D 8512 52. Jahrgang Nr. 12 Dienstag, 29. März 2016 NACHRICHTEN POLITIK IS-Terror Die Terrormiliz „Islamischer Staat“ festigt seine Präsenz in Libyen – nicht weit entfernt von Europa. Seite 4 BUNDESWEHR Am Polarkreis „Whiteout“, ganz viel Schnee und Schießen mit Bordwaffen: aktuell bei „Cold Blade“ in Finnland. Seiten 6/7 SOZIALES/PERSONAL Anschlussverwendung Das Land Brandenburg ermöglicht einstigen Feldjägern den vereinfachten Einstieg in den Polizeidienst. Seite 11 VIDEO DER WOCHE: BW CLASSIX: Sprung-, Gefechts- und Waffenausbildung: Nur ein kleiner Teil der Ausbildung zum Fallschirmjäger. Für das Video „Classix: Der Fallschirmjägerunteroffizier (1993)“ war ein Team mit der Kamera dabei und hat einen Ausbilder der Bundeswehr begleitet. (eb) Soldat und Pendler Soldaten, Beamte und Angestellte der Bundeswehr müssen mobil sein – und empfinden das häufig als belastend. Ein aktuell-Bericht. aktuell-Bericht. Seiten 8 und 9. 9. Diese und weitere Videobeiträge unter www.youtube.com/bundeswehr. [email protected] Foto: Dinnebier/Bundeswehr Doktor Bender die Zweite: Nachdem Olli sich bereits einen Überblick über die Notfallaufnahme verschafft hat, geht es im Beitrag „Mit Olli im OP des Bundeswehr-Krankenhauses Koblenz“ in die Operationssäle. Die sterile Kleidung angezogen – und schon beginnt eine Operation an der Achillessehne eines Patienten. 2 aktuell INTERN 29. März 2016 BILD DER WOCHE EDITORIAL Foto: Screenshot Twitter (24.03.2016) Schwarz, Gelb, Rot. Je suis Bruxelles, je suis Istanbul, je suis Paris. Ebenso bin ich Mogadishu, Grand-Bassam, Ouagadougou, Beirut und Bagdad. Überall Tote und Verletzte. Je suis sick of this. Die Geschehnisse von Brüssel sind grausam und ungerecht. Gleiches gilt für Anschläge in Somalia, im Irak oder in Pakistan. Akte des Terrorismus passieren weltweit. Sie passieren fast täglich. Trotzdem sind uns die Angriffe in Europa näher, präsenter. Die schrecklichen Bilder treffen uns unmittelbar – in unserem Alltag. Der Terror ist nicht länger nur ein Problem der Anderen. Er ist ein globales Problem. Unser Problem. Einige der zahllosen Definitionen des Wortes „Terror“ besagen, dass durch schwerwiegende Gewalt oder Gewaltandrohung Angst und Schrecken verbreitet werden sollen. Neben den unzähligen unschuldigen Toten und Verletzten macht das unsere gesellschaftlichen Werte und unsere Lebensweise zum erklärten Angriffsziel. Mit dieser Unsicherheit und der Sorge, dass es uns oder unsere Lieben selbst treffen könnte – nicht in der abstrakten Ferne, sondern in der eigenen Heimat – wollen Terroristen uns ängstigen „Belgien weint um seine Kinder“: Der Bibliothekar Bernard Mnich postete die weinenden belgischen Comicfiguren Tim und Struppi nach den Anschlägen in Brüssel. Die bekannten Comic-Helden stammen aus der Feder des belgischen Zeichners Georges Prosper Remi, genannt „Hergé“. Herausgeber und verantwortlich für den Inhalt: Bundesministerium der Verteidigung Presse- und Informationsstab Stauffenbergstraße 18, 10785 Berlin Satz: Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr, DL I 4 Zentraldruckerei BAIUDBw Intranet: http://zentraldruckerei.iud Redaktionsanschrift: Redaktion der Bundeswehr Bundeswehr aktuell Reinhardtstraße 52, 10117 Berlin Telefon: (0 30) 886 228 - App. Fax: (0 30) 886 228 - 20 65, BwFw 88 41 E-Mail: [email protected] Druck: Westdeutsche Verlags- und Druckerei GmbH Kurhessenstr. 4-6, 64546 Mörfelden-Walldorf Vertreter: ( -2420) Hauptmann Patricia Franke (pfr) Politik: (-2830) Jörg Fleischer (jf) Streitkräfte/Einsatz: Oberstleutnant Torsten Sandfuchs-Hartwig (tsh, -2860), Major Anika Wenzel (akw), Oberstleutnant Peter Mielewczyk (pm, - 2820), Hauptmann Katharina Zollondz (kzo), Kapitänleutnant Victoria Kietzmann (kie) Zoom/Sport: Björn Lenz (ble - 2840), Regierungsamtmann Stefan Rentzsch (sr), Gabriele Vietze (vie), Personal/Soziales/Vermischtes: Christiane Tiemann (tie -2850) Hauptmann Philipp Ahlers (pah) Mediendesign: Daniela Hebbel ( - 2650), Oberleutnant Sebastian Nothing, Daniela Prochaska, Eva Pfaender aktuell als E-Paper und als PDF: Auf www.bundeswehr.de abrufbar Philipp Ahlers Ressort Soziales/Personal ZITAT „Die Terroristen dürfen nie gewinnen!“ Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) nach den Anschlägen in Brüssel. Die Werte Europas seien stärker als Hass und Gewalt. KALENDERBLATT IMPRESSUM Leitende Redakteurin: ( -2421): Vivien-Marie Bettex (vmd) und zugleich von ihren eigenen Schwächen ablenken. Sie wollen Misstrauen und Angst säen, das muss uns bewusst sein. Ein Anschlag könnte auch Deutschland jederzeit erschüttern. Wir müssen wachsam sein. Trotzdem gilt jetzt, sich nicht ängstigen zu lassen. Sich nicht von Hass und Mord den Alltag diktieren zu lassen, auch wenn es schwer fällt. Den Terror nicht gewinnen zu lassen und darauf zu vertrauen, dass unsere freie Gesellschaft stärker als der Terrorismus ist. Unser höchstes Gut sind unsere Grundwerte: Einigkeit und Recht und Freiheit. Das dürfen wir uns nicht nehmen lassen. Diese Werte müssen wir jetzt vor allem in unseren Köpfen verteidigen. Erscheinungsweise: Wöchentlich montags Auflage: 45 000 Exemplare Verteilung innerhalb der Bundeswehr: Fachinformationsstelle (FISt)/Bibl. ZInfoA Prötzeler Chaussee 20, 15344 Strausberg Telefon: (030) 886 228 - 2670 E-Mail: RedaktionBwMediendisposition@ bundeswehr.org ISSN: 1618-9086 Für unverlangt eingesandte Manuskripte, Filme, Fotos und Zeichnungen wird keine Gewähr übernommen. Namensbeiträge geben die Meinung des Verfassers wieder. Sie entsprechen nicht unbedingt der Auffassung der Redaktion oder des BMVg. Nachdruck nur mit Genehmigung der Redaktion. Leserbriefe per E-Mail werden nur mit wirklichem Namen und Adresse berücksichtigt, außerdem behält sich die Redaktion das Recht auf Kürzung vor. Vor 15 Jahren: Am 1. April 2001 wird in Peking das Ergebnis der Volkszählung für China bekanntgegeben. Demnach leben in der Volksrepublik China zu diesem Zeitpunkt 1,265 Milliarden Menschen. Heute sind es 1,367 Milliarden Menschen. Dieser Zuwachs entspricht den Bevölkerungszahlen von Deutschland, Österreich und der Schweiz zusammen. Vor 25 Jahren: Am 31. März 1991 löst der Warschauer Pakt seine militärischen Strukturen offiziell auf. Im Rahmen des Zwei-plus-Vier-Vertrages, der den Weg zur deutschen Wiedervereinigung ebnet, bleiben russische Truppen aber bis ins Jahr 1994 auf dem Gebiet der ehemaligen DDR stationiert. Vor 50 Jahren: Am 3. April 1966 schwenkt die sowjetische Raumsonde „Luna 10“ erstmals in eine Umlaufbahn um den Mond ein. Die Sonde vermisst das Magnetfeld des Mondes. Erstmals kann die Zusammensetzung der Mondoberfläche analysiert werden. Vor 60 Jahren: Am 29. März 1956 wird in Deutschland der Einsatz von Sondersignalanlagen von Polizei, Krankenwagen und Feuerwehr vorgeschrieben. Demnach dürfen Blaulicht und Martinshorn nur verwendet werden, wenn höchste Eile geboten ist. Vor 100 Jahren: Am 3. April 1916 schlägt der Meteorit von Treysa in einem Waldstück in Nordhessen ein. Mit einem Gewicht von 63,28 Kilogramm und 36 Zentimeter Durchmesser zählt er zu den größten jemals in Deutschland niedergegangenen Eisenmeteoriten. Er ist bis heute im Mineralogischen Museum Marburg zu sehen. Vor 145 Jahren: Am 1. April 1881 wird in Berlin das erste Telefonnetz Deutschlands in Betrieb genommen. Die Vermittlung der 48 Anschlüsse geschieht per Hand. Außerdem wird festgestellt, dass bei schlechter Verbindung die Frauenstimmen besser zu verstehen sind als die der Männer. Der Begriff „Fräulein vom Amt“ ist geboren. (eb) 29. März 2016 MINISTERIUM / HINTERGRUND aktuell 3 Mehr Geld für die Bundeswehr von Tilman Engel und Vivien-Marie Bettex Berlin. Die Bundeswehr wird in den kommenden