Medienerklärung des BWE

BWE-Landesverband Bayern, Luitpoldstr. 26, 86157 Augsburg
Raimund Kamm
Landesverband Bayern
T 0821 – 54 19 36
[email protected]
Luitpoldstr. 26, 86157 Augsburg
Augsburg, den 1. April 2016
Stand 01.04.2016 09:07:00
Medienerklärung
„10 Tage vor der 10H-Verhandlung - Bundesverband WindEnergie zieht Bilanz über die Windkraftentwicklung in Bayern seit Einführung der gesetzlichen Abstandsregelung
1. Bayerns Stromversorgung ist jetzt gefährlich und umweltschädlich
Bayern erzeugt seit Jahrzehnten in Deutschland den meisten Atomstrom und damit auch den
meisten Atommüll. Von dem seit Inbetriebnahme des ersten AKW (Kahl) im Jahr 1960 in
Bayern erzeugten hochradioaktiven Atommüll ist noch kein Kilo entsorgt. Alles nur gefährlich
zwischengelagert. Ein unglaublicher aber verdrängter Skandal!
Zurzeit werden noch fast 40 Prozent des in Bayern verbrauchten Stroms in Atomkraftwerken
produziert. Nach geltendem Recht sollen spätestens 2017 Block B und 2021 Block C in Gundremmingen und 2022 Isar 2 bei Landshut stillgelegt werden.
Bisher will die CSU-Landesregierung den wegfallenden Strom überwiegend mit Stromimporten
ersetzen. Und bricht damit einen feierlich am 19.7.2013 in DER BAYERNPLAN 2013 – 2018
gefassten vernünftigen Beschluß http://www.csu.de/politik/beschluesse/:
„Das sind unsere Ziele für die kommenden fünf Jahre:
Wir wollen so viel Strom, wie wir in Bayern verbrauchen, in Bayern selbst herstellen.“
In Paris haben zudem die Staaten unserer Erde gelobt, den gefährlich schnellen Klimawandel
durch radikale Einschränkung der Treibhausgasemissionen abzubremsen.
Bayern muss endlich seine Stromversorgung modernisieren und enkeltauglich machen! Die
Wirtschaft kann es und die Mehrheit des Volkes will es.
2. Bayern kann
Mit gut auszubauender Photovoltaik (PV) und Windkraft sowie mit den überwiegend schon
vorhandenen Kraftwerken, die mit Bioenergie oder Wasserkraft arbeiten, und mit den
Begleitbausteinen Lastmanagement, Netzausbau und Speicherausbau kann Bayern seine
Stromversorgung Richtung 100 % EE-Strom entwickeln.
Arbeitspferde müssen die PV und die Windkraft sein. Beide liefern jetzt schon den Strom aus
neuen Großanlagen für unter 9 Cent je Kilowattstunde. Und bei beiden werden dank
technischer Fortschritte diese Kosten noch sinken.
3. Wie steht es um den Ausbau der Windkraft in Bayern?
Drei Indikatoren zeigen, wie in den nächsten Jahren sich die Windkraftnutzung in Bayern zu
entwickeln droht:
3.1.
3.2.
3.3.
Zahl der Inbetriebnahmen
Zahl der Genehmigungen
Zahl neuer Projekte
3.1. Inbetriebnahmen
Von ersten Projektüberlegungen bis zur Inbetriebnahme dauert es für Planung, Genehmigung
und Bau in der Regel 3 – 6 Jahre. In Bayern machte sich in den Jahren 2014 und 2015 der
Aufbruch nach dem Großschadensereignis Fukushima bemerkbar.
Aktuelle Windkraftzahlen für Bayern
Zubau WKA-Zahl
2000
24
2005
20
2010
25
2011
75
2012
76
2013
98
2014
154
2015
143
Zubau WKA-MW1
19
34
52
165
188
252
410
372
Bestand WKA-Zahl 31.12.
411
486
554
652
797
937
Bestand in MW 31.12.
519
684
869
1.120
1.524
1.893
Jahresstrompr. TWh2
% v. Stromverbrauch
1
MW = Megawatt (1000 kW)
0,1
0,2
0,6
0,8
1,1
1,3
*1,9
*2,8
0,7
1
1,3
*1,5
*2,2
*3,2
2
Terawattstunde (TWh) = Milliarde Kilowattstunde *geschätzt
Bayern braucht 4.000 moderne Windkraftanlagen (WKA) mit gut 10.000 MW, um ein Drittel
seines Stromverbrauchs aus Windkraft zu decken. Andere Bundesländer (Rheinland-Pfalz,
Schleswig-Holstein) mit gleicher oder größerer Bevölkerungsdichte haben heute auf die Fläche
bezogen schon mehr Windkraftwerke als Bayern mit 4000 Windrädern dann hätte.
