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Bio - Land Schweiz
∫ Reportage
Das kleine, zarte Grün
aus der Kälte
Nüsslersalat übersteht zwar Frostperioden, ist ansonsten
aber empfindlich. Biogemüsegärtner Stephan Müller aus
Steinmaur weiss, worauf es beim Anbau ankommt. David Eppenberger
22 oliv 4/2016
E
r bringt Farbe auf den Wintersalatteller und
dem nach Bio-Suisse-Richtlinien zertifizierten
seinen Namen in der Schweiz verdankt er
Betrieb nur organische Dünger und biologische
seinem Nussgeschmack. Manche verbin-
Pflanzenschutzmittel verwendet. Krankheiten
den ihn mit Kindheitserinnerungen und Sand zwi-
und Schädlinge kommen beim Anbau von Nüss-
schen den Zähnen. Doch Letzteres gehört glückli-
lisalat auf dem Bauernhof von Stephan Müller
cherweise längst der Vergangenheit an.
nur selten vor. Der Gemüsegärtner vermutet auch
Biogemüsegärtner Stephan Müller aus Stein-
warum: «Dank unserem gesunden Boden mit
maur setzt in seinen Gewächshäusern und im
vielen Mikroorganismen und gezielten Anbau-
Freiland jährlich rund 4 Millionen Nüsslisalat-
massnahmen werden diese ferngehalten.» Die
Setzlinge. Der Nüssler – ein Vertreter aus der Fa-
Bewässerung etwa erfolgt bewusst nur an Tagen
milie der Geissblattgewächse – keimt schon
ab 10 Grad, wächst ab einer Temperatur von
5 Grad und bevorzugt Lichtarmut. Diese
Eigenschaften machen ihn bei uns besonders interessant für den Anbau im Winter.
Zudem ist er anspruchslos und kommt mit
wenigen Nährstoffen aus. «Wir pflanzen
den Nüsslisalat nach Sommerkulturen wie
Tomaten oder Zucchetti», erklärt Müller. Für
den Nüssler reiche meistens der
im Boden noch vorhandene
Dünger dieser Vorkulturen
aus. Natürlich werden auf
Porträt
Die BioLand
Agrarprodukte AG in
Steinmaur (ZH) wird von
der Familie Müller geführt.
Sie bewirtschaftet den Betrieb ganzheitlich nach den Richtlinien von Bio Suisse.
Neben vielen verschiedenen Gemüsesorten werden auch Orchideen gezüchtet
sowie Schafe gehalten. Zu den rund
60 Mitarbeitern gesellen sich noch etwa
15 Personen aus einem Projekt für sozial
Benachteiligte.
Für mehr Informationen:
www.mueller-steinmaur.ch
www.oliv-zeitschrift.ch 23
© Bio Suisse
publireportage
Biotiere sind
natürlich gesund
Zu einer nachhaltigen Lebensmittelproduktion gehört auch eine sorgsame
Tierhaltung. Um diese zu fördern bietet Bio Suisse gut besuchte Weiterbildungskurse für ihre Tierhalter an. Stephan Jaun, Bio Suisse
D
er Einsatz von Antibio-
natürlichen Heilmethoden kurie-
um Prävention – Tiere sollen mög-
tika in der industriali-
ren. Braucht ein Biotier trotzdem
lichst gesund bleiben und schon
sierten Landwirtschaft
Antibiotika, darf nur der Tierarzt
gar keine Arznei nötig haben. Das
ist eine tickende Zeitbombe. Immer
dies verordnen. Rein präventive
beginnt bei der Tierzucht, wo nur
häufiger erkranken Menschen an
Einsätze sind ausgeschlossen.
robuste und natürlich leistungs-
resistenten Keimen, die auf einem
Bioproduzenten,
Tierärzte und
Berater tauschen
ihre Erfahrungen
mit rein pflanzlicher
oder homöopathischer
Tierarznei aus.