Jahren deutlich mehr Geld erhalten, als dies noch im Eckpunktepapier 2015 für die Haushaltsplanung der kommenden Jahre festgelegt wurde. Die im Jahr 2016 eingeleitete Trendwende wird so verstetigt. Im Anschluss an die Abstimmung im Bundeskabinett wurde am vergangenen Mittwoch der sogenannte Eckwertebeschluss 2017 bekannt gegeben. Stetiger Anstieg der Mittel Ausgehend von einem Verteidigungsetat für das laufende Jahr in Höhe von insgesamt 34,287 Milliarden Euro ist für die kommenden Jahre ein stetiger Anstieg vorgesehen: Für das Jahr 2017 sind demnach 36,611 Milliarden Euro für den Wehretat eingeplant, für das Jahr 2018 noch einmal rund 240 Millionen Euro zusätzlich. Im Jahr 2020 sollen die Mittel dann die 39-Milliarden-Euro-Grenze überschreiten. Zum Vergleich: Die vor einem Jahr vom Kabinett beschlossenen Eckpunkte sahen für das Jahr 2019 noch Mittel in Höhe von rund 35 Mil- liarden Euro vor. Jetzt sind fast acht Prozent mehr eingeplant. Die positive Entwicklung trägt den vielfältigen Herausforderungen, die die Bundeswehr angesichts der aktuellen Krisen zu bewältigen hat, Rechnung. Insbesondere können mit den Mitteln nun erste Projekte der von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen angekündigten Ausrüstungsmodernisierung initiiert werden. Auch der Bundeshaushalt insgesamt soll im kommenden Jahr deutlich wachsen. Vorgesehen sind Ausgaben in Höhe von 325,5 Milliarden Euro – das sind 2,7 Prozent mehr als im Jahr 2016. Die mittelfristige Finanzplanung von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sieht bis 2020 ein weiteres Ausgabenwachstum auf 347,8 Milliarden Euro vor. Geld für Flüchtlinge und Integration Neue Schulden sind im gesamten Finanzplanungszeitraum nicht geplant. Ermöglicht werden soll dies 2017 durch höhere Steuereinnahmen sowie niedrige Zinsausgaben. Im Vergleich zur bisherigen Finanzplanung sehen die Eckwerte für 2017 rund zehn Milliarden Euro zusätzlich für die Versorgung und Integration von Flüchtlingen vor. Fotos: Dorow/Bundeswehr, Pieper/Bundeswehr, Wilke/Bundeswehr Der Wehretat soll bis 2020 auf 39 Milliarden Euro steigen – Bundeskabinett legt Eckpunktepapier vor. „Dingo“ (o.), Fregatte 125 (l.) und „Puma“ (r.): Für diese und andere Rüstungsprojekte benötigt die Bundeswehr Geld. Jetzt soll der Wehretat erneut steigen. 40 30 32,44 32,97 34,29 36,61 36,86 37,85 39,18 Geplanter Anstieg des Verteidigungshaushaltes bis 2020. Angaben in Millarden Euro. 20 10 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 Der Soldat und die Politik „Es ist gewollt“: Soldaten sollen sich politisch einbringen – ein Interview mit Generalmajor Jürgen Weigt. Das Leitbild der Inneren Führung der Bundeswehr sieht den Staatsbürger in Uniform vor. Der politisch gebildete Soldat ist Voraussetzung für soldatisches Handeln. Inwiefern dürfen sich Soldaten politisch betätigen? Im Zusammenhang mit der Gründung der Bundeswehr wollte man die Soldaten über das Leitbild des Staatsbürgers in Uniform in der demokratischen Grundordnung der noch jungen Bundesrepublik fest verankern. Die Soldaten sollten sich in jeder Hinsicht als integraler Bestandteil der Gesellschaft verstehen – in allen Belangen dem Grundgesetz unterstellt. Es war und ist also gewollt, dass sich Soldaten aktiv in Pro- zesse politischer Willensbildung und Interessenvermittlung einbringen – auch als Mandatsträger. Welche Grenzen oder Einschränkungen gibt es dabei? Die Grenzen ergeben sich zunächst aus dem Grundgesetz und aus der gesetzlich verankerten Verpflichtung zur parteipolitischen Neutralität in der Wahrnehmung dienstlicher Aufgaben. Konkret heißt das, dass sich Soldaten im Dienst nicht für oder gegen eine bestimmte politische Richtung betätigen und als Vorgesetzte auch nicht ihre Untergebenen politisch beeinflussen dürfen. Innerhalb dienstlicher Unterkünfte und Anlagen – auch in der Freizeit – ist Werbung für politische Gruppierungen, beispielsweise durch Ansprachen, das Verteilen von Schriften oder andere Formen der aktiven Betätigung für politische Organisationen untersagt. Bei Veranstaltungen mit parteipolitischem Charakter gilt Uniformtrageverbot. In der Vergangenheit gab es vereinzelte Vorfälle, dass Soldaten in ihrer politischen Betätigung rechts- oder linksextremen Gruppierungen zuzuordnen waren. Handelt es sich um Einzelfälle? Fällen von politischer Betätigung in extremen Gruppierungen wird durch die Bundeswehr stets mit besonderer Sorgfalt nachgegangen. Die mir zur Verfügung stehenden Unterlagen zeigen, dass sich derartige Vorfälle statistisch gesehen im Promille-Bereich bewegen. Die Zahl der Meldungen spricht konkret von 0,3 Promille. Es handelt sich – nach meiner Einschätzung – also definitiv um Einzelfälle. Über den Beobachtungszeitraum der letzten zehn Jahre lassen sich sogar sinkende Zahlen feststellen. Trotzdem ist jeder Einzelfall ein Fall zu viel. Wie sieht der Verfahrensweg aus, wenn Soldaten oder Angehörige der Bundeswehr nach- von der Schwere des Vorwurfes disziplinar- und statusrechtliche Maßnahmen denkbar, die bis zur Beendigung des Dienstverhältnisses reichen können. Foto: Hannemann/Bundeswehr Koblenz. Inwieweit dürfen Soldaten sich politisch betätigen? Im Interview spricht Generalmajor Jürgen Weigt, Kommandeur des Zentrums Innere Führung in Koblenz, über parteipolitische Neutralität im Dienst und politische Willensbildung in der Bundeswehr. Generalmajor Jürgen Weigt weislich einer extremen politischen Gruppierung angehören? Die Verantwortung obliegt dem Disziplinarvorgesetzten, er setzt das Verfahren in Gang. Es wird dann durch die zuständigen Stellen geprüft, ob durch das Verhalten der Soldatin oder des Soldaten eine Dienstpflicht verletzt worden ist. Sollte dies der Fall sein, sind in Abhängigkeit Wie wird grundsätzlich innerhalb der Bundeswehr politische Willensbildung gefördert? Für uns Soldaten der Bundeswehr stellt politische Bildung eine der tragenden Säulen des Konzepts Innere Führung dar. Ausgangspunkte sind dabei die Werte und Normen des Grundgesetzes. Die Anforderungen des Auftrags und das Prinzip des Führens mit Auftrag verlangen Soldaten, die selbstständig denken, abwägen und entscheiden können, im Rahmen des politischen Kontextes. Die Fragen stellte Torsten Sandfuchs-Hartwig Das vollständige Interview auf www.bundeswehr.de. 4 aktuell POLITIK / HINTERGRUND 29. März 2016 Feind vor der Tür Ärzte ohne Grenzen zieht aus Hotspot ab Der IS baut seine Präsenz in Libyen aus. Folge für Europa: Die Terrorgefahr kann weiter steigen. Foto: Bundeswehr Afghanistan plant neue Wirtschaftsprojekte Mazar-e Sharif. In seiner Neujahresansprache hat der afghanische Präsident Aschraf Ghani den Start einer Reihe von Großprojekten verkündet, mit denen die Wirtschaft des Landes angekurbelt werden soll. Neben einer neuen Eisenbahnlinie ist auch der Bau einer Gas-Pipeline geplant. die von Turkmenistan über Afghanistan und Pakistan bis nach Indien verlaufen soll. Tausende Menschen strömten am vergangenen Wochenende in die nordafghanische Stadt Mazar-e Sharif, um dort die traditionellen Neujahrsfeiern zu besuchen. (mrs) Antike Stadt Palmyra vor Rückeroberung Damaskus. Im Kampf gegen die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) sind syrische Regierungstruppen weiter auf die antike Stadt Palmyra vorgerückt. Nach den jüngsten Geländegewinnen seien die Truppen am vergangenen Mittwoch in das südwestliche Stadtviertel al-Gharf eingedrungen, wie die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mitteilte. Der IS hatte nach der Eroberung der Stadt im vergangenen Mai zahlreiche antike römische Tempel, Gräber und Statuen gesprengt, die von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt worden waren. (eb) IS kontrolliert Küstenstreifen Verstärkt durch ausländische Kämpfer aus der Region, konnte der IS in den vergangenen zwei Jahren die Kontrolle über einen mehr als hundert Kilometer langen Küstenstreifen um die Stadt Sirte erlangen. In der Nähe liegen wichtige Ölförderanlagen. US-Nachrichtendienste schätzen die Stärke der Terrorgruppe auf bis zu 5000 Mann – Tendenz steigend. Durch die Luftschläge der Koalition und die Offensive Foto: dpa/pa Athen. Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) hat die medizinische Betreuung des Flüchtlingshotspots Moria auf der Insel Lesbos eingestellt. Die Entscheidung sei eine Reaktion auf das Abkommen zwischen der Europäischen Union und der Türkei, das die Abschiebung von Asylbewerbern von der griechischen Insel in die Türkei vorsieht, wie die MSF-Landeskoordinatorin in Griechenland am vergangenen Mittwoch mitteilte. Man werde die Arbeit in einem eigenen Transitzentrum in Mantamados fortführen. (eb) Berlin. Die Anschläge von Brüssel in der vergangenen Woche haben gezeigt: Die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) hat Europa im Visier. Doch die Bedrohung geht nicht nur von Terrorzellen in den europäischen Staaten aus. In Libyen konnte der IS in den vergangenen beiden Jahren seine Präsenz festigen – mit konkreten Auswirkungen auf die Stabilität und Sicherheit in Europa. In dem Machtvakuum, das nach dem Sturz des Machthabers Muammar al-Gaddafi im Jahr 2011 in Libyen entstand, sah IS-Führer Abu Bakr al-Bagdadi eine Chance zur Expansion des Terrornetzwerks. Kurz nach der Gründung des „Kalifats“ in Syrien und dem Irak im Jahr 2014 entsandte al-Bagdadi erste Kader in der Küstenstadt Derna, wo die Miliz Zulauf von dort ansässigen lokalen islamistischen Gruppierungen wie der Ansar al-Scharia erhielt. Nur noch Trümmer: Bewohner versammeln sich um einen Bombenkrater in der westlibyschen Stadt Sabratah. Bei einem US-Luftschlag im Februar wurden dort mehr als 40 IS-Kämpfer getötet. der irakischen Armee steht die Terrorgruppe unter Druck: Die Errichtung einer zweiten Front in Libyen soll Entlastung bringen. Der Machtkampf zwischen Islamisten und Reformkräften, der 2014 in einen Bürgerkrieg mündete und die Stabilisierung des Landes verhindert, dauert bis heute an. De facto existieren zwei Regierungen – jede mit eigenem Parlament, Premier und Sicherheitskräften. Auf der einen Seite steht die international anerkannte Regierung in Tobruk. Sie stützt sich auf Kräfte des einflussreichen Generals Khalifa Haftar und strebt eine Reform der staatlichen Institutionen an. Auf der anderen Seite steht die Bewegung „Morgenröte“, ein Verbund islamistischer Milizen. Deren Regierung in Tripolis strebt die Gründung eines auf religiösen Prinzipien basierenden Staates an. Mitte Februar konnten sich beide Parteien auf die Bildung einer gemeinsamen Regierung einigen – die Bestätigung des Parlaments in Tobruk steht allerdings noch aus. Auswirkungen auf Europa Die Entwicklung in Libyen hat auch Auswirkungen auf den europäischen Kontinent. „Die Gefahr für die EU ist: Nur wenige hundert Kilometer von Südeuropa entfernt hat sich Libyen zu einer Durchgangsstation für die Migration aus Ost- und Subsahara-Afrika nach Europa entwickelt“, sagt Haim Malka vom Center for Strategic and International Studies. Neben einer Verschärfung der Flüchtlingskrise sieht der Nahost-Experte in der zunehmenden Vernetzung der Terrormiliz eine weitere Bedrohung. „Der IS kann Libyen zu einem dritten Knotenpunkt zwischen dem ,Kalifat‘ im Nahen Osten und islamistischen Terrorzellen in Europa ausbauen“, so Malka. Unter westlichen Staaten herrscht Konsens, dass ein militärisches Eingreifen nur auf Bitte einer libyschen Einheitsregierung erfolgen kann. Der Nahost-Experte Malka glaubt nicht, dass Europa zu einer robusten militärischen Intervention bereit ist, ohne einen umfassenden Plan zur politischem Stabilisierung des Landes zu haben. Anders die USA: Zuletzt wurden Mitte Februar bei einem US-Luftschlag in der Stadt Sabratah im Westen des Landes mehr als 40 ISKämpfer getötet. Kurden wollen Fakten schaffen Von Friedensgesprächen ausgeschlossen erklärt die PYD Teile Syriens zur autonomen Region. Genf. Die Kurdenpartei PYD hat Gebiete im Norden Syriens zu einer autonomen Region erklärt – und damit Verbündete, die syrische Opposition und die Türkei provoziert. Zwar bemühten sich die PYD-Vertreter auf einer Konferenz Mitte März zu betonen, mit dem Zusammenschluss der drei Kantone Efrin, Kobane und Cizire zur „Föderalen Region Rojava-Nordsyrien“ werde kein eigener Teilstaat errichtet. Die zu Friedensgesprächen in Genf versammelten Vertreter des Assad-Regimes und der Opposition verurteilten den Schritt dennoch scharf. Auch die USA, Russland und die Türkei verurteilen das Vorgehen der PYD. Foto: dpa/pa Foto: imago von Simon Klingert In der nordsyrischen Stadt Kobane beginnt der Wiederaufbau. Die in Genf vertretenen Parteien lehnen ein föderales System in Syrien ab und wollen das zentralisierte Regierungssystem beibehalten. Insbesondere die Türkei versucht, ein autonomes kurdisches Siedlungsgebiet im Norden Syriens unter Führung der PYD zu verhindern. Ankara betrachtet die Partei als Terrororganisation und übte zuletzt Druck auf die in Genf vertretenen Konfliktparteien aus, die PYD von den Friedensgesprächen auszuschließen. „Mit der eher symbolhaften Ausrufung der autonomen Region wollen die PYD-Führer den Anspruch auf Teilhabe an den Friedensgesprächen unterstreichen“, sagt Günter Seufert von der Stiftung für Wissenschaft und Politik. Eine Rolle spiele auch die jüngste Eskalation im Kampf der Türkei gegen die kurdische PKK. „Man kann das Vorgehen der Kurden auch als Aufforderung an die internationale Gemeinschaft verstehen, die Türkei zur Mäßigung aufzurufen“, sagte der Nahost-Experte. Die Kurden seien wichtige regionale Verbündete im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS). „Fest steht: Der Druck auf die internationalen Partner, dem Unabhängigkeitsbestreben der Kurden Rechnung zu tragen, steigt.“ (kli) 29. März 2016 EINSATZ / BUNDESWEHR aktuell 5 „Zurück zur Ursprungsmission“ Verschiedene Missionen, wechselnde Besatzungen – die „Erfurt“ auf dem Weg von Atalanta zu UNIFIL. Dschibuti. Im Januar letzten Jahres lief die Korvette „Erfurt“ in Richtung Mittelmeer zum UNIFIL-Einsatz aus. Das Besondere an dieser Fahrt: Das Boot wurde erst ein Jahr später im Heimathafen zurückerwartet. Die Besatzungen wurden regelmäßig durchgetauscht – das Schiff blieb. Seit August 2015 befindet sich die „Erfurt“ im Atalanta-Einsatz am Horn von Afrika. – Ende März verlegt die aktuelle Besatzung das Schiff wieder zurück ins östliche Mittelmeer. Fregattenkapitän Thomas Klitzsch, der Kommandant der Korvette, zieht im Interview eine erste Bilanz. Herr Kapitän, fast sieben Wochen in der Operation Atalanta liegen hinter Ihnen und Ihrer Besatzung. Waren die Aufgaben vor der somalischen Küste neu für Sie? Für die Besatzung war dies der erste mandatierte Einsatz seit der Indienststellung der Korvette „Oldenburg“ – unserer originären „Heimat-Plattform“. Das Seegebiet am Horn von Afrika und die zu Atalanta gehörenden Aufgaben waren bis zum Beginn unseres Einsatzes allerdings nur wenigen Besatzungsmitgliedern in der Praxis vertraut. Im Zuge der Vorbereitungen hat sich ein Teil der Besatzung unter anderem einem intensiven Training in Form eines Taktikseminars unterzogen, in dem die Soldaten mit diversen denkbaren Kommandant und Schiff: Thomas Klitzsch hat das Kommando auf der Korvette „Erfurt“. nd es we hr Foto: Timme/Bundeswehr militärischen Schwestermissionen der Europäischen Union in Somalia zu nutzen. u ß/ B Situationen im Einsatz konfrontiert