Gegen den „clash of generations“

E 12315
ISSN 1865-9306
1/2016
news
caritas-mitteilungen für die Erzdiözese Freiburg
Gegen den
„clash of generations“
„Mach dich stark für mehr
Generationengerechtigkeit“
Abscheu gegen Ausgegrenztheit
Abschied
Abschied von
von einem
einem Visionär:
Visionär:
Ein
Ein Gespräch
Gespräch mit
mit Norbert
Norbert Scheiwe
Scheiwe
„Der Kranke ist nicht nur
ein Kostenfaktor“
25
25 Jahre
Jahre Landesarbeitsgemeinschaft
Landesarbeitsgemeinschaft
katholischer
katholischer Krankenhäuser
Krankenhäuser
Gutes braucht gute Ideen. www.dicvfreiburg.caritas.de
akz en t e
news - caritas-mitteilungen für die Erzdiözese Freiburg
news
Sie halten den Sinn für die sozialen
Anliegen wach. Caritas in BadenWürttemberg zeichnet fünf Journalistinnen und Journalisten aus
Dafür, dass sie den Sinn für die
sozialen Anliegen in unserer Gesellschaft wachhalten, haben vier
Journalistinnen und Journalisten
und ein Fotograf den 27. CaritasJournalistenpreis Baden-Württemberg
erhalten. Den mit 3.000 Euro dotierten
ersten Preis erhielt Peter Schwarz
(unser Foto) von der Waiblinger Kreiszeitung für seine vierteilige Serie „Die
Flüchtlinge kommen“. Eine Woche lang
hat Schwarz in der Waiblinger Notunterkunft für Flüchtlinge mitgearbeitet.
Der zweite Preis mit einem Preisgeld
von 1.000 Euro ging an Susanne
Beßler für ihren im SWR-Fernsehen
gesendeten Film „Aus mit dem Haus?
Wie ein Familientraum doch noch wahr
wird“, einem ansprechenden Plädoyer
für bürgerschaftliches Engagement.
Ebenfalls mit einem zweiten Preis
ausgezeichnet wurden Robin Szuttor
(Text) und Andreas Reiner (Bild) von
der Stuttgarter Zeitung für den Beitrag
„Paule – Nachruf auf einen Außenseiter“. Die Geschichte eines einsamen
Mannes, der von Amts wegen nach
seinem Tod in einem namenlosen
Grab bestattet werden sollte. Mit
einer „Lobenden Erwähnung“ wurden
Sandra Müller und Katharina Thoms
gewürdigt für ihre Multimediareportage
„Jeder Sechste ein Flüchtling. Tausende Asylsuchende als Nachbarn“ über
die Landeserstaufnahmeeinrichtung in
Meßstetten. Herzlichen Glückwunsch!
news / caritas-mitteilungen / 1-2016
Qualitätsvolle Freiwilligenarbeit.
Zertifikat bescheinigte gute Arbeit
des Caritasverbandes für die Erzdiözese Freiburg
Für seine gute Arbeit im Bereich
der Freiwilligendienste hat der
Caritasverband für die Erzdiözese Freiburg ein Qualitäts-Zertifikat erhalten, das gemeinsam
vom Bund der Katholischen Jugend
(BDKJ) und dem Deutschen Caritasverband erstmals vergeben wurde. Das
Zertifikat bescheinigt die Einhaltung
von Qualitätsstandards für Freiwilligendienste (Freiwilliges Soziales Jahr FSJ
und Bundesfreiwilligendienste BFD),
die in einem mehrjährigen intensiven
Prozess und in enger Zusammenarbeit zwischen den katholischen Träger
sowie dem BDKJ und dem Deutschen
Caritasverband entwickelt wurden. Der
Diözesan-Caritasverband Freiburg erhielt das Qualitäts-Zertifikat zusammen
mit sieben weiteren Trägern bei der Mitgliederversammlung der Katholischen
Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG)
Freiwilligendienste in Bonn. Der BAG
gehören über 60 katholische Träger
nationaler und internationaler Freiwilligendienste an. Gratulation!
akzente
Das Beste an der Zukunft ist, dass sie uns immer
einen Tag nach dem anderen serviert wird.
Abraham Lincoln (1809 - 1865)
Gute Noten für die Caritas-Schuldnerberatung. Positive Rückmeldung
bei Klientenbefragung: „Danke,
dass ich als Mensch behandelt
wurde“
Die Verschuldung von Privatpersonen nimmt zu, wie der
Schuldneratlas 2015 zeigt.
Viele von ihnen kommen aus
eigener Kraft und ohne Unterstützung
nicht mehr aus der Schuldenspirale
heraus. Diesen Personen bietet die
Schuldnerberatung der Caritas kostenlose und kompetente Hilfe an, die von
den Klienten durchweg als sehr positiv
bewertet wird. Das hat eine Befragung
unter Klienten ergeben, die 2014 in 15
Caritas-Schuldnerberatungsstellen in
Baden abschließend beraten worden
sind. Insgesamt gaben die befragten
Klienten der Beratungsleistung die
Durchschnittsnote 1,5, wobei die einzelnen Fragen zu über 90 Prozent mit
„sehr gut“ und „gut“ bewertet wurden.
95 Prozent der Befragten würden die
Schuldnerberatung der Caritas weiterempfehlen. Zahlreiche persönliche Anmerkungen unterstreichen eindrücklich,
wie wichtig und positiv die Beratungsarbeit von den Klienten wahrgenommen
wird. Da ist viel von Lob und Dank die
Rede, und davon, dass man motiviert
und ermutigt wurde. Eine tolle Ermutigung für die Kolleginnen und Kollegen!
Kulinarische Erinnerungen:
„Wir haben einfach gekocht“. Caritas-Altenpflegeheim Otto-RauchStift in Freudenberg ist Teil eines
bundesweiten Kochbuch-Projekts
Insider wissen: In einem
Alten- und Pflegeheim
ist kein Tag wie der
andere. Dennoch waren
es sehr ungewöhnliche
Dinge, die im vergangenen Jahr im
Otto-Rauch-Stift in Freudenberg vor
sich gingen und weitreichende Folgen
hatten: Sechs Seniorinnen des CaritasAltenpflegeheims schrieben quasi an
einem Kochbuch mit, das mittlerweile
deutschlandweit in der ersten Auflage
vergriffen ist und in die zweite geht.
Das Otto-Rauch-Stift war als eines
von zwölf Seniorenheimen in Deutschland ausgesucht worden, um sich am
Projekt „kulinarische Erinnerungen“ zu
beteiligen. Das Buch, das als Ergebnis
der Reise zu den zwölf Seniorenheimen
geschrieben und gestaltet wurde, ist
wunderschön geworden. Mittlerweile
wurde es sogar im „ZDF-Morgenmagazin“ vorgestellt und wird im Buchhandel
als Bestseller beworben. Die Berichte
der Besuche in den Heimen sind mit
außerordentlich schönen Portraits der
Seniorinnen und Senioren angereichert,
die Aufnahmen der Gerichte zu den
Rezepten machen regelrecht Appetit.
news / caritas-mitteilungen / 1-2016 1
in ha lt 1-2016
Grenzen überwinden – Musik als Baustein zur Integration
vorwort
4 Gegen den „clash of generations“
Thomas Maier
18 Jung und Alt froh vereint. Generationen verbinden: Seit Jahren
kooperieren die Kita St. Konrad
und das Altenheim St. Lioba in
Villingen
Tanja Dinser
auf ein wort
6 Den demografischen Wandel
durch Innovationen gestalten
Bernhard Appel
20 Kinderalltag mit Senioren. Jung
erlebt Alt und umgekehrt: Das
gemeinsame Mittagessen ist eine
intensive Erfahrung
Hilda Stösser
themen
21 „Heute kommt Opa Hellmut!“
8 Zukunft gestalten statt Stillstand
verwalten. Die Solidarität der Generationen ist eine dynastische, denn
sie gilt nur der eigenen Familie
Wolfgang Gründinger
21 Den gemeinsamen Austausch
fördern. Generationenworkshop
in Donaueschingen: Jugendliche
und Ältere gestalten die Zukunft
Anja Rosenfelder
13 Von Familien und Dorfgemeinschaften lernen. Neues Denken in Generationenbezügen: Das Mehrgenerationenhaus in Freiburg
Kuno Feierabend
22 Miteinander stark sein. Bundesgenerationenspiele der Caritas laden
zum Mitmachen ein
23 Impulse für ein neues Miteinander
der Generationen: Das CKD-Handbuch für Ehrenamtliche
16 Das Mehrgenerationenhaus ermöglicht zum Bespiel…
16 Gemeinsam Probleme erörtern
und lösen. Das Projekt „wwwCafé“ auf dem Hotzenwald bringt
junge und alte Computerfreaks
zusammen
Alfred Laffter
17 Ehrenamtliches Engagement
verbindet. Die Christliche Krankenhaus-Hilfe führt Menschen verschiedener Generationen zusammen
Renate Landwehr
2 news / caritas-mitteilungen / 1-2016
caritas der gemeinde
24 Gemeinsam geht´s besser: Seelsorge und Sozialarbeit gehören
zusammen. Großes Interesse am
spannenden Zukunftsthema der
Perspektivenwerkstatt in Frankfurt
Torsten Gunnemann
cv-praxis
Aus dem Diözesan-Caritasverband
26 „Im Jahre 2030 leben wir in einer
Opakratie“. Jahresauftakt ruft zu
mehr Gerechtigkeit zwischen den
Generationen auf
27 Sie halten den Sinn für die
sozialen Anliegen wach. Caritas
in Baden-Württemberg zeichnet
fünf Journalistinnen und Journalisten aus
29 „Der Kranke ist nicht nur ein
Kostenfaktor“. Die Landesarbeitsgemeinschaft katholischer Krankenhäuser in Baden-Württemberg
feierte in Freiburg ihr 25-jähriges
Jubiläum
Thomas Maier
30 Qualitätsvolle Freiwilligenarbeit.
Zertifikat bescheinigte gute
Arbeit des Diözesan-Caritasverbandes
Thomas Maier
31 Gute Noten für Caritas-Schuldnerberatung. Positive Rückmeldung
bei Klientenbefragung: „Danke,
dass ich als Mensch behandelt
wurde“
32 Egon Engler bleibt Vorsitzender der
Diözesan-Arbeitsgemeinschaft „Behindertenhilfe und Gemeindepsychiatrie“
in h alt 1-2016
Zweifellos vermag die Politik Großartiges zu schaffen,
aber nur das Herz vollbringt Wunder.
George Sand (1804 - 1876)
33 Entbürokratisierung der Pflegedokumentation. Diözesan-Caritasverband unterstützt 16 Einrichtungen
bei der Einführung des neuen
Strukturmodells
Ingrid Nickert-Stude
CV Heidelberg
40 Ein besonderer Musikgenuss mit
Benefit
34 Abschied von einem Visionär.
Norbert Scheiwe nach 27 Jahren
als Gesamtleiter des ChristophorusJugendwerks in den Ruhestand
verabschiedet – Nachfolger ist
Thomas Köck
Thomas Maier
CV Karlsruhe
41 Kino ohne Grenzen
42 Caritas und Karlsruher Hochschulen kooperieren bei der
Kinderbetreuung
43 Ein Ort der Begegnung und Unterstützung
35 Abscheu vor Ausgegrenztheit. Rückblick auf 27 Jahre im
Christophorus-Jugendwerk: Ein
Gespräch mit Norbert Scheiwe
37 Gemeinsame Messepräsentation
zur kirchlichen Erzieherinnenausbildung in Karlsruhe
CV Konstanz
44 Investition mit sozialem Bezug in
der Stadtmitte
Aus den Fachverbänden
37 „Weihnachten mal anders“
38 Unterstützung für Malteser Kinderhospizdienst
CV Hochrhein
40 Musik als Baustein der Integration
magazin
52 Gewalt und Demütigungen
54 Hilfe bei Verständigung
55 Im Jahr der Barmherzigkeit nach
Rom
56Buchtipp
57 Kultur der Aufnahme und Sicherheit
58 DiCV-Bildungsangebote für
Gesundheits- und Sozialberufe
59 Neue Kurse der DCV-FortbildungsAkademie
60Termine
U3Impressum
CV Mannheim
45 Hilfe für schwer erkrankte Kinder
und deren Familien
46 Caritas öffnet zweites Hospiz in
Mannheim
46 Erziehungsberatung: Hohe Zufriedenheit
CV Tauberkreis
47 Kulinarische Erinnerungen:
„Wir haben einfach gekocht“
CV Dekanat Zollern
49 Ein Zeichen der Menschlichkeit
Aus den Ortscaritasverbänden
CV Freiburg-Stadt
39 Niedrigschwellige Hilfe für Menschen mit psychischer Erkrankung
caritas international
50 Syrien: Sicherheit ist nur Schein
news / caritas-mitteilungen / 1-2016 3
vo r- wo rt
Gegen den „clash of generations“
Durch mehr Generationendialog zu mehr Generationengerechtigkeit:
Die Caritas-Kampagne 2016
„Mach dich stark für mehr Generationengerechtigkeit“. Das CaritasJahresthema 2016 richtet den
Fokus auf eine Entwicklung, die
für unsere Gesellschaft und ihre
künftige soziale Ausgestaltung von
großer Bedeutung ist. Es geht um
die demografische Entwicklung
und ihre Folgen. Diese werden am
sichtbarsten an der so genannten Bevölkerungspyramide, die –
geometrisch gesehen – eigentlich
gar keine Pyramide mehr ist. Denn
das Verhältnis von Alt und Jung ist
– salopp formuliert – aus dem Lot
geraten.
Die Versorgung der Alten liegt in den
Händen der Jungen. Das war immer schon so. Und das wird auch
so bleiben, weil es sozusagen in der
Natur der Sache liegt. Wer, wenn nicht
die nachfolgende Generation kann für
die vorhergehende(n) Generation(en)
sorgen? Diese natürliche Abfolge ist
in den letzten Jahrzehnten allerdings
merklich unter Druck geraten, weil
die Alten immer älter und die Jungen
immer weniger werden. Dazu kommen
viele Veränderungen in den Lebensund Arbeitsweisen, die das bisherige
Gefüge zwischen den Generationen mit
all den „über Generationen“ eingespielten Verhaltens- und Versorgungsmechanismen massiv ins Wanken bringen.
Wohin das führen könnte, bringen die
diesjährigen Plakatmotive der CaritasKampagne zugespitzt auf den Punkt.
Pointiert als Frage formuliert: „Muss die
nächste Generation für zwei arbeiten?“
Oder: „Kann die junge Generation
künftige Lasten stemmen?“
Auf den ersten Blick könnte man
vermuten, die Caritas ergreife einseitig
Partei für die Jungen. Dieser Anschein
trügt allerdings. Denn nicht um pure
Parteinahme geht es, sondern um
Gerechtigkeit, und zwar in den Lebensmöglichkeiten und Lebenschancen
aller Generationen. Gerechtigkeit meint
dabei ein soziales Miteinander, „in dem
es einen angemessenen, unparteili-
4 news / caritas-mitteilungen / 1-2016
chen und einforderbaren Ausgleich
der Interessen und der Verteilung von
Gütern und Chancen zwischen den
beteiligten Personen oder Gruppen
gibt“, wie einschlägige Publikationen
den Begriff der Gerechtigkeit definieren. Dass die Caritas-Kampagne kein
Plädoyer für Einzelinteressen ist, bringt
übrigens auch der Motto-Zusatz sehr
deutlich zum Ausdruck: „Es geht um
die Zukunft von uns allen. Packen wir
sie gemeinsam an!“
Vom Konflikt zum „Krieg der
Generationen“?
Ja, es geht um eine gute Zukunft für
alle. Daran mitzuwirken, bedeutet den
Blick dafür zu schärfen, wo Ungerechtigkeiten zutage treten. Genauso wichtig ist es aber auch, zunächst einmal
unterschiedliche Befindlichkeiten wahrzunehmen, entstehende oder bereits
festgesetzte Vorurteile in den Köpfen
in Frage zu stellen. Denn nicht selten
leidet die Debatte darüber, was gerecht
oder ungerecht ist, an verkürzten,
unzutreffenden Meinungen der einen
über die andere Seite. Das führt aber
nicht weiter. Im Gegenteil. Wo unterschiedliche Bedürfnisse und Interessen
zum Konflikt zwischen Alt und Jung
zugespitzt oder gar – wie gelegentlich
zu hören oder lesen ist – schlagzeilenheischend zum „Krieg der Generationen“ stilisiert werden, da ist der Boden
vor-wort
Für Wunder muss man beten,
für Veränderungen muss man arbeiten.
Thomas von Aquin (1224 - 1274)
für gegenseitiges Verständnis, aus dem
eine Verständigung erwachsen kann,
ziemlich vergiftet.
Verständnis und Verständigung kann
dagegen dort entstehen, wo Menschen
unterschiedlicher Generationen sich begegnen und darüber, was ihnen wertvoll
und wichtig ist, auseinandersetzen. Nur
so kann jeder für den anderen ein Gespür entwickeln. Nur so können letztlich
unterschiedliche Interessen miteinander
abgeglichen und daraus gemeinsame
Handlungsmöglichkeiten erarbeitet
werden. Dabei sollten die heute Alten
sich ihrer großen Verantwortung für
morgen bewusst sein, wenn es um
aktuelle politische, wirtschaftliche und
ökologische Weichenstellungen geht
(Stichwort Nachhaltigkeit). Genauso
sollten die heute Jungen sich darüber
im Klaren sein, dass sie die Alten von
morgen sein werden.
Jede Generation muss verantwortungsvoll und solidarisch handeln!
Fakt ist, dass die Generationen aufeinander verwiesen und voneinander
abhängig sind. Natürlich darf und soll
dieses Abhängigkeitsverhältnis nicht
zur Belastung werden, weder für die
eine noch für die andere Seite. Deshalb: So wie die Versorgung der Alten
in den Händen der Jungen liegt, liegt
die Zukunftssicherung der Jungen in
den Händen der Alten. Es geht um ein
verantwortungsvolles und solidarisches
Handeln der jeweiligen Generation. Die
Generationen dürfen und sollen nicht
gegeneinander ausgespielt werden, wie
das in manchen Zuspitzungen manchmal durchschlägt: „Die Alten leben auf
Kosten der Jungen“ oder „die Jungen
setzen sich bloß ins gemachte Nest“.
Um solche einfachen, einseitigen Wahrheiten geht es der Caritas, die sich als
Solidaritätsstifter versteht, gerade nicht.
So betrachtet, will die Caritas-Kampagne 2016 vor allem den Generationendialog voranbringen. In dieser Ausgabe
versuchen wir das unter anderem mit
einem pointierten, für manche sicher
auch provozierenden Beitrag von
Wolfgang Gründinger, dem Sprecher
der Stiftung für die Rechte zukünftiger
Generationen in Berlin. Wir stellen aber
auch einige interessante Beispiele vor,
wie dieser Dialog zwischen den Generationen ganz praktisch in Gang kommen
und gelingen kann. Sie belegen, dass es
im echten Leben ein durchaus positives
wechselseitiges Abhängigkeitsverhältnis zwischen den Generationen gibt.
Ob sich damit ein von manchen als
Horrorszenario an die Wand gemalter
„clash of generations“ widerlegen lässt,
sei dahingestellt. Zuversichtlich stimmen
diese realen Gegenmodelle allemal.
Thomas Maier ist Öffentlichkeitsreferent
des Diözesan-Caritasverbandes Freiburg.
Thomas Maier
news / caritas-mitteilungen / 1-2016 5
a uf - e in- w o rt
Den demografischen Wandel durch
Innovationen gestalten
Für mehr Generationensolidarität sind neue Sichtweisen und mutige Ideen gefragt
Er war bewusst darauf angelegt, zu
provozieren: der Vortragstitel bei
der Jahresauftaktveranstaltung der
Caritas in Baden-Württemberg zur
Vorstellung des Jahresthemas 2016
„Mach dich stark für mehr Generationengerechtigkeit“. Und in der
Tat, er hat es auch geschafft: „Alte
Säcke Politik!? – Was macht der
demografische Wandel mit unserem Land? Sind wir auf dem Weg in
eine eingeschlafene Gesellschaft?“
Leben die, die heute zur älteren
Generation gehören, zu weiten Teilen auf Kosten derer, die jetzt jung
sind? Mit der gleichen Fragestellung – aber um einiges charmanter
– umwerben uns die Plakate zum
Jahresthema 2016 der Caritas.
Und das mit einem nicht zu übersehenden und mich nachdenklich
machenden Schuss Humor: die
Plakate zeigen verschiedene Kinder:
Ich sehe ein kleines Mädchen. Es liegt
auf dem Rücken und balanciert einen
Erwachsenen, wohl den Vater, auf noch
dünnen Beinen. Ein anderes Mädchen
stemmt schwere Gewichte. Ein Junge
schleppt einen Holzbalken auf einer
Baustelle. Wieder ein anderer plagt sich
in einer Lagerhalle ab und zwei Kinder,
ein Erwachsener ist auf dem Bild nicht
zu sehen, fragen: „Wie schweißen wir
alle Generationen für eine gute Zukunft
zusammen?“
6 news / caritas-mitteilungen / 1-2016
Die Jahresthemen der Caritas haben
eine lebenswerte Zukunft für alle Generationen jeweils mit unterschiedlichen
Blickwinkeln und Akzenten aufgegriffen:
Unter dem Slogan „Stadt – Land – Zukunft“ ging es im Jahr 2015 darum, für
Projekte und Initiativen zu sensibilisieren,
die nicht nur städtische, sondern auch
ländliche Regionen lebenswert und
lebendig erhalten. Im Jahr davor ging
es mit dem Thema „Weit weg ist näher
als du denkst“ darum, unsere „globalen
Nachbarn zu entdecken“ und die Globalisierung menschlicher zu gestalten. Das
heißt zum Beispiel: Darauf zu achten,
was wir kaufen, wie wir leben und mit
anderen in Kontakt treten. Denn das
alles hat Auswirkungen darauf, wie es
Menschen woanders geht.
Warum tun wir uns noch so schwer
damit, generationengerecht oder,
wie es mir besser gefällt, „Generationen solidarisch“ zu handeln? Warum
gelingt es Politikern nicht, so wie vielen
Privatleuten, Überschuldungen zu
vermeiden beziehungsweise entstandene Schulden wieder abzubauen oder
bestehende Verschuldungsgrenzen einzuhalten? Für manche Politiker scheint
es einfacher, die Staatsschulden zu
erhöhen, als unpopuläre Einsparungen
durchzusetzen, durch die sie das Risiko
auf sich nehmen, nicht wiedergewählt
zu werden.
Langfristige Folgen werden oft
vernachlässigt
Bei der Bewertung politischer Maßnahmen zeigt sich, dass für die unmittelbar
Betroffenen vor allem die kurzfristigen
Auswirkungen im Vordergrund stehen, während die langfristigen Folgen
politischer Entscheidungen weitgehend
vernachlässigt werden. Wir Menschen
sind „Gewohnheitstiere“. Wir fühlen uns
im Status quo am wohlsten. Reformen stimmt der Mensch nur dann zu,
wenn er sie als gerecht empfindet und
wenn anderen Menschen dadurch kein
Schaden zugefügt wird. „Man pfeift auf
sauberes Wasser und gutes Klima in
100 Jahren, duscht stattdessen täglich
und verfährt Benzin“, sagt Christian
Elger, Hirnforscher an der Universität
Bonn. Nur kurzfristig wirksame Anreize
könnten zu langfristig erwünschtem
Verhalten führen.
Wie können wir uns also stark machen
im Sinne des Jahresthemas der Caritas
und mehr Generationensolidarität lernen? Am meisten lernen wir Menschen
durch die Erfahrung. Ein geschützter
Rahmen, in dem wir Erfahrungen
machen dürfen, ist das Spiel, nicht nur
das Spiel der Kinder, sondern auch das
Spiel der Erwachsenen. Ich bin schon
heute gespannt auf das Bundesgenerationenspiel, das die Caritas im
Rahmen dieser Kampagne initiieren
wird, um spielerisch Generationen und
Nationen zusammenzubringen.