Vor rund einem Jahr ging Bio
fähige Tiere gefragt sind. Beim
Suisse einen Schritt wei-
Milchvieh heisst das zum Beispiel
ter. Die Biobauern haben
weg von den gängigen Hochleis-
mit der Bioberatung und
tungskühen, die auf konventionel-
dem Forschungsinstitut
len Betrieben mit viel Getreide und
für biologischen Landbau
Soja gefüttert werden müssen, hin
FiBL das Projekt Provieh
zu Zweinutzungsrassen, die Milch
ins Leben gerufen. Bio-
und Fleisch vor allem aus Wiesen-
produzenten treffen sich
und Weidefutter produzieren. Das
schweizweit in Work-
heisst aber auch, dass Tiere so ge-
shops und Arbeitsgrup-
halten werden, dass sie natürlich
pen mit Tierärzten und
gesund bleiben: richtiges Weide-
Beratern um ihr Fach-
Management oder artgerechte
wissen auszutauschen.
Fütterung sind nur zwei Stichwor-
Dabei geht es einerseits
te von vielen.
um Erfahrungen mit rein
Das Projekt Provieh stösst auf
pflanzlicher oder homöo-
eine grosse Nachfrage und viele
Tierhaltungsbetrieb entstanden
pathischer Tierarznei. So zeigen
Knospe-Bauern wollen ihr Wissen
sind. Bio Suisse setzt dem Einsatz
Tierhalter, die seit Jahren keine
zum Wohl von Tier und Mensch
von Antibiotika strenge Grenzen.
Antibiotika mehr auf ihrem Be-
weiter vertiefen. Finanziert wird es
Vorab müssen Knospe-Bauern all-
trieb einsetzen, wie sie ihre Tiere
unter anderem aus dem Verkauf
fällige Krankheiten ihrer Tiere mit
behandeln. Anderseits geht es
von Knospe-Produkten.
Bio - Land Schweiz
∫ Reportage
mit Sonne. Damit wird verhindert, dass es im Ge-
sechs Wochen bis zur Erntereife. Rund 200 000 Setz-
wächshaus zu feucht wird und sich Pilze einnisten.
linge pflanzen Müllers Mitarbeiter jede Woche, um
einen regelmässigen Absatz bis Juni zu garantieren.
Heizung mit erneuerbaren Energien
Zwei spezialisierte Unternehmen liefern die Erd-
Heute wächst der Schweizer Nüsslisalat haupt-
töpfchen mit den jungen Pflänzchen in Bioqualität.
sächlich in Gewächshäusern, die Schutz vor allerlei
«Würden wir auch noch selbst aussäen, wäre das
Wetterkapriolen bieten. Auf dem «Bio Knospe»-Betrieb in Steinmaur wurde eine umweltfreundliche,
klimaneutrale Holzschnitzelheizung installiert.
Im biologisch bewirtschafteten Gewächshaus darf
auch im Winter nur wenig temperiert werden, nur
gerade so viel, um zu verhindern, dass die Anlagen einfrieren. Nebst der Gewächshaus-Kulturen
wächst ein kleiner Teil des Steinmaurer Nüsslisalats im Freiland. «Den Freilandnüssler mit seinen
grösseren Blattrosetten verkaufen wir vor allem auf
dem Wochenmarkt», erzählt Müller. Ein kleiner Teil
der Kundschaft schwöre auf das «Original». Doch
der Detailhandel, wohin die meiste Ware geht, verlangt die etwas feinere Sorte mit hoher äusserer
Qualität. Hier erträgt es kein gelbes Blättchen. Für
Müller ist klar: «Im Freiland könnte man die hohen
Anforderungen dieser Abnehmer kaum erfüllen.»
Ein zartes Pflänzchen
Vitamine
und eisen
Die Nüsslisalat-Setzmaschine steht in dieser Jahreszeit in Steinmaur im Dauereinsatz. Stephan
Müller schaut kritisch auf die von seinen Mitarbeitern soeben präzis und schnell in der Gewächshauserde gepflanzten Setzlinge: «Diese hier sind schon
fast zu gross.» Er rümpft die Nase, denn am Schluss
bedeute das mehr Schnittaufwand. Je nach Wetter und Jahreszeit braucht der Nüsslisalat fünf bis
Der Nüsslisalat gehört zur Unterfamilie der Baldriangewächse. Andere Bezeichnungen sind
Nüssler, Feldsalat, Vogerlsalat oder Rapunzel. Die
Pflanze stammt vermutlich aus Eurasien, kommt
auch wild vor und ist weitgehend unempfindlich gegen Kälte. Nüssler enthält viel Vitamin A
und C sowie Kalium und Eisen. Sein hoher Gehalt
an ätherischen Ölen verleiht ihm den angenehmen Geschmack. Die Hauptsaison in der Schweiz
ist in den Wintermonaten.