wurden. So konnten bereits vor der Entsendung in das Einsatzgebiet die erforderliche Handlungssicherheit und das benötigte Wissen erarbeitet werden. u Stra Foto: Vor Ihnen liegt nun der Transit ins östliche Mittelmeer, zu UNIFIL vor der Küste des Libanons. Inwieweit unterscheidet sich Ihre Aufgabe dort von der Operation Atalanta? Die beiden Einsätze verfolgen grundlegend verschiedene Ziele. Die Operation Atalanta soll vorwiegend die Schiffe des Welternährungsprogrammes vor Piratenüberfällen schützen sowie die Piraterie unterbinden. Das wesentliche Ziel von UNIFIL ist die Verhinderung von Waffenschmuggel vor der Küste des Libanon, um so zur Stabilität in der Region beizutragen. Seit Beginn dieser Mission ist die Ausbildung der libanesischen Streitkräfte ein zentraler Bestandteil des maritimen Auftrags, damit Küstengewässer und seewärtige Grenzen zunehmend durch den Libanon selbst überwacht und geschützt werden können. Gab es in den letzten Wochen einen außergewöhnlichen Augenblick, der Ihnen in Erinnerung bleibt, wenn Sie demnächst das Einsatzgebiet verlassen? Die Vielfalt an Aufgaben und Handlungsoptionen, die uns das Mandat ermöglicht, sind einfach beeindruckend. Die derzeit vergleichsweise stabile Situation auf See versetzt die Operationsfüh- rung jedoch auch in die Lage, neben der Durchführung unsere Kernaufgaben wie den Schutz der Schiffe des Welternährungsprogramms und der zivilen Seefahrt, verstärkt Freiräume für die Kooperation mit zivilen und Am 11. Juni wird in Deutschland zum zweiten Mal der „Tag der Bundeswehr“ stattfinden. Dann sollen auch Sie und Ihre Crew wieder Ihren Heimathafen Rostock-Warnemünde anlaufen. Worauf freuen Sie sich dabei am meisten? Ich freue mich mit der Besatzung und der Korvette im Rahmen der Feierlichkeiten zum Tag der Bundeswehr am 11. Juni in unseren Stützpunkt zurückzukehren. Die traditionelle, marinetypische Begrüßung eines heimkehrenden Schiffes mit Kameraden, Familienangehörigen, Freunden und Bürgern ist unvergleichlich und ganz anders, als eine Rückführung in die Heimat per Flugzeug. Die Fragen stellte Daniel Timme. „Bonn“ trifft „Bayern“ Mittelmeer. Der Einsatzgruppenversorger „Bonn“ und die Fregatte „Bayern“ haben sich auf Kreta im Hafen von Souda getroffen. Die „Bonn“ ist das Flaggschiff des ständigen NATO-Verbands 2 im Mittelmeer und wird in der Ägäis zur Aufklärung und Beobachtung von Migrations- und Flüchtlingsbewegungen eingesetzt. Die Fregatte „Bayern“ ist auf dem Weg zum Horn von Afrika, um an der EU geführten Operation Atalanta teilzunehmen. Dort wird sie die Korvette „Erfurt“ ablösen und als Flaggschiff die Operation führen. Nach dem Auslaufen wurden Anläufe für Seeversorgungsmanöver geübt, bevor sich die beiden Schiffe wieder trennten und sich auf den Weg in ihre Operationsgebiete begaben. (PAO EGV Bonn) Zimmer mit Ausblick – Camp im Aufbau Im Camp Castor entstehen neue Wohn- und Arbeitsmöglichkeiten für deutsche Soldaten. Gao. Im Camp Castor einen Schlafplatz zu finden, ist nicht ganz einfach. Die niederländischen Soldaten leben in zweistöckigen Containern, die sie auch ihren deutschen Kameraden zur Verfügung gestellt haben. Seit Beginn des Einsatzes ist dies eine große Unterstützung – doch mittlerweile ist es viel zu eng. Ab dem Sommer soll es dann in Gao heißen: „Zimmer mit Bad und Aussicht sucht Bewohner.“ Mit jedem Container wächst auf dem Baufeld das deutsche Wohndorf ein Stückchen weiter. Sechs bis sieben der weiß-gelben Metallboxen schaffen die deutschen Spezialpioniere in diesen Tagen. Insgesamt ist der Aufbau von mehr als 200 Containermodule geplant. Nach der Vormontage im Baubereich werden die Boxen durch das Camp transportiert, um dann an ihrem finalen Bestimmungsort endmontiert zu werden. Jedes einzelne Modul muss sorgfältig ausbalanciert und an die Verund Entsorgung angeschlossen werden. Fast wie ein richtiges Wohnhaus. Künftig können in dem komplett neuen Wohnkomplex durchschnittlich etwa 350 Soldaten während ihrer Einsatzzeit leben. Um ein Mindestmaß an Privatsphäre und Rückzugsmöglichkeiten zu haben, sollen maximal drei Soldaten zusammen in einer Stube untergebracht werden. Wenn die Bauarbeiten im Sommer beendet sind, stehen insgesamt sechs ebenerdige Wohneinheiten genau dort, wo sich jetzt noch eine große planierte Fläche befindet. Eine Wohneinheit besteht dann aus 29 Wohncontainern, drei Bad- und acht Flurcontainern. (PAO MINUSMA) Foto: Bundeswehr (2) EUTM Mali: Angriff auf Missionshauptquartier Präzisionsarbeit ist gefordert: Spezialpioniere beim Aufbau der neuen Wohncontainer in Mali. Bamako. Mitte März wurde das Missionshauptquartier der europäischen Trainingsmission EUTM Mali angegriffen. Das ehemalige Hotel wird als Büro- und Unterkunftsgebäude genutzt. Mindestens zwei bewaffnete Täter eröffneten das Feuer mit Handwaffen im Bereich des Haupttores. Zum Zeitpunkt der Tat befanden sich Angehörige der Mission auf dem dazu gehörigen Volleyballplatz. Eigene Sicherheitskräfte wehrten den Angriff ab. Dabei wurde ein Angreifer getötet. Deutsche Soldaten wurden bei dem Vorfall nicht verwundet. (PAO MINUSMA) 6 aktuell BUNDESWEHR aktuell 7 Mit der CH-53 im Tiefschnee Bei „Cold Blade“ trainieren finnische und deutsche Hubschrauberbesatzungen das Fliegen im Polargebiet. Ivalo. Landeanflug auf eine schneebedeckte Waldlichtung im finnischen Lappland. Gesichert mit einem Gurtsystem liegt Stabsfeldwebel Thomas H.* auf der weit geöffneten Laderampe der CH-53. Er streckt seinen Kopf weit aus der Maschine heraus und blickt unter den Hubschrauber. Etwa zehn Meter über dem Boden ist von der Umgebung kaum noch etwas zu erkennen. Die Rotoren mit einem Durchmesser von mehr als 22 Metern wirbeln so viel Schnee auf, dass der Pilot den Boden unter sich nur schwer erkennen kann. Dabei muss er seinem Bordtechniker im wahrsten Sinne des Wortes blind vertrauen. H. gibt ihm genaue Informationen über die aktuelle Höhe durch und achtet darauf, wie tief das Fahrwerk im Schnee einsinkt. Versinken die Räder zu tief im Schnee, könnten die empfindlichen Antennen an der Unterseite des Hubschraubers abbrechen. Im schlimmsten Fall könnte die CH-53 zur Seite kippen, mit den Rotorblättern den Boden streifen und abstürzen. Nicht nur beim Fliegen Erfahrungen sammeln Winterverhältnisse mit mehr als einem Meter Schnee und scheinbar endlos viel Platz zum Üben gibt es in Deutschland nicht. Für die Lufttransportgruppe des Hubschraubergeschwaders 64 (LTGrp HSG 64) war daher die Übung „Cold Blade“ Anfang März im Norden Finnlands ein Glücksfall. Gemeinsam mit dem Helicopter Bataillon des finnischen Utti Jaeger Regiments trainieren die Verbände das Fliegen unter arktischen Bedingungen. Auf dem Plan stehen gemeinsame Formationsflüge, Tiefund Nacht- flüge sowie das Schießen mit Bordwaffen. „Wir können unglaublich viel von den Finnen lernen. Aufgrund der langen und strengen Winter sind sie absolute Vollprofis im Schnee“, sagt Oberstleutnant Frank Wittemann, Pilot und Kontingentführer der Übung. Neben der Fliegerei sammeln die Deutschen auch viel Erfahrung in Bezug auf Technik und Logistik. Nach einigen Schneelandungen, dem sogenannten „whiteout“, fliegt die CH-53-Besatzung mit Stabsfeldwebel H. zurück auf die Air Base bei Ivalo. Eigentlich ein ziviler Flughafen, der jedoch immer wieder als Ausgangspunkt für internationale Übungen dient. Zwischen Polarkreis und Nordkap herrschen hier ideale Bedingungen. Während sich die Piloten um das Fliegen kümmern, überwacht der Bordtechniker den technischen Zustand der Maschine. Am Boden führt er noch eine Nachflugkontrolle zusammen mit den Fluggerätmechanikern des Geschwaders durch. Unter der Leitung des technischen Offiziers, Leutnant Robert Rußwurm, prüfen die Fluggerätmechaniker den Hubschrauber auf Beschädigungen, tanken neu auf und bereiten ihn für den nächsten Flug vor. Arbeiten auf dem eiskalten Rollfeld Eine Arbeit, die nicht in einer Halle, sondern auf dem eiskalten Rollfeld passiert. Dazu klettern sie an jede wichtige Stelle und leuchten die dunkelsten Ecken auf der Suche nach Fehlern aus. Alle Werkzeuge und Ersatzteile haben die Soldaten dabei. „Und wenn doch mal etwas fehlt, dann helfen die Finnen an jeder Ecke aus“, betont Rußwurm. „Das läuft echt problemlos hier.