„Insula Communis“ Installation und utopische Werkstatt einer künstlichen Schwimminsel, Gremminer See/Ferropolis und Ampelhaus/Oranienbaum, 2016 Flucht und Vertreibung haben seit jeher unterschiedliche Ursachen und Auswirkungen. Immer jedoch sind es existenzielle Gründe, die Menschen zwingen ihren Lebensraum zu verlassen, um woanders eine neue Existenz zu versuchen. Der Gremminer See, ein renaturierter Braunkohletagebau in Sachsen-Anhalt ist nach dem Dorf Gremmin benannt, dessen 142 Bewohner/innen 1982 ihre Heimat verlassen mussten, weil ihr Dorf dem Braunkohletagebau Golpa-Nord zum Opfer fiel. Auch heute leben viele Vertriebene im Landkreis Wittenberg1). Sie stammen aus Kriegsgebieten und Weltgegenden, die schon jetzt von Klimawandelfolgen wie Dürren, Überschwemmungen und ansteigendem Meeresspiegel heimgesucht werden. Hier schließt sich der Kreis: Neben vielen anderen Gründen ist ihr Schicksal mit den CO2 -Emissionen ebendieser Braunkohleindustrie verknüpft. Die „Insula Communis“ versteht sich dabei als interdisziplinärer Denkraum und partizipative Experimentierwerkstatt, sowie gleichzeitig als ästhetisch-künstlerische Installation auf dem Gremminer See mit begleitender Ausstellung thematischer Exponate in der internationalen Galerie Ampelhaus, Oranienbaum. Angesiedelt zwischen Fluxus, Konzeptkunst und Sozialer Skulptur sprengt das Projekt die klassische Vorstellung des Autorenkunstwerks und eröffnet den Beteiligten wie Besuchern eine visionäre und doch ergebnisorientierte Gestaltungswelt. Schwimmende Gärten „future-islands“, 2009, Joy Lohmann Schwimmende Miniaturwelt „future-islands“, 2009 1) Aktuell leben 1674 Flüchtlinge im Landkreis Wittenberg (12/2015), davon in direkter Umgebung: 675 in Vockerode, 8 in Oranienbaum, 101 in Gräfenhainichen 2) http://www.open-island.org Filmportrait: http://www.filmingforchange.net/2/portfolio/joy_lohmann Projektinitiator und Installationskünstler Joy Lohmann baut seit 15 Jahren schwimmende Installationen, Gärten, Plattformen und Inseln2). Aus dieser Initiative ist mittlerweile eine internationale Inselbau-Gemeinschaft sowie ein Open-Source Bauplan für Recycling-Inseln entstanden. Dieser Bauplan dient als Grundlage für die Installation „Insula Communis“, die in einer offenen „Utopischen Werkstatt“ mit internationalen Künstlern und lokalen Handwerkern, mit norddeutschen Kulturschaffenden und Festivalbesuchern in Ferropolis sowie ggfs. mit Flüchtlingen vor Ort zu einem visionären Modell eines künstlichen schwimmenden Habitats führen soll. 1/6 „Insula Communis“ Konzept © by Joy, 2015 Bauplan Recycling-insel An diesem symbolträchtigen Ort entsteht mit der „Insula Communis“ eine utopische Werkstatt mit schwimmender Rettungsinsel aus Recyclingmaterialien, die radikalkünstlerische Positionen zum beherrschenden Thema dieser Tage mit konkreten Lösungsansätzen aus der Open-Source und Maker-Community kombiniert und zu einem temporären Gesamtkunstwerk und Gedankenspiel inszeniert: Kann aus dem Müll der Meere und Küsten eine künstliche schwimmende Überlebenswelt geschaffen werden? Ablauf und Ausstellungsteile Die Realisierung der „Insula Communis“ beginnt im Mai 2016 mit einer Einladung zur Partizipation an der “Utopischen Werkstatt“. Zur Auftaktveranstaltung in der Galerie Ampelhaus Oranienbaum3) werden Akteure und Bewohner der Region (gerne auch Flüchtlinge), deutsche Kulturschaffende, sowie über ein Onlineformat auch internationale Künstler und thematisch interessierte eingeladen. Das Szenario und die Rahmenbedingungen werden vorgestellt, bestehendes Wissen, verfügbare Recycling-Materialien und Projekterfahrungen werden geteilt. In Kooperation mit dem Projektpartner BildungsCent e.V.4) finden KlimaKunst Workshops an regionalen Schulen statt, deren Ergebnisse in die spätere Ausstellung einfliessen. In Kooperation mit dem Impact Journey Netzwerk5) (Live-Webinars und Social Capital Community) und der DCROW-Arbeitsgruppe6) (Open-Source Crowdsourcing Plattformen) wird die internationale Community informiert und eine Plattform zur Beteiligung an der „Utopischen Werkstatt“ geschaffen. Galerie und Artist Residency „Ampelhaus“, Oranienbaum Der hannoversche WandelWerte e.V.7) beschafft Upcycling-Materialien aus Industrie und Konsumwirtschaft, die zum Bau der Insula Communis (auf Grundlage früherer Projekterfahrungen und dem Open-Source Insel-Bauplan) dienen. Vom 1.