Es gibt durchaus Perspektiven: Soziale
Nachhaltigkeit kann über das kleine
ABC der Wirtschaftspolitik erreicht
werden: Arbeit + Bildung = Chancengerechtigkeit. Frühkindliche Bildung ist
dabei der Schlüssel zu mehr sozialer
Nachhaltigkeit, die gerade mit Blick auf
den demografischen Wandel und den
Fachkräftemangel auch an ökonomischer Bedeutung gewinnt.
Eine staatliche Unterstützung benachteiligter Gruppen ist dringend geboten
au f-ein -wort
Die wichtigste Aufgabe für uns, die wir heute Verantwortung tragen,
ist die lebenswerte Zukunft für nachfolgende Generationen.
Richard von Weizsäcker (1920 – 2015)
und sollte bei der Bildungsfinanzierung
ansetzen: Die jährlichen Gebühren, die
Eltern für einen Kindergartenplatz in
Deutschland bezahlen müssen, sind in
vielen Gemeinden höher als die Studiengebühren. Mit anderen Worten: Die
Gesellschaft subventioniert die Startchancengerechtigkeit im Kleinkindalter
in geringerem Maße als ein Studium.
Das ist weder sozial noch ökonomisch
nachhaltig. In diesem Zusammenhang
könnte auch über die Sinnhaftigkeit
eines „Familienwahlrechts“ neu nachgedacht werden, bei dem die Eltern die
Stimme für ihre Kinder abgeben. So
müsste eine Regierung ihre Entscheidungen mehr zu Lasten der älteren Generation treffen und die Kinder würden
nicht zu politisch rechtlosen Untertanen
degradiert.
Das Prinzip der Nachhaltigkeit gesetzlich verankern
Oder wie wäre es, so wie es eine
Gruppe von Abgeordneten einmal
vorgeschlagen hat, dem Artikel 20a des
Grundgesetzes einen Artikel 20b hinzuzufügen: „Der Staat hat in seinem Handeln das Prinzip der Nachhaltigkeit zu
beachten und die Interessen künftiger
Generationen zu schützen.“ Mit Blick
auf die Haushaltswirtschaft in Bund
und Ländern wird gefordert, dass sie
neben den Erfordernissen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts auch
dem Prinzip der Nachhaltigkeit sowie
den Interessen der künftigen Generationen Rechnung trägt. Und mit einem
Augenzwinkern gesagt: Was halten Sie
davon, einmal darüber nachdenken,
Gesetze mit einem „Verfallsdatum“
zu versehen? Sind sie vielleicht nicht
schon abgelaufen? Haben sie ihre Ziel-
setzung vielleicht nicht längst erreicht
und müssten novelliert oder ganz außer
Kraft gesetzt werden?
Wie wäre es denn, den demografischen Wandel durch Innovationen zu
gestalten? Demnach werden Regionen
besonders gefördert, die eigene, vor
Ort tragfähige Konzepte für den Umgang mit Alterung und Bevölkerungsrückgang entwickeln. So könnten die
betroffenen Kommunen beispielsweise
den Nahverkehr an ihren Bedarf anpassen und die medizinische Versorgung
über Telemedizin gewährleisten.
Mit dem Blick auf die Fernschule „Flex“
des Christophorus-Jugendwerkes in
Breisach-Oberrimsingen kommt mir ein
weiterer Vorschlag in den Sinn: Möglich
sein sollten Schulen, die Teleunterricht
nutzen oder die von einer Zentrale aus
mit Lehrern versorgt werden, damit
nicht viele Schüler, sondern nur wenige
Lehrer pendeln müssen. Grundsätzlich
müssen die Menschen in den betroffenen Regionen ermuntert werden,
Lösungen „von unten“ einzubringen,
statt auf Hilfe „von oben“ zu warten.
Mit eine der Aufgaben der Wirtschaft
sollte es sein, ihre Rolle als Weltmarktführer in Umwelttechniken und Umweltschutztechnologien auszubauen. Im
Bereich der privaten Haushalte geht es
nicht um die eine große Lösung – die
gibt es nämlich nicht –, sondern um
viele, viele kleine: Wärmedämmung,
Recycling, Verzicht auf Geräte mit
Stand-by-Betrieb, Umsteigen auf Busse und Bahnen, sparsamerer Umgang
mit Wasser – oder einfach mal unnötiges Licht ausmachen. Meist kostet
Umweltschutz nicht einmal etwas, son-
Diözesan-Caritasdirektor Msgr. Bernhard Appel,
Vorstandsvorsitzender des Caritasverbandes für
die Erzdiözese Freiburg.
dern zahlt sich sogar aus. Und auch in
der Kirche und ihrer Caritas haben viele
Einrichtungen und Dienste schon einiges zur an Umwelttechnik zur Sicherung der Nachhaltigkeit umgesetzt.
Mit diesen Gedanken möchte ich Sie
anregen, sich in Ihrem Dienst bei der
Caritas, zu Hause und im Freundesoder Bekanntenkreis mit Engagement
und Freude stark zu machen für mehr
Generationensolidarität. Dabei geht
es nicht um eine anonyme Generation: Wer von Ihnen Kinder hat, Enkel
oder Nichten und Neffen, dem ist
das Thema besonders nahe. Denn
besonders für die, die zu uns gehören,
wünschen wir nur das Beste! Ich danke
Ihnen für Ihr Mitdenken und vor allem
Ihr Engagement in Ihrem Dienst und
Verantwortungsbereich, auch über das
Jahr 2016 hinaus.
Bernhard Appel
news / caritas-mitteilungen / 1-2016 7
the m e n
Zukunft gestalten statt Stillstand verwalten
Die Solidarität der Generationen ist eine dynastische, denn sie gilt nur
der eigenen Familie
Gehört der Jugend die Zukunft?
Klar, irgendwie schon. Aber Wählerstimmen, Geld, Firmen, Parteien,
Häuser: alles andere gehört den
Alten. Generationengerechtigkeit?
– Ja, sicher, aber nur, wenn’s den
eigenen Enkeln hilft. Ein pointierter,
ein provozierender Beitrag zum
Caritas-Jahresthema „Mach dich
stark für Generationengerechtigkeit“.
Wer es als einigermaßen junger
Mensch wagt, seine Meinung öffentlich kundzutun, dem schallt es
entgegen: Jammert doch nicht, euch
geht es doch gut! Und es stimmt ja
auch: Meine Generation ist alles in
allem in materiellem Wohlstand aufgewachsen. Ich musste nie hungern,
hatte immer ein warmes Dach über
dem Kopf, und Internet, seit ich 15
bin. Sogar der Arbeitsmarkt scheint
es inzwischen ganz gut mit uns zu
meinen, denn trotz Bankenkollaps,
Währungskrise und Generation Praktikum ist die Jugendarbeitslosigkeit
hierzulande bei weitem nicht so gravierend wie in unseren europäischen
Nachbarländern. Geht es uns also
einfach nur zu gut?
Nein, wir jammern nicht. Dennoch
erben wir keine schöne heile Welt. Wir
spüren die Probleme nur noch nicht,
die sich zwar unter der Oberfläche,
dafür aber umso massiver zusammenballen. Die auf Kurzatmigkeit geeichte
Politik vernachlässigt die Zukunft und
8 news / caritas-mitteilungen / 1-2016
verwaltet den Stillstand, auf dass sich
die Gegenwart verlängere.
Deutschland ist ein Land, das längst
vergangene Stadtschlösser wieder
aufbaut und gleichzeitig Jugendclubs
schließt;
das über Nacht zig-milliardenschwere
Rentenpakete schnürt, aber Förderprogramme für Kitas auf Eis legt, weil
angeblich die Kassen leer sind;
das Kupferkabel in die Erde legt, während Unternehmen anderswo mit Satelliten, mit Ballons in der Stratosphäre
und mit Drohnen ein weltumspannendes WLAN-Netz errichten;
dessen Schüler Latein und Altgriechisch lernen müssen, nicht aber
Programmieren und Informatik;
das in die Vergangenheit flüchtet statt
von der Zukunft zu träumen.
Der Jugend gehört die Zukunft?
Sicherlich. Doch den Alten gehört alles
andere: die Wählerstimmen, das Geld,
die Firmen, die Parteien, die Häuser,
die Zeit. Sie machen die Gesetze, sie
sind der größte Konsumfaktor, sie entscheiden über das Schicksal unseres
Landes. Sie haben mehr Vergangenheit hinter sich als Zukunft vor sich.
Sie stimmen für die Vergangenheit,
allenfalls noch für ihre Gegenwart, nicht
aber für die Zukunft – eine Zukunft, die
ihnen selbst egal sein kann.
Demografie und Demokratie: zwei
Seiten einer Medaille
Demografie und Demokratie sind
zwei Seiten einer Medaille. Wenn das
Wahlvolk älter wird, verändert das die
systematischen Handlungslogiken
einer Gesellschaft: ihrer Politik, ihrer
Wirtschaft, ihrer Kultur. Deutschland
hat die älteste Bevölkerung der Welt,
gleich hinter Japan. Bereits heute ist
die Hälfte aller Deutschen älter als 46,3
Jahre. Im Jahr 2000 lag die Lebensmitte noch bei vergleichsweise frischen
39,9 Jahren. Und die Alten werden
immer zahlreicher, weil wir länger leben
und weniger Kinder zur Welt bringen.
Im Jahr 2030 wird ein Drittel der Deutschen seinen 65. Geburtstag hinter
sich haben. Ohne die Alten wird dann
erst recht kein Staat mehr zu machen
sein. Selbst wenn die Geburtenraten unverhofft nach oben schnellen
würden, ließe sich dieser Trend nicht
mehr umkehren, da sich die fehlenden
Geburten der letzten drei Jahrzehnte
nicht einfach „nachholen“ lassen.
Dabei sitzen bereits heute die Grauhaarigen an den Hebeln der Macht. Die
Alten von heute leben nicht nur länger
als früher, sondern sie verbringen diese
gewonnenen Lebensjahre in aller Regel
auch in guter Gesundheit und materieller Sicherheit. Die Babyboomer sind die
größte und wohlhabendste Generation
aller Zeiten und bestimmen Politik,
Wirtschaft und Kultur.
Das mediale Zerrbild, in dem mittellose
Trümmerfrauen gegen wohlstandsverzogene Teenager in Szene gesetzt
werden, könnte trügerischer nicht sein.
Die materielle Situation der großen
Mehrheit der Alten ist besser, als die
Talkshows über Altersarmut glauben
machen. Alle Vermögens-, Armuts- und
Einkommensstatistiken zeigen: Die
Alten sind die am reichlichsten ausgestattete Altersgruppe hierzulande. Der
durchschnittliche Neurentner besitzt
ein Nettovermögen von knapp 175.000
themen
Euro. Altersarmut ist zum Glück
beinahe ausgerottet: Lediglich 2,6
Prozent der über-65jährigen sind auf
die staatliche Grundsicherung angewiesen. Zum Vergleich: 18,2 Prozent aller
Kinder unter drei Jahren müssen von
Sozialhilfe leben. Und das Risiko, als
junger Mensch in Armut aufzuwachsen,
ist in den vergangenen Jahren deutlich
gestiegen. Kinderarmut ist zu einem
wesentlich gravierenderen Problem als
Altersarmut geworden. Darum aber
kümmert sich keine Talkshow.
Es geht nicht darum, Alte gegen Junge
auszuspielen. Aber wir haben Altersarmut heute erfolgreich besiegt, beinahe
zumindest. Jedes einzelne Schicksal
einer verarmten Witwe, die vielleicht drei
oder sogar mehr Kinder großgezogen
und jahrzehntelang Entbehrungen auf
sich genommen hat, ist ein Schicksal
zuviel. Aber so schlimm solche Schicksale auch sind, dürfen sie den Blick
nicht trüben: Denn heute ist es wahr-
scheinlicher, ein armes Kind zu treffen
als einen armen Rentner.
ist eine Anleitung zum politischen
Selbstmord.
Die Babyboomer bilden die Mitte
der Gesellschaft
Noch grauhaariger als die Wählerschaft sind die Parteien, in denen die
Lebenswelt der Jungen gar nicht mehr
vorkommt. Die Hälfte aller SPD- und
CDU/CSU-Mitglieder ist über sechzig
Jahre alt. Auch die Gewerkschaften
sind nicht etwa in der Hand der Arbeiter – sondern der Rentner. Jedes dritte
Mitglied der IG Metall beispielsweise ist
gar nicht mehr erwerbstätig.
In einer Demokratie übersetzt sich
Masse in Macht. Die Mitte der Gesellschaft – das sind die Babyboomer,
die jetzt in Rente gehen. Sie sind zur
wichtigsten Zielgruppe der großen
Parteien geworden. Mehr als ein Drittel
aller Wähler ist über sechzig Jahre alt,
und im Jahr 2030 dürfte ihr Anteil auf
mindestens 43 Prozent geklettert sein.
Bei der Bundestagswahl 2013 hatte die
junge Generation so wenig Gewicht wie
nie zuvor in der Geschichte der Bundesrepublik. Hätte eine Partei sämtliche
Wähler unter 21 mobilisiert, hätte das
nicht einmal für die Fünf-Prozent-Hürde
gereicht. Hätte sie dagegen alle Wähler
über siebzig auf ihre Seite gebracht,
wären dies bereits mehr als ein Fünftel
aller Stimmen. Politik gegen die Alten
Die Solidarität der Generationen sei
doch ungebrochen, wird oftmals eingewandt, denn die Großeltern kümmerten
sich doch innig um ihre Enkel. Und
auch die Eltern wollen doch nur das
Beste für ihre Kinder! Stimmt: für ihre
Enkel und ihre Kinder. Die sollen es gut
haben, auf die besten Schulen gehen,
ins Ausland gehen, Klavier spielen, tolle
Praktika absolvieren und sich einen
klasse Job ergattern. Die Kinder ande-
news / caritas-mitteilungen / 1-2016 9
th e m e n
rer Leute allerdings mögen die eigenen
Kinder dabei gefälligst nicht behelligen.
Die Solidarität der Generationen ist eine
dynastische: Sie gilt nur der eigenen
Familie – obwohl gerade diejenigen
Kinder am meisten die Solidarität der
Gesellschaft brauchen, deren eigenen
Eltern am wenigsten selbst leisten
können.
Auch wenn das Paradigma des eigensüchtigen Homo Oeconomicus schon
immer falsch war und auch für die Alten
nicht stimmt: Alte und Junge haben
mehrheitlich unterschiedliche Werte
und Wünsche, Prioritäten und Interessen. Das ist normal, aber das führt
auch zu ganz normalen Konflikten.
Das ideologisch unverdächtige MaxPlanck-Institut für demografische
Forschung konnte mittels einer methodisch sorgfältig gemachten Befragung
von 14.000 Menschen nachweisen,
dass die politischen Präferenzen eines
Bürgers immer zukunftsfeindlicher
10 news / caritas-mitteilungen / 1-2016
werden, je älter er wird. Dass beispielsweise ein 65jähriger eine Erhöhung
des Kindergelds befürwortet, ist um
85 Prozent weniger wahrscheinlich
als bei einem 20jährigen. Die Zustimmung zu flexibleren Arbeitszeiten für
Eltern schrumpft um 50 Prozent. Und
auch die Befürwortung öffentlicher
Kinderbetreuung nimmt etwa ab dem
sechzigsten Lebensjahr drastisch ab.
Zugleich sprechen sich die Alten für
mehr Staatsausgaben aus, wenn sie
davon profitieren – zulasten der mittleren Generation: Alte sind wesentlich
häufiger als Junge gegen die Erhöhung des Rentenalters und gegen die
Kürzung der Rentenbezüge, dafür aber
für Steuererhöhungen zur Finanzierung
der Rente und für mehr gesetzliche finanzielle Unterhaltspflichten der Kinder
gegenüber ihren Eltern.
Die Alten denken nur an den
eigenen Nachwuchs
Den meisten Alten ist einerlei, wie es
jungen Eltern, Teenagern und Studierenden geht, wenn es sich dabei nicht
gerade um ihren eigenen Nachwuchs
handelt. Wenn die Verteilung knapper
Ressourcen zur Frage steht, denken
sie vor allem an sich selbst.
In einer großangelegten Untersuchung zu den Bürgerprotesten in
Deutschland aus dem Jahr 2013
stellte das Institut für Demokratieforschung an der Universität Göttingen
fest, dass „ganz besonders Vorruheständler, Rentner, Pensionäre“ zu den
Protestierern gehören. Beispielsweise
sind von den Anti-EnergiewendeDemonstranten, die gegen Windräder
oder Stromleitungen auf die Straße
und vor die Gerichte gehen, achtzig
Prozent über 45 Jahre alt. „Junge
bilden die Ausnahme.“ Die Forscher
erwarten, „dass sich spätestens
zwischen 2015 und 2035 Hunderttausende hochmotivierter und rüstiger
Rentner in den öffentlichen Widerspruch begeben.“
themen
Diese Imbalance schlägt sich auch
bei Volksentscheiden nieder. Für die
Schweiz haben Giuliano Bonoli, Professor für Sozialpolitik an der Universität Lausanne, und Silja Häusermann,
Professorin für Politikwissenschaft an
der Universität Zürich, das Abstimmungsverhalten bei 22 Volksentscheiden zu Arbeitsmarktpolitik, Rentenpolitik und Familienpolitik untersucht
und in fast allen Fällen das Lebensalter
als prägenden Faktor identifiziert. So
votierten die Alten signifikant häufiger
gegen Arbeitszeitverkürzungen, gegen
Reformen in der Rentenversicherung
und gegen Entlastungen für Familien.
Bei einer Volksabstimmung im März
2013 über die Förderung öffentlicher
Kinderbetreuung (den so genannten
Familienartikel) beispielsweise stimmten die jüngeren Schweizer mehrheitlich dafür, aber die älteren mehrheitlich
dagegen. Die Alten wollten demzufolge
nicht, dass der Staat jungen Familien mehr öffentliche Kinderbetreuung
bietet. Sie erinnern sich: Das ist genau
das Ergebnis, wie es das Max-PlanckInstitut prognostiziert hat.
Bei einer Volksabstimmung in Österreich im Januar 2013 über die
Wehrpflicht stimmten 63 Prozent der
unter-30jährigen für die Abschaffung,
aber 71 Prozent der über-60jährigen
für die Beibehaltung. Damit ist die Abschaffung der Wehrpflicht am Veto der
Alten gescheitert. Wer gibt den Alten
das Recht, eine Minderheit zu Zwangsdiensten zu verpflichten?
Droht die Referendumspolitik der
Greise?
Wenn künftig auch auf Bundesebene
per Volksentscheid abgestimmt werden
soll, wird die Alten-Lobby die Themen
dekretieren, die Politik vor sich hertreiben und die Jungen unterjochen. Die Interessen von Minderheiten – und damit
in einer alternden Gesellschaft auch der
Jungen – werden in einer Referendumsrepublik der Greise leicht unterbuttert.
Die Sehnsucht nach Beständigkeit in
einer Welt, die sich immer schneller
dreht, hat den modernen Empörungseifer hervorgebracht und den einstigen
Fortschrittseifer verdrängt. Weil zu viele nicht mehr neugierig sind, sondern
gerne alles so beibehalten wollen, wie
sie es kennen, steht unsere Gesellschaft still. „Nichts ist ungünstiger
und unangenehmer für den Bewegungscharakter einer Gesellschaft als
die Herrschaft gebildeter Rentiers“,
schreibt Heinz Bude, Professor für
Makrosoziologie an der Universität
Kassel. „In gewisser Weise kann man
sich manchmal unsere Gesellschaft als
ein Aggregat aus Rentnern vorstellen, in der die Sucht nach Sicherheit
alles Leben zum Erliegen gebracht
hat“, meint auch Reimer Gronemeyer,
Professor für Soziologie an der Universität Gießen. „Es ist ein panischer
Egoismus, in den sie sich eingemauert
haben. In gut gesicherten Positionen, in abbezahlten Immobilien, mit
Lebensversicherung und Pensionsan-
news / caritas-mitteilungen / 1-2016 11
th e m e n
spruch starren sie auf ihren Garten mit
Feuchtbiotop und haben Angst.”
Laut Umfragen aus dem Jahr 2015
sind die Deutschen zufrieden mit
dem, wie es ist, und sie wollen, dass
das auch so bleibt. Ihre größten
Ängste: Griechenland-Kosten, Terror
und Flüchtlinge. Ihr größter Wunsch:
Steuersenkungen. Zukunftsprojekte wie
Energiewende, Infrastrukturpaket oder
Bildungsreform müssen hinten anstehen. Wir fühlen uns wohl in unserem
bequemen Heim und schotten uns ab
gegen das unbequeme Draußen: gegen Griechenland und Globalisierung,
gegen Flüchtlinge und Freihandel.
Gerade die Massenaufmärsche der
„Patriotischen Europäer gegen die
Islamisierung des Abendlandes“ und
der unheimliche Erfolg der so genannten Alternative für Deutschland beruhen
genau auf der Idee, dass früher alles
besser war: D-Mark, weniger Ausländer, weniger Europa, mehr Ruhe und
12 news / caritas-mitteilungen / 1-2016
Ordnung, überschaubar und sicher.
Deshalb wählten wir Deutschen eine
rechte Altenpartei ins Europaparlament,
in fünf Landtage und beinahe in den
Bundestag, deswegen ist sie heute in
den Umfragen die drittstärkste Kraft.
Ihre Ideologie ist immer noch da und
viel tiefer in der bürgerlichen Mitte verankert, als viele das wahrhaben wollen,
wie Christoph Giesa und Liane Bednarz
in ihrem Buch Gefährliche Bürger eingehend dokumentieren.
Die Jungen sind liberaler, toleranter
weltoffener
Gerne wird jungen Menschen eine
Anfälligkeit für rechtsextreme oder
rechtspopuläre Ideologien unterstellt. Aber sieht man einmal von der
speziellen Gruppe der jungen Männer
mit niedriger Bildung und niedrigem
Einkommen ab, ist die junge Generation liberaler, toleranter und weltoffener
als die Alten. „Jugendliche in Deutschland legen mit Bezug auf Muslime
einen offeneren und demokratischeren
Umgang mit Vielfalt und Diversität an
den Tag als Erwachsene“, wie das
Institut für empirische Integrations- und
Migrationsforschung an der Humboldt-Universität zu Berlin nachweist.
Beispielsweise sprechen sich mehr
als 70 Prozent der 16- bis 25jährigen
gegen Einschränkungen beim Bau von
Moscheen oder beim Tragen des Kopftuchs an Schulen aus – im Gegensatz
zu den Alten, die mehrheitlich nach
Verboten rufen. Außerdem spielt nationale Symbolik unter jungen Menschen
eine weniger große Rolle als bei älteren:
Den Jugendlichen ist es vergleichsweise weniger wichtig, als Deutsche
wahrgenommen zu werden, bei der
Nationalhymne kommen bei ihnen
weniger positive Gefühle auf, und für
sie ist weniger wichtig, ob ein Mensch
deutsche Vorfahren hat oder nicht, um
als Deutscher gelten zu können.
Ähnliche Ergebnisse liefert die Umfrage
„Willkommenskultur in Deutschland“ im
themen
Auftrag der Bertelsmann-Stiftung. Während die Alten Probleme in den Schulen, eine Belastung des Sozialstaats
und soziale Spannungen als Folge der
Zuwanderung fürchten, bleiben die
Jungen eher gelassen. Gleichermaßen
unzweideutig fällt der „Religionsmonitor
2015“ aus: Demzufolge fühlen sich Jüngere vom Islam im Allgemeinen weder
bedroht noch überfremdet, wohingegen
zwei Drittel der Älteren glauben, der
Islam sei eine Bedrohung und passe
nicht in die westliche Welt. Die große
Mehrheit der Jüngeren denkt, der Islam
gehöre zu Deutschland, während eine
gleich große Mehrheit der Älteren genau
das Gegenteil glaubt. Es sind also vor
allem die Alten, die für rechte Ideologie
empfänglich sind – und keineswegs die
Jungen.
Der demografische Wandel verändert
das kulturelle Leitmotiv des Landes.
Immer mehr Menschen haben den
größeren Teil ihrer Lebenszeit bereits
hinter sich gebracht. Sie haben kein
Interesse mehr an der Zukunft, sondern
richten es sich bequem in der Gegenwart ein und konzentrieren sich auf die
Sicherung des erreichten Status Quo.