“ Für die Übung sind zwei CH-53 Transporthubschrauber die rund 2000 Kilometer bis nach Ivalo geflogen. Mit sechs Zwischenlandungen und zwei Übernachtungen kamen die Crews ohne Zwischenfälle in Finnland an. Die knapp 60 weiteren Soldaten reisten mit einer „Transall“ an. Zusätzlich wurde das Material für die Übung in neun Zwanzig-Fuß-Containern auf fünf Tiefladern über den Landweg nach Lappland verschickt. Die Finnen beteiligen sich mit 95 Soldaten und sechs NH 90 Hubschraubern an „Cold Blade“. Zusätzlich waren noch zehn Beobachter vom Transporthubschrauberregiment 30 aus Niederstetten dabei. „Die Finnen sind sehr praxisorientiert. Hier haben wir eine gute Möglichkeit, ihnen über die Schulter zu schauen. Einige Verfahren können wir auch bei unseren NH 90 Containerdorf: Das Material für die Übung wurde mit Tiefladern ins Land gebracht. anwenden“, sagte Oberstabsfeldwebel Jochen Kenner, einer der Beobachter. Anders als im heimischen Klima, können die Mechaniker hier nicht den ganzen Tag an den Hubschraubern arbeiten. Jeder, der im Winter sein Handy aus der Tasche holt und bei minus zehn Grad eine SMS schreibt, der kann erahnen, was die Soldaten aushalten, wenn sie mehrere Stunden an Hubschraubern herumschrauben. „Was hier passiert, ist verrückt. Die Männer freuen sich, wenn sie die Hubschrauber am Himmel sehen. Wenn ich sie also nicht bremse, würden sie den ganzen Tag arbeiten“, sagt Wittemann mit seinem sympathisch-bayerischen Dialekt. Gemeinsam neue Verfahren testen Ruhe vor dem Flug: Die Besatzung bereitet den Hubschrauber für einen Nachtflug vor. LTGrp HSG 64 tätig. Dank der unermüdlichen Arbeit von Rußwurm, Diringer und den anderen Technikern müssen sich Wittemann und seine Besatzungen keine Sorgen um ihre Hubschrauber machen. Die Piloten können sich auf die Fliegerei konzentrie- ren. In gemeinsamen Briefings mit den finnischen Besatzungen tauschen sie Erfahrungen aus und lernen voneinander. Anschließend geht es wieder in die Luft, um gemeinsam neue Verfahren zu testen. Die Piloten lernen, sich im Ernstfall zu vertrauen – und das auf sehr unkomplizierte Weise. „Das macht die Zeit hier zu einem großen Erfolg“, fasst Wittemann die Übung zusammen. *Name zum Schutz des Soldaten geändert. Zur technischen Unterstützung war auch ein Mitarbeiter von Airbus Helicopters dabei. Daniel Diringer, selbst vier Jahre Soldat bei den Heeresfliegern, konnte sich nach seiner Dienstzeit nicht von den Hubschraubern trennen. Der 33-Jährige ist nun als Industrieunterstützer bei der In Formation: Eine deutsche CH-53 und ein finnischer NH 90 vor dem Start. Malerisch: Bei der Nachflugkontrolle werden die Soldaten von Nordlichtern begleitet. Foto: Hähnel/Bundeswehr (5) von Philipp Rabe 8 aktuell BUNDESWEHR 29. März 2016 29. März 2016 BUNDESWEHR aktuell 9 Abgefahren Foto: Dinnebier/Bundeswehr (3) Mehr als die Hälfte aller Soldaten, Beamten und Angestellten der Bundeswehr sind beruflich mobil. Reisetag: Freitags und sonntags sind viele Wochenendpendler unterwegs – zum Beispiel mit der Bahn. Berlin. Die Bundeswehr wird als Spiegel der Gesellschaft bezeichnet. Deutschland gilt als Pendlerrepublik. Ist die Bundeswehr also eine Pendlerarmee? Die Studie „Berufliche Mobilität in der Bundeswehr“ beschäftigt sich mit dem Thema, das viele Ange- hörige der Bundeswehr wortwörtlich bewegt. Mehr als 150 Millionen Menschen in Europa pendeln. Auch in Deutschland gibt es heute mehr Pendler als noch vor einigen Jahren. Immer mehr Menschen sind Tages- oder Wochenendpendler. Sie bewegen sich also regelmäßig zwischen einem Wohn- und einem Arbeitsort. In Deutschland sind das im Schnitt 39,62 Minuten pro Strecke. Die berufliche Mobilität, zu der auch das sogenannte Pendeln gehört, kann negative Auswirkungen mit sich bringen. Auch die Bundeswehr hat das erkannt und Maßnahmen zur Entlastung in der Agenda Attraktivität umgesetzt. Erfurt – Eckernförde Fast zwei Drittel der Angehörigen der Bundeswehr sind nach der Studie „Mobilität in der Bundeswehr“ beruflich mobil. Rund die Hälfte sind Fern-, Wochenend- und Tagespendler. Zum Vergleich: Nach den strengen Kriterien gelten nur ein Fünftel aller erwerbstätigen Deutschen beruflich mobil. Gefühlt: höhere Anforderungen Mit der Studie hat die Gruppe „Angewandte Militärpsychologie und Forschung“ des Streitkräfteamtes aktuelle empirische Erkenntnisse über die Mobilität innerhalb der Bundeswehr 511 km Oberstabsgefreiter Tobias Gülland (29), Flottendienstboot „Oste“ Oberstabsgefreiter Tobias Gülland ist mit Leib und Seele Vater, Seefahrer und Erfurter. Seit sieben Jahren ist der 29-Jährige bei der Marine in Eckernförde. Seine Freundin und die Tochter leben in Erfurt. Mit ihnen telefoniert er täglich. Das nächste Kind ist unterwegs. Drei Jahre lang ist er montags um 2.30 Uhr losgefahren, damit er pünktlich zum Dienstbeginn in Eckernförde war. „Der Körper macht das nicht lange mit und der Montag ist dann auch hinfällig.“ Heute fährt Gülland sonntags um 19 Uhr in Erfurt los. Um Mitternacht ist er dann in Eckernförde. „Das Schlimmste ist immer der Abschied“, sagt er und fügt hinzu, „besonders nach einem Urlaub.“ Seine Freundin unterstützt ihn dabei, seinen beruflichen Traum zu leben. Dafür ist er der waschechten Erfurterin sehr dankbar. Gemeinsam haben sie eine schöne Wohnung in der Altstadt. Sie hat einen guten Job und einen großen Freundeskreis. Deshalb kommt ein Umzug nicht in Frage. Erfurt ist ihre Heimat. Um die Belastungen zu ertragen, ist für ihn Spaß am Job wichtig. „Ich freue mich dann immer schon auf die Arbeit“, sagt Gülland. Bei aller Fahrerei sieht Gülland auch die Vorteile. „Ich nehme immer Leute über eine Mitfahrgelegenheit mit.“ Das senkt die Kosten und führt zu neuen Bekanntschaften und sogar Freundschaften. „In jedem Fall wird es nie langweilig“, fügt er hinzu. Die Soldatenarbeitszeitverordnung sei noch nicht optimal auf die Hafenliegezeiten eingestellt. Gülland würde gerne in der Woche länger arbeiten, damit er freitags eher los kann. „Man muss bis 11.30 Uhr in Hamburg durch sein.“ Denn trotz aller Liebe zum Beruf, „die verlorene Zeit im Stau gibt dir keiner wieder.