An dieser Stelle findet sich der aktuelle Rundbrief des

INSEL-RUNDBRIEF No.14
Ostern 2016
Liebe Freunde des wilhelmsburgprojektes,
wir befinden uns in einer bewegenden Zeit: Viele Menschen sind in Bewegung zwischen ihren
unfriedlichen Heimatländern und ihrer neuen Heimat. Aber auch die Nachrichten aus Brüssel
und anderen Orten des Terrors bewegen uns. Uns als Gemeinde bewegt, wie unsere neuen
Freunde das Geschehen von Karfreitag und Ostern aufnehmen. In „unserer“ Kapelle im Park
haben wir Karfreitag, zur Todesstunde Jesu, die Passionsberichte gehört, unterbrochen von
Stille und wunderbarer Instrumentalmusik.
Den Ostermorgen haben wir mit alten und neuen Freunden bei einem fröhlichen Frühstück
gefeiert. “Der Herr ist auferstanden“ - wenn das kein Grund für freudige Feste - trotz aller
Katastrophenmeldungen und gegen alle Hoffnungslosigkeit ist!?
Deshalb feiern wir gerne und wir freuen uns, dass unsere neuen Freunde aus solchen Kulturen
stammen, in denen man ebenfalls gerne miteinander feiert und Tischgemeinschaft hat.
Erlaubt mir - auch wenn wir gerade Ostern feiern - einen kleinen Rückblick auf unsere Feier an
Heiligabend 2015 auf Wilhelmsburg.
Zusammen mit zwei weiteren Wilhelmsburger Gemeinden trafen
wir uns am Heiligabend nachmittags in „unserer“ guten alten
Inselpark-Kapelle, um zusammen die Geburt Jesu zu feiern.
Eingeladen hatten wir auch Freunde, Nachbarn und Bewohner
der naheliegenden Flüchtlings-Camps. So kam es, dass eine
große und bunt gemischte Menschengruppe zusammenfand.
Christen und Muslime, Männer und Frauen, Junge und Alte, die
alle eines gemeinsam hatten: Zusammen Weihnachten erleben.
Deutsche, Afghanen, Syrer, Iraker, Bulgaren, Amerikaner,
Koreaner – jeder erlebte das besondere Fest auf seine Weise. Sicherlich war es kein traditioneller Heiligabend-Gottesdienst,
wie man ihn sonst so kennt. Auch wenn es Kerzen gab, einen
geschmückten Weihnachtsbaum und Weihnachtslieder in verschiedenen Sprachen. Aber es war
nicht gerade eine “Stille Nacht”. In den Sitzreihen der Kapelle wurde lebhaft simultan ins
Türkische, Arabische, Englische und Dari übersetzt, einige Besucher kamen zu spät, ein paar
Programmänderungen wurden spontan besprochen. Einige unserer neuen Nachbarn lasen die
Weihnachtsgeschichte in ihrer Sprache vor. Der allererste Heiligabend ist vielleicht ganz ähnlich laut
und unruhig gewesen. Dennoch - oder gerade deshalb - war etwas zu spüren,
von „der Freude, die allem Volk widerfahren wird“.
Aufmerksam wurde die Nachricht aufgenommen, dass
ein Retter inmitten des überfüllten Bethlehem geboren
worden ist. Dass Gott mitten unter uns ist und dass er
Immanuel ist. Egal, woher wir kommen oder welche
Sprache wir sprechen.
Im Anschluss an den Gottesdienst wurde schnell
umgebaut, Tische wurden aufgestellt, ein Buffet bestückt - und dann ging es neben
Kartoffelsalat und Halal Würstchen freundschaftlich-familiär weiter. Ein Gruppen-Quiz mit
verschiedenen Fragen aus Geographie, Geschichte, Naturwissenschaft und Bibelwissen sorgte
für viel Erheiterung. Bis spät in den Abend wurde geraten, gegessen und gelacht. Es war ein
passender Ausklang eines Abends, an dem Jesu Geburt gefeiert wurde und an dem die Freude
im Vordergrund stand.
Wir freuen uns über die vielen „Glücksmomente“, die Gott uns zusammen mit unseren neuen
Freunden schenkt, um für ein paar Stunden die Sorgen ihres bewegten Lebens zu vergessen.
Das geschieht auch bei unseren „Sonntagen für die Insel“, bei denen wir jedes mal rund 100
Flüchtlinge erreichen und somit viele großartige Möglichkeiten der persönlichen Begegnung
haben. Auf diese Weise öffnen sich auch immer mehr Tore in die Unterkünfte und wir sind sehr
froh, dass wir unseren neuen Nachbarn direkt in ihrem neuen „Zuhause“ begegnen können.
Genauso glücklich sind wir aber auch, dass wir jetzt, da die Temperaturen steigen, endlich
wieder im Inselpark unsere „Spiel-Spaß-Picknick-Zeiten“ haben können.
Bereits seit Januar läuft unser erster Alphabetisierungskurs für arabisch sprechende Flüchtlinge
mit über 15 Teilnehmern, den wir in Kooperation mit „Arab world“ anbieten können. Dankbar
sind wir, dass wir dafür den REFUGIO-Keller nutzen können, den uns die evangelische
Kirchengemeinde „St. Raphael“ zur Verfügung stellt.
Anfang April hatten wir Besuch von Debora und Poya
aus England, die ein Wochenende mit uns verbracht
haben. Pouya stammt aus dem Iran und studiert
Theologie. Einen Sonnabend lang hielt er uns ein
hervorragendes Seminar über den „Islam“ und am
Sonntag hat er bei uns im Gottesdienst gepredigt.
Auch in diesem Jahr konnten wir mit einem Team von
fünf Leuten an der dritten europäischen Interkulturellen
Gemeindegründungskonferenz in Rotterdam teilnehmen.
Und wieder kehrten wir erfrischt und mit einer erneuerten
Vision für das wilhelmsburgprojekt zurück. Das ICP
(International Church Planting) ist ein wachsendes
Netzwerk, bestehend aus Gemeindegründern aus ganz Europa, die mit uns die Vision und den
Auftrag teilen, Kirchen in multikulturellen Gebieten zu gründen. Wir dürfen dort viel lernen,
gleichzeitig konnten wir in Gesprächen und Vorträgen erkennen, wie viel unser Herr bereits an
uns und durch uns in Wilhelmsburg und in ganz Europa getan hat.
Wir kamen mit einem viel besseren Verständnis darüber zurück, wie wir unseren Auftrag an
unserer Nachbarschaft leben können. Dazu bekamen wir viele neue Ideen für unsere
Gottesdienste und Angebote unter der Woche. Vor allem aber wurde uns der unschätzbare Wert
des Gebets neu bewusst. Schon komisch, dass wir immer
wieder an die grundlegenden Dinge erinnert werden müssen.
Danke, dass ihr nicht so vergesslich seid und immer wieder
für unsere Arbeit betet!
In diesen Tagen feiern wir die Auferstehung unseres Herrn! Er
ist der lebendige Hirte seiner Gemeinde und unter seiner
Führung wollen wir es weiterhin wagen, auf dieser
wunderschönen Insel eine Gemeinde zur Ehre Gottes und
zum Wohle der Menschen zu bauen.
Euch und euren Lieben wünschen wir gesegnete Ostern!
Eure
Siegmar mit Elisabeth und das gesamte Team
PS: Selbstverständlich bekommt ihr weiterhin regelmäßige Informationen über unsere Entwicklung und das Projekt,
es sei denn, ihr wünscht das nicht mehr. Dann schickt mir bitte eine kurze Nachricht.