BuB-Monatsbrief er ich ndl u der e g r f un z t Mit AG ü t ank ers Unt redit B C Uni Nr. 3 • März 2016 Inhaltsverzeichnis Allgemeines Bankrecht EuGH 3.12.2015 Kreditrecht – Währungsdarlehen – keine Wertpapierdienstleistung i.S.d. MiFID 2 OLG München Grundbuchrecht – identitätswahrender Formwechsel – GbR zu GmbH & Co. KG – Richtigstellung 4 Gesellschaftsrecht OLG Nürnberg 15.7.2015 GmbH-Recht – Befreiung des Geschäftsführers von § 181 BGB 5 Insolvenzrecht BGH 24.9.2015 Insolvenzrecht – Aufrechnung – anfechtungsrechtliche Rückgewähr – Prozesszinsen 6 Zwangsvollstreckungsrecht Impressum BGH 4.11.2015 Antrag auf PfÜB – Formular zur Forderungsaufstellung – § 2 S. 1 Nr. 2 ZVFV 7 BGH 2.12.2015 PfÜB – Aussetzungsvereinbarung – keine Wirkung ggü. kontoführender Stelle 8 9 Autoren: P. Berger • Dr. M. Brass • H. Dunker • Dr. S. Fackler • S. Herz • T. Kamm, M. Kern • Dr. S. Straßburger • A. Gelmroth • Dr. C. Wulfers Allgemeines Bankrecht Kreditrecht – Währungsdarlehen – keine Wertpapierdienstleistung i.S.d. MiFID Art. 4 Abs. 1 Nr. 2 RL 2004/39/EG ist dahin auszulegen, dass – vorbehaltlich einer Nachprüfung durch das vorlegende Gericht – bestimmte, von einem Kreditinstitut gemäß den Klauseln eines auf Devisen lautenden Darlehensvertrags wie des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden vorgenommene Devisengeschäfte, die darin bestehen, den Darlehensbetrag auf der Grundlage des bei der Auszahlung der Mittel geltenden Ankaufkurses der Devisen festzusetzen und die Beträge der Monatsraten auf der Grundlage des bei der Berechnung der jeweiligen Monatsrate geltenden Verkaufskurses dieser Devisen zu bestimmen, keine Wertpapierdienstleistung oder Anlagetätigkeit im Sinne dieser Vorschrift darstellen. (EuGH, Urt. v. 3.12.2015, Rs C-312/14, ZIP 2016, S. 256 ff.) Dem Vorabentscheidungsersuchen eines ungarischen Bezirksgerichts lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein ungarisches Ehepaar schloss im Jahr 2008 mit einer ungarischen Bank einen Verbraucherdarlehenskreditvertrag in einer Fremdwährung ab. Bestandteil dieses Darlehensvertrages war somit ein Devisengeschäft, welches darin bestand, die auf Devisen laufenden Beträge in die nationale Währung umzurechnen, um nach den Wechselkursklauseln des Darlehensvertrages die Beträge des Darlehens und seiner Tilgung zu berechnen. In einer Klage vor einem ungarischen Bezirksgericht beantragte das Ehepaar festzustellen, dass Kreditverträge in einer Fremdwährung eine Wertpapierdienstleistung oder Anlagetätigkeit i.S.d. MiFID (RL 2004/39/EG) darstellen und die Bank daher u.a. verpflichtet gewesen wäre, die Angemessenheit oder Eignung der zu erbringenden Dienstleistung zu bewerten. Der EuGH arbeitet sich in seiner Urteilsbegründung durch alle nach der MiFID in Betracht kommenden Anwendungsszenarien, um im Ergebnis dann festzuhalten, dass keine der in der MiFID definierten Anwendungsmerkmale erfüllt sind. Der EuGH stellt in einem ersten Schritt fest, dass sich Devisengeschäfte nicht unter die Begriffe der „Wertpapierdienstleistungen“ und „Anlagetätigkeiten“ i.S.d. Art. 4 Abs. 1 Nr. 2 MiFID subsumieren lassen. Als „Wertpapierdienstleistungen“ und „Anlagetätigkeiten“ seien alle in Anhang I, Abschnitt A der MiFID genannten Tätigkeiten und Dienstleistungen anzusehen. Da die in diesem Streitverfahren in Rede ste- henden Währungsgeschäfte, welche Umrechnungstätigkeiten im Rahmen der Gewährung oder Rückzahlung eines auf Devisen laufenden Verbraucherdarlehens darstellen, jedoch rein akzessorischer Natur sind, sollen sie nicht dem Anhang I, Abschnitt A der MiFID unterfallen. Nach Ansicht des EuGH beschränken sich bei Währungsdarlehen