Schweizerische Ärztezeitung 12

SÄZ – BMS Bulletin des médecins suisses – Bollettino dei medici svizzeri – Gasetta dals medis svizzers
447 Editorial
Daten, das Öl des
21. Jahrhunderts
484 Begegnung mit Chefarzt
Michael Thiel
«Ich lebe für die Perfektion»
490 «Zu guter Letzt»
von Jean Martin
What’s Wrong with EBM?
12–13 23. 3. 2016
Schweizerische
Ärztezeitung
448 FMH
Ärztestatistik 2015
Offizielles Organ der FMH und der FMH Services www.saez.ch
Organe officiel de la FMH et de FMH Services www.bullmed.ch
Bollettino ufficiale della FMH e del FMH Services
Organ ufficial da la FMH e da la FMH Services
INHALTSVERZEICHNIS
445
Redaktion
Redaktion Ethik
Dr. med. et lic. phil. Bruno Kesseli, Basel (Chefredaktor);
PD Dr. theol. Christina Aus der Au; Prof. Dr. med. Lazare Benaroyo;
Dipl.-Biol. Tanja Kühnle (Managing Editor);
PD Dr. phil., dipl. biol. Rouven Porz
Isabel Zwyssig, M.A. (koordinierende Redaktorin);
Redaktion Medizingeschichte
Dr. med. Werner Bauer; Prof. Dr. med. Samia Hurst;
Prof. Dr. med. et lic. phil. Iris Ritzmann; PD Dr. rer. soc. Eberhard Wolff
Dr. med. Jean Martin; Anna Sax, lic. oec. publ., MHA;
Redaktion Ökonomie
Dr. med. Jürg Schlup (FMH); Prof. Dr. med. Hans Stalder;
Anna Sax, lic. oec. publ., MHA
Dr. med. Erhard Taverna; lic. phil. Jacqueline Wettstein (FMH)
Redaktion Recht
Fürsprecher Hanspeter Kuhn (FMH)
FMH
EDITORIAL:Christoph Bosshard
447 Daten, das Öl des 21. Jahrhunderts
DDQ:Stefanie Hostettler, Esther Kraft
448 FMH-Ärztestatistik 2015: Zuwanderung grundlegend für Versorgungssystem Die Abteilung Daten, Demographie und Qualität (DDQ) hat die neueste Ärztestatistik veröffentlicht. Daraus
geht hervor, dass die Anzahl berufstätiger Ärztinnen und Ärzte 2015 weiter angestiegen ist. Auch
der Anteil an Ärztinnen und Ärzten mit einem ausländischen Arztdiplom nimmt weiter zu – jeder
dritte Arzt stammt aus dem Ausland.
ZENTRALVORSTAND:Maximiliano Wepfer
454 Nachrichten aus dem Zentralvorstand
455 Personalien
Weitere Organisationen und Institutionen WGO:Valérie Gloor, Christian Ambord, Monique Lehky Hagen, Luc Fornerod, Arnaud Chiolero
456 Wie lässt sich die ärztliche Versorgung bewerten? Reicht es dafür aus, die absolute Ärztezahl und die Ärztedichte zu
­betrachten? Die Autoren sagen nein: Berücksichtigt werden müssen auch die Alterung der niedergelassenen Ärzte, die Reduzierung
des Arbeitspensums, die zunehmende Anzahl Frauen im Arztberuf sowie die sinkende Attraktivität des Hausarztberufs. Zudem ist
es wichtig, die Situation auf Ebene der einzelnen Kantone – und sogar auf Ebene der Regionen – genau zu evaluieren.
460 Aufruf an die Parlamentarier/-innen für ein wirksames Schweizer Tabakproduktegesetz
COLLÈGE DES DOYENS:Henri Bounameaux, Peter Eggli, Thomas Gasser, Jean-Daniel Tissot, Rainer Weber
461 Statement regarding medical education in Switzerland Briefe / Mitteilungen
463 Briefe an die SÄZ
464 Facharztprüfungen / Mitteilungen
FMH Services
465 Seminare / Séminaires / Seminari
470 Stellen und Praxen
INHALTSVERZEICHNIS
446
Tribüne
INTERVIEW: Bruno Kesseli
481 «Ein Nachschlagewerk für alle» 483 Spectrum
Horizonte
BEGEGNUNG MIT ...:Daniel Lüthi
«Ich lebe für die Perfektion» Michael Thiel ist Chefarzt der Augenklinik am Luzerner Kantons-
484
spital und Vorgesetzter von rund 200 Mitarbeitenden in der Augenklinik und knapp 800 Angestellten im Departement Spezialkliniken. Doch er sieht sich nicht primär als Vorgesetzten, sondern als
Interessenvertreter und Coach. Dabei vergleicht er seinen Job gerne mit dem eines Fussball­t rainers:
«Ich bin Spielertrainer, also ein Trainer, der mitspielt – und zwar nicht bloss an der Seitenlinie.
© Xixinxing | Dreamstime.com
Ich nehme Pässe ab und spiele sie weiter.»
STREIFLICHT:Markus Gassner
487 Der gute Arzt, oder über seine Proprien und Akzidenzien STREIFLICHT:Erhard Taverna
489 Cargokult Zu guter Letzt
Jean Martin
490 W hat’s Wrong with EBM? So lautet der Titel eines kurzen Artikels von J.J. Fins, Professor am Weill Cornell Medical College, im
Hastings Center Report. Wer könnte schon gegen die Evidenzbasierte Medizin (EBM) sein, fragt Fins einleitend. Er befürchtet, dass EBM
zum notwendigen und hinreichenden Kriterium für «good doctoring» wird. Ist es tatsächlich so, dass zwar Therapien standardisiert
und Fehler reduziert werden konnten, doch gleichzeitig etwas von der Kunst des Heilens verloren ging?
GAUCH
Impressum
Schweizerische Ärztezeitung
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und der FMH Services
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Redaktionsassistentin SÄZ,
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Matteo Domeniconi, Inserateannahme
Stellenmarkt, Tel. +41 (0)61 467 86 08,
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Services, Stellenvermittlung,
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ISSN: Printversion: 0036-7486 /
elektronische Ausgabe: 1424-4004
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(EMH), 2016. Die Schweizerische Ärztezeitung ist eine Open-­Access-Publika­
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447
FMH Editorial
Daten, das Öl des 21. Jahrhunderts
Christoph Bosshard
Dr. med., Vizepräsident der FMH, Mitglied des Zentralvorstandes der FMH, Departementsverantwortlicher Daten, Demographie und Qualität /
Schweizerische Akademie für Qualität in der Medizin SAQM
Umsetzung dieser Massnahme. Was könnten wir bis
wie vor winterliche Temperaturen. Wer über die
dahin tun? Mit Blick auf die zunehmende Teilzeit-
notwendigen Energiereserven verfügt, muss nicht
Tätigkeit und Feminisierung sind Angebote zu schaf-
schlottern. Gut auch, wer über genügend eigene Daten
fen, welche den Bedürfnissen der kommenden Genera-
verfügt, um sich für die diesbezüglichen Herausforde-
tionen gerecht werden. Nur so werden wir es schaffen,
rungen zu wappnen.
unsere nachfolgenden Kolleginnen und Kollegen zu
Die ärzteeigenen Daten ermöglichen es der FMH, auch
einem möglichst hohen Beschäftigungsgrad-Anteil zu
dieses Jahr wieder statistische Grundlagen von hohem
motivieren. Zusätzlich könnte aktuell brachliegendes
Wert in die gesundheitspolitischen Diskussionen ein-
Potential mobilisiert werden, indem nicht mehr ärzt-
zubringen – nicht um diese anzuheizen, sondern um
lich Berufstätige zum Wiedereinstieg ermuntert wer-
diese mit konstruktiver Energie zu versorgen. Alle
den. Eine solche Entwicklung ist nicht nur für das
reden von Steuerung in unserem Gesundheitswesen.
Gesundheitswesen sinnvoll, sondern für die gesamte
Die FMH zeigt währenddessen auf, wo und wie ihre
Volkswirtschaft. Es kann ja wohl kaum sein, dass wir
rund 40 000 Mitglieder rudern und damit dazu beitra-
als Gesellschaft in die Bildung unserer Bürgerinnen
gen, die Gesundheitsversorgung in der Schweiz auf
und Bürger investieren und ihre Schaffenskraft dann
Kurs zu halten. Diese Daten helfen mit, den Verantwor-
nicht nutzen wollen. Wenn in einer Partnerschaft
tungsträgerinnen und -trägern für ihre nicht leichte
beide berufstätig sind, so entstehen neue Rollen und
Arbeit Grundlagen zu geben.
Herausforderungen – geschlechts- und berufsunab-
Die klaren Tendenzen bezüglich Entwicklung der Teil-
hängig.
­
­
­
­
terbildung frühestens zwölf Jahre nach Beginn der
Richtung Frühling führt, so herrschen draussen nach
­
Auch wenn uns der Kalender Schritt um Schritt in
zeitarbeit und der Altersstruktur der Ärzteschaft
lassen unweigerlich aufhorchen. Die in den verdienten Ruhestand übertretenden Kolleginnen
und Kollegen können wir nur noch ersetzen, wenn
Ohne innovative Massnahmen werden uns
die ärztlichen Fachkräfte ausgehen, bevor uns
das Geld ausgeht!
­
wir jedes Jahr zunehmend mehr Ärztinnen und
zum künftigen Soll zu erheben, macht nicht nur die
dieses Brain-Drains, wenn den Regionen am anderen
demographische Entwicklung unserer Bevölkerung
Ende der Welt die Fachkräfte fehlen, stellt sich die
deutlich. Mit den Jahren kommen diverse gesundheit-
Frage, ob in absehbarer Zukunft diese Fachleute über-
liche und allenfalls auch soziale Herausforderungen
­
­
Dass es auch in der Medizin schwierig sein wird, das Ist
len. Abgesehen von den moralisch schwierigen Folgen
­
Ärzte aus unseren Nachbarländern in die Schweiz ho-
zusammen, welche plötzlich gemeinsam Krankheits-
Mit ihren statistischen Grundlagen versorgt die
FMH die gesundheitspolitischen Diskussionen
mit konstruktiver Energie.
wert erreichen können. Nicht nur so ist der Wandel
zu sehen, sondern auch ganz fachspezifisch gesehen
eröffnen sich heute zum Beispiel im Bereich des Herzklappen-Ersatzes katheterbasierte Möglichkeiten, in
welche Innovationen uns die Zukunft noch bereithält?
Nachbarländer begonnen, ebenfalls in die Attraktivität
Welche Ressourcen wird unsere Gesellschaft in ihr
ihrer Rahmenbedingungen zu investieren. Daher sei
Gesundheitswesen investieren wollen und können?
die Prognose erlaubt: Ohne Massnahmen werden uns
Vor diesem Hintergrund relativieren sich die rein
die Fachkräfte ausgehen, bevor uns das Geld ausgeht!
datenbasierten Steuerungsmöglichkeiten und fordern
Es braucht also innovative Ideen. Die Erhöhung der
uns Ärztinnen und Ärzte auf, uns aktiv an diesen Dis-
Anzahl Studienplätze ist unabdingbar, wirkt jedoch
kussionen zu beteiligen. Auch hier braucht es wie beim
nach einem sechsjährigen Medizinstudium und einer
Rudern den Beitrag von allen Crewmitgliedern. Ich
daran anschliessenden ebenso langen Facharzt-Wei-
danke Ihnen dafür!
SCHWEIZERISCHE ÄRZTEZEITUNG – BULLETIN DES MÉDECINS SUISSES – BOLLETTINO DEI MEDICI SVIZZERI
­
­
­
­
welchem es früher die Chirurgie brauchte. Wer weiss,
ein globaler Ärztemangel, andererseits haben unsere
­
haupt noch ver fügbar sein werden. Einerseits herrscht
2016;97(12–13):447
448
FMH DDQ
FMH-Ärztestatistik 2015
Zuwanderung grundlegend
für Versorgungssystem
Stefanie Hostettler a , Esther Kraft b
a
Dr. sc. ETH Zürich, Abteilung Daten, Demographie und Qualität DDQ FMH; b lic. rer. oec., Leiterin Abteilung Daten, Demographie und Qualität DDQ FMH
FMH-Ärztestatistik – datengestützte
Wissensgrundlage
Wie viele Ärztinnen und Ärzte* arbeiten in der
Schweiz? Wie sieht die Geschlechterverteilung aus und
wie hoch ist der Anteil an Ausländern? Seit 1940 beantwortet die jährlich publizierte FMH-Ärztestatistik basierend auf einer umfangreichen Datengrundlage (vgl.
Kapitel «Datengrundlage») diese und weitere Fragen
und leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Einschätzung der Versorgungssituation in der Schweiz. Vielfäl­
tige Informationen über die berufstätige Ärzteschaft
in der Schweiz tragen dazu bei, Zusammenhänge zu erkennen, allfällige Lücken aufzuzeigen und Prioritäten
Abbildung 1: Anzahl Ärzte nach Jahr und Geschlecht 1960–
2015.
zu setzen, um damit den heutigen und künftigen
rend im Vergleich zu 2010 die Anzahl der Frauen 2015
Schweiz Rechnung zu tragen.
um 31,6 Prozent zunahm, tat sie dies bei den Männern
­
Gesundheitsbedürfnissen der Bevölkerung in der
bloss um 8,4 Prozent.
Bei den Bildungsabschlüssen in der Humanmedizin
Entwicklung des Ärztebestandes
überwiegt der Frauenanteil bereits seit zehn Jahren –
1 http://www.bag.admin.
­
index.html?lang=de
* Zur besseren Lesbarkeit
wird in der Regel die
männliche Form verwendet; Frauen sind mitgemeint.
aktuell liegt er bei 55,7 Prozent (Frauen 515, Männer
Männer) in der Schweiz berufstätig. Dies sind 977 mehr
409) [1]. Bei den Erteilungen der eidgenössischen Fach-
als im Vorjahr. Für die Zunahme der Ärztezahl sind
arzttitel (1743 total) beträgt dieser 59,6 Prozent.
hauptsächlich die Frauen ausschlaggebend (Abbil-
51,3 Prozent der Ärzte arbeiten im ambulanten Sektor,
dung 1). Obwohl mit 59,6 Prozent mehr Männer tätig
47,1 Prozent im stationären Sektor und 1,6 Prozent der
sind, steigt der Frauenanteil in den vergangenen Jah-
Ärzte üben eine Tätigkeit ausserhalb des ambulanten
ren prozentual stärker an als bei den Männern. Wäh-
und stationären Sektors (anderer Sektor) aus (vgl. Ta-
Im Jahr 2015 waren 35 325 Ärzte (14 268 Frauen, 21 057
berufe/13930/13936/
ch/themen/
belle 1). Der Frauenanteil ist im stationären Sektor mit
45,4 Prozente am grössten, gefolgt von 36,1 Prozent im
Zusammenfassung
Im Jahr 2015 ist die Anzahl berufstätiger Ärztinnen und Ärzte weiter angestiegen. Für die Zunahme der Ärztezahl sind hauptsächlich die Frauen ausschlaggebend. Ärztinnen im ambulanten Sektor arbeiten durchschnittlich
6,9 Halbtage pro Woche im Vergleich zu den 8,9 der Männer. Der Anteil an
ambulanten Sektor und von 29,8 Prozent im anderen
Sektor.
Im Vergleich zu 2010 hat der stationäre Sektor mit 21,3
Prozent stärker zugenommen als der ambulante Sektor
mit 12,7 Prozent. Ärzte arbeiten primär in einem Sektor,
Ärztinnen und Ärzten mit einem ausländischen Arztdiplom nimmt eben-
ausländischen Fachpersonal aufrechterhalten werden kann. Um diese
auch künftig sicherzustellen, sind Massnahmen wie beispielsweise die
­
Erhöhung der Medizinstudienplätze und eine ausgewogene fachliche und
geographische Verteilung von Ärztinnen und Ärzten erforderlich.
­
Versorgung der Bevölkerung in der Schweiz im Wesentlichen dank dem
Die Abteilung Daten, Demographie und Qualität (DDQ) publiziert jährlich die neuesten Zahlen und Entwicklungen rund um
das Thema Ärztestatistik. Die Publikationen der Ärztestatistik
1940–2015, das Ärztestatistik-Abfragetool sowie weitere
Auswertungen finden Sie auf der Website der FMH (www.
fmh.ch → Services → Statistik). Gerne steht Ihnen die Ab
teilung DDQ für spezifische Auswertungen und Fragen zur
Verfügung. Kontakt: ddq[at]fmh.ch / 031 359 11 11.
SCHWEIZERISCHE ÄRZTEZEITUNG – BULLETIN DES MÉDECINS SUISSES – BOLLETTINO DEI MEDICI SVIZZERI
­
haben, beträgt 41 Prozent. Es ist davon auszugehen, dass die medizinische
Ärztestatistik 2015
­
anteil der Ärztinnen und Ärzte, welche 2015 einen Facharzttitel erworben
­
falls weiter zu – jeder dritte Arzt stammt aus dem Ausland. Der Ausländer-
2016;97(12–13):448– 453
449
FMH DDQ
Tabelle 1: Übersicht der berufstätigen Ärzte nach Sektoren (Hauptberufstätigkeit) 2015.
Frauen
Männer
Total
11 582
63,9%
18 128
51,3%
Stationärer Sektor
7554
45,4%
9080
54,6%
16 634
47,1%
Anderer Sektor
168
29,8%
395
70,2%
563
1,6%
Total
14 268
40,4%
21 057
59,6%
35 325
100%
36,1%
6546
Ambulanter Sektor
lediglich 11,0 Prozent von allen berufstätigen Ärzten arbeiten in mehr als einem Sektor. Ähnlich sieht das Bild
bei der Anzahl von Arbeitsorten aus. Rund 86,6 Prozent
arbeiten an einem Arbeitsort, an zwei Arbeitsorten
­
­
arbeiten 11,0 Prozent und an drei oder mehr Arbeits
orten sind 2,4 Prozent der Ärzte tätig.
Ärztedichte
Durchschnittlich arbeiten 4,2 Ärzte pro 1000 Einwohner in der Schweiz. Die Schweizer Kantone mit den
höchsten Dichten an Ärzten sind Basel-Stadt (10,0
Ärzte pro 1000 Einwohner), Genf (6,2) und Zürich (5,0).
Die tiefsten Ärztedichten weisen dagegen Uri (1,6 Ärzte
pro 1000 Einwohner), Appenzell Innerrhoden (1,8) und
Obwalden (2,1) auf. Die Ärztedichten sämtlicher
Schweizer Kantone sind in der Abbildung 2 dargestellt.
Abbildung 3: Ambulant tätige Grundversorger und Spezialisten pro 10 000 Einwohner und Gemeindetyp 2014 (Quelle FMH –
Ärztestatistik 2014 und BFS – Wohnbevölkerungsdaten).
seit Jahren zu und lag vor einem Jahrzehnt noch bei 45,8
Abbildung 2: Anzahl Ärzte pro 1000 Einwohner und Kanton
(Quelle FMH – Ärztestatistik 2014 und BFS – Wohnbevölkerungsdaten).
Jahre. Ärzte im ambulanten Sektor (54,4 Jahre) sind
durchschnittlich zehn Jahre älter als ihre Kollegen im
stationären Sektor (43,0 Jahre). Der Altersunterschied
zwischen den Sektoren ist hauptsächlich durch die Weiterbildung der Assistenzärzte bedingt, welche vorwie-
im ambulanten Sektor nach Gemeindetypologie und
gend in Spitälern absolviert wird. Im Jahr 2015 waren
unterteilt nach Grundversorgern und Spezialisten. Die
die Ärzte zum Abschluss der Weiterbildung bzw. Erwerb
Ärztedichten in städtischen Gemeinden fallen deutlich
des ersten Facharzttitels durchschnittlich 36,6 Jahre alt
höher aus als in den ländlichen Gebieten. Die Dichte an
(Frauen 36,0 Jahre; Männer 37,6 Jahre).
Spezialisten ist fast doppelt so hoch in Zentren vergli-
In den Altersklassen unter 40 Jahren sind die Frauen in
chen mit den Grundversorgern. In ländlichen Gemein-
beiden Sektoren in der Überzahl (Abbildung 4). Ab dem
den überwiegt die Dichte der Grundversorger.
40. Lebensjahr sind zurzeit mehr Männer als Frauen
Abbildung 3 zeigt die Ärztedichte pro 10 000 Einwohner
berufstätig. Aufgrund der Frauenmehrheit bei den
Studierenden ist davon auszugehen, dass sich der
­
Altersstruktur
wachsende Frauenanteil in den kommenden Jahren
entsprechend in der geschlechtsspezifischen Alters-
2015 beträgt 49,0 Jahre (vgl. Tabelle 2). Dieses nimmt
struktur widerspiegeln wird.
SCHWEIZERISCHE ÄRZTEZEITUNG – BULLETIN DES MÉDECINS SUISSES – BOLLETTINO DEI MEDICI SVIZZERI
Das Durchschnittsalter der Ärzte in der Schweiz im Jahr
2016;97(12–13):448– 453
450
FMH DDQ
beiden Sektoren etwas tiefer als der Männeranteil (57,6
­
Tabelle 2: Durchschnittsalter (in Jahren) der Ärzteschaft 2015.
Frauen
Männer
Alle
Ambulanter Sektor
51,2
56,1
54,4
Stationärer Sektor
39,9
45,6
43,0
Alle
45,2
51,6
49,0
bzw. 53,8 Prozent) (Abbildung 5). Die Mehrheit der Fachkräfte aus dem Ausland stammt aus Deutschland (17,7
Prozent), Italien (2,6 Prozent), Österreich (1,9 Prozent)
oder Frankreich (1,8 Prozent).
Von den insgesamt 1743 Verleihungen für Facharzttitel
im Jahr 2015 gingen 41,0 Prozent an Ärzte mit einem
ausländischen Arztdiplom.
Abbildung 4: Geschlechtsspezifische Altersstruktur der Ärzte nach Sektor 2015.
Medizinische Fachrichtung
Das am häufigsten vertretene medizinische Fachgebiet ist die Allgemeine Innere Medizin (23,6 Prozent)
(Tabelle 3). An zweiter Stelle liegt die Psychiatrie
Abbildung 5: Anteil ausländische Ärzte nach Sektor und
Geschlecht 2015.
­
Gynäkologie und Geburtshilfe (4,9 Prozent), Kinder-
­
und Psychotherapie (10,2 Prozent), gefolgt von der
und Jugendmedizin (4,8 Prozent) und Anästhesiologie
(4,2 Prozent). 4877 Ärzte – davon 1296 Frauen – sind
Mehrfachtitelträger. 3741 Mehrfachtitelträger sind In-
Funktion
Prozent Praxisinhaber oder -teilhaber. 4,1 Prozent sind
Der Frauenanteil ist in den Fachrichtungen Kinder-
als Praxisassistent oder -facharzt angestellt. Den rest
und Jugendpsychiatrie (63,1 Prozent), Kinder- und Jugend-
lichen Ärzten kommt eine andere Funktion zu. Im
medizin (59,8 Prozent) und Gynäkologie und Geburts-
stationären Sektor bilden die Assistenten in Weiter
hilfe (57,9 Prozent) am höchsten. Die Männer sind im
bildung mit rund 52,2 Prozent die grösste Gruppe. Er-
Vergleich zu den Frauen in den chirurgischen Fach
wartungsgemäss reduziert sich die Anzahl Ärzte mit
­
gebieten in der Überzahl (Mund-, Kiefer- und Gesichts
­
­
­
Von den 18 128 Ärzten im ambulanten Sektor sind 83,6
Medizin.
­
haber des Weiterbildungsdiploms Allgemeine Innere
steigender Hierarchiestufe. So sind im stationären
chirurgie 93,1 Prozent, Thoraxchirurgie 93,1 Prozent,
Sektor 19,3 Prozent als Oberarzt, 12,0 Prozent als Leiten-
Orthopädische Chirurgie 91,7 Prozent, Gefässchirurgie
der Arzt und 9,3 Prozent als Chefarzt tätig. Einzig bei
89,9 Prozent).
den Assistenzärzten überwiegt der Frauenanteil (58,1
Prozent), danach nimmt er laufend ab: Bei den Oberärzten beträgt er 44,8 Prozent, bei den Leitenden Ärz-
Ausländische Arztdiplome
ten 22,2 Prozent und 11,9 Prozent bei den Chefärzten.
11 138 Ärzte (31,5 Prozent) der berufstätigen Ärzte in der
Schweiz stammen aus dem Ausland (bzw. sind Inhaber
eines ausländischen Studienabschlusses der Human-
Arbeitspensum
Die Angaben zum Arbeitspensum und alle Auswer-
Ärzte aus dem Ausland 25,9 Prozent und im statio
tungen im nun folgenden zweiten Teil des Artikels
­
medizin). Im ambulanten Sektor beträgt der Anteil der
auf dem Mitgliederportal myFMH selbst deklarie-
erneut angestiegen. Mit 42,4 bzw. 46,2 Prozent ist der
ren konnten (myFMH-Stichprobe vgl. Kapitel «Daten-
Anteil an Frauen mit ausländischem Arztdiplom in
grundlage»).
SCHWEIZERISCHE ÄRZTEZEITUNG – BULLETIN DES MÉDECINS SUISSES – BOLLETTINO DEI MEDICI SVIZZERI
­
basieren auf Daten, welche die Ärzte mittels Umfrage
der Anteil um 1,0 Prozent von 30,5 auf 31,5 Prozent
­
nären 37,5 Prozent. Im Vergleich zum Vorjahreswert ist
2016;97(12–13):448– 453
451
  