Die Ernte verlangt von
den Mitarbeitern viel
Fingerspitzengefühl.
www.oliv-zeitschrift.ch 25
Bio - Land Schweiz
∫ Reportage
Stephan Müller mit
frischem Nüsslersalat
im eigenen Hofladen.
Die Blattrosetten
werden vorsichtig
gewaschen.
© Fotolia.com
die Kistchen gelegt», erklärt Müller. Ein Mitarbeiter
zieht anschliessend Kiste für Kiste ganz schonend
von Hand durch das reinigende Wasserbecken.
Natürlich könnte man diesen Verarbeitungsschritt
Tipp von
Biogemüsegärtner
Stephan
Müller
«Die Blätter des Nüsslisalats sind sehr empfindlich. Deshalb sollte die Salatsauce erst kurz vor
dem Servieren auf den Salat gegeben werden.»
mechanisieren, erklärt Stephan Müller. Doch das
Risiko, dass die Blätter verletzt würden, sei ihm
einfach zu gross. Seine Abnehmer verlangten einwandfreie Qualität und Nüssler ohne jegliche Erdreste, die zwischen den Zähnen landen. Dank dem
Anbau mit Setzlingen anstelle der Aussaat direkt
im Boden sei dies heute aber mittlerweile kaum
mehr ein Problem.
Erst jetzt nach dem Waschen ist der Salat für
die Auslieferung bereit. Abgepackt sei er nun bis
zu vier Tagen haltbar. Wer es aber ganz frisch will,
kauft in seinem Hofladen ein. Schon am Montag-
viel zu aufwendig», so Müller. Der Aufwand, bis die
morgen herrscht dort bereits ein reger Betrieb.
Rosetten abgepackt im Detailhandel oder offen auf
«Wegen des milden Wetters in den letzten Mona-
dem Marktstand landen, ist so schon beträchtlich.
ten ernten wir zurzeit mehr als sonst üblich.» Das
Das beginnt schon beim Ernten des Nüsslisalats.
zeigt: Trotz moderner und aufwendiger Anbaume-
Kleine gelbe Blätter müssten beispielsweise ent-
thoden bestimmt hier nach wie vor immer noch
fernt werden. «Hier braucht es erfahrene Ernte-
die Natur das Tempo.
helfer mit feinen Händchen, die mit dem scharfen Messer entsprechend umgehen können.» Die
26 oliv 4/2016
Blätter reagierten äusserst empfindlich auf Druck.
Weitere Hofläden in Ihrer Nähe finden Sie auf
«Deshalb wird jede Rosette einzeln, aufrecht in
www.knospehof.ch
Foto: Bio Suisse
publireportage
Bio vom Feld bis zum Ei
Karin Nowack
Ist Umweltnaturwissenschafterin
ETH und arbeitet
bei Bio Suisse in der
Unternehmenskommunikation und in
Nachhaltigkeitsprojekten. Sie beantwortet Ihre Fragen zu
Biolebensmitteln.
Was fressen Knospe-Hühner?
Hühner sind Allesfresser. Sie picken im Auslauf Gras,
Samen, Blätter, Beeren, Würmer und Insekten. Auf
dem Betrieb angebautes oder zugekauftes Futter aus
Getreide wie Weizen und Mais, Sonnenblumenkernen, Rapssamen, Soja, Erbsen oder Ackerbohnen
stillt ihren Hunger auf Energie und Eiweiss. Das
Futter stammt zu 100 Prozent aus nachhaltigem
Knospe-Anbau, ist gentechnikfrei, enthält keine Medikamente und keine künstlichen Eiweissbestandteile.
Das Knospe-Ei ist also komplett bio und natürlich – vom
Feld bis zum Teller.