der hier vorliegenden Art die Währungsgeschäfte nur auf die Umrechnung der auf Devisen lautenden Beträge des Darlehens und der Monatsraten in die nationale Währung. Es würden nur die Durchführungsmodalitäten der Hauptzahlungspflichten des Darlehensvertrages näher bestimmt, das jeweilige, damit verbundene Währungsgeschäft diene gerade nicht der Vornahme einer Investition und sei auch nicht dazu bestimmt, Wechselkursrisiken zu steuern oder auf den Wechselkurs von Devisen zu spekulieren. Das dem Währungsdarlehen innewohnende Währungsgeschäft unterfalle weiter auch nicht dem Begriff des „Handelns auf eigene Rechnung“ i.S.d. Anhang I, Abschnitt A Nr. 3 der MiFID. Hierzu führt der EuGH aus, dass Währungsgeschäfte, die von Kreditinstituten in Ausführung eines Darlehensvertrages vorgenommen werden, keinen anderen Gegenstand hätten, als die Gewährung und die Rückzahlung des Darlehens zu ermöglichen und daher nicht als „Handel auf eigene Rechnung“ begriffen werden könnten. Denn ein solcher Handel würde verlangen, dass er unter Einsatz des eigenen Kapitals zum Abschluss von Geschäften mit einem oder mehreren Finanzinstrumenten führe. ›› BuB-Monatsbrief • Nr. 3 • März 2016 2 Allgemeines Bankrecht Kreditrecht – Währungsdarlehen – keine Wertpapierdienstleistung i.S.d. MiFID Auch eine Subsumtion unter den Begriff der „Nebendienstleistungen“ gemäß Anhang I, Abschnitt B der MiFID schließt der EuGH für Devisengeschäfte im Rahmen eines Verbraucherdarlehensvertrages aus. Er argumentiert hierbei damit, dass der Zweck des zugrunde liegenden Rechtsgeschäfts nicht darauf gerichtet sei, ein Darlehen zu gewähren, damit der Anleger mit diesem dann ein Geschäft mit Finanzinstrumenten durchführen kann, an dem das Unternehmen beteiligt ist, dass das Darlehen gewährt, so wie es die Definition verlangen würde. Von der MiFID werden auch „Devisengeschäfte, sofern sie im Zusammenhang mit der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen stehen“ gemäß Anhang I, Abschnitt B Nr. 4 der MiFID erfasst. Der EuGH führt in diesem Zusammenhang aus, dass sich allein aus dieser Definition schon ergebe, dass Devisengeschäfte für sich allein genommen die Anwendbarkeit der MiFID noch nicht begründen. Vielmehr bedarf es zusätzlich einer mit dem Währungsgeschäft verbundenen Wertpapierdienstleistung (Finanzinstrument). Das dem Währungsdarlehen innewohnende Währungsgeschäft könne man nach Auffassung des EuGH nicht als Finanzinstrument in Form eines Terminkontakts bezeichnen. Denn ein Verbraucherdarlehensvertrag habe einerseits nicht den Verkauf eines Aktivums zu einem festen Preis zum Gegenstand und außerdem sei andererseits der Wert der Devisen nicht schon im Voraus im Rahmen des Darlehensvertrages selbst festgelegt worden. Letztlich, so der EuGH, könne man nicht zwischen dem (Währungs-)Darlehensvertrag selbst und einem Termingeschäft auf den Verkauf von Devisen unterscheiden. Beide konzentrierten sich nur auf die Erfüllung des Hauptgeschäftes und dieses wiederum stelle selbst kein Finanzinstrument dar. Somit sei auch die Darlehensvertragsbestimmung zur Umrechnung von Devisen nur eine vom vertragsgegenständlichen Geschäft untrennbare Ausführungsmodalität. Da sich das Devisengeschäft, welches das Kreditinstitut im Rahmen eines Verbraucherdarlehensvertrages vorgenommen hat, nicht als Wertpapierdienstleistung oder Analagetätigkeit einstufen lässt, muss die Bank mithin auch nicht den in Art. 19 MiFID genannten Verpflichtungen zur Bewertung der Angemessenheit oder Eignung der zu erbringenden Dienstleistung nachkommen. [Gregor Pingel/Wu] Dr. Christian Wulfers, UniCredit Bank AG BuB-Monatsbrief • Nr. 3 • März 2016 3 