SÄZ – BMS Bulletin des médecins suisses – Bollettino dei medici svizzeri – Gasetta dals medis svizzers 447 Editorial Daten, das Öl des 21. Jahrhunderts 484 Begegnung mit Chefarzt Michael Thiel «Ich lebe für die Perfektion» 490 «Zu guter Letzt» von Jean Martin What’s Wrong with EBM? 12–13 23. 3. 2016 Schweizerische Ärztezeitung 448 FMH Ärztestatistik 2015 Offizielles Organ der FMH und der FMH Services www.saez.ch Organe officiel de la FMH et de FMH Services www.bullmed.ch Bollettino ufficiale della FMH e del FMH Services Organ ufficial da la FMH e da la FMH Services INHALTSVERZEICHNIS 445 Redaktion Redaktion Ethik Dr. med. et lic. phil. Bruno Kesseli, Basel (Chefredaktor); PD Dr. theol. Christina Aus der Au; Prof. Dr. med. Lazare Benaroyo; Dipl.-Biol. Tanja Kühnle (Managing Editor); PD Dr. phil., dipl. biol. Rouven Porz Isabel Zwyssig, M.A. (koordinierende Redaktorin); Redaktion Medizingeschichte Dr. med. Werner Bauer; Prof. Dr. med. Samia Hurst; Prof. Dr. med. et lic. phil. Iris Ritzmann; PD Dr. rer. soc. Eberhard Wolff Dr. med. Jean Martin; Anna Sax, lic. oec. publ., MHA; Redaktion Ökonomie Dr. med. Jürg Schlup (FMH); Prof. Dr. med. Hans Stalder; Anna Sax, lic. oec. publ., MHA Dr. med. Erhard Taverna; lic. phil. Jacqueline Wettstein (FMH) Redaktion Recht Fürsprecher Hanspeter Kuhn (FMH) FMH EDITORIAL:Christoph Bosshard 447 Daten, das Öl des 21. Jahrhunderts DDQ:Stefanie Hostettler, Esther Kraft 448 FMH-Ärztestatistik 2015: Zuwanderung grundlegend für Versorgungssystem Die Abteilung Daten, Demographie und Qualität (DDQ) hat die neueste Ärztestatistik veröffentlicht. Daraus geht hervor, dass die Anzahl berufstätiger Ärztinnen und Ärzte 2015 weiter angestiegen ist. Auch der Anteil an Ärztinnen und Ärzten mit einem ausländischen Arztdiplom nimmt weiter zu – jeder dritte Arzt stammt aus dem Ausland. ZENTRALVORSTAND:Maximiliano Wepfer 454 Nachrichten aus dem Zentralvorstand 455 Personalien Weitere Organisationen und Institutionen WGO:Valérie Gloor, Christian Ambord, Monique Lehky Hagen, Luc Fornerod, Arnaud Chiolero 456 Wie lässt sich die ärztliche Versorgung bewerten? Reicht es dafür aus, die absolute Ärztezahl und die Ärztedichte zu betrachten? Die Autoren sagen nein: Berücksichtigt werden müssen auch die Alterung der niedergelassenen Ärzte, die Reduzierung des Arbeitspensums, die zunehmende Anzahl Frauen im Arztberuf sowie die sinkende Attraktivität des Hausarztberufs. Zudem ist es wichtig, die Situation auf Ebene der einzelnen Kantone – und sogar auf Ebene der Regionen – genau zu evaluieren. 460 Aufruf an die Parlamentarier/-innen für ein wirksames Schweizer Tabakproduktegesetz COLLÈGE DES DOYENS:Henri Bounameaux, Peter Eggli, Thomas Gasser, Jean-Daniel Tissot, Rainer Weber 461 Statement regarding medical education in Switzerland Briefe / Mitteilungen 463 Briefe an die SÄZ 464 Facharztprüfungen / Mitteilungen FMH Services 465 Seminare / Séminaires / Seminari 470 Stellen und Praxen INHALTSVERZEICHNIS 446 Tribüne INTERVIEW: Bruno Kesseli 481 «Ein Nachschlagewerk für alle» 483 Spectrum Horizonte BEGEGNUNG MIT ...:Daniel Lüthi «Ich lebe für die Perfektion» Michael Thiel ist Chefarzt der Augenklinik am Luzerner Kantons- 484 spital und Vorgesetzter von rund 200 Mitarbeitenden in der Augenklinik und knapp 800 Angestellten im Departement Spezialkliniken. Doch er sieht sich nicht primär als Vorgesetzten, sondern als Interessenvertreter und Coach. Dabei vergleicht er seinen Job gerne mit dem eines Fussballt rainers: «Ich bin Spielertrainer, also ein Trainer, der mitspielt – und zwar nicht bloss an der Seitenlinie. © Xixinxing | Dreamstime.com Ich nehme Pässe ab und spiele sie weiter.» STREIFLICHT:Markus Gassner 487 Der gute Arzt, oder über seine Proprien und Akzidenzien STREIFLICHT:Erhard Taverna 489 Cargokult Zu guter Letzt Jean Martin 490 W hat’s Wrong with EBM? So lautet der Titel eines kurzen Artikels von J.J. Fins, Professor am Weill Cornell Medical College, im Hastings Center Report. Wer könnte schon gegen die Evidenzbasierte Medizin (EBM) sein, fragt Fins einleitend. Er befürchtet, dass EBM zum notwendigen und hinreichenden Kriterium für «good doctoring» wird. Ist es tatsächlich so, dass zwar Therapien standardisiert und Fehler reduziert werden konnten, doch gleichzeitig etwas von der Kunst des Heilens verloren ging? GAUCH Impressum Schweizerische Ärztezeitung Offizielles Organ der FMH und der FMH Services Redaktionsadresse: Elisa Jaun, Redaktionsassistentin SÄZ, EMH Schweizerischer Ärzteverlag AG, Farnsburgerstrasse 8, 4132 Muttenz, Tel. +41 (0)61 467 85 72, Fax +41 (0)61 467 85 56, [email protected], www.saez.ch «Stellenmarkt/Immobilien/Diverses»: Matteo Domeniconi, Inserateannahme Stellenmarkt, Tel. +41 (0)61 467 86 08, Fax +41 (0)61 467 85 56, [email protected] «Stellenvermittlung»: FMH Consulting Services, Stellenvermittlung, Postfach 246, 6208 Oberkirch, Tel. +41 (0)41 925 00 77, Fax +41 (0)41 921 05 86, [email protected], www.fmhjob.ch Verlag: EMH Schweizerischer Ärzteverlag AG, Farnsburgerstrasse 8, 4132 Muttenz, Tel. +41 (0)61 467 85 55, Fax +41 (0)61 467 85 56, www.emh.ch Abonnemente FMH-Mitglieder: FMH Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte, Elfenstrasse 18, 3000 Bern 15, Tel. +41 (0)31 359 11 11, Fax +41 (0)31 359 11 12, [email protected] Marketing EMH / Inserate: Dr. phil. II Karin Würz, Leiterin Marketing und Kommunikation, Tel. +41 (0)61 467 85 49, Fax +41 (0)61 467 85 56, [email protected] Andere Abonnemente: EMH Schweizerischer Ärzteverlag AG, Abonnemente, Farnsburgerstrasse 8, 4132 Muttenz, Tel. +41 (0)61 467 85 75, Fax +41 (0)61 467 85 76, [email protected] Abonnementspreise: Jahresabonnement CHF 320.– zzgl. Porto. ISSN: Printversion: 0036-7486 / elektronische Ausgabe: 1424-4004 Erscheint jeden Mittwoch © EMH Schweizerischer Ärzteverlag AG (EMH), 2016. Die Schweizerische Ärztezeitung ist eine Open-Access-Publika tion von EMH. Entsprechend gewährt EMH allen Nutzern auf der Basis der Creative-Commons-Lizenz «Namensnennung – Nicht kommerziell – Keine Bearbeitungen 4.0 International» das zeitlich unbeschränkte Recht, das Werk zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich zugänglich zu machen unter den Bedingungen, dass (1) der Name des Autors genannt wird, (2) das Werk nicht für kommerzielle Zwecke verwendet wird und (3) das Werk in keiner Weise bearbeitet oder in anderer Weise verändert wird. Die kommer zielle Nutzung ist nur mit ausdrück licher vorgängiger Erlaubnis von EMH und auf der Basis einer schriftlichen Vereinbarung zulässig. Hinweis: Alle in dieser Zeitschrift pu blizierten Angaben wurden mit der grössten Sorgfalt überprüft. Die angegebenen Dosierungen, Indikationen und Applikationsformen, vor allem von Neuzulassungen, sollten in jedem Fall mit den Beipackzetteln der verwendeten Medikamente verglichen werden. Herstellung: Schwabe AG, Muttenz, www.schwabe.ch Titelbild: © Otnaydur | Dreamstime.com Fussball: © Xixinxing | Dreamstime.com 447 FMH Editorial Daten, das Öl des 21. Jahrhunderts Christoph Bosshard Dr. med., Vizepräsident der FMH, Mitglied des Zentralvorstandes der FMH, Departementsverantwortlicher Daten, Demographie und Qualität / Schweizerische Akademie für Qualität in der Medizin SAQM Umsetzung dieser Massnahme. Was könnten wir bis wie vor winterliche Temperaturen. Wer über die dahin tun? Mit Blick auf die zunehmende Teilzeit- notwendigen Energiereserven verfügt, muss nicht Tätigkeit und Feminisierung sind Angebote zu schaf- schlottern. Gut auch, wer über genügend eigene Daten fen, welche den Bedürfnissen der kommenden Genera- verfügt, um sich für die diesbezüglichen Herausforde- tionen gerecht werden. Nur so werden wir es schaffen, rungen zu wappnen. unsere nachfolgenden Kolleginnen und Kollegen zu Die ärzteeigenen Daten ermöglichen es der FMH, auch einem möglichst hohen Beschäftigungsgrad-Anteil zu dieses Jahr wieder statistische Grundlagen von hohem motivieren. Zusätzlich könnte aktuell brachliegendes Wert in die gesundheitspolitischen Diskussionen ein- Potential mobilisiert werden, indem nicht mehr ärzt- zubringen – nicht um diese anzuheizen, sondern um lich Berufstätige zum Wiedereinstieg ermuntert wer- diese mit konstruktiver Energie zu versorgen. Alle den. Eine solche Entwicklung ist nicht nur für das reden von Steuerung in unserem Gesundheitswesen. Gesundheitswesen sinnvoll, sondern für die gesamte Die FMH zeigt währenddessen auf, wo und wie ihre Volkswirtschaft. Es kann ja wohl kaum sein, dass wir rund 40 000 Mitglieder rudern und damit dazu beitra- als Gesellschaft in die Bildung unserer Bürgerinnen gen, die Gesundheitsversorgung in der Schweiz auf und Bürger investieren und ihre Schaffenskraft dann Kurs zu halten. Diese Daten helfen mit, den Verantwor- nicht nutzen wollen. Wenn in einer Partnerschaft tungsträgerinnen und -trägern für ihre nicht leichte beide berufstätig sind, so entstehen neue Rollen und Arbeit Grundlagen zu geben. Herausforderungen – geschlechts- und berufsunab- Die klaren Tendenzen bezüglich Entwicklung der Teil- hängig. terbildung frühestens zwölf Jahre nach Beginn der Richtung Frühling führt, so herrschen draussen nach Auch wenn uns der Kalender Schritt um Schritt in zeitarbeit und der Altersstruktur der Ärzteschaft lassen unweigerlich aufhorchen. Die in den verdienten Ruhestand übertretenden Kolleginnen und Kollegen können wir nur noch ersetzen, wenn Ohne innovative Massnahmen werden uns die ärztlichen Fachkräfte ausgehen, bevor uns das Geld ausgeht! wir jedes Jahr zunehmend mehr Ärztinnen und zum künftigen Soll zu erheben, macht nicht nur die dieses Brain-Drains, wenn den Regionen am anderen demographische Entwicklung unserer Bevölkerung Ende der Welt die Fachkräfte fehlen, stellt sich die deutlich. Mit den Jahren kommen diverse gesundheit- Frage, ob in absehbarer Zukunft diese Fachleute über- liche und allenfalls auch soziale Herausforderungen Dass es auch in der Medizin schwierig sein wird, das Ist len. Abgesehen von den moralisch schwierigen Folgen Ärzte aus unseren Nachbarländern in die Schweiz ho- zusammen, welche plötzlich gemeinsam Krankheits- Mit ihren statistischen Grundlagen versorgt die FMH die gesundheitspolitischen Diskussionen mit konstruktiver Energie. wert erreichen können. Nicht nur so ist der Wandel zu sehen, sondern auch ganz fachspezifisch gesehen eröffnen sich heute zum Beispiel im Bereich des Herzklappen-Ersatzes katheterbasierte Möglichkeiten, in welche Innovationen uns die Zukunft noch bereithält? Nachbarländer begonnen, ebenfalls in die Attraktivität Welche Ressourcen wird unsere Gesellschaft in ihr ihrer Rahmenbedingungen zu investieren. Daher sei Gesundheitswesen investieren wollen und können? die Prognose erlaubt: Ohne Massnahmen werden uns Vor diesem Hintergrund relativieren sich die rein die Fachkräfte ausgehen, bevor uns das Geld ausgeht! datenbasierten Steuerungsmöglichkeiten und fordern Es braucht also innovative Ideen. Die Erhöhung der uns Ärztinnen und Ärzte auf, uns aktiv an diesen Dis- Anzahl Studienplätze ist unabdingbar, wirkt jedoch kussionen zu beteiligen. Auch hier braucht es wie beim nach einem sechsjährigen Medizinstudium und einer Rudern den Beitrag von allen Crewmitgliedern. Ich daran anschliessenden ebenso langen Facharzt-Wei- danke Ihnen dafür! SCHWEIZERISCHE ÄRZTEZEITUNG – BULLETIN DES MÉDECINS SUISSES – BOLLETTINO DEI MEDICI SVIZZERI welchem es früher die Chirurgie brauchte. Wer weiss, ein globaler Ärztemangel, andererseits haben unsere haupt noch ver fügbar sein werden. Einerseits herrscht 2016;97(12–13):447 448 FMH DDQ FMH-Ärztestatistik 2015 Zuwanderung grundlegend für Versorgungssystem Stefanie Hostettler a , Esther Kraft b a Dr. sc. ETH Zürich, Abteilung Daten, Demographie und Qualität DDQ FMH; b lic. rer. oec., Leiterin Abteilung Daten, Demographie und Qualität DDQ FMH FMH-Ärztestatistik – datengestützte Wissensgrundlage Wie viele Ärztinnen und Ärzte* arbeiten in der Schweiz? Wie sieht die Geschlechterverteilung aus und wie hoch ist der Anteil an Ausländern? Seit 1940 beantwortet die jährlich publizierte FMH-Ärztestatistik basierend auf einer umfangreichen Datengrundlage (vgl. Kapitel «Datengrundlage») diese und weitere Fragen und leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Einschätzung der Versorgungssituation in der Schweiz. Vielfäl tige Informationen über die berufstätige Ärzteschaft in der Schweiz tragen dazu bei, Zusammenhänge zu erkennen, allfällige Lücken aufzuzeigen und Prioritäten Abbildung 1: Anzahl Ärzte nach Jahr und Geschlecht 1960– 2015. zu setzen, um damit den heutigen und künftigen rend im Vergleich zu 2010 die Anzahl der Frauen 2015 Schweiz Rechnung zu tragen. um 31,6 Prozent zunahm, tat sie dies bei den Männern Gesundheitsbedürfnissen der Bevölkerung in der bloss um 8,4 Prozent. Bei den Bildungsabschlüssen in der Humanmedizin Entwicklung des Ärztebestandes überwiegt der Frauenanteil bereits seit zehn Jahren – 1 http://www.bag.admin. index.html?lang=de * Zur besseren Lesbarkeit wird in der Regel die männliche Form verwendet; Frauen sind mitgemeint. aktuell liegt er bei 55,7 Prozent (Frauen 515, Männer Männer) in der Schweiz berufstätig. Dies sind 977 mehr 409) [1]. Bei den Erteilungen der eidgenössischen Fach- als im Vorjahr. Für die Zunahme der Ärztezahl sind arzttitel (1743 total) beträgt dieser 59,6 Prozent. hauptsächlich die Frauen ausschlaggebend (Abbil- 51,3 Prozent der Ärzte arbeiten im ambulanten Sektor, dung 1). Obwohl mit 59,6 Prozent mehr Männer tätig 47,1 Prozent im stationären Sektor und 1,6 Prozent der sind, steigt der Frauenanteil in den vergangenen Jah- Ärzte üben eine Tätigkeit ausserhalb des ambulanten ren prozentual stärker an als bei den Männern. Wäh- und stationären Sektors (anderer Sektor) aus (vgl. Ta- Im Jahr 2015 waren 35 325 Ärzte (14 268 Frauen, 21 057 berufe/13930/13936/ ch/themen/ belle 1). Der Frauenanteil ist im stationären Sektor mit 45,4 Prozente am grössten, gefolgt von 36,1 Prozent im Zusammenfassung Im Jahr 2015 ist die Anzahl berufstätiger Ärztinnen und Ärzte weiter angestiegen. Für die Zunahme der Ärztezahl sind hauptsächlich die Frauen ausschlaggebend. Ärztinnen im ambulanten Sektor arbeiten durchschnittlich 6,9 Halbtage pro Woche im Vergleich zu den 8,9 der Männer. Der Anteil an ambulanten Sektor und von 29,8 Prozent im anderen Sektor. Im Vergleich zu 2010 hat der stationäre Sektor mit 21,3 Prozent stärker zugenommen als der ambulante Sektor mit 12,7 Prozent. Ärzte arbeiten primär in einem Sektor, Ärztinnen und Ärzten mit einem ausländischen Arztdiplom nimmt eben- ausländischen Fachpersonal aufrechterhalten werden kann. Um diese auch künftig sicherzustellen, sind Massnahmen wie beispielsweise die Erhöhung der Medizinstudienplätze und eine ausgewogene fachliche und geographische Verteilung von Ärztinnen und Ärzten erforderlich. Versorgung der Bevölkerung in der Schweiz im Wesentlichen dank dem Die Abteilung Daten, Demographie und Qualität (DDQ) publiziert jährlich die neuesten Zahlen und Entwicklungen rund um das Thema Ärztestatistik. Die Publikationen der Ärztestatistik 1940–2015, das Ärztestatistik-Abfragetool sowie weitere Auswertungen finden Sie auf der Website der FMH (www. fmh.ch → Services → Statistik). Gerne steht Ihnen die Ab teilung DDQ für spezifische Auswertungen und Fragen zur Verfügung. Kontakt: ddq[at]fmh.ch / 031 359 11 11. SCHWEIZERISCHE ÄRZTEZEITUNG – BULLETIN DES MÉDECINS SUISSES – BOLLETTINO DEI MEDICI SVIZZERI haben, beträgt 41 Prozent. Es ist davon auszugehen, dass die medizinische Ärztestatistik 2015 anteil der Ärztinnen und Ärzte, welche 2015 einen Facharzttitel erworben falls weiter zu – jeder dritte Arzt stammt aus dem Ausland. Der Ausländer- 2016;97(12–13):448– 453 449 FMH DDQ Tabelle 1: Übersicht der berufstätigen Ärzte nach Sektoren (Hauptberufstätigkeit) 2015. Frauen Männer Total 11 582 63,9% 18 128 51,3% Stationärer Sektor 7554 45,4% 9080 54,6% 16 634 47,1% Anderer Sektor 168 29,8% 395 70,2% 563 1,6% Total 14 268 40,4% 21 057 59,6% 35 325 100% 36,1% 6546 Ambulanter Sektor lediglich 11,0 Prozent von allen berufstätigen Ärzten arbeiten in mehr als einem Sektor. Ähnlich sieht das Bild bei der Anzahl von Arbeitsorten aus. Rund 86,6 Prozent arbeiten an einem Arbeitsort, an zwei Arbeitsorten arbeiten 11,0 Prozent und an drei oder mehr Arbeits orten sind 2,4 Prozent der Ärzte tätig. Ärztedichte Durchschnittlich arbeiten 4,2 Ärzte pro 1000 Einwohner in der Schweiz. Die Schweizer Kantone mit den höchsten Dichten an Ärzten sind Basel-Stadt (10,0 Ärzte pro 1000 Einwohner), Genf (6,2) und Zürich (5,0). Die tiefsten Ärztedichten weisen dagegen Uri (1,6 Ärzte pro 1000 Einwohner), Appenzell Innerrhoden (1,8) und Obwalden (2,1) auf. Die Ärztedichten sämtlicher Schweizer Kantone sind in der Abbildung 2 dargestellt. Abbildung 3: Ambulant tätige Grundversorger und Spezialisten pro 10 000 Einwohner und Gemeindetyp 2014 (Quelle FMH – Ärztestatistik 2014 und BFS – Wohnbevölkerungsdaten). seit Jahren zu und lag vor einem Jahrzehnt noch bei 45,8 Abbildung 2: Anzahl Ärzte pro 1000 Einwohner und Kanton (Quelle FMH – Ärztestatistik 2014 und BFS – Wohnbevölkerungsdaten). Jahre. Ärzte im ambulanten Sektor (54,4 Jahre) sind durchschnittlich zehn Jahre älter als ihre Kollegen im stationären Sektor (43,0 Jahre). Der Altersunterschied zwischen den Sektoren ist hauptsächlich durch die Weiterbildung der Assistenzärzte bedingt, welche vorwie- im ambulanten Sektor nach Gemeindetypologie und gend in Spitälern absolviert wird. Im Jahr 2015 waren unterteilt nach Grundversorgern und Spezialisten. Die die Ärzte zum Abschluss der Weiterbildung bzw. Erwerb Ärztedichten in städtischen Gemeinden fallen deutlich des ersten Facharzttitels durchschnittlich 36,6 Jahre alt höher aus als in den ländlichen Gebieten. Die Dichte an (Frauen 36,0 Jahre; Männer 37,6 Jahre). Spezialisten ist fast doppelt so hoch in Zentren vergli- In den Altersklassen unter 40 Jahren sind die Frauen in chen mit den Grundversorgern. In ländlichen Gemein- beiden Sektoren in der Überzahl (Abbildung 4). Ab dem den überwiegt die Dichte der Grundversorger. 