Fressen Knospe-Hühner auch Soja aus Brasilien?
Knospe-Soja wird zurzeit vor allem aus China und Osteuropa
importiert. Bio Suisse und die Futtermittelbranche haben vereinbart, dass ab 2019 Futter für Knospe-Tiere nur noch aus Europa kommen soll. Die Futtermittel werden auch im Ausland
In der Schweiz wurden 133 Millionen
Bioeier gelegt
2015 wurden 133 Millionen Bioeier in der Schweiz
produziert, das entspricht einem Konsum von rund
16 Bioeiern pro Kopf und Jahr. Gut jedes fünfte in der
Schweiz im Detailhandel verkaufte Ei ist ein Bioei.
Der Code 0-CH-471 gibt Produktionsart
und Herkunft an
Die erste Zahl steht für die Haltungsart: 0 bedeutet
Bio, 1 bedeutet Freiland und 2 bedeutet Bodenhaltung.
Die 3 steht für die in der Schweiz verbotene Käfighaltung. Danach folgt das Länderkürzel, hier zum Beispiel
CH für Schweiz. Der Zahlencode am Ende identifiziert
den Produzenten. Auf den Webseiten der Grossverteiler können Konsumenten selbst nachforschen, woher
ihr Ei stammt. Knospe-Eier sind statt der 0 mit einer
Knospe gestempelt.
nach den strengen Richtlinien von Bio Suisse angebaut. Das
kommt der Umwelt und den Menschen zugute. So werden
etwa keine Urwälder für Knospe-Futtermittelanbau gerodet.
Wie werden Knospe-Ostereier gefärbt?
Bio Suisse schreibt vor, dass die Schalen der Knospe-Ostereier nur mit natürlichen Farben gefärbt werden dürfen,
etwa mit Blauholz, Walnussschalen, Curcumin oder Karmin.
Chemisch veränderte und naturidentische Farben sind bei
der Knospe verboten. Damit das Ei schön glänzt und die
Farbe haften bleibt, dürfen Knospe-Verarbeiter natürliche
Überzugsmittel wie Bienenwachs oder pflanzliche Öle verwenden. Somit ist auch die gefärbte Schale im Kompost
biologisch abbaubar.
Haben Sie auch eine Frage zu Bioprodukten?
Schreiben Sie uns an [email protected]
www.bio-suisse.ch
Bio - Land Schweiz
∫ Selbstporträt
Von Berggetreide und
Äckern mit Geschichte
Am südöstlichsten Zipfel der Schweiz, unmittelbar vor der
Grenze zum Südtirol, liegen die Felder von Johannes Fallet.
Der Bündner hat eine uralte Ackerpflanze wieder aufleben
lassen. Sein Nackthafer für die Biofarm gedeiht einen
Katzensprung vom UNESCO-Weltkulturerbe entfernt,
dem Kloster Sankt Johann im Münstertal. Sabine Lubow
E
r trägt den Namen des berühmten
Fallet erklärt: «Mit der Direktzahlungspo-
Klosters, und seine Stallungen be-
litik des Bundes, welche den Viehbetrie-
finden sich innerhalb der ehrwür-
ben mehr zu Gute kam, aber auch wegen
digen Anlage, welche die Nachwelt dem
der Angst vor Verunkrautung sind die Ge-
mächtigsten Kaiser des Mittelalters zu
treidefelder vor allem in den Jahren nach
verdanken hat. Sein Vater arbeitete hier,
1996 aus dem Landschaftsbild unseres
und auch der Grossvater pflegte bäuerli-
Tales gewichen.»
che Beziehungen zum klösterlichen Gutsseine Frau Petra, die im Teilzeitpensum
Hoher Sonnenstand gibt Kraft
und Energie
auch als Hebamme in Samedan arbeitet,
Bergackerbau ist anspruchsvoll. Die kli-
die Pächter des 43 ha grossen Betriebs.