Intensivmedizin
116
115
144
71
110
370
586
  
 
 
  
  
 
  
  
  
181
120
1107
Tabelle 4: Durchschnittliches Arbeitspensum in Halbtagen
pro Woche nach Sektor und Geschlecht 2015 (n = 8380).
Frauen
Männer
200
Ambulanter Sektor
6,9
8,9
8,3
345
Stationärer Sektor
8,9
10,2
9,6
Anderer Sektor
7,5
9,1
8,5
Total
7,6
9,4
8,9
533
69
   
 
62
725
  
300
  
   
 
  
  
   
  
  
  
  
116
ihrer Kollegen (ambulant: 8,9; stationär: 10,2 Halbtage).
1468
1722
Total
174
184
Hochrechnungen der durchschnittlichen Arbeitspen-
79
sen (2008 = 9,0; 2014 = 8,9 Halbtage) auf die gesamte
169
Ärzteschaft und abgebildet in Vollzeitäquivalenten
540
führen zu 26 724 Vollzeitstellen für das Jahr 2008 bzw.
702
29 843 für das Jahr 2014. Unter Berücksichtigung der
Entwicklung der Wohnbevölkerung (2008 = 7 701 856;
   
 
2862
14 268
708
37
2074
591
72
28
341
27
21
282
2127
21 057
2014 = 8 236 573) ergibt dies für das Jahr 2008 eine
   
   
  
   
   
  
  
Einwohner bzw. 3,6 für das Jahr 2014. Mit anderen Worten, die Ärztedichte blieb ungefähr gleich in den letzten sieben Jahren. Betrachtet man die Entwicklung
im ambulanten und stationären Sektor, so scheint vor
allem die Dichte an Spezialisten im stationären Sektor
570
seit 2008 etwas mehr zugenommen zu haben (Abbil-
13
dung 6).
69
   
  
  
 
  
durchschnittliche Ärztedichte von 3,5 Ärzten pro 1000
170
   
  
194
981
488
1057
245
56
   
  
  
  
 
227
87
208
188
283
1351
76
   
137
 
144
  
34
  
125
25
3583
825
113
50
   
969
  
   
   
  
   
   
  
  
  
   
   
  
  
  
  
362
   
  
  
  
  
  
    
6
39
591
328
463
29
   
2
    
  
122
55
40
27
   
22
11
  
41
387
 
234
   
Radio-Onkologie / Strahlentherapie
   
  
Radiologie
39
1509
149
79
321
Abbildung 6: Ärztedichte in Vollzeitäquivalente pro 1000 Einwohner nach Versorgungssektor – Vergleich 2008 und 2014
(Quelle FMH – Ärztestatistik 2008 und 2014 und BFS – Wohnbevölkerungsdaten).
4989
35 325
Psychiatrie und Psychotherapie
643
   
Prävention und Gesundheitswesen
 
Praktischer Arzt / Praktische Ärztin
125
   
56
   
Pneumologie
 
51
   
Plastische Chirurgie
64
   
Phys. Med. u. Rehabilitation
  
22
81
   
120
   
Pharmazeutische Medizin
10
   
  
Pathologie
  
88
204
   
126
   
Orthopädische Chirurgie
390
22
   
  
ORL
Total
14
  
  
Ophthalmologie
Keine Angabe
2
   
Nuklearmedizin
Urologie
183
    
Neuropathologie
 
  
Neurologie
Tropen- und Reisemedizin
21
   
Neurochirurgie
Thoraxchirurgie
69
   
Nephrologie
6
    
Mund-, Kiefer- + Gesichtschirurgie
Rheumatologie
15
   
Medizinische Genetik
124
49
  
Med. Onkologie
18
   
Kl. Pharmakologie und Toxikologie
Rechtsmedizin
30
   
Kinderchirurgie
643
237
  
406
  
  
Kinder- und Jugendpsychiatrie
1707
687
 
1020
  
Kinder- und Jugendmedizin
 
  
Kardiologie
170
283
tage) ist deutlich tiefer im Vergleich zu demjenigen
8328
59
   
Infektiologie
8
    
Herz- und thorakale Gefässchirurgie
884
pensum der Frauen (ambulant: 6,9; stationär: 8,9 Halb-
146
   
40
   
Handchirurgie
76
  
59
139
  
997
   
Hämatologie
  
Gynäkologie und Geburtshilfe
849
Total
  
7
    
Gefässchirurgie
5214
   
45
  
84
   
Gastroenterologie
250
  
Endokrinologie / Diabetologie
223
   
Dermatologie und Venerologie
  
  
Chirurgie
  
44
99
   
42
   
Arbeitsmedizin
  
619
   
Angiologie
3114
Männer
  
   
  