Allgemeines Bankrecht Grundbuchrecht – identitätswahrender Formwechsel – GbR zu GmbH & Co. KG – Richtigstellung Ein identitätswahrender Formwechsel einer GbR in eine GmbH & Co. KG hat nur eine Richtigstellung des Grundbuchs zur Folge. Der Voreintragung der GmbH als aufgenommener Gesellschafter bedarf es nicht. (OLG München, Beschl. v. 30.11.2015, Az. 34 Wx 70/15, ZIP 2016, S. 269 f.) Eine Familien-GbR, die zur Verwaltung von Grundvermögen errichtet wurde, war im Grundbuch als Eigentümerin von Grundbesitz eingetragen. Einzelne Gesellschafter der GbR waren auch als Geschäftsführer einer weiteren GmbH unternehmerisch engagiert. Die Gesellschafter der GbR haben sich zum Ziel gesetzt, diese GmbH in den Gesellschafterkreis der GbR aufzunehmen und diese GbR insgesamt im Zusammenhang mit dem Beitritt der GmbH in eine GmbH&Co.KG umzuwandeln. Nach Umwandlung der GbR in eine GmbH & Co. KG stellte man beim Grundbuchamt im Hinblick auf den Grundbesitz der Gesellschaft einen Antrag auf Berichtigung der Eigentümerbezeichnung im Grundbuch. Das Grundbuchamt sah jedoch in der fehlenden Voreintragung des beigetretenen GmbH-Gesellschafters gem. § 39 GBO, § 899a BGB ein Hindernis für den Vollzugsantrag. Hiergegen wendete sich die GmbH & Co. KG mit einer Beschwerde. Ausgangspunkt für die Beantwortung dieser Rechtsfrage ist § 39 GBO. Nach Auffassung des OLG München bedürfte es einer Voreintragung des Gesellschafterbeitritts der GmbH in das Grundbuch nur, wenn auch ein Recht dieses Neugesellschafters betroffen wäre und dieser daher als auch als Berechtigter einzutragen gewesen wäre. Wie der BGH bereits in einem früheren Urteil (BGH ZIP 2006, S. 2128 f.) feststellte, soll jedoch die Gesellschaft bürgerlichen Rechts selbst als Eigentümerin des Grundstücks anzusehen sein, wenn im Grundbuch diese GbR mit dem Zusatz „bestehend aus“ und den Namen der Gesellschafter eingetragen ist. Die im Grundbuch eingetragene Gesellschaft bürgerlichen Rechts sei dann selbst die Berechtigte im Sinne des Grundbuchrechts, was zur Folge habe, dass ein Gesellschafterwechsel oder Gesellschafterbeitritt für ihre Identität als Berechtigte nicht relevant sei. Es fehle daher an der Notwendigkeit der Voreintragung der beigetretenen GmbH, weil diese als Neu-Gesellschafterin keine Berechtigung an dem BuB-Monatsbrief • Nr. 3 • März 2016 der GbR zugewiesenen Eigentum am Grundstück erworben habe. Nichts anderes soll sich auch aus § 47 Abs. 2 GBO ergeben. Bei einer Verfügung über das Recht der GbR ist gemäß § 47 Abs. 2 Satz 2 GBO der Voreintragungsgrundsatz des § 39 Abs. 1 GBO in Bezug auf die Gesellschafter anzuwenden. Eine Verfügung über das Recht der GbR könne jedoch nicht bei einem Gesellschafterwechsel bzw. einem Gesellschafterbeitritt angenommen werden. Das Gericht führt hierfür als Begründung an, dass es sich bei dem hier vorliegenden Gesellschafterwechsel bzw. Gesellschafterbeitritt nur um einen identitätswahrenden Formwechsel der Gesellschaft bürgerlichen Rechts handele. Von einem solchen identitätswahrenden Formwechsel sei auch auszugehen, wenn ein neuer Gesellschafter (hier: GmbH) aufgenommen werde. Der Fall des identitätswahrenden Formwechsels kraft Gesetz – vorliegend nach § 1 Abs. 2, § 190 Abs. 2 UmwG – könne jedoch auch in anderen Konstellationen und auch außerhalb des Umwandlungsgesetztes gegeben sein. Zum einen könne dies mit der Aufnahme eines kaufmännischen Geschäftsbetriebes einhergehen; aus einer GbR würde dann eine OHG, § 105 Abs. 1, § 1 HGB. Zum anderen ist ein solcher Fall gegeben, wenn durch den Beteiligungswandel der Gesellschafter und die Eintragung im Handelsregister aus einer GbR eine KG werde. Mit der