40. Lebensjahr sind zurzeit mehr Männer als Frauen Abbildung 3 zeigt die Ärztedichte pro 10 000 Einwohner berufstätig. Aufgrund der Frauenmehrheit bei den Studierenden ist davon auszugehen, dass sich der Altersstruktur wachsende Frauenanteil in den kommenden Jahren entsprechend in der geschlechtsspezifischen Alters- 2015 beträgt 49,0 Jahre (vgl. Tabelle 2). Dieses nimmt struktur widerspiegeln wird. SCHWEIZERISCHE ÄRZTEZEITUNG – BULLETIN DES MÉDECINS SUISSES – BOLLETTINO DEI MEDICI SVIZZERI Das Durchschnittsalter der Ärzte in der Schweiz im Jahr 2016;97(12–13):448– 453 450 FMH DDQ beiden Sektoren etwas tiefer als der Männeranteil (57,6 Tabelle 2: Durchschnittsalter (in Jahren) der Ärzteschaft 2015. Frauen Männer Alle Ambulanter Sektor 51,2 56,1 54,4 Stationärer Sektor 39,9 45,6 43,0 Alle 45,2 51,6 49,0 bzw. 53,8 Prozent) (Abbildung 5). Die Mehrheit der Fachkräfte aus dem Ausland stammt aus Deutschland (17,7 Prozent), Italien (2,6 Prozent), Österreich (1,9 Prozent) oder Frankreich (1,8 Prozent). Von den insgesamt 1743 Verleihungen für Facharzttitel im Jahr 2015 gingen 41,0 Prozent an Ärzte mit einem ausländischen Arztdiplom. Abbildung 4: Geschlechtsspezifische Altersstruktur der Ärzte nach Sektor 2015. Medizinische Fachrichtung Das am häufigsten vertretene medizinische Fachgebiet ist die Allgemeine Innere Medizin (23,6 Prozent) (Tabelle 3). An zweiter Stelle liegt die Psychiatrie Abbildung 5: Anteil ausländische Ärzte nach Sektor und Geschlecht 2015. Gynäkologie und Geburtshilfe (4,9 Prozent), Kinder- und Psychotherapie (10,2 Prozent), gefolgt von der und Jugendmedizin (4,8 Prozent) und Anästhesiologie (4,2 Prozent). 4877 Ärzte – davon 1296 Frauen – sind Mehrfachtitelträger. 3741 Mehrfachtitelträger sind In- Funktion Prozent Praxisinhaber oder -teilhaber. 4,1 Prozent sind Der Frauenanteil ist in den Fachrichtungen Kinder- als Praxisassistent oder -facharzt angestellt. Den rest und Jugendpsychiatrie (63,1 Prozent), Kinder- und Jugend- lichen Ärzten kommt eine andere Funktion zu. Im medizin (59,8 Prozent) und Gynäkologie und Geburts- stationären Sektor bilden die Assistenten in Weiter hilfe (57,9 Prozent) am höchsten. Die Männer sind im bildung mit rund 52,2 Prozent die grösste Gruppe. Er- Vergleich zu den Frauen in den chirurgischen Fach wartungsgemäss reduziert sich die Anzahl Ärzte mit gebieten in der Überzahl (Mund-, Kiefer- und Gesichts Von den 18 128 Ärzten im ambulanten Sektor sind 83,6 Medizin. haber des Weiterbildungsdiploms Allgemeine Innere steigender Hierarchiestufe. So sind im stationären chirurgie 93,1 Prozent, Thoraxchirurgie 93,1 Prozent, Sektor 19,3 Prozent als Oberarzt, 12,0 Prozent als Leiten- Orthopädische Chirurgie 91,7 Prozent, Gefässchirurgie der Arzt und 9,3 Prozent als Chefarzt tätig. Einzig bei 89,9 Prozent). den Assistenzärzten überwiegt der Frauenanteil (58,1 Prozent), danach nimmt er laufend ab: Bei den Oberärzten beträgt er 44,8 Prozent, bei den Leitenden Ärz- Ausländische Arztdiplome ten 22,2 Prozent und 11,9 Prozent bei den Chefärzten. 11 138 Ärzte (31,5 Prozent) der berufstätigen Ärzte in der Schweiz stammen aus dem Ausland (bzw. sind Inhaber eines ausländischen Studienabschlusses der Human- Arbeitspensum Die Angaben zum Arbeitspensum und alle Auswer- Ärzte aus dem Ausland 25,9 Prozent und im statio tungen im nun folgenden zweiten Teil des Artikels medizin). Im ambulanten Sektor beträgt der Anteil der auf dem Mitgliederportal myFMH selbst deklarie- erneut angestiegen. Mit 42,4 bzw. 46,2 Prozent ist der ren konnten (myFMH-Stichprobe vgl. Kapitel «Daten- Anteil an Frauen mit ausländischem Arztdiplom in grundlage»). SCHWEIZERISCHE ÄRZTEZEITUNG – BULLETIN DES MÉDECINS SUISSES – BOLLETTINO DEI MEDICI SVIZZERI basieren auf Daten, welche die Ärzte mittels Umfrage der Anteil um 1,0 Prozent von 30,5 auf 31,5 Prozent nären 37,5 Prozent. Im Vergleich zum Vorjahreswert ist 2016;97(12–13):448– 453 451 Intensivmedizin 116 115 144 71 110 370 586 181 120 1107 Tabelle 4: Durchschnittliches Arbeitspensum in Halbtagen pro Woche nach Sektor und Geschlecht 2015 (n = 8380). Frauen Männer 200 Ambulanter Sektor 6,9 8,9 8,3 345 Stationärer Sektor 8,9 10,2 9,6 Anderer Sektor 7,5 9,1 8,5 Total 7,6 9,4 8,9 533 69 62 725 300 116 ihrer Kollegen (ambulant: 8,9; stationär: 10,2 Halbtage). 1468 1722 Total 174 184 Hochrechnungen der durchschnittlichen Arbeitspen- 79 sen (2008 = 9,0; 2014 = 8,9 Halbtage) auf die gesamte 169 Ärzteschaft und abgebildet in Vollzeitäquivalenten 540 führen zu 26 724 Vollzeitstellen für das Jahr 2008 bzw. 702 29 843 für das Jahr 2014. Unter Berücksichtigung der Entwicklung der Wohnbevölkerung (2008 = 7 701 856; 2862 14 268 708 37 2074 591 72 28 341 27 21 282 2127 21 057 2014 = 8 236 573) ergibt dies für das Jahr 2008 eine Einwohner bzw. 3,6 für das Jahr 2014. Mit anderen Worten, die Ärztedichte blieb ungefähr gleich in den letzten sieben Jahren. Betrachtet man die Entwicklung im ambulanten und stationären Sektor, so scheint vor allem die Dichte an Spezialisten im stationären Sektor 570 seit 2008 etwas mehr zugenommen zu haben (Abbil- 13 dung 6). 69 durchschnittliche Ärztedichte von 3,5 Ärzten pro 1000 170 194 981 488 1057 245 56 227 87 208 188 283 1351 76 137 144 34 125 25 3583 825 113 50 969 362 6 39 591 328 463 29 2 122 55 40 27 22 11 41 387 234 Radio-Onkologie / Strahlentherapie Radiologie 39 1509 149 79 321 Abbildung 6: Ärztedichte in Vollzeitäquivalente pro 1000 Einwohner nach Versorgungssektor – Vergleich 2008 und 2014 (Quelle FMH – Ärztestatistik 2008 und 2014 und BFS – Wohnbevölkerungsdaten). 4989 35 325 Psychiatrie und Psychotherapie 643 Prävention und Gesundheitswesen Praktischer Arzt / Praktische Ärztin 125 56 Pneumologie 51 Plastische Chirurgie 64 Phys. Med. u. Rehabilitation 22 81 120 Pharmazeutische Medizin 10 Pathologie 88 204 126 Orthopädische Chirurgie 390 22 ORL Total 14 Ophthalmologie Keine Angabe 2 Nuklearmedizin Urologie 183 Neuropathologie Neurologie Tropen- und Reisemedizin 21 Neurochirurgie Thoraxchirurgie 69 Nephrologie 6 Mund-, Kiefer- + Gesichtschirurgie Rheumatologie 15 Medizinische Genetik 124 49 Med. Onkologie 18 Kl. Pharmakologie und Toxikologie Rechtsmedizin 30 Kinderchirurgie 643 237 406 Kinder- und Jugendpsychiatrie 1707 687 1020 Kinder- und Jugendmedizin Kardiologie 170 283 tage) ist deutlich tiefer im Vergleich zu demjenigen 8328 59 Infektiologie 8 Herz- und thorakale Gefässchirurgie 884 pensum der Frauen (ambulant: 6,9; stationär: 8,9 Halb- 146 40 Handchirurgie 76 59 139 997 Hämatologie Gynäkologie und Geburtshilfe 849 Total 7 Gefässchirurgie 5214 45 84 Gastroenterologie 250 Endokrinologie / Diabetologie 223 Dermatologie und Venerologie Chirurgie 44 99 42 Arbeitsmedizin 619 Angiologie 3114 Männer Anästhesiologie Allgemeine Innere Medizin 47 Frauen Allergologie / Immunologie Bereich (9,6 Halbtage). Das durchschnittliche Arbeits gen mehr als einen Halbtag weniger als im stationären Tabelle 3: Übersicht der Ärzte nach Fachrichtung (Hauptfachgebiet) 2015. FMH DDQ Praxisstruktur und Ärztenetzwerk 56,1 Prozent der Ärzte im ambulanten Sektor sind in Einzelpraxen tätig. Dieser Anteil hat seit 2008 um gut (Tabelle 4) pro Woche. Im ambulanten Sektor beträgt 6 Prozent abgenommen. Frauen arbeiten etwa zur das durchschnittliche Arbeitspensum mit 8,3 Halbta- Hälfte (47,3 Prozent) in Einzel- oder in Doppel- und SCHWEIZERISCHE ÄRZTEZEITUNG – BULLETIN DES MÉDECINS SUISSES – BOLLETTINO DEI MEDICI SVIZZERI Ärzte arbeiteten 2015 durchschnittlich 8,9 Halbtage 2016;97(12–13):448– 453 452 Gruppenpraxen (52,7 Prozent). Bei den Männern ist der Zentrum zu stellen. Das Ziel ist es, eine angemessene Anteil an in einer Einzelpraxis tätigen Ärzten mit 60,7 Versorgung zu erbringen und der Unter- und Überver- Prozent leicht höher. In einer Gruppenpraxis arbeiten sorgung entgegenzuwirken. Dafür braucht es Kennt- durchschnittlich 4,1 Ärzte. nisse über die Sachlage und die Ausarbeitung trag Gemäss Selbstdeklaration sind 49,2 Prozent der ambu- fähiger Lösungen. lant tätigen Ärzte einem Ärztenetzwerk angeschlos- Die FMH setzt sich seit Jahren für qualitativ hochste- sen. In den Ärztenetzwerken liegt der Anteil Männer hende Daten ein. Die FMH-Ärztestatistik fördert den bei 69,2 Prozent, der Anteil Frauen bei 30,6 Prozent. Wissenstransfer und leistet einen wichtigen Beitrag FMH DDQ zur Einschätzung der aktuellen Versorgungssituation in der Schweiz. Weitere von der FMH lancierte Projekte Herausforderungen erkennen – tragfähige Lösungen ausarbeiten wie zum Beispiel die Bestimmung der Anzahl Ärztin- nen und Ärzte, welche keine ärztliche Tätigkeit mehr ausführen (und der Gründe für ihre berufliche Umori- angestiegen. Daher stellt sich die Frage, ob das Funk entierung), sektorenübergreifende Behandlungspfade tionieren des Gesundheitssystems abhängig ist von oder eine Untersuchung der Indikationsqualität sollen den ausländischen Arbeitskräften. Zudem scheint eine einen Beitrag zur Bestimmung angemessener Behand- Unausgewogenheit der fachlichen (Überangebot an lungen beitragen. spezialisierten Ärzten, Mangel an Grundversorgern) Die Aufgabe der Gesundheitspolitik und der verschie- und geographischen Verteilung (Überangebot in Zen denen Akteure im Gesundheitswesen ist es, basierend Im Jahr 2015 ist der Anteil ausländischer Ärzte weiter auf den Evidenzgrundlagen wirksame und kohärente Auf dem «Pulsmesser» des Konsumentenforums bele- Entscheide zu treffen und Prioritäten zu setzen, um die matische Literaturrecher- gen die Gesundheitskosten den ersten Platz bzw. neun Sicherheit und die Qualität des Schweizer Gesund- che und strukturierte von zehn Befragten gaben an, dass sie die hohen Ge- heitswesens langfristig zu gewährleisten. Steuerung der ärztlichen Weiterbildung. Eine syste- Expertengespräche zu internationalen Erfahrun- sundheitskosten beschäftigen [3]. Die hohe Lebens tren, Mangel in ländlichen Gegenden) zu bestehen [2]. 2 Berchtold P et al. (2014): gen. inav / Institut für erwartung (mit 82,9 hat die Schweiz eine der höchsten angewandte Versorgungs- in ganz Europa [4]), die steigende Anzahl chronischer forschung und college M. Datengrundlage Krankheiten, der medizinisch-technische Fortschritt Die FMH-Ärztestatistik wird zum Jahresende (Stichtag (2016). Pulsmesser 2016: 3 Konsumentenforum kf 31. Dezember des jeweiligen Jahres) neu erstellt. Die rungen, um auch künftig eine flächendeckende medi- FMH-Datenbank (n = 35 278) enthält die wichtigs- pulsmesser-2016/ zinische Versorgung zu gestalten und sicherzustellen. ten ärztedemographischen Merkmale wie Alter, Ge- Die Qualität der ärztlichen Behandlung und die Errei- schlecht, Nationalität und Ort der Berufsausübung der chung der optimalen Ergebnisse für Patienten sind ins berufstätigen Ärzte in der Schweiz. Die Angaben zur tancy at birth (indicator). doi: 10.1787/27e0fc9d-en 4 OECD (2016), Life expec- und weitere Entwicklungen bestimmen die Anforde- themen/pulsmesser/ http://www.konsum.ch/ Berufstätigkeit (Arbeitspensum, Praxisstruktur etc.) werden mittels Fragebogen auf dem Mitgliederportal myFMH erhoben und beruhen auf Selbstdeklaration (myFMH-Stichprobe). Die myFMH-Stichprobe beinhal tet Angaben von über 13 600 Ärzten und wird mit der Grundgesamtheit der Ärzteschaft hinsichtlich des Geschlechts und des Sektors verglichen. Der stationäre der Stichprobe untervertreten (Differenz zur Grund Sektor und Frauen im stationären Sektor sind in gesamtheit >10%). Um diese Verzerrung aufzuheben, sind die Auswertungen nach Sektor und Geschlecht getrennt erfolgt oder entsprechend gewichtet. Poster – kompakt und übersichtlich Wenn Sie die Auswertungen gerne kompakt und übersichtlich erhalten möchten, dann bestellen Sie über www.fmh.ch → Services → Statistik oder über ddq[at] fmh.ch das praktische Poster (Abbildung 7). SCHWEIZERISCHE ÄRZTEZEITUNG – BULLETIN DES MÉDECINS SUISSES – BOLLETTINO DEI MEDICI SVIZZERI Abbildung 7: Poster der FMH-Ärztestatistik 2015. 2016;97(12–13):448– 453 453 FMH DDQ Glossar Alle Behandlungen, die weder als stationär noch als teilstationär angesehen werden. Ambulanter Sektor Zum ambulanten Sektor gehören «Konsultations- und Behandlungstätigkeiten von Ärztinnen und Ärzten in Einzel- oder Gruppenpraxen. Die Patienten werden in der Regel ambulant oder im Haus des Patienten behandelt (Hausbesuche). Inbegriffen sind auch Konsultationstätigkeiten von Privatärzten, welche Krankenhäusern angeschlossen sind, sowie Tätigkeiten in Kliniken, Unternehmen, Schulen, Altersheimen, Gewerkschaften und Wohltätigkeitsvereinen» (Quelle: BFS). Dies gilt zum Beispiel für Ärzte in einer Praxis. Anderer Sektor Zum anderen Sektor gehören Tätigkeiten der Ärztinnen und Ärzte, die weder zum ambulanten noch zum stationären Sektor gehören, zum Beispiel Professor, Dozent, Angestellter bei Versicherungen etc. Arbeitspensum Das Arbeitspensum wird in Halbtagen angegeben. Ein Halbtag entspricht einem Arbeits volumen von 4 bis 6 Stunden. Eine Vollzeitstelle wird definiert als ein durchschnittliches Wochen-Arbeitspensum von 10 Halbtagen. Ambulante Behandlungen im stationären Sektor Die Ärztin / der Arzt, die/der seine Hauptberufstätigkeit im ambulanten Sektor hat. Ärzte im anderen Sektor Die Ärztin / der Arzt, die/der seine Hauptberufstätigkeit im anderen Sektor hat. Ärzte im ambulanten Sektor Die Ärztin / der Arzt, die/der seine Hauptberufstätigkeit im stationären Sektor hat. Ärzte im stationären Sektor Ärztenetzwerke sind Organisationen, die von Leistungserbringern gebildet werden und der Grundversorgung dienen. Durch verbindliches Zusammenwirken untereinander, mit netzfremden Leistungserbringern und mit den Kostenträgern, erbringen sie auf die Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten ausgerichtete Gesundheitsleistungen. Dieses Zusammenwirken beruht auf vereinbarten Behandlungsprozessen, unternehmerischen Organisationsstrukturen und einer gemeinsamen Betreuungskultur. Berufstätige Ärztinnen und Ärzte Als berufstätige Ärztinnen und Ärzte gelten Personen, die ein Universitätsstudium der Medizin erfolgreich abgeschlossen haben (mit oder ohne Weiterbildung) und im ambulanten Sektor, im stationären Sektor (einschliesslich Assistenzärzte/-innen) oder in einem anderen Sektor (z.B. Verwaltung, Versicherungen) tätig sind (Quelle BFS). Doppel- oder Gruppenpraxis Nutzung von Apparaten, Einrichtungen oder Räumlichkeiten durch zwei oder mehr Ärzte. Nutzung von Apparaten, Einrichtungen oder Räumlichkeiten durch einen einzigen Arzt. Hauptberufstätigkeit Als Hauptberufstätigkeit gilt der Sektor (ambulant, stationär, anderer), in welchem die Ärztin / der Arzt mehrheitlich tätig ist. Einzelpraxis Das Hauptfachgebiet eines Arztes ist der Facharzttitel, in welchem der Arzt seinen grössten Anteil der medizinischen Tätigkeit ausführt (gemäss Selbstdeklaration und vordefinierten Regeln). Hauptfachgebiet Es gilt derjenige Kanton, in welchem der Arzt seine Hauptberufstätigkeit ausübt. Wenn keine Angaben vorhanden sind, gilt der Kanton der Kontaktadresse. Stationäre Behandlung im stationären Sektor Aufenthalt im Spital von mindestens 24 Stunden zur Untersuchung, Behandlung und Pflege; Aufenthalt im Spital von weniger als 24 Stunden, bei dem während einer Nacht ein Bett belegt wird, sowie Aufenthalt im Spital bei Überweisung in ein anderes Spital und bei Todesfall. Stationärer Sektor Zum stationären Sektor zählen «Ärztliche Behandlungen, Diagnosen, Pflege, chirurgische Eingriffe, Analysen, Notfalldienst sowie Tätigkeit in der Aus-, Weiter- und Fortbildung usw. in Krankenhäusern. Zum stationären Sektor gehören auch Wohnheime mit einer sozialen Betreuung rund um die Uhr von Kindern, Betagten und Personengruppen, die auf fremde Hilfe angewiesen sind» (Quelle: BFS). FMH/Abteilung DDQ Elfenstrasse 18 CH-3000 Bern 15 Tel. 031 359 11 11 ddq[at]fmh.ch SCHWEIZERISCHE ÄRZTEZEITUNG – BULLETIN DES MÉDECINS SUISSES – BOLLETTINO DEI MEDICI SVIZZERI Kanton Korrespondenz: Ärztenetzwerke 2016;97(12–13):448– 453 454 FMH Zentralvorstand Sitzung vom 11. Februar 2016 Nachrichten aus dem Zentralvorstand Maximiliano Wepfer Stv. Leiter Abteilung Kommunikation FMH Revision der Verordnung im Strahlenschutz ZV beschliesst, die Empfehlungen zu verabschieden und das Departement eHealth sowie den Rechtsdienst Der