“ gewonnen. Danach schätze n etwa 79 Prozent der Bundeswehr-Beschäftigten die Anforderungen an die eigene Mobilität höher ein als bei anderen Arbeitgebern. Als Hauptursache für die Mobilität nennt die Studie zum einen berufliche Gründe wie Lehrgänge oder Karrieremöglichkeiten und zum anderen die Berufstätigkeit beider Partner. Das deckt sich mit den Beobachtungen des Wehrbeauftragten: Ein Drittel der Eingaben zur Vereinbarkeit von Familie und Dienst beschäftigen sich mit dem Thema „Wunsch nach einer heimatnahen Versetzung beziehungsweise einem heimatnahen Verbleib“. Denn häufig Pinneberg – Munster entscheiden sich Soldaten und Angestellte der Bundeswehr, ihr Privatleben an einem Lebensmittelpunkt zu konzentrieren – auch wenn dieser vom Dienstort aufgrund von Versetzungen zum Teil Hunderte von Kilometern entfernt sein kann. Rund 60 bis 92 Prozent – je nach Mobilitätsform – der Befragten empfinden das Pendeln als belastend. Dabei ist das Wochenendpendeln die größere Belastung. Für die Älteren ist vor allem die mentale, für Jüngere die finanzielle Belastung entscheidend. Viele Pendler sind besonders unzufrieden, wenn das Zusammenspiel zwischen Familie und Beruf belastet wird. Aber nicht nur die Pendler, auch die Partner leiden unter den Trennun- gen. Dennoch sehen laut der neuen Bundeswehr-Studie gut drei Viertel der Befragten die „Pendelei“ als Notwendigkeit an. Bereits auf der richtigen Spur Als die wichtigsten Handlungsempfehlungen zur Redu- zierung der Belastungen sehen die Befragten die Verlängerung der Stehzeiten auf einem Dienstposten, die Berücksichtigung der familiären Situation bei Versetzungen, flexiblere Arbeitszeitmodelle sowie bessere finanzielle Unterstützung für die Pendler. Die unabhängig von der Mobilitätsstudie bereits Anfang Juni 2014 erstmals vorgestellte Agenda „Bundeswehr in Führung – Aktiv. Attraktiv. Anders“ (Agenda Attraktivität) hat die meisten Handlungsempfehlungen bereits aufgegriffen. Bei 22 Maßnahmen in sechs Themenfeldern lassen sich wesentliche Übereinstimmungen zu den Studienergebnissen feststellen. Das ist rund die Hälfte der untergesetzlichen Agenda-Maßnahmen. Diese konnten sich jedoch zum Zeitpunkt der Feldphase der Studie vom November 2014 bis Januar 2015 noch nicht auswirken. Mittlerweile sind viele der Maßnahmen bereits umgesetzt. 96 km Oberleutnant Jürgen Maschmann (36), Panzerlehrbrigade 9 Bisher war Oberleutnant Jürgen Maschmann in Boostedt stationiert. Die rund 50 Kilometer bis nach Hause konnte er jeden Tag fahren. „Ich war also abends pünktlich zu Hause und konnte am Familienleben teilnehmen“, erzählt der Fachdienstoffizier, der nun in der Panzerlehrbrigade 9 in Munster seinen Dienst tut. Laut Routenplaner eigentlich eine Strecke von einer Stunde und 15 Minuten. Doch der Stau am Elbtunnel kostet viel Zeit, so dass sich das tägliche Pendeln nicht lohnt. Der 36-Jährige ist als Wochenendpendler im Offizierlager untergebracht. Kein TV-Anschluss, kein Internet und nur eine Steckdose. Eine Pendlerwohnung lohnt sich erstmal nicht, denn die nächste berufliche Veränderung steht für ihn 2017 an. Besonders wichtig ist Maschmann die Möglichkeit, im Notfall schnell für seine Familie da sein zu können. „Meine Frau ist Beamtin beim Land Schleswig-Holstein“, antwortet er auf die Frage, weshalb die Familie nicht umzieht. Damit sei Pinneberg der südlichste Ort, an dem seine Frau arbeiten könne. Auch das soziale Umfeld spielt dabei eine Rolle. Am Wochenende entlaste er seine Frau, wo er kann. „Freitags hole ich den Lütten vom Kindergarten ab“ sagt er und fügt hinzu, dass er dann auch den Haushalt übernimmt. „Ich helfe, wo ich kann, um auch etwas Anerkennung zurückzugeben.“ „Im Rahmen der Agenda Attraktivität wird viel angeschoben“, stellt er fest. Allerdings seien einige Maßnahmen momentan noch nicht spürbar. Jetzt hofft er erst einmal, dass der Elbtunnel bald fertig wird. STUDIE Mit der Studie „Berufliche Mobilität in der Bundeswehr“ hat die Gruppe „Angewandte Militärpsychologie und Forschung“ des Streitkräfteamtes empirische Erkenntnisse über folgende Faktoren gewonnen: • die Verbreitung und Vielfalt beruflicher Mobilität die Ursachen, Begleitumstände und Folgen beruflicher Mobilität • geeignete Maßnahmen • Auswirkungen beruflicher Mobilitätsanforderungen Dazu wurden in einer Feldphase von Ende November 2014 bis Ende Januar 2015 Fragebögen an eine repräsentative Stichprobe aus 15 082 Personen geschickt. Diese umfasste Arbeitnehmer, Beamte und Soldaten aller Dienstgrad-, Laufbahn- und Entgeltgruppen sowie ihre Partner. Der Fragebogen enthielt insgesamt 76 Fragen. Dabei wurden Angaben zur beruflichen Mobilität mit Vor- und Nachteilen sowie zur Bereitschaft, beruflich mobil zu sein, abgefragt. Ebenso die Maßnahmen und die Bewertung der Bundeswehr als Arbeitgeber. Mehr auf www.bundeswehr.de Regierungsinspektorin Juliane Behring, (27), Bundeswehrsozialwerk „Jede Minute zählt, denn ab Punkt 6.30 Uhr können aus fünf Minuten Verspätung schnell 15 Minuten werden“, sagt Regierungsinspektorin Juliane Behring, denn gegen sieben Uhr morgens setzt gewöhnlich der Berufsverkehr ein. Die 27-Jährige ist Beamtin beim Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr und arbeitet für das Bundeswehrsozialwerk. Von Köln aus pendelt die junge Frau die rund 50 Kilometer nach Bonn und abends wieder zurück. Dafür braucht sie jeweils eine Stunde. Der Umzug zum Dienstort ist bereits in Planung. Darüber hinaus ist Behring aber auch am Wochenende auf Achse. Meist fährt sie ins 500 Kilometer entfernte Ingolstadt. Etwa vier Stunden braucht der ICE dorthin. Ihr Partner ist selbstständig, bringt zwei Kinder in die Beziehung mit und ist daher örtlich dort gebunden. Seit rund zwei Jahren führt das Paar eine Fernbeziehung. Ihr Ritual damit sie trotz der zeitlichen und örtlichen Trennung dem Partner nah sind: Jeden So konnte im vergangenen Jahr die Anzahl der Wochenendpendler um rund 5000 Personen vermindert werden. Die Mehrheit der Soldaten, Beamten und Angestellten ist beruflich mobil. Die Bundeswehr hat einen hohen Pendleranteil. Auch wenn viele Soldaten die Belastungen des Dienstes gern in Kauf nehmen, spielen auch die Partner eine entscheidende Rolle. Gerade deshalb steht neben den Maßnahmen der Agenda Attraktivität besonders die Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Dienst im Fokus. Köln – Bonn Köln – Ingolstadt 34 km 500 km Abend sprechen die beiden zu einer festen Zeit per Videochat. Für Behring ist es wichtig, die Aufgaben zu teilen, besonders am Wochenende: „Beide Partner müssen die Situation tragen.“ Pendeln ist für Behring nicht neu. Als sie 2011 ihr duales Studium anfing, war für sie klar, dass sich ihr Leben die nächsten drei Jahre an zwei Orten, damals Mannheim und Kiel, abspielen wird. „Das ist von Anfang an deutlich kommuniziert worden“, stellt Behring fest. Noch heute ist Pendeln für sie eine willkommene Abwechslung. Sie pendelt gerne, auch wenn das de facto bedeutet, dass sie zwei Leben führt. Ein willkommener Kontrast – noch. Das könne sich später ändern, wenn es Zeit wird, eine Familie zu gründen. Vom Langzeitarbeitskonto verspricht Behring sich viel. Sie möchte sehr wohl die Möglichkeit nutzen, Überstunden anzusparen, um vielleicht noch ein zweites Studium neben dem Dienst zu absolvieren. Aus ihrer Sicht tut der Dienstherr viel für Pendler, allerdings sei sie nicht in einer schwierigen Situation. Foto:Bundeswehr (3) Von Philipp Ahlers 10 aktuell SPORT 29. März 2016 Erfolgreich wie nie zuvor Biathletin Franziska Hildebrand ist glücklich: „Ich darf mich endlich Weltcup-Siegerin nennen.