Am besten möge alles so bleiben, wie
es schon immer war. Die Bundesregierung macht Politik für die Generation
der Babyboomer, und die wollen keine
Wunder und keine Experimente, sondern ihre Ruhe.
Es geht nicht darum, allen Erfolg
schlechtzureden, um German Angst
oder Miesmacherei. Ebensowenig
droht uns der demografische oder
sonstwie herbeigeredete Untergang.
Wenn wir uns aber satt und selbstgefällig zurücklehnen und sagen: „Es geht
uns doch gut!“, dann verpassen wir es,
rechtzeitig die Weichen dafür zu stellen,
dass dieses Land wieder zu einer
Nation am Puls der Zeit wird. Und dann
wird das Erwachen aus der Schönfärberei umso bitterer sein. Die größten
Fehler macht man meist dann, wenn es
einem gut geht.
Dazu bedarf es vielleicht eines Rucks,
zumindest aber vieler kleiner Schritte in
die richtige Richtung. Zurzeit allerdings machen wir zu viele Schritte in
die falsche Richtung – oder gar keine.
Wir surfen auf der Wohlfühlwelle und
sonnen uns in der Politik der ruhigen
Raute. Wir leben in einem lebens- und
liebenswerten Land, doch wir sollten
auch alles dafür tun, dass dieses Land
auch so lebens- und liebenswert bleibt.
Willy Brandt hat einmal gesagt: „Der
beste Weg, die Zukunft vorauszusagen,
ist, sie selbst zu gestalten.“ Da bleibt
die Frage, wer die Zukunft überhaupt
noch gestalten will. Und wer überhaupt
noch ein Interesse an der Zukunft hat.
Wolfgang Gründinger
Der Autor ist Sprecher der Stiftung für
die Rechte zukünftiger Generationen.
Sein Beitrag ist die leicht gekürzte
Dokumentation seines Vortrags, den er
auf der Jahresauftaktveranstaltung der
Caritas in Baden-Württemberg am 3.
Februar 2016 in Stuttgart gehalten hat.
Von Familien und Dorfgemeinschaften lernen
Neues Denken in Generationenbezügen: Das Mehrgenerationenhaus in Freiburg
Ein Versuch, den Veränderungen
des demographischen Wandels
mit neuen Ideen und Konzepten
zu begegnen, sind Mehrgenerationenhäuser. Sie wollen das Mit- und
Füreinander der Generationen stärken und neue familiäre Netzwerke
über verwandtschaftliche Beziehungen hinaus anstoßen.
„Mehrgenerationenhäuser sind ein
neuer Weg und eine zeitgemäße
Antwort auf die Herausforderungen
des demografischen Wandels. Die
großfamiliären Netzwerke können wir
nicht zurückholen, aber wir können
aus den Prinzipien von Familien
und Dorfgemeinschaften lernen, um
heute den Kreislauf des Gebens und
Nehmens zwischen den Generationen
wieder zu verstärken. Dazu brauchen
wir Orte, an denen sich Menschen
aller Generationen, unabhängig von
verwandtschaftlichen Beziehungen,
ganz selbstverständlich im Alltag begegnen, voneinander lernen und sich
gegenseitig unterstützen.“ (Ursula von
der Leyen)
Das Grundanliegen und der Geist
dieser Aussage der ehemaligen Bundesfamilienministerin und Initiatorin
des Bundesprogramms Mehrgenerationenhäuser (MGH) hat die Sicht auf
die tägliche Arbeit unserer Einrichtung
verändert und zu einem neuen Denken
in Generationenbezügen geführt.
Dieses neue Denken ist für das
Mehrgenerationenhaus Freiburg nach
wie vor leitend und hat seit 2008 die
nachhaltige Weitung und positive
Entwicklung der ehemaligen Erwachsenenbegegnungsstätte Weingarten
zum Mehrgenerationenhaus bewirkt.
news / caritas-mitteilungen / 1-2016 13
th e m e n
Dadurch, dass nun alle Generationen
im Haus präsent und aktiv sind, hat
sich die Einrichtung vitalisiert, neues
und wohltuendes Leben hat Einzug
gehalten. Ohne Aufwand war das
natürlich nicht zu haben, ohne Entwicklungsschmerzen ging es auch
nicht. Aber profitiert haben am Schluss
alle: die Besucher und Gruppen des
Hauses, die im Mehrgenerationenhaus engagierten Ehrenamtlichen und
Hauptberuflichen und das umgebende
Quartier. Die gesamte Einrichtung hat
an Attraktivität und eine gute Perspektive für die Zukunft gewonnen.
Jung und Alt in einem Boot
„Wenn wir uns heute fragen, wie wir
in Zukunft leben wollen, müssen wir
uns fragen, wie wir das Miteinander
der Generationen gestalten wollen.“ Wenn auch momentan von der
Flüchtlingsthematik in den Hintergrund
gerückt, gilt diese Feststellung aus der
Startphase des Mehrgenerationenhausprogramms nach wie vor und wird
immer drängender werden: Die Unterstützungskraft verwandtschaftlicher
Netzwerke im Alltag von Jung nach Alt
und umgekehrt ist gering geworden.
Familien brauchen zunehmend zwei
Verdiener; Eltern mit (kleinen) Kindern
geraten in eine Sandwichposition
zwischen der Betreuung ihrer Kinder
und dem Unterstützungsbedarf ihrer
(Schwieger-)Eltern, lange bevor diese
pflegebedürftig sind; nicht alle haben
Kinder, aber alle haben Eltern – auch
dieser Personenkreis ist damit direkt
vom Thema betroffen.
Diese Gegebenheiten und kritischen
Entwicklungen sind bekannt und
werden sich in den kommenden
Jahr(zehnt)en voraussichtlich nicht zum
Besseren wenden. Dazu kommt das
negative Bild der Generationen übereinander. Innerhalb der inzwischen sehr
klein gewordenen Familienverbünde
haben die Angehörigen der verschiedenen Generationen zwar ein zunehmend
gutes Bild voneinander. Außerhalb
dieses Verwandtschaftsverbundes wird
dieses Bild von den jeweils anderen Generationen aber zunehmend
schlechter. Als Grund dafür nehmen
Untersuchungen den mangelnden Kontakt der Generationen im Alltag über
Verwandtschaftsgrenzen hinaus an.
Dies birgt sozialen Sprengstoff. Verwandtschaftsübergreifende und positiv
erlebbare Kontakte unter den Generationen im Alltag, sich kennen und
schätzen/respektieren sind wesentlich,
um einerseits zunehmende soziale
Spannungen zu vermeiden und um
andererseits die gegenseitigen Unterstützungsfunktionen zwischen den
Generationen wieder zu verstärken.
Ein gelingendes Miteinander der
Generationen über Verwandtschaftsgrenzen hinaus ist also nicht eine
moralische Frage, sondern eine pure
Notwendigkeit, um den Zusammenhalt
der Gesellschaft in Zukunft zu gewährleisten. Wenn es gelingt, gegenseitiges
Verständnis und Respekt für die jeweils
andere Sichtweise, Situation und Notwendigkeiten zu erreichen, wenn also
die junge Generation die Situation der
Älteren versteht, ihre Lebensleistung
und Erfahrung schätzt und die Älteren
die Sichtweise und Zukunftsnotwendigkeiten der Jüngeren ernst nehmen,
kann ein konstruktives Miteinander der
Generationen entstehen.
Das heißt auch, es braucht einen
gesellschaftliche Konsens darüber,
dass Jung und Alt gemeinsam und
generationengerecht die notwendigen
Veränderungen, Verzichte und gegebenenfalls gravierenden Einschränkungen aufgrund des demographischen
Wandels tragen müssen und wollen. Im
Bild gesprochen, sitzen Jung und Alt
gemeinsam im gesellschaftlichen Boot,
keine Gruppe kann aussteigen und
für sich fahren. Jung und Alt könnten
mit den Paddeln aufeinander losgehen – und alle würden verlieren. Sie
können aber auch mit vereinten Kräften
rudern und so das Boot stabilisieren.
Nur generationengerecht gestaltete
Lösungen können tragfähige Lösungen zur konstruktiven Gestaltung des
demografischen Wandels sein.
Das Quartier als Ort eines
konstruktiven Miteinanders
Jung und Alt sitzen gemeinsam im gesellschaftlichen Boot. Nur wenn sie mit
vereinten Kräften rudern, können sie das Boot stabil halten und voranbringen.
14 news / caritas-mitteilungen / 1-2016
Der Ort, an dem das alles „ins Leben“ gebracht werden kann, ist der
soziale Nahraum, die Nachbarschaft,
das Quartier. Die höchste Vitalität und
Lebensenergie in einer Familie, aber
auch in einem Quartier, einem Stadtteil,
einem Gemeinwesen, in einer Gesellschaft ist dort, wo Jung und Alt in gegenseitigem Respekt zusammen leben
und den Alltag miteinander in seinen
Höhen und Tiefen teilen und gestalten,
sich gegenseitig entlasten, unterstützen
th emen
und mit ihrer je eigenen Lebenserfahrung gegenseitig bereichern. Damit
diese positive Lebendigkeit entstehen
und als solche wahrgenommen werden
kann, braucht es Begegnungsräume
und Rückzugsorte für einzelne Altersgruppen – in den Familien, in öffentlichen Institutionen, im öffentlichen
Sozialraum.
Mehrgenerationenhäuser sind solche
Orte: für Menschen unterschiedlicher
Altersgruppen, nationaler Herkunft
und sozialer Schichten. Orte für ein
positiv erlebtes Miteinander, wo der
Zusammenhalt der Generationen über
Verwandtschaftsgrenzen hinaus bereits
gelebt wird und wächst.
Das Quartier als „Mehrgenerationenhaus“
Potentiale von sozialen Einrichtungen
und nachbarschaftlichen Netzwerken
nutzen: In diesem Sinn braucht es viele
Initiativen und Institutionen in einem
Quartier, in einer Kommune, die sich
als solche Orte verstehen. Dort kann
in diesem Sinne ganz alltagspraktisch
Bewusstseinsbildung geschehen,
Begegnung und ein positives Miteinander der Generationen ermöglicht,
bewusst gestaltet und gepflegt werden.
Potentiale und Möglichkeiten hiefür
haben Kindereinrichtungen ebenso wie
Seniorenbegegnungsstätten, Kirchengemeinden, Quartiersarbeitsstellen und
nachbarschaftliche Netzwerke, aber
auch Gewerbetreibende wie zum Beispiel der Bäcker. Kooperationen unter
Akteuren im Quartier und mit nachbarschaftlichen Netzwerken eröffnen hier
neue Möglichkeiten und Horizonte.
Institutionen, die sich in diesem Sinne
in ihrem Quartier engagieren, stärken
sich selbst. Sie machen sich zukunftsfähig, weil sie auf eine zentrale Herausforderung Antworten entwickeln.
Sie gewinnen an Attraktivität, auch für
ehrenamtliches Engagement, das die
Möglichkeiten einer Einrichtung auf
Dauer potenziert und entlastend wirkt.
Diese win-win-Situation wird möglich
durch die vielfältigen Kompetenzen der
mehr werdenden Menschen, die in der
Familiäre Netzwerke über verwandtschaftliche Beziehungen hinaus eröffnen neue Perspektiven
für eine generationengerechte Gestaltung des demografischen Wandels.
nachberuflichen Phase eine sinnstiftende Tätigkeit oder die Möglichkeit
suchen, ihre Fähigkeiten zu pflegen und
weiter zu geben.
Kuno Feierabend
Der Autor leitet das Mehrgenerationenhaus in Freiburg-Weingarten.
Wie ein MGH gelingt: Schlüsselangebote & Grundhaltungen
n offener Begegnungsbereich, frei zugänglich, mit Ansprechpartner/„Gastgeber“, wochentags möglichst täglich geöffnet
n Mittagstisch und/oder Nachmittags-Café (möglichst mehrmals pro Woche
und ohne Voranmeldung)
n kein Konsumzwang
n Räume für Aktivitäten aller Art, nutzbar von allen Bewohnern des Quartiers
n Ehrenamt & Hauptberuflichkeit auf Augenhöhe
n Intensive Ehrenamtspflege
n Generationen-Haltung: weg vom versäulten und segmentierenden Zielgruppendenken, Familie als generationenübergreifendes Netzwerk (auch über leibliche Verwandtschaft hinaus)
n Zielgruppenübergreifende Angebote (Kooperationspartner in die Einrichtung
holen)
n sozialer Nah- und Lebensraum der Menschen als Bezugspunkt (Quartier)
n aktive Einbindung der Einrichtung ins Gemeinwesen
n Abstimmung mit anderen Akteuren im Quartier und gemeinsame Arbeit an
einem gelingenden Miteinander der Generationen im Quartier
news / caritas-mitteilungen / 1-2016 15
th e m e n
Das Mehrgenerationenhaus ermöglicht zum Beispiel…
… Familienentlastung, wenn Frau Müller mit ihren Kindern Simone und Thomas morgens aus dem Haus geht und,
nachdem sie die fünfjährige Tochter in
den St. Andreas-Kindergarten gebracht
hat, nebenan ins MGH geht. Dort hat
sie sich mit Frau Bauer verabredet,
einer älteren Dame, die sie vor einiger
Zeit beim Mittagstisch im MGH kennen
gelernt hat. Der zweijährige Thomas
freut sich schon auf Frau Bauer, und
er sagt zu ihr Oma, obwohl sie gar
nicht seine richtige Oma ist – die wohnt
nämlich in Berlin und die trifft er leider
nur ganz selten. Die „Oma“ Bauer hat
der Thomas über den Viktor kennen
und mögen gelernt. Der Viktor ist der
Enkel von Oma Bauer, und die beiden
sind regelmäßig Donnerstag beim Mittagstisch im MGH. Thomas und Viktor
spielen immer nach dem Mittagessen
im Spielbereich des MGH, am liebsten
mit den vielen Matchbox-Autos, die es
da gibt. Und die Oma Bauer hat dann
immer mit den beiden ein bisschen mitgespielt, wenn sie mit dem Essen fertig
war. Das findet Thomas klasse. Seine
Mutter trinkt noch eine Tasse Kaffee
mit der Oma Bauer und geht dann, wie
verabredet, zum Arzt. In zwei Stunden
will sie wieder zurück sein.
… know-how-Transfer und Zuverdienstmöglichkeit. Das Ehepaar Horvat
ist in Rente, aber die ist ziemlich klein.
So sind sie auf einen Zuverdienst
angewiesen, und den haben sie unter
anderem im MGH gefunden. Herr Horvat kann alles reparieren, was man ihm
bringt. Und Frau Horvat kann nähen.
Nun bieten die Horvats einen Reparatur- und Nähservice an. Jeden Dienstag kommen sie mit Werkzeugkoffer
und Nähmaschine ins MGH. Ab 10
Uhr kommen Leute zu Herr Horvat und
lassen kaputte Lampen, kleine Möbel
und vieles andere reparieren. Frau Horvat näht Knöpfe an, setzt Flicken auf
durchgerutschte Hosenbeine, macht
zerrissene Puppenkleider wieder schön
und vieles mehr. Einen festen Stundensatz verlangen die Horvats nicht – die
Leute geben, was ihnen die Reparatur
wert ist. Um 12 Uhr gehen die beiden
zum Mittagstisch im MGH. Nach 13
Uhr passiert dann etwas Besonderes.
Einige Jugendlich kommen nach der
Schule zum Mittagessen ins MGH –
aber eigentlich kommen sie wegen
Herr und Frau Horvat. Denn ab 14
Uhr machen die Horvats nämlich eine
Lernwerkstatt mit den Jugendlichen.
Herr Horvat repariert mit den Jugendlichen vor allem Fahrräder und bringt
ihnen dabei viele technische Tricks bei.
Das eingenommene Geld bekommen
die Jugendlichen. Frau Horvat näht
mit den meist ausländischen Mädchen
Puppenkleider, die diese dann auf
Flohmärkten verkaufen. So lernen sie
nähen und verdienen sich noch ein Taschengeld dabei. Um 16 Uhr machen
die Horvats die Werkstatt zu, schauen
noch auf einen Kaffee mit Kuchen im
MGH-Café vorbei. Dann nehmen sie
Werkzeugkiste und Nähmaschine und
gehen nach Hause, mit einigen Euro
Zuverdienst in der Tasche, vor allem
aber mit dem Gefühl, gebraucht zu
werden.
Gemeinsam Probleme erörtern und lösen
Das Projekt „wwwCafé“ auf dem Hotzenwald bringt junge und alte Computerfreaks
zusammen
Anfang 2014 startete in Görwihl
das generationenübergreifende
Projekt „wwwCafé“. Ins Leben gerufen wurde es vom Katholischen
Bildungswerk Hotzenwald und dem
Land Baden Württemberg.
„wwwCafé“ ist ein zwangloses Treffen
von Computer Interessierten, die einmal im Monat im Pfarrheim St.Martin
16 news / caritas-mitteilungen / 1-2016
in Görwihl zusammen kommen. Im
Anfangsstadium wurde das Projekt
von Silvia Redenz geleitet, nach einem
Jahr übernahmen Lothar Griesser
und Peter Palmer die Leitung des
„wwwCafé“. Jeder bringt sein eigenes
Tablet, Notebook oder Laptop mit.
Sollte ein Teilnehmer keine eigene
Ausrüstung dabei haben oder besitzen, stehen Leih-Arbeitsgeräte zur
Verfügung.
„Wir machen alles, was die Teilnehmen-
den wollen“, erklärt Lothar Griesser und
beschreibt damit sehr treffend eine der
Stärken des Angebotes. Die Teilnehmer
im Alter zwischen 35 und 75 Jahren
kommen zusammen, um ungezwungen und individuell ihre Kenntnisse zu
vertiefen oder auszutauschen. Das
Ganze hat keinen Kurscharakter, es
gibt keinen dozierenden Kursleiter.
Die Teilnehmer fragen und erarbeiten
gemeinsam die Antworten. Es geht
meistens um Grundlegendes wie zum
Beispiel den Zugang zum Internet.
th emen
Das Versenden von E-Mails, Bildbearbeitung, aber auch social media wie
WhatsApp und Skyp sind Themen. Die
Kursleiter stehen den Teilnehmern mit
Rat und Tat zur Seite, die gegenseitige
Unterstützung steht im Vordergrund.
Sehr oft ist es der Fall, dass Teilnehmer mit neuen Geräten wie Tablets
oder Smartphones kommen und im
„wwwCafé“ den Umgang mit den neu
erworbenen Geräten lernen.
In der Regel nehmen immer zwischen
fünf und bis zu 15 Personen am
„wwwcafé“ teil. Auf die Frage, was
ihnen wichtig an diesem Angebot ist,
lautet die Antwort fast unisono: „Das
hier ist kein Leistungskurs, wir können
ohne Zeitdruck unsere Computerprobleme besprechen und bearbeiten.“ Für
den einen oder die andere ist es auch
eine generationenübergreifende, oder
treffender noch: eine generationenverbindende Problemlösung. Denn was
zu Hause vom Enkel oder anderen Angehörigen vielleicht schnell erklärt wird,
aber einige Fragen noch offen bleiben,
Lothar Griesser (rechts), hier mit einem Teilnehmer, leitet das
generationenverbindende Hotzenwälder „wwwCafé“ in Görwihl.
kann hier im „wwwCafé“ in aller Ruhe
und direkt am Objekt geklärt werden.
Jung und Alt zusammen ohne Leistungsdruck, aber stark interessiert an
einer gemeinsamen Problemerörte-
rung: das ist das Erfolgsrezept von
„wwwCafé“. Übrigens erhält jeder, der
möchte, natürlich auch einen frisch
gemachten Kaffee.
Alfred Laffter
Ehrenamtliches Engagement verbindet
Die Christliche Krankenhaus-Hilfe führt Menschen verschiedener
Generationen zusammen
Ehrenamtliches Engagement
bietet vielfach gute Gelegenheiten,
Menschen verschiedener Generationen miteinander in Kontakt
und ins Gespräch zu bringen. Die
Christliche Krankenhaus-Hilfe an
der Freiburger Universitätsklinik ist
ein Beispiel dafür. Ein Erfahrungsbericht.
Seit 2001 bin ich Rentnerin und seitdem engagiere ich mich ehrenamtlich in
der Christlichen Krankenhaus-Hilfe als
Grüne Dame an der Uniklinik Freiburg.
Seitdem habe ich auch immer wieder
Kontakt mit sehr jungen Ehrenamtlichen gehabt.
Durch die enge Zusammenarbeit mit
der Stabsstelle Ehrenamt des Caritasverbandes Freiburg-Stadt werden
uns immer mal wieder junge Menschen vermittelt, die sich ehrenamtlich
engagieren möchten. Es gibt dort
jeden Donnerstag eine Sprechstunde
für interessierte Ehrenamtliche. Es
kommen zu uns Studenten, die sich
ehrenamtlich engagieren möchten. Sie
wollen während ihres Studiums das
Alltagsleben kennenlernen und nicht
nur die Universität.
Manche Studenten bleiben während
ihrer gesamten Studienzeit als Grüne
Dame oder Herr in der Klinik, besonders
Medizinstudenten. Einige engagieren
sich für ein paar Monate, so wie sie es
mit ihrem Studium vereinbaren können.
Eine Studentin, die bei uns einige
Monate war, hatte zum Beispiel ein
Erlebnis mit einem sehr kranken Patien-
news / caritas-mitteilungen / 1-2016 17
th e m e n
von jungen Menschen besucht werden,
die kleine Besorgungen für sie machen
oder einfach am Bett sitzen und mit
ihnen sprechen.
Menschen unterschiedlicher Generationen miteinander in Kontakt bringen:
ein ehrenamtliches Engagement bietet dafür gute Gelegenheiten.
ten. Sie hat lange mit ihm gesprochen.
Als sie sich verabschiedete, bedankte
sich der Patient bei ihr mit den Worten:
„Sie haben es geschafft, dass der heutige Tag für mich ein schöner Tag ist.“
Sie war sehr erstaunt und berührt von
dieser Aussage. Sie konnte gar nicht
glauben, was sie mit ihrem Besuch und
ihren Worten bewirkt hatte.
Für mich als ältere Ehrenamtliche ist
es immer wieder eine große Freude zu
sehen, welche große Bereicherung das
Ehrenamt für diese jungen Menschen
ist. Ich freue mich auch immer wieder über die Dankbarkeit der jungen
Ehrenamtlichen, dass sie von uns eine
Einführung bekommen für den Dienst
als Grüne Dame oder Herr.
Zu uns kommen aber auch Schüler, die
ein Sozialpraktikum machen wollen.
Die Schulen bieten dieses Praktikum
an, aber die Schüler suchen sich selbst
einen Praktikumsplatz. Für eine Woche
sind sie dann bei uns in der Klinik und
besuchen mit Begleitung einer Grünen
Dame Patienten.
Bei uns melden sich aber auch junge
Arbeitssuchende. Um ihre Arbeitslosigkeit zu überbrücken, engagieren sie
sich ehrenamtlich. Sie sind dankbar,
dass sie etwas Sinnvolles tun dürfen,
wenn es manchmal auch nur für einige
Monate ist. Meine Erfahrung mit all
diesen jungen Menschen ist eine sehr
Positive. Die kranken Menschen sind
sehr angenehm überrascht, dass sie
Wir Grünen Damen von der Uniklinik
Freiburg haben sehr gute Erfahrungen
gemacht mit diesen jungen ehrenamtlichen Menschen und freuen uns schon
auf die nächsten Begegnungen. Oft
bleibt noch lange nach dem Ende des
ehrenamtlichen Dienstes der Kontakt
zu diesen jungen Menschen bestehen.
Sie schreiben uns und berichten von
ihrem beruflichen Weg, oder wenn sie
in Freiburg sind, besuchen sie uns in
der Klinik, worüber wir uns natürlich
sehr freuen.
Seit zwei Jahren bin ich nun auch noch
Lesepatin in einer Freiburger Schule.
Dort betreue ich Kinder der 3. und 4.
Klasse, die eine kleine Leseschwäche
haben. Ich war sehr erfreut, dass die
Kinder schon bald sehr vertraut mit mir
waren. Wir lesen nicht nur, sondern
sprechen auch über den Buchinhalt,
und sie erzählen mir etwas aus ihrem
Leben. Ich bin immer wieder sehr
erstaunt, wie sie sich auf mein Kommen freuen und wie viele Hände hoch
gehen, weil sie mit mir lesen möchten.