matischen Bedingungen in den Höhenla-
Wie viele Biobergbauern des Kantons,
gen schränken das Pflanzenwachstum ein
ist auch Familie Fallet Mitglied von Gran
und führen zu kurzen Reifezeiten. Meister-
Alpin (Kasten). Durch ihr gemeinsames
landwirt Fallet war der erste, der sich wie-
Engagement macht der ökologische
der an den Nackthafer wagte. Seit 2009 hat
Ackerbau in den Bündner Bergtälern flot-
er gute Erfahrungen damit gemacht: «Nach
sechs Tage nach der Saat gestriegelt: am
te Fortschritte und in Vergessenheit gera-
der Schneeschmelze im Frühling, am bes-
ersten Tag von der einen Seite zur ande-
tene Kulturen leben wieder auf. Johannes
ten bei trockenem Wetter, wird fünf bis
ren, am anderen Tag umgekehrt», sagt er.
betrieb. Seit 2000 sind Johannes Fallet und
Damit hat er die Unkrautbekämpfung gut
im Griff. Im September wird meistens ge-
Neuer Aufwind mit Gran Alpin
Fast 7000 Jahre alt ist der Bergackerbau im Kanton Graubünden. Die Genossenschaft Gran Alpin
besteht seit 1986. Die Organisation mit Geschäftsstelle in Tiefencastel übernimmt das Getreide von
rund 90 Bauernfamilien und sorgt für Weiterverarbeitung und Vermarktung. Sie setzt sich ein für
Förderungsprojekte und spielt eine wichtige Vermittlerrolle zwischen den kantonalen Behörden, dem
landwirtschaftlichen Bildungs- und Beratungszentrum Plantahof und von Bio Grischun – wie die Biofarm eine Mitgliedorganisation von Bio Suisse. Dass heute von Albula / Surses übers Domleschg und die
Surselva bis in den hintersten Winkel des Val Müstair altes Wissen und Infrastrukturen erhalten bleiben,
weil alte Getreidesorten wieder angebaut werden, ist diesem wertvollen Zusammenwirken zu verdanken.
Dazu Geschäftsführerin Maria Egenolf: «Der Erhalt von Kulturlandschaft im alpinen Lebensraum macht
ökonomisch, ökologisch und sozial grossen Sinn. Gepaart mit den Erkenntnissen moderner Forschung
geht er einher mit der Überlieferung von uraltem Wissen, Handwerk und Tradition.»
erntet, also ein bis zwei Monate später als
im Unterland. Im Gegenzug dazu kommt
das zu einem späteren Zeitpunkt reifende
Berggetreide in den Genuss des höheren
Sonnenstands. Es speichert somit mehr
und deutlich intensiveres Sonnenlicht als
in den Niederungen – und damit auch volle
Kraft und Energie.
Nackthafer ist weniger ertragreich als
andere Getreidesorten. Pro Jahr erntet
Johannes Fallet durchschnittlich 20 bis
23 kg pro Are. Eingebettet von imposanten
Dreitausendern wachsen auf den Feldern
des Klosterbetriebs auch Roggen, Weizen,
28 oliv 4/2016
Speisegerste und je nach Bedarf Braugerste. Der inzwischen über den Ofenpass hinaus bekannte Nackthafer aus
Müstair findet neben
den Genossenschaften
Gran Alpin und Biofarm einen weiteren
treuen Abnehmer: den
Meier-Beck direkt im
Nachbarsdorf. Dieser
verarbeitet ihn mit anderen lokalen Zutaten
wie Biobutter zu seinen
Menschen und Hof auf
einen Blick
Johannes (1964) und
Petra (1974) Fallet
Acker- und Viehwirtschaft
Hofübernahme:
2000 Bio-KnospeBetrieb seit: 1996
mehrfach ausgezeichneten «Schaibiettas». Und die schmecken
einfach nur grossartig. Kaiser Karl der
Grosse hätte sie bestimmt zu schätzen
zvg (2)
Tausendsassa unter den Getreiden
Nackthafer ist weniger ertragreich als andere
Getreidesorten, aber kein anderes Getreide
kann es mit ihm aufnehmen. «Nackt» wird er
genannt, weil er sein Spelze-Kleid beim Dreschen
vollständig verliert. Er bietet einen erstaunlich
hohen Gehalt an Eiweissen sowie gesunden Fettund Bitterstoffen. Und er enthält ausserdem einen wichtigen Anteil an Beta-Glucan, das sich als
Stimulator und Aktivator unseres Immunsystems auszeichnet. Die Biofarm-Nackthaferkörner von Familie Fallet aus dem
Bündnerland sind aromatisch und leicht nussig im Geschmack.
