Österreichs Wirtschaft spürt - Boerse

P R E S S E I N F O R M AT I O N
Wien, 4. April 2016
Analyse der Bank Austria Volkswirtschaft:
Österreichs Wirtschaft spürt Konjunkturverlangsamung in den
Schwellenländern

Österreichs Wirtschaftswachstum ist 2015 durch die schwächere Konjunktur in den
Schwellenländern um 0,2 Prozentpunkte gedämpft worden

Sorgen um China, niedrige Rohstoffpreise und US-Zinswende sind die wichtigsten
Konjunkturrisiken der Schwellenländer 2016

Steigende wirtschaftliche Bedeutung der Schwellenländer erhöht auch Ansteckungsgefahr für
Industrieländer

Ein Prozentpunkt weniger Wachstum in Schwellenländern bedeutet eine Abschwächung der
Wirtschaftsleistung in Österreich um bis zu 0,5 Prozentpunkte

Niedrigere Rohstoffpreise würden negativen Effekt teilweise kompensieren: Gesamteffekt
daher für Österreich verkraftbar
Die ersten Monate des Jahres 2016 waren durch starke Marktturbulenzen gekennzeichnet, als Folge der
Unsicherheiten über die wirtschaftliche Lage der asiatischen und lateinamerikanischen
Wachstumsmärkte, die in den vergangenen Jahren die Weltwirtschaft angetrieben hatten. „Die Sorgen
um die Konjunktur in den Schwellenländern sind berechtigt. Auch Österreichs Wirtschaft spürt die
Wachstumsverlangsamung in diesen Ländern. Allerdings bleiben die Auswirkungen für die heimische
Wirtschaft letztlich insgesamt verkraftbar“, fasst Bank Austria Chefökonom Stefan Bruckbauer eine
aktuelle Analyse1 der Bank Austria zu den wirtschaftlichen Folgen einer Verlangsamung der Konjunktur in
den Schwellenländern für die österreichische Wirtschaft zusammen.
2015 verringerte sich der Anstieg des BIP in den Schwellenländern auf durchschnittlich 4 Prozent. Das
war das schwächste Wachstum seit 2009, als sich die Folgen der US-Finanzkrise niedergeschlagen hatten.
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Die Analyse “Die Schwellenländer: Vom Segen zum Fluch?“ steht unter „http://www.bankaustria.at/boersen-und-research-analysen-undresearch-oesterreich-wirtschaftsanalysen-und-studien.jsp#tab11417“ gratis zum Download zur Verfügung.
1
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„In Österreich hat der Rückgang des Wirtschaftswachstums in den Schwellenländern2 im Jahr 2015 die
Wirtschaftsdynamik um rund 0,2 Prozentpunkte gedämpft. Hätten die Schwellenländer also ein
gegenüber dem Vorjahr unverändert hohes Wachstum erreicht, wäre die österreichische Wirtschaft
2015 immerhin um 1,1 und nicht nur um 0,9 Prozent gewachsen“, meint Bruckbauer. Die österreichische
Bruttowertschöpfung ist 2015 gegenüber dem Vorjahr um rund 7 Mrd. Euro gestiegen. Über den
Außenhandel ist die heimische Wertschöpfung um über 600 Mio. Euro durch die Schwellenländer
belastet worden. Ausschlaggebend war dabei vor allem der starke Wirtschaftseinbruch in Russland, der
die heimische Wertschöpfung um über 1,1 Mrd. Euro gebremst hat. Auch Brasilien, China und SaudiArabien waren für verhältnismäßig geringe Einbußen in der heimischen Wertschöpfung verantwortlich.
Indien, die Türkei, die Vereinigten Arabischen Emirate und Mexiko haben dagegen klar positiv zur
Wirtschaftsentwicklung in Österreich beigetragen.
Die Sorgen um die Konjunkturentwicklung in den Schwellenländern haben sich in den vergangenen
Monaten weiter erhöht und weltweit zu Marktturbulenzen und Verunsicherungen geführt. „Die
wirtschaftliche Situation in China, der Preisverfall von Rohstoffen und die Trendwende der US-Geldpolitik
sind die drei großen wirtschaftlichen Herausforderungen in den Schwellenländern mit Störpotenzial für
die Konjunktur. Während wir eine globale Rezession, ausgelöst durch die Schwellenländer, zwar als
unwahrscheinlich erachten, ist in den vergangenen Monaten das Risiko, dass die Weltwirtschaft 2016 an
Schwung verlieren könnte, spürbar gestiegen“, meint Bank Austria Ökonom Walter Pudschedl.
„Die Ansteckungsgefahr für Industrieländer bei einer Konjunkturverlangsamung in den Schwellenländern
ist heute viel höher als noch vor wenigen Jahren, denn der Anteil der Schwellenländer am Welt-BIP hat
sich innerhalb der vergangenen 20 Jahren mehr als verdoppelt und rund die Hälfte des globalen
Wirtschaftswachstums wurde zuletzt in den Schwellenländern generiert“, so Pudschedl. Der Anteil der
Schwellenländer an der globalen Wirtschaftsleistung ist von 18,5 Prozent im Jahr 1995 auf 40,5 Prozent
im Jahr 2015 gestiegen. Der Beitrag der Schwellenländer am globalen Wirtschaftswachstum ist von rund
20 Prozent (1980-1999) auf über 50 Prozent (seit 2000) gestiegen.