Anästhesiologie
 
Allgemeine Innere Medizin
47
  
Frauen
Allergologie / Immunologie
Bereich (9,6 Halbtage). Das durchschnittliche Arbeits
­
gen mehr als einen Halbtag weniger als im stationären
Tabelle 3: Übersicht der Ärzte nach Fachrichtung (Hauptfachgebiet) 2015.
­
FMH DDQ
Praxisstruktur und Ärztenetzwerk
56,1 Prozent der Ärzte im ambulanten Sektor sind in
Einzelpraxen tätig. Dieser Anteil hat seit 2008 um gut
(Tabelle 4) pro Woche. Im ambulanten Sektor beträgt
6 Prozent abgenommen. Frauen arbeiten etwa zur
das durchschnittliche Arbeitspensum mit 8,3 Halbta-
Hälfte (47,3 Prozent) in Einzel- oder in Doppel- und
SCHWEIZERISCHE ÄRZTEZEITUNG – BULLETIN DES MÉDECINS SUISSES – BOLLETTINO DEI MEDICI SVIZZERI
Ärzte arbeiteten 2015 durchschnittlich 8,9 Halbtage
2016;97(12–13):448– 453
452
Gruppenpraxen (52,7 Prozent). Bei den Männern ist der
Zentrum zu stellen. Das Ziel ist es, eine angemessene
Anteil an in einer Einzelpraxis tätigen Ärzten mit 60,7
Versorgung zu erbringen und der Unter- und Überver-
Prozent leicht höher. In einer Gruppenpraxis arbeiten
sorgung entgegenzuwirken. Dafür braucht es Kennt-
durchschnittlich 4,1 Ärzte.
nisse über die Sachlage und die Ausarbeitung trag
Gemäss Selbstdeklaration sind 49,2 Prozent der ambu-
fähiger Lösungen.
lant tätigen Ärzte einem Ärztenetzwerk angeschlos-
Die FMH setzt sich seit Jahren für qualitativ hochste-
sen. In den Ärztenetzwerken liegt der Anteil Männer
hende Daten ein. Die FMH-Ärztestatistik fördert den
bei 69,2 Prozent, der Anteil Frauen bei 30,6 Prozent.
Wissenstransfer und leistet einen wichtigen Beitrag
­
FMH DDQ
zur Einschätzung der aktuellen Versorgungssituation
in der Schweiz. Weitere von der FMH lancierte Projekte
Herausforderungen erkennen –
tragfähige Lösungen ausarbeiten
wie zum Beispiel die Bestimmung der Anzahl Ärztin-
­
nen und Ärzte, welche keine ärztliche Tätigkeit mehr
ausführen (und der Gründe für ihre berufliche Umori-
angestiegen. Daher stellt sich die Frage, ob das Funk
entierung), sektorenübergreifende Behandlungspfade
tionieren des Gesundheitssystems abhängig ist von
oder eine Untersuchung der Indikationsqualität sollen
den ausländischen Arbeitskräften. Zudem scheint eine
einen Beitrag zur Bestimmung angemessener Behand-
Unausgewogenheit der fachlichen (Überangebot an
lungen beitragen.
spezialisierten Ärzten, Mangel an Grundversorgern)
Die Aufgabe der Gesundheitspolitik und der verschie-
und geographischen Verteilung (Überangebot in Zen
denen Akteure im Gesundheitswesen ist es, basierend
­
­
Im Jahr 2015 ist der Anteil ausländischer Ärzte weiter
auf den Evidenzgrundlagen wirksame und kohärente
Auf dem «Pulsmesser» des Konsumentenforums bele-
Entscheide zu treffen und Prioritäten zu setzen, um die
matische Literaturrecher-
gen die Gesundheitskosten den ersten Platz bzw. neun
Sicherheit und die Qualität des Schweizer Gesund-
che und strukturierte
von zehn Befragten gaben an, dass sie die hohen Ge-
heitswesens langfristig zu gewährleisten.
Steuerung der ärztlichen
Weiterbildung. Eine syste-
Expertengespräche zu
internationalen Erfahrun-
sundheitskosten beschäftigen [3]. Die hohe Lebens
­
tren, Mangel in ländlichen Gegenden) zu bestehen [2].
2 Berchtold P et al. (2014):
gen. inav / Institut für
erwartung (mit 82,9 hat die Schweiz eine der höchsten
angewandte Versorgungs-
in ganz Europa [4]), die steigende Anzahl chronischer
forschung und college M.
Datengrundlage
Krankheiten, der medizinisch-technische Fortschritt
Die FMH-Ärztestatistik wird zum Jahresende (Stichtag
(2016). Pulsmesser 2016:
3 Konsumentenforum kf
31. Dezember des jeweiligen Jahres) neu erstellt. Die
rungen, um auch künftig eine flächendeckende medi-
FMH-Datenbank (n = 35 278) enthält die wichtigs-
pulsmesser-2016/
zinische Versorgung zu gestalten und sicherzustellen.
ten ärztedemographischen Merkmale wie Alter, Ge-
Die Qualität der ärztlichen Behandlung und die Errei-
schlecht, Nationalität und Ort der Berufsausübung der
chung der optimalen Ergebnisse für Patienten sind ins
berufstätigen Ärzte in der Schweiz. Die Angaben zur
tancy at birth (indicator).
doi: 10.1787/27e0fc9d-en
­
­
4 OECD (2016), Life expec-
und weitere Entwicklungen bestimmen die Anforde-
themen/pulsmesser/
http://www.konsum.ch/
­
Berufstätigkeit (Arbeitspensum, Praxisstruktur etc.)
werden mittels Fragebogen auf dem Mitgliederportal
myFMH erhoben und beruhen auf Selbstdeklaration
(myFMH-Stichprobe). Die myFMH-Stichprobe beinhal tet Angaben von über 13 600 Ärzten und wird mit der
Grundgesamtheit der Ärzteschaft hinsichtlich des Geschlechts und des Sektors verglichen. Der stationäre
der Stichprobe untervertreten (Differenz zur Grund
­
Sektor und Frauen im stationären Sektor sind in
gesamtheit >10%). Um diese Verzerrung aufzuheben,
sind die Auswertungen nach Sektor und Geschlecht
­
getrennt erfolgt oder entsprechend gewichtet.
Poster – kompakt und übersichtlich
Wenn Sie die Auswertungen gerne kompakt und übersichtlich erhalten möchten, dann bestellen Sie über
www.fmh.ch → Services → Statistik oder über ddq[at]
fmh.ch das praktische Poster (Abbildung 7).
SCHWEIZERISCHE ÄRZTEZEITUNG – BULLETIN DES MÉDECINS SUISSES – BOLLETTINO DEI MEDICI SVIZZERI
Abbildung 7: Poster der FMH-Ärztestatistik 2015.
2016;97(12–13):448– 453
453
FMH DDQ
Glossar
Alle Behandlungen, die weder als stationär noch als teilstationär angesehen werden.
Ambulanter Sektor
Zum ambulanten Sektor gehören «Konsultations- und Behandlungstätigkeiten von Ärztinnen und Ärzten in Einzel- oder Gruppenpraxen. Die Patienten werden in der Regel ambulant
oder im Haus des Patienten behandelt (Hausbesuche). Inbegriffen sind auch Konsultationstätigkeiten von Privatärzten, welche Krankenhäusern angeschlossen sind, sowie Tätigkeiten in Kliniken, Unternehmen, Schulen, Altersheimen, Gewerkschaften und Wohltätigkeitsvereinen» (Quelle: BFS). Dies gilt zum Beispiel für Ärzte in einer Praxis.
Anderer Sektor
Zum anderen Sektor gehören Tätigkeiten der Ärztinnen und Ärzte, die weder zum ambulanten noch zum stationären Sektor gehören, zum Beispiel Professor, Dozent, Angestellter bei
Versicherungen etc.
Arbeitspensum
Das Arbeitspensum wird in Halbtagen angegeben. Ein Halbtag entspricht einem Arbeits
volumen von 4 bis 6 Stunden. Eine Vollzeitstelle wird definiert als ein durchschnittliches
Wochen-Arbeitspensum von 10 Halbtagen.
­
Ambulante Behandlungen
im stationären Sektor
Die Ärztin / der Arzt, die/der seine Hauptberufstätigkeit im ambulanten Sektor hat.
Ärzte im anderen Sektor
Die Ärztin / der Arzt, die/der seine Hauptberufstätigkeit im anderen Sektor hat.
Ärzte im ambulanten Sektor
Die Ärztin / der Arzt, die/der seine Hauptberufstätigkeit im stationären Sektor hat.
Ärzte im stationären Sektor
Ärztenetzwerke sind Organisationen, die von Leistungserbringern gebildet werden und der
Grundversorgung dienen. Durch verbindliches Zusammenwirken untereinander, mit netzfremden Leistungserbringern und mit den Kostenträgern, erbringen sie auf die Bedürfnisse
der Patientinnen und Patienten ausgerichtete Gesundheitsleistungen. Dieses Zusammenwirken beruht auf vereinbarten Behandlungsprozessen, unternehmerischen Organisationsstrukturen und einer gemeinsamen Betreuungskultur.
Berufstätige Ärztinnen und Ärzte
Als berufstätige Ärztinnen und Ärzte gelten Personen, die ein Universitätsstudium der Medizin erfolgreich abgeschlossen haben (mit oder ohne Weiterbildung) und im ambulanten
Sektor, im stationären Sektor (einschliesslich Assistenzärzte/-innen) oder in einem anderen
Sektor (z.B. Verwaltung, Versicherungen) tätig sind (Quelle BFS).
Doppel- oder Gruppenpraxis
Nutzung von Apparaten, Einrichtungen oder Räumlichkeiten durch zwei oder mehr Ärzte.
Nutzung von Apparaten, Einrichtungen oder Räumlichkeiten durch einen einzigen Arzt.
Hauptberufstätigkeit
Als Hauptberufstätigkeit gilt der Sektor (ambulant, stationär, anderer), in welchem die Ärztin / der Arzt mehrheitlich tätig ist.
Einzelpraxis
Das Hauptfachgebiet eines Arztes ist der Facharzttitel, in welchem der Arzt seinen grössten
Anteil der medizinischen Tätigkeit ausführt (gemäss Selbstdeklaration und vordefinierten
Regeln).
Hauptfachgebiet
Es gilt derjenige Kanton, in welchem der Arzt seine Hauptberufstätigkeit ausübt. Wenn keine
Angaben vorhanden sind, gilt der Kanton der Kontaktadresse.
Stationäre Behandlung im
stationären Sektor
Aufenthalt im Spital von mindestens 24 Stunden zur Untersuchung, Behandlung und Pflege;
Aufenthalt im Spital von weniger als 24 Stunden, bei dem während einer Nacht ein Bett belegt wird, sowie Aufenthalt im Spital bei Überweisung in ein anderes Spital und bei Todesfall.
Stationärer Sektor
Zum stationären Sektor zählen «Ärztliche Behandlungen, Diagnosen, Pflege, chirurgische
Eingriffe, Analysen, Notfalldienst sowie Tätigkeit in der Aus-, Weiter- und Fortbildung usw.
in Krankenhäusern. Zum stationären Sektor gehören auch Wohnheime mit einer sozialen
Betreuung rund um die Uhr von Kindern, Betagten und Personengruppen, die auf fremde
Hilfe angewiesen sind» (Quelle: BFS).
FMH/Abteilung DDQ
Elfenstrasse 18
CH-3000 Bern 15
Tel. 031 359 11 11
ddq[at]fmh.ch
SCHWEIZERISCHE ÄRZTEZEITUNG – BULLETIN DES MÉDECINS SUISSES – BOLLETTINO DEI MEDICI SVIZZERI
Kanton
Korrespondenz:
Ärztenetzwerke
2016;97(12–13):448– 453
454
FMH Zentralvorstand
Sitzung vom 11. Februar 2016
Nachrichten aus dem
Zentralvorstand
Maximiliano Wepfer
Stv. Leiter Abteilung Kommunikation FMH
Revision der Verordnung
im Strahlenschutz
ZV beschliesst, die Empfehlungen zu verabschieden
und das Departement eHealth sowie den Rechtsdienst
Der Bundesrat hat im Oktober 2015 die Anhörung zur
Revision der Verordnung im Strahlenschutz eröffnet,
um diese an die neuen internationalen Richtlinien
damit zu beauftragen, eine Umsetzungshilfe zu erarbeiten.
FMH-Begleitstudie
der Ärztekammer vertretenen Organisationen hat die
Im Auftrag der FMH führt gfs.bern nach der Einfüh-
­
anzupassen. Aufgrund der Rückmeldungen der in
­
Abteilung DDQ eine Stellungnahme zur Revision erarbeitet. Aus Sicht der FMH ist es zentral, dass die Patientensicherheit im Zentrum des Revisionspakets steht
und dass der administrative Aufwand nicht weiter
­
ausgebaut wird. Der Zentralvorstand (ZV) genehmigt
die Stellungnahme.
rung der neuen Spitalfinanzierung seit 2011 jährliche
Befragungen zur Entwicklung der Rahmenbedingungen der Ärzteschaft durch. Spitalärzte der Akutsomatik, Rehabilitation und Psychiatrie sowie praxisambulant tätige Ärzte nehmen jeweils an den Umfragen teil.
Im Hinblick auf die künftige Einführung der Tarifstrukturen ST Reha und TARPSY wurde der Fragebogen
Änderung des Fernmeldegesetzes
im Jahr 2013 entsprechend ergänzt. Mit der Publikation
In seinem Fernmeldebericht vom November 2014 sieht
eine beachtliche mediale Wirkung. Der ZV stimmt dem
der Bundesrat die Teilrevision des Fernmeldegesetzes
(FMG) vor. Aus Public Health-Sicht sind zwei Punkte
in dieser Gesetzesvorlage beachtenswert. Zum einen
begrüsst die FMH, dass der Schutz der Bevölkerung vor
nicht-ionisierender Strahlung (NIS) erwähnt wird, da
Tel. 031 359 11 11
Fax 031 359 11 12
kommunikation[at]fmh.ch
WMA-Symposium
ber 2015 verabschiedete Resolution zur globalen
eine Zweckbindung eines Teils der Funkkonzessions
Flüchtlingskrise hält unter anderem fest, dass eine
­
Die von der World Medical Association (WMA) im Okto-
schlossen werden können. Zum anderen fordert sie,
erlöse für Risikoforschung im Bereich Hochfrequenz-
Flucht erhebliche Auswirkungen auf die somatische
strahlung und Gesundheit im Fernmeldegesetz zu
und psychische Gesundheit hat. Infolgedessen wurde
verankern. Der ZV stimmt der vorliegenden Vernehm-
das WMA-Symposium «War, Migration and Health:
lassungsantwort zur Teilrevision des FMG zu.
What Should Physicians Do» in Istanbul vom 26. und
27. Februar 2016 durchgeführt, das dem Problem- und
Erfahrungsaustausch rund um die medizinische Be-
Die Empfehlungen der FMH für Ärztinnen und Ärzte
die FMH mit einem Input in der Podiumsdiskussion
zum Umgang mit Social Media sollen den Mitgliedern
beteiligte.
­
Umgang mit Social Media
Elfenstrasse 18
CH-3000 Bern 15
gemäss Offerte von gfs.bern weiterzuführen.
treuung von Flüchtlingen diente und an welchem sich
Hilfestellung im Alltag und Berufsumfeld bieten. Der
SCHWEIZERISCHE ÄRZTEZEITUNG – BULLETIN DES MÉDECINS SUISSES – BOLLETTINO DEI MEDICI SVIZZERI
Maximiliano Wepfer
Vorschlag zu, die Begleitstudie für die Jahre 2016/2017
negative gesundheitliche Auswirkungen nicht ausge-
Korrespondenz:
FMH
der Untersuchungsergebnisse erzielt die FMH jeweils
2016;97(12–13):454
455
FMH Personalien
Personalien
Ärztegesellschaft des Kantons Bern
Ziad El Khoury, Facharzt für Allgemeine
Innere Medizin, FMH, 5724 Dürrenäsch,
Praxiseröffnung in Praxisgemeinschaft in
Dürrenäsch seit 1. Januar 2016
­
Marie-Claude Waeber-Fey (1960), † 20.2.16,
Spécialiste en radiologie, 1470 Estavayer-le-Lac
Verena Blatter Arifi, Fachärztin für Neuro
logie, FMH, Neurozentrum Bern, Schänzli
strasse 33, 3013 Bern
Markus Reber, Facharzt für Otorhinolaryn
gologie und Facharzt für Allgemeine Innere
Medizin, FMH, 8003 Zürich, Belegarzttätigkeit im Spital Muri in Muri
­
­
Martina Knecht-Bösch, Fachärztin für Ophthalmologie spez. Ophthalmochirurgie, FMH,
5436 Würenlos, angestellt in Praxisgemeinschaft in Wettingen per 1. April 2016
Bernhard Reutemann, Facharzt für Allgemeine Innere Medizin, Localmed Ärztezen
trum Köniz, Stapfenstrasse 7, 3098 Köniz
Stefan Joss, Facharzt für Orthopädische
Chirurgie und Traumatologie des Bewegungsapparates, FMH, Bundesgasse 16, 3011 Bern
­
Rudolf Ritz (1934), † 2.3.16,
Facharzt für Intensivmedizin und Facharzt
für Allgemeine Innere Medizin, 4059 Basel
Andrea Lanker, Fachärztin für Allgemeine
Innere Medizin und Endokrinologie/Diabe
tologie, FMH, Seilerstrasse 8a, 3011 Bern
­
Peter Sauter (1928), † 18.2.16,
8050 Zürich
Johannes Haupt, Facharzt für Ophthalmologie, FMH, 5702 Niederlenz, angestellt in Praxisgemeinschaft in Aarau seit 1. Januar 2016
­
René Joray (1925), † 16.2.16,
Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie
und -psychotherapie, 4054 Basel
­
Ärztlicher Bezirksverein Bern Regio
Zur Aufnahme als ordentliche Mitglieder
haben sich angemeldet:
­
Thomas Dan Blasbalg (1944), † 14.2.16,
Facharzt für Neurochirurgie, 8008 Zürich
­
Todesfälle / Décès / Decessi
Uta Winckel-Chuprunov, Fachärztin für All
gemeine Innere Medizin, 5426 Lengnau,
angestellt in Praxisgemeinschaft in Würenlingen per 1. Mai 2016
­
als ordentlich praktizierende Mitglieder:
Gabriela Sasse-Roth, 5033 Buchs, Praxiseröffnung in Praxisgemeinschaft in Aarburg per
1. August 2016
­
Zur Aufnahme in den Aargauischen Ärzte
verband haben sich angemeldet:
­
Aargauischer Ärzteverband
­
Bernhard Bickel, 5000 Aarau, angestellt in
Praxisgemeinschaft in Aarau per 1. Mai 2016
Diese Kandidaturen werden in Anwendung
von Art. 5 der Statuten des Aargauischen
Ärzteverbandes veröffentlicht. Einsprachen
müssen innert 14 Tagen seit der Bekannt
machung schriftlich und begründet der
Geschäftsleitung des Aargauischen Ärzte
verbandes eingereicht werden. Nach Ablauf
der Einsprachefrist entscheidet die Geschäftsleitung über Gesuch und allfällige
Einsprachen.
­
Gabriela Baschung, Fachärztin für Allgemeine
Innere Medizin, FMH, 6300 Zug, angestellt in
Praxisgemeinschaft in Sins seit 1. Januar 2016
Markus Donner, Facharzt für Gastroenterologie, 4104 Oberwil, Praxiseröffnung in Praxisgemeinschaft in Brugg per 1. August 2016
Einsprachen gegen diese Vorhaben müssen
innerhalb 14 Tagen seit der Veröffentlichung
schriftlich und begründet beim Präsidenten
des Ärztlichen Bezirksvereins Bern Regio
eingereicht werden. Nach Ablauf der Frist
entscheidet der Vorstand über die Aufnahme
der Gesuche und über die allfälligen
Einsprachen.
Ärztegesellschaft des Kantons Schwyz
Zur Aufnahme in die Ärztegesellschaft des
Kantons Schwyz hat sich angemeldet:
Josef Bubla, Praktischer Arzt, Praxis Complimed GmbH, 8854 Siebnen
SCHWEIZERISCHE ÄRZTEZEITUNG – BULLETIN DES MÉDECINS SUISSES – BOLLETTINO DEI MEDICI SVIZZERI
Einsprachen gegen diese Aufnahme richten
Sie schriftlich innert 20 Tagen an Dr. med.
Hugo Brunner, Dorfstrasse 14, 6417 Sattel.
2016;97(12–13):455
456
WEITERE ORGANISATIONEN UND INSTITUTIONEN WGO
Wie lässt sich die ärztliche
Versorgung bewerten?
Valérie Gloor a , Christian Ambord b , Monique Lehky Hagen c , Luc Fornerod a , Arnaud Chiolero a
a
Walliser Gesundheitsobservatorium (WGO), Sitten; b Dienststelle für Gesundheitswesen, Sitten; c Walliser Ärztegesellschaft (VSÄG), Sitten.
Mehr Ärzte – doch für welches Angebot?
rekt zu evaluieren. Beispielsweise wird die ärztliche Versorgung in einer gegebenen Region sehr unterschiedlich
Ärzte dazu tendieren, ihr Arbeitspensum zu reduzieren
in den letzten 20 Jahren stark zugenommen: laut Statis-
[6], kann eine Zunahme der Ärztezahl mit einer gleich-
tiken der FMH von 20 030 im Jahr 1990 auf 34 348 im Jahr
bleibenden oder sogar abnehmenden effektiven ärzt-
2014 [1]. In derselben Zeitspanne hat die Ärztedichte von
lichen Versorgung einhergehen.
3,0 auf 4,1 Ärzte pro 1000 Einwohner zugenommen.
Obschon die FMH Statistiken über sämtliche Ärzte in
Diese Ärztedichte unterscheidet sich jedoch stark von
der Schweiz, die FMH-Mitglieder sind, erstellt, geben
Kanton zu Kanton. Im Jahr 2014 gab es im Kanton Zürich
diese nur teilweise Auskunft über das Arbeitspensum
beispielsweise 4,9 Ärzte pro 1000 Einwohner, in der
und machen keinerlei Aussagen zu geplanten Ände-
Waadt 4,6 und im Kanton Freiburg 2,6. Mit 2,8 Ärzten
rungen der Tätigkeit. Um dem Bedarf einen Schritt vor-
pro 1000 Einwohner weist das Wallis eine relativ geringe
aus zu sein und geeignete Massnahmen zu ergreifen,
Ärztedichte auf.
ist es wichtig, die Situation auf Ebene der einzelnen
Für eine Einschätzung der ärztlichen Versorgung reicht
Kantone – und sogar auf Ebene der Regionen – genau
es jedoch ganz klar nicht aus, die Ärztezahl mit der
zu evaluieren. Verfügt man nämlich über abschlies
Bevölkerungszahl ins Verhältnis zu setzen [2–5]. Ange-
sende Daten zu allen Ärzten, kann man die oftmals
sichts der Faktoren, welche die Entwicklung des Versor-
lokalen Probleme, welche Massnahmen auf regionaler
gungsbedarfs bestimmen, müssen nämlich auch die
bzw. kommunaler Ebene erforderlich machen, nach-
Veränderungen auf demographischer Ebene und in
vollziehen.
Bezug auf die Ausübung des Ärzteberufs berücksichtigt
Im Wallis hat das Gesundheitsdepartement eine Ex-
werden. Die Alterung der niedergelassenen Ärzte, die
pertenkommission «Ambulante Pflege und Grund-
Reduzierung des Arbeitspensums und die zunehmende
versorgung» ernannt, um die Situation der ärztlichen
Anzahl Frauen im Arztberuf sowie die sinkende Attrak-
Grundversorgung zu analysieren und der öffentlichen
tivität des Hausarztberufs (Grundversorger) sind alle-
