschenrechte.pdf, Quelle aus: http://wirtschaftsblatt.at/home/nachrichten/oesterreich/1309694/Andritzsteht-wegen-MegaProjekt-in-Laos-am-Pranger 9 FIAN (2015), Konzerne. Staudämme. Menschenrechte: http://fian.at/assets/Uploads/FIAN-2015KonzerneStaudaemmeMenschenrechte.pdf, Quelle aus: http://www.internationalrivers.org/files/attachedfiles/the_xayaburi_dam_eng.pdf 10 FT Watch Website: http://www.ftwatch.at/beschwerde-gegen-die-andritz-ag-im-wirtschaftsministerium-eingereicht/ 11 Andritz Website, Hydro: http://www.andritz.com/de/index-2015/hydro/hy-news/hy-news-detail.htm?id=5589 12 International Rivers (2012), Belo Monte: massive dam project strikes at the heart of the Amazon: http://www.internationalrivers.org/files/attached-files/Belo_Monte_FactSheet_May2012.pdf 13 Lees et al (2016), Hydropower and the future of Amazonian biodiversity. Biodiversity Conservation p. 459.9. DOI 10.1007/s10531-016-1072-3 citing unpublished data and Isaac V.J. (2008) Diagnóstico ambiental da AHE- Belo Monte - Médio e Baixo Rio Xingu - Ictiofauna e pesca. Aproveitamento hidrelétrico Belo Monte Diagnóstico - estudo de impacto Ambiental sobre a fauna e flora da região do medio rio Xingu - UHE Belo Monte. Museu Goeldi, Belém, Pará, Brazil. http://licenciamento.ibama.gov.br/Hidreletricas/Belo%20Monte/EIA/Volume%2019%20%20RELATORIOS%20MPEG%20ICTIOFAUNA/TEXTO/RELAT%D3RIO%20FINAL%20ICTIOFAUNA%20E%20PESCA %20V7.pdf 14 International Rivers (2012) Belo Monte: massive dam project strikes at the heart of the Amazon. http://www.internationalrivers.org/files/attached-files/Belo_Monte_FactSheet_May2012.pdf 15 International Rivers (2012) Belo Monte: massive dam project strikes at the heart of the Amazon. http://www.internationalrivers.org/files/attached-files/Belo_Monte_FactSheet_May2012.pdf 16 The Guardian, Belo Monte dam operations delayed by Brazil court ruling on indigenous people: http://www.theguardian.com/world/2016/jan/15/brazil-belos-monte-dam-delay-court-indigenous-people 17 Andritz Website, Hydro: https://www.andritz.com/index/hydro/hy-news/hy-news-detail.htm?id=5679 18 FT Watch Website, Dodgy Deals: http://www.ftwatch.at/dogdy-deals/ilisu/ 19 RiverWatch Website: http://riverwatch.eu/en/allgemein/ilisu-dams-construction-may-be-continued-after-a-4-month-halt internationaler Kritik konfrontiert. Nachdem die Exportkreditagenturen aus Deutschland, Schweiz und Österreich ihre Verträge mit der Türkei aufgrund der katastrophalen ökologischen, kulturellen und soziologischen Folgen im Jahr 2009 kündigten, kam es im gleichen Jahr zu einem kurzfristigen Baustopp. Daraufhin zogen sich auch europäische Banken und Konzerne aus dem Projekt zurück. Die Andritz AG blieb an dem Staudammprojekt nicht nur beteiligt, sondern übernahm in Folge sogar die Aufträge der vormaligen Unternehmen20. São Luiz do Tapajós, Brasilien: Das nächste Mammutprojekt ist derzeit im brasilianischen Amazonas-Regenwald in Planung. Der São Luiz do Tapajós hätte katastrophale Folgen für Mensch und Natur: Es bedroht die Heimat des vor Ort lebenden Indigenen-Volkes der Munduruku, als auch ihre Fischgründe und heiligen Stätten21. Ebenso sind Flora und Fauna vor Ort bedroht: Die Tapajós-Region gilt als Paradies der Artenvielfalt22. In der Nähe des geplanten Megastaudamms leben Schildkröten, Kaimane, Fischotter und Flussdelfine23, deren Heimat durch das Projekt bedroht wäre. Obwohl ein Ausschreibungsverfahren für den São Luiz do Tapajós bislang noch nicht stattgefunden hat, zeigt die Andritz AG bereits Interesse an diesem Projekt24. Greenpeace fordert von der Andritz AG: Eine Distanzierung vom Megastaudammprojekt São Luiz do Tapajós Die ausnahmslose Beteiligung an Projekten, die die Rechte indigener Völker nicht bedroht und die ILO Konvention 169 und das Recht auf freie, vorherige und informierte Zustimmung der indigenen Völker einhalten Keine Involvierung in weitere ökologisch Staudammprojekte in sensiblen Ökosystemen 20 und sozial zerstörerische FT Watch Website, Dodgy Deals: http://www.ftwatch.at/dogdy-deals/ilisu/ France Libertés – Fondation Danielle Mitterrand, International Rivers, Amazon Watch, Interamerican Association for Environmental Defense, Bianca Jagger Human Rights Foundation (2015), Large dams and violations of indigenous peoples’ rights in the Brazilian Amazon: The case of the Tapajós basin 22 Naka, L.N. et al (2015), Barragens do rio Tapajós: uma avaliação crítica do estudo e relatório de impacto ambiental (EIA/RIMA) do aproveitamento hidrelétrico São Luiz do Tapajós, Greenpeace: http://greenpeace.org.br/tapajos/docs/analise-eia-rima.pdf 23 CNEC & Worley Parsons (2014), EIA - Estudo de Impacto Ambiental AHE São Luiz do Tapajós, Volume 13 part I + II: http://licenciamento.ibama.gov.br/Hidreletricas/S%C3%A3o%20Luiz%20do%20Tapajos/EIA_RIMA/Volume%2012_13_14%20e%20 15%20-%20Cap%20_7.4.2/Volume_13_Cap_7.4.2_Tomo_I.pdf 24 Andritz, Andritz Group - Capital Market Day 2015, Vienna: https://www.andritz.com/gr-cmd2015-wolfgang-leitner_en.pdf 21
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