Auch die österreichische Wirtschaft hat in den vergangenen Jahren verstärkt die Chancen in den stark
wachsenden Schwellenländern gesucht und engere Beziehungen geknüpft. Die österreichische
Wertschöpfung, die in Gütern und Dienstleistungen enthalten ist, die in die Schwellenländer ausgeführt
2
Die Analyse der Bank Austria konzentriert sich auf die für die österreichische Wirtschaft zehn wichtigsten – gemessen an der
Außenhandelsverflechtung - außereuropäischen Schwellenländer
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werden, betrug 2015 bereits rund 13 Prozent der gesamten österreichischen Wertschöpfungsexporte.
Die Abhängigkeit von der Konjunktur ergo Importnachfrage der Schwellenländer ist aufgrund der darin
enthaltenen indirekten Exporte, etwa über Deutschland, spürbar größer als es die herkömmlichen
Exportdaten vermitteln. „Die Endnachfrage der untersuchten Schwellenländer betrug 2015 4,4 Prozent
der österreichischen Wirtschaftsleistung. Der Einfluss der Schwellenländer auf die heimische Wirtschaft
hat sich damit seit dem Jahr 2000 mehr als verdoppelt“, meint Pudschedl und ergänzt: „Damit ist
Österreich stärker als die meisten anderen europäischen Länder von Konjunkturschwankungen in den
Schwellenländern betroffen.“ Der Anteil der Endnachfrage der Schwellenländern an der heimischen
Wertschöpfung ist in Italien, Frankreich oder Spanien geringer als in Österreich, nur der deutsche
Vergleichswert ist mit über 6 Prozent klar höher.
Die heimische Industrie weist mit einem Anteil der Endnachfrage der Schwellenländer an der
österreichischen Branchenleistung von 8 Prozent die stärkste Verflechtung aller Wirtschaftssektoren auf.
„Die starke Exportorientierung macht die österreichische Industrie wenig überraschend am stärksten von
der Nachfrage aus den Schwellenländern abhängig. Insbesondere der Maschinenbau, die
Metallbranchen und die Herstellung optischer und elektrischer Ausrüstungen sind
Konjunkturschwankungen in diesen Märkten besonders stark ausgeliefert“, so Pudschedl. Das relativ
stärkste Engagement mit dem größten Einfluss der Schwellenländer auf die Wertschöpfung einer
Branche besteht innerhalb der Industrie im Maschinenbau, wo fast 15 Prozent der Wertschöpfung von
den wichtigsten Schwellenländern nachgefragt werden. Die Nachfrage aus Südafrika, Mexiko, China und
der Türkei ist besonders stark auf den Maschinenbau konzentriert. Zu den Branchen mit der stärksten
Abhängigkeit von der Endnachfrage der Schwellenländer zählen weiters noch die Metallerzeugung mit
einem Anteil von 13,5 Prozent und die Herstellung optischer und elektrischer Ausrüstungen mit einem
Anteil von über 11 Prozent an der gesamten Wertschöpfung der Branche.
„Der Segen zusätzlicher Wachstumsimpulse durch die stärkere Vernetzung mit den Schwellenländern
wird sich im Falle einer Wachstumsabschwächung für Österreich, zwar nicht zu einem bedrohlichen Fluch
umkehren, der Effekt einer Wachstumsverlangsamung in den Schwellenländern ist für die
österreichische Wirtschaft aber klar spürbar. Die Betroffenheit Österreichs ist sogar stärker als jene der
meisten europäischen Länder, aber der dämpfende Effekt bliebe verkraftbar“, meint Bruckbauer. Nach
den Berechnungen der Bank Austria würde ein synchroner Rückgang des Wirtschaftswachstums in den
Schwellenländern um einen Prozentpunkt für die österreichische Wirtschaft abhängig vom jeweiligen
Schwellenland einen relativ moderaten, dämpfenden Einfluss von nur 0,01 durch Malaysien bis zu 0,16
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Prozentpunkte durch China bedeuten. Insgesamt ist unter der Annahme von ansonsten gleichen
Bedingungen über den Transmissionskanal Außenhandel mit einem negativen Wachstumseffekt auf die
österreichische Wirtschaft von kumuliert rund ½ Prozent bei einem Rückgang des BIP in den
Schwellenländern um 1 Prozentpunkt zu rechnen. Die stärksten Belastungen sind dabei durch China zu
erwarten, gefolgt von Russland und der Türkei. Anpassungsmaßnahmen und niedrigere Rohstoffpreise
würden diesen Effekt jedoch voraussichtlich erheblich reduzieren.
Effekt eines Wachstumsrückgangs um 1 Prozentpunkt
auf Österreich
0,00
-0,02
-0,02
-0,04
-0,06
-0,05
-0,08
-0,05
-0,04
-0,04
-0,04
-0,01
-0,03
-0,07
-0,10
-0,12
-0,14
-0,16
-0,18
-0,16
Quelle: TIVA, Bank Austria Economics & Market Analysis Austria
Rückfragen:
Bank Austria Economics & Market Analysis Austria
Walter Pudschedl, Tel. +43 (0) 50505 - 41957;
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