“ Von Dietmar Kramer Chanty-Mansijsk. Konstant wie immer, aber zielsicher und vor allem erfolgreich wie nie zuvor – Oberfeldwebel Franziska Hildebrand (Foto) konnte am Gründonners tag wenige Tage nach dem BiathlonWeltcupfinale im sibirischen Chanty-Mansijsk hochzufrieden auf ihren 29. Geburtstag anstoßen. mer zwei und drei gewonnen (Silber mit der Mixed-Staffel und Bronze mit der Staffel) und nicht zuletzt auch ihre ersten beiden Einzelsiege in Weltcup-Rennen feiern können. Dass die gebürtige Hallenserin mit ihren Staf- fel-Kolleginnen den Weltmeister-Titel von 2015 nicht erfolgreich verteidigen konnte und in der Verfolgung als Vierte ihre erste WM-Medaille in einem Einzelwettbewerb knapp verpasste, trübte ihre einmal mehr positive Bilanz nur unwesentlich. Besondere Genugtuung empfindet Hildebrand über ihre Weltcup-Siege im Dezember in Hochfilzen und im Januar nen. Als die lange Wartezeit auf den ersehnten Sieg in einem Einzelrennen zu Beginn ihrer fünften Weltcup-Saison vorbei gewesen sei,, „kam es für mich trotzdem völlig unerwartet und hat sich ganz komisch und unwirklich angefühlt. Ich war noch Tage danach ein bisschen geplättet davon“, erzählt Hildebrand von ihren Emotionen. brand an sich gearbeitet, dass sie in der zurückliegenden Saison nicht nur glänzende Zeiten in die Loipe brannte, sondern besonders am Schießstand wieder eine wichtige Verbesserung erreichte: Die Treffer-Quote von fast 90 Prozent bedeutete Hildebrands besten Wert in ihrer gesamten Weltcup-Karriere. Dennoch gehörten die Schlagzeilen der Saison wieder einmal WM-Medaillensammlerin Laura Dahlmeier oder dem nur mäßigen Weltcupsieg zuletzt im Januar Anlass zu Glückwünschen hatte die frühere Zimmerkollegin von Deutschl a n d s zurückgetretener Ikone Magdalena Neuner auch im Verlauf der ausgeklungenen Saison schon reichlich geliefert. Hildebrand war als Fünfte wie im Vorjahr beste Deutsche im Gesamtweltcup. Sie hatte bei der Weltmeisterschaft in der ersten März-Hälfte ihre WM-Medaillen Num- Foto: imago beim „Heimspiel“ in Ruhpolding. „Ich darf mich endlich Weltcup-Siegerin nennen. Das hört s ich gut an“, sagt die Sportsoldatin von der Sportfördergruppe Bischofswiesen – und im Rückblick lässt sie noch viel Stolz auf zwei der schönsten Momente der bisherigen Laufbahn erken- Alles andere als geplättet von den Erfolgen seiner „Miss Zuverlässig“, die noch drei weitere Podestplätze erreichte und acht zusätzliche Ergebnisse unter den besten Zehn verbuchte, war Bundestrainer Gerald Hönig: „Es war nur eine Frage der Zeit, dass die Franzi ihr Vermögen optimal abrufen kann und es auf das oberste Podest schaffen würde. Sie hat eine unglaubliche Konstanz aufgebaut, ihre vielen Top10-Ergebnisse zeigen doch ihr großes Leistungspotenzial und sind alles andere als Zufall.“ Im Gegenteil: So sehr hatte Hilde- Comeback der Biathletin und Langläuferin Miriam Gössner. Sie will so gut wie möglich sein Hildebrand geht mit dieser Situation dank ihres zurückhaltenden Naturells entsprechend gelassen um: „Das ist natürlich schon ein bisschen schade, wenn die eigene Leistung nicht so richtig wahrgenommen wird“, räumt die WahlBayerin ein. Aufregen über die vermeintliche Ungleichbehandlung will Hildebrand sich aber nicht: „Das würde letztlich zu viel Energie kosten, und ändern kann ich es nicht. Ich kann mich nur weiter anstrengen, um so gut wie möglich zu sein.“ Fast jeder Schuss ein Treffer Beste deutsche Wurfscheiben-Schützin: Von 100 Schüssen trifft Hauptfeldwebel Christine Wenzel mindestens 98 Mal. Schießen auf 25 Scheiben pro Runde Sieben Mal wechselt Wenzel ihre Position. Von acht unterschiedlichen Positionen müssen Skeet-Schützen auf insgesamt 25 Scheiben je Runde schießen. Das sind die Bedingungen für einen olympischen Wettkampf. Als viermalige Weltmeisterin hat Wenzel das drauf. „Mentale Stärke und Konzentration sind ein wesentliches Element unseres Sports“, erklärt die 34-Jährige zwischen zwei Durchgängen. Daher sei es ihr wichtiger, ihren Sportpsychologen statt ihren Trainer in Rio dabei zu haben. „Wenn ich mal nicht treffe, weiß ich schon, woran es liegt. Dann ist es wichtiger, ruhig zu bleiben und die innere Gelassenheit wieder zu finden.“ Das ist nur eine der Besonderheiten des Skeet-Schießens, das seit 1968 eine olympische Disziplin ist. Für die diesjährigen Spiele peilt die Soldatin der Sportfördergruppe Warendorf Gold an. „In Peking wurde ich Dritte, in London Sechste – 2016 will ich die Goldmedaille!“ Dafür trainiert die Mutter eines fünfjährigen Sohnes hart, ver- schießt dabei rund 30 000 Schuss Schrot im Jahr. Der nächste Positionswechsel. Christine Wenzel sammelt sich, lädt nach. Der Gewehrschaft ruht regelkonform auf Hüfthöhe. „Hoh!“ – Scheibe – Waffe in den Anschlag – Schuss – Treffer. Skeet ist ein Sport, der neben der Konzentration eine hohe Präzision erfordert. Exakt eintrainierte Bewegungsabläufe. Ausdauerund Krafttraining stehen für die aus Ibbenbüren stammende Foto: Roland Alpers/Bundeswehr Hopsten/Westfalen. „Hoh!“ – ein kurzes akustisches Signal und die Tontaube schnellt aus dem Wurfstand. Bruchteile von Sekunden später zerfetzt eine Schrotladung das neon-orange gefärbte Flugobjekt. Positionswechsel. „Hoh!“, spricht Hauptfeldwebel Christine Wenzel (Foto) ruhig ins Mikrofon. Schon schnellen in kurzer Folge gleich zwei der Ziele aus unterschiedlichen Richtungen über den Schießstand. Zwei Schüsse krachen. Von den Tontauben, die man im Fachjargon Wurfscheiben nennt, bleiben nur Scherben übrig. Schießen kann Wenzel: Deutschlands Hoffnung für Skeet-Gold. Skeet-Favoritin für Olympia Wenzels Waffe wurde exakt auf sie vermessen und eingestellt, der Griff etwa ist ihrer Hand nachgeformt. Etwa 10 000 Euro kostet dieses Sportgerät auf der Grundlage einer Jagdwaffe, aus der die Skeet-Waffe entwickelt wurde. „Die gebe ich nicht mehr aus der Hand“, erklärt Wenzel. „Vier Mal konnte ich mit dieser Waffe Weltmeisterin werden. Die geht mit nach Rio!“ Und mit nach Zypern zum Weltcup, wo sich die Skeet-Elite derzeit misst und sich die Favoriten für die Spiele bereits abzeichnen. Unter ihnen: Hauptfeldwebel Christine Wenzel. (rw) 29. März 2016 SOZIALES / PERSONAL aktuell 11 Bald schon auf Streife Oberfeldwebel Paul Rainer Heise verlässt nach neun Jahren die Feldjäger der Bundeswehr – und wird Polizist. Augustdorf. Seit September vergangenen Jahres machen Polizei und Bundeswehr „gemeinsame Sache“ in Brandenburg. Die Idee, ausscheidenden Feldjägern den Wechsel in den Polizeidienst zu vereinfachen, wurde bereits 2009 geboren. Oberfeldwebel Paul Rainer Heise tauscht nun die Uniform – grün gegen blau. Die ersten 25 Feldjäger der Bundeswehr befinden sich seit September 2015 in der 18-monatigen Ausbildung für den mittleren Polizeivollzugsdienst. Brandenburg ist bisher das einzige Bundesland, das diesen Werdegang für ehemalige Soldaten um ein Jahr verkürzt anbietet. Voraussetzungen dafür sind eine abgeschlossene Ausbildung zum Feldjägerfeldwebel, neun Jahre Dienst in der Bundeswehr und körperliche Fitness. Polizeidienst als attraktive Perspektive Der 30-jährige Heise erfuhr durch den Berufsförderungsdienst und durch Kameraden, dass die Polizei Nachwuchs sucht. Seine Dienstzeit als Feldjäger endet eigentlich erst am 31. März 2017. Der Berufsförderungsdienst stellt ihn bereits zum 1. April 2016 frei. Fotos: Metropolico.org/www.flickr.com, Schultz/Bundeswehr von Irina Henrich Gemischte Gefühle: Oberfeldwebel Paul Rainer Heise verlässt die Bundeswehr nach elf Jahren und wird Polizist in Brandenburg. Der Noch-Feldjäger verlässt im März die 5. Kompanie des Feldjägerregiments 2 in Augustdorf und zieht mit seiner Familie nach Brandenburg. Nach elf Jahren Bundeswehr mischt sich ein wenig Wehmut in die Vorfreude. „Ich habe so tolle Kameraden kennengelernt, die werde ich schon ein bisschen vermissen“, sagt er. Bei der Bundeswehr haben ihm vor allem die Zeiten im Einsatz gut gefallen. „Deshalb bin ich Soldat geworden, um etwas zu bewirken. Außerdem gefällt mir die Vielfalt. Als Feldjäger weiß man morgens nicht, was der Tag bringt, und ich lasse mich gern überraschen. Bei der Polizei wird das bestimmt ähnlich sein“, sagt Heise. Die Aufgaben der Feldjäger sind breit gefächert. Sie reichen von Verkehrskontrolle, über Marschbegleitungen bis hin zur Aufnahme von Unfällen. „Allerdings haben Feldjäger im Inland weniger Befugnisse als Polizisten. Sie sind nicht für Zivilpersonen zuständig“, erklärt Heise. Feldjäger und Polizei: große Parallelen Ihn erwarten nun sechs Monate Theorieunterricht an der Fachhochschule der Polizei. Darauf folgen zwölf weitere Monate praktisches Training. „Sowohl bei der Ausbildung, als auch bei den Aufgaben von Feldjägern gibt es Parallelen zur Polizei. Innerhalb der Bundeswehr sind die Feldjäger für Sicherheits- und Ordnungsaufgaben und für strafprozessuale Maßnahmen zuständig. Zudem