Es ist eine große Freude für mich.
Renate Landwehr
Jung und Alt froh vereint
Generationen verbinden: Seit Jahren kooperieren die Kita St. Konrad
und das Altenheim St. Lioba in Villingen
Seit Jahren pflegen die Kita St.
Zusammenarbeit immer mehr
Konrad und das Altenheim St. Lio-
gestärkt.
ba eine gute Gemeinschaft. Erste
Kooperationsgespräche fanden
bereits 2003 statt. Mittlerweile
haben verschiedene Aktionen die
18 news / caritas-mitteilungen / 1-2016
Der Startschuss war die Eröffnung der
Tagespflege und des Betreuten Wohnens
in unmittelbarer Nähe zum Altenheim.
Angefangen haben wir mit einem gemeinsamen Singkreis einmal im Monat.
Wir singen gemeinsame Lieder, die alle
kennen, aber auch besondere Lieder,
führen Tänze vor und machen Fingerspiele, die wir aktuell und themenabhängig in der Kita mit den Kindern lernen.
th emen
Unsere „alte Einrichtung“ war vor
dem Umzug in die neue Kita räumlich
eingebettet in das Alten- und Pflegeheim mit dem betreuten Wohnen und
der Tagespflege. Dadurch bot es sich
an, gemeinsam das St. Martinsfest
mit einer Andacht in der hauseigenen
Kapelle, einer Martinsprozession durch
und um das Altenheim und einem
großen Martinsfeuer im Garten der
Kita zu feiern. Weitere Veranstaltungen
waren die gemeinsame Nikolausfeier mit Theateraufführung der Kinder,
eine „Weihnachtsback-Aktion“ mit
dem Küchenteam im Foyer mit den
Bewohnern und den Kindern und das
Dekorieren der Weihnachtsbäume auf
den verschiedenen Wohnebenen. Über
das „Bestprogramm“ der Caritas, bei
dem sich engagierte Ehrenamtliche in
soziale Projekte einbringen können,
fand zweimal im Monat eine Märchenstunde mit unserer Kita und Ehrenamtlichen statt. Zusätzlich wurden Feste
im Jahreskreislauf, wie Herbst- beziehungsweise Liobafeste oder Geburtstage, von uns mitgestaltet.
Ein besonderes Highlight unserer
Kooperation waren lange Jahre unsere
gemeinsamen großen Sommerfeste, die unter verschiedenen Themen
standen. Es gab Feste im Park von
St. Lioba zu den Themen: Mittelalter, Cowboy und Indianer, Piraten,
Zirkus, Märchen und Weltreise. Diese
besonderen Sommerfeste waren für
die Bewohner, ihre Angehörigen, die
Kinder mit Familien und die gesamte
Bevölkerung immer ein ganz besonderes Ereignis mit vielen Begegnungen.
Nach einer Pause von vier Jahren
werden wir dieses Jahr wieder ein
gemeinsames Sommerfest unter dem
Motto: „Ich und Du, wir gehören dazu,
aus welchem Land kommst du?“ auf
die Beine stellen. Für dieses Motto
haben wir uns aufgrund der aktuellen
Situation der Flüchtlinge entschieden.
Es passt auch sehr gut zum Alltag
unserer Kindertageseinrichtung, in der
wir derzeit Kinder aus zwölf Nationen
betreuen.
Seit September 2014 hat sich unsere
Angebotsform in der Kita verändert.
Wir bieten verlängerte Öffnungszeiten sowie Ganztagsbetreuung mit
Mittagessen für die Kinder an. Da wir
zum Kindergartenjahr 2014 noch nicht
in unsere neue Einrichtung einziehen
konnten, hat sich das Altenheim St.
Lioba sofort bereit erklärt, uns täglich
mit einem leckeren warmen Mittagessen zu versorgen. Nach unserem Einzug in die neue Einrichtung gibt es seit
Januar 2015 Mittagessen in der Kita.
Da sowohl die Bewohner als auch
die Kinder immer wieder nach einem
gemeinsamen Mittagessen fragten,
kamen wir auf die Idee, einmal im
Monat mit den Kindern ins Altenheim
St. Lioba zum Mittagessen zu gehen.
Dies ist immer ein besonderer Tag, auf
den sich alle Kinder und Bewohner
gleichermaßen freuen.
Auch wenn wir jetzt nicht mehr in
direkter Nachbarschaft zum Altenheim
St. Lioba sind, halten wir den Kontakt
mit unseren gemeinsamen Aktionen
und Festen und freuen uns schon jetzt
riesig auf das kommende Sommerfest
am 2. Juli.
Tanja Dinser
Kita St. Konrad, Villingen
Eine von mehreren generationenverbindenden Aktionen: Auf das gemeinsame Mittagessen einmal im Monat
im Villinger Altenheim St. Lioba freuen sich Kinder und Bewohner gleichermaßen.
news / caritas-mitteilungen / 1-2016 19
the m e n
Kinderalltag mit Senioren
Jung erlebt Alt und umgekehrt:
Das gemeinsame Mittagessen ist eine intensive Erfahrung
Die Ganztageskinder vom Kindergarten St. Fidelis in Sigmaringen
essen regelmäßig zu Mittag im benachbarten Alten- und Pflegezentrum. Daraus hat sich ein intensives
interessiert zu. Die meisten freuen sich
und nehmen genau wahr, wie viele
Kinder es sind. Sie fragen nach, wenn
jemand fehlt: „Wo ist das Mädchen mit
den blonden Locken?“ „Warum kommt
der kleine Chinese heute nicht zum
Essen?“
Verhältnis entwickelt, das für beide
Seiten eine Bereicherung ist.
Die Kinder des Kindergartens St.
Fidelis in Sigmaringen schieben den
Servierwagen durch die Cafeteria des
Altenpflegeheims „Seniorenwohnanlage Fideliswiesen“, denn sie essen
hier regelmäßig zu Mittag. „Ach ne, die
Schreihälse kommen!“ ruft eine alte
Dame. Frau Weber ist über 90 Jahre
alt, leidet an Altersdemenz und kann
viele Dinge nicht mehr richtig einordnen. Die Gegenreaktion bleibt nicht
aus: Jannik baut sich vor dem Platz
der Seniorin auf und sagt entschieden:
„Wenn du das noch einmal sagst, dann
hole ich meine Mama!“ Das Zusammenleben zwischen Jung und Alt wird
hier täglich intensiv gelebt.
Kurz vor zwölf Uhr laufen die Ganztageskinder vom nahe gelegenen
Kindergarten los, an der großen Buche
vorbei, über die kleine Streuobstwiese
bis zur Treppe, die zum „Restaurant“
führt. So nennen die Kinder die Cafeteria liebevoll. Im Foyer angekommen,
ziehen die Kinder Jacken und Schuhe
aus. Nach dem Händewaschen betreten sie gemeinsam mit der Erzieherin
den Speiseraum, grüßen und gehen zu
ihren Stammplätzen. Der „Fenstertisch“
ist schön eingedeckt und dekoriert,
auch Gläser und Wasser sind vorhanden, wie im Restaurant! Hier sitzen
schon etliche Senioren. Sie warten
auf die Kinder, winken und schauen
20 news / caritas-mitteilungen / 1-2016
„Warum hat die Oma einen
krummen Rücken?“
Am Tisch sprechen Kinder und Erzieherinnen ein Gebet oder singen ein
Lied. Darauf warten die Senioren, und
die Kinder warten ihrerseits, wie dies
aufgenommen wird. Meistens bekommen sie anschließend Applaus. Sobald
die Suppe auf dem Tisch steht, hört
man meist nur noch Löffelklappern
und ab und zu ein Schlürfen, immer
begleitet von aufmerksamen Blicken
der alten Bewohner und Gäste. In der
Wartepause bis zum zweiten Gang
nehmen die Kinder ihrerseits die Atmosphäre im Speiseraum wahr und stellen
viele Fragen: „Wieso ist die eine Frau
so unfreundlich zu uns?“ „Warum hat
die Oma einen krummen Rücken?“ „Ob
unsere Tischnachbarin uns heute wieder etwas von ihrem Einkauf schenkt?“
Solche Impulsfragen der Kinder leiten
viele Tischgespräche ein, in denen
grundlegende Themen des Lebens zur
Sprache kommen. Die Erzieherinnen
nehmen die Fragen der Kinder ernst
und sehen darin eine Chance, über
Alter, Gebrechen, Krankheit, aber auch
über Werte wie Toleranz, Nächstenliebe, Würde und Lebensfreude zu
sprechen.
Viele Kinder haben in der heutigen Zeit
nicht mehr Gelegenheit, Großeltern,
Tanten und Onkel, also die ältere Generation zu erleben und in solch engen
und intensiven Kontakt mit ihnen zu
treten. Umgekehrt geht es vielen Senioren ähnlich im Umgang mit Kindern.
Deshalb sehen die Erzieherinnen dies
gemeinsame Mittagessen als große
gegenseitige Bereicherung.
Häufig erhalten Kinder und Erzieherinnen die Rückmeldung von den Senioren, wie froh sie sind, dass die Kinder
täglich kommen. Angehörige oder
Gäste staunen, wie unbefangen hier
Jung und Alt miteinander umgehen.
So bringen die Kinder den Senioren
zum Geburtstag öfters ein Ständchen.
Regelmäßig werden die Kinder auch
zu Festen eingeladen, beispielsweise
an St. Martin, zum Erdbeerfest oder
zum Sommerfest. Viele Senioren haben
das Bedürfnis den Kindern ebenfalls
eine Freude zu machen, entweder mit
Süßigkeiten oder einem besonderen
Lob oder einem Dankeschön fürs
Geschirr vorbringen mit dem Servierwagen. Auf jeden Fall geht es immer
lebendig zu. Die Kinder lernen sehr viel:
Tischkultur, Hilfsbereitschaft, Höflichkeit
und die eigene Meinung zu äußern und
sich gelegentlich zu wehren. Auf dem
Rückweg zum Kindergarten wirken die
Erlebnisse nach und können besprochen werden.
So hat sich durch dieses gemeinsame
Mittagessen ein intensives Verhältnis
zwischen Jung und Alt entwickelt.
Weder die eine noch die andere Seite
möchte diese Begegnungen missen.
Hilda Stösser
Kindergarten St. Fidelis, Sigmaringen
th emen
„Heute kommt Opa Hellmut!“
Seit Herbst 2014 bekommen wir jeden
Mittwoch in der Kita St. Michael in
Freiburg Besuch. Die Kinder freuen sich
immer sehr, wenn es am Morgen heißt:
„Heute kommt Opa Hellmut!“.
Hellmut Raschdorf (Foto) ist 94 Jahre
alt und hat unsere Einrichtung an einem
„Tag der offenen Tür“ kennen gelernt.
Er hat erfahren, dass Familien aus
vielen Nationen und dementsprechend
Kinder, die viele unterschiedliche Sprachen sprechen, unsere Kita besuchen.
So fragte er an, ob er zu uns kommen
kann, um den Kindern vorzulesen. Der
Bezug zu Kindern ist ihm nicht fremd,
da er selbst ja drei Kinder, neun Enkel
und zehn Urenkel (momentan!) hat. Wir
hoffen und wünschen, dass uns Opa
Hellmut noch lange besuchen kann!
Kinder und Erzieher/innen
der Kita St. Michael, Freiburg-Haslach
Den gemeinsamen Austausch fördern
Generationenworkshop in Donaueschingen: Jugendliche und Ältere
gestalten ihre Zukunft
Die FamilienForschung BadenWürttemberg führt im Auftrag
des Ministeriums für Arbeit und
Sozialordnung, Familie, Frauen
und Senioren Baden-Württemberg
kommunale Generationenworkshops durch. Sie sollen Begegnungen zwischen den Generationen
ermöglichen und helfen, einander
besser kennen zu lernen.
Gemeinsam werden Lösungsansätze
und konkrete Projektideen für das ge-
nerationenübergreifende Zusammenleben in der Kommune entwickelt. Einer
dieser Workshops fand im Dezember
2015 und Januar 2016 in Donaueschingen statt. Kooperationspartner
waren das Mehrgenerationenhaus des
Caritasverbandes Schwarzwald-BaarKreis, der Stadtseniorenrat und des
Kinder-und Jugendbüro.
Schule, zur Freizeitgestaltung und zu
den Berufen beziehungsweise Berufswünschen konnten sich die Generationen näher kommen, kennenlernen und
erste Gemeinsamkeiten entdecken.
Zum Einstieg gab es eine kurzen
Impuls zum demografischen Wandel
und seinen Auswirkungen für Donaueschingen: die Gesellschaft wird immer
weniger, älter, bunter.
In einer weiteren Arbeitsgruppenphase
waren alle Teilnehmenden aktiv und mit
viel Freude bestrebt, konstruktive Ideen
zu entwickeln, wie man Wünsche der
Jugendlichen und der älteren Generation umsetzen kann. Die Ideen reichten
vom Mehrgenerationenspielplatz über
sich gegenseitig unterstützen bis hin zu
gemeinsamen Aktivitäten.
Über Fragen zum Lieblingsfach in der
Im Vordergrund der Ergebnisse des
news / caritas-mitteilungen / 1-2016 21
the m e n
Workshops stehen jedoch nicht die
konkret geplanten Aktivitäten in naher
Zukunft, sondern vielmehr der Beginn
eines Prozess, in dem der gemeinsame
Austausch zur Selbstverständlichkeit wird. Es gilt weiterhin Räume zu
schaffen, in welchen die Generationen
miteinander ins Gespräch kommen,
miteinander Spaß haben und vor allem
Barrieren und Hemmungen abgebaut
werden können.
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Generationenworkshops in Donaueschingen.
Anja Rosenfelder
Mehrgenerationenhaus Donaueschingen
Miteinander stark sein
Bundesgenerationenspiele der Caritas laden zum Mitmachen ein
Verständnis wächst durch Begeg-
onen und Nationen, laden Flüchtlin-
nung und gemeinsames Tun. Hier
ge ein mitzumachen.
setzt die Idee der Bundesgenerationenspiele an. Sie sind innerhalb
der Caritas-Kampagne zur Generationengerechtigkeit ein wichtiges
gemeinsames Aktionselement.
Spielerisch verbinden sie Generati-
22 news / caritas-mitteilungen / 1-2016
Im Gegensatz zu den „Bundesjugendspielen“, die vorrangig das Ziel
haben sportliche Einzelleistungen zu
prämieren, setzen die Bundesgenerationenspiele auf Mannschaftsspiele, bei
denen das Miteinander der Generationen und Nationalitäten sowie der
gemeinsame Spaß entscheidend sind.
Die Spielregeln
Jedes Team besteht aus mindestens
fünf, maximal zehn Personen. Die
Teams sollten sowohl mehrere Generationen (Kinder/Jugendliche – Erwachsene – Ü 66) als nach Möglichkeit auch
mehrere Nationalitäten umfassen. Die
Erfahrung zeigt, dass Teams, die sich
themen
vorher schon kennen, eine stärkere
Motivation des Miteinanders haben. Die
Spiele können aber auch dazu beitragen, dass vorher fremde Menschen miteinander in Beziehung kommen. Jedes
Team gibt sich oder erhält durch den
Veranstalter einen Namen (unter diesem
Namen nimmt es an der Verlosung für
die Wette teil).
15 Stationen stehen zur Auswahl.
Die Veranstalter wählen daraus sechs
bis zehn Stationen, aus denen ihre
Bundesgenerationenspiele bestehen.
Natürlich können auch eigene Ideen
umgesetzt werden.
Wetten, dass…
Die Caritas hat mit Sebastian Krumbiegel von „Die Prinzen“ einen prominenten Wettpaten gewonnen. Er wettet,
dass die Caritas es schafft, im Jahr
bis Oktober 2016 dezentral in ganz
Deutschland durchgeführt. Veranstalter
melden Termin und Veranstaltungsort
ihrer Bundesgenerationenspiele über
ein Termin-Webformular an, so dass
die bundesweiten Aktionen auf einer
Deutschlandkarte zu finden sind. (can)
2016 eintausend Teams zum Mitspielen
zu gewinnen.
Als Wetteinsatz wird unter allen teilnehmenden Teams ein Besuch Sebastian
Krumbiegels direkt vor Ort ausgelost.
An der Verlosung nimmt jedes Team
einzeln teil, das heißt je mehr Teams bei
einer Veranstaltung sind, umso höher
ist die Chance zu gewinnen.
Bundesweite Aktion
Die Bundesgenerationenspiele werden
nicht zentral, sondern im Zeitraum März
nnn
Mehr Infos zu den Bundesgenerationenspielen (Spielregeln und ausführliche Spieleanleitung; Anmelde- und
Terminformulare) finden Sie unter
www.caritas.de/magazin/kampagne/starke-generationen/bundesgenerationenspiele/idee
nnn
Impulse für ein neues Miteinander der Generationen:
Das CKD-Handbuch für Ehrenamtliche
Neue Kommunikationsformen (Smartphones, WhatsApp, Blogs ...), eine steigende Berufstätigkeit beider Elternteile,
Ganztagesschulen, welche die Schüler
bis spät nachmittags unter ihresgleichen
in ihrer „Schuleinrichtung“ halten oder
die zunehmende Zahl älterer Menschen,
die ebenfalls unter sich in Seniorenheimen leben, haben eins gemein: sie
erschweren die Chance auf ein mögliches Miteinander der Generationen außerhalb der Familie. Gleichzeitig gibt es
aber auch immer mehr „junge Alte“, die
Lust, Zeit und Kompetenzen einbringen
wollen in ehrenamtliches Engagement,
das sie jedoch stärker wie bisher selbst
mitprägen wollen und zeitlich befristet
sehen. In diesem Spannungsfeld wollen
die Caritas-Konferenzen Deutschlands
(CKD) Räume, Zeiten und Ideen ausloten, um eine Solidarität der Generationen bewusst zu ermöglichen.
Darum dreht sich das neue CKD-Handbuch zum Caritas-Jahresthema. Unter
dem Titel „GreisenJung. Ein neues Fürund Miteinander der Generationen“
eröffnen kompetente und prominente
Autoren und Autorinnen wie zum
Beispiel Professor Julia Franz (Universität Tübingen), Professor Thomas Klie
(Evangelische Hochschule Freiburg),
Karin Nell (Keywork e. V.), Hubertus
Schröer (Institut IQM München) oder
Bernd Schüler (Patenschaftsprogramm
biffy, Berlin), neue, ungewohnte, mitunter auch überraschende Perspektiven.
Neben den Fachartikeln enthält
das Handbuch zur Gestaltung von
Gruppenstunden, runden Tischen,
Gottesdiensten oder Infoabenden
Methoden, Gebete, Zitate und Texte
in unterschiedlicher Länge und mit
unterschiedlichem Bezug zum Thema.
Für den Caritas-Sonntag gibt es
Aktionsideen und einen Gottesdienstbaustein zum Jahresthema. Konkrete
Praxisbeispiele aus unterschiedlichen
Diözesen und ein Kapitel mit Tipps
„GreisenJung. Ein neues Für- und Miteinander
der Generationen.“ 77 Seiten, 8,50 Euro für
CKD-Mitglieder, 10,50 Euro für Nicht-Mitglieder.
Bestellung: www.ckd-netzwerk.de, Telefon 0761
200-461, E-Mail: [email protected]
und Links erleichtern eine weitergehende Informationsrecherche.
Ebenfalls im Handbuch: Praxisbeispiele und Methoden zur ehrenamtlichen
Flüchtlingshilfe. (can)
news / caritas-mitteilungen / 1-2016 23
c a rita s d e r g e m e i n d e
caritas der gemeinde
Gemeinsam geht‘s besser: Seelsorge und
Sozialarbeit gehören zusammen
Großes Interesse am spannenden Zukunftsthema
der Perspektivenwerkstatt in Frankfurt
Seelsorge ist auch Aufgabe von Sozialarbeit, und Sozialarbeit ist auch
Aufgabe von Seelsorge. Das ist die
Quintessenz der achten Perspektivenwerkstatt, die im Dezember im
Frankfurter Konrad-von-PreysingHaus stattfand.
Der Einladung zu diesem Studientag gefolgt waren gut 50 Teilnehmer
aus den Diözesancaritasverbänden,
Bischöflichen Ordinariaten/Generalvikariaten, den Ortscaritasverbänden
und erstmals auch Personalverantwortlichen der Bistümer Freiburg, Fulda,
Limburg, Mainz, Rottenburg-Stuttgart,
Speyer und Trier. Veranstalter war die
AG Perspektivenwerkstatt der Regionalgruppe Mitte-Südwest.
„Multiprofessionelle Teams – Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter in
Pastoralteams und Seelsorgerinnen
und Seelsorger im Dienst der Caritas“
lautete das diesjährige Motto. Wie die
Wie können Seelsorge und Sozialarbeit Hand in Hand arbeiten?
24 news / caritas-mitteilungen / 1-2016
Zusammenarbeit von Seelsorge und
Sozialarbeit im Bistum Limburg bereits
gut funktioniert, das zeigt das Sozialraum-Projekt in Oberursel-Steinbach
von Bezirkscaritasverband Hochtaunus
und Pfarrei St. Ursula. Die unterschiedlichen Kompetenzen im Pastoralteam
sind, sagte Pastoralreferent Christof
Reusch, sehr gewinnbringend. Dank
der Kompetenz der Sozialarbeiter
im Team profitiert die Seelsorge, die
vielschichtigen Problemlagen vor Ort
können so gemeinsam angegangen
und bewältigt werden. Das gilt aber
car itas der gemeinde
auch umgekehrt, wie Anja Düringer
vom Caritasverband betonte. Die Impulse seitens der Seelsorge sind auch
für ihre Arbeit als Sozialarbeiterin enorm
hilfreich und bereichernd. Gemeinsam
geht es besser – so das Fazit der
Praktiker.
Wie kann Seelsorge in CaritasEinrichtungen gestärkt werden? Mit
dieser Frage beschäftigten sich die
Teilnehmer der Perspektivenwerkstatt
am Nachmittag. Gerade mit Blick auf
immer weniger Priester und Seelsorger
diskutierten die Teilnehmer darüber,
wie dieses Angebot in katholischen
Einrichtungen dennoch vorgehalten
werden kann. Bruno Schrage, Referent
Caritaspastoral im Diözesancaritasverband Köln, stellte das Projekt „Begleiter
in der Seelsorge“ vor: Mitarbeiter in den
Altenhilfeeinrichtungen werden seelsorglich ausgebildet, um als Ansprechpartner für Bewohner und Angehörige
unter anderem bei deren Fragen zu
Sterben, Tod und Abschiednehmen
helfen zu können. Der Vorteil dabei ist,
dass beide sich gut kennen und gerade
die Mitarbeiter den Alltag der Bewohner
sowie ihre Sorgen und Nöte kennen.
werkstatt anwesenden Personalverantwortlichen – auch in Zukunft mit dieser
Fragestellung beschäftigen.
Sozialarbeiter als neue Seelsorger, als
Konkurrenz oder gar als Lückenbüßer
für fehlendes Personal? Nein, mitnichten! Das war die einhellige Meinung der
Teilnehmer der Perspektivenwerkstatt
wie auch des Fuldaer Pastoraltheologen Professor Richard Hartmann
in der Diskussion: Es geht vielmehr
darum, dass sich beide Professionen
ergänzen, Hand in Hand arbeiten und
miteinander multiprofessionell die
Herausforderungen meistern. Und das
heißt eben auch: Seelsorge ist auch
Aufgabe von Sozialarbeit, und genauso
ist Sozialarbeit Aufgabe von Seelsorge.
Torsten Gunnemann
Diesen Ansatz zu befördern, ist eine
spannende und herausfordernde
Sache. Und daher wollen sich alle Teilnehmer – die Referenten Gemeindecaritas, die Referenten der Bischöflichen
Ordinariate/Generalvikariate ebenso
wie die erstmals an der Perspektiven-
nnn
Hintergrund
Die AG Perspektivenwerkstatt der Regionalgruppe Mitte-Südwest besteht
aus den Referenten Gemeindecaritas
und Referenten aus den Bischöflichen
Ordinariaten/Generalvikariaten der Bistümer Freiburg, Fulda, Limburg, Mainz,
Rottenburg-Stuttgart, Speyer und Trier.