3.2. Genehmigungen
Die erteilten Genehmigungen für Windenergieanlagen in Bayern nahmen seit dem Jahr 2013
kontinuierlich ab. Und brechen seit 2015 dramatisch ein:
2013 erteile WKA-Genehmigungen in Bayern:
2014 erteile WKA-Genehmigungen in Bayern:
2015 erteile WKA-Genehmigungen in Bayern:
201
187
65
Quellen: Anlagenregister der Bundesnetzagentur 02/2016, LT-Drs. 17/1197 vom 09.05.2014, LT-Drs. 17/6610 vom
26.06.2015, LT-Drs. 17/17/6610 vom 26.06.2015, LT-Drs. 17/9570 vom 29.01.2016
2
Genehmigungen Bayern in Megawatt (MW) nach Quartalen
Q1 Q2
Bayern nach MW
68
81
Bayern nach Anzahl
23
29
Baden-Württemberg MW
17
71
Deutschland MW
930 891
Quelle Register der Bundesnetzagentur
Q3
29
8
102
811
Q4
12
5
70
584
2015
190
65
260
3216
Im November 2014 trat die 10-H-Regelung in Kraft. Von den 65 in 2015 erteilten Genehmigungen wurden laut Aussagen der Landratsämter die meisten noch nach alter Gesetzgebung
behandelt, da die Unterlagen schon vor Februar 2014 eingereicht waren oder vor November
2014 ein Vorbescheid gem. § 9 BImSchG ausgestellt war.
So wurden von diesen 65 Genehmigungen nur 26 nach den neuen Gesetzen (10 H) behandelt:
 Bei 17 der Anlagen wurden die 10H Abstände eingehalten
 9 konnten über das Instrument des Bebauungsplans genehmigt werden
Quellen: Quelle: Anlagenregister der Bundesnetzagentur 02/2016, LT-Drs. 17/9570 vom 29.01.2016, Anfragen bei
Landratsämtern
3.4. Neue Projekte?
Wenn ein Windkraftprojekt angedacht wird, sprechen zu Beginn die Projektierer mit einem
Windgutachter: Weht am Standort ausreichend Wind? Eine Nachfrage bei Windgutachtern
ergab, dass im ganzen Jahr 2015 praktisch kein einziges neues Windkraftprojekt aus Bayern
angefragt wurde.
4. Wie 10H den Windkraftausbau in Bayern abwürgt
Zum Schutz vor weiterer Zersiedlung unterbindet das Baugesetzbuch das Bauen im Außenbereich. Allerdings sieht es Ausnahmen für insbesondere Infrastruktureinrichtungen wie
Verkehrs- oder Energieanlagen sowie Landwirtschaftsgebäude vor. Dieses Ausnahmeprivileg
wurde allein in Bayern für Windkraftvorhaben unterhalb 10H aufgehoben. 10H verlangt, dass
eine neue WKA mindestens zehnmal so weit von Wohngebäuden entfernt sein muss, wie die
Anlage insgesamt hoch ist. Da Bayern im Unterschied zu küstennahen Regionen ein Land mit
Leichtwind ist, müssen die Anlagen hier auf hohen Türmen errichtet werden. Eine Faustformel
sagt: „Ein Meter mehr Höhe bringt fast ein Prozent mehr Windstrom. Nimmt man statt 100 m
Nabenhöhe 150 m Nabenhöhe, kann man fast 50 Prozent mehr Windstrom produzieren.
Niedrige Anlagen sind in Bayern nicht wirtschaftlich.
Hinzu kommen die drei Flügel des Rotors. Es heißt: „Der Rotor ist der Motor“. Wenn die Flügel
länger werden, nutzen sie mehr Wind. So werden heute Anlagen mit bereits 60 – 65 Meter
langen Flügeln errichtet. Solche Anlagen können dann insgesamt 220 m hoch sein. 10H bedeutet in diesem Fall, die Anlagen müssen weiter als 2 Kilometer von den Häusern entfernt
sein.
10H wirkt auch indirekt fatal. Vor 10H tat jede Gemeinde gut daran, Konzentrationsflächen für
die Windkraft im Gemeindegebiet auszuweisen und dann die anderen Gebiete für die Windkraft
zu sperren. Damit leisteten die Gemeinden ihren Beitrag zur Energiewende und konnten
3
dennoch ihre kommunale Planungshoheit wahrend über die Flächennutzung in der Gemeinde
bestimmen. Seit 10 H müssen die Gemeinden über Flächennutzungs- sowie Bebauungspläne
Baurecht für Windkraftwerke schaffen. Damit muss in jeder Gemeinde die Frage, ob Windkraft
sinnvoll ist oder nicht, neu entschieden werden. Dies trägt Streit und Zwiespalt in manche
Gemeinde, und dies obwohl der Bund diese Frage durch die Privilegierung im Baugesetzbuch
und die Energiewendegesetzgebung an sich entschieden hatte. Die meisten Gemeinden
scheuen diese Auseinandersetzung und fassen das Thema Windkraft erst gar nicht an. Die
Folge: Stillstand beim Ausbau der Erneuerbaren gerade dort, wo der Strom in Zukunft fehlen
wird und nicht weit transportiert werden muss.
So versagt Bayern in der Energiewende und macht sich weiter von Atomstrom und zukünftig
Stromimporten abhängig. Auch verringert Bayern so nicht die Treibhausgase. Die Windkraftbranche hingegen wird Tausende Arbeitsplätze einbüßen. Nach der letzten Statistik hat sie in
Deutschland über 150.000 und sogar in Bayern bei Planern, Projektierern, Gutachterbüros,
Erbauern, Betreibern und Zulieferern 12.350 Beschäftigte.
5. Mehrheit der BürgerInnen will die Energiewende mit Windkraft
4
Raimund Kamm
5