Bundesrat hat im Oktober 2015 die Anhörung zur Revision der Verordnung im Strahlenschutz eröffnet, um diese an die neuen internationalen Richtlinien damit zu beauftragen, eine Umsetzungshilfe zu erarbeiten. FMH-Begleitstudie der Ärztekammer vertretenen Organisationen hat die Im Auftrag der FMH führt gfs.bern nach der Einfüh- anzupassen. Aufgrund der Rückmeldungen der in Abteilung DDQ eine Stellungnahme zur Revision erarbeitet. Aus Sicht der FMH ist es zentral, dass die Patientensicherheit im Zentrum des Revisionspakets steht und dass der administrative Aufwand nicht weiter ausgebaut wird. Der Zentralvorstand (ZV) genehmigt die Stellungnahme. rung der neuen Spitalfinanzierung seit 2011 jährliche Befragungen zur Entwicklung der Rahmenbedingungen der Ärzteschaft durch. Spitalärzte der Akutsomatik, Rehabilitation und Psychiatrie sowie praxisambulant tätige Ärzte nehmen jeweils an den Umfragen teil. Im Hinblick auf die künftige Einführung der Tarifstrukturen ST Reha und TARPSY wurde der Fragebogen Änderung des Fernmeldegesetzes im Jahr 2013 entsprechend ergänzt. Mit der Publikation In seinem Fernmeldebericht vom November 2014 sieht eine beachtliche mediale Wirkung. Der ZV stimmt dem der Bundesrat die Teilrevision des Fernmeldegesetzes (FMG) vor. Aus Public Health-Sicht sind zwei Punkte in dieser Gesetzesvorlage beachtenswert. Zum einen begrüsst die FMH, dass der Schutz der Bevölkerung vor nicht-ionisierender Strahlung (NIS) erwähnt wird, da Tel. 031 359 11 11 Fax 031 359 11 12 kommunikation[at]fmh.ch WMA-Symposium ber 2015 verabschiedete Resolution zur globalen eine Zweckbindung eines Teils der Funkkonzessions Flüchtlingskrise hält unter anderem fest, dass eine Die von der World Medical Association (WMA) im Okto- schlossen werden können. Zum anderen fordert sie, erlöse für Risikoforschung im Bereich Hochfrequenz- Flucht erhebliche Auswirkungen auf die somatische strahlung und Gesundheit im Fernmeldegesetz zu und psychische Gesundheit hat. Infolgedessen wurde verankern. Der ZV stimmt der vorliegenden Vernehm- das WMA-Symposium «War, Migration and Health: lassungsantwort zur Teilrevision des FMG zu. What Should Physicians Do» in Istanbul vom 26. und 27. Februar 2016 durchgeführt, das dem Problem- und Erfahrungsaustausch rund um die medizinische Be- Die Empfehlungen der FMH für Ärztinnen und Ärzte die FMH mit einem Input in der Podiumsdiskussion zum Umgang mit Social Media sollen den Mitgliedern beteiligte. Umgang mit Social Media Elfenstrasse 18 CH-3000 Bern 15 gemäss Offerte von gfs.bern weiterzuführen. treuung von Flüchtlingen diente und an welchem sich Hilfestellung im Alltag und Berufsumfeld bieten. Der SCHWEIZERISCHE ÄRZTEZEITUNG – BULLETIN DES MÉDECINS SUISSES – BOLLETTINO DEI MEDICI SVIZZERI Maximiliano Wepfer Vorschlag zu, die Begleitstudie für die Jahre 2016/2017 negative gesundheitliche Auswirkungen nicht ausge- Korrespondenz: FMH der Untersuchungsergebnisse erzielt die FMH jeweils 2016;97(12–13):454 455 FMH Personalien Personalien Ärztegesellschaft des Kantons Bern Ziad El Khoury, Facharzt für Allgemeine Innere Medizin, FMH, 5724 Dürrenäsch, Praxiseröffnung in Praxisgemeinschaft in Dürrenäsch seit 1. Januar 2016 Marie-Claude Waeber-Fey (1960), † 20.2.16, Spécialiste en radiologie, 1470 Estavayer-le-Lac Verena Blatter Arifi, Fachärztin für Neuro logie, FMH, Neurozentrum Bern, Schänzli strasse 33, 3013 Bern Markus Reber, Facharzt für Otorhinolaryn gologie und Facharzt für Allgemeine Innere Medizin, FMH, 8003 Zürich, Belegarzttätigkeit im Spital Muri in Muri Martina Knecht-Bösch, Fachärztin für Ophthalmologie spez. Ophthalmochirurgie, FMH, 5436 Würenlos, angestellt in Praxisgemeinschaft in Wettingen per 1. April 2016 Bernhard Reutemann, Facharzt für Allgemeine Innere Medizin, Localmed Ärztezen trum Köniz, Stapfenstrasse 7, 3098 Köniz Stefan Joss, Facharzt für Orthopädische Chirurgie und Traumatologie des Bewegungsapparates, FMH, Bundesgasse 16, 3011 Bern Rudolf Ritz (1934), † 2.3.16, Facharzt für Intensivmedizin und Facharzt für Allgemeine Innere Medizin, 4059 Basel Andrea Lanker, Fachärztin für Allgemeine Innere Medizin und Endokrinologie/Diabe tologie, FMH, Seilerstrasse 8a, 3011 Bern Peter Sauter (1928), † 18.2.16, 8050 Zürich Johannes Haupt, Facharzt für Ophthalmologie, FMH, 5702 Niederlenz, angestellt in Praxisgemeinschaft in Aarau seit 1. Januar 2016 René Joray (1925), † 16.2.16, Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, 4054 Basel Ärztlicher Bezirksverein Bern Regio Zur Aufnahme als ordentliche Mitglieder haben sich angemeldet: Thomas Dan Blasbalg (1944), † 14.2.16, Facharzt für Neurochirurgie, 8008 Zürich Todesfälle / Décès / Decessi Uta Winckel-Chuprunov, Fachärztin für All gemeine Innere Medizin, 5426 Lengnau, angestellt in Praxisgemeinschaft in Würenlingen per 1. Mai 2016 als ordentlich praktizierende Mitglieder: Gabriela Sasse-Roth, 5033 Buchs, Praxiseröffnung in Praxisgemeinschaft in Aarburg per 1. August 2016 Zur Aufnahme in den Aargauischen Ärzte verband haben sich angemeldet: Aargauischer Ärzteverband Bernhard Bickel, 5000 Aarau, angestellt in Praxisgemeinschaft in Aarau per 1. Mai 2016 Diese Kandidaturen werden in Anwendung von Art. 5 der Statuten des Aargauischen Ärzteverbandes veröffentlicht. Einsprachen müssen innert 14 Tagen seit der Bekannt machung schriftlich und begründet der Geschäftsleitung des Aargauischen Ärzte verbandes eingereicht werden. Nach Ablauf der Einsprachefrist entscheidet die Geschäftsleitung über Gesuch und allfällige Einsprachen. Gabriela Baschung, Fachärztin für Allgemeine Innere Medizin, FMH, 6300 Zug, angestellt in Praxisgemeinschaft in Sins seit 1. Januar 2016 Markus Donner, Facharzt für Gastroenterologie, 4104 Oberwil, Praxiseröffnung in Praxisgemeinschaft in Brugg per 1. August 2016 Einsprachen gegen diese Vorhaben müssen innerhalb 14 Tagen seit der Veröffentlichung schriftlich und begründet beim Präsidenten des Ärztlichen Bezirksvereins Bern Regio eingereicht werden. Nach Ablauf der Frist entscheidet der Vorstand über die Aufnahme der Gesuche und über die allfälligen Einsprachen. Ärztegesellschaft des Kantons Schwyz Zur Aufnahme in die Ärztegesellschaft des Kantons Schwyz hat sich angemeldet: Josef Bubla, Praktischer Arzt, Praxis Complimed GmbH, 8854 Siebnen SCHWEIZERISCHE ÄRZTEZEITUNG – BULLETIN DES MÉDECINS SUISSES – BOLLETTINO DEI MEDICI SVIZZERI Einsprachen gegen diese Aufnahme richten Sie schriftlich innert 20 Tagen an Dr. med. Hugo Brunner, Dorfstrasse 14, 6417 Sattel. 2016;97(12–13):455 456 WEITERE ORGANISATIONEN UND INSTITUTIONEN WGO Wie lässt sich die ärztliche Versorgung bewerten? Valérie Gloor a , Christian Ambord b , Monique Lehky Hagen c , Luc Fornerod a , Arnaud Chiolero a a Walliser Gesundheitsobservatorium (WGO), Sitten; b Dienststelle für Gesundheitswesen, Sitten; c Walliser Ärztegesellschaft (VSÄG), Sitten. Mehr Ärzte – doch für welches Angebot? rekt zu evaluieren. Beispielsweise wird die ärztliche Versorgung in einer gegebenen Region sehr unterschiedlich Ärzte dazu tendieren, ihr Arbeitspensum zu reduzieren in den letzten 20 Jahren stark zugenommen: laut Statis- [6], kann eine Zunahme der Ärztezahl mit einer gleich- tiken der FMH von 20 030 im Jahr 1990 auf 34 348 im Jahr bleibenden oder sogar abnehmenden effektiven ärzt- 2014 [1]. In derselben Zeitspanne hat die Ärztedichte von lichen Versorgung einhergehen. 3,0 auf 4,1 Ärzte pro 1000 Einwohner zugenommen. Obschon die FMH Statistiken über sämtliche Ärzte in Diese Ärztedichte unterscheidet sich jedoch stark von der Schweiz, die FMH-Mitglieder sind, erstellt, geben Kanton zu Kanton. Im Jahr 2014 gab es im Kanton Zürich diese nur teilweise Auskunft über das Arbeitspensum beispielsweise 4,9 Ärzte pro 1000 Einwohner, in der und machen keinerlei Aussagen zu geplanten Ände- Waadt 4,6 und im Kanton Freiburg 2,6. Mit 2,8 Ärzten rungen der Tätigkeit. Um dem Bedarf einen Schritt vor- pro 1000 Einwohner weist das Wallis eine relativ geringe aus zu sein und geeignete Massnahmen zu ergreifen, Ärztedichte auf. ist es wichtig, die Situation auf Ebene der einzelnen Für eine Einschätzung der ärztlichen Versorgung reicht Kantone – und sogar auf Ebene der Regionen – genau es jedoch ganz klar nicht aus, die Ärztezahl mit der zu evaluieren. Verfügt man nämlich über abschlies Bevölkerungszahl ins Verhältnis zu setzen [2–5]. Ange- sende Daten zu allen Ärzten, kann man die oftmals sichts der Faktoren, welche die Entwicklung des Versor- lokalen Probleme, welche Massnahmen auf regionaler gungsbedarfs bestimmen, müssen nämlich auch die bzw. kommunaler Ebene erforderlich machen, nach- Veränderungen auf demographischer Ebene und in vollziehen. Bezug auf die Ausübung des Ärzteberufs berücksichtigt Im Wallis hat das Gesundheitsdepartement eine Ex- werden. Die Alterung der niedergelassenen Ärzte, die pertenkommission «Ambulante Pflege und Grund- Reduzierung des Arbeitspensums und die zunehmende versorgung» ernannt, um die Situation der ärztlichen Anzahl Frauen im Arztberuf sowie die sinkende Attrak- Grundversorgung zu analysieren und der öffentlichen tivität des Hausarztberufs (Grundversorger) sind alle- Hand diesbezügliche Empfehlungen abzugeben [7, 8]. samt Faktoren, die zu berücksichtigen sind, wenn man Hierzu benötigte die Kommission Informationen über die Entwicklung der ärztlichen Versorgung nachvoll- die Tätigkeit der Ärzte. Infolge der verschiedenen Ände- ziehen will. Ausserdem sind die in der Schweiz berufs- rungen der Reglementierung über die Einschränkung tätigen Ärzte relativ alt, was bedeutet, dass kurz- oder der Zulassung von Leistungserbringern zur Tätigkeit mittelfristig viele von ihnen ihr Arbeitspensum verrin- zu Lasten der obligatorischen Krankenpflegeversi- gern oder ihre Tätigkeit niederlegen werden. Diese Ver- cherung [5] ist es für die Walliser Dienststelle für Ge- änderungen lassen befürchten, dass es schwierig sein sundheitswesen (DGW) unentbehrlich geworden, über wird, die ärztliche Versorgung aufrechtzuerhalten [2, 3]. qualitativ hochstehende und umfassende Informatio- Diese Schwierigkeit widerspiegelt sich bereits im zu- nen über die Tätigkeit der Ärzte zu verfügen. Eine gute nehmenden Rückgriff auf im Ausland ausgebildete Zusammenarbeit mit der Walliser Ärztegesellschaft Ärzte (im Jahr 2014 gemäss FMH 30,5% der Ärzte [1]). (VSÄG) wurde als grundlegend erachtet, weshalb diese Zusätzlich zu den Besonderheiten im Zusammenhang eng in die Überlegungen miteinbezogen wurde. Das mit der Organisation des lokalen Gesundheitssystems Walliser Gesundheitsobservatorium (WGO) wurde be- und der saisonbedingten Schwankungen des Versor- auftragt, in enger Zusammenarbeit mit der DGW und gungsbedarfs (z.B. im Zusammenhang mit dem Touris- der VSÄG eine Umfrage zur Tätigkeit der Ärzte durch- mus) muss daher unbedingt das Arbeitspensum der Ärzte zuführen, deren Ergebnisse nachstehend aufgezeigt berücksichtigt werden, um die ärztliche Versorgung kor- werden. sich unter www.saez.ch → Aktuelle Ausgabe oder → Archiv → 2016 → 12–13. 2016;97(12–13):456– 459 SCHWEIZERISCHE ÄRZTEZEITUNG – BULLETIN DES MÉDECINS SUISSES – BOLLETTINO DEI MEDICI SVIZZERI Die Literatur findet dieselbe Anzahl Ärzte bloss drei Tage arbeiten. Da die det. Die Zahl der berufstätigen Ärzte hat in der Schweiz ausfallen, ob die Ärzte nun sechs Tage die Woche oder ob mals die absolute Ärztezahl und die Ärztedichte verwen- Zur Evaluation der ärztlichen Versorgung werden oft- 457 WEITERE ORGANISATIONEN UND INSTITUTIONEN WGO Tabelle 1: Anzahl Vollzeitstellen (VZS) der ärztlichen Grundversorger und Dichte pro Tausend Einwohner nach verfassungsmäs siger Region, Wallis, 2014. Eine VZS entspricht 10 Halbtagen Tätigkeit eines Arztes (Quelle: WGO [10]). Oberwallis Mittelwallis Unterwallis Total Anzahl VZS 60,1 114,8 73,1 248,0 Anzahl Grundversorger 68 139 89 296 Anzahl Halbtage/Arzt 8,8 8,3 8,2 8,4 VZS-Dichte/1000 Einwohner 0,7 0,9 0,6 0,8 Städtischer Raum 1,0 1,3 1,0 1,1 Ländlicher Raum 0,6 0,6 0,4 0,5 Methodik Papierformat zugeschickt. Die Ärzte, die nicht geantwortet hatten, wurden angerufen, um den Grund für den Fragebogen telefonisch beantworten zu lassen. torium (WGO; www.ovs.ch) [9] in Zusammenarbeit mit Die Daten wurden vom WGO anonym behandelt. Die der Walliser Ärztegesellschaft (VSÄG) durchgeführten vorläufigen Ergebnisse wurden der VSÄG anlässlich Erhebung sollte die Tätigkeit aller niedergelassenen einer gemeinsamen Diskussionssitzung, zu der sämt oder in einem Spital tätigen Ärzte, die im Jahr 2014 über liche Mitglieder eingeladen wurden, präsentiert. Der eine Berufsausübungsbewilligung verfügten, dokumen Bericht über diese Erhebung ist auf Deutsch und Fran- tiert werden. Die Assistenzärzte und Oberärzte wurden zösisch auf der Website des WGO (www.ovs.ch) verfüg- in die Erhebung nicht miteinbezogen. bar [10]. die ausbleibende Teilnahme zu erfahren oder um sie wesen (DGW) und vom Walliser Gesundheitsobserva- Mit dieser von der Walliser Dienststelle für Gesundheits- Die DGW und das WGO hatten einen zweisprachigen Fragebogen ausgearbeitet, der vor dem Versand dem VSÄG unterbreitet wurde. Die Umfrage wurde vom Ergebnisse 10. Februar 2014 bis zum 19. August 2014 durchgeführt. Ergebnisse für alle teilnehmenden Ärzte Jeder zur Teilnahme aufgeforderte Arzt erhielt von der Von den 898 kontaktierten Ärzten mit einer Berufsaus- DGW eine E-Mail, begleitet von einem Unterstützungs- übungsbewilligung im Wallis wurden 44 ausserkanto- schreiben der VSÄG, in welcher er gebeten wurde, den nal tätige Ärzte ausgeschlossen und 56 Ärzte hatten den Online-Fragebogen auszufüllen. Der Zugang zum Frage- Fragebogen nicht ausgefüllt (Teilnahmeverweigerung, bogen wurde in einer persönlichen E-Mail zusammen Abwesenheit, Übertritt in den Ruhestand). Die Ergeb- mit einem Zugangskonto und einem persönlichen nisse beziehen sich folglich auf 798 Ärzte, was einer Login-Code bekanntgegeben. Reagierte ein Arzt auf Rücklaufquote von 93% entspricht. diese E-Mail nicht, wurde ihm per Mail eine Erinnerung Das Durchschnittsalter der Ärzte liegt bei 53,0 Jahren geschickt. Einigen Ärzten wurde ein Fragebogen in (Oberwallis: 53,8 Jahre, Mittelwallis: 52,7, Unterwallis: einem Facharzttitel FMH in medizinischer Grund 53,1). Die Haupttätigkeit von 39% der Ärzte steht mit Jugendmedizin, Praktischer Arzt) im Zusammenhang, bei 61% ist es eine Tätigkeit im Zusammenhang mit einem anderen Facharzttitel FMH. Die befragten Ärzte arbeiten durchschnittlich 7,8 Halbtage pro Woche (Männer: 8,2, Frauen: 7,1). Setzt man eine Vollzeitstelle (VZS) mit 10 Halbtagen Tätigkeit eines Arztes gleich, üben diese 798 Ärzte global gesehen eine Tätigkeit von 626 VZS aus. Ergebnisse für die Grundversorger 0 20 40 Anz. Ärzte 60 80 100 Abbildung 1: Ärztliche Grundversorger nach Anzahl Halbtage Tätigkeit pro Woche, Wal lis, 2014 (Quelle: WGO [10]). Als Grundversorger (N = 296; 37% aller Ärzte) gelten im Rahmen dieser Erhebung die Ärzte, die angegeben haben, als Hausärzte tätig zu sein (ärztliche Grundversorgung anzubieten), und die nicht Kaderärzte in einem Spital sind. Sie haben entweder einen Facharzttitel in SCHWEIZERISCHE ÄRZTEZEITUNG – BULLETIN DES MÉDECINS SUISSES – BOLLETTINO DEI MEDICI SVIZZERI Anz. Halbtage versorgung (Allgemeine Innere Medizin, Kinder- und <1 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 2016;97(12–13):456– 459 458 WEITERE ORGANISATIONEN UND INSTITUTIONEN WGO Allgemeiner Innerer Medizin, Kinder- und Jugendme- sammen) aus, die in den nächsten fünf Jahren zu er- dizin oder als Praktischer Arzt (N = 264, 89% der Grund- warten ist. versorger), oder einen vergleichbaren Facharzttitel (Rheumatologie, Kardiologie oder Angiologie, Endokrinologie/Diabetologie, Pneumologie, Gastroentero- Diskussion logie, Gynäkologie und Geburtshilfe, Allergologie und Da es nur wenig verfügbare Daten gibt, ist es schwierig, klinische Immunologie, Physikalische Medizin und das Arbeitspensum der Ärzte zu dokumentieren [1–6]. Rehabilitation; N = 32, 11% der Grundversorger). Die FMH-Statistiken sind nützlich, doch müssen sie Ihr Durchschnittsalter liegt bei 55,0 Jahren. Sie arbeiten unbedingt durch Ad-hoc-Erhebungen ergänzt werden, durchschnittlich 8,4 Halbtage pro Woche (Abbildung 1 um das Arbeitspensum und geplante Änderungen der und Tabelle 1). Tätigkeit zu berücksichtigen, und insbesondere um Im Durchschnitt arbeiten die Grundversorger einen über gültige Daten auf regionaler Ebene zu verfügen. Halbtag mehr als die anderen Ärzte (8,4 vs. 7,4). Global Eine Statistik, die lediglich einen kantonalen Überblick gesehen entspricht ihre Tätigkeit 248 VZS (Tabelle 1) vermittelt, ist auf regionaler Ebene nämlich nicht direkt und 90% ihrer Tätigkeit ist der ärztlichen Grundver- verwendbar. Diese Erhebung zeigt, dass die Ärztedichte sorgung gewidmet (Tabelle 2). 