Die Perspektivenwerkstatt findet einmal
jährlich statt. Ziel ist, über Perspektiven einer diakonisch ausgerichteten
Pastoral zu informieren sowie das Zusammenwachsen und die Kooperation
zwischen Seelsorge und der Arbeit der
Caritasverbände zu intensivieren.
nnn
Das war eine der Fragen, mit denen sich die Teilnehmenden der Perspektivenwerkstatt beschäftigten.
news / caritas-mitteilungen / 1-2016 25
c v- p ra x is
Caritasverband für die Erzdiözese Freiburg e.V.
„Im Jahre 2030 leben wir in einer
Opakratie“
Jahresauftakt: Caritas ruft zu mehr Gerechtigkeit zwischen den Generationen auf
91 Prozent der jungen Menschen
glauben, dass sie im Alter arm sein
werden. Zu Recht fragen sie, ob wir
unseren Wohlstand halten können,
wenn die Gesellschaft so rapide
altert und zugleich schrumpft. Wie
ist es machbar, dass die jüngere
Generation nicht für zwei arbeiten
muss? Loyalität und Fairness zwischen den Generationen – dieser
großen Zukunftsaufgabe nimmt
sich die Caritas in Baden-Württemberg unter dem Motto „Mach dich
stark für Generationengerechtigkeit“ an.
Bei ihrem Jahresauftakt im Haus der
Katholischen Kirche in Stuttgart regten
die beiden Diözesan-Caritasverbände
Freiburg und Rottenburg-Stuttgart
an, Bedingungen zu schaffen, damit
alle Generationen ein gutes Leben
führen können. Im Mittelpunkt stand
ein faires Miteinander von Jungen und
Alten, aber auch von Einheimischen
und Zugewanderten als Gewinn für die
gesamte Gesellschaft. Das Fazit: Damit
keine Generation zu Lasten der anderen lebt, muss die Politik sicherstellen,
dass auch nachfolgende Generationen
einen ausreichenden Schutz in den
Sozialversicherungssystemen erhalten.
Zugleich gilt es, die Lebensleistung der
älteren Generation zu respektieren.
„Letztlich geht es um die zentrale
Frage, welche Voraussetzungen ge-
schaffen sein müssen, damit gesellschaftliche Teilhabe und Chancengerechtigkeit für die gegenwärtigen und
die zukünftigen Generationen gesichert
werden können“, sagte der Freiburger
Diözesan-Caritasdirektor Bernhard
Appel vor rund 200 Gästen aus Politik,
Medien, Kirche und Wissenschaft.
„Generationengerechtigkeit bedeutet
eine soziale, kulturelle, ökologische und
wirtschaftliche Gestaltung der Umwelt
und der Gesellschaft, die für jede (auch
künftige) Generation annähernd gleiche
Teilhabe- und Verwirklichungschancen
sicherstellt.“
Dass der Anteil der älteren Menschen
bei Wahlen immer größer wird, sieht
Wolfgang Gründinger, Sprecher der
Stiftung für die Rechte zukünftiger
Generationen aus Berlin, kritisch. „Mit
Vor rund 200 Gästen aus Politik, Medien, Kirche und Wissenschaft hielt Wolfgang Gründinger (rechts), Sprecher der Stiftung für die Rechte
zukünftiger Generationen, einen anregenden Vortrag zum Thema „Generationengerechtigkeit“.
26 news / caritas-mitteilungen / 1-2016
cv-praxis
der demografischen Verschiebung
der Altersgruppen wächst die Gefahr,
dass die Älteren durch ihr strukturelles
Wählergewicht die politische Agenda
diktieren und Zukunftsthemen verdrängen“, sagte er bei seinem Vortrag
(siehe Seite 8). Themen wie Steuererleichterungen für Eltern oder öffentliche
Kinderbetreuung fänden nachweislich
bei älteren Menschen weniger Zustim-
mung. „Im Jahre 2030 werden wir
in einer Opakratie leben, in der die
Alten das Sagen haben.“ Die Zukunft
2030 hänge davon ab, wie Alte sich
im Kampf um Pfründe, Posten und
Parkbänke positionierten.
Der Stuttgarter Diözesan-Caritasdirektor Oliver Merkelbach sprach von
Verantwortung, die wir einmal in Bezug
auf unser Handeln und die politischen
Weichenstellungen heute für die
Zukunft unserer Kinder und Kindeskinder hätten. „Als Caritas sehen wir
uns außerdem in der Verantwortung,
unseren Beitrag zu leisten, um gemeinsam mit anderen nach Lösungen zu
suchen.“ Merkelbach appellierte an viel
Fingerspitzengefühl und gegenseitigen
Respekt. (bye/tom)
Sie halten den Sinn für die sozialen
Anliegen wach
Caritas in Baden-Württemberg zeichnet fünf Journalistinnen und Journalisten aus
Dafür, dass sie den Sinn für die
dem 27. Caritas-Journalistenpreis
sozialen Anliegen in unserer Ge-
Baden-Württemberg ausgezeich-
sellschaft wachhalten, wurden im
net.
Rahmen der Jahresauftaktveranstaltung vier Journalistinnen und
Journalisten und ein Fotograf mit
Den mit 3.000 Euro dotierten ersten
Preis des Wettbewerbs erhielt Peter
Schwarz von der Waiblinger Kreiszei-
tung für seine dort erschienene vierteilige Serie „Die Flüchtlinge kommen“.
Eine Woche lang hat Schwarz in der
Waiblinger Notunterkunft für Flüchtlinge
mitgearbeitet. In mehreren Beiträgen
beschreibt er facettenreich seine Erfahrungen dort und zeichnet eindrückliche Bilder von Menschen und ihren
Den 1. Preis überreichten die Diözsan-Caritasdirektoren Oliver Merkelbach (l.) und Bernhard Appel (2.v.r.) an Peter Schwarz (Mitte)
von der Waiblinger Kreiszeitung. Ganz rechts: Laudator Thomas Maier.
news / caritas-mitteilungen / 1-2016 27
c v- p ra x is
Lebens- und Fluchtgeschichten. Dabei
gibt Schwarz seine journalistische Distanz auf, markiert das allerdings auch
deutlich und reflektiert es.
Eine „Lobende Erwähnung“ erhielten Katharina Thoms (l.) und Sandra Müller
für eine SWR-Multimediareportage.
Der zweite Preis mit einem Preisgeld
von 1.000 Euro ging an Susanne
Beßler für ihren im SWR-Fernsehen
gesendeten Film „Aus mit dem Haus?
Wie ein Familientraum doch noch wahr
wird“. Eine junge türkische Familie
steht vor dem finanziellen Ruin, weil in
dem fast fertigen Eigenheim eine falsch
angeschlossene Heizungsleitung bricht
und 40.000 Liter Wasser das Haus
verwüsteten. Doch von unerwarteter
Seite kommt Hilfe. So wird der Film
zu einem ansprechenden Plädoyer für
bürgerschaftliches Engagement.
Ebenfalls mit einem zweiten Preis
ausgezeichnet wurden Robin Szuttor
(Text) und Andreas Reiner (Bild) von
der Stuttgarter Zeitung für den Beitrag
„Paule – Nachruf auf einen Außenseiter“. Die Geschichte eines einsamen
Mannes, der von Amts wegen nach
seinem Tod in einem namenlosen Grab
bestattet werden sollte. Das allerdings
wurde verhindert. Robin Szuttor hat
sich auf die Spurensuche begeben
und schildert unspektakulär und ohne
Effekthascherei das Leben und den
Abschied von Paul.
Robin Szuttor (l.) und Fotograf Andreas Reiner von der Stuttgarter Zeitung (2. Preis)
mit Laudatorin Eva-Maria Bolay.
Mit einer „Lobenden Erwähnung“
wurden Sandra Müller und Katharina
Thoms ausgezeichnet für ihre Multimediareportage „Jeder Sechste ein
Flüchtling. Tausende Asylsuchende als
Nachbarn“ über die Landeserstaufnahmeeinrichtung in Meßstetten, die
auf der Internetseite des SWR publiziert wurde. Sie ist eine beispielhafte,
zeitintensive Begleitung einer sich erst
entwickelnden Realität, kreativ und
spannend aufbereitet in einem neuen
medialen Format.
Der unabhängigen Jury lagen 83
Beiträge vor, die in Presse, Hörfunk,
Fernsehen und Online erschienen sind.
(bye/tom)
Susanne Beßler vom SWR (2. Preis) mit Laudator Thomas Hauser.
28 news / caritas-mitteilungen / 1-2016
cv-praxis
„Der Kranke ist nicht nur ein Kostenfaktor“
Die Landesarbeitsgemeinschaft katholischer Krankenhäuser
in Baden-Württemberg feierte in Freiburg ihr 25-jähriges Jubiläum
Die Landesarbeitsgemeinschaft
(LAG) Katholischer Krankenhäuser in Baden-Württemberg hat mit
einem Gottesdienst und einem
Festakt in Freiburg ihr 25-jähriges
Bestehen gefeiert. Erzbischof Stephan Burger, der dem Gottesdienst
vorstand, würdigte das Wirken der
Landesarbeitsgemeinschaft und
dankte für deren Einsatz.
Man stehe heute in der Gefahr, alles
unter dem Diktat der Ökonomie und
Effizienz zu sehen, sagte Burger vor
Vertretern aus Politik, Caritas und Gesundheitswesen in der Mutterhauskirche der Vinzentinerinnen. Gerade in der
Medizin brauche es deshalb Zeit und
Raum, um sich auf das Wesentliche zu
besinnen. „Der Kranke und Bedürftige
ist nicht nur ein Kostenfaktor. Er ist
Mensch und Mitmensch“, unterstrich
der Erzbischof. Es sei Aufgabe der
Kirche, dafür einzustehen.
Beim anschließenden Festakt knüpfte
der ehemalige Bundesverfassungsrichter Professor Paul Kirchhof daran an.
„Was ist die christliche Botschaft, wenn
uns der Blick auf den Einzelnen verloren geht und nur das Kollektiv gesehen
wird“, fragte er und antwortete mit
einem Goethe-Zitat: Dort, wo Glaube
ist, ist Kultur. Kirchhof plädierte für
mehr Selbstbewusstsein, wenn es um
die Nachhaltigkeit im Wirken von 2000
Jahren Christentum gehe. Mit dem
Blick auf das Gesundheitswesen stellte
Kirchhof fest: „Je mehr wir in der medizinischen Technologie voranschreiten,
desto mehr drohen wir in der mensch-
lichen Zuwendung zurückzubleiben“.
Höchstleistungen in der Medizin seien
heute selbstverständlich, dazu kommen müsse aber das gute, tröstende
Wort. Die Kombination von beidem
gebe es in kirchlichen Krankenhäusern
vielleicht etwas mehr als in anderen, so
Kirchhof.
Vor 25 Jahren gründeten die katholischen Krankenhäuser in Baden-Württemberg eine Landesarbeitsgemeinschaft, um ihre Interessen gegenüber
Politik und Krankenkassen gemeinsam
zu vertreten. Ob Krankenhausplanung,
Finanzierungsfragen oder Pflegenotstand: Die Themen, die damals auf
der gesundheitspolitischen Agenda
standen, sind geblieben, neue sind
hinzugekommen, wie zum Beispiel die
Umsetzung des Krankenhausstrukturgesetzes oder der zunehmende Mangel an Fachärzten. Zudem sehen sich
die kirchlichen Einrichtungen – wie alle
Krankenhäuser – einem verschärften
Wettbewerb ausgesetzt. Deshalb setzen die katholischen Kliniken nach wie
vor auf einen starken Verbund, so der
Erste Vorsitzende Richard Wentges. Im
Jubiläumsjahr gehören der Landesarbeitsgemeinschaft 25 katholische Krankenhäuser und Rehabilitationskliniken
mit insgesamt 5.600 Betten an. Laut
Wentges vertritt die Landesarbeitsgemeinschaft 15 Prozent der Krankenhäuser in Baden-Württemberg mit rund
12.000 Mitarbeitenden. Nahezu alle
Einrichtungen bilden in Pflegeberufen
aus.
In Grußworten gratulierten mehrere
Redner und Rednerinnen zum 25-jährigen Jubiläum der Landesarbeitsgemeinschaft. Diözesan-Caritasdirektor
Rainer Brockhoff aus Stuttgart erinnerte
an den politischen Kampf um faire
Wettbewerbsverhältnisse für die kirchlichen Krankenhäuser, die sich diesem
Im Festgottesdienst würdigte Erzbischof Stefan Burger das Wirken der Landesarbeitsgemeinschaft der
katholischen Krankenhäuser in Baden-Württemberg.
news / caritas-mitteilungen / 1-2016 29
c v - p ra x is
Der ehemalige Bundesverfassungsrichter
Paul Kirchhof bei seinem Festvortrag.
Richard Wentges, der erste Vorsitzende des Landesarbeitsgemeinschaft:
Katholische Kliniken im Land setzen nach wie vor auf einen starken Verbund.
Wettbewerb stellen und durchaus gut
aufgestellt seien. Der Freiburger Diözesan-Caritasdirektor Bernhard Appel
verwies auf das christliche Profil, dem
laut einer Umfrage von den Patienten
nach wie vor eine hohe Wertschätzung entgegengebracht werde. Daran
festzuhalten und es angesichts der
Debatte um Sterbehilfe mit einer gut
aufgestellten Palliativ-Versorgung weiter
zu schärfen, sei das Gebot der Stunde.
stellten Krankenhausstruktur gelegen
sei. Dies komme in einer deutlichen
Erhöhung der Investitionsförderung
zum Ausdruck. Wichtig sei dabei eine
abgestimmte Einzelförderung, um die
Krankenhauslandschaft nachhaltig wirtschaftlich zu gestalten. Hier erhofft sich
die Landesregierung gelegentlich etwas
mehr Verständnis von dem einen oder
anderen Träger, so Vierheilig.
Ministerialdirigentin Monika Vierheilig
aus dem baden-württembergischen
Sozialministerium sagte, dass der
Landesregierung an einer gut aufge-
Matthias Einwag, Hauptgeschäftsführer
der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft, dankte dem Vorstand der Landesarbeitsgemeinschaft
besonders für die Bereitschaft, sich für
das Ganze einzusetzen und nicht nur
Einzelinteressen zu verfolgen. Auch
Thomas Vortkamp vom Katholischen
Krankenhausverband Deutschlands
(KKVD) äußerte sich dankbar für das
Engagement der Landesarbeitsgemeinschaft, von der wiederum wertvolle
Impulse in die Arbeit des KKVD eingingen. Der Vorsitzende des Evangelischen Krankenhausverbandes BadenWürttemberg Urs Keller würdigte die
lange ökumenische Zusammenarbeit in
diesem Bereich, die beispielhaft sei.
Thomas Maier
Qualitätsvolle Freiwilligenarbeit
Zertifikat bescheinigte gute Arbeit des Diözesan-Caritasverbandes
Für seine gute Arbeit im Bereich
tasverband jetzt erstmals vergeben
der Freiwilligendienste hat der
wurde.
Caritasverband für die Erzdiözese
Freiburg ein Qualitäts-Zertifikat
erhalten, das gemeinsam vom
Bund der Katholischen Jugend
(BDKJ) und dem Deutschen Cari-
30 news / caritas-mitteilungen / 1-2016
Das Zertifikat bescheinigt die Einhaltung von Qualitätsstandards für
Freiwilligendienste (Freiwilliges Soziales
Jahr FSJ und Bundesfreiwilligendienste
BFD), die in einem mehrjährigen intensiven Prozess und in enger Zusam-
menarbeit zwischen den katholischen
Trägern sowie dem BDKJ und dem
Deutschen Caritasverband entwickelt
wurden. Der Diözesan-Caritasverband
Freiburg erhielt das Qualitäts-Zertifikat
zusammen mit sieben weiteren Trägern
bei der Mitgliederversammlung der Katholischen Bundesarbeitsgemeinschaft
(BAG) Freiwilligendienste in Bonn. Der
BAG gehören über 60 katholische
cv-praxis
Träger nationaler und internationaler
Freiwilligendienste an.
Aufgrund der stetig ansteigenden Freiwilligenzahlen während der letzten Jahre,
hat sich die katholische Trägergruppe
ganz bewusst für eine Fokussierung auf
die Qualität der Durchführung der beiden
Dienstformate FSJ und BFD entschieden. Bis 2018 werden alle katholischen
FSJ- und BFD-Träger überprüft und
bewertet. Ziel ist es, den Freiwilligen im
gesamten Bundesgebiet einen qualitativ hochwertigen Freiwilligendienst in
katholischer Trägerschaft anzubieten. Zu
den Qualitätsmerkmalen gehört, dass
die christlich geprägten Freiwilligendienste allen Interessierten offen stehen,
unabhängig von Herkunft, Religionszugehörigkeit, Bildungsgrad oder anderen
persönlichen Merkmalen. Sie verstehen
sich als ein Angebot, mit dem nicht nur
zusätzliche soziale Schlüsselkompetenzen zur Stärkung des gesellschaftlichen
Zusammenhalts vermittelt werden sollen.
Vielmehr bieten sie einen Rahmen, „den
eigenen Lebensentwurf zu betrachten,
zu entwickeln und gegebenenfalls zu
hinterfragen“, wie es in dem Profil der
BAG Freiwilligendienste heißt.
Der Caritasverband für die Erzdiözese Freiburg ermöglicht deshalb über
gezielte Bildungs- und Begleitungsangebote, dass die Freiwilligen ihre
persönlichen Erfahrungen vertiefen und
deuten können. „Das dient sowohl der
Referatsleiter Michael Bross (2.v.r.) bei der Überreichung des Qualitätszertifikats bei der Mitgliederversammlung der Katholischen Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) Freiwilligendienste in Bonn.
persönlichen als auch der fachlichen
Weiterentwicklung“, erläutert Michael
Bross, Referatsleiter Freiwilligendienste
im Diözesan-Caritasverband Freiburg.
Nach seinen Worten geht es um einen
gegenseitigen Lernprozess: „So wie die
Freiwilligen durch ihren Dienst geprägt
werden und neue Dinge lernen, profitieren umgekehrt alle Beteiligten von den
persönlichen Fähigkeiten und Fragenstellungen der Freiwilligen: die Einsatzstellen ebenso wie wir als Träger.“
Beim Diözesan-Caritasverband Freiburg absolvieren aktuell rund 1.100
Freiwillige in 750 Einsatzstellen von
der Kita bis zum Altenpflegeheim ein
Freiwilliges Soziales Jahr oder einen
Bundesfreiwilligendienst.
nnn
Sprecherinnen für die Freiwilligen
Chiara Stroh und Anna Winkler vertreten als Bundesprecherinnen für
den Jahrgang 2015/2016 die Freiwilligen der Caritas in der Erzdiözese
Freiburg auf Bundesebene. Chiara
Stroh leistet ihren Freiwilligendienst
in der katholischen Sozialstation Heidelberg Süd, Anna Winkler arbeitet
im Waldkindergarten „die Trolle“ in
Gundelfingen bei Freiburg.
nnn
Thomas Maier
Gute Noten für Caritas-Schuldnerberatung
Positive Rückmeldung bei Klientenbefragung:
„Danke, dass ich als Mensch behandelt wurde“
Obwohl der Wirtschaftsmotor der-
Schuldneratlas 2015 zeigt. Viele
zeit brummt, geraten immer mehr
von ihnen kommen aus eigener
Menschen in Zahlungsschwie-
Kraft und ohne Unterstützung nicht
rigkeiten. Die Verschuldung von
mehr aus der Schuldenspirale
Privatpersonen nimmt zu, wie der
heraus.
Diesen Personen bietet die Schuldnerberatung der Caritas kostenlose und kompetente Hilfe an, die von den Klienten
durchweg als sehr positiv bewertet wird.
Das hat eine Befragung unter Klienten
ergeben, die 2014 in 15 Caritas-Schuld-
news / caritas-mitteilungen / 1-2016 31
c v- p ra x is
nerberatungsstellen in Baden abschließend beraten worden sind.
95 Prozent der Befragten würden die Schuldnerberatung der Caritas weiterempfehlen
Neben Existenzsicherung und Schuldenregulierung zählen psychosoziale
Wirkungen zu den zentralen Effekten
von Schuldnerberatung. Diese Themen
standen im Zentrum der Befragung.
Das Ergebnis zeigt deutlich eine positive Wirkung der Schuldnerberatung auf
die persönliche, gesundheitliche und
finanzielle Situation der Klienten. Jeweils 61 Prozent haben einen besseren
Überblick und können besser schlafen.
Über die Hälfte (53 Prozent) der Klienten hat keine Ängste mehr und knapp
57 Prozent von ihnen sagen, dass ihre
Lebenssituation sich gebessert hat.
Drei Viertel (75 Prozent) der Klienten
geben an, bei Bedarf die Schuldnerberatung erneut aufzusuchen. Insgesamt gaben die befragten Klienten der
Beratungsleistung die Durchschnittsnote 1,5, wobei die einzelnen Fragen
zu über 90 Prozent mit „sehr gut“ und
„gut“ bewertet wurden. 95 Prozent der
Befragten würden die Schuldnerbera-
tung der Caritas weiterempfehlen.
Zahlreiche persönliche Anmerkungen
unterstreichen eindrücklich, wie wichtig
und positiv die Beratungsarbeit von
den Klienten wahrgenommen wird. Da
ist viel von Lob und Dank die Rede,
und davon, dass man motiviert und
ermutigt wurde. „Danke, dass ich
als Mensch behandelt wurde“, so
ein Klient. Und: „Die Beratung war
einfühlsam, engagiert und trotz der
Professionalität sehr persönlich.“ Ein
anderer schreibt: „Es war eine seelische Wohltat, keine Vorwürfe für die
verursachten Schulden zu bekommen,
sondern Rückhalt und Verständnis.
Das gab mir die nötige Motivation und
Achtung in Geldangelegenheiten.“
Im Herbst vergangenen Jahres
verschickten 15 Schuldnerberatungsstellen 1.096 Fragebogen an Klienten,
deren Beratung 2014 geendet hatte.
Knapp 37 Prozent von ihnen füllten den
Bogen aus und schickten ihn zurück.
(tom)
Egon Engler bleibt Vorsitzender der Diözesan-Arbeitsgemeinschaft
„Behindertenhilfe und Gemeindepsychiatrie“
dertenhilfe und Gemeindepsychiatrie“
im Caritasverband für die Erzdiözese
Freiburg einstimmig für weitere drei
Jahre bestätigt worden. Die Wahl
fand turnusgemäß im Rahmen der
Mitgliederversammlung der DiözesanArbeitsgemeinschaft statt. Engler führt
die Arbeitsgemeinschaft seit ihrer
Gründung im Jahr 2005.
Egon Engler, Vorstand des Caritasverbandes Freiburg-Stadt (Foto),
ist als Vorsitzender der DiözesanArbeitsgemeinschaft (DiAG) „Behin-
32 news / caritas-mitteilungen / 1-2016
Zum stellvertretenden Vorsitzenden
bestimmte die Versammlung Martin
Riegraf, Vorstandsvorsitzender des
Caritasverbandes Hochrhein. Als weitere Mitglieder wurden in den Vorstand
der Diözesan-Arbeitsgemeinschaft
gewählt: Birgit Ackermann (Vorständin
des St. Josefshauses Herten), Matthias Fenger (Vorstandsvorsitzender des
Caritasverbandes für den Tauberkreis),
Wolfgang Heintschel (Geschäftsführer
des Caritasverbandes Singen-Hegau)
und Gudrun Schemel (Geschäftsfüh-
rerin des Caritasverbandes für den
Landkreis Lörrach).
Inhaltlich beschäftigte sich die Mitgliederversammlung im ersten Teil
mit dem Thema Inklusion. Vorgestellt
wurden vier Praxisbeispiele aus dem
Weiterbildungskurs „Kompetent durch
Inklusion“ der Fortbildungsakademie
des Deutschen Caritasverbandes. Im
zweiten Teil folgten Berichte aus der Arbeit des Vorstandes und den Leitungskreisen der Gemeindepsychiatrie und
Behindertenhilfe.