Hand diesbezügliche Empfehlungen abzugeben [7, 8].
samt Faktoren, die zu berücksichtigen sind, wenn man
Hierzu benötigte die Kommission Informationen über
die Entwicklung der ärztlichen Versorgung nachvoll-
die Tätigkeit der Ärzte. Infolge der verschiedenen Ände-
ziehen will. Ausserdem sind die in der Schweiz berufs-
rungen der Reglementierung über die Einschränkung
tätigen Ärzte relativ alt, was bedeutet, dass kurz- oder
der Zulassung von Leistungserbringern zur Tätigkeit
mittelfristig viele von ihnen ihr Arbeitspensum verrin-
zu Lasten der obligatorischen Krankenpflegeversi-
gern oder ihre Tätigkeit niederlegen werden. Diese Ver-
cherung [5] ist es für die Walliser Dienststelle für Ge-
änderungen lassen befürchten, dass es schwierig sein
sundheitswesen (DGW) unentbehrlich geworden, über
wird, die ärztliche Versorgung aufrechtzuerhalten [2, 3].
qualitativ hochstehende und umfassende Informatio-
Diese Schwierigkeit widerspiegelt sich bereits im zu-
nen über die Tätigkeit der Ärzte zu verfügen. Eine gute
nehmenden Rückgriff auf im Ausland ausgebildete
Zusammenarbeit mit der Walliser Ärztegesellschaft
Ärzte (im Jahr 2014 gemäss FMH 30,5% der Ärzte [1]).
(VSÄG) wurde als grundlegend erachtet, weshalb diese
Zusätzlich zu den Besonderheiten im Zusammenhang
eng in die Überlegungen miteinbezogen wurde. Das
mit der Organisation des lokalen Gesundheitssystems
Walliser Gesundheitsobservatorium (WGO) wurde be-
und der saisonbedingten Schwankungen des Versor-
auftragt, in enger Zusammenarbeit mit der DGW und
gungsbedarfs (z.B. im Zusammenhang mit dem Touris-
der VSÄG eine Umfrage zur Tätigkeit der Ärzte durch-
mus) muss daher unbedingt das Arbeitspensum der Ärzte
zuführen, deren Ergebnisse nachstehend aufgezeigt
berücksichtigt werden, um die ärztliche Versorgung kor-
werden.
sich unter www.saez.ch
→ Aktuelle Ausgabe oder
→ Archiv → 2016 → 12–13.
2016;97(12–13):456– 459
­
­
SCHWEIZERISCHE ÄRZTEZEITUNG – BULLETIN DES MÉDECINS SUISSES – BOLLETTINO DEI MEDICI SVIZZERI
­
­
Die Literatur findet
­
dieselbe Anzahl Ärzte bloss drei Tage arbeiten. Da die
det. Die Zahl der berufstätigen Ärzte hat in der Schweiz
ausfallen, ob die Ärzte nun sechs Tage die Woche oder ob
mals die absolute Ärztezahl und die Ärztedichte verwen-
Zur Evaluation der ärztlichen Versorgung werden oft-
457
WEITERE ORGANISATIONEN UND INSTITUTIONEN WGO
Tabelle 1: Anzahl Vollzeitstellen (VZS) der ärztlichen Grundversorger und Dichte pro Tausend Einwohner nach verfassungsmäs­
siger Region, Wallis, 2014. Eine VZS entspricht 10 Halbtagen Tätigkeit eines Arztes (Quelle: WGO [10]).
Oberwallis
Mittelwallis
Unterwallis
Total
Anzahl VZS
60,1
114,8
73,1
248,0
Anzahl Grundversorger
68
139
89
296
Anzahl Halbtage/Arzt
8,8
8,3
8,2
8,4
VZS-Dichte/1000 Einwohner
0,7
0,9
0,6
0,8
Städtischer Raum
1,0
1,3
1,0
1,1
Ländlicher Raum
0,6
0,6
0,4
0,5
Methodik
Papierformat zugeschickt. Die Ärzte, die nicht geantwortet hatten, wurden angerufen, um den Grund für
den Fragebogen telefonisch beantworten zu lassen.
torium (WGO; www.ovs.ch) [9] in Zusammenarbeit mit
Die Daten wurden vom WGO anonym behandelt. Die
der Walliser Ärztegesellschaft (VSÄG) durchgeführten
vorläufigen Ergebnisse wurden der VSÄG anlässlich
Erhebung sollte die Tätigkeit aller niedergelassenen
einer gemeinsamen Diskussionssitzung, zu der sämt
oder in einem Spital tätigen Ärzte, die im Jahr 2014 über
liche Mitglieder eingeladen wurden, präsentiert. Der
eine Berufsausübungsbewilligung verfügten, dokumen
Bericht über diese Erhebung ist auf Deutsch und Fran-
tiert werden. Die Assistenzärzte und Oberärzte wurden
zösisch auf der Website des WGO (www.ovs.ch) verfüg-
in die Erhebung nicht miteinbezogen.
bar [10].
­
die ausbleibende Teilnahme zu erfahren oder um sie
wesen (DGW) und vom Walliser Gesundheitsobserva-
­
Mit dieser von der Walliser Dienststelle für Gesundheits-
Die DGW und das WGO hatten einen zweisprachigen
Fragebogen ausgearbeitet, der vor dem Versand dem
VSÄG unterbreitet wurde. Die Umfrage wurde vom
Ergebnisse
10. Februar 2014 bis zum 19. August 2014 durchgeführt.
Ergebnisse für alle teilnehmenden Ärzte
Jeder zur Teilnahme aufgeforderte Arzt erhielt von der
Von den 898 kontaktierten Ärzten mit einer Berufsaus-
DGW eine E-Mail, begleitet von einem Unterstützungs-
übungsbewilligung im Wallis wurden 44 ausserkanto-
schreiben der VSÄG, in welcher er gebeten wurde, den
nal tätige Ärzte ausgeschlossen und 56 Ärzte hatten den
Online-Fragebogen auszufüllen. Der Zugang zum Frage-
Fragebogen nicht ausgefüllt (Teilnahmeverweigerung,
bogen wurde in einer persönlichen E-Mail zusammen
Abwesenheit, Übertritt in den Ruhestand). Die Ergeb-
mit einem Zugangskonto und einem persönlichen
nisse beziehen sich folglich auf 798 Ärzte, was einer
Login-Code bekanntgegeben. Reagierte ein Arzt auf
Rücklaufquote von 93% entspricht.
diese E-Mail nicht, wurde ihm per Mail eine Erinnerung
Das Durchschnittsalter der Ärzte liegt bei 53,0 Jahren
geschickt. Einigen Ärzten wurde ein Fragebogen in
(Oberwallis: 53,8 Jahre, Mittelwallis: 52,7, Unterwallis:
einem Facharzttitel FMH in medizinischer Grund
­
53,1). Die Haupttätigkeit von 39% der Ärzte steht mit
Jugendmedizin, Praktischer Arzt) im Zusammenhang, bei 61% ist es eine Tätigkeit im Zusammenhang
mit einem anderen Facharzttitel FMH. Die befragten
Ärzte arbeiten durchschnittlich 7,8 Halbtage pro Woche
(Männer: 8,2, Frauen: 7,1). Setzt man eine Vollzeitstelle
(VZS) mit 10 Halbtagen Tätigkeit eines Arztes gleich,
üben diese 798 Ärzte global gesehen eine Tätigkeit
von 626 VZS aus.
Ergebnisse für die Grundversorger
0
20
40
Anz. Ärzte
60
80
100
Abbildung 1: Ärztliche Grundversorger nach Anzahl Halbtage Tätigkeit pro Woche, Wal­
lis, 2014 (Quelle: WGO [10]).
Als Grundversorger (N = 296; 37% aller Ärzte) gelten
im Rahmen dieser Erhebung die Ärzte, die angegeben
haben, als Hausärzte tätig zu sein (ärztliche Grundversorgung anzubieten), und die nicht Kaderärzte in einem
Spital sind. Sie haben entweder einen Facharzttitel in
SCHWEIZERISCHE ÄRZTEZEITUNG – BULLETIN DES MÉDECINS SUISSES – BOLLETTINO DEI MEDICI SVIZZERI
Anz. Halbtage
versorgung (Allgemeine Innere Medizin, Kinder- und
<1
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
2016;97(12–13):456– 459
458
WEITERE ORGANISATIONEN UND INSTITUTIONEN WGO
Allgemeiner Innerer Medizin, Kinder- und Jugendme-
sammen) aus, die in den nächsten fünf Jahren zu er-
dizin oder als Praktischer Arzt (N = 264, 89% der Grund-
warten ist.
versorger), oder einen vergleichbaren Facharzttitel
(Rheumatologie, Kardiologie oder Angiologie, Endokrinologie/Diabetologie, Pneumologie, Gastroentero-
Diskussion
logie, Gynäkologie und Geburtshilfe, Allergologie und
Da es nur wenig verfügbare Daten gibt, ist es schwierig,
klinische Immunologie, Physikalische Medizin und
das Arbeitspensum der Ärzte zu dokumentieren [1–6].
Rehabilitation; N = 32, 11% der Grundversorger).
Die FMH-Statistiken sind nützlich, doch müssen sie
Ihr Durchschnittsalter liegt bei 55,0 Jahren. Sie arbeiten
unbedingt durch Ad-hoc-Erhebungen ergänzt werden,
durchschnittlich 8,4 Halbtage pro Woche (Abbildung 1
um das Arbeitspensum und geplante Änderungen der
und Tabelle 1).
Tätigkeit zu berücksichtigen, und insbesondere um
Im Durchschnitt arbeiten die Grundversorger einen
über gültige Daten auf regionaler Ebene zu verfügen.
Halbtag mehr als die anderen Ärzte (8,4 vs. 7,4). Global
Eine Statistik, die lediglich einen kantonalen Überblick
gesehen entspricht ihre Tätigkeit 248 VZS (Tabelle 1)
vermittelt, ist auf regionaler Ebene nämlich nicht direkt
und 90% ihrer Tätigkeit ist der ärztlichen Grundver-
verwendbar. Diese Erhebung zeigt, dass die Ärztedichte
sorgung gewidmet (Tabelle 2). 11% der Grundversorger
(Grundversorger) im städtischen Raum doppelt so hoch
(N = 32) üben hauptsächlich eine andere Fachdisziplin
sein kann wie im ländlichen Raum.
aus und 53% ihrer Tätigkeit ist der ärztlichen Grundver-
Es ist auch wichtig, über Informationen zu geplanten
sorgung (Hausarztmedizin) gewidmet.
Änderungen der Tätigkeit zu verfügen. Tatsächlich ist
Die Grundversorgerdichte in VZS liegt bei 0,8 VZS pro
es schwierig, sich einzig auf das Alter der Ärzte zu stüt-
1000 Einwohner. Zwischen den einzelnen Regionen
zen, um eine Reduzierung bzw. Aufgabe ihrer Tätigkeit
gibt es grosse Unterschiede: 0,7 VZS pro 1000 Einwohner
vorherzusagen, da ein grosser Teil der Ärzte nicht im
im Oberwallis, 0,9 im Mittelwallis und 0,6 im Unter-
Alter von 65 Jahren in den Ruhestand tritt. Ausserdem
wallis. In jeder der Regionen ist die Ärztedichte im länd-
ist es wichtig, die effektive Tätigkeit, und nicht bloss
lichen Raum deutlich geringer als im städtischen Raum
den FMH-Titel, zu erfassen. Diese Erhebung zeigt näm-
(Tabelle 2).
lich, dass mehr als 10% der Ärzte, welche Leistungen
In den nächsten fünf Jahren ist mit einer Abnahme von
der ärztlichen Grundversorgung erbringen, über einen
25 VZS im Vergleich zu den im Jahr 2014 praktizieren-
Facharzttitel verfügen, der üblicherweise nicht zu den
den Ärzten zu rechnen (Tabelle 3). Diese Abnahme an
Grundversorgertiteln gezählt wird.
VZS bei den Grundversorgern macht 61% der gesam-
Ein Schlüsselelement für den Erfolg dieser Erhebung
ten Abnahme der ärztlichen Versorgung (alle Ärzte zu-
war die ausgezeichnete Zusammenarbeit zwischen dem
-
Tabelle 2: Tätigkeit insgesamt und Tätigkeit der ärztlichen Grundversorgung (hausärztliche Tätigkeit) der Grundversorger nach FMH Titel und nach verfas­
sungsmässiger Region, Wallis, 2014 (Quelle: WGO [10]).
Grundversorger – unabhängig
ihres FMH-Titels
Mittelwallis
Unterwallis
Total
68
139
89
296
Anzahl Halbtage total
8,8
8,3
8,2
8,4
Anzahl Halbtage, die der ärztlichen
Grundversorgung gewidmet sind
8,1
7,3
7,5
7,5
Anteil Tätigkeit, die der ärztlichen
Grundversorgung gewidmet ist
91%
89%
91%
90%
Anzahl Ärzte
60
125
79
264
Anzahl Halbtage total
8,7
8,2
8,2
8,3
Anzahl Halbtage, die der ärztlichen
Grundversorgung gewidmet sind
8,4
7,7
7,7
7,9
Anteil Tätigkeit, die der ärztlichen
Grundversorgung gewidmet ist
96%
94%
95%
95%
Anzahl Ärzte
8
14
10
32
Anzahl Halbtage total
9,8
8,9
8,6
9,0
Anzahl Halbtage, die der ärztlichen
Grundversorgung gewidmet sind
5,9
3,8
5,3
4,8
Anteil Tätigkeit, die der ärztlichen
Grundversorgung gewidmet ist
60%
42%
62%
53%
B) Mit anderen FMH-Titeln
SCHWEIZERISCHE ÄRZTEZEITUNG – BULLETIN DES MÉDECINS SUISSES – BOLLETTINO DEI MEDICI SVIZZERI
­
A) Mit FMH-Titel in ärztlicher
Grundversorgung
Oberwallis
Anzahl Ärzte
2016;97(12–13):456– 459
459
WEITERE ORGANISATIONEN UND INSTITUTIONEN WGO
Tabelle 3: Ärztliche Grundversorger nach geplanter Änderung des Arbeitspensums in den nächsten fünf Jahren und nach ver­
fassungsmässiger Region, Wallis, 2014 (Quelle: WGO [10]).
Geplante Änderung des
Arbeitspensums in den nächsten
5 Jahren
Oberwallis
Mittelwallis
Unterwallis
Total
Prozent
Ja, Erhöhung
3
4
9
16
5%
Nein
38
60
50
148
50%
Ja, Reduzierung
16
52
18
86
29%
Weiss nicht
11
23
12
46
16%
Total
68
139
89
296
100%
Ärzten, damit sie einem Mangel in bestimmten Berei-
hatten beide ihren Bedarf nach gültigen Daten zu die-
chen vorgreifen sowie beurteilen können, in welchen
sem Thema geäussert und beschlossen, die Durchfüh-
Bereichen das Angebot gering oder hoch ist – all dies
rung der Erhebung zu unterstützen. Dies erklärt teil-
nach Region.
weise die sehr hohe Rücklaufquote. Das WGO seinerseits
Zur Durchführung dieser Art von Erhebung ist es wich-
verfügt über die Fachkenntnisse zur Durchführung
tig, die betroffenen Partner mit einzubeziehen, das
solcher Erhebungen (namentlich durch die Verwen-
heisst die Planungsinstanz (DGW), die Ärzte (VSÄG)
dung eines benutzerfreundlichen elektronischen Frage-
und die Fachstelle für die Überwachung des Gesund-
bogens) und zur objektiven Bearbeitung der Ergebnisse.
heitswesens und die Datenanalyse (WGO). Damit kann
Eine Schwäche der Erhebung liegt in der fehlenden In-
eine geeignete Erhebung konzipiert werden, um In-
formation zum Ärztenachwuchs. Diese Information ist
formationen zu sammeln, die allen Partnern zweck-
schwierig zu erhalten, da die Ärzte, die sich im Wallis
dienlich sind, und um konstruktiv über die Ergebnisse
niederlassen, aus verschiedenen Kantonen, Spitälern
zu diskutieren. Zudem kann damit verhindert werden,
und sogar aus verschiedenen Ländern kommen kön-
dass einerseits mangels Kenntnissen der Gegebenhei-
nen. Allerdings könnte es nützlich sein, geplante Tätig-
ten vor Ort falsche Auslegungen gemacht werden und
keitsaufnahmen von Assistenzärzten und Oberärzten
andererseits die Ergebnisse subjektiv gelesen werden.
in den Walliser Spitälern zu dokumentieren. Es wäre
In Erwartung einheitlicherer Daten über sämtliche Ärzte
auch zweckmässig, systematisch die Niederlassung von
in der Schweiz über das Projekt MARS des BFS [11] ist
Ärzten nach dem Erhalt ihrer Berufsausübungsbewilli-
es wichtig, auf Ebene der Kantone Erhebungen zur
gung zu beobachten, um abzuschätzen, ob diese Ärzte-
Dokumentierung der Tätigkeit der Ärzte durchzufüh-
zahl ausreicht, um die absehbare Abnahme an VZS der
ren. Man muss darauf achten, dass die Interpretation
nächsten fünf Jahre zu kompensieren. Schliesslich wäre
dieser statistischen Daten unter Einbezug der betroffe-
es auch nützlich, die Verfügbarkeit der Ärzte zu evalu-
nen Partner stattfindet. Die aktuellen Diskussionen
ieren, beispielsweise indem ihre Kapazität zur Annahme
rund um die Aufhebung des Zulassungsstopps von Fach-
neuer Patienten dokumentiert wird [6].
ärzten zeigen umso mehr, wie wichtig es ist, objektiv
Zu guter Letzt muss auch daran erinnert werden, dass
über das tatsächliche Angebot diskutieren zu kön-
mit dieser Art von Erhebung wohl die ärztliche Versor-
nen, indem man sich auf fundierte und verlässliche
gung besser abgeschätzt, jedoch keineswegs der Versor-
Erhebungen stützt.
­
­
WGO, der DGW und der VSÄG. Die DGW und die VSÄG
gungsbedarf der Bevölkerung beurteilt werden kann.
Korrespondenz:
Chefarzt und Epidemiologe
Walliser Gesundheitsobservatorium (WGO)
CH-1950 Sitten
arnaud.chiolero[at]ovs.ch
Schlussfolgerung
Danksagung
Wir danken allen Ärzten, die an dieser Umfrage teilgenommen haben,
sowie den Personen, die an der Konzipierung und Umsetzung mit
gewirkt haben (DGW: Daniela Fante, administrative Mitarbeiterin,
und Cédric Mizel, Verantwortlicher der juristischen Abteilung;
WGO: André-Philippe Borgazzi, Verantwortlicher des Informationssystems, und Aurélie Calmeyn, Informatikerin).
­
PD & MER
Über mehr Informationen zur Tätigkeit der Ärzte zu
verfügen, dient nicht nur der Aufsicht und Gesundheitsplanung der Kantone, sondern nützt auch direkt den
SCHWEIZERISCHE ÄRZTEZEITUNG – BULLETIN DES MÉDECINS SUISSES – BOLLETTINO DEI MEDICI SVIZZERI
Dr. Arnaud Chiolero,
2016;97(12–13):456– 459
460
WEITERE ORGANISATIONEN UND INSTITUTIONEN
Aufruf an die Parlamentarier/-innen für ein wirksames Schweizer Tabakproduktegesetz
Damit Ihre Kinder nicht unsere
Patientinnen und Patienten werden!
Wir haben als Ärztinnen und Ärzte alle täglich mit Pa-
ketingstrategien werden immer personalisierter und
tienten zu tun, welche an Lungen-, Herz-, Gefäss-, Tumor-
gezielter und erreichen Jugendliche direkt und überall.
sowie anderen tabakbedingten Krankheiten leiden. Und
Oder wie ist es sonst zu erklären, dass die Anzahl Rau-
wir versuchen, ihnen so gut wie möglich zu helfen.
chender in der Schweiz nicht mehr zurückgeht, obwohl
Hinter diesen Krankheiten stecken Leid und Einschrän-
unsere Patientinnen und Patienten täglich wegen des
kungen für die Betroffenen, aber auch für ihre Ange-
Tabakkonsums sterben? Beginnen Jugendliche vor dem
hörigen. Ein überwiegender Anteil dieser Krankheiten
20. Altersjahr zu rauchen, steigt ihr Risiko massiv, später
steht in direktem Zusammenhang mit dem Tabakkon-
tabakabhängig zu werden.
sum und könnte daher vermieden werden. Die Zahl an
Wir möchten Sie bitten, die Gelegenheit wahrzuneh-
chronisch obstruktiven Lungenerkrankungen, Herz-
men, mit der Erarbeitung des Tabakproduktegesetzes
infarkten und Lungentumoren könnte künftig massiv
den Tabak auf das zu beschränken, was er sein sollte:
reduziert werden.
ein stark gesundheitsgefährdendes Produkt, das nicht
Vor diesem Hintergrund ist es unsere Aufgabe, uns für
beworben werden darf und dessen Handel internatio-
gesetzliche Regelungen betreffend Tabakprodukte ein-
nalen Regulierungen unterstellt sein muss. Deshalb
zusetzen, die verhindern, dass Menschen dazu verführt
verlangen wir ein umfassendes Verbot von Marketing,
werden, mit dem Rauchen anzufangen. Es geht nicht
Promotion und Sponsoring für Tabakprodukte, sowohl
darum, den Tabakkonsum generell zu verbieten. Das
in traditionellen Medien als auch im Internet, an Ver-
Ziel sollte sein, die Vermarktung dieser Produkte ein-
anstaltungen, Verkaufsorten, und ein Verbot von Ziga-
zuschränken, damit insbesondere junge Menschen
rettenautomaten. Zahlreiche andere Länder haben sol-
den Tabakkonsum nicht als banal erleben, wie dies
che Regelungen bereits eingeführt – die Schweiz soll
heute der Fall ist: Online-Wettbewerbe, Sponsoring von
sich diesen anschliessen.
Veranstaltungen, direkte und personalisierte Promo-
Wir bitten Sie, durch Ihre Unterstützung Ihre Verant-
tion, an festlichen Anlässen geschickt aufgestellte Zi-
wortung wahrzunehmen. Damit die Kinder von heute
garettenautomaten – jedes Mittel ist recht, um Tabak
nicht unsere Patientinnen und Patienten von morgen
bei Jugendlichen bekannt zu machen, welche morgen
werden.
unsere Patientinnen und Patienten sein werden. Mar-
Korrespondenz:
PD Dr. med.
Macé M. Schuurmans
Ko-Präsident Arbeitsgruppe
Tabakprävention/Rauchstopp
Schweizerische Gesellschaft
für Pneumologie (SGP)
Chutzenstrasse 10
CH-3007 Bern
Tel. 031 378 20 30
mace.schuurmans[at]usz.ch
Prof. Dr. med. Paola Gasche-Soccal
Schweizerische Gesellschaft für Pneumologie (SGP)
Präsidentin
Dr. med. Jürg Nadig
Schweizerische Gesellschaft für medizinische Onkologie (SSMO)
Präsident
Prof. Dr. med. Béatrice Amann-Vesti
Schweizerische Gesellschaft für Angiologie (SGA)
Präsidentin
Prof. Dr. med. Jürg Hammer
Schweizerische Gesellschaft für pädiatrische Pneumologie (SGPP)
Präsident
Dr. med. Urs Kaufmann
Schweizerische Gesellschaft für Kardiologie (SGK)
Präsident
Dr. med. Nicole Pellaud
Schweizerische Gesellschaft für Pädiatrie (SGP)
Präsidentin
Dr. med. Jürg Schlup
Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte FMH
Präsident
Prof. Dr. med. Jean-Michel Gaspoz
Schweizerische Gesellschaft für Allgemeine Innere Medizin (SGAIM)
Ko-Präsident
Prof. Dr. med. Raffaele Rosso FACS FRCS
Schweizerische Gesellschaft für Chirurgie (SGC)
Präsident
Dr. med. François-Gérard Héritier
Schweizerische Gesellschaft für Allgemeine Innere Medizin (SGAIM)
Ko-Präsident
Elena Strozzi
Prävention – Mitglied der
Geschäftsleitung