Sie eignen sich ideal für Bratlinge oder als Beilage. Nackthaferkeime – zum Beispiel über Salat gestreut – bieten mit ihrer
geballten Ladung an Vitaminen und Mineralstoffen
eine hochwertige Kost.
gewusst – die «Schaibiettas»… und die
Fallets natürlich.
www.oliv-zeitschrift.ch 29
Bio - Land Schweiz
∫ Selbstporträt
Bio-Beck Lehmann: So geht’s auf
«Wir denken weiter – seit 1976». Was wie eine Werbebotschaft klingt, ist bei
Bio-Beck Lehmann gelebter Alltag. Aus dem Biopionier der späten 70er Jahre ist
ein beachtliches Unternehmen gewachsen, das weit über die regionalen Grenzen
bekannt ist. Punkto Werte ist es traditionell geblieben. Das Resultat sind Produkte aus Bäckerei, Konditorei und Confiserie. In Bio-Qualität. Vom Feinsten.
L
anterswil. Ein beschaulicher Ort im Thur-
mahlen wir täglich frisch auf der eigenen Müh-
gau. Wo sich Fuchs und Hase Gute Nacht
le.» So gelange auch der Keim, der ganz natürlich
sagen, ist Bio-Beck Lehmann zu Hause.
wertvolle Mineralien und Enzyme einschliesse, in
Mit dem Öffnen der Tür zum Haus, das mehr
die Gebäcke. Manche Teige werden über eine Stun-
an ein Wohnhaus als eine Bäckerei-Konditorei-
de schonend geknetet und haben danach zwölf
Confiserie erinnert, ist der Besucher vom Brotduft
Stunden Zeit, Aromen auszubilden und aufzuge-
angezogen. Die Brote, Stückchen und Süssigkei-
hen. Die Verarbeitung ist in Handarbeit, so wird
ten im Verkaufsladen verlocken zum sofortigen
die luftig-weiche Struktur bewahrt.
Verzehr. Auf dem Plan steht die Besichtigung der
Produktion. Hier wird am grossen Tisch Teig ab-
Natürlich Bio, natürlich Dinkel
gewogen. Dort werden Brownies geschnitten. Und
Dass «Bio» bei Bio-Beck Lehmann sehr viel mehr
da eine Torte verziert. Überall zufriedene Gesich-
ist als ein Trend, spürt, sieht, erlebt man. Es gibt
ter. Ein freundlicher Umgangston familiär. Genau
wenige Betriebe in der Schweiz, die sich seit mitt-
das ist die Welt von Bio-Beck Lehmann.
lerweile 40 Jahren – Bio-Beck Lehmann feiert 2016
den runden Geburtstag – so konsequent diesem
Handarbeit, weil’s richtig ist
Thema verschreiben. Auch was Dinkelprodukte
«Wir möchten, dass die Produkte aus unserer
anbelangt, haben die Lehmanns früh verschiedene
Bäckerei, Konditorei und Confiserie herzhaft gut
Gebäcke entwickelt. «Mein Vater hat sich bereits in
schmecken – und auch so zubereitet werden»,
den 90er Jahren mit Rezepten für reine Dinkelbro-
sagt Junior-Chefin Anna Lehmann. Das gehe nur,
te auseinandergesetzt», sagt Anna Lehmann. Und
wenn man aufeinander Acht gebe: auf Menschen,
es wäre nicht Bio-Beck Lehmann, wenn es neben
auf Rohstoffe und auf die Natur. Anna Lehmann
Dinkelvollkornbroten nicht auch Dinkel-Focaccia,
meint damit die Philosophie, die seit jeher im Un-
Pane Olive gäbe und auch in der Konditorei Din-
ternehmen steckt. Zur Philosophie gehöre, dass
kel verwendet würde. Anna Lehmann betont: «Für
wo immer möglich Zutaten aus der Region bezo-
unsere Dinkelprodukte gilt: Wir verzichten konse-
gen werden. Und die Biorichtlinien erlaubten ver-
quent auf die Zugabe von Weizen oder Roggen.»
schiedenste Backhilfsmittel. «Wir verzichten dar-
Das Dinkelgetreide sei in Bio-Knospe-Qualität und
auf.» Ein weiterer Punkt ist: «Das Vollkorngetreide
stamme von ursprünglichen Getreidesorten.