Gründung der KG gemäß § 161 HGB, durch den Beitritt der GmbH als persönlich haftende Gesellschafterin, habe sich die Identität der im Grundbuch eingetragenen Gesellschaft bürgerlichen Rechts nicht geändert. Aus diesem Grund sei es nicht erforderlich, so das Oberlandesgericht München, dass eine Voreintragung des GmbHBeitritts in das Grundbuch vorgenommen werden müsse. Vielmehr sei nur eine Richtigstellung der Bezeichnung des Eigentümers im Grundbuch erforderlich. [Gregor Pingel/Wu] Dr. Christian Wulfers, UniCredit Bank AG 4 Gesellschaftsrecht GmbH-Recht – Befreiung des Geschäftsführers von § 181 BGB Die im Falle einer GmbH-Gründung nach Musterprotokoll (Anlage zu § 2 GmbHG) vorgesehene Befreiung des Gründungsgeschäftsführers von den Beschränkungen des § 181 BGB entfällt, sobald ein weiterer Geschäftsführer bestellt wird. (OLG Nürnberg, Beschl. v. 15.7.2015, Az. 12 W 1208/15; ZIP 2016, S. 74 f.) In juristischer Literatur und Rechtsprechung ist nach wie vor umstritten, welche rechtlichen Wirkungen das im Zuge des MoMiG eingefügte Musterprotokoll für eine vereinfachte GmbH-Gründung im Detail entfaltet. Auch die hier zitierte Entscheidung des OLG Nürnberg, die sich gegen die Auffassung der wohl herrschenden juristischen Literatur wendet, hat wenig zur weiteren Klärung beigetragen. Eine Revision zum BGH wurde (leider) nicht zugelassen. § 2 Abs. 1a GmbHG lässt die Gründung einer GmbH in einem vereinfachten Verfahren zu, wenn diese höchstens drei Gesellschafter und nur einen einzigen Geschäftsführer hat. In diesem Fall ist für die Gründung das als Anlage zum GmbHG beigefügte Musterprotokoll zu verwenden. Dieses vereinigt in sich den Gesellschaftsvertrag, die Gesellschafterliste und die Geschäftsführerbestellung und sieht zwingend eine Befreiung des Geschäftsführers von den Beschränkungen des § 181 BGB vor. Streitig ist, ob diese Befreiung fort gilt, wenn ein weiterer Geschäftsführer bestellt wird. Das OLG Nürnberg hat sich in seinem Beschluss der Auffassung angeschlossen, die eine Fortgeltung verneint, sofern nicht ausdrücklich etwas anderes beschlossen wird. Mit der Anmeldung des zweiten Geschäftsführers zum Handelsregister muss - nach Ansicht des OLG - deshalb auch eine Aussage dazu verbunden werden, was hinsichtlich der Befreiung des Gründungsgeschäftsführers gelten soll. Weitgehende Einigkeit besteht darüber, dass die Befreiung von § 181 BGB nur für den Gründungsgeschäftsführer gilt und weitere Geschäftsführer nicht automatisch von dieser Befreiung erfasst werden. Nach wohl herrschender Ansicht, der auch das OLG nicht entgegentritt, entfällt aufgrund der gesetzlichen Regelung des § 35 Abs. 2 GmbHG die Alleinvertretungsmacht des Gründungsgeschäftsführers, sobald weitere Geschäftsführer bestellt werden. Das OLG Nürnberg ist jedoch - entgegen der wohl herrschenden Auffassung in der juristischen Literatur - der Meinung, dies gelte auch für die Befreiung des Gründungs- BuB-Monatsbrief • Nr. 3 • März 2016 geschäftsführers von den Beschränkungen des § 181 BGB. Nach Ansicht des OLG könne nicht angenommen werden, dass die Sonderstellung des bei Gründung bestellten Alleingeschäftsführers bei Bestellung weiterer Geschäftsführer noch dem Willen der Gründer entspreche. Problematisch an dieser Auffassung ist, dass das OLG nicht zwischen abstrakter und konkreter Vertretungsregelung unterscheidet und die gesetzliche Auffangregelung des § 35 Abs. 2 GmbHG auf § 181 BGB anwendet. Eine Regelung der abstrakten Vertretung ist im Gesellschaftsvertrag üblich, aber nicht zwingend nötig, weil § 35 GmbHG als Auffangregel greift. Demnach führt die Bestellung weiterer Geschäftsführer automatisch zur Beendigung