-10. Juli findet das zehntägige Artist- und Maker-Symposion mit 6 lokalen und 6 überregionalen Teilnehmer/innen statt. Das interdisziplinäre Team installiert eine schwimmende Recycling-Insel auf dem Gremminer See in Ferropolis und arbeitet darüber hinaus an thematischen Einzelprojekten für den Ausstellungsteil in der „Utopischen Werkstatt“. Ein begleitendes offenes Workshopformat lässt interessierte Menschen aus der Umgebung sowie Besucher/innen des Splash-Festivals (8.-10.7.) am Entstehungsprozess teilhaben. Themeninsel „Open-Energy“, 2015 3) http://www.ampelhaus.nl 4) http://klimakunstschule.bildungscent.de 5) http://www.impactjourney.net 6) www.dcrow.de 7) www.wandelwerte.de Neben einer dokumentarischen Ausstellung früherer Inselbauprojekte und paralleler Projekte und Entwicklungen auf der ganzen Welt liegt der Fokus der utopischen Werkstatt auf fantastischen Exponaten in Form von Modellen, Skizzen, Werkproben und Objekten, die das Thema auf unterschiedliche Wese visualisieren und die Galerie in ein Zukunftslaboratorium verwandeln. Eine Mitmachwerkstatt lädt die Besucher/innen dazu ein, auch selber Artefakte anzufertigen und Ideen beizusteuern. Eine Sammlung bereits verfügbarer Technologien bis hin zu visionären Konzepten verstärkt die Wirkung der Werkstatt als Möglichkeitsraum einer realen Zukunftsutopie: Werden wir bald die Meere besiedeln? Und ist dies nur eine postfossile Dystopie oder entsteht hier tatsächlich eine futuristische Designstudie für Betroffene des klimawandelbedingten Meeresspielgelanstiegs? 2/6 „Insula Communis“ Konzept © by Joy, 2015 > Die Utopische Werkstatt > Die schwimmende Recycling-Insel Die „Insula Communis“ basiert auf einer Reihe früherer Schwimminselprojekte und dem daraus entstandenen Open-Source Bauplan für Recyclinginseln. Seit seinem Recyclingfloß „future-raft“ zur Weltausstellung EXPO2000 in Hannover arbeitet der Künstler Joy Lohmann8) an Einzelaspekten einer kühnen Vision: Wäre es denkbar, globalisierte Abfallstoffe und ozeanischen Plastikmüll zu schwimmenden Plattformen zu transformieren, auf denen Energie und Nahrungsmittel produziert werden, auf denen Menschen und Tiere sicher und nachhaltig leben können? Zahlreiche Ingenieure und Architekten, Künstler, Erfinder und Programmierer arbeiten bereits an Teillösungen, die zu ebendiesem Zweck eingesetzt werden könnten. Die „Insula Communis“ nimmt die Entwicklung künstlerisch voraus und entwirft ein Modell, das die Möglichkeiten und Grenzen solcher Vorhaben empirisch untersucht und ansatzweise erfahrbar macht. Zu den vier Themenbereichen wird jeweils ein Internet-Wiki (Crowdsourcing-Plattform) eingerichtet, auf der die internationale Community9) gemeinschaftlich weitere Lösungen sammelt und diskutiert. Hier werden auch weiterführende Informationen sowie die Baupläne zum Nachbau angeboten. Ergänzend sammelt eine Meinungsumfrage unter Galerie- und Festivalbesuchern emotionales Feedback, assoziativen Input und konstruktive Anregungen zu Wirkung, Thema und Funktionen der „Insula Communis“. modulares Bausystem, Open-Island India, 2014 8) www.joy-art.de 9) https://www.facebook.com/groups/asapisland/ 3/6 „Insula Communis“ Konzept © by Joy, 2015 Upcycling-Schwimmmodule Auf dem Gremminer See in Ferropolis werden hierzu vier funktionstüchtige