Lungenliga Schweiz
Chutzenstrasse 10
CH-3007 Bern
Tel. 031 378 20 38
e.strozzi[at]lung.ch
Dr. med. David Ehm
Schweizerische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (SGGG)
Präsident
SCHWEIZERISCHE ÄRZTEZEITUNG – BULLETIN DES MÉDECINS SUISSES – BOLLETTINO DEI MEDICI SVIZZERI
Bereichsleiterin Politik und
2016;97(12–13):460
461
WEITERE ORGANISATIONEN UND INSTITUTIONEN Collège des Doyens
-
-
-
Im Nachgang zur Veröffentlichung eines durch das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI)
beauftragten Berichts im Spätsommer 2015 wurde das Medizinstudium wieder auf die Traktandenliste der eid­
genössischen Behörden gesetzt. Dieser Bericht enthält eine Reihe von Beurteilungen und Vorschlägen, die mögli­
cherweise mit einem grösseren finanziellen Engagement der Eidgenossenschaft verbunden sein könnten.
Das Universitätsstudium im Allgemeinen und das Medizinstudium im Besonderen ist Sache der Universitäten
selbst, d.h. also der Kantone. Zum jetzigen Zeitpunkt verfügen fünf Universitäten über einen vollständigen, durch
das OAQ akkreditierten Bachelor Master Lehrgang der Medizin. Im Rahmen der Implikation der Universitäts­
spitäler in der Ärzteausbildung, namentlich auf Master Stufe, hat der Verband Universitäre Medizin Schweiz
(früher bekannt unter der Bezeichnung G15) von den Dekanen der fünf medizinischen Fakultäten der Schweiz eine
Stellungnahme verlangt.
Diese Stellungnahme wurde anlässlich der Sitzung des Collège des Doyens vom 19. November 2015 vorbereitet
und in ihrer definitiven Fassung am 29. Januar 2016 verabschiedet.
Prof. Henri Bounameaux, Präsident des Collège des Doyens der Medizinischen Fakultäten der Schweiz
Collège des Doyens des Facultés de Médecine suisses
Statement regarding medical
education in Switzerland
Henri Bounameaux a , Peter Eggli b , Thomas Gasser c , Jean-Daniel Tissot d , Rainer Weber e
Prof. Dr. med., Dean of the Faculty of Medicine of the University of Geneva; b Prof. Dr. med., Dean of the Faculty of Medicine of the University of Bern;
Prof. Dr. med., Dean of the Faculty of Medicine of the University of Basel; d Prof. Dr. med., Dean of the Faculty of Medicine of the University of Lausanne;
e
Prof. Dr. med., Dean of the Faculty of Medicine of the University of Zurich
a
c
– as a matter of fact, the French-speaking part of
topic of discussion for several years in Switzer-
Switzerland produces more doctors than the Ger-
land.
man-speaking part (32% of the doctors for 25% of
This discussion has come into focus again after
the population), which also explains why the
a report of the Federal Council in 2011 in reaction
main immigration of doctors in Switzerland orig-
to the so-called Motion Fehr. This report states
inates from Germany (report of the Federal Coun-
that a yearly production of 1200–1300 medical
cil in 2011). Likewise, the distribution between ru-
doctors would be necessary to maintain the pres-
ral and urban regions is likely to remain uneven if
ent medical coverage in our country, which is one
specific measures are not taken at the political
of the best in the world, both in quality and in
level; – the often-mentioned shortage of doctors
quantity1.
in hospitals could be easily compensated by a one-
The five faculties of medicine in Switzerland have
year prolongation of the duration of the time
dramatically increased the numbers of Master
spent by doctors in hospitals during their post-
students and at the horizon 2019, it is anticipated
graduate education.
­
5.
that about 1100 new doctors will have their di-
­
The organization of medical studies has been a
3.
2.
1.
The medical studies in Switzerland are organized
ago aimed at introducing the concepts of clinical
and hospital or private practice conditions: – with
medicine, including clinical humanities and clini-
population): Austria 4.8;
out any doubt, there will be not enough general
cal skills as early as possible in the curriculum, i.e.
Russia 4.3; Switzerland 4.1;
practitioners (or family medicine doctors), a situa-
in the Bachelor program. Moreover, the whole
Australia 3.8; Spain 3.8;
tion that will not be changed by just increasing
program (Bachelor-Master) requires official accre
Germany 3.7; Denmark 3.5;
the number of Master students; situations across
France 3.3; Netherlands
3.0; Belgium 2.9; UK 2.8;
USA 2.4; Canada 2.1.
other specialties may vary considerably, but for
sure, some specialties are in a plethora situation;
ditation.
6.
Italy 4.1; Sweden 3.9;
The many recent initiatives to increase the number of Master programs (Fribourg, USI, St. Gall) are
SCHWEIZERISCHE ÄRZTEZEITUNG – BULLETIN DES MÉDECINS SUISSES – BOLLETTINO DEI MEDICI SVIZZERI
(total number per 1000
1 Density of physicians
­
and the reforms that were introduced 10–20 years
across medical specialties, geographic regions,
­
as a continuum from the first to the sixth year,
The above-mentioned shortage is highly variable
4.
ploma each year (in 2009: 720).
2016;97(12–13):461– 462
might become more and more necessary in the
medical doctors; a coordination with the five fac-
next decades (these students will continue optional
ulties of medicine will be absolutely necessary to
technological studies at EPFL during their Master
ascertain this because the transfer of Bachelor
in medicine). In parallel, a project between EPFL
students from these five universities to other
and the University of Geneva will develop simu
Master programs is not obvious.
lation programs, especially for the education of
The decision of the ETHZ to establish a Bachelor
family medicine specialists.
9.
program in medicine will result in more medical
­
welcome if they really result in an increase of
7.
462
WEITERE ORGANISATIONEN UND INSTITUTIONEN Collège des Doyens
The Collège des Doyens welcomes all initiatives
doctors in the German-speaking part of Switzer-
that tend to increase the variety of MDs that are
land (which is desirable) only if agreements are
educated in Switzerland, as far as the educational
objectives are fulfilled.
­
reached with the institutions that provide Master
favor of the so-called Anglo-Saxon «medical school»
medicine have reached an agreement to integrate
model that is at considerable variance with the
a certain number (approximately 30–40 per year)
Swiss model of medical education. The medical
of students with an EPFL Bachelor in their Master
school model was put forward in the recently pub-
Prof. H. Bounameaux
programs (20–30 in Lausanne and no more than
licized Loprieno report, without convincing evi-
President of the Collège
10 in Geneva), after a one-year bridge to put them
dence of its advantages.
des doyens Dean’s
1, rue Michel-Servet
Master program (a total of 7 years of medical stud-
CH-1211 Geneva 4
henri.bounameaux[at]
unige.ch
­
The Collège des Doyens consists of the Deans of the Faculties
of Medicine of the Universities of Basel, Bern, Geneva, Lau­
sanne and Zurich.
­
Office – CMU w
at the necessary level to integrate the first-year
ies). In Geneva, the aim is to produce a new category of doctors, namely «ingenieur-doctors» who
SCHWEIZERISCHE ÄRZTEZEITUNG – BULLETIN DES MÉDECINS SUISSES – BOLLETTINO DEI MEDICI SVIZZERI
Correspondence:
The EPFL and the French-speaking faculties of
8.
10. The Collège des Doyens has no strong feelings in
programs and if the financial aspects are clarified.
2016;97(12–13):461– 462
463
BRIEFE redak [email protected]
Briefe an die SÄZ
2
Naef J. Die erste Schweizer Ärztin – Dr. med. Marie
Heim-Vögtlin. Schweiz Ärztezeitung. 2016;97(9):315–7.
Fauth U, Rümelin A, Nahtoderfahrungen, Phänomenologie, Erklärungsmodelle und klinische Bedeutung, Notfall & Rettungsmedizin 7 (2003), 509–19.
­
­
­
­
­
­
1
2
­
Buess-Siegrist P. Veränderungen auf vielen Ebenen.
Schweiz Ärztezeitung. 2016;97(9):343–4.
Schiedsgremien mit Mediationsfunktion sind vorzuziehen
Zum Artikel «Hirnblutung anlässlich einer
oralen Antikoagulation – wer haftet?» [1]
In diesem Artikel wird von einem juristischen
Triumph und einer menschlichen Tragödie
berichtet. Der Patient ist invalide und hat einen Schuldenberg, sein Hausarzt leidet sicher
unter den jahrelangen Schuldvorwürfen und
dem bedauernswerten Zustand seines Patienten. Wie verhält sich eine zivilisierte Gesellschaft angesichts von menschlichem Leid, das
durch eine Verkettung unglücklicher Umstände entstanden ist?
SCHWEIZERISCHE ÄRZTEZEITUNG – BULLETIN DES MÉDECINS SUISSES – BOLLETTINO DEI MEDICI SVIZZERI
Wiget A. Hirnblutung anlässlich einer oralen Antikoagulation – wer haftet? Schweiz Ärztezeitung.
2016;97(9):338–41.
Gratzl O. Das Problem der thorakalen Diskushernie.
Swiss Archives of Neurology and Psychiatry 2013;
164(6):187–93.
Die verschlüsselte Botschaft
der Flüchtlinge
Seit einigen Jahrzehnten hat die Wissenschaft
angefangen, beobachtete Vorgänge nicht
mehr isoliert, sondern in einem grösseren
Zusammenhang zu beurteilen. Diese neue
Denkweise wird als systemisches Denken bezeichnet. Von einem solchen Denkansatz aus
kann die gegenwärtige Flüchtlingskrise als
Träger einer wichtigen Botschaft an die ganze
Menschheit angesehen werden.
In den letzten Monaten hat die Öffentlichkeit
in den westlichen Industrienationen, aber auch
darüber hinaus, weltweit täglich die bedauerliche Realität einer schweren Flüchtlingskrise
vor Augen geführt erhalten. Die Bilder, die
uns erreichen, zeugen von Millionen Menschen in einer verzweifelten Lebenslage, die
mit letzten Kräften um ihr Überleben kämpfen und zu diesem Zweck körperliche und seelische Leistungen zustande bringen, die beinahe an das Unglaubliche grenzen. Um der
Zerstörungskraft des Krieges zu entkommen,
­
1
1
Dr. phil. Barbara Hug, Wil
­
­
­
­
­
Dr. med. Walter Meili, Basel
Prof. em. Dr. med. Otmar Gratzl, Basel
Zum Artikel «Veränderungen auf vielen
Ebenen» [1]
Wenn ein Mensch, der eine Hirnschädigung
erfahren hat, versucht, sich seiner Umwelt
verständlich zu machen, scheitert er oft. Nicht
nur Angehörige, auch Ärzte und z.T. psych
iatrisch ausgebildete Fachkräfte, oder der
Arbeitgeber, stehen vor einem Rätsel. Was hat
dieser Mensch, spielt er nur den Kranken,
übertreibt er nicht masslos, er könnte sich
etwas mehr anstrengen … Diese Reaktionen
der Umwelt basieren auf Unkenntnis.
Als sich nach dem Vietnamkrieg viele amerikanische Soldaten in der Gesellschaft nicht
mehr zurechtfanden, führte dies anfangs auch
zu unverständigen Reaktionen von Seiten der
Umgebung. Inzwischen kennt man die Sym
ptome, die nach schwersten Kriegserlebnissen auftreten, besser.
Schwere Traumata, mit und ohne erkennbare Schädel-/Hirnverletzungen, wurden vom
Kriegsschauplatz nach Hause gebracht. Wir
kennen auch die Väter, die, heimgekehrt aus
dem Zweiten Weltkrieg, nachts mit starken
Ängsten erwachten, ausser sich gerieten, Jähzornsanfälle hatten, und oft noch nach vielen
Jahrzehnten Flashbacks hatten, was sich in Albträumen äusserte. Das psychische Trauma und
die posttraumatische Belastungsstörung gehören heute zum Fachwissen, ebenso Formen
deren Behandlung. Nebenbei bemerkt, führt
der Einsatz bunkerbrechender Waffen nicht
einfach nur zur Zerstörung des Bunkers …
Dem Verein Denkwerk Hirnverletzung sei gedankt. Für die IV, die anderen Versicherungen,
die SUVA, und alle Haus- und Kassenärzte gehört dieses Buch zur Pflichtlektüre, meine ich.
Nach Einblick in diese Zustände im Rahmen
mehrerer Gutachten bin ich zu einer Schlussfolgerung gekommen, die niemand publizieren wollte, aber dann doch von der Schweiz.
Neurologischen Gesellschaft zur Veröffent
lichung angefordert wurde [2]:
«Für die Begutachtungssituation und Schlichtung sind Schiedsgremien mit Mediationsfunktion vorzuziehen, wie sie in skandinavischen Ländern und an deutschen Ärztekammern bereits bestehen. Diese können unter
sachverständigem Beirat zeitnahe Entscheidungen treffen, welche die berechtigten Anliegen der Beteiligten, der Patienten und der
Ärzte, eher einer Lösung zuführen als über
Jahre, ja Jahrzehnte sich hinziehende gerichtliche Auseinandersetzungen. Ein solches Vorgehen, das auch finanzielle Vorschläge zu gütlicher Regelung ermöglicht, ist in Österreich
und der Schweiz noch nicht eingeführt.»
Sehr polemisch und bei Darstellung eines
Zivilprozesses inkorrekt ist der Einschub «als
Arzt lässt sich praktizieren, ohne mit einem
Bein im Gefängnis zu stehen» auf Seite 340 des
SÄZ-Artikels!
Mit Interesse habe ich den Bericht über die
erste Schweizer Ärztin [1] zur Kenntnis genommen. Bei der Passage: «1875, ein Jahr nach
der Praxiseröffnung, heiratete Marie den
Geologieprofessor Albert Heim» erinnerte ich
mich, dessen Namen bereits in einem ganz anderen Kontext begegnet zu sein: In einer Übersichtsarbeit über Nahtoderfahrungen aus dem
Jahr 2003 schreiben die beiden Notfallmediziner U. Fauth und A. Rümelin unter anderem:
«Die erste Publikation der Neuzeit zum
Thema Nahtoderlebnis stammt aus dem Jahr
1892. Albert Heim, Professor für Geologie,
trug im Jahrbuch des Schweizer Alpenclubs
30 Fälle von überlebten Absturzereignissen
zusammen und schildert unter anderem das
Erlebnis eines selbst erfahrenen Absturzes
1871 am Säntis. Er schreibt: ‘Was ich in 5 bis 10
Sekunden gedacht und gefühlt habe, lässt sich
in zehnmal mehr Minuten nicht erzählen.
Alle Gedanken und Vorstellungen waren zusammenhängend und sehr klar, keineswegs
traumhaft verwischt. … Dann sah ich, wie auf
einer Bühne aus einiger Entfernung, mein
ganzes vergangenes Leben in zahlreichen Bildern sich abspielen. Ich sah mich selbst als die
spielende Hauptperson. Alles war wie verklärt
von einem himmlischen Lichte und alles war
schön und ohne Schmerz, ohne Angst und
Pein. Auch die Erinnerung an sehr traurige
Erlebnisse war klar, aber dennoch nicht traurig. … Erhabene und versöhnende Gedanken
beherrschten und verbanden die Einzelbilder,
und eine göttliche Ruhe zog wie herrliche
Musik durch meine Seele. … Objectives Beobachten, Denken und subjectives Fühlen gingen gleichzeitig nebeneinander vor sich.
Dann hörte ich einen dumpfen Aufschlag,
und mein Sturz war zu Ende.’»
Damit beschrieb Albert Heim ein Phänomen
und suchte Gemeinsamkeiten, fast hundert
Jahre bevor der amerikanische Psychiater
Raymond Moody es in seiner Publikation Life
after Life 1975 allgemein bekannt machte. Bis
heute bleiben Nahtoderfahrungen für Naturwissenschaft und Theologie ungeklärt, und
wer diesen Berichten Glauben schenkt, wird
nicht selten in die «Esoterik-Ecke» geschoben.
Ein bemerkenswertes Ehepaar also, diese
Heims. Beide waren ihrer Zeit weit voraus.
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Pflichtlektüre
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Ihrer Zeit voraus
2016;97(12–13):463– 464
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um ein lebensfähiges ökologisches Gleich
gewicht auf dem Planeten zurückzugewinnen
oder auf eine negative Entwicklung vorbe
reitet zu sein. In jedem Fall bedarf es einer
Entwicklung zu einem universellen Menschenverständnis hin und einer allgemeinen
gegenseitigen Akzeptanz. Ohne eine solche
werden die für das Überleben der Menschheit
entscheidenden Ziele nicht erreicht werden
können, die eines universellen Zusammenschlusses bedürfen. Das 20. Jahrhundert hat
leider gelehrt, welche Folgen aus der fehlenden Akzeptanz von religiösen, kulturellen
und ideologischen Einstellungen zu erwarten
sind. Die Flüchtlingsprobleme können uns zu
dieser neuen Einstellung verhelfen, welche
das 21. Jahrhundert kennzeichnen muss.
­
mit Recht erwartet werden. Das Gegenteil ist
aber auch der Fall, d.h. dass die Menschen
in den Gastländern auf ihre Gäste zugehen
müssen, um mit deren Eigenart umgehen zu
können.
Wie auch das Problem der Klimaerwärmung
und der Veränderung der natürlichen Lebensgrundlagen des Menschen in den kommenden Jahrzehnten beeinflusst werden kann,
lassen sich schon nur aufgrund der heute
nicht mehr rückgängig machbaren Phänomene gigantische Veränderungen der Lebensbedingungen für den Menschen vorhersehen
mit mächtigen Migrationsströmen, um dem
Hochwasser, oder der Trockenheit, zu ent
gehen. Die heutige Situation kann als eine Art
von experimentellem Labor angesehen werden, mit welchem das Zusammenleben der
verschiedenartigsten Menschen geübt wird,
Dr. med. René Bloch, Therwil
Mitteilungen
Facharztprüfung
* falls die Anzahl Kandidaten die Kapazität
überschreitet
Facharztprüfung zur Erlangung des
Schwerpunktes Neonatologie zum
Facharzttitel Kinder- und Jugendmedizin
Ort: Klinik für Neonatologie, Inselspital Bern
(Frau Dr. Chantal Cripe)
Datum:
Mündliche Prüfung: 1.–3.11.2016 (Reserve
datum*: 4.11.2016)
Anmeldefrist: 26.6.2016
Weitere Informationen finden Sie auf der
Website des SIWF unter www.siwf.ch
→ Fachgebiete → Facharzttitel und Schwerpunkte (Weiterbildung) → Kinder- und
Jugendmedizin
Schriftliche Prüfung: 6.9.2016
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haben viele Menschen viel gewagt und oft dabei auch ihr Leben verloren. Dass Europa durch
diesen mächtigen Flüchtlingsstrom überrascht wurde und vorerst keine koordinierte
Antwort gefunden hat, lässt sich gut verstehen, insbesondere bei Berücksichtigung des
völkerstaatlichen Aufbaues der EU.
Die Bilder aus den letzten Monaten und die
innerhalb von Europa in der Folge entstandenen politischen Konflikte haben eine andere
unbewältigte Situation auf den zweiten Platz
verwiesen, obschon weit gefährlicher für die
Existenz der Gesellschaft und sogar eine Bedrohung für den ganzen Globus darstellend.
Es sind erst einige Monate seit der Konferenz
von Paris vergangen, von der man sich eine
Rettung des Planeten vor der Klimaerwärmung und einer allgemeinen Umweltzerstörung versprochen hat. Wie man auch zu den
vorgeschlagenen, globalen Massnahmen, vor
allem der Reduktion des CO2, stehen mag,
hängt der Erfolg der Konferenz von einer lü
ckenlosen Zusammenarbeit ab. Eine solche
Zusammenarbeit muss unter Menschen aller
Rassen, Religionen und Ideologien stattfinden können. Dass eine solche harmonische,
internationale Zusammenarbeit über die Zeitdauer eines Kongresses hinaus gelingt, ist
höchst fraglich.
Die Flüchtlinge, die Europa erreichen, kommen aus zahlreichen Ländern mit anderen
Religionen und kulturellen Wertvorstellungen, als solche in Europa ohne weiteres verstanden und akzeptiert werden. Dass die
Flüchtlinge eine bedeutende Anpassungs
leistung vollziehen müssen, darf von ihnen
464
BRIEFE / MIT TEILUNGEN redak [email protected]
Aktuelle Forumthemen
Jetzt online mitdiskutieren auf www.saez.ch
Prof. Dr. med. David Holzmann, Maur
Indikationen
Indikation nach medizinischen oder ökonomischen Kriterien?
Dr. med. et MME Monika Brodmann Maeder, Fachärztin für Allgemeine Innere Medizin,
FMH, Leitende Ärztin, Leiterin Bildung und Gebirgsnotfallmedizin, Universitäres Notfall­
zentrum, Inselspital Bern
Interprofessionalität in der Medizin