der Alleinvertretungsmacht des bis dahin einzigen Geschäftsführers. Wird einem Geschäftsführer im Wege der konkreten Vertretungsregelung eine Befreiung von § 181 BGB erteilt, wird diese durch Bestellung weiterer Geschäftsführer grundsätzlich nicht beeinträchtigt. Es sind keine Gründe zu erkennen, warum dies bei einer vereinfachten GmbH-Gründung anders sein sollte. Auch ist nicht ersichtlich, woraus sich eine dem § 35 Abs. 2 GmbHG vergleichbare „aufschiebende Bedingung“ ergeben sollte, die bei Bestellung weiterer Geschäftsführer zum Erlöschen der Befreiung von § 181 BGB führt. Dem Musterprotokoll lässt sich ein entsprechender Vorbehalt nicht entnehmen. Das OLG erläutert auch nicht, woraus sich eine Schutzbedürftigkeit der Gesellschafter dahingehend ergeben soll, dass ein automatisches Entfallen der Befreiung von § 181 BGB notwendig werden würde. Solange eine abschließende höchstrichterliche Entscheidung dieser Thematik nicht existiert, dürfte es ratsam sein, bestehende Befreiungen von § 181 BGB dann kritisch zu prüfen, wenn eine GmbH (i) auf Basis des Musterprotokolls gegründet wurde und (ii) inzwischen über zwei oder mehr Geschäftsführer verfügt. [SFa] Dr. Stephan Fackler, UniCredit Bank AG 5 Insolvenzrecht Insolvenzrecht – Aufrechnung – anfechtungsrechtliche Rückgewähr – Prozesszinsen Verschafft sich der Gläubiger durch Auf- oder Verrechnung in anfechtbarer Weise Befriedigung seiner Forderung, sind hierauf ab Verfahrenseröffnung Prozesszinsen zu entrichten. (BGH, Urt. v. 24.9.2015, Az. IX ZR 55/15, WM 2016, S. 88 ff.) Dem Besprechungsurteil liegt der folgende Sachverhalt zu Grunde: der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen einer AG. Dieser standen für die Monate August und September 2008 Umsatzsteuervergütungsansprüche erheblichen Umfangs gegen das beklagte Bundesland zu. Das zuständige Finanzamt verrechnete die Vergütungsansprüche mit Bescheid vom 24.7.2009 mit Ansprüchen auf Zahlung von Lohnsteuer und Nebenabgaben für die Monate August und September 2008. Auf Klage des Insolvenzverwalters hin stellte das zuständige FG rechtskräftig fest, dass die Umsatzsteuervergütungsansprüche der Insolvenzschuldnerin nicht durch die Aufrechnung erloschen sind, da die vom Finanzamt erklärte Aufrechnung gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO unzulässig gewesen sei. Daraufhin erstattete die Beklagte den entsprechenden Betrag an die Masse. Der Kläger verlangte von der Beklagten ferner – vom BGH unbeanstandet vor den ordentlichen Gerichten – die Zahlung von Zinsen auf den Erstattungsbetrag ab Verfahrenseröffnung. Nach antragsgemäßer Verurteilung durch das LG wies das Berufungsgericht die Klage ab. Mit der zugelassenen Revision verfolgte der Kläger sein Begehren weiter: Der BGH erachtete die Klage als begründet und kam zu dem Ergebnis, dass der Kläger gem. § 143 Abs. 1 Satz 2 InsO, §§ 819 Abs. 1, 818 Abs. 4, 291, 288 Abs. 1 S.2 BGB von der Beklagten Zahlung der seit Verfahrenseröffnung angefallenen Zinsen in Höhe von 66.219,25 € beanspruchen kann. In der Urteilsbegründung stellte der BGH zunächst heraus, dass in den Fällen der Aufrechnung die anfechtungsrechtliche Rückgewähr in der Weise verwirklicht wird, dass sich der Insolvenzverwalter unmittelbar auf die insolvenzrechtliche Unwirksamkeit der Aufrechnung berufen kann und die Forderung, gegen welche anfechtbar aufgerechnet wurde, für die Insolvenzmasse durchsetzen und den Aufrechnungseinwand mit der Gegeneinrede der Anfechtbarkeit abwehren kann. Dabei entspricht es der gefestigten Rechtsprechung des BGH, dass sich BuB-Monatsbrief • Nr. 3 • März 2016 der Zinsanspruch der Masse bei einer Insolvenzanfechtung