11% der Grundversorger (Grundversorger) im städtischen Raum doppelt so hoch (N = 32) üben hauptsächlich eine andere Fachdisziplin sein kann wie im ländlichen Raum. aus und 53% ihrer Tätigkeit ist der ärztlichen Grundver- Es ist auch wichtig, über Informationen zu geplanten sorgung (Hausarztmedizin) gewidmet. Änderungen der Tätigkeit zu verfügen. Tatsächlich ist Die Grundversorgerdichte in VZS liegt bei 0,8 VZS pro es schwierig, sich einzig auf das Alter der Ärzte zu stüt- 1000 Einwohner. Zwischen den einzelnen Regionen zen, um eine Reduzierung bzw. Aufgabe ihrer Tätigkeit gibt es grosse Unterschiede: 0,7 VZS pro 1000 Einwohner vorherzusagen, da ein grosser Teil der Ärzte nicht im im Oberwallis, 0,9 im Mittelwallis und 0,6 im Unter- Alter von 65 Jahren in den Ruhestand tritt. Ausserdem wallis. In jeder der Regionen ist die Ärztedichte im länd- ist es wichtig, die effektive Tätigkeit, und nicht bloss lichen Raum deutlich geringer als im städtischen Raum den FMH-Titel, zu erfassen. Diese Erhebung zeigt näm- (Tabelle 2). lich, dass mehr als 10% der Ärzte, welche Leistungen In den nächsten fünf Jahren ist mit einer Abnahme von der ärztlichen Grundversorgung erbringen, über einen 25 VZS im Vergleich zu den im Jahr 2014 praktizieren- Facharzttitel verfügen, der üblicherweise nicht zu den den Ärzten zu rechnen (Tabelle 3). Diese Abnahme an Grundversorgertiteln gezählt wird. VZS bei den Grundversorgern macht 61% der gesam- Ein Schlüsselelement für den Erfolg dieser Erhebung ten Abnahme der ärztlichen Versorgung (alle Ärzte zu- war die ausgezeichnete Zusammenarbeit zwischen dem - Tabelle 2: Tätigkeit insgesamt und Tätigkeit der ärztlichen Grundversorgung (hausärztliche Tätigkeit) der Grundversorger nach FMH Titel und nach verfas sungsmässiger Region, Wallis, 2014 (Quelle: WGO [10]). Grundversorger – unabhängig ihres FMH-Titels Mittelwallis Unterwallis Total 68 139 89 296 Anzahl Halbtage total 8,8 8,3 8,2 8,4 Anzahl Halbtage, die der ärztlichen Grundversorgung gewidmet sind 8,1 7,3 7,5 7,5 Anteil Tätigkeit, die der ärztlichen Grundversorgung gewidmet ist 91% 89% 91% 90% Anzahl Ärzte 60 125 79 264 Anzahl Halbtage total 8,7 8,2 8,2 8,3 Anzahl Halbtage, die der ärztlichen Grundversorgung gewidmet sind 8,4 7,7 7,7 7,9 Anteil Tätigkeit, die der ärztlichen Grundversorgung gewidmet ist 96% 94% 95% 95% Anzahl Ärzte 8 14 10 32 Anzahl Halbtage total 9,8 8,9 8,6 9,0 Anzahl Halbtage, die der ärztlichen Grundversorgung gewidmet sind 5,9 3,8 5,3 4,8 Anteil Tätigkeit, die der ärztlichen Grundversorgung gewidmet ist 60% 42% 62% 53% B) Mit anderen FMH-Titeln SCHWEIZERISCHE ÄRZTEZEITUNG – BULLETIN DES MÉDECINS SUISSES – BOLLETTINO DEI MEDICI SVIZZERI A) Mit FMH-Titel in ärztlicher Grundversorgung Oberwallis Anzahl Ärzte 2016;97(12–13):456– 459 459 WEITERE ORGANISATIONEN UND INSTITUTIONEN WGO Tabelle 3: Ärztliche Grundversorger nach geplanter Änderung des Arbeitspensums in den nächsten fünf Jahren und nach ver fassungsmässiger Region, Wallis, 2014 (Quelle: WGO [10]). Geplante Änderung des Arbeitspensums in den nächsten 5 Jahren Oberwallis Mittelwallis Unterwallis Total Prozent Ja, Erhöhung 3 4 9 16 5% Nein 38 60 50 148 50% Ja, Reduzierung 16 52 18 86 29% Weiss nicht 11 23 12 46 16% Total 68 139 89 296 100% Ärzten, damit sie einem Mangel in bestimmten Berei- hatten beide ihren Bedarf nach gültigen Daten zu die- chen vorgreifen sowie beurteilen können, in welchen sem Thema geäussert und beschlossen, die Durchfüh- Bereichen das Angebot gering oder hoch ist – all dies rung der Erhebung zu unterstützen. Dies erklärt teil- nach Region. weise die sehr hohe Rücklaufquote. Das WGO seinerseits Zur Durchführung dieser Art von Erhebung ist es wich- verfügt über die Fachkenntnisse zur Durchführung tig, die betroffenen Partner mit einzubeziehen, das solcher Erhebungen (namentlich durch die Verwen- heisst die Planungsinstanz (DGW), die Ärzte (VSÄG) dung eines benutzerfreundlichen elektronischen Frage- und die Fachstelle für die Überwachung des Gesund- bogens) und zur objektiven Bearbeitung der Ergebnisse. heitswesens und die Datenanalyse (WGO). Damit kann Eine Schwäche der Erhebung liegt in der fehlenden In- eine geeignete Erhebung konzipiert werden, um In- formation zum Ärztenachwuchs. Diese Information ist formationen zu sammeln, die allen Partnern zweck- schwierig zu erhalten, da die Ärzte, die sich im Wallis dienlich sind, und um konstruktiv über die Ergebnisse niederlassen, aus verschiedenen Kantonen, Spitälern zu diskutieren. Zudem kann damit verhindert werden, und sogar aus verschiedenen Ländern kommen kön- dass einerseits mangels Kenntnissen der Gegebenhei- nen. Allerdings könnte es nützlich sein, geplante Tätig- ten vor Ort falsche Auslegungen gemacht werden und keitsaufnahmen von Assistenzärzten und Oberärzten andererseits die Ergebnisse subjektiv gelesen werden. in den Walliser Spitälern zu dokumentieren. Es wäre In Erwartung einheitlicherer Daten über sämtliche Ärzte auch zweckmässig, systematisch die Niederlassung von in der Schweiz über das Projekt MARS des BFS [11] ist Ärzten nach dem Erhalt ihrer Berufsausübungsbewilli- es wichtig, auf Ebene der Kantone Erhebungen zur gung zu beobachten, um abzuschätzen, ob diese Ärzte- Dokumentierung der Tätigkeit der Ärzte durchzufüh- zahl ausreicht, um die absehbare Abnahme an VZS der ren. Man muss darauf achten, dass die Interpretation nächsten fünf Jahre zu kompensieren. Schliesslich wäre dieser statistischen Daten unter Einbezug der betroffe- es auch nützlich, die Verfügbarkeit der Ärzte zu evalu- nen Partner stattfindet. Die aktuellen Diskussionen ieren, beispielsweise indem ihre Kapazität zur Annahme rund um die Aufhebung des Zulassungsstopps von Fach- neuer Patienten dokumentiert wird [6]. ärzten zeigen umso mehr, wie wichtig es ist, objektiv Zu guter Letzt muss auch daran erinnert werden, dass über das tatsächliche Angebot diskutieren zu kön- mit dieser Art von Erhebung wohl die ärztliche Versor- nen, indem man sich auf fundierte und verlässliche gung besser abgeschätzt, jedoch keineswegs der Versor- Erhebungen stützt. WGO, der DGW und der VSÄG. Die DGW und die VSÄG gungsbedarf der Bevölkerung beurteilt werden kann. Korrespondenz: Chefarzt und Epidemiologe Walliser Gesundheitsobservatorium (WGO) CH-1950 Sitten arnaud.chiolero[at]ovs.ch Schlussfolgerung Danksagung Wir danken allen Ärzten, die an dieser Umfrage teilgenommen haben, sowie den Personen, die an der Konzipierung und Umsetzung mit gewirkt haben (DGW: Daniela Fante, administrative Mitarbeiterin, und Cédric Mizel, Verantwortlicher der juristischen Abteilung; WGO: André-Philippe Borgazzi, Verantwortlicher des Informationssystems, und Aurélie Calmeyn, Informatikerin). PD & MER Über mehr Informationen zur Tätigkeit der Ärzte zu verfügen, dient nicht nur der Aufsicht und Gesundheitsplanung der Kantone, sondern nützt auch direkt den SCHWEIZERISCHE ÄRZTEZEITUNG – BULLETIN DES MÉDECINS SUISSES – BOLLETTINO DEI MEDICI SVIZZERI Dr. Arnaud Chiolero, 2016;97(12–13):456– 459 460 WEITERE ORGANISATIONEN UND INSTITUTIONEN Aufruf an die Parlamentarier/-innen für ein wirksames Schweizer Tabakproduktegesetz Damit Ihre Kinder nicht unsere Patientinnen und Patienten werden! Wir haben als Ärztinnen und Ärzte alle täglich mit Pa- ketingstrategien werden immer personalisierter und tienten zu tun, welche an Lungen-, Herz-, Gefäss-, Tumor- gezielter und erreichen Jugendliche direkt und überall. sowie anderen tabakbedingten Krankheiten leiden. Und Oder wie ist es sonst zu erklären, dass die Anzahl Rau- wir versuchen, ihnen so gut wie möglich zu helfen. chender in der Schweiz nicht mehr zurückgeht, obwohl Hinter diesen Krankheiten stecken Leid und Einschrän- unsere Patientinnen und Patienten täglich wegen des kungen für die Betroffenen, aber auch für ihre Ange- Tabakkonsums sterben? Beginnen Jugendliche vor dem hörigen. Ein überwiegender Anteil dieser Krankheiten 20. Altersjahr zu rauchen, steigt ihr Risiko massiv, später steht in direktem Zusammenhang mit dem Tabakkon- tabakabhängig zu werden. sum und könnte daher vermieden werden. Die Zahl an Wir möchten Sie bitten, die Gelegenheit wahrzuneh- chronisch obstruktiven Lungenerkrankungen, Herz- men, mit der Erarbeitung des Tabakproduktegesetzes infarkten und Lungentumoren könnte künftig massiv den Tabak auf das zu beschränken, was er sein sollte: reduziert werden. ein stark gesundheitsgefährdendes Produkt, das nicht Vor diesem Hintergrund ist es unsere Aufgabe, uns für beworben werden darf und dessen Handel internatio- gesetzliche Regelungen betreffend Tabakprodukte ein- nalen Regulierungen unterstellt sein muss. Deshalb zusetzen, die verhindern, dass Menschen dazu verführt verlangen wir ein umfassendes Verbot von Marketing, werden, mit dem Rauchen anzufangen. Es geht nicht Promotion und Sponsoring für Tabakprodukte, sowohl darum, den Tabakkonsum generell zu verbieten. Das in traditionellen Medien als auch im Internet, an Ver- Ziel sollte sein, die Vermarktung dieser Produkte ein- anstaltungen, Verkaufsorten, und ein Verbot von Ziga- zuschränken, damit insbesondere junge Menschen rettenautomaten. Zahlreiche andere Länder haben sol- den Tabakkonsum nicht als banal erleben, wie dies che Regelungen bereits eingeführt – die Schweiz soll heute der Fall ist: Online-Wettbewerbe, Sponsoring von sich diesen anschliessen. Veranstaltungen, direkte und personalisierte Promo- Wir bitten Sie, durch Ihre Unterstützung Ihre Verant- tion, an festlichen Anlässen geschickt aufgestellte Zi- wortung wahrzunehmen. Damit die Kinder von heute garettenautomaten – jedes Mittel ist recht, um Tabak nicht unsere Patientinnen und Patienten von morgen bei Jugendlichen bekannt zu machen, welche morgen werden. unsere Patientinnen und Patienten sein werden. Mar- Korrespondenz: PD Dr. med. Macé M. Schuurmans Ko-Präsident Arbeitsgruppe Tabakprävention/Rauchstopp Schweizerische Gesellschaft für Pneumologie (SGP) Chutzenstrasse 10 CH-3007 Bern Tel. 031 378 20 30 mace.schuurmans[at]usz.ch Prof. Dr. med. Paola Gasche-Soccal Schweizerische Gesellschaft für Pneumologie (SGP) Präsidentin Dr. med. Jürg Nadig Schweizerische Gesellschaft für medizinische Onkologie (SSMO) Präsident Prof. Dr. med. Béatrice Amann-Vesti Schweizerische Gesellschaft für Angiologie (SGA) Präsidentin Prof. Dr. med. Jürg Hammer Schweizerische Gesellschaft für pädiatrische Pneumologie (SGPP) Präsident Dr. med. Urs Kaufmann Schweizerische Gesellschaft für Kardiologie (SGK) Präsident Dr. med. Nicole Pellaud Schweizerische Gesellschaft für Pädiatrie (SGP) Präsidentin Dr. med. Jürg Schlup Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte FMH Präsident Prof. Dr. med. Jean-Michel Gaspoz Schweizerische Gesellschaft für Allgemeine Innere Medizin (SGAIM) Ko-Präsident Prof. Dr. med. Raffaele Rosso FACS FRCS Schweizerische Gesellschaft für Chirurgie (SGC) Präsident Dr. med. François-Gérard Héritier Schweizerische Gesellschaft für Allgemeine Innere Medizin (SGAIM) Ko-Präsident Elena Strozzi Prävention – Mitglied der Geschäftsleitung Lungenliga Schweiz Chutzenstrasse 10 CH-3007 Bern Tel. 031 378 20 38 e.strozzi[at]lung.ch Dr. med. David Ehm Schweizerische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (SGGG) Präsident SCHWEIZERISCHE ÄRZTEZEITUNG – BULLETIN DES MÉDECINS SUISSES – BOLLETTINO DEI MEDICI SVIZZERI Bereichsleiterin Politik und 2016;97(12–13):460 461 WEITERE ORGANISATIONEN UND INSTITUTIONEN Collège des Doyens - - - Im Nachgang zur Veröffentlichung eines durch das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) beauftragten Berichts im Spätsommer 2015 wurde das Medizinstudium wieder auf die Traktandenliste der eid genössischen Behörden gesetzt. Dieser Bericht enthält eine Reihe von Beurteilungen und Vorschlägen, die mögli cherweise mit einem grösseren finanziellen Engagement der Eidgenossenschaft verbunden sein könnten. Das Universitätsstudium im Allgemeinen und das Medizinstudium im Besonderen ist Sache der Universitäten selbst, d.h. also der Kantone. Zum jetzigen Zeitpunkt verfügen fünf Universitäten über einen vollständigen, durch das OAQ akkreditierten Bachelor Master Lehrgang der Medizin. Im Rahmen der Implikation der Universitäts spitäler in der Ärzteausbildung, namentlich auf Master Stufe, hat der Verband Universitäre Medizin Schweiz (früher bekannt unter der Bezeichnung G15) von den Dekanen der fünf medizinischen Fakultäten der Schweiz eine Stellungnahme verlangt. Diese Stellungnahme wurde anlässlich der Sitzung des Collège des Doyens vom 19. November 2015 vorbereitet und in ihrer definitiven Fassung am 29. Januar 2016 verabschiedet. Prof. Henri Bounameaux, Präsident des Collège des Doyens der Medizinischen Fakultäten der Schweiz Collège des Doyens des Facultés de Médecine suisses Statement regarding medical education in Switzerland Henri Bounameaux a , Peter Eggli b , Thomas Gasser c , Jean-Daniel Tissot d , Rainer Weber e Prof. Dr. med., Dean of the Faculty of Medicine of the University of Geneva; b Prof. Dr. med., Dean of the Faculty of Medicine of the University of Bern; Prof. Dr. med., Dean of the Faculty of Medicine of the University of Basel; d Prof. Dr. med., Dean of the Faculty of Medicine of the University of Lausanne; e Prof. Dr. med., Dean of the Faculty of Medicine of the University of Zurich a c – as a matter of fact, the French-speaking part of topic of discussion for several years in Switzer- Switzerland produces more doctors than the Ger- land. man-speaking part (32% of the doctors for 25% of This discussion has come into focus again after the population), which also explains why the a report of the Federal Council in 2011 in reaction main immigration of doctors in Switzerland orig- to the so-called Motion Fehr. This report states inates from Germany (report of the Federal Coun- that a yearly production of 1200–1300 medical cil in 2011). Likewise, the distribution between ru- doctors would be necessary to maintain the pres- ral and urban regions is likely to remain uneven if ent medical coverage in our country, which is one specific measures are not taken at the political of the best in the world, both in quality and in level; – the often-mentioned shortage of doctors quantity1. in hospitals could be easily compensated by a one- The five faculties of medicine in Switzerland have year prolongation of the duration of the time dramatically increased the numbers of Master spent by doctors in hospitals during their post- students and at the horizon 2019, it is anticipated graduate education. 5. that about 1100 new doctors will have their di- The organization of medical studies has been a 3. 2. 1. The medical studies in Switzerland are organized ago aimed at introducing the concepts of clinical and hospital or private practice conditions: – with medicine, including clinical humanities and clini- population): Austria 4.8; out any doubt, there will be not enough general cal skills as early as possible in the curriculum, i.e. Russia 4.3; Switzerland 4.1; practitioners (or family medicine doctors), a situa- in the Bachelor program. Moreover, the whole Australia 3.8; Spain 3.8; tion that will not be changed by just increasing program (Bachelor-Master) requires official accre Germany 3.7; Denmark 3.5; the number of Master students; situations across France 3.3; Netherlands 3.0; Belgium 2.9; UK 2.8; USA 2.4; Canada 2.1. other specialties may vary considerably, but for sure, some specialties are in a plethora situation; ditation. 6. Italy 4.1; Sweden 3.9; The many recent initiatives to increase the number of Master programs (Fribourg, USI, St. Gall) are SCHWEIZERISCHE ÄRZTEZEITUNG – BULLETIN DES MÉDECINS SUISSES – BOLLETTINO DEI MEDICI SVIZZERI (total number per 1000 1 Density of physicians and the reforms that were introduced 10–20 years across medical specialties, geographic regions, as a continuum from the first to the sixth year, The above-mentioned shortage is highly variable 4. ploma each year (in 2009: 720). 2016;97(12–13):461– 462 might become more and more necessary in the medical doctors; a coordination with the five fac- next decades (these students will continue optional ulties of medicine will be absolutely necessary to technological studies at EPFL during their Master ascertain this because the transfer of Bachelor in medicine). In parallel, a project between EPFL students from these five universities to other and the University of Geneva will develop simu Master programs is not obvious. lation programs, especially for the education of The decision of the ETHZ to establish a Bachelor family medicine specialists. 9. program in medicine will result in more medical welcome if they really result in an increase of 7. 462 WEITERE ORGANISATIONEN UND INSTITUTIONEN Collège des Doyens The Collège des Doyens welcomes all initiatives doctors in the German-speaking part of Switzer- that tend to increase the variety of MDs that are land (which is desirable) only if agreements are educated in Switzerland, as far as the educational objectives are fulfilled. reached with the institutions that provide Master favor of the so-called Anglo-Saxon «medical school» medicine have reached an agreement to integrate model that is at considerable variance with the a certain number (approximately 30–40 per year) Swiss model of medical education. The medical of students with an EPFL Bachelor in their Master school model was put forward in the recently pub- Prof. H. Bounameaux programs (20–30 in Lausanne and no more than licized Loprieno report, without convincing evi- President of the Collège 10 in Geneva), after a one-year bridge to put them dence of its advantages. des doyens Dean’s 1, rue Michel-Servet Master program (a total of 7 years of medical stud- CH-1211 Geneva 4 henri.bounameaux[at] unige.ch The Collège des Doyens consists of the Deans of the Faculties of Medicine of the Universities of Basel, Bern, Geneva, Lau sanne and Zurich. Office – CMU w at the necessary level to integrate the first-year ies). In Geneva, the aim is to produce a new category of doctors, namely «ingenieur-doctors» who SCHWEIZERISCHE ÄRZTEZEITUNG – BULLETIN DES MÉDECINS SUISSES – BOLLETTINO DEI MEDICI SVIZZERI Correspondence: The EPFL and the French-speaking faculties of 8. 