SCHWEIZERISCHE ÄRZTEZEITUNG – BULLETIN DES MÉDECINS SUISSES – BOLLETTINO DEI MEDICI SVIZZERI
Interprofessionalität – sind wir Ärztinnen und Ärzte dafür bereit?
2016;97(12–13):463– 464
465
FMH SERVICES Die gröss te standeseigene Diens tleistungsorganisation
Redaktionelle Verantwortung: FMH SERVICES
St. Gallen
Hotel Einstein
Bern
Schmiedstube
Bern
Schmiedstube
Kosten
Für FMH Services-Mitglieder kostenlos.
Röntgen in der Arztpraxis
­
Das Seminar richtet sich an Ärztinnen und Ärzte,
die vor einer Praxiseröffnung oder Praxisübernahme stehen oder bereits praxistätig sind.
Themen
– Rentabilität Röntgen in der Arztpraxis
– Evaluation und Beschaffung neuer oder gebrauchter Anlagen
– Möglichkeiten der Umrüstung von analogen zu digitalen Anlagen
– Vor- und Nachteile analoger und digitaler
Systeme
– Komplette Marktübersicht mit Preisen und
Leistungskomponenten
Themen
– Anforderungen an ein Praxisinformationssystem (Einführung)
– Evaluationsprozess (projektorientiertes Vorgehen in der Evaluation eines Praxisinformationssystems)
– Präsentation von sechs führenden Praxisinformationssystemen (Leistungserfassung,
elektronisches Abrechnen unter Einbezug
der TrustCenter, Agendaführung, Statistiken,
Laborgeräteeinbindung, elektronische Krankengeschichte, Finanzbuchhaltungslösungen
usw.)
St. Gallen
Hotel Einstein
­
Bern
Schmiedstube
K80 Donnerstag,
16. Juni 2016
13.30–18.00 Uhr
K81 Donnerstag,
17. November 2016
13.30–18.00 Uhr
St. Gallen
Hotel Einstein
K02 Donnerstag,
12. Mai 2016
16.00–20.30 Uhr
K03 Donnerstag,
9. Juni 2016
09.00–16.30 Uhr
Daten
Daten
Sponsoren
Die Kosten werden durch diverse Sponsoren
(siehe www.fmhservices.ch) gedeckt.
Der Workshop richtet sich an Ärztinnen und
Ärzte, die vor einer Praxiseröffnung oder Praxisübernahme stehen oder bereits praxistätig
sind.
­
Praxiscomputer-Workshop
Sponsoren
Die Kosten werden durch diverse Sponsoren
(siehe www.fmhservices.ch) gedeckt.
K07 Donnerstag
19. Mai 2016
16.00–20.30 Uhr
K08 Donnerstag
16. Juni 2016
13.30–18.00 Uhr
Daten
Themen
– Juristische Aspekte (Praxisbewilligung, Zulassung zur Sozialversicherung, Vertragswesen)
– Gesellschaftsformen / Ehe- und Erbrecht
(Privat-/Geschäftsvermögen, Güterstand, Erbschaftsplanung)
– Praxiseinrichtung (Inneneinrichtung, Kostenberechnung)
– Praxisadministration (Leistungserfassungsund Abrechnungssysteme)
– Bewertung einer Arztpraxis (Berechnung
Inventarwert und Goodwill als Verhandlungsbasis)
– Finanzierung der Arztpraxis (Businessplan,
Kredite, Absicherungsmöglichkeiten)
– Versicherungen/Vorsorge/Vermögen (Personen- und Sachversicherungen, Vorsorgeplanung)
Sponsoren
Die Kosten werden durch diverse Sponsoren
(siehe www.fmhservices.ch) gedeckt.
– Standort, Praxisobjekt (Anforderungen an
Standort; Konkurrenzanalyse; Praxiseinrichtung, Kosten)
– Personal (Qualifikationen; Gesetze, Reglemente, Verträge)
– Führung und Organisation (Struktur und
Abläufe; Aufgaben, Verantwortungen, Kompetenzen)
– EDV und Administration (Anforderungen
an Praxisinformatik; Evaluation)
– Praxisbericht (Erfahrungsbericht eines Arztes, Mitgründer einer Gruppenpraxis aus
der Region)
Das Seminar richtet sich an Ärztinnen und Ärzte,
die vor einer Praxiseröffnung (Einzel-/Gruppenpraxis), dem Einstieg in eine Gruppenpraxis oder
vor einer Praxisübernahme stehen.
Grundstückgewinnsteuer, Bestimmung des
optimalen Übergabe-/Aufgabezeitpunktes)
Praxiseröffnung/-übernahme
Seminare / Séminaires / Seminari
Kosten
Für FMH Services-Mitglieder kostenlos.
Bern
BERNEXPO
Datum
Ouverture et reprise d’un cabinet médical
Le séminaire est destiné aux médecins sur le
point d’ouvrir un cabinet médical (individuel ou
de groupe), de joindre un cabinet de groupe ou de
reprendre un cabinet existant.
SCHWEIZERISCHE ÄRZTEZEITUNG – BULLETIN DES MÉDECINS SUISSES – BOLLETTINO DEI MEDICI SVIZZERI
Contenu
– Aspects juridiques (contrats en général, autorisations, admission à pratiquer à la charge
de l’assurance sociale, dossier patients)
– Business plan (préparation du plan de
financement et crédit d’exploitation, financement par la banque)
­
Themen
– Strategie (Ziele der Gruppenpraxis; Gestaltung des Angebots)
– Unternehmer (Zusammensetzung des
Teams; Verhaltensregeln, finanzielle Beteiligung und Entschädigungsmodelle)
– Finanzen und Recht (Versicherung, Vorsorge und Vermögen; Rechtsform, Finanzen,
Steuern)
Niederscherli
WIROMA AG
­
­
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Das Seminar richtet sich an in Ausbildung stehende Ärztinnen und Ärzte, die sich einer Gruppenpraxis anschliessen wollen sowie an praxis
tätige Ärztinnen und Ärzte, die ihre Einzelpraxis
an eine Gruppenpraxis anschliessen wollen.
K16 Donnerstag,
25. August 2016
09.30–16.00 Uhr
Gruppenpraxis
­
Themen
– Praxispartner- oder Nachfolgesuche (projektorientiertes Vorgehen in der Nachfolgeplanung)
– Juristische Aspekte (Praxisübergabevertrag,
allg. Vertragswesen, Übergabe der Krankengeschichten)
– Bewertung einer Arztpraxis (Berechnung
Inventarwert und Goodwill als Verhandlungsbasis)
– Versicherungen/Vorsorge/Vermögen
(Übergabe/Auflösung von Versicherungsverträgen, Pensions- und Finanzplanung)
– Steuern (Steueraspekte bei der Praxisübergabe oder Liquidation: Optimierung der steuerlichen Auswirkungen, Liquidations- und
Zürich
Technopark
K13 Donnerstag
24. März 2016
13.30–18.00 Uhr
K14 Donnerstag
30. Juni 2016
13.30–18.00 Uhr
Das Seminar richtet sich an Ärztinnen und Ärzte,
die ihre Praxis an einen Partner oder Nachfolger übergeben oder liquidieren wollen. Idealtermin: 5–10 Jahre vor geplanter Übergabe
oder allfälliger Liquidation (aus steuertechnischen und vorsorgeplanerischen Gründen).
Daten
Praxisübergabe/-aufgabe
2016;97(12–13):465– 466
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Contenu
– Stratégie (objectifs du cabinet de groupe;
structure de l’offre de prestations)
– Entrepreneurs (composition de l’équipe; rè
gles de conduite; participation financière et
modèles de rémunération)
– Finances et droit (assurances, prévoyance et
patrimoine; forme juridique, finances et
impôts)
– Lieu d’implantation et immobilier (exigences locales; analyse de la situation concurrentielle; aménagement du cabinet et coûts)
– Ressources humaines (qualifications; lois,
règlements et contrats)
– Direction et organisation (structure et processus; tâches, responsabilités et compé
tences)
– Informatique et administration (attentes en
matière de système informatique pour le
cabinet; évaluation)
– Rapport d’expérience (rapport de l’expérience d’un médecin, co-fondateur d’un cabinet de groupe de la région)
­
Contenuto
– Business Plan (preparazione del piano di
finanziamento e del credito d’esercizio, pre
stito bancario)
– Pianificazione (insediamento, progetto e
pianificazione, scelta del mobilio, budget)
– Valutazione di uno studio medico (inventario e goodwill)
– Amministrazione di uno studio medico
(interna allo studio, rapporti con la banca)
– Assicurazioni (tutte le assicurazioni necessarie interne ed esterne allo studio)
– Passaggio dallo stato di dipendente a quello
di indipendente
– Fiscalità
Sponsors
Les coûts sont pris en charge par divers sponsors
(voir www.fmhservices.ch).
­
Dates
Lausanne
World Trade
Center
Atelier consacré à l’informatique
au cabinet médical
L’atelier s’adresse aux médecins sur le point
d’ouvrir un cabinet médical et aux médecins
déjà établis qui veulent changer leur logiciel.
­
­
Annullierungsbedingungen / Conditions
d’annulation / Condizioni d’annullamento
Bei Abmeldungen oder Fernbleiben werden folgende Unkostenbeiträge erhoben:
Un montant est perçu pour une absence ou une
annulation. Il est de:
Un importo verrà rimborsato in caso di assenza
o annullamento. Esso sarà di:
– 50 CHF pro Person ab 14 Tage vor Seminar
beginn / par personne dans les 15 jours avant
le début du séminaire / per persona entro i
15 giorni prima dell’inizio del seminario;
– 100 CHF pro Person ab 7 Tage vor Seminarbeginn oder Fernbleiben / par personne dans
les 7 jours avant le début du séminaire / per
persona entro i 7 giorni prima dell’inizio del
seminario.
Lausanne
World Trade
Center
­
K28 Jeudi
23 juin 2016
13h30–18h00
Le séminaire s’adresse aux médecins en formation voulant exercer leur future activité en
cabinet de groupe et aux libres praticiens qui
Apertura e rilevamento di uno studio
medico
Il seminario è destinato ai medici in procinto di
aprire o di rilevare uno studio medico.
SCHWEIZERISCHE ÄRZTEZEITUNG – BULLETIN DES MÉDECINS SUISSES – BOLLETTINO DEI MEDICI SVIZZERI
Cabinet de groupe
Date
Coûts
Gratuit pour les membres de FMH Services.
Lausanne
World Trade
Center
Genève
Crowne Plaza
K24 Jeudi
19 mai 2016
13h30–18h00
K25 Jeudi
10 novembre 2016
13h30–18h00
Contenu
– Attentes à un logiciel pour la gestion du
cabinet (Introduction)
– Présentation de six logiciels pour la gestion
du cabinet (gestion des données des patients,
gestion de la facturation et de l’encaissement,
statistiques, gestion de l’agenda, connexion
des appareils médicaux au dossier patient,
etc.)
Hinweis / Remarque / Osservazioni
Bei sämtlichen Seminaren, bei denen die Kosten
teilweise oder gänzlich von Seminarsponsoren
gedeckt werden, werden die Teilnehmeradressen
den jeweiligen Sponsoren zur Verfügung gestellt.
Les adresses des participants aux séminaires
dont les coûts sont couverts en partie ou totalement par des sponsors sont communiquées aux
sponsors concernés.
Gli indirizzi dei partecipanti ai seminari, i cui
costi sono coperti in parte o completamente da
degli sponsor, vengono comunicati agli sponsor
interessati.
­
Dates
Anmeldung und Auskunft /
Inscription et information /
Iscrizioni e informazioni
www.fmhservices.ch oder FMH Consulting Services, Cornelia Fuchs, Tel. 041 925 00 77
Genève
Crowne Plaza
Sponsors
Les coûts sont pris en charge par divers sponsors
(voir www.fmhservices.ch).
Chiasso
FMH Consulting
Services
Chiasso
FMH Consulting
Services
K85 Jeudi
21 avril 2016
13h30–18h00
K86 Jeudi
22 septembre 2016
13h30–18h00
Contenu
– Recherche active d’un successeur / associé
– Aspects juridiques (contrat de remise,
contrats en général, dossiers médicaux)
– Estimation d’un cabinet (calcul de l’inventaire et du goodwill comme base de négociations)
– Assurances/prévoyance/patrimoine (remise/résiliation des contrats d’assurances,
formes de prévoyance, planification de la
retraite et des finances)
– Conséquences fiscales d’une remise ou
d’une cessation (optimisation de l’impact
fiscale lors d’une remise/cessation, impôt
sur les bénéfices et gains immobiliers, détermination de la date optimale pour la remise/
cessation.
Le séminaire s’adresse aux médecins désirant
remettre un cabinet médical à un associé ou à
un successeur ou qui doivent fermer leur cabinet médical. Idéalement 5–10 ans avant la
remise/cessation prévue (pour des questions
de taxation et prévoyance)
K50 Mercoledì
13 aprile 2016
dalle 14.00 alle 17.30
K51 Mercoledì
26 ottobre 2016
dalle 14.00 alle 17.30
Remise et cessation d’un cabinet médical
Date
­
Lausanne
World Trade
Center
Sponsor
Diversi sponsor si fanno carico delle spese (si
rimanda al sito www.fmhservices.ch).
Genève
Crowne Plaza
K21 Jeudi
2 juin 2016
13h30–18h30
K22 Jeudi
1 septembre 2016
13h30–18h30
Dates
Sponsors
Les coûts sont pris en charge par divers sponsors (voir www.fmhservices.ch).
souhaitent affilier leur cabinet individuel à un
cabinet de groupe.
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– Aménagement (implantation, projet et
concept d’aménagement, choix du mobilier,
budget)
– Estimation d’un cabinet (inventaire et goodwill)
– Laboratoire
– Administration d’un cabinet médical
– Assurances
– Passage du statut de salarié à celui d’in
dépendant
– Fiscalité
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FMH SERVICES Die gröss te standeseigene Diens tleistungsorganisation
2016;97(12–13):465– 466
FMH SERVICES Die gröss te standeseigene Diens tleistungsorganisation
Redaktionelle Verantwortung: FMH SERVICES
Hausrat- und Privathaftpflichtversicherung
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12–13/16
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FMH SERVICES Die gröss te standeseigene Diens tleistungsorganisation
Redaktionelle Verantwortung: FMH SERVICES
Seit Jahren bin ich jeden Tag pünktlich.
Warum dürfen meine
Zahlungseingänge nicht auch
mal pünktlich sein?
Encath AG - Koordinationsstelle
Postfach 624, 2501 Biel
Tel. 032 344 39 69 - Fax 032 344 39 66
[email protected] - www.fmhinkasso.ch
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Honorarabrechnung für Ärzte inklusive
Zahlungsgarantie und Übernahme des
Verlustrisikos
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FMH Inkasso Services
FMH Factoring Services
Ich wünsche eine persönliche Beratung. Bitte rufen Sie an:
Telefon
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Beste Anrufzeit
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Name der Praxis
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Ansprechpartner
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Adresse/Stempel
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Bitte Antworttalon einsenden oder per Fax an 032 560 39 11
12–13/16
InkASSodIenSTleISTungen & HonorArABrecHnung Für ÄrZTe
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TRIBÜNE Inter view
Interview mit Ulrich Schaefer und Gert Printzen zum compendium COMPACT
«Ein Nachschlagewerk für alle»
Interview: Bruno Kesseli
Dr. med. et lic. phil., Chefredaktor
­
­
Mit dem compendium COMPACT ist seit kurzem wieder ein Arzneimittel-Nach
schlagewerk in Buchform auf dem Markt, das sämtliche in der Schweiz zugelassenen Medikamente enthält. Ulrich Schaefer, Geschäftsführer der herausgebenden
Firma HCI Solutions, und Gert Printzen, Mitglied des Zentralvorstandes der FMH,
erläutern die Gründe für die Neulancierung.
Teil der Auflage abzunehmen, war deshalb für uns die
gedruckten Form eingestellt. Drei Jahre später wird
Sache klar: Wir machen es – und zwar kompakt!
nun mit dem compendium COMPACT erneut ein
Gert Printzen: Interessanterweise zeigten Umfragen,
Nachschlagewerk zu Medikamenten in Buchform auf
die die FMH lancierte, dass nicht nur die etwas älteren
den Markt gebracht. Weshalb dieser Sinneswandel?
Kolleginnen und Kollegen an der Print-Version inter
Ulrich Schaefer: Nach der Einstellung der obligatori-
essiert waren, sondern diesbezüglich auch seitens der
schen Print-Version konnte man davon ausgehen, dass
jüngeren Bedarf angemeldet wurde.
­
Das «Arzneimittelkompendium» wurde 2013 in der
der Wechsel von Print zu Online sehr schnell und prakHerr Printzen, welche Rolle spielte die FMH bei
«… war deshalb für uns die Sache klar:
Wir machen es – und zwar kompakt!»
der Neulancierung?
Im Vorfeld hat sich die FMH einerseits über das Editorial in der Schweizerischen Ärztezeitung [1] «öffentlich»
an vielen Orten in Praxis, Spital und Pflege noch ver
eine Vielzahl von Antworten niedergelassener Kolle­
zu dieser Thematik geäussert und auf diese Weise
­
tisch vollständig erfolgt. In der Realität sind heute aber
gen und Kolleginnen erhalten, die uns baten, auf je-
vier im Einsatz. Umfragen zeigen zudem, dass fast die
den Fall für eine Weiterführung des Kompendiums in
Hälfte der Praxis-Ärzte ein Druckwerk vermisst. Als
schriftlicher Form einzutreten. Andererseits haben
die Firma Zentiva sich bereit erklärte, einen grossen
wir dieses Thema in unserer FMH-Arbeitsgruppe
­
­
altete gedruckte Ausgaben von Kompendium und Bre-
Die Interviewpartner
«Den schnellen Überblick garantieren»: Ulrich Schaefer über das
compendium COMPACT.
Ortet «Bedarf auch seitens
der Jüngeren»: Gert Printzen.
­
­
Gert Printzen ist Facharzt für Labormedizin und verfügt auch
über ein Universitätsdiplom in Biochemie. Seit 2010 ist er
Mitglied des Zentralvorstandes der FMH, in dem er die
Departemente «eHealth – medizinische Informatik und Dokumentation», «Heilmittel» und «Paramedizinische Berufe» leitet.
SCHWEIZERISCHE ÄRZTEZEITUNG – BULLETIN DES MÉDECINS SUISSES – BOLLETTINO DEI MEDICI SVIZZERI
­
Ulrich Schaefer ist Pharmazeut und dissertierte auf dem Gebiet
der computerisierten Wirkstoff-Analyse.Seit 2011 ist er Geschäftsführer der Firma HCI Solutions AG, in welcher die Aktivitäten der bisherigen Firmen Documed, e-mediat und Triamun
zusammengefasst sind. Arbeitsschwerpunkt ist die Medika
tionssicherheit in integrierten Systemen. Er ist Vorstandsmitglied der Interessengemeinschaften eHealth sowie eMediplan.
2016;97(12–13):481– 482
482
TRIBÜNE Inter view
eHealth bearbeitet, die sich aus Vertretern der Basisorganisationen der Ärztekammer und somit schweizweit repräsentativ aus deren Interessenvertretern
zusammensetzt. Und schliesslich haben wir auf politischer Ebene den Runden Tisch ins Leben gerufen
­
compendium COMPACT
und so alle Stakeholder zum Thema Arzneimittel­
Deutsche Ausgabe
kompendium und Patientensicherheit zusammenge-
2016. 1003 Seiten. Gebunden.
bracht und davon überzeugt, dass im Kompendium
sFr. 145.– / € (D) 145.–
aktuelle vollständige Daten in strukturierter Form
ISBN 978-3-906819-01-3
einzusetzen sind. Dies ist Basis für die elektronische
Ausgabe, aber auch relevant für die Qualität der
Schriftform.
ausging, besteht der Bedarf auch bei den Jungen. Eventuell erfolgt hierzu ja einmal eine Befragung.
Nachschlagewerk für alle. Es gibt nicht nur digital oder
Arzneimittelkompendium?
analog. Wir sehen das neue Druckwerk als optimale
Schaefer: Die letzten Ausgaben des «alten» Kompen
Ergänzung zu den digitalen Plattformen – je nach
Präferenz und Situation.
­
­
diums wurden aufgrund des vorgeschriebenen Text
­
Schaefer: Ganz klar: Das compendium COMPACT ist ein
aus und inwiefern unterscheidet es sich vom früheren
­
Wie sieht das Konzept des compendium COMPACT
umfangs immer voluminöser – einzelne ArzneimittelMonographien umfassten mehrere engbeschriebene
In welchem Kontext sehen Sie die Nutzung des
Seiten. Das neue, kompakte Kompendium enthält die
compendium COMPACT? Für die Kitteltasche ist es
wichtigsten Angaben pro Medikament in einer von un-
mit seinen 1000 Seiten kaum geeignet …
serer Fachredaktion gestrafften Form, um den schnel-
Schaefer: Immer dann, wann es praktischer ist …
len Überblick zu garantieren.
Printzen: Insbesondere bei «Downtime» oder Blockaden des Internets – oder sonstigen Übertragungspro-
«Wir sehen das neue Druckwerk als optimale
Ergänzung zu den digitalen Plattformen – je
nach Präferenz und Situation.»
blemen. Warten wir ab, welche Rückmeldungen wir bezüglich Dicke/Seitenzahl und Format erhalten.
Ist es nicht absehbar, dass sich die elektronischen
Printzen: Es mag sein, dass das «extensive» vergan-
Medien in Kürze auch bei der Ärzteschaft flächen­
gene Kompendium dem einen oder anderen fehlt, die
deckend durchsetzen werden? Sehen Sie eine länger­