In der DiAG „Behindertenhilfe und
Gemeindepsychiatrie“ sind die 27 örtlichen Caritasverbände, die Dienste und
Einrichtungen in diesem Fachbereich
anbieten, sowie das St. Josefshaus
Herten vertreten. Die Arbeitsgemeinschaft dient dem fachlichen Austausch
und zur Interessensvertretung. (tom)
cv-praxis
Entbürokratisierung der Pflegedokumentation
Diözesan-Caritasverband unterstützt 16 Einrichtungen
bei der Einführung des neuen Strukturmodells
Die neue, entbürokratisierte Pflegedokumentation mit der strukturierten Informationssammlung als Kern
stellt die Bedürfnisse der Pflegebedürftigen in den Mittelpunkt und
befreit Pflegende von überflüssigen
Routineeintragungen.
Der Caritasverband für die Erzdiözese
Freiburg, unter Federführung von Ingrid
Nickert-Stude (Abteilung Gesundheitsund Altenhilfe), unterstützt die bundesweite Implementierung dieses Projektes und
hat sich mit 16 interessierten Einrichtungen auf dem Weg gemacht, das neue
Strukturmodell in die Praxis zu bringen.
Die Bundeskampagne „Entbürokratisierung in der Pflege“ hat zur Entwicklung
des „Strukturmodells“ geführt. Es wurde von einem Team um die damalige
Ombudsfrau Elisabeth Beikirch entwickelt und in ausgewählten Einrichtungen erprobt. Anfang 2015 war der Start
für eine bundesweite Implementierung
aller interessierten Einrichtungen.
Ebenen zu spüren war, an der Problemlösung mitzuwirken.
Unterstützung bei der Implementierung
in jeder Einrichtung angeboten.
Diese Erkenntnisse boten die Grundlage für das Projekt des DiözesanCaritasverbandes. Die teilnehmenden
Einrichtungen haben sich im Vorfeld mit
den Projektergebnissen des Bundesprojektes auseinander gesetzt und auf
Trägerebene die Entscheidung für eine
Teilnahme getroffen.
Das Fazit der qualifizierten Multiplikatoren lässt sich wie folgt zusammenfassen: Der Umfang der neuen Pflegedokumentation ist sehr überschaubar und
rechtlich umschrieben, die Dokumentation erfasst die Bedürfnisse der Pflegebedürftigen, die häufigsten Risiken
werden direkt erfasst und die Dokumentation kann vom interdisziplinären
Team genutzt werden.
Schwerpunkt des Projektes war die
Qualifizierung von Multiplikatoren, die für
die Einführung des Strukturmodells in
der jeweiligen Einrichtung verantwortlich
sind. Sie sollen die Implementierung
konstruktiv und motivierend vorantreiben
und alle Mitarbeitenden in der Anwendung des Strukturmodells schulen. Für
die Implementierung wurde ein individueller Projektplan entwickelt.
Die Schulung der Multiplikatoren
hatte einen zeitlichen Umfang von drei
Tagen. Zusätzlich wurden Trainings zur
Dokumentenanalyse, Fallberatung und
Ingrid Nickert-Stude
nnn
Im Juni 2016 gibt es eine Neuauflage des Projektes. Interessierte Einrichtungen können sich bei Ingrid
Nickert-Stude, Abteilung Gesundheits- und Altenhilfe, Telefon 0761
8974-226, E-Mail: nickert-stude@
caritas-dicv-fr.de melden.
nnn
Die wichtigsten Ziele des Strukturmodells sind die Rückbesinnung auf die
fachliche Kompetenz der Pflegefachkräfte, die Konzentration auf die Perspektive der Pflegebedürftigen und die
Begrenzung der schriftlichen Darstellung
des Pflegeprozesses. Dies bedeutet für
den Pflegealltag: Mehr Zeit für die Pflegebedürftigen, Entlastung der Mitarbeitenden und Abbau von Bürokratie.
Im Praxistestes waren diejenigen
Einrichtungen erfolgreich, die die
Grundprinzipien des Strukturmodells
intern reflektiert und erprobt haben und
bei denen Entschlossenheit auf allen
Das Fazit der geschulten Multiplikatoren: Der Umfang
der neuen Pflegedokumentation ist sehr überschaubar.
news / caritas-mitteilungen / 1-2016 33
c v- p ra x is
Abschied von einem Visionär
Norbert Scheiwe nach 27 Jahren als Gesamtleiter des Christophorus-Jugendwerks
in den Ruhestand verabschiedet – Nachfolger ist Thomas Köck
Mit einem Dankgottesdienst in der
Kirche St. Stephanus und einem
großen Fest in der prall gefüllten
Tuniberghalle in Oberrimsingen
wurde Anfang des Jahres der
langjährige Leiter des Christophorus-Jugendwerks Oberrimsingen
Norbert Scheiwe in den Ruhestand
verabschiedet.
27 Jahre trug er die Gesamtverantwortung für die Jugendhilfereinrichtung des
Caritasverbandes für die Erzdiözese
Freiburg. Zum Ende des vergangenen
Jahres ist er aus dem aktiven Dienst
ausgeschieden. Scheiwes Nachfolger
ist Thomas Köck, seit 2013 stelltretender Gesamtleiter des Jugendwerks.
Norbert Scheiwe war insgesamt 30
Jahre im Diözesan-Caritasverband
Freiburg tätig und hat die Entwicklung
des Christophorus-Jugendwerks von
der klassischen Erziehungshilfeeinrichtung zu einem Zentrum differenzierter Hilfe für junge benachteiligte
Menschen in besonderen Lebenssituationen maßgeblich vorangetrieben.
Diözesan-Caritasdirektor Bernhard
Appel würdigte ihn bei der Verabschiedung als einen Visionär, der das
Christophorus-Jugendwerk nachhaltig
zu einer bundesweit anerkannten und
angesehenen Einrichtung der Jugendhilfe weiterentwickelt habe. Scheiwe
habe eine völlig neue Sicht der Pädagogik umgesetzt, so Appel: „Von der
klassischen Erziehungshilfeeinrichtung
für benachteiligte junge Menschen hin
zu individuellen, differenzierten Förderung mit dem Ziel, die Ressourcen des
Einzelnen heraus zu kitzeln und ihm zu
helfen, Selbstwertgefühl zu entwickeln.“
Die Arbeit mit jungen Menschen sei
Scheiwe, der zunächst eine Lehre zum
Bankkaufmann absolviert hatte, bevor
er sich der sozialen Arbeit zuwandte,
immer ein Herzensanliegen gewesen.
Herzliche Worte der Anerkennung und des Dankes richtete Diözesan-Caritasdirektor Bernhard Appel
an Norbert Scheiwe und seine Frau.
34 news / caritas-mitteilungen / 1-2016
„Dies hat er vielfältiger Form bewiesen“,
betonte Bernhard Appel.
In den 27 Jahren als Gesamtleiter
hat Scheiwe zahlreiche Projekte und
Initiativen angestoßen. Zu der bereits
von Erich Kiehn, dem Gründer des
Jugendwerks, eingerichteten staatlich anerkannten Schule und zu den
Ausbildungswerkstätten ist unter
Scheiwes Verantwortung eine Vielzahl
weiterer Angebote entwickelt worden.
Sie haben die Einrichtung zu dem gemacht, was sie heute in der Fachwelt
darstellt. Dazu zählt unter anderem
die individualpädagogische Projektarbeit, die das Jugendwerk in Deutschland, aber auch in Europa und in
außereuropäischen Ländern betreibt.
Junge Menschen, die vom bestehenden Netz des Hilfesystems nicht mehr
aufgefangen werden können, erhalten
in diesen Projekten mit individuell
zugeschnittenen Hilfekonzepten
Chancen für einen neuen Anfang. Ein
weiterer großer Leistungsbereich, der
unter der Leitung von Norbert Scheiwe aufgebaut wurde, ist die FlexFernschule. Sie ermöglicht jährlich
rund 75 jungen Menschen erfolgreich
einen Hauptschul- oder Realschulabschluss.
Für sein vielfältiges Engagement ist
Norbert Scheiwe mehrfach geehrt worden, unter anderem mit dem Bundesverdienstkreuz und der Auszeichnung
des Landes Baden-Württemberg als
„Übermorgenmacher“. Diözesan-Caritasdirektor Bernhard Appel überreichte
ihm als Dankeschön für sein unermüdliches und innovatives Wirken die
Nachbildung des Posaunenengels vom
Freiburger Münster und eine Dankurkunde von Erzbischof Stephan Burger.
cv-praxis
Bis auf den letzten Platz gefüllt: Weggefährten, Freunde und Angehörige des Christophorus-Jugendwerks verabschiedeten Norbert Scheiwe in den Ruhestand.
Herzliche Dankesworte richtete auch
der Geschäftsführer des Bundesverbandes der katholischen Einrichtungen und Dienste der Erziehungshilfen
(BVKE), Stephan Hiller, an den scheidenden Chef des ChristophorusJugendwerks. Norbert Scheiwe habe
durch seine engagierte Mitarbeit im
Bundesverband viele weiterführende
Impulse gegeben. Kein Weg sei ihm zu
weit oder zu viel gewesen, sagte Hiller.
In seinen abschließenden Dankesworten sprach Scheiwe selbst vom Glück,
das ihm im privaten wie beruflichen
Leben immer wieder zuteil geworden
sei. Die Erziehungshilfe sei kein leichtes
„Geschäft“, aber er sei sich sicher, dass
die Zukunft des Christophorus-Jugendwerks bei seinem Nachfolger Thomas
Köck in guten Händen liege.
Thomas Köck, der die Gesamtleitung
zum Jahresbeginn übernommen hat,
hat in den vergangenen Jahren viel
Erfahrung mit den jungen Menschen
im Jugendwerk gesammelt und zuletzt
auch verantwortlich mitgestaltet. Unter
anderem war er maßgeblich für den
Aufbau von Hilfen für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge im Jugendwerk
zuständig.
Thomas Maier
Abscheu vor Ausgegrenztheit
Rückblick auf 27 Jahre im Christophorus-Jugendwerk:
Ein Gespräch mit Norbert Scheiwe
Welche Erfahrung, welches Erlebnis in Ihrer 27-jährigen Tätigkeit als
Gesamtleiter des Christophorus Jugendwerks ist Ihnen am eindringlichsten in Erinnerung geblieben?
Scheiwe: Was mich persönlich und
emotional am meisten betroffen hat, ist
der Tod von drei Jugendlichen. Das ist
für mich die eindrücklichste und auch
schwierigste Situation gewesen, die mir
nie aus dem Kopf geht und mich auch
an meine eigenen Grenzen gebracht
hat. Denn unsere Jugendhilfeperspektive ist ja das Leben, die Entwicklung im
Leben. Allerdings gehören dazu auch
Grenzen. Diese Situation hat mir dies
noch einmal sehr deutlich gemacht.
Was war die größte Herausforderung im Blick auf Ihre Leitungsverantwortung, die Sie zu meistern
hatten?
Am Schwierigsten war der Einstieg
in die Einrichtung, die Akzeptanz der
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu
gewinnen. Dazu gehörte auch die
Bewältigung der damals wirtschaftlich
schwierigen Situation des Jugendwerks,
verbunden mit einer strukturellen und
konzeptionellen Weiterentwicklung. Die
ersten Jahre waren sehr, sehr schwer.
Warum war es so schwer?
Ich will es mit einem Bild sagen: auf
der einen Seite den bestehenden Wald
abzuholzen und das Holz wirtschaftlich
einigermaßen gut zu verkaufen, und
news / caritas-mitteilungen / 1-2016 35
c v - p ra x is
Was würden Sie als Meilenstein in
den 27 Jahren Ihrer Gestaltungstätigkeit bezeichnen?
Norbert Scheiwe war von
1988 bis 2015 Gesamtleiter
des Christophorus-Jugendwerks Oberrimsingen.
auf der anderen Seite neue Bäume zu
pflanzen, dabei zugleich den Eindruck
zu erwecken, dass das alte Holz zwar
gut war und ist, das neue Holz aber
noch besser wird. Es war schwierig,
prospektiv und positiv etwas Neues
und Innovatives zu entwickeln, ohne
in der Wahrnehmung anderer gleichsam den Stab über das Bisherige zu
brechen.
Gab es gute, beglückende Erfahrungen?
Da gibt es ganz viele Momente. Ich
erinnere mich an viele tolle Gespräche
mit Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen.
Ich erinnere mich, wie ich mit einer
jugendlichen Gruppe auf dem Pilgerweg nach Le Puy eingezogen bin und
die Kirche zum ersten Mal gesehen
habe, den Hügel dort über der Marienstatue und wie wir gesagt haben,
jetzt schaffen wir es. Oder wie ich mit
Jugendlichen die Gelegenheit hatte,
viel miteinander zu sprechen über
eigene Möglichkeiten. Das abendliche
Zusammensein mit den Jugendlichen,
aber auch die verbandliche Arbeit, die
Vertretungsperspektiven, die Kollegen, der Austausch mit ihnen. Da gibt
es ganz viele Momente, die ich sehr
positiv in Erinnerung behalten werde.
Die Gestaltungsmöglichkeit, die so
ein Arbeitsfeld hat, ist etwas ganz
Wunderbares.
36 news / caritas-mitteilungen / 1-2016
Ich glaube, es sind die Anfänge: nämlich immer zu versuchen die Bedürfnisse und die Bedarfe rechtzeitig zu
erspüren. Also im Vorfeld zu überlegen,
was brauchen Menschen, was ist
für die Jugendlichen wichtig und wie
stimmen wir unsere Mitarbeiter, unsere
Strukturen und Konzepte auf diese
Bedürfnisse ein. Ich nenne das Thema
Partizipation, das Thema Kinderschutz,
das Thema Erlebnispädagogik. Wichtig
ist, all diese Felder nicht erst dann zu
bearbeiten, weil es ein Gesetz fordert
oder weil es fachlich gerade aktuell ist,
sondern sie zu erspüren im Hinblick
darauf, was das Bedürfnis von Menschen ist.
Was war und ist das Elixier, das Sie
antreibt?
Ich würde sagen der Abscheu vor
Ausgegrenztheit. Denn ich denke, es
ist das Allerschlimmste, ausgegrenzt,
nicht Teil einer Gemeinschaft zu sein,
egal von welcher Gemeinschaft. Der
Mensch ist ein Wesen, das auf diese
soziale Perspektive angewiesen ist.
Und da kommt eine sozialpolitische
Dimension für mich dazu, die heißt Teilhabe. Also nicht nur nicht in der Ecke
stehen, sondern an den Aktivitäten
und Möglichkeiten, die unser Leben,
unsere Gesellschaft bieten, teilzuhaben.
Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Es
kommt natürlich auch aus persönlichen
Erfahrungen in meinem Leben, dass
man dann ganz gut teilhaben kann,
wenn Menschen einem beistehen und
unterstützen.
Gefragt war also Pioniergeist…
Ja, und ein bisschen Risikobereitschaft,
nicht nur darüber zu reden, sondern
einfach zu tun. Einer meiner Grundsätze war immer, man muss Dinge
einfach tun, und wenn wir einen Fehler
machen, dann machen wir ihn. Aber
Fehler sind ja erst einmal nichts grundsätzlich Schlechtes, sondern daraus
kann man ganz viel lernen. Also nicht
Dinge nicht tun, weil man es falsch
machen könnte, sondern Dinge tun,
weil sie notwendig sind und wenn man
sie falsch macht, schauen, dass man
sie richtiger macht.
Wie haben Sie in diesem Zusammenhang die Zusammenarbeit mit
dem Diözesan-Caritasverband als
Träger des Christophorus Jugendwerks erlebt?
In der Regel waren wir immer sehr
partnerschaftlich. Einmal braucht man
jemand, der schiebt, einmal jemand,
der drückt und der zieht. Oder auch einen, der den anderen ziehen lässt. Das
habe ich im Verband schon so gespürt,
dass diese tragende Zusammenarbeit,
diese Möglichkeit zur Kommunikation,
auch das Aufleben und die Umsetzung
fachlicher Dimensionen immer kein
grundsätzliches Problem war.
Was braucht es aus Ihrer Sicht an
gesellschaftlichen Voraussetzungen, vielleicht auch Veränderungen, damit Jugendliche in schwierigen Situationen nicht völlig ins
Abseits geraten?
Geduld, viel Toleranz und ganz viel
Wohlwollen diesen Menschen gegenüber. Und der Glaube an ihre Fähigkeiten und ihre Möglichkeiten. Denn es
gibt es nicht, dass ein Mensch nichts
kann. Diesen Schatz zu entdecken
und einzubringen in unser Leben und
unsere Strukturen, ist die wichtigste
Aufgabe. Das ist übrigens die wichtigste Aufgabe aller Eltern und keine
spezifische nur der Jugendhilfe.
Seit Beginn dieses Jahres sind Sie
jetzt im Ruhestand. Was machen
Sie mit der Zeit, die Sie jetzt haben?
Man legt ja seine caritätische Grundstruktur nicht ab, nur weil die Finanzierungsform sich ändert. Was mir gut
tut, ist das Abgeben der Verantwortung
für diesen Bereich. Das empfinde ich
als einen sehr großen Schritt in eine
neue Freiheit. Aber natürlich habe ich
auch schon in meiner aktiven Zeit als
Leiter des Jugendwerks eine Reihe von
cv-praxis
Dingen immer nebenbei gemacht. Ich
habe ein Kinderhilfswerk gegründet in
Indien, ich bin im Jakobswegbereich
ziemlich intensiv tätig. Mich interessiert
der europäische Gedanke der Erziehungshilfen sehr stark und wir haben
in Spanien ein Kontemplationshaus,
ein Ruhehaus für Jugendliche entwi-
ckelt und ich werde mich natürlich in
diesen Bereichen weiter engagieren.
Ein Schwerpunkt wird sicherlich in
Indien liegen. Da gründen wir zurzeit
gerade eine Frauenuniversität mit einer
Ordensgemeinschaft zusammen. Bei
all dem werde ich im Ruhestand auf die
nötige Balance achten und auch einmal
ganz gerne auf dem Sofa sitzen oder
auf der Terrasse, ein Glas Rosé trinken
und einfach nichts machen und nur
nachdenken.
Interview: Thomas Maier
Gemeinsame Messepräsentation zur kirchlichen
Erzieher(-innen)ausbildung in Karlsruhe
Unter dem Motto „lebendig und
vielfältig“ präsentierten sich erstmals
gemeinsam alle kirchlichen (katholische und evangelische) Träger und
Fachschulen, die Erzieherinnen und
Erzieher im Stadtgebiet Karlsruhe
ausbilden, an einem Messestand auf
der Karlsruher Ausbildungsmesse
„Einstieg Beruf“.
„Einstieg Beruf“ ist die größte Regionale Messe für berufliche Ausbildung,
an der sich über 280 Unternehmen
und schulische Ausbildungsstätten
aus der gesamten Technologie-Region
Karlsruhe beteiligten. Der 15 Meter
lange Messestand (Foto) hob sich
durch seine Größe von vielen ande-
ren Ständen ab und machte somit
deutlich, dass kirchliche Kindertagesstätten in Karlsruhe ein großes
Potential haben. Zukünftige Auszubildende hatten die Möglichkeit sich
umfangreich über den Ausbildungsberuf Erzieherin/Erzieher zu informieren
und Kontakte sowohl zu den beiden
kirchlichen Fachschulen, als auch zu
den vier Kindergartenträgern vor Ort
zu knüpfen.
Am Messestand präsentierten sich die
Evangelische Fachschule für Sozialpädagogik Bethlehem, die Katholische Fachschule für Sozialpädagogik
Agneshaus, der Caritasverband
Karlsruhe, die Evangelische Kirchen-
verwaltung Karlsruhe, die Katholische
Gesamtkirchengemeinde Karlsruhe
und der Sozialdienst katholischer
Frauen Karlsruhe. (can)
Aus den Fachverbänden
„Weihnachten mal anders“
Wertvoll und beispielgebend: Ein Leuchtturm des CKD-Projekts „Neue Wege
ehrenamtlichen Engagements“ in Villingen
Ein Leuchtturm des von der Glücks-
St. Lioba in Villingen statt. Rund
spirale geförderten CKD-Projekts
60 Menschen folgten am späten
„Neue Wege ehrenamtlichen
Nachmittag des 24. Dezember
Engagements“ war die Veranstal-
der Einladung, diesen emotional
tung „Weihnachten mal anders“ zu
hochsensiblen Abend gemeinsam
Heilig Abend 2015. Diese beson-
zu verbringen.
dere Feier fand im Tagesstüble
Eingeladen waren Menschen, die
diesen Abend anders als bisher erleben
wollten, weil sie einsam und allein
waren oder Lust hatten, etwas neues
zu probieren, wie etwa Alleinlebende,
Alleinerziehende, einkommensschwache Menschen und Menschen, die an
diesem Abend auch mit ihren Familien
news / caritas-mitteilungen / 1-2016 37
c v- p ra x is
und Geschichtenerzählen. Dank vieler
bereitwilliger Sponsoren gab es auch
Geschenke für alle Teilnehmenden. Für
eingeschränkt mobile Menschen war
ein Fahrdienst eingerichtet worden.
Die Beteiligung vieler Menschen war in der Vorbereitung anregend und anstrengend. Am Ende feierten
alle einen Heiligen Abend, der alle Beteiligten mit großer Freude erfüllte.
in Gesellschaft sein wollten. Die potentiellen Teilnehmer wurden sehr frühzeitig in die Vorbereitung miteinbezogen.
Denn von Anfang an war das Ziel,
nicht für, sondern mit den Menschen
vorzubereiten, um deren Wünschen
und Bedürfnissen am Heiligen Abend
Rechnung zu tragen. „Ich möchte an
diesem Abend denen ein Stück Heimat
geben, die keine haben!“ sagte einer
der Beteiligten, der selbst lange Zeit
obdachlos war. „Viele haben mir geholfen, jetzt kann ich etwas zurückgeben.
Das tut gut.“
Die Beteiligung vieler Menschen führte
zu einer anregenden und anstrengen-
den Vorbereitungszeit, die auch
gelegentlich eine Herausforderung für
die Verantwortlichen war. Am Ende
gelang ein Fest, das alle Beteiligten
mit großer Freude erfüllte. Es begann
leise und verhalten, aber im Laufe des
Abends „war die Stimmung so gut,
dass ich trotz Mikrophon Mühe hatte
mir Gehör zu verschaffen“, berichtet
Antonia Berberich, die verantwortliche
Mitarbeiterin der Stabsstelle Gemeindecaritas im Caritasverband für den
Schwarzwald-Baar-Kreis. Zum Gelingen wesentlich beigetragen hat sicher
das leckere Mehrgänge-Menü, die
liebevoll vorbereitete Dekoration des
Raumes und das gemeinsame Singen
Das Projekt entstand auf Initiative
der Stabsstelle Gemeindecaritas im
Caritasverband für den SchwarzwaldBaar-Kreis gemeinsam mit ehrenamtlich engagierten Mitarbeiterinnen der
Caritas-Konferenzen der Seelsorgeeinheit Villingen und zahlreichen Kooperationspartnern wie etwa Vertretern des
Sozialdienstes katholischer Frauen,
des Diakonischen Werks, des DRK und
weiterer Verbände und Einrichtungen.
Finanziell unterstützt wurde es durch
Fördermittel des Erzbischöfliche Seelsorgeamtes Freiburg und des Dekanats Schwarzwald-Baar.
Für alle Beteiligten war die Erfahrung, dass mit Vertretern von vielen
verschiedenen Gruppen, Initiativen,
Verbänden und Einrichtungen trotz
aller Unterschiedlichkeit eine gute Kooperation gelingen kann, wertvoll und
beispielgebend für künftige Initiativen.
Das Projekt „Weihnachten mal anders“ schließt eine Angebotslücke im
Sozialraum der Stadt Villingen. Ob es
weitergeführt wird, hängt aufgrund des
hohen Aufwands davon ab, ob sich für
Weihnachten 2016 erneut Verantwortliche finden.
Regina Kebekus/Antonia Berberich
Unterstützung für Malteser Kinderhospizdienst
Die Familie-Bretz-Stiftung aus
Freiburg hat dem ambulanten Kinder- und Jugendhospizdienst der
Malteser einen Scheck über 10.000
Euro übergeben. In den Räumen der
Malteser Diözesangeschäftsstelle in
Freiburg überreichte Frank Hummel,
Vorstandsmitglied der Familie-BretzStiftung, einen symbolischen Scheck
an die Malteser Diözesanleiterin Elisabeth Freifrau Spies von Büllesheim
und die Kinder- und Jugendhospiz-
38 news / caritas-mitteilungen / 1-2016
dienstmitarbeiterin Ulrike Kohler.