10. The Collège des Doyens has no strong feelings in programs and if the financial aspects are clarified. 2016;97(12–13):461– 462 463 BRIEFE redak [email protected] Briefe an die SÄZ 2 Naef J. Die erste Schweizer Ärztin – Dr. med. Marie Heim-Vögtlin. Schweiz Ärztezeitung. 2016;97(9):315–7. Fauth U, Rümelin A, Nahtoderfahrungen, Phänomenologie, Erklärungsmodelle und klinische Bedeutung, Notfall & Rettungsmedizin 7 (2003), 509–19. 1 2 Buess-Siegrist P. Veränderungen auf vielen Ebenen. Schweiz Ärztezeitung. 2016;97(9):343–4. Schiedsgremien mit Mediationsfunktion sind vorzuziehen Zum Artikel «Hirnblutung anlässlich einer oralen Antikoagulation – wer haftet?» [1] In diesem Artikel wird von einem juristischen Triumph und einer menschlichen Tragödie berichtet. Der Patient ist invalide und hat einen Schuldenberg, sein Hausarzt leidet sicher unter den jahrelangen Schuldvorwürfen und dem bedauernswerten Zustand seines Patienten. Wie verhält sich eine zivilisierte Gesellschaft angesichts von menschlichem Leid, das durch eine Verkettung unglücklicher Umstände entstanden ist? SCHWEIZERISCHE ÄRZTEZEITUNG – BULLETIN DES MÉDECINS SUISSES – BOLLETTINO DEI MEDICI SVIZZERI Wiget A. Hirnblutung anlässlich einer oralen Antikoagulation – wer haftet? Schweiz Ärztezeitung. 2016;97(9):338–41. Gratzl O. Das Problem der thorakalen Diskushernie. Swiss Archives of Neurology and Psychiatry 2013; 164(6):187–93. Die verschlüsselte Botschaft der Flüchtlinge Seit einigen Jahrzehnten hat die Wissenschaft angefangen, beobachtete Vorgänge nicht mehr isoliert, sondern in einem grösseren Zusammenhang zu beurteilen. Diese neue Denkweise wird als systemisches Denken bezeichnet. Von einem solchen Denkansatz aus kann die gegenwärtige Flüchtlingskrise als Träger einer wichtigen Botschaft an die ganze Menschheit angesehen werden. In den letzten Monaten hat die Öffentlichkeit in den westlichen Industrienationen, aber auch darüber hinaus, weltweit täglich die bedauerliche Realität einer schweren Flüchtlingskrise vor Augen geführt erhalten. Die Bilder, die uns erreichen, zeugen von Millionen Menschen in einer verzweifelten Lebenslage, die mit letzten Kräften um ihr Überleben kämpfen und zu diesem Zweck körperliche und seelische Leistungen zustande bringen, die beinahe an das Unglaubliche grenzen. Um der Zerstörungskraft des Krieges zu entkommen, 1 1 Dr. phil. Barbara Hug, Wil Dr. med. Walter Meili, Basel Prof. em. Dr. med. Otmar Gratzl, Basel Zum Artikel «Veränderungen auf vielen Ebenen» [1] Wenn ein Mensch, der eine Hirnschädigung erfahren hat, versucht, sich seiner Umwelt verständlich zu machen, scheitert er oft. Nicht nur Angehörige, auch Ärzte und z.T. psych iatrisch ausgebildete Fachkräfte, oder der Arbeitgeber, stehen vor einem Rätsel. Was hat dieser Mensch, spielt er nur den Kranken, übertreibt er nicht masslos, er könnte sich etwas mehr anstrengen … Diese Reaktionen der Umwelt basieren auf Unkenntnis. Als sich nach dem Vietnamkrieg viele amerikanische Soldaten in der Gesellschaft nicht mehr zurechtfanden, führte dies anfangs auch zu unverständigen Reaktionen von Seiten der Umgebung. Inzwischen kennt man die Sym ptome, die nach schwersten Kriegserlebnissen auftreten, besser. Schwere Traumata, mit und ohne erkennbare Schädel-/Hirnverletzungen, wurden vom Kriegsschauplatz nach Hause gebracht. Wir kennen auch die Väter, die, heimgekehrt aus dem Zweiten Weltkrieg, nachts mit starken Ängsten erwachten, ausser sich gerieten, Jähzornsanfälle hatten, und oft noch nach vielen Jahrzehnten Flashbacks hatten, was sich in Albträumen äusserte. Das psychische Trauma und die posttraumatische Belastungsstörung gehören heute zum Fachwissen, ebenso Formen deren Behandlung. Nebenbei bemerkt, führt der Einsatz bunkerbrechender Waffen nicht einfach nur zur Zerstörung des Bunkers … Dem Verein Denkwerk Hirnverletzung sei gedankt. Für die IV, die anderen Versicherungen, die SUVA, und alle Haus- und Kassenärzte gehört dieses Buch zur Pflichtlektüre, meine ich. Nach Einblick in diese Zustände im Rahmen mehrerer Gutachten bin ich zu einer Schlussfolgerung gekommen, die niemand publizieren wollte, aber dann doch von der Schweiz. Neurologischen Gesellschaft zur Veröffent lichung angefordert wurde [2]: «Für die Begutachtungssituation und Schlichtung sind Schiedsgremien mit Mediationsfunktion vorzuziehen, wie sie in skandinavischen Ländern und an deutschen Ärztekammern bereits bestehen. Diese können unter sachverständigem Beirat zeitnahe Entscheidungen treffen, welche die berechtigten Anliegen der Beteiligten, der Patienten und der Ärzte, eher einer Lösung zuführen als über Jahre, ja Jahrzehnte sich hinziehende gerichtliche Auseinandersetzungen. Ein solches Vorgehen, das auch finanzielle Vorschläge zu gütlicher Regelung ermöglicht, ist in Österreich und der Schweiz noch nicht eingeführt.» Sehr polemisch und bei Darstellung eines Zivilprozesses inkorrekt ist der Einschub «als Arzt lässt sich praktizieren, ohne mit einem Bein im Gefängnis zu stehen» auf Seite 340 des SÄZ-Artikels! Mit Interesse habe ich den Bericht über die erste Schweizer Ärztin [1] zur Kenntnis genommen. Bei der Passage: «1875, ein Jahr nach der Praxiseröffnung, heiratete Marie den Geologieprofessor Albert Heim» erinnerte ich mich, dessen Namen bereits in einem ganz anderen Kontext begegnet zu sein: In einer Übersichtsarbeit über Nahtoderfahrungen aus dem Jahr 2003 schreiben die beiden Notfallmediziner U. Fauth und A. Rümelin unter anderem: «Die erste Publikation der Neuzeit zum Thema Nahtoderlebnis stammt aus dem Jahr 1892. Albert Heim, Professor für Geologie, trug im Jahrbuch des Schweizer Alpenclubs 30 Fälle von überlebten Absturzereignissen zusammen und schildert unter anderem das Erlebnis eines selbst erfahrenen Absturzes 1871 am Säntis. Er schreibt: ‘Was ich in 5 bis 10 Sekunden gedacht und gefühlt habe, lässt sich in zehnmal mehr Minuten nicht erzählen. Alle Gedanken und Vorstellungen waren zusammenhängend und sehr klar, keineswegs traumhaft verwischt. … Dann sah ich, wie auf einer Bühne aus einiger Entfernung, mein ganzes vergangenes Leben in zahlreichen Bildern sich abspielen. Ich sah mich selbst als die spielende Hauptperson. Alles war wie verklärt von einem himmlischen Lichte und alles war schön und ohne Schmerz, ohne Angst und Pein. Auch die Erinnerung an sehr traurige Erlebnisse war klar, aber dennoch nicht traurig. … Erhabene und versöhnende Gedanken beherrschten und verbanden die Einzelbilder, und eine göttliche Ruhe zog wie herrliche Musik durch meine Seele. … Objectives Beobachten, Denken und subjectives Fühlen gingen gleichzeitig nebeneinander vor sich. Dann hörte ich einen dumpfen Aufschlag, und mein Sturz war zu Ende.’» Damit beschrieb Albert Heim ein Phänomen und suchte Gemeinsamkeiten, fast hundert Jahre bevor der amerikanische Psychiater Raymond Moody es in seiner Publikation Life after Life 1975 allgemein bekannt machte. Bis heute bleiben Nahtoderfahrungen für Naturwissenschaft und Theologie ungeklärt, und wer diesen Berichten Glauben schenkt, wird nicht selten in die «Esoterik-Ecke» geschoben. Ein bemerkenswertes Ehepaar also, diese Heims. Beide waren ihrer Zeit weit voraus. Pflichtlektüre Ihrer Zeit voraus 2016;97(12–13):463– 464 um ein lebensfähiges ökologisches Gleich gewicht auf dem Planeten zurückzugewinnen oder auf eine negative Entwicklung vorbe reitet zu sein. In jedem Fall bedarf es einer Entwicklung zu einem universellen Menschenverständnis hin und einer allgemeinen gegenseitigen Akzeptanz. Ohne eine solche werden die für das Überleben der Menschheit entscheidenden Ziele nicht erreicht werden können, die eines universellen Zusammenschlusses bedürfen. Das 20. Jahrhundert hat leider gelehrt, welche Folgen aus der fehlenden Akzeptanz von religiösen, kulturellen und ideologischen Einstellungen zu erwarten sind. Die Flüchtlingsprobleme können uns zu dieser neuen Einstellung verhelfen, welche das 21. Jahrhundert kennzeichnen muss. mit Recht erwartet werden. Das Gegenteil ist aber auch der Fall, d.h. dass die Menschen in den Gastländern auf ihre Gäste zugehen müssen, um mit deren Eigenart umgehen zu können. Wie auch das Problem der Klimaerwärmung und der Veränderung der natürlichen Lebensgrundlagen des Menschen in den kommenden Jahrzehnten beeinflusst werden kann, lassen sich schon nur aufgrund der heute nicht mehr rückgängig machbaren Phänomene gigantische Veränderungen der Lebensbedingungen für den Menschen vorhersehen mit mächtigen Migrationsströmen, um dem Hochwasser, oder der Trockenheit, zu ent gehen. Die heutige Situation kann als eine Art von experimentellem Labor angesehen werden, mit welchem das Zusammenleben der verschiedenartigsten Menschen geübt wird, Dr. med. René Bloch, Therwil Mitteilungen Facharztprüfung * falls die Anzahl Kandidaten die Kapazität überschreitet Facharztprüfung zur Erlangung des Schwerpunktes Neonatologie zum Facharzttitel Kinder- und Jugendmedizin Ort: Klinik für Neonatologie, Inselspital Bern (Frau Dr. Chantal Cripe) Datum: Mündliche Prüfung: 1.–3.11.2016 (Reserve datum*: 4.11.2016) Anmeldefrist: 26.6.2016 Weitere Informationen finden Sie auf der Website des SIWF unter www.siwf.ch → Fachgebiete → Facharzttitel und Schwerpunkte (Weiterbildung) → Kinder- und Jugendmedizin Schriftliche Prüfung: 6.9.2016 haben viele Menschen viel gewagt und oft dabei auch ihr Leben verloren. Dass Europa durch diesen mächtigen Flüchtlingsstrom überrascht wurde und vorerst keine koordinierte Antwort gefunden hat, lässt sich gut verstehen, insbesondere bei Berücksichtigung des völkerstaatlichen Aufbaues der EU. Die Bilder aus den letzten Monaten und die innerhalb von Europa in der Folge entstandenen politischen Konflikte haben eine andere unbewältigte Situation auf den zweiten Platz verwiesen, obschon weit gefährlicher für die Existenz der Gesellschaft und sogar eine Bedrohung für den ganzen Globus darstellend. Es sind erst einige Monate seit der Konferenz von Paris vergangen, von der man sich eine Rettung des Planeten vor der Klimaerwärmung und einer allgemeinen Umweltzerstörung versprochen hat. Wie man auch zu den vorgeschlagenen, globalen Massnahmen, vor allem der Reduktion des CO2, stehen mag, hängt der Erfolg der Konferenz von einer lü ckenlosen Zusammenarbeit ab. Eine solche Zusammenarbeit muss unter Menschen aller Rassen, Religionen und Ideologien stattfinden können. Dass eine solche harmonische, internationale Zusammenarbeit über die Zeitdauer eines Kongresses hinaus gelingt, ist höchst fraglich. Die Flüchtlinge, die Europa erreichen, kommen aus zahlreichen Ländern mit anderen Religionen und kulturellen Wertvorstellungen, als solche in Europa ohne weiteres verstanden und akzeptiert werden. Dass die Flüchtlinge eine bedeutende Anpassungs leistung vollziehen müssen, darf von ihnen 464 BRIEFE / MIT TEILUNGEN redak [email protected] Aktuelle Forumthemen Jetzt online mitdiskutieren auf www.saez.ch Prof. Dr. med. David Holzmann, Maur Indikationen Indikation nach medizinischen oder ökonomischen Kriterien? Dr. med. et MME Monika Brodmann Maeder, Fachärztin für Allgemeine Innere Medizin, FMH, Leitende Ärztin, Leiterin Bildung und Gebirgsnotfallmedizin, Universitäres Notfall zentrum, Inselspital Bern Interprofessionalität in der Medizin SCHWEIZERISCHE ÄRZTEZEITUNG – BULLETIN DES MÉDECINS SUISSES – BOLLETTINO DEI MEDICI SVIZZERI Interprofessionalität – sind wir Ärztinnen und Ärzte dafür bereit? 2016;97(12–13):463– 464 465 FMH SERVICES Die gröss te standeseigene Diens tleistungsorganisation Redaktionelle Verantwortung: FMH SERVICES St. Gallen Hotel Einstein Bern Schmiedstube Bern Schmiedstube Kosten Für FMH Services-Mitglieder kostenlos. Röntgen in der Arztpraxis Das Seminar richtet sich an Ärztinnen und Ärzte, die vor einer Praxiseröffnung oder Praxisübernahme stehen oder bereits praxistätig sind. Themen – Rentabilität Röntgen in der Arztpraxis – Evaluation und Beschaffung neuer oder gebrauchter Anlagen – Möglichkeiten der Umrüstung von analogen zu digitalen Anlagen – Vor- und Nachteile analoger und digitaler Systeme – Komplette Marktübersicht mit Preisen und Leistungskomponenten Themen – Anforderungen an ein Praxisinformationssystem (Einführung) – Evaluationsprozess (projektorientiertes Vorgehen in der Evaluation eines Praxisinformationssystems) – Präsentation von sechs führenden Praxisinformationssystemen (Leistungserfassung, elektronisches Abrechnen unter Einbezug der TrustCenter, Agendaführung, Statistiken, Laborgeräteeinbindung, elektronische Krankengeschichte, Finanzbuchhaltungslösungen usw.) St. Gallen Hotel Einstein Bern Schmiedstube K80 Donnerstag, 16. Juni 2016 13.30–18.00 Uhr K81 Donnerstag, 17. November 2016 13.30–18.00 Uhr St. Gallen Hotel Einstein K02 Donnerstag, 12. Mai 2016 16.00–20.30 Uhr K03 Donnerstag, 9. Juni 2016 09.00–16.30 Uhr Daten Daten Sponsoren Die Kosten werden durch diverse Sponsoren (siehe www.fmhservices.ch) gedeckt. Der Workshop richtet sich an Ärztinnen und Ärzte, die vor einer Praxiseröffnung oder Praxisübernahme stehen oder bereits praxistätig sind. Praxiscomputer-Workshop Sponsoren Die Kosten werden durch diverse Sponsoren (siehe www.fmhservices.ch) gedeckt. K07 Donnerstag 19. Mai 2016 16.00–20.30 Uhr K08 Donnerstag 16. Juni 2016 13.30–18.00 Uhr Daten Themen – Juristische Aspekte (Praxisbewilligung, Zulassung zur Sozialversicherung, Vertragswesen) – Gesellschaftsformen / Ehe- und Erbrecht (Privat-/Geschäftsvermögen, Güterstand, Erbschaftsplanung) – Praxiseinrichtung (Inneneinrichtung, Kostenberechnung) – Praxisadministration (Leistungserfassungsund Abrechnungssysteme) – Bewertung einer Arztpraxis (Berechnung Inventarwert und Goodwill als Verhandlungsbasis) – Finanzierung der Arztpraxis (Businessplan, Kredite, Absicherungsmöglichkeiten) – Versicherungen/Vorsorge/Vermögen (Personen- und Sachversicherungen, Vorsorgeplanung) Sponsoren Die Kosten werden durch diverse Sponsoren (siehe www.fmhservices.ch) gedeckt. – Standort, Praxisobjekt (Anforderungen an Standort; Konkurrenzanalyse; Praxiseinrichtung, Kosten) – Personal (Qualifikationen; Gesetze, Reglemente, Verträge) – Führung und Organisation (Struktur und Abläufe; Aufgaben, Verantwortungen, Kompetenzen) – EDV und Administration (Anforderungen an Praxisinformatik; Evaluation) – Praxisbericht (Erfahrungsbericht eines Arztes, Mitgründer einer Gruppenpraxis aus der Region) Das Seminar richtet sich an Ärztinnen und Ärzte, die vor einer Praxiseröffnung (Einzel-/Gruppenpraxis), dem Einstieg in eine Gruppenpraxis oder vor einer Praxisübernahme stehen. Grundstückgewinnsteuer, Bestimmung des optimalen Übergabe-/Aufgabezeitpunktes) Praxiseröffnung/-übernahme Seminare / Séminaires / Seminari Kosten Für FMH Services-Mitglieder kostenlos. Bern BERNEXPO Datum Ouverture et reprise d’un cabinet médical Le séminaire est destiné aux médecins sur le point d’ouvrir un cabinet médical (individuel ou de groupe), de joindre un cabinet de groupe ou de reprendre un cabinet existant. SCHWEIZERISCHE ÄRZTEZEITUNG – BULLETIN DES MÉDECINS SUISSES – BOLLETTINO DEI MEDICI SVIZZERI Contenu – Aspects juridiques (contrats en général, autorisations, admission à pratiquer à la charge de l’assurance sociale, dossier patients) – Business plan (préparation du plan de financement et crédit d’exploitation, financement par la banque) Themen – Strategie (Ziele der Gruppenpraxis; Gestaltung des Angebots) – Unternehmer (Zusammensetzung des Teams; Verhaltensregeln, finanzielle Beteiligung und Entschädigungsmodelle) – Finanzen und Recht (Versicherung, Vorsorge und Vermögen; Rechtsform, Finanzen, Steuern) Niederscherli WIROMA AG Das Seminar richtet sich an in Ausbildung stehende Ärztinnen und Ärzte, die sich einer Gruppenpraxis anschliessen wollen sowie an praxis tätige Ärztinnen und Ärzte, die ihre Einzelpraxis an eine Gruppenpraxis anschliessen wollen. K16 Donnerstag, 25. August 2016 09.30–16.00 Uhr Gruppenpraxis Themen – Praxispartner- oder Nachfolgesuche (projektorientiertes Vorgehen in der Nachfolgeplanung) – Juristische Aspekte (Praxisübergabevertrag, allg. Vertragswesen, Übergabe der Krankengeschichten) – Bewertung einer Arztpraxis (Berechnung Inventarwert und Goodwill als Verhandlungsbasis) – Versicherungen/Vorsorge/Vermögen (Übergabe/Auflösung von Versicherungsverträgen, Pensions- und Finanzplanung) – Steuern (Steueraspekte bei der Praxisübergabe oder Liquidation: Optimierung der steuerlichen Auswirkungen, Liquidations- und Zürich Technopark