gibt es auch direkte Arbeitskontakte mit örtlichen Polizeidienststellen. Von diesen Kenntnissen profitiert die Polizei“, erklärt Rudi Sonntag, Pressesprecher des Polizeipräsidiums in Potsdam. Dort konnten sich Feldjägerfeldwebel bewerben, deren Dienstzeit spätestens zum 30. September 2017 endet. Dabei ergeben sich für die Bewerber zwei entscheidende Vorteile. Die Soldaten werden sofort als Beamte auf Probe in den mitt- leren Polizeivollzugsdienst eingestellt. Die Polizisten in spe können drei Dienstorte nennen, an denen sie gern arbeiten würden. Heise, der aus Wolgast an der Ostsee stammt, wurde sein Zweitwunsch Brandenburg an der Havel erfüllt. Die Erfahrungen sind positiv Eine echte „Win-win-Situation“ für Polizei und Bundeswehr. „Die bisherigen Praxiserfahrungen in Brandenburg sind durchweg positiv und die Soldaten haben eine sichere Anschlussverwendung“, betont Polizeisprecher Sonntag. Sich um die Reisen anderer kümmern Bonn. Urlaub ist seit kurzem Karin Wegners täglich Brot. Was für die einen wie ein Traum klingt, ist für die dreifache Mutter zum Arbeitsalltag geworden. Sie ist Bürosachbearbeiterin beim Bundeswehr-Sozialwerk und gehört zum Team „Aktivund Themenreisen“. Die Arbeit ist jedoch nicht ganz so entspannt, wie am Strand unter Palmen zu liegen. Zuerst werden E-Mails gelesen, dann Anfragen am Telefon beantwortet. Wegner ist seit März 2016 beim Bundeswehr-Sozialwerk und schon ein halber Profi. Die vielen unterschiedlichen Aufgaben haben sie an dem neuen Job gereizt. „Ich führe Kundengespräche, bearbeite Anträge und spreche mit unseren Mitgliedern. Aktivund Themenreisen unternehmen Familien, Singles und Senioren, jeder Anrufer ist anders“, sagt Wegner. Klassische Anfragen sind: Wie kann ich mich noch zu der Reise anmelden? Was passiert, wenn ich krank werde? Das Foto: Behring/Bundeswehr Karin Wegner vom Bundeswehr-Sozialwerk organisiert und bucht die schönsten Tage im Jahr. kann Wegner auch schon nach wenigen Wochen beantworten. Dies zeigt, dass sie die neuen Arbeitswege bereits im Griff hat und ergänzt schmunzelnd: „Bald kenne ich alle Wanderwege um unsere Häuser auswendig.“ Urlaubsreisen haben Anmeldeund Wartelisten. „Gibt es mehr Interessenten als freie Plätze, werten wir die Anmeldungen nach einem Punktesystem aus“, erklärt Wegner. Kriterien wie Auslandseinsätze, Anzahl der Kinder und die Höhe des Familieneinkommens entscheiden über Zu- oder Absage. „Wir sind ein gemeinnütziger Verein.“ Ziel ist es, so wenig Absagen wie möglich zu schreiben. Einmal im Jahr setzt sich das Team zu einer kreativen Besprechung zusammen. Eine willkommene Abwechslung, denn dabei werden neue Reiseangebote entwickelt. „Ideen fangen wir auf Fachmessen ein“, so die Teamleiterin. „Manchmal arbeiten wir mit Eventagenturen und Touristeninformationen zusammen“, ergänzt sie. „Wir haben einen festen Stamm an Begleitern, die mit unseren Mitgliedern reisen. Seit zwei Jahren haben wir eine Betreuerin, die begeistert golft. Wir können solche Reisen aber nur anbieten, wenn wir jemanden vor Ort haben, der auch die Fähigkeiten besitzt“, erklärt sie. (jbe) Was ist Ihr höchstes Gut? Toleranz. Mehr Informationen unter www. bundeswehr-sozialwerk.de. Wie lautet Ihr Lebensmotto? Das Leben genießen, hier und jetzt! Was ist Ihre größte Errungenschaft? Meine drei Kinder. Welche lebende Person bewundern Sie am meisten? Im Moment Frau Merkel. Wozu können Sie nicht nein sagen? Zu Schuhen. Was mögen Sie an sich selbst nicht? Meine Ungeduld. Was ist Ihr Hauptcharakterzug? Begeisterungsfähigkeit. Welche natürliche Gabe möchten Sie besitzen? Ich wäre gern sprachbegabt. Was wäre Ihre berufliche Alternative? Archäologin. Was treibt Sie an? In allen Dingen zunächst das Gute zu sehen. aktuell VERMISCHTES 29. März 2016 Foto: Screenshot/Nothing/RedBw 12 Die Truppe im Videoformat Der YouTube-Kanal der Bundeswehr knackt die Marke von 150 000 Abonnenten. Berlin. Wer die Panzerhaubitze 2000 in Aktion sehen möchte, kann auf den Truppenübungsplatz Baumholder fahren. Oder er schaut sie sich auf YouTube an. Für die Bundeswehr-Videos interessieren sich mittlerweile 150 000 Abonnenten. In der vergangenen Woche hat die Fangemeinde des Bundeswehr-Kanals diese Größenordnung erreicht. Und nicht erst seitdem ist der YouTube-Auftritt der deutschen Streitkräfte einer der erfolgreichsten in der Militärwelt. Zum Vergleich: Die vier Kanäle der US-Armee haben zusammen etwa 200 000 Abonnenten, die israelischen Streitkräfte über 108 000. Die Videos der Bundeswehr kommen an, täglich wächst der Abonnenten- 016 12/2 stamm um zirka 100 neue Mitglieder, Tendenz steigend. Allein im Februar haben die Nutzer Videomaterial mit einer Länge von 12 Jahren und 134 Tagen angeschaut. Millionen klicken das MANTIS-Video Gezeigt werden weder lustige Katzenvideos noch eine Anleitung zum Haare schneiden. Die Videocharts der Bundeswehr führt der Clip über das MANTIS Flugabwehrwaffensystem an. Weit mehr als eine Million Mal sahen sich Wissbegierige an, wie die Bundeswehr auf Bedrohungen aus der Luft reagieren kann. Platz zwei geht an einen Bericht über eine Nahkampfart der israelischen Armee – „Krav Maga“. Auch immer sehr beliebt: Wenn der „Gepard“ rollt oder der „Eurofighter“ durchstartet. Die Erklärstücke sind vielfältig: Von Portraits und Reportagen aus dem Einsatz bis zur Serie „#MitOlli“, für die Hauptfeldwe- Foto: Wilke/RedBw von Antje Laenen Dreharbeiten für das Format „#MitOlli“: Mittendrin, statt nur dabei. bel Oliver Bender die verschiedenen Bereiche der Truppe besucht. Ingenieurskunst aus dem Jahr 1986 Beim wöchentlich erscheinenden „Classix“ wird Sehenswertes aus dem Archiv präsentiert. Zum Beispiel wie gut der Kampfpanzer „Leopard 2“ sein Rohr stabilisiert. Das Video aus dem Jahr 1986 zeigt, dass sogar ein randvoller Bierkrug, der auf dem Rohr platziert ist, die Fahrt durch holpriges Gelände überlebt. Das Video ist eines der wenigen, die nicht nur auf Facebook geteilt, sondern auch per WhatsApp verbreitet wurden. Fast ein Drittel aller Internetnutzer sind auf YouTube unterwegs – mehr als eine Milliarde insgesamt. „Wir entwickeln laufend neue Formate, integrieren neue Kameratechniken und produzieren in Hinblick auf mobile Endgeräte“, erklärt Hauptmann Christian Kruse, der für die Optimierung des Kanals verantwortlich ist. „Das ist definitiv kein Nischenkanal. Hier wird alles gezeigt, was die Bundeswehr zu bieten hat.“ Rund 25 Angehörige der Bundeswehr kümmern sich um die Produktion. Das erste Video feierte seine Premiere im August 2010. Fünf Jahre später sind es bereits über 1 700 Videos – und täglich werden es mehr. Falls nach dem Clip zu m Schützenpanzer „Puma“ noch eine Frage unter den Nägeln brennt, kann sie direkt via Kommentarfunktion gestellt werden und wird dort beantwortet. Auch die Frage nach der Minibar im Panzer. Alle Videos auf www.youtube. com/user/Bundeswehr SUDOKU Vi el G Senden Sie die vier Lösungszahlen, lück die sich aus den farbigen Feldern ! ergeben, per E-Mail mit dem Betreff “Sudoku 12/2016” und Ihrer Postanschrift an: [email protected] Einsendeschluss: Sonntag dieser Woche Zu gewinnen: APC Mobile Power Bank 10 000 mAh Dieser externe Zusatzakku für Smartphones und Tablet-PCs bietet bis zu vier Ladevorgänge für unterwegs. Lösung 10/2016: 8 9 3 9 Gewonnen hat: Frank Anders Spielregeln: Füllen Sie das Raster mit den Zahlen von 1 bis 9. In jeder Zeile und jeder Spalte darf jede Zahl nur einmal vorkommen. Zudem kommt auch in jedem 3 x 3 Feld jede Zahl nur einmal vor. Doppelungen sind nicht erlaubt. Aus allen richtigen Einsendungen wird der Gewinner ausgelost. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.
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