Der ambulante Kinder- und Jugendhospizdienst der Malteser in Freiburg
und Breisgau-Hochschwarzwald
feiert in diesem Jahr sein fünfjähriges
Bestehen. Im Sommer 2011 wurde der
ehrenamtliche Dienst gegründet und
seitdem von 37 Familien in Anspruch
genommen.Die ehrenamtlichen Hospizdienstmitarbeitenden sind gern gesehene Gesprächspartner für die Eltern,
sie betreuen das kranke Kind zu Hause
und nehmen sich für die Geschwisterkinder Zeit.
„Wir sind Teil eines großen Netzwerkes, das eine Familie benötigt, die
ein schwerkrankes Kind zu Hause
betreut“, sagt die Koordinatorin des
Dienstes, Ulrike Kohler. „Jede Familie, unabhängig von Konfession
oder Nationalität, deren Kind an einer
lebensverkürzenden Krankheit leidet,
cv-praxis
Tag mit Brunch für alle Familien samt
Geschwisterkindern, werden durch die
Spende ermöglicht.
kann sich an uns wenden. Unser
Dienst ist für die Familie kostenlos.“
Aktuell begleiten die 20 ehrenamtlichen
Mitarbeiterinnen elf Familien. Die Spende wird unter anderem für die Aus- und
Weiterbildung der ehrenamtlichen
Kinder- und Jugendhospizdienstmitarbeiter verwendet. Auch besondere Aktionen, wie zum Beispiel ein Bauernhof-
Insgesamt gibt es in der Erzdiözese
Freiburg drei ambulante Kinder- und
Jugendhospizdienste der Malteser: Neben dem Dienst in Freiburg, BreisgauHochschwarzwald, kümmern sich
Mitarbeiterinnen im Main-Tauber-Kreis
und in Sigmaringen um schwerkranke
Kinder.
Das Bild zeigt Frank Hummel, Vorstandsmitglied der Familie-BretzStiftung (Mitte), die Malteser Diözesanleiterin Elisabeth Freifrau Spies von
Büllesheim (links) und Kinder- und
Jugendhospizdienst-Koordinatorin
Ulrike Kohler (rechts).
nnn
Kontakt:
Ambulanter Kinder- und
Jugendhospizdienst
Malteser Hilfsdienst e.V.
Heinrich-von-Stephan-Straße 14
79100 Freiburg
Telefon 07 61 - 4 55 25 33
[email protected]
www.malteser-freiburg.de
nnn
Caritasverband Freiburg-Stadt e.V.
Niedrigschwellige Hilfe für Menschen mit
psychischer Erkrankung
Sozialpsychiatrischer Dienst Freiburg in ökumenischer Trägerschaft
besteht seit 25 Jahren
Der Sozialpsychiatrische Dienst
(SpDi) in Freiburg hat sein 25-jähriges Bestehen gefeiert. Er wird
gemeinsam getragen vom Caritasverband Freiburg-Stadt und dem
Diakonischen Werk Freiburg.
Die insgesamt neun sozialen Fachkräfte
des SpDi kümmern sich bei Beratungsterminen, aber auch bei Hausbesuchen, Begleitungen zu Ämtern, Ärzten
und bei Besuchen in Kliniken um die
sozialen Probleme von Menschen mit
einer lang andauernden oder schweren
psychischen Erkrankungen. Oft geht
es um die Sicherung der materiellen
Existenz, die Suche nach Beschäftigungsmöglichkeiten, den Umgang
mit Ämtern, um schwierige Wohnverhältnisse oder gar Wohnungslosigkeit.
Auch Einsamkeit und Erfahrungen,
wegen der Erkrankung abgelehnt zu
werden, machen den Menschen zu
schaffen.
Im letzten Jahr haben sich 747 Menschen an den SpDi gewandt. 300
davon wurden längerfristig unterstützt.
Darunter sind auch viele Angehörige
und weitere Bezugspersonen von
psychisch erkrankten Menschen, denn
auch sie benötigen Unterstützung und
Informationen.
Eine zentrale Bedeutung innerhalb der
Hilfen im SpDi kommt dem niedrigschwelligen Beratungs- und Unterstützungsangebot zu, da hier völlig
formlos, kostenfrei und ohne Antragstellung oder ärztliche Verordnung
Unterstützung in Anspruch genommen
werden kann. Der SpDi arbeitet eng
mit den psychiatrischen Fachärzten,
Kliniken und den anderen Diensten und
Einrichtungen für psychisch erkrankte
Menschen in Freiburg zusammen.
Ferdinand Holyba
news / caritas-mitteilungen / 1-2016 39
c v- p ra x is
Caritasverband Heidelberg e.V.
Ein besonderer Musikgenuss mit Benefit
Das SAP Sinfonieorchester spielte für die Caritas-Aktion „Eine Million Sterne“
Das Orchester eröffnete den Abend
mit der Marseillaise, der französischen
Nationalhymne, und das Publikum
gedachte mit einer Schweigeminute
der Opfer des Terroranschlages von
Paris in der Nacht zuvor. In elf Städten
Baden-Württembergs fand die Aktion
„Eine Million Sterne“ statt und in 83
Städten bundesweit
Die Bläsersektion des SAP Sinfonieorchesters in der voll besetzten Bonifatiuskirche beim
Benefizkonzert anlässlich der Aktion „Eine Million Sterne“ des Caritasverbandes Heidelberg.
Lichter der Hoffnung brannten vor
gab das SAP Sinfonieorchester ein
der Bonifatiuskirche bei der Aktion
Benefizkonzert, um Spenden zu
„Eine Million Sterne“ des Caritas-
sammeln für die Arbeit von Caritas
verbandes Heidelberg zusammen
international und des Caritasver-
mit Caritas international. Dazu
bandes Heidelberg.
Das SAP Sinfonieorchester mit seinem
guten Ruf füllte die Bonifatiuskirche
komplett mit Zuhörern, die einen
besonderen Musikgenuss erleben
konnten. Unter der Leitung von Johanna Weitkamp spielte es von Wolfgang
Amadeus Mozart ein Konzert für Oboe
und Orchester mit Matthias Grünewald
als Solist an der Oboe und ein Konzert
für Flöte, Harfe und Orchester mit den
Solistinnen Doreen Maisch (Flöte) und
Frauke Adomeit (Harfe). Dazu kam
noch eine Serenade für Streichorchester von Antonin Dvorák. Das Sinfonieorchester überzeugte und begeisterte
in allen Teilen und erhielt jeweils lang
anhaltenden Beifall.
Martin Stock
Caritasverband Hochrhein e.V.
Musik als Baustein der Integration
Grenzen überwinden – ein kreatives Chorprojekt in der Gemeinde Rickenbach
Die Idee zu einem dreitägigen
des Musicals „Fremde werden
Musikworkshop Ende Januar 2016
Freunde“ von Reinhard Horn und
entstand im Chorverband Hoch-
Ralf Krenzer, einer Wanderung und
rhein. Beim Musizieren, gemein-
beim gemeinsamen Essen einander
samen Singen und Erarbeiten
kennenlernen – das war Ziel.
40 news / caritas-mitteilungen / 1-2016
Das Stück handelt von zwei Ländern –
den Rotländern und den Gelbländern,
die eine Mauer trennt. Als ein Streit
ausbricht, reißen die Bürger Stück für
Stück die Mauer ein und nähern sich an.
Rotländer und Gelbländer vermischen
sich auch sichtbar auf der Bühne.
cv-praxis
Der Chorverband Hochrhein lud 25
deutsche Kinder und 25 Migrantenkinder im Alter von acht bis 14 Jahren zu
einem kostenlosen Musikwochenende
in die Begegnungsstätte St. Fridolin in
Hütten in der Gemeinde Rickenbach
ein. Ehrenamtliche aus dem Helferkreis
für Flüchtlinge in Rickenbach unterstützten dieses Projekt, in dem sie
unter anderem für die Versorgung und
Verpflegung in der Unterkunft mit Übernachtung sorgten sowie Fahrdienste
besonders am Tag der Aufführung
übernahmen.
Die Aufführung fand am Sonntagnachmittag statt. Die Gemeindehalle in
Willaringen, Gemeinde Rickenbach, war
voller Kinder, Eltern, Ehrengäste und
Neugierige. Die Tische waren liebevoll
von Mitgliedern des Chorverbandes
und anderen Helfern gedeckt, ein üppiges Küchenbuffet und Kaffeeduft luden
zu Gesprächen und Begegnungen ein.
Der Landrat war ebenfalls gekommen wie auch der Bürgermeister von
Rickenbach sowie die Präsidentin
des Chorverbandes Hochrhein. Und
„Fremde werden Freunde“: Das Projekt des Chorverbandes Hochrhein brachte 50 deutsche und Migrantenkinder gemeinsam auf die Bühne.
sie wurden nicht enttäuscht. Der rote
Samtvorhang öffnete sich und 50 Kinder mit strahlenden Augen präsentierten sich auf der Bühne. Immer wieder
gab es großen Beifall. Kleine Tänze und
viele Lieder erzählten die Geschichte des Musicals. Alle Kinder gaben
sich die Hände, tanzten und sangen
gemeinsam.
Kanon gesungen: „Geht einer auf den
andern zu und lädt ihn zu sich ein –
wird keiner auf der großen Welt mehr
ganz alleine sein“.
Ein tolles Projekt mit Nachhaltigkeit, da
einige Kinder richtig Freude am Singen
entdeckt haben und vielleicht als neue
Chormitglieder bei anderen Auftritten
zu bewundern sein werden.
Auch das Publikum wurde einbezogen.
Als letztes Lied wurde von allen ein
Anneli Ahnert
Caritasverband Karlsruhe e.V.
Kino ohne Grenzen
Neue Filmreihe in Karlsruhe für Flüchtlinge und Einheimische
Mit einer monatlich stattfindenden
Filmreihe „Kino ohne Grenzen“
wollen das Kino „Die Kurbel“,
Caritas und Diakonie in Karlsruhe
gemeinsam versuchen, durch das
Medium Film persönliche Begegnungen zwischen der Stadtbevölkerung und den Flüchtlingen zu
ermöglichen.
Der gemeinsame Kinobesuch soll zum
interkulturellen Austausch anregen.
Gezeigt werden Filme, die vorwiegend
aus den Herkunftsländern derjenigen
stammen, die derzeit in Karlsruhe
eine Zuflucht gefunden haben. Die
Filme werden in Originalsprache mit
deutschen oder englischen Untertiteln
gezeigt. In den kommenden Monaten stehen Filme aus dem Iran, dem
Libanon, Nigeria, Kamerun, Serbien
und vielen weiteren Ländern auf dem
Programm.
Entstanden ist die Filmreihe aus einem
intensiven Prozess, an dem hauptamtliche Mitarbeitende der Projektträger
sowie freiwillige Unterstützerinnen und
Unterstützer sowie Studierende des
Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
beteiligt waren. Die Filmreihe „Kino
ohne Grenzen“ ist Teil des von der Verfahrens- und Sozialberatung von Caritasverband und Diakonischem Werk
Karlsruhe organisierten Gesamtprojektes „Vielfalt in Freizeit“. Gefördert wird
das Projekt aus Mitteln des Flüchtlings-
news / caritas-mitteilungen / 1-2016 41
c v- p ra x is
fonds der Stadt Karlsruhe sowie aus Eigenmitteln der Kurbel, des Caritasverbandes und des Diakonischen Werks.
Zusätzlich haben die Kinobesucher die
Möglichkeit, den Fortbestand der Reihe
durch einen freiwilligen Soli-Preis zu
unterstützen.
nnn
Kontakt:
Sebastian Lemke (Caritasverband Karlsruhe e.V.): [email protected]
Sophie Burger (Kurbel Kinogenossenschaft): [email protected]
Informationen zum Projekt: www.kino-ohne-grenzen.de
nnn
Caritas und Karlsruher Hochschulen
kooperieren bei der Kinderbetreuung
Belegplätze für Kinder von Mitarbeitenden im Kinder- und Familienzentrum Sonnensang
Einen Kooperationsvertrag zur
Kinderbetreuung im CaritasFamilienzentrum Sonnensang für
die Mitarbeitenden der Karlsruher
Hochschulen haben deren Vertreter
mit dem Caritasverband Karlsruhe
geschlossen. Kooperationspartner
sind die Pädagogische Hochschule,
die Hochschule Karlsruhe Technik
und Wirtschaft sowie die Duale
Hochschule Baden-Württemberg
Organisation der Kinderbetreuung für
ihre Mitarbeitenden gewinnen können.
In der Moltkestraße stehen in unmittelbarer Nachbarschaft zu den genannten
Hochschulen zunächst fünf Belegplätze
für die Mitarbeitenden aus dem akademischen Bereich und der Verwaltung
als Betriebskindergarten zur Verfügung.
Die Finanzierung wird von der Stadt
Karlsruhe durch Förderung im üblichen
Rahmen unterstützt. Die Kinderbetreuungsgarantie ermöglicht Eltern die
Vereinbarkeit von Beruf und Familie und
ist ein wichtiger Teil der Personalent-
wicklung der Hochschulen. Erweitert
wird das Angebot um zwei betreute
Spielgruppen, in der stundenweise unter Dreijährige versorgt werden. Diese
betreuten Spielgruppen werden von
den drei Mitarbeiterinnen der PH Karlsruhe übernommen, die bisher schon
die Krabbelstube der Pädagogischen
Hochschule Karlsruhe betreut haben.
Die Krabbelgruppe zieht zum 1. April
2016 in den Neubau in der Moltkestraße 5 um und steht studierenden Eltern
und Mitarbeitenden der Hochschulen
dann als Angebot des Caritasverbandes zur Verfügung. (cvk)
Karlsruhe.
Die Karlsruher Caritas betreibt nach
dem Neubau die Kindertagesstätte
Haus Sonnensang seit dem 1. September 2015 wieder in seinen neuen
Räumen in der Moltkestraße 5. Auf
Initiative der Kanzlerin der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe, Ursula
Wöll, und mit Unterstützung des Leiters der Jugend- und Sozialbehörde,
Josef Seekircher, haben die drei Karlsruher Hochschulen, die Pädagogische
Hochschule Karlsruhe, die Hochschule
für Technik und Wirtschaft und die Duale Hochschule Baden-Württemberg
den Caritasverband als Kooperationspartner für die Durchführung und
42 news / caritas-mitteilungen / 1-2016
Sie unterzeichneten den Kooperationsvertrag (v.r.n.l.): Ursula Wöll (Pädagogische Hochschule),
Thomas Keilbach (Duale Hochschule Baden-Württemberg Karlsruhe), Daniela Schweitzer (Hochschule
Karlsruhe Technik und Wirtschaft) sowie Christian Pflaum und Hans-Gerd Köhler (Caritas).
cv-praxis
Dekan Erhard Bechtold und Pfarrer Achim Zerrer (rechts) segneten das Caritas Kinder- und Familienzentrum Sonnengesang.
Ein Ort der Begegnung und Unterstützung
In Karlsruhe wurde das Caritas Kinder- und Familienzentrum Sonnensang eröffnet
Das neue Haus „Kinder- und
Familienzentrum Sonnensang“ ist
Ende November 2015 offiziell seiner
Bestimmung übergeben worden.
Dekan Erhard Bechtold und Pfarrer
Achim Zerrer segneten die Einrichtung.
Das Kinder- und Familienzentrum Sonnensang ist eine Kindertagesstätte mit
Krippe, Familienzentrum und Schülerhort für Kinder im Alter von ein bis 14
Jahren. Auf dem rund 3.100 Quadratmeter großen Grundstück steht ein
modernes viergeschossiges Gebäude,
das etwa 6.600 Quadratmeter Nutzfläche bietet. Die Kindertagesstätte ist im
ersten Obergeschoss untergebracht.
Die Krippe und das Familienzentrum
liegen im Erdgeschoss. Im Dachge-
schoss befindet sich die Caritas-Verbandszentrale.
Die Kindertagesstätte besteht aus
vier Kitagruppen für Kinder im Alter
von drei bis sechs Jahren, mit je 20
Kindern, bei einer Öffnungszeit von
6.30 Uhr bis 18.30 Uhr. Die Krippe
im Erdgeschoss besteht aus drei
Gruppen für Kinder im Alter von ein
bis drei Jahren. Geöffnet hat sie von
7.30 Uhr bis 16.30 Uhr. Zwei Hortgruppen für Schulkinder sind extern
in der untergebracht. Ausgestattet ist
das Haus mit einer eigenen Küche, die
kindgerechte und gesundheitsbewusste Mahlzeiten zubereitet. Die Kinder
nehmen die Mahlzeiten im Kinderrestaurant im Erdgeschoss ein.
Als Kooperationspartner übernimmt der
Caritasverband Karlsruhe die Verantwortung für die außerschulischen,
bedarfsgerechten Angebote. Damit
wird die Betreuung der Kinder, über
die kostenfreie Betreuungszeit der
Ganztagsschule hinaus, sichergestellt.
Für die Essensversorgung und die
Beaufsichtigung der Ganztagsschulkinder ist ebenfalls der Caritasverband
verantwortlich und bietet im Bistro des
Kinder- und Familienzentrums die Möglichkeit zur Mittagsverpflegung.
Neu im Haus ist das Familienzentrum,
als ein Ort der Begegnung, Kommunikation, Beratung, Unterstützung,
Bildung für Familien mit Kindern und
Menschen verschiedener Generationen
aus dem Sozialraum. Die Räumlichkeiten des Familienzentrums können für
Familienfeiern, Einzelveranstaltungen,
Seminare und Tagungen gemietet
werden.
Stefanie Schmeck
news / caritas-mitteilungen / 1-2016 43
c v- p ra x is
Caritasverband Konstanz e.V.
Freuen sich über eine gelungene Investition in ein integratives Wohnprojekt (v.l.): Werner Messmer und die beiden
Vorstände der Konstanzer Caritas, Andreas Hoffmann und Matthias Ehret.
Investition mit sozialem Bezug in der
Stadtmitte
Werner und Erika Messmer-Stiftung realisiert in Radolfzell zusammen
mit der Caritas ein integratives Wohnbauprojekt
Pünktlich zum Ende des Jahres
2015 konnten die Mieter das neue
soziale Wohnprojekt der Werner
und Erika Messmer-Stiftung in
Radolfzell beziehen. In nur 14-monatiger Bauzeit entstand ein Haus
in zentrale Lage mit 17 Wohnungen,
Wohnung zu finden. In Radolfzell haben
die Werner und Erika Messmer-Stiftung
und der Caritasverband Konstanz hier
ein wenig Abhilfe geschaffen mit einem
Haus, das barrierefrei und behindertengerecht gestaltet wurde, in dem
Menschen mit Unterstützungsbedarf
ambulant betreut werden und wo Menschen mit und ohne Behinderungen
nun zusammen leben können.
Tiefgaragen und zwei Gewerbeeinheiten im Erdgeschoss.
Am 22. Dezember konnte das Architekturbüro Riede aus Singen und der
bauleitende Architekt Thomas Kauter
im Beisein zahlreicher Gäste das sehr
freundlich gestaltete Mehrfamilienhaus an den Stifter Werner Messmer
übergeben. Symbolisch nahm Werner Messmer mit Stolz und Rührung
den Schlüssel für das neue Gebäude
entgegen.
Wohnraum am Bodensee ist knapp,
und besonders schwer haben es
Menschen mit einer Behinderung, eine
44 news / caritas-mitteilungen / 1-2016
Ziel des Projektes ist es, Menschen mit
und ohne Behinderung eine gleichberechtigte Teilhabe im gesellschaftlichen
Leben zu bieten. Angeboten werden
Wohnungen für Familien, Paare, Einzelpersonen aller Altersstufen, die ein Interesse an einem guten nachbarschaftlichen Miteinander haben und denen
das Thema Behinderung nicht fremd
ist. Das Haus bietet für Menschen mit
geistiger Behinderung die Möglichkeit,
alleine oder gemeinsam in kleineren
Wohnungen oder Wohngemeinschaften relativ selbständig zu leben. Assistenz- und Unterstützungsleistungen
können individuell und unabhängig in
Anspruch genommen werden.
Der hieraus resultierende soziale Charakter passt gut zur Werner und Erika
Messmer-Stiftung. Die Stiftung hat
insgesamt 4,5 Millionen Euro investiert
und vermietet die gesamte Wohnanlage an den Caritasverband Konstanz.
Das Gesamtmanagement für die
Wohnanlage liegt in der Verantwortung
des Caritasverbandes.
Matthias Ehret, Vorstand des Caritasverbandes, wünscht sich für das
Wohnprojekt Menschen mit Neugier,
die Offenheit und Toleranz mitbringen,
sozial eingestellt sind und für die das
Miteinander einen hohen Stellenwert
hat. Ein Begegnungsraum im Haus
bietet hierfür einen willkommenen Rahmen. Vielfältige Nutzungsmöglichkeiten
wie Spiele-und Bastelnachmittage,
feiern und geselliges Beisammensein
sind denkbar und stehen allen Bewohnern offen. Erfreulich für den Caritasverband war die Nachfrage, denn alle
Wohn-und Geschäftseinheiten sind ab
Jahresanfang vermietet. (can)
cv-praxis
Caritasverband Mannheim e.V.
Hilfe für schwer erkrankte Kinder und deren
Familien
Clara und Kinderklinik: „CliKK“ begleitet Betroffene bereits ab der Diagnose
Mit einer Feierstunde haben die
Kinderklinik der Universitätsmedizin
Mannheim (UMM) und der ökumenische Kinder- und Jugendhospizdienst CLARA ihr gemeinsames
Projekt „CliKK“ gestartet: „Clara
in der Kinderklinik“ bietet lebensbedrohlich erkrankten Kindern und
deren Familien eine begleitende
Unterstützung durch sorgfältig
geschulte Ehrenamtliche bereits in
der Klinik an. Die Begleitung erfolgt
kostenlos und konfessionsunabhängig.
CliKK schließe eine wichtige Lücke
zwischen medizinisch-therapeutischer
Behandlung und seelsorgerischer
Begleitung, betonte Matthias Dürken,
Oberarzt der Kinderklinik. „Auf der
einen Seite steht die hochprofessionelle
medizinische Behandlung. Und auf der
anderen Seite sehen wir das Defizit,
was die seelische Begleitung der ganzen Familie anbelangt“, sagte Dürken.
Denn die Krankenhausseelsorge, die
psychosoziale Betreuung, die Besuchsdienste und lediglich eine Psychologenstelle für die ganze Kinderklinik könnten
nicht auffangen, was notwendig sei.
Unterstützung durch das CLARA-Team
sei da sehr hilfreich. Die Kinderklinik
wolle mit CliKK die Akzeptanz ambulanter Hospizdienste stärken, verdeutlichte Dürken.
Möglich wurde CLiKK durch großzügige Spenden, für die sich Professor
Horst Schroten, Direktor der Kinderklinik, auch im Namen der betroffenen
Kinder bedankte. Für das auf zunächst
drei Jahre angelegte Projekt stehen
insgesamt 134.000 Euro zur Verfügung. Den Hauptteil hat mit 84.000
Euro die Else Kröner-Fresenius-Stiftung
gespendet, weitere Unterstützer sind
die Tour der Hoffnung e.V. Bensheim
(35.000 Euro), die Stiftung Christuskirche – Kirche Christi (20.000 Euro) und
der Lions Club mit dem Konzertabend
„Prominente dirigieren“ (5.000 Euro).