K13 Donnerstag 24. März 2016 13.30–18.00 Uhr K14 Donnerstag 30. Juni 2016 13.30–18.00 Uhr Das Seminar richtet sich an Ärztinnen und Ärzte, die ihre Praxis an einen Partner oder Nachfolger übergeben oder liquidieren wollen. Idealtermin: 5–10 Jahre vor geplanter Übergabe oder allfälliger Liquidation (aus steuertechnischen und vorsorgeplanerischen Gründen). Daten Praxisübergabe/-aufgabe 2016;97(12–13):465– 466 Contenu – Stratégie (objectifs du cabinet de groupe; structure de l’offre de prestations) – Entrepreneurs (composition de l’équipe; rè gles de conduite; participation financière et modèles de rémunération) – Finances et droit (assurances, prévoyance et patrimoine; forme juridique, finances et impôts) – Lieu d’implantation et immobilier (exigences locales; analyse de la situation concurrentielle; aménagement du cabinet et coûts) – Ressources humaines (qualifications; lois, règlements et contrats) – Direction et organisation (structure et processus; tâches, responsabilités et compé tences) – Informatique et administration (attentes en matière de système informatique pour le cabinet; évaluation) – Rapport d’expérience (rapport de l’expérience d’un médecin, co-fondateur d’un cabinet de groupe de la région) Contenuto – Business Plan (preparazione del piano di finanziamento e del credito d’esercizio, pre stito bancario) – Pianificazione (insediamento, progetto e pianificazione, scelta del mobilio, budget) – Valutazione di uno studio medico (inventario e goodwill) – Amministrazione di uno studio medico (interna allo studio, rapporti con la banca) – Assicurazioni (tutte le assicurazioni necessarie interne ed esterne allo studio) – Passaggio dallo stato di dipendente a quello di indipendente – Fiscalità Sponsors Les coûts sont pris en charge par divers sponsors (voir www.fmhservices.ch). Dates Lausanne World Trade Center Atelier consacré à l’informatique au cabinet médical L’atelier s’adresse aux médecins sur le point d’ouvrir un cabinet médical et aux médecins déjà établis qui veulent changer leur logiciel. Annullierungsbedingungen / Conditions d’annulation / Condizioni d’annullamento Bei Abmeldungen oder Fernbleiben werden folgende Unkostenbeiträge erhoben: Un montant est perçu pour une absence ou une annulation. Il est de: Un importo verrà rimborsato in caso di assenza o annullamento. Esso sarà di: – 50 CHF pro Person ab 14 Tage vor Seminar beginn / par personne dans les 15 jours avant le début du séminaire / per persona entro i 15 giorni prima dell’inizio del seminario; – 100 CHF pro Person ab 7 Tage vor Seminarbeginn oder Fernbleiben / par personne dans les 7 jours avant le début du séminaire / per persona entro i 7 giorni prima dell’inizio del seminario. Lausanne World Trade Center K28 Jeudi 23 juin 2016 13h30–18h00 Le séminaire s’adresse aux médecins en formation voulant exercer leur future activité en cabinet de groupe et aux libres praticiens qui Apertura e rilevamento di uno studio medico Il seminario è destinato ai medici in procinto di aprire o di rilevare uno studio medico. SCHWEIZERISCHE ÄRZTEZEITUNG – BULLETIN DES MÉDECINS SUISSES – BOLLETTINO DEI MEDICI SVIZZERI Cabinet de groupe Date Coûts Gratuit pour les membres de FMH Services. Lausanne World Trade Center Genève Crowne Plaza K24 Jeudi 19 mai 2016 13h30–18h00 K25 Jeudi 10 novembre 2016 13h30–18h00 Contenu – Attentes à un logiciel pour la gestion du cabinet (Introduction) – Présentation de six logiciels pour la gestion du cabinet (gestion des données des patients, gestion de la facturation et de l’encaissement, statistiques, gestion de l’agenda, connexion des appareils médicaux au dossier patient, etc.) Hinweis / Remarque / Osservazioni Bei sämtlichen Seminaren, bei denen die Kosten teilweise oder gänzlich von Seminarsponsoren gedeckt werden, werden die Teilnehmeradressen den jeweiligen Sponsoren zur Verfügung gestellt. Les adresses des participants aux séminaires dont les coûts sont couverts en partie ou totalement par des sponsors sont communiquées aux sponsors concernés. Gli indirizzi dei partecipanti ai seminari, i cui costi sono coperti in parte o completamente da degli sponsor, vengono comunicati agli sponsor interessati. Dates Anmeldung und Auskunft / Inscription et information / Iscrizioni e informazioni www.fmhservices.ch oder FMH Consulting Services, Cornelia Fuchs, Tel. 041 925 00 77 Genève Crowne Plaza Sponsors Les coûts sont pris en charge par divers sponsors (voir www.fmhservices.ch). Chiasso FMH Consulting Services Chiasso FMH Consulting Services K85 Jeudi 21 avril 2016 13h30–18h00 K86 Jeudi 22 septembre 2016 13h30–18h00 Contenu – Recherche active d’un successeur / associé – Aspects juridiques (contrat de remise, contrats en général, dossiers médicaux) – Estimation d’un cabinet (calcul de l’inventaire et du goodwill comme base de négociations) – Assurances/prévoyance/patrimoine (remise/résiliation des contrats d’assurances, formes de prévoyance, planification de la retraite et des finances) – Conséquences fiscales d’une remise ou d’une cessation (optimisation de l’impact fiscale lors d’une remise/cessation, impôt sur les bénéfices et gains immobiliers, détermination de la date optimale pour la remise/ cessation. Le séminaire s’adresse aux médecins désirant remettre un cabinet médical à un associé ou à un successeur ou qui doivent fermer leur cabinet médical. Idéalement 5–10 ans avant la remise/cessation prévue (pour des questions de taxation et prévoyance) K50 Mercoledì 13 aprile 2016 dalle 14.00 alle 17.30 K51 Mercoledì 26 ottobre 2016 dalle 14.00 alle 17.30 Remise et cessation d’un cabinet médical Date Lausanne World Trade Center Sponsor Diversi sponsor si fanno carico delle spese (si rimanda al sito www.fmhservices.ch). Genève Crowne Plaza K21 Jeudi 2 juin 2016 13h30–18h30 K22 Jeudi 1 septembre 2016 13h30–18h30 Dates Sponsors Les coûts sont pris en charge par divers sponsors (voir www.fmhservices.ch). souhaitent affilier leur cabinet individuel à un cabinet de groupe. – Aménagement (implantation, projet et concept d’aménagement, choix du mobilier, budget) – Estimation d’un cabinet (inventaire et goodwill) – Laboratoire – Administration d’un cabinet médical – Assurances – Passage du statut de salarié à celui d’in dépendant – Fiscalité 466 FMH SERVICES Die gröss te standeseigene Diens tleistungsorganisation 2016;97(12–13):465– 466 FMH SERVICES Die gröss te standeseigene Diens tleistungsorganisation Redaktionelle Verantwortung: FMH SERVICES Hausrat- und Privathaftpflichtversicherung Nutzen Sie bereits die Vorteile der FMH Insurance Services Hausrat- und Privathaftpflichtversicherung? In diesem Rahmenvertrag profitieren Mitglieder von FMH Services von attraktiven Spezialkonditionen. Gerne erstellen wir Ihnen eine kostenlose und unverbindliche Vergleichsofferte zu Ihrer bestehenden Versicherung und zeigen Ihnen Ihr Einsparpotential auf. Prüfen Sie unser Angebot, um umfassend versichert zu sein und Prämien zu sparen! HAUSRAT- UND PRIVATHAFTPFLICHTVERSICHERUNG Vorname / Name ______________________________ Adresse ______________________________ PLZ / Ort ______________________________ Telefon Privat / Geschäft ______________________________ Beste Zeit für einen Anruf ______________________________ E-Mail-Adresse ______________________________ Bitte Antworttalon einsenden oder per Fax an 031 959 50 10 12–13/16 Ich möchte eine kostenlose und unverbindliche Offerte der FMH Insurance Services Hausrat- und Privathaftpflichtversicherung. (Bitte Kopie der aktuellen Versicherungspolice beilegen.) Ich wünsche eine persönliche Beratung. Bitte rufen Sie mich an. Roth Gygax & Partner AG - Koordinationsstelle Moosstrasse 2, 3073 Gümligen Tel. 031 959 50 00 - Fax 031 959 50 10 [email protected] - www.fmhinsurance.ch FMH SERVICES Die gröss te standeseigene Diens tleistungsorganisation Redaktionelle Verantwortung: FMH SERVICES Seit Jahren bin ich jeden Tag pünktlich. Warum dürfen meine Zahlungseingänge nicht auch mal pünktlich sein? Encath AG - Koordinationsstelle Postfach 624, 2501 Biel Tel. 032 344 39 69 - Fax 032 344 39 66 [email protected] - www.fmhinkasso.ch Encath AG - Koordinationsstelle Neuengasse 5, 2502 Biel Tel. 032 560 39 10 - Fax 032 560 39 11 [email protected] - www.fmhfactoring.ch Inkassodienstleistungen für Ärzte Honorarabrechnung für Ärzte inklusive Zahlungsgarantie und Übernahme des Verlustrisikos Bitte senden Sie mir unverbindlich und kostenlos Unterlagen über das komplette Leistungspaket von: FMH Inkasso Services FMH Factoring Services Ich wünsche eine persönliche Beratung. Bitte rufen Sie an: Telefon ______________________________ Beste Anrufzeit ______________________________ Name der Praxis ______________________________ Ansprechpartner ______________________________ Adresse/Stempel ______________________________ Bitte Antworttalon einsenden oder per Fax an 032 560 39 11 12–13/16 InkASSodIenSTleISTungen & HonorArABrecHnung Für ÄrZTe 481 TRIBÜNE Inter view Interview mit Ulrich Schaefer und Gert Printzen zum compendium COMPACT «Ein Nachschlagewerk für alle» Interview: Bruno Kesseli Dr. med. et lic. phil., Chefredaktor Mit dem compendium COMPACT ist seit kurzem wieder ein Arzneimittel-Nach schlagewerk in Buchform auf dem Markt, das sämtliche in der Schweiz zugelassenen Medikamente enthält. Ulrich Schaefer, Geschäftsführer der herausgebenden Firma HCI Solutions, und Gert Printzen, Mitglied des Zentralvorstandes der FMH, erläutern die Gründe für die Neulancierung. Teil der Auflage abzunehmen, war deshalb für uns die gedruckten Form eingestellt. Drei Jahre später wird Sache klar: Wir machen es – und zwar kompakt! nun mit dem compendium COMPACT erneut ein Gert Printzen: Interessanterweise zeigten Umfragen, Nachschlagewerk zu Medikamenten in Buchform auf die die FMH lancierte, dass nicht nur die etwas älteren den Markt gebracht. Weshalb dieser Sinneswandel? Kolleginnen und Kollegen an der Print-Version inter Ulrich Schaefer: Nach der Einstellung der obligatori- essiert waren, sondern diesbezüglich auch seitens der schen Print-Version konnte man davon ausgehen, dass jüngeren Bedarf angemeldet wurde. Das «Arzneimittelkompendium» wurde 2013 in der der Wechsel von Print zu Online sehr schnell und prakHerr Printzen, welche Rolle spielte die FMH bei «… war deshalb für uns die Sache klar: Wir machen es – und zwar kompakt!» der Neulancierung? Im Vorfeld hat sich die FMH einerseits über das Editorial in der Schweizerischen Ärztezeitung [1] «öffentlich» an vielen Orten in Praxis, Spital und Pflege noch ver eine Vielzahl von Antworten niedergelassener Kolle zu dieser Thematik geäussert und auf diese Weise tisch vollständig erfolgt. In der Realität sind heute aber gen und Kolleginnen erhalten, die uns baten, auf je- vier im Einsatz. Umfragen zeigen zudem, dass fast die den Fall für eine Weiterführung des Kompendiums in Hälfte der Praxis-Ärzte ein Druckwerk vermisst. Als schriftlicher Form einzutreten. Andererseits haben die Firma Zentiva sich bereit erklärte, einen grossen wir dieses Thema in unserer FMH-Arbeitsgruppe altete gedruckte Ausgaben von Kompendium und Bre- Die Interviewpartner «Den schnellen Überblick garantieren»: Ulrich Schaefer über das compendium COMPACT. Ortet «Bedarf auch seitens der Jüngeren»: Gert Printzen. Gert Printzen ist Facharzt für Labormedizin und verfügt auch über ein Universitätsdiplom in Biochemie. Seit 2010 ist er Mitglied des Zentralvorstandes der FMH, in dem er die Departemente «eHealth – medizinische Informatik und Dokumentation», «Heilmittel» und «Paramedizinische Berufe» leitet. SCHWEIZERISCHE ÄRZTEZEITUNG – BULLETIN DES MÉDECINS SUISSES – BOLLETTINO DEI MEDICI SVIZZERI Ulrich Schaefer ist Pharmazeut und dissertierte auf dem Gebiet der computerisierten Wirkstoff-Analyse.Seit 2011 ist er Geschäftsführer der Firma HCI Solutions AG, in welcher die Aktivitäten der bisherigen Firmen Documed, e-mediat und Triamun zusammengefasst sind. Arbeitsschwerpunkt ist die Medika tionssicherheit in integrierten Systemen. Er ist Vorstandsmitglied der Interessengemeinschaften eHealth sowie eMediplan. 2016;97(12–13):481– 482 482 TRIBÜNE Inter view eHealth bearbeitet, die sich aus Vertretern der Basisorganisationen der Ärztekammer und somit schweizweit repräsentativ aus deren Interessenvertretern zusammensetzt. Und schliesslich haben wir auf politischer Ebene den Runden Tisch ins Leben gerufen compendium COMPACT und so alle Stakeholder zum Thema Arzneimittel Deutsche Ausgabe kompendium und Patientensicherheit zusammenge- 2016. 1003 Seiten. Gebunden. bracht und davon überzeugt, dass im Kompendium sFr. 145.– / € (D) 145.– aktuelle vollständige Daten in strukturierter Form ISBN 978-3-906819-01-3 einzusetzen sind. Dies ist Basis für die elektronische Ausgabe, aber auch relevant für die Qualität der Schriftform. ausging, besteht der Bedarf auch bei den Jungen. Eventuell erfolgt hierzu ja einmal eine Befragung. Nachschlagewerk für alle. Es gibt nicht nur digital oder Arzneimittelkompendium? analog. Wir sehen das neue Druckwerk als optimale Schaefer: Die letzten Ausgaben des «alten» Kompen Ergänzung zu den digitalen Plattformen – je nach Präferenz und Situation. diums wurden aufgrund des vorgeschriebenen Text Schaefer: Ganz klar: Das compendium COMPACT ist ein aus und inwiefern unterscheidet es sich vom früheren Wie sieht das Konzept des compendium COMPACT umfangs immer voluminöser – einzelne ArzneimittelMonographien umfassten mehrere engbeschriebene In welchem Kontext sehen Sie die Nutzung des Seiten. Das neue, kompakte Kompendium enthält die compendium COMPACT? Für die Kitteltasche ist es wichtigsten Angaben pro Medikament in einer von un- mit seinen 1000 Seiten kaum geeignet … serer Fachredaktion gestrafften Form, um den schnel- Schaefer: Immer dann, wann es praktischer ist … len Überblick zu garantieren. Printzen: Insbesondere bei «Downtime» oder Blockaden des Internets – oder sonstigen Übertragungspro- «Wir sehen das neue Druckwerk als optimale Ergänzung zu den digitalen Plattformen – je nach Präferenz und Situation.» blemen. Warten wir ab, welche Rückmeldungen wir bezüglich Dicke/Seitenzahl und Format erhalten. Ist es nicht absehbar, dass sich die elektronischen Printzen: Es mag sein, dass das «extensive» vergan- Medien in Kürze auch bei der Ärzteschaft flächen gene Kompendium dem einen oder anderen fehlt, die deckend durchsetzen werden? Sehen Sie eine länger neue Form liefert jedoch einen wichtigen ersten Über- fristige Zukunft für die Printversion? blick und wird beim Primärentscheid helfen. Printzen: Aufgrund der Rückmeldungen auf die FMHPublikationen sehe ich dieses Bedürfnis gleichwohl – Das Kompendium ist als compendium.ch im Internet trotz Digital Natives. zugänglich. Haben Sie Erkenntnisse darüber, wie und Schaefer: Klar wird im Rahmen von eHealth die Nut- von wem es genutzt wird? zung elektronischer Medien auch in der Ärzteschaft Schaefer: Praktisch alle Fachpersonen im Schweizer zunehmen – aber wie gesagt: Die verschiedenen For- Gesundheitsmarkt nutzen die Online-Ausgabe und/ mate ergänzen sich perfekt. Wichtiger als das Medium oder die mobilen Versionen. Aufgrund unserer regel- sind in jedem Fall die Zuverlässigkeit der Inhalte und mässigen Umfragen sind auch quantitative Aussagen deren anwenderfreundliche Präsentation. möglich: So setzen zum Beispiel 80% der Allgemeinmediziner das compendium.ch täglich ein. Das Arzneimittelkompendium wurde einem Grossteil der Ärzteschaft direkt und gratis zugestellt. Wie gelangt das compendium COMPACT zu den Ärztin dium COMPACT an? Sind es eher ältere Ärztinnen und nen und Ärzten? Ärzte, die mit den modernen elektronischen Kommu Schaefer: Im Gegensatz zu früher gibt es keinen Mas- nikationsmitteln weniger vertraut sind? senaussand an alle Praxen, Spitäler und Apotheken. Printzen: Wie eingangs erwähnt, hat das Editorial in Das compendium COMPACT kann beim Schweizeri- der SÄZ viele direkte Reaktionen ausgelöst. Auch wenn schen Ärzteverlag EMH oder bei der Zentiva AG bestellt das Gros der Bitten um Weiterführung des gedruckten werden. Kompendiums eher von der älteren Kollegenschaft SCHWEIZERISCHE ÄRZTEZEITUNG – BULLETIN DES MÉDECINS SUISSES – BOLLETTINO DEI MEDICI SVIZZERI bkesseli[at]emh.ch Welche Zielgruppen sprechen Sie mit dem compen- 2016;97(12–13):481– 482 483 TRIBÜNE Spec trum Expression de tous les gènes d’un neurone durant les premières heures de sa naissance. Chaque cercle représente un temps développemental (6 h, 12 h, 24 h) et les points colorés au sein de chaque cercle représentent le niveau d’expression d’un gène. Découverte d’un «Big Bang» neuronal tion des neurones. Cette découverte, à lire dans la revue Science, permet non seulement d’appréhender le développement de notre cer veau, mais également d’utiliser ce code pour reconstruire des neurones à partir de cellules souches. Les chercheurs vont ainsi pouvoir mieux comprendre l’origine de maladies neu rologiques, telles que l’autisme et la schizo phrénie. (Université de Genève) (Universität Basel) Une équipe de la Faculté de médecine de l’Université de Genève lève le voile sur les mécanismes qui permettent aux progéni teurs, sortes de