einheitlich nach § 143 Abs. 1 Satz 2 InsO, §§ 819 Abs. 1, 818 Abs. 4, 291, 288 Abs. 1 S.2 BGB bestimmt. Dabei sei, so der BGH weiter, eine anfechtungsrechtliche Verzinsung auch im Fall des § 96 Abs. 1 InsO geboten. Dies hat nach Auffassung des erkennenden Senats seinen Grund in dem engen, sowohl den Tatbestand als auch die Rechtsfolgen der Insolvenzanfechtung einschließenden Verhältnis von § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO zu den §§ 129 ff. InsO. Die Anknüpfung des § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO an die tatbestandlichen Voraussetzungen der §§ 130 ff. InsO legt, so der Senat, die Schlussfolgerung nahe, dass auch die Rechtsfolgen, zumindest ergänzend, aus § 143 InsO abzuleiten seien. § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO implementiere das Recht der Insolvenzanfechtung in seinen Tatbestand, sodass es nur sachgerecht sei, auf die Regelung des § 143 InsO zurückzugreifen. Nur dadurch könne Gleichstand mit den sonstigen Fällen der Insolvenzanfechtung erreicht werden. Dieses Ergebnis sei, so der BGH weiter, auch unter Berücksichtigung der schützenswerten Interessen des Anfechtungsgegners gerechtfertigt, da es nicht davon abhängen könne, ob – wie im Falle einer Insolvenzanfechtung zumeist – die Leistung durch den Schuldner freiwillig erbracht werde oder aber – wie im Falle einer Aufrechnung – ein Fall einer dem Insolvenzschuldner als Gläubiger aufgezwungenen Befriedigung statt einer freiwilligen Leistung vorliege. Die Aufrechnung stellt sich, so der BGH, als ein der Zwangsvollstreckung ähnlicher Zugriff auf das Vermögen des Insolvenzschuldners dar. Daraus könne sich keine anfechtungsrechtlich günstigere Rechtsfolge als im Falle der §§ 129 ff. InsO ergeben. Der Befriedigung des Gläubigers im Wege einer freiwilligen Zahlung stehe anfechtungsrechtlich die Befriedigung des Gläubigers durch eine von ihm erklärte Aufrechnung sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher Bewertung gleich. [TK] Thomas Kamm, UniCredit Bank AG 6 Zwangsvollstreckungsrecht Antrag auf PfÜB – Formular zur Forderungsaufstellung – § 2 S. 1 Nr. 2 ZVFV Bietet das Antragsformular gemäß Anlage 2 zu § 2 Satz 1 Nr. 2 ZVFV hinsichtlich der Forderungsaufstellung eine vollständige Eintragungsmöglichkeit, ist ausschließlich das vorgegebene Formular zu nutzen. (BGH, Beschl. v. 4.11.2015, Az. VII ZB 22/15, WM 2015, S. 2377 ff.) In dem der Entscheidung des BGH zugrundeliegenden Fall hatte eine Pfändungsgläubigerin im Rahmen ihres Antrags auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses auf Seite 3 des hierfür in der Anlage 2 zu § 2 S. 1 Nr. 2 ZVFV vorgesehenen Formulars keine Eintragung zur Forderungshöhe vorgenommen, sondern ausschließlich auf eine dem Antrag als Anlage beigefügte selbsterstellte Forderungsaufstellung verwiesen. Das Amtsgericht hatte den Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses zurückgewiesen. Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde blieb ebenso erfolglos wie die sich daran anschließende Rechtsbeschwerde. In Übereinstimmung mit dem Beschwerdegericht vertrat der BGH die Auffassung, dass der Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses nicht der nach § 829 Abs. 4 S. 2 ZPO in Verbindung mit § 2 S. 1 Nr. 2 ZVFV in Verbindung mit Anlage 2 ZVFV, § 5 ZVFV vorgeschriebenen Form entspreche und daher als unzulässig zurückzuweisen sei. Soweit der Gesetzgeber von der in § 829 Abs. 4 S. 1 ZPO vorgesehenen Verordnungsermächtigung zur Schaffung von Antragsformularen Gebrauch gemacht habe, müsse sich der Antragsteller dieser Formulare nach § 829 Abs. 4 S. 2 ZPO auch bedienen. Nach § 2 S. 