neue Form liefert jedoch einen wichtigen ersten Über-
fristige Zukunft für die Printversion?
blick und wird beim Primärentscheid helfen.
Printzen: Aufgrund der Rückmeldungen auf die FMHPublikationen sehe ich dieses Bedürfnis gleichwohl –
Das Kompendium ist als compendium.ch im Internet
trotz Digital Natives.
zugänglich. Haben Sie Erkenntnisse darüber, wie und
Schaefer: Klar wird im Rahmen von eHealth die Nut-
von wem es genutzt wird?
zung elektronischer Medien auch in der Ärzteschaft
Schaefer: Praktisch alle Fachpersonen im Schweizer
zunehmen – aber wie gesagt: Die verschiedenen For-
Gesundheitsmarkt nutzen die Online-Ausgabe und/
mate ergänzen sich perfekt. Wichtiger als das Medium
oder die mobilen Versionen. Aufgrund unserer regel-
sind in jedem Fall die Zuverlässigkeit der Inhalte und
mässigen Umfragen sind auch quantitative Aussagen
deren anwenderfreundliche Präsentation.
möglich: So setzen zum Beispiel 80% der Allgemeinmediziner das compendium.ch täglich ein.
Das Arzneimittelkompendium wurde einem Grossteil
der Ärzteschaft direkt und gratis zugestellt. Wie
gelangt das compendium COMPACT zu den Ärztin­
dium COMPACT an? Sind es eher ältere Ärztinnen und
nen und Ärzten?
Ärzte, die mit den modernen elektronischen Kommu­
Schaefer: Im Gegensatz zu früher gibt es keinen Mas-
nikationsmitteln weniger vertraut sind?
senaussand an alle Praxen, Spitäler und Apotheken.
Printzen: Wie eingangs erwähnt, hat das Editorial in
Das compendium COMPACT kann beim Schweizeri-
der SÄZ viele direkte Reaktionen ausgelöst. Auch wenn
schen Ärzteverlag EMH oder bei der Zentiva AG bestellt
das Gros der Bitten um Weiterführung des gedruckten
werden.
Kompendiums eher von der älteren Kollegenschaft
SCHWEIZERISCHE ÄRZTEZEITUNG – BULLETIN DES MÉDECINS SUISSES – BOLLETTINO DEI MEDICI SVIZZERI
bkesseli[at]emh.ch
Welche Zielgruppen sprechen Sie mit dem compen-
2016;97(12–13):481– 482
483
TRIBÜNE Spec trum
Expression de tous les gènes d’un neurone durant les premières heures de sa naissance. Chaque
cercle représente un temps développemental (6 h, 12 h, 24 h) et les points colorés au sein de chaque
cercle représentent le niveau d’expression d’un gène.
Découverte d’un «Big Bang» neuronal
tion des neurones. Cette découverte, à lire
dans la revue Science, permet non seulement
d’appréhender le développement de notre cer­
veau, mais également d’utiliser ce code pour
reconstruire des neurones à partir de cellules
souches. Les chercheurs vont ainsi pouvoir
mieux comprendre l’origine de maladies neu­
rologiques, telles que l’autisme et la schizo­
phrénie.
(Université de Genève)
(Universität Basel)
­
­
­
Une équipe de la Faculté de médecine de
l’Université de Genève lève le voile sur les
mécanismes qui permettent aux progéni­
teurs, sortes de cellules souches ayant la capa­
cité de se diviser, de donner naissance aux
neurones. Grâce à FlashTag, une technologie
révolutionnaire permettant d’isoler et de vi­
sualiser les neurones au moment même où ils
naissent, les chercheurs ont décrypté le code
génétique primordial permettant la construc­
In achtzig Prozent der Fälle ist das Darm­
bakterium E. coli für Blasenentzündungen
verantwortlich. Forscher der Universität
Basel und der ETH Zürich berichten in der
Fachzeitschrift Nature Communications, wie
es dem Keim dank dem Protein FimH
gelingt, sich an Zuckerstrukturen auf den
Zelloberflächen des Harntraktes anzuheften
und sein Ausschwemmen mit dem Harn zu
verhindern. Die Forscher haben verschie­
dene biophysikalische und biochemische
Methoden kombiniert, um nachzuweisen,
wie mechanische Kräfte die Bindungsstärke
des Proteins regulieren. Wenn beide Teile
von FimH durch den Harnfluss auseinander­
gezogen werden, schnappt die Zuckerbin­
dungsstelle zu. Lassen die Zugkräfte jedoch
nach, öffnet sich die Bindungstasche, die
Bakterien lösen sich und wandern die Harn­
röhre hinauf.
­
© Jabaudon Lab, UNIGE
Harnwegsinfektionen: Wie sich
Bakterien bei uns einnisten
© Maximilian Sauer, ETH Zürich
­
­
Bei 70% der erwarteten Sterbefälle wurde auf
weitere Behandlungen verzichtet oder eine
laufende Therapie abgebrochen.
-
­
Im Jahr 2013 leisteten Deutschschweizer Ärzte
in mehr als vier von fünf erwarteten Sterbefäl­
len in irgendeiner Form Sterbehilfe. Die ethisch
schwierigen Entscheidungen werden meist ge­
meinsam mit Patienten und Angehörigen ge­
fällt, wie zwei neue Studien von Wissenschaft­
lern der Universitäten Zürich und Genf belegen.
Untersucht wurden 2256 Todesfälle. Bei 70%
der erwarteten Sterbefälle wurde auf weitere
Behandlungen verzichtet oder eine laufende
Therapie abgebrochen. In 63% der Fälle wurden
verstärkt Mittel zur Schmerz oder Symptom­
linderung abgegeben. Während nur mit jedem
zehnten der nicht urteilsfähigen Patienten die
getroffenen Entscheidungen besprochen wur­
© Ralf Kalytta | Fotolia.com
­
Arzt und Patient verzichten häufig auf lebensverlängernde
Massnahmen
­
Der Infektionserreger E. coli (grau) hält sich mit­
hilfe des Proteins FimH (gelb/rot), das sich an
der Spitze langer Zellfortsätze befindet, an der
Oberfläche des Harntraktes fest.
Tox Info Suisse célèbre son 50 e anniversaire
en 2016
En 1966, il y a 50 ans, la Société suisse des Phar­
maciens posait la pierre angulaire de Tox Info
Suisse. Au début, les médecins légistes de l’Uni­
versité de Zurich et l‘ancienne Commission inter­
cantonale des poisons étaient de la partie.
Aujourd‘hui, la consultation téléphonique au
numéro d‘urgence 145 en cas d‘intoxication est
devenue indispensable. En 2015, Tox Info Suisse
a répondu à environ 38 400 demandes de ren­
seignement provenant du public et des profes­
sionnels de la santé. La poste dédie un timbre
spécial à Tox Info Suisse pour l‘année de son
jubilé.
(Tox Info Suisse)
­
­
­
Neue Therapie für suizidale Menschen
Forschende der Universitären Psychiatrischen
Dienste Bern (UPD) haben eine wirksame Therapie
für Menschen entwickelt, die einen Suizid versuch
unternommen haben. In einer Studie mit 120 Pa­
tienten haben die Wissenschaftler nachgewiesen,
dass mit der neuartigen Therapie das Risiko wei­
terer Suizidhandlungen über 24 Monate hinweg
um mehr als 80 Prozent reduziert wird. Die kurz
angelegte Behandlungsform fasst Suizidalität
nicht als Ausdruck einer psychischen Erkrankung
auf, sondern als psychischen Ausnahmezustand.
Ihre Studie haben die Forschenden in der neues­
ten Ausgabe der Fachzeitschrift PLOS Medicine
publiziert.
(UPD Bern)
den, geschah dies bei den voll urteilsfähigen
Patienten in beinahe drei von vier Fällen.
(Universität Zürich)
­
© Die Schweizerische Post AG
SCHWEIZERISCHE ÄRZTEZEITUNG – BULLETIN DES MÉDECINS SUISSES – BOLLETTINO DEI MEDICI SVIZZERI
Timbre spécial pour Tox Info Suisse.
2016;97(12–13):483
484
HORIZONTE Begegnung mit …
… Michael Thiel, Chefarzt der Augenklinik am Luzerner Kantonsspital
«Ich lebe für die Perfektion»
Daniel Lüthi
Freier Journalist und Fotograf, Medientrainer, Bern
Da und dort stehen letzte Zügelkisten, einige Räume sind
ambulante Tätigkeiten ausgerichtet». Viel Licht, keine
noch leer. Bald aber wird der 50-Millionen-Bau einge-
gefangenen Gänge, einladende Empfangs- und Warte-
weiht.1 «Wir platzten aus allen Nähten», sagt Michael
zonen: Patienten könnten sich jetzt besser orientieren
Thiel. «Jetzt können wir auf einer nur wenig grösseren
und auch Mitarbeitende würden sich im Neubau woh-
Fläche massiv mehr Leistung erbringen. Es ist das per-
ler fühlen. «Gerade für sie ist dieses Gebäude eine Wert-
fekte Gebäude für unsere Ansprüche.» Kein Zweifel:
schätzung. Gute Fussballer spielen auch gerne in einem
Die neue Augenklinik ist sein Stolz. Und «perfekt» des-
schönen Stadion.» Der Vergleich mit dem Fussball
halb das passende Attribut.
kommt immer wieder.
Michael Thiel ist nicht nur Arzt, (zu etwa 60 Prozent,
Spielertrainer
Tag der offenen Tür:
16. April 2016, 10–16 Uhr
200 Mitarbeitenden in der Augenklinik und knapp
Die Anordnung der Räume sei jetzt auf die Bedürfnisse
800 Angestellten im Departement Spezialkliniken. Dazu
der Patienten und die Abläufe einer Augenklinik opti-
gehören das Frauenspital, die Anästhesie, die Intensiv-
mal abgestimmt, schwärmt Thiel, «früher gab es hier
station und die Rettungsdienste. «Ich bin Spielertrai-
fast ausschliesslich Bettenzimmer, man war nicht auf
ner», sagt Thiel, «also ein Trainer, der mitspielt – und
SCHWEIZERISCHE ÄRZTEZEITUNG – BULLETIN DES MÉDECINS SUISSES – BOLLETTINO DEI MEDICI SVIZZERI
1
wie er sagt), sondern auch Chef. Vorgesetzter von rund
2016;97(12–13):484– 486
485
HORIZONTE Begegnung mit …
zwar nicht bloss an der Seitenlinie. Ich nehme Pässe
ab und spiele sie weiter. Zum Beispiel dann, wenn die
Frauenklinik in der Stadt eine Hebammenpraxis eröffnen will. Mein Team soll sich optimal entfalten können.
Deshalb sehe ich mich nicht primär als Vorgesetzter,
sondern als Interessenvertreter und Coach. Jeder soll
aus seinem Potential das Optimum machen können.»
Wie sehe ich mich? Und wie sehe ich die anderen? Bei
einem Augenarzt haben diese Fragen eine spezielle Bedeutung.
Hornhaut-Spezialist
«Ich sehe auch Dinge, die man mit den Augen nicht
sehen kann», sagt Thiel. Eine Landkarte zum Beispiel
könne er einfach als dreidimensionale Landschaft wahrnehmen. «Das hilft mir beim Arbeiten. Denn ich habe
Michael Thiel
Prof. Dr. med. Dr. phil. Michael Thiel
wurde 1964 in Zürich geboren. Er studierte Medizin an der Universität Basel,
wo er 1991 zum Dr. med. promovierte.
Am UniversitätsSpital Zürich USZ bildete er sich 1993 bis 97 zum Augenarzt
weiter. 1997 bis 2000 folgte ein Forschungsaufenthalt im australischen
Adelaide mit einer zweiten Promotion zum Dr. phil. auf dem
Gebiet der Transplantationsimmunologie. Dort spezialisierte er
sich auch auf Hornhauterkrankungen und -transplantationen.
Im Jahr 2000 kehrte er ans USZ zurück. 2005 habilitierte er in
Zürich, 2007 wechselte er ans Luzerner Kantonsspital als Chefarzt der Augenklinik. Seit 2012 ist er dort Leiter des Departements Spezialkliniken und Mitglied der Geschäftsleitung. 2013
ernannte ihn die Universität Zürich zum Titularprofessor für
Ophthalmologie. Michael Thiel ist verheiratet und Vater von
zwei Söhnen. Er lebt in Birchwil bei Zürich und in Luzern.
auf sehr kleinem Raum mit sehr vielen kleinen, anfälligen, verletzlichen Strukturen zu tun. Da muss ich sehr
präzise sein können.» Das ist der technische, mechani-
Mit anderen Worten: Thiel sieht als erstrebenswertes
sche Aspekt seiner ärztlichen Tätigkeit. «Mikro-manuelle
Resultat seiner Arbeit weit mehr als Änderungen an
Arbeiten haben mich schon als Kind fasziniert, und
einem Gewebe und Verbesserungen in einem Organ.
noch heute kann ich eine enthusiastische Freude dafür
«Es geht nicht nur darum, ein isoliertes Problem zu
entwickeln.»
sehen, sondern den Patienten als ganzen Menschen mit
Michael Thiels Spezialgebiet ist die Hornhaut, «das
klare Fenster vorne am Auge.» In seiner Klinik werden etwas mehr als die Hälfte aller Hornhaut-
«Jeder soll aus seinem Potential das Optimum
machen können.»
Transplantationen in der Deutschschweiz gemacht.
2015 waren es 242 Hornhauttransplantationen, insge-
seinen Bedürfnissen wahrzunehmen.» Wiederum ein
samt wurden hier im vergangenen Jahr über 7000 kom-
spezieller Punkt, gerade bei einem Augenarzt: der
plexe chirurgische Eingriffe am Auge durchgeführt.
wesentliche Unterschied zwischen «sehen» und «wahr-
Transplantationen sind nur möglich dank Organ- bzw.
nehmen». «Sehen ist bloss ein Signal», erklärt Thiel.
Gewebespenden. «Die Spendefreudigkeit der Schweizer
«Wahrnehmen ist weit mehr.» Bezogen auf die Ophthal-
Bevölkerung ist leider sehr beschränkt», sagt Thiel dazu.
mologie als spitzenmedizinische Disziplin: «Wenn ein
«Man ist lieber Empfänger als Spender. Die Wahrschein-
Spezialist seinen Blick ausschliesslich auf die rund drei
lichkeit, etwas zu benötigen, ist übrigens vierzehnmal
Kubikzentimeter fokussiert, die seine Spezialisierung
grösser als jene, überhaupt etwas geben zu können.»
ausmachen, dann wird dies zum Damoklesschwert.
Der Vorteil einer Hornhaut sei, dass man sie bis vier
Dann degradiert er sein Spezialistentum zur rein tech-
Wochen lang aufbewahren kann. «Und dass sie für den
nischen Eitelkeit.» Immer gehe es auch darum, Wunsch-
wartenden Patienten oft nicht so vital ist wie beispiels-
denken und reale Optionen gegeneinander abzuwägen –
weise ein Herz oder eine Niere.»
«zu beurteilen, nicht einfach etwas zu machen».
Selbstverständlich habe er persönlich schon lange «ja»
gesagt zur Organspende. Der Spenderausweis, den er als
Beweis aus seinem Portemonnaie fischt, ist 1995 ausgestellt worden.
Aufwand und Ertrag
Zurück zum Fussball: Wer in der obersten Liga spielt
und dort bleiben will, muss kontinuierlich Besonderes
Sehen und wahrnehmen
leisten. Und viel. 75-Stunden-Wochen sind bei Michael
Thiel die Regel, dreimal pro Woche übernachtet er in
Luzern, also nicht bei seiner Familie. «Ich komme aus
ner Kunst? «Jemand, der schlecht sieht, wird wieder
einer Generation, für die ein solches Pensum normal
klarer sehen. Sein Bild wird von trüb und neblig wie-
ist», kommentiert er, und ja, «meine Frau muss privat
der scharf. Vor allem aber: Seine Lebensqualität wird
einiges ausbaden, ohne sie hätte ich das alles nie ge-
besser.»
schafft. Aber ich will mir diesen Zeiteinsatz leisten – ich
SCHWEIZERISCHE ÄRZTEZEITUNG – BULLETIN DES MÉDECINS SUISSES – BOLLETTINO DEI MEDICI SVIZZERI
Was kann Thiel erreichen mit seinem Handwerk, sei-
2016;97(12–13):484– 486
486
lebe für die Perfektion. Mein persönlicher Aufwand da-
geführt», bedauert er. «Dabei geht es nicht bloss um
für ist mir gleich.» Und was sagt er einem Assistenten,
die Brillenfreiheit; es gibt Fehlsichtigkeiten, die den All-
der sich auf seine vertraglich zugesicherte 50-Stunden-
tag massiv beeinträchtigen.»
Woche beruft? «Ich mag sie ihm gönnen. Aber ich mache
Thiel selber trägt eine Brille. Warum hat er seine Augen
mir Sorgen um die Qualität. Begabte Nachwuchskräfte
nicht lasern lassen? «Ich hab’s mir immer wieder über-
werden gebremst, ja entmündigt, wenn sie durch die
legt», antwortet er. «Das Risiko, dass das Resultat eines
Stempeluhr zu reinen Zeitarbeitern degradiert werden.
solchen Eingriffs nicht optimal ist, ist sehr, sehr klein.
Die rigide Anwendung des geltenden Arbeitszeitgesetzes
In meiner Tätigkeit als Mikrochirurg benötige ich aber
hemmt ihre Kreativität und die Befriedigung ihres Wis-
zwei perfekte Augen für die Tiefenwahrnehmung. Da-
sensdurstes.» Die 50-Stundenwoche als Jahresdurch-
her würde meine chirurgische Arbeitsfähigkeit durch
schnitt wäre kein Problem, sagt er, es gehe um die rigide
ein gutes, aber nicht perfektes Resultat an einem der
Anwendung der Zeitgrenze in jeder einzelnen Woche:
beiden Augen bereits in Frage gestellt. Mein höchstes
«Es tut mir weh, wenn jemand vorzeitig den Opera
Gut ist die Qualität meiner Leistung, und dafür gehe ich
­
HORIZONTE Begegnung mit …
tionssaal oder eine Fallbesprechung verlassen muss,
kein noch so kleines Risiko ein, wenn es vermeidbar ist.
weil sein Zeitguthaben abgelaufen ist.» In der Fussball-
Im Übrigen trage ich nicht ungern eine Brille.»
sprache: «Einem Spitzenspieler sagt man ja auch nicht,
er dürfe nur einmal pro Woche trainieren. Unser Gesundheitssystem lebt davon, dass Ärzte manchmal überdurchschnittliche Leistungen erbringen.»
Und sonst?
In Thiels Büro steht auf dem Gestell hinter dem Pult
das Modell der Segeljacht Alinghi. Das Schiff deutet
«Sehen ist bloss ein Signal.»
darauf hin, dass es im Leben dieses Mannes trotz allem
noch anderes gibt als den Beruf. Ja, er segle seit seinem
Sprechen wir doch gleich auch über das zweite unange-
16. Lebensjahr, erzählt er. Ab und zu sei er beispiels-
nehme Thema, das mit dem erwähnten Aufwand und
weise im Mittelmeer unterwegs. Und er baue selber auch
Knowhow unmittelbar zusammenhängt: das hohe Ein-
Boote, zur Zeit ein Holzkanu. Das komme seinem hand-
kommen, das Spezialisten immer wieder vorgewor-
werklichen Interesse entgegen.
fen wird. «Die sogenannten Spitzengehälter machen in
Grundsätzlich sagt er zum Thema «Work-Life-Balance»:
einem Spital bei den Kosten den Unterschied nicht aus»,
«Mein Bedürfnis nach persönlicher Freizeit ist wohl
sagt Thiel. Entscheidend jedoch seien die Einkommens-
eher bescheiden. Ich brauche für meine Befriedigung
unterschiede zwischen Spital und Praxis. «Wegen der
die Freizeit als Entschädigung nicht.» Und das Kanu,
hohen Gehälter in der Praxis ist es für uns oft schwierig,
von dessen Bau er eben mit einem freudigen Glänzen in
die Leute im Spital-Team zu behalten. Ansonsten jedoch
den Augen gesprochen hat? «Daran bin ich seit fünf Jah-
ist die Geld-Frage oft eine reine Neid-Diskussion.»
ren», ergänzt er amüsiert. «Und das dauert noch lange.
Das Problem ist halt, dass der Tag nur 24 Stunden hat.»
Laser als Lifestyle?
Der Luzerner Augenklinik ist das Augenlaserzentrum
Zentralschweiz angegliedert. Andernorts, in Bern oder
dieses Feld der Privatwirtschaft überlassen, sagt Thiel.
«Die Diskussion um Laser-Operationen bei Kurz- oder
Weitsichtigkeit, um die refraktive Chirurgie also, wird
dl[at]dlkommunikation.ch
leider allzu oft abschätzig als reine Lifestyle-Diskussion
Die nächste Begegnung mit …
Am Ende jeden Monats stellt die Schweizerische Ärztezeitung
eine Persönlichkeit vor, die sich im Gesundheitswesen engagiert. Im April schildert Daniel Lüthi seine Begegnung mit Eva
Gollwitzer, Biologin und Forscherin am CHUV in Lausanne.
SCHWEIZERISCHE ÄRZTEZEITUNG – BULLETIN DES MÉDECINS SUISSES – BOLLETTINO DEI MEDICI SVIZZERI
Zürich zum Beispiel, hätten die öffentlichen Spitäler
2016;97(12–13):484– 486
487
HORIZONTE Streiflicht
Der gute Arzt, oder über seine
Proprien und Akzidenzien
Markus Gassner
Dr. med., Landarzt, Grabs
Das ist begreiflich. Aber wie soll er denn sein, der gute
Arzt? Manche möchten einen guten Menschen, am
liebsten mit den besten Eigenschaften, mit der besten
Qualität. Doch was bedeutet hier gut? Sind es Charaktereigenschaften oder andere Qualitätsmerkmale wie
Fertigkeiten für eine kostengünstige Reparatur? Wer
Die besten Menschen sollten eigentlich ein Land führen. Doch nach welchen Eigenschaften wählen unsere
Volksvertreter die besten Landesväter? Was ist ein Pro
prium, was ein Akzidenz eines guten Bundesrates?
Nach welchen menschlichen Kriterien soll ein Land
regiert werden?
­
misst oder qualifiziert welche Qualität?
Der gute Bundesrat
­
Kranke Menschen wünschen sich einen guten Arzt.
Bei den Dingen ist es einfacher. In der scholastischen
Philosophie, die wir als Gymnasiasten noch lernen
mussten, war es logisch, zwischen einem Proprium
und einem Akzidenz zu unterscheiden. Ein Proprium
umschreibt die wesentliche Eigenschaft, den Zweck,
zum Beispiel eines Werkzeuges, die dazu dienen, Werke