cellules souches ayant la capa cité de se diviser, de donner naissance aux neurones. Grâce à FlashTag, une technologie révolutionnaire permettant d’isoler et de vi sualiser les neurones au moment même où ils naissent, les chercheurs ont décrypté le code génétique primordial permettant la construc In achtzig Prozent der Fälle ist das Darm bakterium E. coli für Blasenentzündungen verantwortlich. Forscher der Universität Basel und der ETH Zürich berichten in der Fachzeitschrift Nature Communications, wie es dem Keim dank dem Protein FimH gelingt, sich an Zuckerstrukturen auf den Zelloberflächen des Harntraktes anzuheften und sein Ausschwemmen mit dem Harn zu verhindern. Die Forscher haben verschie dene biophysikalische und biochemische Methoden kombiniert, um nachzuweisen, wie mechanische Kräfte die Bindungsstärke des Proteins regulieren. Wenn beide Teile von FimH durch den Harnfluss auseinander gezogen werden, schnappt die Zuckerbin dungsstelle zu. Lassen die Zugkräfte jedoch nach, öffnet sich die Bindungstasche, die Bakterien lösen sich und wandern die Harn röhre hinauf. © Jabaudon Lab, UNIGE Harnwegsinfektionen: Wie sich Bakterien bei uns einnisten © Maximilian Sauer, ETH Zürich Bei 70% der erwarteten Sterbefälle wurde auf weitere Behandlungen verzichtet oder eine laufende Therapie abgebrochen. - Im Jahr 2013 leisteten Deutschschweizer Ärzte in mehr als vier von fünf erwarteten Sterbefäl len in irgendeiner Form Sterbehilfe. Die ethisch schwierigen Entscheidungen werden meist ge meinsam mit Patienten und Angehörigen ge fällt, wie zwei neue Studien von Wissenschaft lern der Universitäten Zürich und Genf belegen. Untersucht wurden 2256 Todesfälle. Bei 70% der erwarteten Sterbefälle wurde auf weitere Behandlungen verzichtet oder eine laufende Therapie abgebrochen. In 63% der Fälle wurden verstärkt Mittel zur Schmerz oder Symptom linderung abgegeben. Während nur mit jedem zehnten der nicht urteilsfähigen Patienten die getroffenen Entscheidungen besprochen wur © Ralf Kalytta | Fotolia.com Arzt und Patient verzichten häufig auf lebensverlängernde Massnahmen Der Infektionserreger E. coli (grau) hält sich mit hilfe des Proteins FimH (gelb/rot), das sich an der Spitze langer Zellfortsätze befindet, an der Oberfläche des Harntraktes fest. Tox Info Suisse célèbre son 50 e anniversaire en 2016 En 1966, il y a 50 ans, la Société suisse des Phar maciens posait la pierre angulaire de Tox Info Suisse. Au début, les médecins légistes de l’Uni versité de Zurich et l‘ancienne Commission inter cantonale des poisons étaient de la partie. Aujourd‘hui, la consultation téléphonique au numéro d‘urgence 145 en cas d‘intoxication est devenue indispensable. En 2015, Tox Info Suisse a répondu à environ 38 400 demandes de ren seignement provenant du public et des profes sionnels de la santé. La poste dédie un timbre spécial à Tox Info Suisse pour l‘année de son jubilé. (Tox Info Suisse) Neue Therapie für suizidale Menschen Forschende der Universitären Psychiatrischen Dienste Bern (UPD) haben eine wirksame Therapie für Menschen entwickelt, die einen Suizid versuch unternommen haben. In einer Studie mit 120 Pa tienten haben die Wissenschaftler nachgewiesen, dass mit der neuartigen Therapie das Risiko wei terer Suizidhandlungen über 24 Monate hinweg um mehr als 80 Prozent reduziert wird. Die kurz angelegte Behandlungsform fasst Suizidalität nicht als Ausdruck einer psychischen Erkrankung auf, sondern als psychischen Ausnahmezustand. Ihre Studie haben die Forschenden in der neues ten Ausgabe der Fachzeitschrift PLOS Medicine publiziert. (UPD Bern) den, geschah dies bei den voll urteilsfähigen Patienten in beinahe drei von vier Fällen. (Universität Zürich) © Die Schweizerische Post AG SCHWEIZERISCHE ÄRZTEZEITUNG – BULLETIN DES MÉDECINS SUISSES – BOLLETTINO DEI MEDICI SVIZZERI Timbre spécial pour Tox Info Suisse. 2016;97(12–13):483 484 HORIZONTE Begegnung mit … … Michael Thiel, Chefarzt der Augenklinik am Luzerner Kantonsspital «Ich lebe für die Perfektion» Daniel Lüthi Freier Journalist und Fotograf, Medientrainer, Bern Da und dort stehen letzte Zügelkisten, einige Räume sind ambulante Tätigkeiten ausgerichtet». Viel Licht, keine noch leer. Bald aber wird der 50-Millionen-Bau einge- gefangenen Gänge, einladende Empfangs- und Warte- weiht.1 «Wir platzten aus allen Nähten», sagt Michael zonen: Patienten könnten sich jetzt besser orientieren Thiel. «Jetzt können wir auf einer nur wenig grösseren und auch Mitarbeitende würden sich im Neubau woh- Fläche massiv mehr Leistung erbringen. Es ist das per- ler fühlen. «Gerade für sie ist dieses Gebäude eine Wert- fekte Gebäude für unsere Ansprüche.» Kein Zweifel: schätzung. Gute Fussballer spielen auch gerne in einem Die neue Augenklinik ist sein Stolz. Und «perfekt» des- schönen Stadion.» Der Vergleich mit dem Fussball halb das passende Attribut. kommt immer wieder. Michael Thiel ist nicht nur Arzt, (zu etwa 60 Prozent, Spielertrainer Tag der offenen Tür: 16. April 2016, 10–16 Uhr 200 Mitarbeitenden in der Augenklinik und knapp Die Anordnung der Räume sei jetzt auf die Bedürfnisse 800 Angestellten im Departement Spezialkliniken. Dazu der Patienten und die Abläufe einer Augenklinik opti- gehören das Frauenspital, die Anästhesie, die Intensiv- mal abgestimmt, schwärmt Thiel, «früher gab es hier station und die Rettungsdienste. «Ich bin Spielertrai- fast ausschliesslich Bettenzimmer, man war nicht auf ner», sagt Thiel, «also ein Trainer, der mitspielt – und SCHWEIZERISCHE ÄRZTEZEITUNG – BULLETIN DES MÉDECINS SUISSES – BOLLETTINO DEI MEDICI SVIZZERI 1 wie er sagt), sondern auch Chef. Vorgesetzter von rund 2016;97(12–13):484– 486 485 HORIZONTE Begegnung mit … zwar nicht bloss an der Seitenlinie. Ich nehme Pässe ab und spiele sie weiter. Zum Beispiel dann, wenn die Frauenklinik in der Stadt eine Hebammenpraxis eröffnen will. Mein Team soll sich optimal entfalten können. Deshalb sehe ich mich nicht primär als Vorgesetzter, sondern als Interessenvertreter und Coach. Jeder soll aus seinem Potential das Optimum machen können.» Wie sehe ich mich? Und wie sehe ich die anderen? Bei einem Augenarzt haben diese Fragen eine spezielle Bedeutung. Hornhaut-Spezialist «Ich sehe auch Dinge, die man mit den Augen nicht sehen kann», sagt Thiel. Eine Landkarte zum Beispiel könne er einfach als dreidimensionale Landschaft wahrnehmen. «Das hilft mir beim Arbeiten. Denn ich habe Michael Thiel Prof. Dr. med. Dr. phil. Michael Thiel wurde 1964 in Zürich geboren. Er studierte Medizin an der Universität Basel, wo er 1991 zum Dr. med. promovierte. Am UniversitätsSpital Zürich USZ bildete er sich 1993 bis 97 zum Augenarzt weiter. 1997 bis 2000 folgte ein Forschungsaufenthalt im australischen Adelaide mit einer zweiten Promotion zum Dr. phil. auf dem Gebiet der Transplantationsimmunologie. Dort spezialisierte er sich auch auf Hornhauterkrankungen und -transplantationen. Im Jahr 2000 kehrte er ans USZ zurück. 2005 habilitierte er in Zürich, 2007 wechselte er ans Luzerner Kantonsspital als Chefarzt der Augenklinik. Seit 2012 ist er dort Leiter des Departements Spezialkliniken und Mitglied der Geschäftsleitung. 2013 ernannte ihn die Universität Zürich zum Titularprofessor für Ophthalmologie. Michael Thiel ist verheiratet und Vater von zwei Söhnen. Er lebt in Birchwil bei Zürich und in Luzern. auf sehr kleinem Raum mit sehr vielen kleinen, anfälligen, verletzlichen Strukturen zu tun. Da muss ich sehr präzise sein können.» Das ist der technische, mechani- Mit anderen Worten: Thiel sieht als erstrebenswertes sche Aspekt seiner ärztlichen Tätigkeit. «Mikro-manuelle Resultat seiner Arbeit weit mehr als Änderungen an Arbeiten haben mich schon als Kind fasziniert, und einem Gewebe und Verbesserungen in einem Organ. noch heute kann ich eine enthusiastische Freude dafür «Es geht nicht nur darum, ein isoliertes Problem zu entwickeln.» sehen, sondern den Patienten als ganzen Menschen mit Michael Thiels Spezialgebiet ist die Hornhaut, «das klare Fenster vorne am Auge.» In seiner Klinik werden etwas mehr als die Hälfte aller Hornhaut- «Jeder soll aus seinem Potential das Optimum machen können.» Transplantationen in der Deutschschweiz gemacht. 2015 waren es 242 Hornhauttransplantationen, insge- seinen Bedürfnissen wahrzunehmen.» Wiederum ein samt wurden hier im vergangenen Jahr über 7000 kom- spezieller Punkt, gerade bei einem Augenarzt: der plexe chirurgische Eingriffe am Auge durchgeführt. wesentliche Unterschied zwischen «sehen» und «wahr- Transplantationen sind nur möglich dank Organ- bzw. nehmen». «Sehen ist bloss ein Signal», erklärt Thiel. Gewebespenden. «Die Spendefreudigkeit der Schweizer «Wahrnehmen ist weit mehr.» Bezogen auf die Ophthal- Bevölkerung ist leider sehr beschränkt», sagt Thiel dazu. mologie als spitzenmedizinische Disziplin: «Wenn ein «Man ist lieber Empfänger als Spender. Die Wahrschein- Spezialist seinen Blick ausschliesslich auf die rund drei lichkeit, etwas zu benötigen, ist übrigens vierzehnmal Kubikzentimeter fokussiert, die seine Spezialisierung grösser als jene, überhaupt etwas geben zu können.» ausmachen, dann wird dies zum Damoklesschwert. Der Vorteil einer Hornhaut sei, dass man sie bis vier Dann degradiert er sein Spezialistentum zur rein tech- Wochen lang aufbewahren kann. «Und dass sie für den nischen Eitelkeit.» Immer gehe es auch darum, Wunsch- wartenden Patienten oft nicht so vital ist wie beispiels- denken und reale Optionen gegeneinander abzuwägen – weise ein Herz oder eine Niere.» «zu beurteilen, nicht einfach etwas zu machen». Selbstverständlich habe er persönlich schon lange «ja» gesagt zur Organspende. Der Spenderausweis, den er als Beweis aus seinem Portemonnaie fischt, ist 1995 ausgestellt worden. Aufwand und Ertrag Zurück zum Fussball: Wer in der obersten Liga spielt und dort bleiben will, muss kontinuierlich Besonderes Sehen und wahrnehmen leisten. Und viel. 75-Stunden-Wochen sind bei Michael Thiel die Regel, dreimal pro Woche übernachtet er in Luzern, also nicht bei seiner Familie. «Ich komme aus ner Kunst? «Jemand, der schlecht sieht, wird wieder einer Generation, für die ein solches Pensum normal klarer sehen. Sein Bild wird von trüb und neblig wie- ist», kommentiert er, und ja, «meine Frau muss privat der scharf. Vor allem aber: Seine Lebensqualität wird einiges ausbaden, ohne sie hätte ich das alles nie ge- besser.» schafft. Aber ich will mir diesen Zeiteinsatz leisten – ich SCHWEIZERISCHE ÄRZTEZEITUNG – BULLETIN DES MÉDECINS SUISSES – BOLLETTINO DEI MEDICI SVIZZERI Was kann Thiel erreichen mit seinem Handwerk, sei- 2016;97(12–13):484– 486 486 lebe für die Perfektion. Mein persönlicher Aufwand da- geführt», bedauert er. «Dabei geht es nicht bloss um für ist mir gleich.» Und was sagt er einem Assistenten, die Brillenfreiheit; es gibt Fehlsichtigkeiten, die den All- der sich auf seine vertraglich zugesicherte 50-Stunden- tag massiv beeinträchtigen.» Woche beruft? «Ich mag sie ihm gönnen. Aber ich mache Thiel selber trägt eine Brille. Warum hat er seine Augen mir Sorgen um die Qualität. Begabte Nachwuchskräfte nicht lasern lassen? «Ich hab’s mir immer wieder über- werden gebremst, ja entmündigt, wenn sie durch die legt», antwortet er. «Das Risiko, dass das Resultat eines Stempeluhr zu reinen Zeitarbeitern degradiert werden. solchen Eingriffs nicht optimal ist, ist sehr, sehr klein. Die rigide Anwendung des geltenden Arbeitszeitgesetzes In meiner Tätigkeit als Mikrochirurg benötige ich aber hemmt ihre Kreativität und die Befriedigung ihres Wis- zwei perfekte Augen für die Tiefenwahrnehmung. Da- sensdurstes.» Die 50-Stundenwoche als Jahresdurch- her würde meine chirurgische Arbeitsfähigkeit durch schnitt wäre kein Problem, sagt er, es gehe um die rigide ein gutes, aber nicht perfektes Resultat an einem der Anwendung der Zeitgrenze in jeder einzelnen Woche: beiden Augen bereits in Frage gestellt. Mein höchstes «Es tut mir weh, wenn jemand vorzeitig den Opera Gut ist die Qualität meiner Leistung, und dafür gehe ich HORIZONTE Begegnung mit … tionssaal oder eine Fallbesprechung verlassen muss, kein noch so kleines Risiko ein, wenn es vermeidbar ist. weil sein Zeitguthaben abgelaufen ist.» In der Fussball- Im Übrigen trage ich nicht ungern eine Brille.» sprache: «Einem Spitzenspieler sagt man ja auch nicht, er dürfe nur einmal pro Woche trainieren. Unser Gesundheitssystem lebt davon, dass Ärzte manchmal überdurchschnittliche Leistungen erbringen.» Und sonst? In Thiels Büro steht auf dem Gestell hinter dem Pult das Modell der Segeljacht Alinghi. Das Schiff deutet «Sehen ist bloss ein Signal.» darauf hin, dass es im Leben dieses Mannes trotz allem noch anderes gibt als den Beruf. Ja, er segle seit seinem Sprechen wir doch gleich auch über das zweite unange- 16. Lebensjahr, erzählt er. Ab und zu sei er beispiels- nehme Thema, das mit dem erwähnten Aufwand und weise im Mittelmeer unterwegs. Und er baue selber auch Knowhow unmittelbar zusammenhängt: das hohe Ein- Boote, zur Zeit ein Holzkanu. Das komme seinem hand- kommen, das Spezialisten immer wieder vorgewor- werklichen Interesse entgegen. fen wird. «Die sogenannten Spitzengehälter machen in Grundsätzlich sagt er zum Thema «Work-Life-Balance»: einem Spital bei den Kosten den Unterschied nicht aus», «Mein Bedürfnis nach persönlicher Freizeit ist wohl sagt Thiel. Entscheidend jedoch seien die Einkommens- eher bescheiden. Ich brauche für meine Befriedigung unterschiede zwischen Spital und Praxis. «Wegen der die Freizeit als Entschädigung nicht.» Und das Kanu, hohen Gehälter in der Praxis ist es für uns oft schwierig, von dessen Bau er eben mit einem freudigen Glänzen in die Leute im Spital-Team zu behalten. Ansonsten jedoch den Augen gesprochen hat? «Daran bin ich seit fünf Jah- ist die Geld-Frage oft eine reine Neid-Diskussion.» ren», ergänzt er amüsiert. «Und das dauert noch lange. Das Problem ist halt, dass der Tag nur 24 Stunden hat.» Laser als Lifestyle? Der Luzerner Augenklinik ist das Augenlaserzentrum Zentralschweiz angegliedert. Andernorts, in Bern oder dieses Feld der Privatwirtschaft überlassen, sagt Thiel. «Die Diskussion um Laser-Operationen bei Kurz- oder Weitsichtigkeit, um die refraktive Chirurgie also, wird dl[at]dlkommunikation.ch leider allzu oft abschätzig als reine Lifestyle-Diskussion Die nächste Begegnung mit … Am Ende jeden Monats stellt die Schweizerische Ärztezeitung eine Persönlichkeit vor, die sich im Gesundheitswesen engagiert. Im April schildert Daniel Lüthi seine Begegnung mit Eva Gollwitzer, Biologin und Forscherin am CHUV in Lausanne. SCHWEIZERISCHE ÄRZTEZEITUNG – BULLETIN DES MÉDECINS SUISSES – BOLLETTINO DEI MEDICI SVIZZERI Zürich zum Beispiel, hätten die öffentlichen Spitäler 2016;97(12–13):484– 486 487 HORIZONTE Streiflicht Der gute Arzt, oder über seine Proprien und Akzidenzien Markus Gassner Dr. med., Landarzt, Grabs Das ist begreiflich. Aber wie soll er denn sein, der gute Arzt? Manche möchten einen guten Menschen, am liebsten mit den besten Eigenschaften, mit der besten Qualität. Doch was bedeutet hier gut? Sind es Charaktereigenschaften oder andere Qualitätsmerkmale wie Fertigkeiten für eine kostengünstige Reparatur? Wer Die besten Menschen sollten eigentlich ein Land führen. Doch nach welchen Eigenschaften wählen unsere Volksvertreter die besten Landesväter? Was ist ein Pro prium, was ein Akzidenz eines guten Bundesrates? Nach welchen menschlichen Kriterien soll ein Land regiert werden? misst oder qualifiziert welche Qualität? Der gute Bundesrat Kranke Menschen wünschen sich einen guten Arzt. Bei den Dingen ist es einfacher. In der scholastischen Philosophie, die wir als Gymnasiasten noch lernen mussten, war es logisch, zwischen einem Proprium und einem Akzidenz zu unterscheiden. Ein Proprium umschreibt die wesentliche Eigenschaft, den Zweck, zum Beispiel eines Werkzeuges, die dazu dienen, Werke tarier nach ihrer Qualität hinterfragen. Ihr Proprium wäre das Wohl der Eidgenossenschaft, das Akzidenz die Vertretung ihrer Partikularinteressen, die Partei, die Farben ihrer Wähler. Sie sollten die Besten für eine Aufgabe wählen und Gesetze zum Wohle aller Eidgenossen (inkl. Einwohner anderer Nationen, bei zu erzeugen. Natürlich könnte man auch die wählenden Parlamen- spielsweise Touristen, Flüchtlinge usw.) gestalten, die Finanzierung dieser Aufgaben «steuern» im Sinne Das gute Messer der Solidarität, auch der Gesundheit für Alle. Das Proprium eines Messers ist das Schneiden, das Die Eigenschaften des guten Arztes Teilen. Je nach Materie eignet sich nicht jedes Messer schiedliche Aufgaben. Sie benutzen für ihre Fertigkei- terschiedliches Risiko von Verletzungen, manche sind ten unterschiedliche Werkzeuge. Wenige Neurochir sogar dazu geschaffen (Säbel, Dolche). Man kann vor urgen arbeiten mit speziellen, sehr teuren «Messern» unbeabsichtigtem Schaden schützen oder einen Miss- (Gamma-Knife), nur auf Augen spezialisierte Ärzte brauch über Gesetze behindern. Scharfrichter benutz- sind häufiger und benutzen sehr kleine. Kosmetisch ten das Schwert, welches der Arzt Joseph-Ignace Guillo- orientierte Ärzte befriedigen Kundenwünsche mit und tin aus humanitären Überlegungen perfektionierte. ohne Messer. Pathologen, die sich nur um Verbrechen Als Waffe wurden die vielen modifizierten Messer kümmern (Gerichtsmediziner) sollten keine Kunden- ersetzt. Die Polizei erhielten als Gendarmen (gens wünsche erfüllen, arbeiten heute häufig messerlos. d’armes) die Lizenz, eine Waffe zu benutzen, oder als Ärzte haben unterschiedliche persönliche Eigenschaf- Carabinieri einen Karabiner zu tragen. Dort aufge- ten (Proprien) und arbeiten mit unterschiedlichen pflanzte Messer (Bajonette) wurden wegen Maschinen- Möglichkeiten wie Lizenzen für unterschiedliche Mes- gewehren zu symbolischen zweckentfremdeten Insi ser, Gifte und Macht, mitunter aufgrund individueller Es gibt verschiedene Ärzte für zunehmend unter- müse, Fleisch oder Fisch. Auch hat jedes Messer ein un- gleich gut bei der Zubereitung zum Essen von Brot, Ge- eigenschaften eines guten Arztes? Hippokrates emp- Jedes Messer hat seine Akzidenzien (zufällige Merk- fahl jungen Ärzten, sich Kenntnisse des Lebensstils, male). Davon lebt das Marketing, es prägt Mode und der Vegetation, des Bodens und Wassers zu verschaf- Luxus, Angebot und Nachfrage. In der heutigen Zeit ist fen. Die Sprache der Kranken zu verstehen, war eine das Akzidenz aber oft wichtiger geworden als das Pro Selbstverständlichkeit. Akzidenzien. Gibt es jedoch allgemeine Charakter (Landsgemeindesäbel). gnien der Offiziere oder kantonal zu Stimmausweisen Für die Qualität der Umwelt ist in der Natur die Arten- Bei Dingen ist der Unterschied einfacher messbar als vielfalt ein optimales Kriterium. Dies sollte auch für bei Personen. so komplexe Systeme wie «Gesundheit und Medizin» SCHWEIZERISCHE ÄRZTEZEITUNG – BULLETIN DES MÉDECINS SUISSES – BOLLETTINO DEI MEDICI SVIZZERI prium: Gefälligkeit statt Wirksamkeit. 