Familienunternehmen in zweiter Generation
Heute wird das
Unternehmen in
zweiter Generation
erfolgreich von
Anna Lehmann
geführt.
30 oliv 4/2016
Andreas Lehmann gilt als Biobeck-Pionier schlechthin. Zusammen mit seiner Frau
Mares gründet er 1976 die Kleinbäckerei im thurgauischen 100-Seelen Dorf Lanterswil. Er steht in der Backstube, während Mares das Brot verkauft. Sie haben
eine klare Vorstellung, wie sie backen wollen, wie ihre Brote sein sollen: herzhaft
gut, rein, gesund. Rohstoffe in Bio-Qualität für ihre Produkte zu verwenden, ist die
logische Konsequenz. Nach und nach lösen immer mehr Bio-Zutaten konventionelle
Rohstoffe ab. Das Lehmann-Brot ist beliebt, die Nachfrage steigt. Bio-Läden und
Reformhäuser sind bald mit auf der Kundenliste. Auch das Sortiment wächst. Neben Bäckereiprodukten gibt es auch solche aus der Confiserie und der Konditorei.
Selbstredend in Bio-Qualität.
zvg (3)
Bio-Beck Lehmann, auch eine Confiserie
Während am Tisch ein Dutzend geschickte Hände
sorgfältig Teig für eine Grossbestellung von Kleinbroten in Form bringen, werden in der Confiserie
Osterhasen hergestellt. Voller Liebe fürs Details.
Auch hier in Lehmann’scher Selbstverständlichkeit: von Hand. Die Bio-Couverture, die verwendet wird, stammt von der namhaften Schwyzer
Schokoladenfabrik Felchlin. Während Anna Leh-
FACTS BIO-BECK LEHMANN
rade in Cellophan verpackt wurde, als Gruss auf
1976 legen Andreas und Mares Lehmann den Grundstein für das heutige
Unternehmen Bio-Beck Lehmann
den Nachhauseweg in die Hand drückt, verweist
1997
sie auf das vegane Angebot. Auch da hat das Un-
2009wird der gesamte Betrieb auf reine Bio-Verarbeitung umgestellt
und ist seither Bio-zertifiziert
mann dem Besucher einen Osterhasen, der ge-
ternehmen weiter gedacht, als es vor über zehn
Jahren begann, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen. Heute gibt es Kuchen, Salate, Sandwiches, Pralinés, Gipfeli und selbstverständlich
fast das gesamte Brotsortiment – vegan.
Der Besucher ist beeindruckt. So viel Herzblut,
so viel Handarbeit, so viel Selbstverständlichkeit
Umstellung des gesamten Getreides auf Bio Knospe-Qualität
2009wird Bio-Beck Lehmann mit dem This-Priis, dem Arbeitgeber-Award
für die Integration von Menschen mit Handicap, ausgezeichnet
2012
übernimmt Tochter Anna Lehmann den Betrieb
Heute beschäftigt das Unternehmen rund 50 Mitarbeitende, davon 5 Lernende
und verkauft Produkte im Raum Zürich und in der Ostschweiz
und so viel Menschlichkeit. Mit dem Osterhasen auf
dem Beifahrersitz geht’s zurück in die Redaktion. In
Gedanken Frau Lehmann, ihr Betrieb. Und das gute
Gefühl, mit einem Produkt von Bio-Beck Lehmann
Die Bio-Beck Lehmann-Produkte finden Sie im Biofachhandel, in Reformhäusern, auf
Wochenmärkten. Wir sind Regiolieferant für Alnatura Grüze, Winterthur, und beliefern
Gastronomiebetriebe. www.biobeck-lehmann.ch
etwas herzhaft Gutes im Gepäck zu haben.
www.oliv-zeitschrift.ch 31