tarier nach ihrer Qualität hinterfragen. Ihr Proprium
wäre das Wohl der Eidgenossenschaft, das Akzidenz
die Vertretung ihrer Partikularinteressen, die Partei,
die Farben ihrer Wähler. Sie sollten die Besten für
eine Aufgabe wählen und Gesetze zum Wohle aller
Eidgenossen (inkl. Einwohner anderer Nationen, bei­
zu erzeugen.
Natürlich könnte man auch die wählenden Parlamen-
spielsweise Touristen, Flüchtlinge usw.) gestalten, die
Finanzierung dieser Aufgaben «steuern» im Sinne
Das gute Messer
der Solidarität, auch der Gesundheit für Alle.
Das Proprium eines Messers ist das Schneiden, das
Die Eigenschaften des guten Arztes
­
Teilen. Je nach Materie eignet sich nicht jedes Messer
schiedliche Aufgaben. Sie benutzen für ihre Fertigkei-
terschiedliches Risiko von Verletzungen, manche sind
ten unterschiedliche Werkzeuge. Wenige Neurochir
sogar dazu geschaffen (Säbel, Dolche). Man kann vor
urgen arbeiten mit speziellen, sehr teuren «Messern»
unbeabsichtigtem Schaden schützen oder einen Miss-
(Gamma-Knife), nur auf Augen spezialisierte Ärzte
brauch über Gesetze behindern. Scharfrichter benutz-
sind häufiger und benutzen sehr kleine. Kosmetisch
ten das Schwert, welches der Arzt Joseph-Ignace Guillo-
orientierte Ärzte befriedigen Kundenwünsche mit und
tin aus humanitären Überlegungen perfektionierte.
ohne Messer. Pathologen, die sich nur um Verbrechen
Als Waffe wurden die vielen modifizierten Messer
kümmern (Gerichtsmediziner) sollten keine Kunden-
ersetzt. Die Polizei erhielten als Gendarmen (gens
wünsche erfüllen, arbeiten heute häufig messerlos.
d’armes) die Lizenz, eine Waffe zu benutzen, oder als
Ärzte haben unterschiedliche persönliche Eigenschaf-
Carabinieri einen Karabiner zu tragen. Dort aufge-
ten (Proprien) und arbeiten mit unterschiedlichen
pflanzte Messer (Bajonette) wurden wegen Maschinen-
Möglichkeiten wie Lizenzen für unterschiedliche Mes-
gewehren zu symbolischen zweckentfremdeten Insi
ser, Gifte und Macht, mitunter aufgrund individueller
­
­
Es gibt verschiedene Ärzte für zunehmend unter-
müse, Fleisch oder Fisch. Auch hat jedes Messer ein un-
­
gleich gut bei der Zubereitung zum Essen von Brot, Ge-
eigenschaften eines guten Arztes? Hippokrates emp-
Jedes Messer hat seine Akzidenzien (zufällige Merk-
fahl jungen Ärzten, sich Kenntnisse des Lebensstils,
male). Davon lebt das Marketing, es prägt Mode und
der Vegetation, des Bodens und Wassers zu verschaf-
Luxus, Angebot und Nachfrage. In der heutigen Zeit ist
fen. Die Sprache der Kranken zu verstehen, war eine
das Akzidenz aber oft wichtiger geworden als das Pro
Selbstverständlichkeit.
­
­
Akzidenzien. Gibt es jedoch allgemeine Charakter
(Landsgemeindesäbel).
­
gnien der Offiziere oder kantonal zu Stimmausweisen
Für die Qualität der Umwelt ist in der Natur die Arten-
Bei Dingen ist der Unterschied einfacher messbar als
vielfalt ein optimales Kriterium. Dies sollte auch für
bei Personen.
so komplexe Systeme wie «Gesundheit und Medizin»
SCHWEIZERISCHE ÄRZTEZEITUNG – BULLETIN DES MÉDECINS SUISSES – BOLLETTINO DEI MEDICI SVIZZERI
prium: Gefälligkeit statt Wirksamkeit.
2016;97(12–13):487– 488
488
HORIZONTE Streiflicht
ber, ist ihre doppelte, hohe Franchise trotz Empfehlung
von Comparis dahin. Gesunde sind begeistert und
wechseln Kassen, Kranke wollen selten Managed Care.
Sie möchten keine «Kunden» sein.
Manche gesunde und kranke Menschen wünschen
keine Spitzenmedizin, sie leben freiwillig oder genötigt bescheiden und erinnern an den in einem Fass
­
lebenden Diogenes (wörtlich «der von Gott Gezeugte»).
­
Seinen König schickt er weg, weil er ihm vor der Sonne
steht, zynisch konsequent: Die Menschen brauchen
nur das Notwendigste. Mit einer Lampe sucht er mittags auf dem Markt aber «einen Menschen», vielleicht
seinen Arzt!
Mit zunehmendem Alter und Erfahrung stellen wir
fest, wie jedes zusätzliche Wissen die Welt des Nichtwissens vergrössert. Solange wir denken können,
sollte dies die Gier nach Neuem wecken. Entdecken ist
köstlicher als konsumieren! Forschen in einer Landpraxis ist so einfach. Es gibt hierzu neue, sehr hoff-
«Diogenes sucht einen Menschen» (Darstellung wahrscheinlich um 1780 von Johann
Heinrich Wilhelm Tischbein) – suchte er vielleicht einen guten Arzt?
nungsvolle Ansätze. Multimorbide und betagte Patienten relativieren heute das Denken nach Guidelines
3
Biotop der Gesundheitsversorgung, meist über die
Lehrmeinungen ist erschüttert, eine gute Chance,
Pflege von Patienten. Dies ändert sich kontinuierlich
diese jetzt zu hinterfragen und neues Wissen zu suchen.
regional, über spezialisierte Angebote, aber auch schon
Welchen Arzt wollen Sie als Patient? Welche Eigen-
rein physiologisch durch das Alter. Je älter ein Arzt
schaften soll Ihr Arzt heute und in den nächsten Jahren
wird, desto mehr behandelt er auch ältere, und somit
haben? Wie viel ist Ihnen dies wert? Wer soll diese Eigen-
polymorbide Menschen. Je nach Situation, eigener
schaften (Qualität!) bewerten, bestimmen, messen,
Ausbildung, und eigenem Interesse und Möglichkeiten
fördern? Wer wählt wie die besten Studenten aus, für
wird er Patienten neu übernehmen, für technische
das Medizinstudium?
Leistungen weiterweisen oder rechtzeitig Kollegen um
Eines ist gewiss, neoliberale marktwirtschaftliche
Rat fragen. Dieser Dialog bleibt immer noch die beste
Überlegungen haben bisher keine sozialen Probleme
Weiterbildung.
weltweit und auch in kleineren Gemeinschaften langfristig gelöst, viele aber verstärkt. Was und welche
Arbeit wie viel wert ist, hat sich während der letzten
Wie findet man seinen guten Arzt?
­
2
und Trampeln auf Patientenpfaden! Das Vertrauen in
Dekaden merklich verändert [2, 3]. Wissenschaftlich
Kranke Schweizer möchten gute Ärzte, und ihren Arzt
sollten Ärzte heute wieder etwas mehr philosophisch
selbst auswählen. Dazu müssen sie seit jeher Kompro-
denken, auch mit mehr Liebe zur Weisheit, neugierig,
misse eingehen. Früher hatten die meisten Familien
weniger rein analytisch monovalent, vor allem aber
ihren Hausarzt und ihre Krankenkasse. Nicht nur so
weniger administrativ gewinnorientiert, geldgierig.
­
Gassner M. Ein Tag Notfalldienst im Sommer
2001. Schweiz Ärztezeitung 2002;83(10):
490–1. (Ed. Stalder H:
459). Dies war der
Beginn einer Serie von
40 Beiträgen.
Gassner M. Was ist ein
Notfall? Schweiz Ärztezeitung 2006; 87(42):
1813–5.
Gassner M. Die schweizerische Aussenhandelsstatistik. Schweiz
Ärztezeitung
1990;71:603–6.
Gassner M. Die Kostenexplosion der Briefmarken im vermarktwirtschaftlichen
Gesundheitswesen.
Satyrische Gedanken
über Werte. Schweiz
Ärztezeitung
1999;79(15):922–4.
Gassner M. Wollen
Kranke wirklich Kunden sein? Schweiz Med
Forum. 2006;6:757.
­
1
gelten. Jeder Arzt bearbeitet individuell ein kleines
missbraucht zu werden.
nisse und Lösungen bei Notfällen in der Schweiz unter-
In der Schweiz (Demokratie: vom Volk für das Volk), die
sucht [1]. In den letzten 15 Jahren haben sich hier sowohl
sich zusätzlich als Genossenschaft bezeichnet, sollten
Angebot wie Nachfrage wesentlich verändert. Ein Arzt
deshalb gute Charaktereigenschaften, Proprien und
ist nicht für jedes aktuelle gesundheitliche Problem
nicht vorwiegend Akzidenzien wie Fertigkeiten der
für jeden gleich erreichbar, wie eine Schweizer Klinik
Ärzte politisch gefördert werden. Jede Bevölkerung
für einen Scheich nach einem Skiunfall. Schweizer
einer Demokratie hat die Regierung und die Ärzte, die
Korrespondenz:
suchen an einem Donnerstag wegen einem akuten
sie verdient.
Dr. med. Markus Gassner
Bibeli mitunter vergebens ihren Arzt mit dem opti-
CH-9472 Grabs
m.gassner[at]hin.ch
­
malsten Rating und Unterstützung per Telmed oder
Medcal. Passiert doch etwas ernsthaftes Ende Dezem-
Bildnachweis
Diogenes sucht einen Menschen
– Wikipedia, gemeinfrei
SCHWEIZERISCHE ÄRZTEZEITUNG – BULLETIN DES MÉDECINS SUISSES – BOLLETTINO DEI MEDICI SVIZZERI
Spitalstrasse 8
2016;97(12–13):487– 488
­
der Medizinischen Wissenschaften hatte 2001 Bedürf-
­
tischen Mitteln wehren, nur ökonomisch bewertet und
­
Umgekehrt müssen wir Ärzte uns auch mit allen poli
kostengünstig gelöst. Die Schweizerische Akademie
ziale Probleme, auch Notfälle wurden so einfach und
489
HORIZONTE Streiflicht
Cargokult
Erhard Taverna
Dr. med., Mitglied der Redaktion
tischismus. Ein Glaube, der Gegenständen übernatür­
data mindestens zwei Auswirkungen. Einerseits führt
liche Eigenschaften zuschreibt. Der Zweite Weltkrieg
die Datenflut zur bekannten Reduktion auf das Mess­
war zu Ende, die Soldaten abgezogen, und keine Mili­
bare, zum methodologischen Sachzwang, der im Ex­
tärmaschinen mehr brachten Nachschub auf die In­
tremfall den magischen Praktiken der Polynesier
seln im Pazifik. So wie die Materialflut hereingebro­
gleicht. Wesentliches bleibt unerkannt. Andererseits
chen war, so plötzlich ging es mit dem Cargo, den
fördert das falsche Prestige den Irrtum mit handfesten
Waffen, Kleidern, Konserven, Zelten und anderen
Folgen. Ein Paradebeispiel ist die Finanzökonomie mit
Waren, zu Ende. Der Ursprung dieser Güter war den
ihrer pseudowissenschaftlichen Formelsprache oder
Eingeborenen verborgen geblieben. Sie imitierten nur
Schulungsvergleiche wie PISA, die mit statistischen
den letzten Akt einer langen Produktionskette mit ge­
Datenreihen Anweisungen zu gesellschaftspoliti­
schnitzten Kopfhörern, Bambusantennen und Lande­
schem Handeln erteilen. Aus weichen Daten werden
schneisen im Urwald. Sie erwarteten eine Wieder­
harte Fakten. Anfällig dafür ist besonders die Public
holung der wundersamen Transporte, wie sie ihnen
Health Domäne. Sport muss einfach gesund sein, auch
die Ahnen schon einmal beschert hatten. Der Cargo­
wenn die Unfallkosten jährlich zunehmen. Der Wurst­
kult, als neureligiöse Heilsbewegung, soll bis heute, in
konsum vermindert die Lebenszeit, ein wenig nur,
vielerlei Formen, sporadisch aufflammen.
beträchtlich oder am Ende gar nicht. Vieles dient der
Die Ersatzhandlung dient oft als Gleichnis. Als Cargo
Selbstdarstellung und hat nur eine kurze mediale Le­
Cult Science kritisierte der amerikanische Physiker und
bensdauer. Der Schweizer Historiker Herbert Lüthy
­
-
-
Viel gerechnet muss einfach gut sein. Dabei hat Big
­
Polynesiens Cargokult war und ist ein Beispiel von Fe­
Nobelpreisträger Richard P. Feynman (1918–1988)
ein pseudowissenschaftliches Denken. In einem
berühmten Vortrag, den er 1974 vor Studenten
hielt, kritisierte er ein Vorgehen, das die Methode
Als Metapher wird der Begriff «Cargokult»
für sinnlose Arbeitsweisen im Wissenschaftsbetrieb angewendet.
mit der Wissenschaft verwechselt. «They’re doing
licher Methoden auf die Human und Sozialwissen­
gation, but they are missing something essential, be­
schaften illusorisch genannt. Er dachte weniger an die
cause the planes don’t land.» Feynman plädierte für
Methoden und Modelle als an die Voraussetzungen ih­
Integrität und Ehrlichkeit. Dazu gehöre es über alles zu
rer Anwendung. Denn jedes Objekt der Humanwissen­
berichten, über unbrauchbare Resultate, Zweifel am
schaften, einschliesslich der Ökonomie, sei ein histo­
Experiment und abweichende Fakten. Was heute als
risches Subjekt. Man könne deshalb nicht «in die
-
(1918–2002) hat die Übertragung naturwissenschaft­
the apparent precepts and forms of scientific investi­
­
everything right. The form is perfect […] they follow all
scientific bias, als Verzerrung durch die Unterdrückung
Geschichtslosigkeit der mathematischen Formeln ent­
negativer Resultate bei pharmazeutischen Studien am
fliehen».
Pranger steht, ist keine neue Entdeckung. Der Redner
Auch die besten Werkzeuge garantieren keine Qualität.
zitiert Beispiele und warnt die Studenten vor Selbst­
Als Metapher wird der Begriff «Cargokult» für sinnlose
betrug und Wunschdenken oder gefälligen Publika­
Arbeitsweisen im Wissenschaftsbetrieb, bei Software­
tionen um Politiker und Geldgeber zu überzeugen. Ein
entwicklungen oder in hierarchischen Management­
mathematisch exaktes Vorgehen allein, garantiert kei­
systemen angewendet. Was in Neuguinea begann,
zieht sich in die Zukunft. In der Endzeit Filmserie Mad
die richtigen Fragen mit den geeigneten Methoden zu
Max versuchen Jugendliche mit Schrott und bizarren
beantworten. Man kann alles berechnen ohne daraus
Ritualen einen Messias herbeizurufen. Doch es bleibt
einen ernsthaften Nutzen zu ziehen. Im Zeitalter der
dabei. Die Bambusantenne empfängt keine Signale. Es
Algorithmen sind Cargokulte besonders attraktiv. Alle
landen keine Flugzeuge.
-
nen Erfolg. Unter essential versteht Feynman die Kunst
Humanwissenschaften haben formal durch die mathe­
erhard.taverna[at]saez.ch
Prestige, der richtige Jargon stellt sich von selber ein.
Referenz
1
Feynman R. P. Cargo Cult Science. Some remarks on science, pseu­
doscience and learning how to not fool yourself. Caltech’s 1974
commencement address.
SCHWEIZERISCHE ÄRZTEZEITUNG – BULLETIN DES MÉDECINS SUISSES – BOLLETTINO DEI MEDICI SVIZZERI
stände ihr Ansehen aufpoliert. Ohne Rechner kein
-
matisch abstrakte Formulierung komplexer Tatbe­
2016;97(12–13):489
490
ZU GUTER LETZT
What’s Wrong with EBM?
Jean Martin
Dr. med., Mitglied der Redaktion
stehen. Das Hauptaugenmerk sollte auf dem Kranken
tings Center Report [1]. Wer könnte schon gegen die Evi­
liegen und auf dessen Verständnis davon, was nicht
denzbasierte Medizin (EBM) sein, fragt Fins einleitend.
geht, was geht und was vorzuziehen wäre.» Cassell
Er befürchtet, dass EBM zum notwendigen und hinrei­
führt an, dass sich die normale Praxis der richtigen Di­
chenden Kriterium für «good doctoring» wird. Die zu­
agnose und der Empfehlung einer Behandlung gut für
nehmende Bedeutung, die der Thematik in den letzten
die Akutversorgung eignet. Für eben diese gibt es wirk­
Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts beigemessen wurde,
same Behandlungsmethoden. Heute gilt die Mehrzahl
trug zwar dazu bei, dass Therapien standardisiert und
der Arztbesuche jedoch chronischen Leiden, Beschwer­
Fehler reduziert werden konnten, doch gleichzeitig
den, die langsam auftreten und bei denen vor allem
ging dabei etwas von der Kunst des Heilens verloren.
versucht wird, Symptome zu lindern oder ein Fort­
«EBM ist stark auf Protokolle und Checklisten aus­
schreiten zu verlangsamen. «In der Zeitspanne zwi­
gerichtet und kann dabei leicht die Bedeutung der Pa­
schen Diagnose und Tod [!] ist der Erfolg daher vor
tientenhistorie – eine der wichtigsten Antriebskräfte
allem abhängig davon, dass der Patient stets am Ver­
der diagnostischen Reflexion – aus den Augen verlie­
ständnis des langfristigen therapeutischen Follow up
ren.» Die Tendenz, sich von den Berichten des Patien­
interessiert und motiviert ist, es anzuwenden.» Zur För­
ten, von der Anamnese, zu entfernen, sieht Fins bei­
derung des Interesses, der Motivation und der Koopera­
spielhaft bestätigt in dem Rezertifizierungsverfahren
tion arbeitet der Arzt gemeinsam mit dem medizini­
des US Board of Internal Medicine. Im Rahmen dessen
schen Fachpersonal und dem Kranken, für den er dabei
ist mit Blick auf die richtige Behandlung mehr das Wis­
stets Empathie zeigt.
sen um jüngste Publikationen in der Fachliteratur als
Cassell meint ferner, dass nicht so vorgegangen werden
die Fähigkeit, zur richtigen Diagnose zu gelangen, ge­
kann, als gäbe es in der medizinischen Arbeit zwei ge­
fragt. «Wenn der Patient in die Praxis kommt, hat er
trennte Zielsetzungen – die eine gebunden an wissen­
keinen Zettel mit den Schlüsselbegriffen zur Diagnose
schaftliches Knowhow und Pathologie und die andere
seiner Beschwerden dabei. Vielmehr erzählt er – oft
an die menschliche Problematik des Kranken. Es gibt
unzusammenhängend – persönliche Begebenheiten,
nur ein Ziel und das ist das Wohlergehen des Patienten.
die es im Dialog in den Kontext zu setzen und zu er­
Lantos (Autor der Rezension) warnt überdies davor,
gänzen gilt.» Der Austausch zwischen Arzt und Patient
Einzelpersonen in definierten Gruppen «abstrahieren»
ist «what diagnostic thinking is all about.» In Fins Augen
zu wollen. Das geht nicht, sagt er. Wir brauchen die
Fins JJ. What’s Wrong
führt die Umsetzung der EBM Kriterien dazu, dass
Berichte der Kranken! (So schliesst sich der Kreis zu
with Evidence Based
der detektivische Anteil der ärztlichen Betreuungs­
Fins – vgl. obenstehend und jenen, die seit einigen
arbeit (und integraler Bestandteil derselben) aussen
Jahrzehnten auf die Bedeutung eines narrativen An­
2016, 46, Nr. 1, 49.
vor bleibt.
satzes hinweisen).
Lantos JD. Learning to
In derselben Ausgabe analysiert J. D. Lantos [2] die beiden
Der Autor dieses «Zu guter Letzt» Artikels wurde wäh­
Learn. The Hastings
letzten Werke von Eric J. Cassell (The Nature of Healing
rend seiner Public Health Ausbildung und seiner be­
Center Report, Jan–Feb
und The Nature of Clinical Medicine). Beide Bücher – so
ruflichen Laufbahn darin geschult, auf statistische,
Lantos – beschreiben die klinische Arbeit und sprechen
soziologische und sozietale Aspekte der Volksgesund­
davon, «wie die klinische Medizin den Arzt naturgemäss
heit zu achten, auf objektive und quantitative bio­
auch zum Heiler macht». Der Arzt/Heiler agiert vor al­
medizinische Komponenten. Natürlich bin ich auch
physician enhance­
lem als Beobachter und interpretiert alles, was seinen
überzeugt, dass die individuelle Beziehung, menschli­
ment? Revue médicale
Patienten ausmacht, sein Leben, seine Ziele, seine Sym­
cher Austausch und Empathie Grundpfeiler der Praxis
ptome, seine Vorbehalte. All dies im Rahmen eines «vo­
sind. Eigentlich eine Binsenwahrheit! Manchmal heisst
racious approach to both hard and soft data»!
es jedoch auch: bis repetita placent! Diese Meinung
Lantos betont, dass Cassell kein Gegner der EBM ist.
scheinen auch unsere hier zitierten amerikanischen
Allerdings sollte seines Erachtens «wissenschaftliches
Kollegen zu vertreten [3].
3
2016, 46, Nr. 1, 46–47.
Und auch renommierte
Kollegen bei uns: Vgl.
Stiefel F, Canuto A.
Le médecin du futur:
suisse, 2016, 12, 291.
jean.martin[at]saez.ch
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Listen, Listening to
SCHWEIZERISCHE ÄRZTEZEITUNG – BULLETIN DES MÉDECINS SUISSES – BOLLETTINO DEI MEDICI SVIZZERI
2
Center Report, Jan–Feb
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Medicine? The Hastings
­
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1
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Knowhow nicht an erster Stelle im Denken des Arztes
Professor am Weill Cornell Medical College, im Has­
­
So lautet der Titel eines kurzen Artikels von J.J. Fins,
2016;97(12–13):490
GAUCH
SCHWEIZERISCHE ÄRZTEZEITUNG – BULLETIN DES MÉDECINS SUISSES – BOLLETTINO DEI MEDICI SVIZZERI
Die letzte Seite der SÄZ wird unabhängig von der Redaktion gestaltet.
2016;97(12–13)