2016;97(12–13):487– 488 488 HORIZONTE Streiflicht ber, ist ihre doppelte, hohe Franchise trotz Empfehlung von Comparis dahin. Gesunde sind begeistert und wechseln Kassen, Kranke wollen selten Managed Care. Sie möchten keine «Kunden» sein. Manche gesunde und kranke Menschen wünschen keine Spitzenmedizin, sie leben freiwillig oder genötigt bescheiden und erinnern an den in einem Fass lebenden Diogenes (wörtlich «der von Gott Gezeugte»). Seinen König schickt er weg, weil er ihm vor der Sonne steht, zynisch konsequent: Die Menschen brauchen nur das Notwendigste. Mit einer Lampe sucht er mittags auf dem Markt aber «einen Menschen», vielleicht seinen Arzt! Mit zunehmendem Alter und Erfahrung stellen wir fest, wie jedes zusätzliche Wissen die Welt des Nichtwissens vergrössert. Solange wir denken können, sollte dies die Gier nach Neuem wecken. Entdecken ist köstlicher als konsumieren! Forschen in einer Landpraxis ist so einfach. Es gibt hierzu neue, sehr hoff- «Diogenes sucht einen Menschen» (Darstellung wahrscheinlich um 1780 von Johann Heinrich Wilhelm Tischbein) – suchte er vielleicht einen guten Arzt? nungsvolle Ansätze. Multimorbide und betagte Patienten relativieren heute das Denken nach Guidelines 3 Biotop der Gesundheitsversorgung, meist über die Lehrmeinungen ist erschüttert, eine gute Chance, Pflege von Patienten. Dies ändert sich kontinuierlich diese jetzt zu hinterfragen und neues Wissen zu suchen. regional, über spezialisierte Angebote, aber auch schon Welchen Arzt wollen Sie als Patient? Welche Eigen- rein physiologisch durch das Alter. Je älter ein Arzt schaften soll Ihr Arzt heute und in den nächsten Jahren wird, desto mehr behandelt er auch ältere, und somit haben? Wie viel ist Ihnen dies wert? Wer soll diese Eigen- polymorbide Menschen. Je nach Situation, eigener schaften (Qualität!) bewerten, bestimmen, messen, Ausbildung, und eigenem Interesse und Möglichkeiten fördern? Wer wählt wie die besten Studenten aus, für wird er Patienten neu übernehmen, für technische das Medizinstudium? Leistungen weiterweisen oder rechtzeitig Kollegen um Eines ist gewiss, neoliberale marktwirtschaftliche Rat fragen. Dieser Dialog bleibt immer noch die beste Überlegungen haben bisher keine sozialen Probleme Weiterbildung. weltweit und auch in kleineren Gemeinschaften langfristig gelöst, viele aber verstärkt. Was und welche Arbeit wie viel wert ist, hat sich während der letzten Wie findet man seinen guten Arzt? 2 und Trampeln auf Patientenpfaden! Das Vertrauen in Dekaden merklich verändert [2, 3]. Wissenschaftlich Kranke Schweizer möchten gute Ärzte, und ihren Arzt sollten Ärzte heute wieder etwas mehr philosophisch selbst auswählen. Dazu müssen sie seit jeher Kompro- denken, auch mit mehr Liebe zur Weisheit, neugierig, misse eingehen. Früher hatten die meisten Familien weniger rein analytisch monovalent, vor allem aber ihren Hausarzt und ihre Krankenkasse. Nicht nur so weniger administrativ gewinnorientiert, geldgierig. Gassner M. Ein Tag Notfalldienst im Sommer 2001. Schweiz Ärztezeitung 2002;83(10): 490–1. (Ed. Stalder H: 459). Dies war der Beginn einer Serie von 40 Beiträgen. Gassner M. Was ist ein Notfall? Schweiz Ärztezeitung 2006; 87(42): 1813–5. Gassner M. Die schweizerische Aussenhandelsstatistik. Schweiz Ärztezeitung 1990;71:603–6. Gassner M. Die Kostenexplosion der Briefmarken im vermarktwirtschaftlichen Gesundheitswesen. Satyrische Gedanken über Werte. Schweiz Ärztezeitung 1999;79(15):922–4. Gassner M. Wollen Kranke wirklich Kunden sein? Schweiz Med Forum. 2006;6:757. 1 gelten. Jeder Arzt bearbeitet individuell ein kleines missbraucht zu werden. nisse und Lösungen bei Notfällen in der Schweiz unter- In der Schweiz (Demokratie: vom Volk für das Volk), die sucht [1]. In den letzten 15 Jahren haben sich hier sowohl sich zusätzlich als Genossenschaft bezeichnet, sollten Angebot wie Nachfrage wesentlich verändert. Ein Arzt deshalb gute Charaktereigenschaften, Proprien und ist nicht für jedes aktuelle gesundheitliche Problem nicht vorwiegend Akzidenzien wie Fertigkeiten der für jeden gleich erreichbar, wie eine Schweizer Klinik Ärzte politisch gefördert werden. Jede Bevölkerung für einen Scheich nach einem Skiunfall. Schweizer einer Demokratie hat die Regierung und die Ärzte, die Korrespondenz: suchen an einem Donnerstag wegen einem akuten sie verdient. Dr. med. Markus Gassner Bibeli mitunter vergebens ihren Arzt mit dem opti- CH-9472 Grabs m.gassner[at]hin.ch malsten Rating und Unterstützung per Telmed oder Medcal. Passiert doch etwas ernsthaftes Ende Dezem- Bildnachweis Diogenes sucht einen Menschen – Wikipedia, gemeinfrei SCHWEIZERISCHE ÄRZTEZEITUNG – BULLETIN DES MÉDECINS SUISSES – BOLLETTINO DEI MEDICI SVIZZERI Spitalstrasse 8 2016;97(12–13):487– 488 der Medizinischen Wissenschaften hatte 2001 Bedürf- tischen Mitteln wehren, nur ökonomisch bewertet und Umgekehrt müssen wir Ärzte uns auch mit allen poli kostengünstig gelöst. Die Schweizerische Akademie ziale Probleme, auch Notfälle wurden so einfach und 489 HORIZONTE Streiflicht Cargokult Erhard Taverna Dr. med., Mitglied der Redaktion tischismus. Ein Glaube, der Gegenständen übernatür data mindestens zwei Auswirkungen. Einerseits führt liche Eigenschaften zuschreibt. Der Zweite Weltkrieg die Datenflut zur bekannten Reduktion auf das Mess war zu Ende, die Soldaten abgezogen, und keine Mili bare, zum methodologischen Sachzwang, der im Ex tärmaschinen mehr brachten Nachschub auf die In tremfall den magischen Praktiken der Polynesier seln im Pazifik. So wie die Materialflut hereingebro gleicht. Wesentliches bleibt unerkannt. Andererseits chen war, so plötzlich ging es mit dem Cargo, den fördert das falsche Prestige den Irrtum mit handfesten Waffen, Kleidern, Konserven, Zelten und anderen Folgen. Ein Paradebeispiel ist die Finanzökonomie mit Waren, zu Ende. Der Ursprung dieser Güter war den ihrer pseudowissenschaftlichen Formelsprache oder Eingeborenen verborgen geblieben. Sie imitierten nur Schulungsvergleiche wie PISA, die mit statistischen den letzten Akt einer langen Produktionskette mit ge Datenreihen Anweisungen zu gesellschaftspoliti schnitzten Kopfhörern, Bambusantennen und Lande schem Handeln erteilen. Aus weichen Daten werden schneisen im Urwald. Sie erwarteten eine Wieder harte Fakten. Anfällig dafür ist besonders die Public holung der wundersamen Transporte, wie sie ihnen Health Domäne. Sport muss einfach gesund sein, auch die Ahnen schon einmal beschert hatten. Der Cargo wenn die Unfallkosten jährlich zunehmen. Der Wurst kult, als neureligiöse Heilsbewegung, soll bis heute, in konsum vermindert die Lebenszeit, ein wenig nur, vielerlei Formen, sporadisch aufflammen. beträchtlich oder am Ende gar nicht. Vieles dient der Die Ersatzhandlung dient oft als Gleichnis. Als Cargo Selbstdarstellung und hat nur eine kurze mediale Le Cult Science kritisierte der amerikanische Physiker und bensdauer. Der Schweizer Historiker Herbert Lüthy - - Viel gerechnet muss einfach gut sein. Dabei hat Big Polynesiens Cargokult war und ist ein Beispiel von Fe Nobelpreisträger Richard P. Feynman (1918–1988) ein pseudowissenschaftliches Denken. In einem berühmten Vortrag, den er 1974 vor Studenten hielt, kritisierte er ein Vorgehen, das die Methode Als Metapher wird der Begriff «Cargokult» für sinnlose Arbeitsweisen im Wissenschaftsbetrieb angewendet. mit der Wissenschaft verwechselt. «They’re doing licher Methoden auf die Human und Sozialwissen gation, but they are missing something essential, be schaften illusorisch genannt. Er dachte weniger an die cause the planes don’t land.» Feynman plädierte für Methoden und Modelle als an die Voraussetzungen ih Integrität und Ehrlichkeit. Dazu gehöre es über alles zu rer Anwendung. Denn jedes Objekt der Humanwissen berichten, über unbrauchbare Resultate, Zweifel am schaften, einschliesslich der Ökonomie, sei ein histo Experiment und abweichende Fakten. Was heute als risches Subjekt. Man könne deshalb nicht «in die - (1918–2002) hat die Übertragung naturwissenschaft the apparent precepts and forms of scientific investi everything right. The form is perfect […] they follow all scientific bias, als Verzerrung durch die Unterdrückung Geschichtslosigkeit der mathematischen Formeln ent negativer Resultate bei pharmazeutischen Studien am fliehen». Pranger steht, ist keine neue Entdeckung. Der Redner Auch die besten Werkzeuge garantieren keine Qualität. zitiert Beispiele und warnt die Studenten vor Selbst Als Metapher wird der Begriff «Cargokult» für sinnlose betrug und Wunschdenken oder gefälligen Publika Arbeitsweisen im Wissenschaftsbetrieb, bei Software tionen um Politiker und Geldgeber zu überzeugen. Ein entwicklungen oder in hierarchischen Management mathematisch exaktes Vorgehen allein, garantiert kei systemen angewendet. Was in Neuguinea begann, zieht sich in die Zukunft. In der Endzeit Filmserie Mad die richtigen Fragen mit den geeigneten Methoden zu Max versuchen Jugendliche mit Schrott und bizarren beantworten. Man kann alles berechnen ohne daraus Ritualen einen Messias herbeizurufen. Doch es bleibt einen ernsthaften Nutzen zu ziehen. Im Zeitalter der dabei. Die Bambusantenne empfängt keine Signale. Es Algorithmen sind Cargokulte besonders attraktiv. Alle landen keine Flugzeuge. - nen Erfolg. Unter essential versteht Feynman die Kunst Humanwissenschaften haben formal durch die mathe erhard.taverna[at]saez.ch Prestige, der richtige Jargon stellt sich von selber ein. Referenz 1 Feynman R. P. Cargo Cult Science. Some remarks on science, pseu doscience and learning how to not fool yourself. Caltech’s 1974 commencement address. SCHWEIZERISCHE ÄRZTEZEITUNG – BULLETIN DES MÉDECINS SUISSES – BOLLETTINO DEI MEDICI SVIZZERI stände ihr Ansehen aufpoliert. Ohne Rechner kein - matisch abstrakte Formulierung komplexer Tatbe 2016;97(12–13):489 490 ZU GUTER LETZT What’s Wrong with EBM? Jean Martin Dr. med., Mitglied der Redaktion stehen. Das Hauptaugenmerk sollte auf dem Kranken tings Center Report [1]. Wer könnte schon gegen die Evi liegen und auf dessen Verständnis davon, was nicht denzbasierte Medizin (EBM) sein, fragt Fins einleitend. geht, was geht und was vorzuziehen wäre.» Cassell Er befürchtet, dass EBM zum notwendigen und hinrei führt an, dass sich die normale Praxis der richtigen Di chenden Kriterium für «good doctoring» wird. Die zu agnose und der Empfehlung einer Behandlung gut für nehmende Bedeutung, die der Thematik in den letzten die Akutversorgung eignet. Für eben diese gibt es wirk Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts beigemessen wurde, same Behandlungsmethoden. Heute gilt die Mehrzahl trug zwar dazu bei, dass Therapien standardisiert und der Arztbesuche jedoch chronischen Leiden, Beschwer Fehler reduziert werden konnten, doch gleichzeitig den, die langsam auftreten und bei denen vor allem ging dabei etwas von der Kunst des Heilens verloren. versucht wird, Symptome zu lindern oder ein Fort «EBM ist stark auf Protokolle und Checklisten aus schreiten zu verlangsamen. «In der Zeitspanne zwi gerichtet und kann dabei leicht die Bedeutung der Pa schen Diagnose und Tod [!] ist der Erfolg daher vor tientenhistorie – eine der wichtigsten Antriebskräfte allem abhängig davon, dass der Patient stets am Ver der diagnostischen Reflexion – aus den Augen verlie ständnis des langfristigen therapeutischen Follow up ren.» Die Tendenz, sich von den Berichten des Patien interessiert und motiviert ist, es anzuwenden.» Zur För ten, von der Anamnese, zu entfernen, sieht Fins bei derung des Interesses, der Motivation und der Koopera spielhaft bestätigt in dem Rezertifizierungsverfahren tion arbeitet der Arzt gemeinsam mit dem medizini des US Board of Internal Medicine. Im Rahmen dessen schen Fachpersonal und dem Kranken, für den er dabei ist mit Blick auf die richtige Behandlung mehr das Wis stets Empathie zeigt. sen um jüngste Publikationen in der Fachliteratur als Cassell meint ferner, dass nicht so vorgegangen werden die Fähigkeit, zur richtigen Diagnose zu gelangen, ge kann, als gäbe es in der medizinischen Arbeit zwei ge fragt. «Wenn der Patient in die Praxis kommt, hat er trennte Zielsetzungen – die eine gebunden an wissen keinen Zettel mit den Schlüsselbegriffen zur Diagnose schaftliches Knowhow und Pathologie und die andere seiner Beschwerden dabei. Vielmehr erzählt er – oft an die menschliche Problematik des Kranken. Es gibt unzusammenhängend – persönliche Begebenheiten, nur ein Ziel und das ist das Wohlergehen des Patienten. die es im Dialog in den Kontext zu setzen und zu er Lantos (Autor der Rezension) warnt überdies davor, gänzen gilt.» Der Austausch zwischen Arzt und Patient Einzelpersonen in definierten Gruppen «abstrahieren» ist «what diagnostic thinking is all about.» In Fins Augen zu wollen. Das geht nicht, sagt er. Wir brauchen die Fins JJ. What’s Wrong führt die Umsetzung der EBM Kriterien dazu, dass Berichte der Kranken! (So schliesst sich der Kreis zu with Evidence Based der detektivische Anteil der ärztlichen Betreuungs Fins – vgl. obenstehend und jenen, die seit einigen arbeit (und integraler Bestandteil derselben) aussen Jahrzehnten auf die Bedeutung eines narrativen An 2016, 46, Nr. 1, 49. vor bleibt. satzes hinweisen). Lantos JD. Learning to In derselben Ausgabe analysiert J. D. Lantos [2] die beiden Der Autor dieses «Zu guter Letzt» Artikels wurde wäh Learn. The Hastings letzten Werke von Eric J. Cassell (The Nature of Healing rend seiner Public Health Ausbildung und seiner be Center Report, Jan–Feb und The Nature of Clinical Medicine). Beide Bücher – so ruflichen Laufbahn darin geschult, auf statistische, Lantos – beschreiben die klinische Arbeit und sprechen soziologische und sozietale Aspekte der Volksgesund davon, «wie die klinische Medizin den Arzt naturgemäss heit zu achten, auf objektive und quantitative bio auch zum Heiler macht». Der Arzt/Heiler agiert vor al medizinische Komponenten. Natürlich bin ich auch physician enhance lem als Beobachter und interpretiert alles, was seinen überzeugt, dass die individuelle Beziehung, menschli ment? Revue médicale Patienten ausmacht, sein Leben, seine Ziele, seine Sym cher Austausch und Empathie Grundpfeiler der Praxis ptome, seine Vorbehalte. All dies im Rahmen eines «vo sind. Eigentlich eine Binsenwahrheit! Manchmal heisst racious approach to both hard and soft data»! es jedoch auch: bis repetita placent! Diese Meinung Lantos betont, dass Cassell kein Gegner der EBM ist. scheinen auch unsere hier zitierten amerikanischen Allerdings sollte seines Erachtens «wissenschaftliches Kollegen zu vertreten [3]. 3 2016, 46, Nr. 1, 46–47. Und auch renommierte Kollegen bei uns: Vgl. Stiefel F, Canuto A. Le médecin du futur: suisse, 2016, 12, 291. jean.martin[at]saez.ch - - - - - Listen, Listening to SCHWEIZERISCHE ÄRZTEZEITUNG – BULLETIN DES MÉDECINS SUISSES – BOLLETTINO DEI MEDICI SVIZZERI 2 Center Report, Jan–Feb Medicine? The Hastings - 1 Knowhow nicht an erster Stelle im Denken des Arztes Professor am Weill Cornell Medical College, im Has So lautet der Titel eines kurzen Artikels von J.J. Fins, 2016;97(12–13):490 GAUCH SCHWEIZERISCHE ÄRZTEZEITUNG – BULLETIN DES MÉDECINS SUISSES – BOLLETTINO DEI MEDICI SVIZZERI Die letzte Seite der SÄZ wird unabhängig von der Redaktion gestaltet. 2016;97(12–13)
© Copyright 2024 ExpyDoc