schwimmende Plattformen gebaut. Zusammen ergeben sie eine aufsehenerregende Installation, die vom Lande, schwimmend oder von Besucherbooten aus betrachtet werden kann. Als Themeninseln zeigen die vier Inselteile exemplarisch einfache Open-Source Lösungen zu den Grundbedürfnissen maritimer Siedlungen: Ernährung, Wohnen, Energie und Gemeinschaft. Auf der „Insula Communis“ entsteht bspw. ein in sich geschlossenes AquaponicsSystem, ein Eigenbau-Windrad, eine flexible Dome-konstruktion aus recycelten Materialien und eine Multifunktions-Bühne mit Kino und Bar. Interaktion und Installation auf den Festivals in Ferropolis „SeeFarben“-Installation, 2013 vor Ferropolis (Montage) Das Industriedenkmal Ferropolis10) auf einer langestreckten Landzunge inmitten des Gremminer Sees ist nicht nur ein imposantes Freiluftmuseum mitteldeutscher Bergbaumaschinen – hier finden seit vielen Jahren u. a. auch internationale Konzerte und renommierte Musikfestivals statt. Die „Insula Comunis“ bettet sich hervorragend in das außergewöhnliche Ambiente dieser innovativen Veranstaltungskultur ein und spricht die Zielgruppe der erlebnishungrigen Festivalbesucher/innen mit interaktiven, sinnstiftenden Angeboten an: Die Besucher/innen des dreitägigen Splash Festivals11) (Reggae, HipHop, Elektro / 25.000 Besucher, 8.-10.7.) können sich in einer offenen Inselbauwerkstatt an der Ausstattung und Gestaltung der Insula Communis beteiligen oder die Insel schwimmend erreichen. In Analogie zu den Flüchtlingsströmen des Mittelmeeres werden sie auf der „Insula Communis“ wie Schiffbrüchige empfangen und mit dem Nötigsten versorgt. Ein Bleiberecht kann jedoch aus Sicherheitsgründen nicht gewährt werden. Stehengelassene Zelte, Pavillons und andere Materialien dieses ersten Festivals werden eingesammelt und für die erweiterte Installation zum MELT-Festival12) (Elektro, Indie, Rock / 20.000 Besucher, 15.-17.7.) eine Woche später wiederverwendet. Die Zelte werden mit Solarbeleuchtungssystemen ausgestattet und um die „Insula Communis“ herum als schwimmende Siedlung angeordnet (nicht begehbar). Auch hierbei können FestivalBesucher/innen unter fachkundiger Anleitung mitwirken. Zusammen mit dem Lichtspiel der beleuchteten Braunkohlebagger des Industriemuseums Ferropolis entsteht auf dem Gremminer See eine surrealistische Lichtinstallation aus monumentalen Industriestrukturen und der beweglichen Fragilität der schwimmenden „Insula Communis“. Upcycling-Leuchtschirme vom Deichbrand-Festival, 2014 10) http://www.ferropolis.de 11) http://www.splash-festival.de 12) http://www.meltfestival.de 13) http://www.thurnfilm.de/de_dokumentarfilme.php Die schwimmende Installation und soziale Skulptur „Insula Communis“ kann über die Festivals hinaus für eine weitere Woche besucht und auf Ausflugsbooten angefahren werden. In einem abschließenden Webinar (Online-Seminar) der „Impact-Journey“ Veranstaltungsreihe werden die Projekterfahrungen und -ergebnisse zusammenfassend präsentiert und schließlich als E-Book multimedial dokumentiert. Die „Utopische Werkstatt“ in Oranienbaum wird, ergänzt um eine fotografische Dokumentation der „Insula Communis“, bis September als Exponat im Ausstellungsprogramm der Galerie Ampelhaus zu sehen sein. Für einen dokumentarischen Kinofilm (Arbeitstitel: „Träum weiter“) begleitet die ThurnFilmproduktion13) die Inselbauaktivitäten 2016 von Joy Lohmann. Hierzu wird entsprechend auch in Ferropolis und Oranienbaum gedreht. 