1 Nr. 2, § 5 ZVFV sei für Anträge auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses seit dem 1. November 2014 verbindlich, dass in der Anlage 2 der Verordnung vorgegebene Antragsformular zu nutzen. Nur soweit für den beabsichtigten Antrag keine zweckmäßige Eintragungsmöglichkeit in dem Formular bestehe, könne nach § 3 Abs. 3 S. 1 ZVFV ein geeignetes Freifeld oder eine Anlage verwendet werden. Diese nunmehr aufgrund der Verordnung zur Änderung der ZVFV vom 16.6.2014 vorgesehene Möglichkeit solle der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 2 Nr. 2, § 3 ZVFV in der bis zum 25.06.2014 geltenden Fassung Rechnung tragen, wonach ein Gläubiger vom Formularzwang entbunden sei, soweit das Formular unvollständig, unzutreffend, fehlerhaft oder missverständlich sei. In diesen Fällen sei es nicht zu beanstanden, wenn der Pfändungsgläubiger in dem Formular Streichungen, Berichtigungen oder Ergänzungen vornimmt oder auf eine beigefügte Anlage verweist (vgl. BGH, Beschluss vom 13.2.2014, BGHZ 200, 145 = WM 2014, 512, ferner Beschluss vom 20.2.2014, JurBüro 2014, 323; Beschluss vom 20.2.2014, JurBüro 2014, 325 sowie Beschluss vom 20.2.2014, Az. VII ZB 44/13). An diesen in den vorgenannten Entscheidungen zum Ausdruck gebrachten Grundsätzen halte der BGH auch in Bezug auf das nunmehr vorgesehene Formular fest. Allerdings sei vorliegend ein derartiger Ausnahmefall nicht festzustellen, da das Formular gemäß Anlage 2 zu § 2 S. 1 Nr. 2 ZVFV auf Seite 3 dem Gläubiger hinsichtlich der Forderungsaufstellung eine umfassende und zweckmäßige Eintragungsmöglichkeit biete und folglich die Verwendung einer zusätzlichen selbst erstellten Anlage nicht erforderlich sei. [MB] Dr. Michael Brass, UniCredit Bank AG BuB-Monatsbrief • Nr. 3 • März 2016 7 Zwangsvollstreckungsrecht PfÜB – Aussetzungsvereinbarung – keine Wirkung ggü. kontoführender Stelle Schließen Gläubiger und Schuldner im Rahmen der Zwangsvollstreckung ohne Einverständnis des Drittschuldners eine Ratenzahlungsvereinbarung, in der sich der Gläubiger gegenüber dem Schuldner verpflichtet, die Kontopfändung einstweilen auszusetzen, kommt eine gerichtliche Anordnung gegenüber dem Drittschuldner mit dem Inhalt, dass der Schuldner über die vom Gläubiger durch Pfändungs- und Überweisungsbeschluss gepfändete und zur Einziehung überwiesene Forderung vereinbarungsgemäß vorläufig bis zu einem vom Gläubiger erklärten Widerruf oder der Zustellung einer anderweitigen Pfändung eines nachrangigen Gläubigers verfügen kann, nicht in Betracht. (BGH, Beschl. v. 2.12.2015, Az. VII ZB 42/14, WM 2016, S. 133 ff.) In dem der Entscheidung des BGH zugrundeliegenden Fall hatte eine Pfändungsgläubigerin auf der Grundlage eines von ihr erwirkten Pfändungs- und Überweisungsbeschluss die Forderungen der Pfändungsschuldnerin gegenüber dem drittschuldnerischen Kreditinstitut aus den Guthaben ihrer dort geführten Spar- und Girokonten gepfändet. Nachdem die Gläubigerin mit der Schuldnerin eine Ratenzahlungsvereinbarung getroffen hatte, hatte sie ergänzend beantragt, anzuordnen, dass die Schuldnerin über das Girokonto bei der Drittschuldnerin verfügen könne, solange kein Widerruf von ihr oder eine weitere nachrangige Kontopfändung eines anderen Gläubigers erfolge. Die gegen die ablehnende Entscheidung des Amtsgerichts – Vollstreckungsgericht – eingelegte Beschwerde der Gläubigerin blieb erfolglos. Das Beschwerdegericht begründete seine Zurückweisung damit, dass die beantragte Ruhendstellung bzw. einstweilige Aussetzung der Pfändung gesetzlich nicht vorgesehen sei. Die zwischen der Pfändungsgläubigerin und der Pfändungsschuldnerin geschlossene Ratenzahlungsvereinbarung, die im Gegenzug eine Aussetzung der Kontopfändung vorsehe, stelle sich im Ergebnis als ein unzulässiger Vertrag zu Lasten Dritter, nämlich der Drittschuldnerin dar, da dieser im Ergebnis zugemutet werde, die Einhaltung der zwischen dem Pfändungsgläubiger und dem Pfändungsschuldner getroffenen Vereinbarung unentgeltlich und mit einem gewissen Haftungsrisiko zu überwachen. Der BGH schloss sich im Rahmen des Rechtsbeschwerdeverfahrens dieser Rechtsauffassung des Beschwerdegerichts an. Eine Ruhendstellung der Zwangsvollstreckung komme nicht in Betracht, da für eine solche einstweilige Aussetzung der Pfändungswirkungen eines Pfändungs- und Überweisungsbeschluss eine gesetzliche Grundlage fehle. Zwar könne der Gläubiger als Herr des Verfahrens grundsätzlich über das Vollstreckungsverfahren disponieren, soweit nicht zwingendes Recht entgegenstehe und folglich eine Vollstreckungsmaßnahme inhaltlich beschränken oder zurücknehmen, die Aufhebung der Zwangsvollstreckungsmaßnahme oder die einstweilige Einstellung ganz oder teilweise bewilligen oder auf die durch eine bewirkte Pfändung erlangten Rechte ganz oder teilweise gemäß § 843 ZPO verzichten. Der Gläubiger sei jedoch nicht befugt, die Rechtswirkungen einer Pfändung durch eine einseitige Anordnung dahingehend zu modifizieren, dass unter Aufrechterhaltung der Verstrickung die sich aus dem Pfandrecht ergebenden Rechtswirkungen vorübergehend entfallen. Die in der Zivilprozessordnung vorgesehenen Möglichkeiten der Beschränkung oder Einstellung der Zwangsvollstreckung seien im Hinblick auf das streng formalisierte Vollstreckungsverfahren als abschließend anzusehen. Eine vorläufige Aussetzung der Pfändung mit dem Ziel, dass diese im Falle eines von der Pfändungsgläubigerin erklärten Widerrufs oder einer anderweitigen Pfändung der Forderung ›› BuB-Monatsbrief • Nr. 3 • März 2016 8 Zwangsvollstreckungsrecht PfÜB – Aussetzungsvereinbarung – keine Wirkung ggü. kontoführender Stelle durch einen nachrangigen Gläubiger wieder rangwahrend auflebe, sei im Gesetz nicht vorgesehen. Ein einstweiliger Verzicht auf die Wirkung des Pfandrechts ohne Aufhebung der mit der Pfändung bewirkten Verstrickung sei wegen des Zusammenhangs von Beschlagnahme und Pfandrecht ausgeschlossen. Ein drittschuldne- risches Kreditinstitut sei zur Beachtung einer vollstreckungsbeschränkenden Ruhendstellung- bzw. Aussetzungsvereinbarung zwischen Pfändungsgläubiger und Pfändungsschuldner, durch die ihm Mitwirkungspflichten auferlegt werden, nur verpflichtet, wenn es ihr zugestimmt habe. [MB] Dr. Michael Brass, UniCredit Bank AG Impressum Verlag und Redaktion: Bank-Verlag GmbH Postfach 450209, 50877 Köln Wendelinstraße 1, 50933 Köln Tel. 0221/54 90-0 Fax 0221/54 90-315 [email protected] Geschäftsführer: Wilhelm Niehoff (Sprecher) Michael Eichler Matthias Strobel Erscheinungsweise: 12 x jährlich Kein Teil dieser Publikation darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlags vervielfältigt werden. Unter dieses Verbot fallen insbesondere die gewerbliche Vervielfältigung per Kopie, die Aufnahme in elektronische Datenbanken und die Vervielfältigung auf Datenträgern. Die Beiträge sind mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt, die Redaktion übernimmt jedoch kein Gewähr für die Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität der abgedruckten Inhalte. Mit Namen gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung des Herausgebers wieder. Empfehlungen sind keine Aufforderungen zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren sowie anderer Finanzoder Versicherungsprodukte. 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