4/6 „Insula Communis“ Konzept © by Joy, 2015 Dokumentation, Webinar, Filmproduktion Beteiligte Partner Joy Lohmann, future-islands 2009 Gesamtkoordination: Joy Lohmann mit dem gemeinnützigen Positive Nett-Works e.V.14) Das artlab4-Kollektiv15) für Kultur und Nachhaltigkeit koordiniert das Projektmanagement und unterstützt die Insula Communis in Form von Kooperationen oder gesponserten Leistungen. Hieran beteiligt sind die Firmen - pool.communication16) Werbe- und Eventagentur, Hannover - D.Collective und better today GmbH17), Berlin - Büro für Kulturelle Kommunikation und theaterwerk gavroche18), Berlin - Impact Journey des Living Bridges Netzwerks19), vertr. durch Antje Oltmanns, Hamburg Regionaler Projektpartner ist die Ferropolis GmbH für Gelände, See und Festivals. In Oranienbaum wird die Insula Communis von der Galerie Ampelhaus im Rahmen ihres Sommerprogramms präsentiert. DCROW i.G. realisiert in Kooperation die Open-Source Plattform und thematische Wikis. Bei Materialrecherche/Beschaffung helfen WandelWerte e.V. und die MaterialMafia e.V. Die KlimaKunst Bildungsprojekte „Mini-Inseln“ werden realisiert von BildungsCent e.V. Weitere beteiligte Partner: Klugbeisser (veganes Catering), einleuchtend e.V. (student. Nachhaltigkeitsverein), Kultur-des-Wandels Netzwerk (Artivism Hannover), weitere Weitere Partner kommen erfahrungsgemäß nach Einladung oder spontan hinzu. inszeniertes Captains Dinner, Berlin 2015 14) http://p-n-w.net 15) http://www.artlab4.de 16) http://www.pool-net.de 17) http://www.bettertoday.de 18) http://www.theaterwerk-gavroche.de 19) https://livingbridgesplanet.wordpress.com Die „Insula Communis“ verortet eine interdisziplinär-künstlerische Zukunftswerkstatt in Ferropolis und Oranienbaum und bereitet mit ihren lokalen und überregionalen Partnern den Boden für weiterführende künstlerische Aktivitäten an diesen Orten. Als Initiativprojekt im Rahmen des Raumentwicklungsprozesses „Creative Waves“ für den Gremminer See wird „Insula Communis“ empirische Erfahrungen bzgl. einer möglichen permanenten Schwimmplattform erbringen, die für Bildung, Forschung, Tourismus und Kultur genutzt werden könnte. Für die Inselbauer-Gemeinschaft „Open-Island“ schließlich stellt das Projekt einen wichtigen Schritt dar, um ihr Wissen in eine reale Schwimminsel mit großer Strahlkraft und Wirkung einbringen zu können. Die Projektergebnisse und Ideen werden auf offenen Wissensplattformen mit den Partnerorganisationen und thematisch Interessierten in aller Welt geteilt und entfalten hier ihre eigene kreative Dynamik für weitere Anwendungen und Innovationen. Die „Insula Communis“ und alle verwendeten Materialien werden weiterverwendet. 5/6 „Insula Communis“ Konzept © by Joy, 2015 Projektaussichten Zeitplanung: Aquileia Athenae Massilia M Tingi Insula C o m m u nis AR E I N TE RN Carthago UM GREMMINA Ferropolis E Alexandria Der Gremminer See als fiktives Mittelmeerszenario Tyrus Mai 2016 6./7.5. Juni 1.-10.7. 6.7. 7.-25.7. 8.-10.7. 11.-16.7. 15.-17.7. 26./27.7. August/September Recherche, Konzept, Skizzen, Baupläne Infoveranstaltung Bürger/innen + Refugees sowie online Werkstatt einrichten, Materialakquise, Ausstellungsexponate Inselsymposion > Inselbau+Utopische Werkstatt (work in progress) Wasserung der Insel, Ferropolis und Vernissage, Oranienbaum Installation „Insula Communis“, Gremminer See SPLASH! Festival: Upcycling-Workshop (Ausstattung/Gestaltung) regionaler Upcycling-Workshop MELT! Festival: Upcycling-Workshop (schwimmende Zeltstadt) Abbau „Insula Communis“ Exponat „Utopische Werkstatt“ im Ampelhaus-Sommerprogramm Impressum / Kontakt: „Insula Communis“ wird realisiert von Joy Lohmann/Positive Nett-Works e.V. & Partnern Projektmanagement: artlab4-Kollektiv für Kultur und Nachhaltigkeit auf dem Gelände der Ferropolis GmbH sowie in der Galerie Ampelhaus, Oranienbaum der niederländischen Orangemann Stiftung „future-raft“ zur Weltausstellung EXPO2000, Hannover Kontakt: Positive Nett-Works e.V. Limmerstr. 57, 30451 Hannover Tel. 0172-5146421 [email protected] www.open-island.org 6/6 „Insula Communis“ Konzept © by Joy, 2015 „Insula Communis“ Konzept © by Joy Lohmann/artlab4, 2015
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