Der Ökumenische ambulante Kinderhospizdienst Clara wird getragen vom
Diakonischen Werk und dem Caritasverband Mannheim. (dv)
Unser Foto zeigt (v.l.): Dekan Ralph Hartmann (Evangelische Kirche Mannheim), Renate Schneider und Karl Schneider (Stiftung Christuskirche), Matthias Dürken
(Leiter Kinderklinik), Sigrid Schäfer (Clara-Leiterin), Carolin Kröner (Else Kröner-Fresenius-Stiftung), Ortrud Schaffner (CliKK), Peter Hübinger (Direktor Diakonisches Werk ), Regina Hertlein (Vorstand Caritasverband) und Jürgen Pfliegensdörfer (Tour der Hoffnung).
news / caritas-mitteilungen / 1-2016 45
c v- p ra x is
Caritas eröffnet zweites Hospiz
für Mannheim
Neuer Standort entsteht in Ilvesheim in Zusammenarbeit mit der
Heinrich-Vetter-Stiftung
Künftig haben auch Mannheimer,
die im Süden der Stadt leben, ein
stationäres Hospiz in ihrer Nähe:
Mitte 2017 eröffnet der Caritasverband Mannheim in Ilvesheim das
Hospiz St. Vincent Süd. Damit wird
das bestehende Hospiz St. Vincent
Nord im Stadtteil Waldhof um einen
zweiten Standort erweitert. Dieser entsteht in einem Neubau der
Heinrich-Vetter-Stiftung.
Für 12 Millionen Euro baut die Stiftung
neben ihrer Villa das „Regine-Kaufmann-Haus“, in dem ein Pflegeheim
mit 42 Plätzen, 19 barrierefreie Woh-
nungen und im hinteren Bereich das
Hospiz mit acht Plätzen untergebracht
werden. Neben dem Neubau liegt ein
bereits fertiggestelltes Kinderhaus. „Die
Grundidee war, Alt und Jung zusammenzubringen“, erklärt Professor Peter
Frankenberg, Vorsitzender der Heinrich-Vetter-Stiftung. Die Hospizgäste,
Heimbewohner, Wohnungsmieter und
Kinder werden sich im Skulpturenpark der Stiftung begegnen, den alle
Einrichtungen nutzen dürfen. „Es wird
ein Hospiz im Park“, so Frankenberg.
„Die Sterbenden sehen das Leben um
sich herum.“ Neben dem Hospiz wird
der Caritasverband auch das Pflegeheim betreiben und die Wohnungen
vermieten.
Der Förderverein unter dem Vorsitz von
Roland Hartung, der das Hospiz St.
Vincent unterstützt, wird sich auch für
den neuen Standort im Süden engagieren. Da die Krankenkassen die Pflegekosten im Hospiz nur zu 90 Prozent,
voraussichtlich künftig 95 Prozent,
übernehmen, entsteht ein Defizit, das
im Hospiz St. Vincent aktuell 90.000
bis 140.000 pro Jahr beträgt. Dies
deckt der Förderverein. Darüber hinaus
ermöglicht er zusätzliche Angebote wie
Musiktherapie.
Das Hospiz St. Vincent Süd wird mit
acht Einzelzimmern, zu denen jeweils
ein eigenes Bad gehört, einem Wohnund Essbereich, einer Küche und einem Raum der Stille ausgestattet sein.
Eine große Terrasse wird einen direkten
Zugang in den barrierefrei begehbaren
Skulpturenpark bieten. Baubeginn ist
im Frühjahr 2016. (juk)
Erziehungsberatung: Hohe Zufriedenheit
Gute Noten für die Psychologischen
Beratungsstellen in Mannheim: 98
Prozent der Klienten sind mit der Beratung zufrieden, ebenso viele würden
die Beratungsstellen weiterempfehlen.
Dieses Ergebnis und weitere Kenn-
46 news / caritas-mitteilungen / 1-2016
zahlen haben die Stadt Mannheim, die
Evangelische Kirche und der Caritasverband Mannheim bei der Vorstellung
des gemeinsamen Jahresberichts 2014
präsentiert. Die Psychologischen Beratungsstellen bieten Erziehungsberatung
für Familien, Fachberatung für Erzieherinnen, Prävention, Beratung zum
Kinderschutz und Online-Beratung für
Jugendliche an. Die Hilfe ist kostenlos.
cv-praxis
Caritasverband für den Tauberkreis e.V.
Kulinarische Erinnerungen:
„Wir haben einfach gekocht“
Caritas-Altenpflegeheim Otto-Rauch-Stift in Freudenberg ist Teil
eines bundesweiten Kochbuch-Projekts
Insider wissen: In einem Altenund Pflegeheim ist kein Tag wie
der andere. Dennoch waren es
sehr ungewöhnliche Dinge, die im
April vergangenen Jahres im OttoRauch-Stift in Freudenberg vor sich
gingen und weitreichende Folgen
hatten: Sechs Seniorinnen des
Caritas-Altenpflegeheims schrieben
quasi an einem Kochbuch mit, das
mittlerweile deutschlandweit in der
ersten Auflage vergriffen ist und in
die zweite geht.
Das Otto-Rauch-Stift war als eines
von zwölf Seniorenheimen in Deutschland ausgesucht worden, um sich am
Projekt „kulinarische Erinnerungen“ zu
Gemeinsam wurde geschnippelt und paniert
– und natürlich viel erzählt.
beteiligen. Das Leitungsteam stimmte
zu, die Federführung hatte der Küchenleiter, und Betreuungsassistent und
-assistentinnen fragten bei den alten
Damen im Haus herum, wer denn Lust
habe, bei einem Kochbuch mitzumachen. Sechs Seniorinnen zwischen
75 und 101 Jahren waren bereit, ihre
Lieblingsrezepte kundzutun. Kurze
Zeit später traf eine etwas jüngere
Frauenriege aus Berlin ein: Manuela
Rehn betreibt mit einem Kompagnon
in Berlin das Lebensmittelgeschäft
„Vom Einfachen das Gute“ und berät
mit ihm als „grüneköpfe“ Unternehmen und Marken, Cathrin Brandes ist
Foodbloggerin, Dinner Club-Gründerin
und Autorin mehrerer Bücher rund um
Essen und Trinken. Caro Hoene ist renommierte Porträtfotografin. Die Firma
Transgourmet, einen Speziallieferantin
für Hotellerie, Gastronomie, Betriebsverpflegung und soziale Einrichtungen,
hat das Buchprojekt initiiert und die insgesamt vier Profis (Jörg Reuter gehört
auch dazu) engagiert, um eine Reise zu
deutschen Seniorenheimen zu machen,
Lieblingsrezepte von früher zu erfragen
und gemeinsam zu kochen.
Die drei Damen aus Berlin brachten
einen selbstgebackenen Kuchen nach
Freudenberg mit, und dann wurde
gemeinsam mit den Seniorinnen und
dem Küchenchef des Otto-RauchStifts beratschlagt, welche Leckereien
gekocht werden sollen. Und da fing es
schon an, lustig zu werden. Die Frage
nach Rezepten führte zu Irritationen:
Was ist damit gemeint? Eine 101-Jährige erklärte: „Wir haben einfach
gekocht, ohne Kochbuch und ohne
Rezepte. Wie das funktionierte, hat uns
die Mutter gezeigt. Und die hat es von
ihrer Mutter gelernt.“ So einfach ist die
Sache.
Hier lernt jung von alt: Manuela Rehn, einer der Gäste aus Berlin, arbeitet mit
Rosa-Maria Werner zusammen und hört gern deren Erzählungen zu.
news / caritas-mitteilungen / 1-2016 47
c v - p ra x is
Nach dem vergnüglichen Austausch
zogen die Berlinerinnen los, um die
notwendigen Lebensmittel einzukaufen.
Am nächsten Tag um zehn Uhr ging es
gemeinsam ans Werk. Es wurde gerührt, geschnitten, paniert, die Kartoffeln wurden geschält. Auf dem Speiseplan standen „Zurek“ – ein Gericht aus
Oberschlesien, „Spargel mit Schnitzel“
und „Schneebälle in Vanillesauce“. Alle
packten mit an, und natürlich gab es
dabei viel zu erzählen und zu lachen.
Am Ende konnte man gemeinsam die
leckeren regionalen Gerichte genießen.
Den alten Damen hat das KochbuchProjekt riesige Freude gemacht.
Gemeinsam kulinarische Erfahrungen
von früher austauschen, gemeinsam
schnippeln und kochen. Die Frau,
die das „Rezept“ für die Schneebälle
beigesteuert und kräftig mitgeholfen
hatte, bekannte später: „Ich habe zwei
Tage Kreuzschmerzen gehabt, aber ich
würde es jederzeit wieder machen! Das
hat so viel Spaß gemacht.“
Und die Seniorinnen können stolz auf
sich sein: Das Buch, das als Ergebnis
der Reise zu den zwölf Seniorenheimen
geschrieben und gestaltet wurde, ist
wunderschön geworden. Mittlerweile
wurde es sogar im „ZDF-Morgenmagazin“ vorgestellt und wird im Buchhandel
als Bestseller beworben. Die Berichte
der Besuche in den Heimen sind mit
außerordentlich schönen Portraits der
Seniorinnen und Senioren angereichert,
die Aufnahmen der Gerichte zu den
Rezepten machen regelrecht Appetit.
Und neben den Menüs, die jeweils
gemeinsam gekocht wurden, werden
weitere Gerichte vorgestellt, an die sich
die Besuchten erinnerten. Das Layout
ist sehr übersichtlich, eine klare Schrift
erleichtert das Lesen. Und neben den
reinen Kochanleitungen leben die Texte
von den Berichten und Hintergrundin-
formationen über „Essen früher“, die
die alten Damen und Herren beigesteuert haben.
Im April 2015 war das Recherche-Trio
in Freudenberg, und zur Frankfurter
Buchmesse im Herbst sollte es soweit
sein, das Buch sollte im UmschauVerlag erscheinen. Den Damen aus
dem Otto-Rauch-Stift war versprochen
worden, dass sie jeweils ein Exemplar erhalten sollten. Das Versprechen
wurde eingelöst: Nach der Messe kam
die Delegation wieder in Freudenberg
auf einen Kaffee vorbei und widmete
jedes Exemplar persönlich. Besonders
bewegend: Die älteste der Freudenberger Köchinnen war mittlerweile
verstorben – aber ihr Ausspruch „Wir
haben einfach gekocht“ prangt nun als
Titel auf dem schönen Buch.
Heidemarie Seifert
nnn
Das Buch „Wir haben einfach gekocht. 100 Erinnerungen an Lieblingsrezepte“ von Jörg Reuter, Manuela Rehn, Cathrin Brandes und Caro
Hoene ist im Umschau-Verlag (Neuer Umschau
Verlag, Neustadt an der Weinstraße) erschienen.
Der große Hardcover-Band hat 304 Seiten und
kostet 29,95 Euro. ISBN: 978-3-86528-8059. Die anderen Stationen auf der kulinarischen
Reise sind: Barrien, Berlin, Köthen, Kassel, Dillenburg, Frankfurt am Main, Sinzheim, Nürtingen, Wolfegg, Bad Aibling und Artelshofen. Es
gibt neben dem Buch auch eine gut gestaltete
Homepage mit tollen Fotografien: http://wir-haben-einfach-gekocht.de.
48 news / caritas-mitteilungen / 1-2016
nnn
cv-praxis
Caritasverband für das Dekanat Zollern e.V.
Frohe Gesichter: 10.300 Euro sind bei der HZ-Spendenaktion zusammengekommen. Sie fließen dem Caritas-Projekt „Auszeit“ zu, das bedürftigen Familien aus
Hohenzollern einen Kurzurlaub ermöglichen wird. Unser Bild zeigt (von links) HZ-Volontärin Valerie Eberle, HZ-Redakteur Matthias Badura, Caritas-Geschäftsführer Elmar Schubert und seine Mitarbeiterinnen Caroline Pfriender, Bircan Akkaya, Gabriele Rogowski, Annika Schlaich und Antje Heubach.
Ein Zeichen der Menschlichkeit
Spendenaktion der Hohenzollerischen Zeitung bringt 10.300 Euro
– Caritas sagt Danke
Das sei ein „Hammer“, sagte Elmar
Schubert, Geschäftsführer der Caritas im Dekanat Zollern, sichtlich
überwältigt. 10.300 Euro für sein
Projekt „Auszeit“ – damit hätte er
nie gerechnet.
Auch in der Redaktion der Hohenzollerischen Zeitung (HZ) herrschte angesichts des Ergebnisses leichtes – aber
sehr freudiges – Erstaunen. Spenden
in Höhe von 10.300 Euro waren bei
der HZ-Weihnachtsaktion innerhalb
weniger Wochen eingegangen. Damit
sei es möglich, das Projekt „Auszeit“
zu verwirklichen: einen Kurzurlaub für
bedürftige Familien oder für Familien in
Not. Vielleicht, hofft Schubert, reiche
es sogar für zwei solcher Ausfahrten
über jeweils vier Tage hinweg. Denn,
auch das wollte er die Spender wissen
lassen, man werde mit dem Geld auf
jeden Fall sorgsam und verantwortungsvoll umgehen.
In der Spendenbereitschaft der HZLeser zeigt sich für den Hechinger
Caritas-Geschäftsführer, dass die Bürger
weiterhin bereit sind, sozial Schwächere
zu unterstützen. „Es ist ein Zeichen der
Menschlichkeit, es ist ein Zeichen der
Solidarität und es ist ein Zeichen, dass
unsere Gesellschaft noch immer zusammenhält.“ Das hohe Ergebnis der Aktion,
ist Schubert überzeugt, bestärke die
Spender, im Verbund mit anderen richtig
gehandelt zu haben. Und es animiere
womöglich andere, bei anderer Gelegenheit einem anderen Projekt etwas
zukommen zu lassen. Er habe, bedauert
der Geschäftsführer, oft das Gefühl, dass
das soziale Klima rauer werde – zumal
im Hinblick auf die sich verschärfende
Flüchtlingsdiskussion. Daher schenke
ihm das Ergebnis der Spendenaktion ein
Gefühl neuer Hoffnung.
Schon hat man Kontakt zu anderen caritativen Organisationen aufgenommen,
von deren Angeboten und Einrichtungen man kostengünstig oder kostenlos
profitieren kann. Denn, Schubert wiederholt es, man will verantwortungsvoll
mit dem Geld umgehen. Andererseits
wird es den Mitreisenden während
der „Auszeit“ an nichts fehlen. Sicher
werden die allermeisten von ihnen mit
neuen Erfahrungen und gestärkt aus
der Freizeit zurückkehren.
Da abzusehen war, dass eine stattliche
Zahl von Spenden zusammenkommt –
wenn auch nicht in der Höhe – haben
die Mitarbeiterinnen der Caritas bereits
begonnen, die Freizeit zu planen.
Matthias Badura
Abschließend möchte Elmar Schubert
nochmals alle Spender an sein Herz
drücken. Und er will der HZ unbedingt
das Versprechen abnehmen, einen
Tag bei der „Auszeit“ vorbeizuschauen, damit sie ihren Lesern berichten
kann, was ihre Spenden Gutes erreicht
haben.
Mit freundlicher Genehmigung der
Hohenzollerischen Zeitung.
news / caritas-mitteilungen / 1-2016 49
c a rita s inte r nat i o n a l
Syrien: Sicherheit ist nur Schein
Oliver Müller, der Leiter von Caritas international, berichtet von einer
zunehmenden Militarisierung des Alltags
Die Lage in der syrischen Hauptstadt wirkt manchmal ganz normal. Doch immer wieder blitzt der
Wahnsinn des Konfliktes auf. Der
Leiter von Caritas international,
Oliver Müller, über seine vor Ort
gesammelten Eindrücke und die
Wege, wie man den Syrern in ihrem
Land helfen kann.
Wie haben Sie sich gefühlt als Sie
aus dem Libanon nach Syrien aufgebrochen sind?
Müller: An dem Tag, als wir in Beirut
losgefahren sind, habe ich noch morgens
im Radio die deutschen Pressestimmen
gehört und da sagte jemand: „Wenn es
einen Namen für die Hölle auf Erden gibt,
dann ist es Syrien.“ Dieser Satz ging mir
nahe, da er das Land unglaublich dämonisiert. Ich glaube diese Formulierung
ist so nicht richtig, denn wo die Hölle ist,
gibt es keine Hoffnung mehr. Und das
ist in Syrien trotz allem nicht der Fall.
Eine große Anzahl von Menschen setzt
sich immer noch für ein friedliches Ende
des Konfliktes ein. Gleichzeitig muss ich
sagen, dass man sich nicht ganz von
den vielen negativen Bildern des Terrorismus, des Leids, des Todes, die mit dem
Land und auch der Stadt Damaskus
verbunden sind, lösen kann. Ein etwas
mulmiges Gefühl hatte ich also schon.
Die Grenze zwischen dem Libanon und
Syrien ist auch keine Grenze, wie man sie
sich vielleicht vorstellt, sondern eine große Aneinanderreihung von Checkpoints.
Man ist natürlich froh, wenn man diese
hinter sich gebracht hat. Die eigentliche
Einreise nach Syrien verlief dann völlig
problemlos.
Oliver Müller zu Besuch bei einer syrischen Familie, die auf die Hilfe der Caritas angewiesen ist.
50 news / caritas-mitteilungen / 1-2016
Wie haben Sie die Lage in Syrien
wahrgenommen?
Im Land selbst fühlt man den Druck,
unter dem die Menschen stehen und
die gedämpfte Stimmung. Paradoxerweise erscheint es einerseits, als
herrsche ein normales Leben, andererseits spürt man, dass eben nichts
normal ist. Wenn man etwas an der
Oberfläche kratzt, dann merkt man,
dass vieles nur noch Schein ist. In
einem Stadtviertel, wo vor dem Krieg
viele Ärzte angesiedelt waren, hängen beispielweise immer noch die
Praxis-Schilder an den Gebäuden. Sie
erinnern an eine längst vergangene
Normalität. Die Ärzte, die dort praktiziert haben, sind längst nicht mehr da.
Stattdessen gibt es eine Militarisierung
des Alltags, die erschreckend ist. An
jeder Ecke sieht man Checkpoints und
Rekrutierungsplakate der Armee, auf
denen martialische Kämpfer, Männer
wie Frauen, zu sehen sind. Dort ist
dann zu lesen: „Folgt uns, kämpft für
Syrien.“ Es gibt mittlerweile so viele
unterschiedliche Gruppen, die proklamieren, für unterschiedlichste Ideen
und Ziele zu kämpfen. Demgegenüber
steht eine große Ernüchterung in der
Bevölkerung. Ein anderer Faktor, der
im Moment zu einer Verschlechterung
der Lage beiträgt, ist der kalte Winter.
In den noch bewohnbaren Häusern
leben ganze Flüchtlingsfamilien auf
engstem Raum zusammen, manchmal nur in einem einzelnen Zimmer.
Die andauernde Kälte und die sehr
eingeschränkten Heizmöglichkeiten
gepaart mit der täglich drohenden
Gefahr durch Granateinschläge macht
das Leben für die Menschen extrem
schwierig.
car itas in ter n ational
Wie können die Caritas Partner in
Syrien unter solchen Umständen
noch arbeiten?
Was die Caritas-Arbeit in Syrien angeht,
muss man sicherlich nach den verschiedenen Landesteilen, in denen wir
agieren, unterscheiden. Es gibt sechs
Regionalstellen der Caritas in Damaskus, Hasakah, Homs, Aleppo, Latakia
und Horan. Im Großraum Damaskus
kann die Caritas unter den bereits
beschriebenen Gefahren unbehelligt
arbeiten und frei agieren. Lebensmittel
und andere Bedarfsgüter sind sogar auf
dem Markt verfügbar. Wir helfen den
Menschen dort mit einem VersorgungsSystem, das mit Coupons arbeitet.
Es gibt Rahmenvereinbarungen mit
ausgewählten Läden in der Stadt, in
denen Familien mit Caritas-Gutscheinen
die Gebrauchsgüter kaufen können, die
sie zum täglichen Leben brauchen. Das
System hat sich bewährt. Es ist sehr
einfach und effektiv und spart zudem die
Verwaltungs-, Anschaffungs-, Transportund Lagerkosten.
Was konnten Sie während Ihres
Besuches über die Situation in
Aleppo erfahren, wo erst vor einigen Tagen tausende Menschen vor
neuen Bombardierungen durch die
syrische Armee und das russische
Militär geflohen sind?
In Aleppo sieht es natürlich ganz anders
aus als in Damaskus. Dort gibt es
keine Lebensmittel und andere wichtige
Bedarfsgüter mehr auf dem Markt. Sie
müssen erst von der Caritas organisiert,
transportiert und verteilt werden. Dabei
setzen sich unsere Mitarbeiter vor Ort jedes Mal enorm hohen Gefahren aus. Ich
war selbst drei Tage mit dem Präsident
der Caritas Syrien, Bischof Antoine Audo
aus Aleppo, unterwegs. Wenn er über
die aktuelle Lage berichtet, dann staune
ich, dass die Caritas in dieser Region
überhaupt noch Hilfe leisten kann. Das
ist bewundernswert und übersteigt fast
mein Vorstellungsvermögen. Es gibt
tageweise keinen Strom – kein Licht,
keinen Kühlschrank, keinen Computer.
Es gibt zwar Dieselgeneratoren, aber
deren Nutzung ist teuer und Kraftstoff
Charakteristisches Straßenbild: Getötete Soldaten werden vom Regime mit Postern geehrt.
Unter den Hilfesuchenden sind auch viele Muslime.
nur bedingt verfügbar. Die Arbeitsbedingungen unserer Mitarbeiter sind extrem
schwierig. Trotz allem erreicht die Hilfe
der Caritas in Syrien immer noch viele
tausend Menschen. Die Erfahrungen
dieser Reise haben auch gezeigt, dass
die Caritas vor Ort insgesamt so gut
aufgestellt ist, dass wir unsere Hilfen
weiter erhöhen können. Die Verhältnisse verlangen, dass die humanitäre
Hilfe weiter intensiviert wird. Wir sind in
diesem Zusammenhang natürlich auch
weiterhin auf die Unterstützung unserer
Spender und öffentliche Förderer wie
das Auswärtige Amt und das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung angewiesen.
Erreicht Caritas international als
christliche Organisation unter die-
sen erschwerten Umständen noch
Bevölkerungsgruppen außerhalb
der christlichen Gemeinden?
Ich konnte mich persönlich davon
überzeugen, dass die Neutralität
unserer Hilfe auch in Syrien gilt. Das
bedeutet auch, dass wir versuchen
allen Menschen zu helfen, die zu uns
kommen. Der Großteil der Hilfen in
Damaskus, das habe ich selbst gesehen, geht sicherlich an muslimische
Familien, die auch die Mehrzahl der
Bevölkerung bilden. Gleichwohl hilft die
Caritas auch sehr vielen Christen. Für
uns steht weder Herkunft noch Religion
im Mittelpunkt, sondern die Bedürftigkeit der Menschen.
Interview: Stephanie Binder
news / caritas-mitteilungen / 1-2016 51
m a g a z in
Gewalt und Demütigungen
Eine Wanderausstellung des Landesarchivs beleuchtet das Schicksal
der Heimkinder zwischen 1949 und 1975
„Wenn du mal stirbst muss man dir die
Schnüss extra totschlagen“, hieß es
des Öfteren.
„Verwahrlost und gefährdet? Heimerziehung in Baden-Württemberg
1949 bis 1975“, so lautet der Titel
einer Wanderausstellung des Landesarchivs. Das zugrunde liegende
Forschungsprojekt wirft ein Licht
auf das harte Schicksal der Heimkinder in dieser Zeit.
Werner Nickolai hatte lange geglaubt,
dass er seine Vergangenheit einfach
hinter sich lassen könnte. Dass er
innerlich abgeschlossen hätte mit dem,
was gewesen ist. Dann kam die Geburt
seines Sohnes. „Ein Riesengeschenk
war das“, sagt er. Aber gleichzeitig
sei dadurch auch die Frage nach der
eigenen Kindheit aufgebrochen. „Ich
musste mich angesichts unseres kleinen Sohnes neu der Frage stellen: Wie
war das eigentlich bei mir selbst?“, so
Werner Nickolai.
Es war komplett anders. Es war
bedrückend und traumatisch. Werner
Nickolai, studierter Sozialarbeiter und
Professor für Soziale Arbeit an der Katholischen Hochschule (KH) Freiburg,
wurde 1950 im Saarland geboren, als
uneheliches Kind. Finanzielle Zuwendungen vonseiten des Staates für Alleinerziehende gab es damals nicht. Die
Mutter war gezwungen, zu arbeiten.
Demnach erging es Werner Nickolai so,
wie vielen anderen Kindern, die nicht in
eine gängige Familienkonstellation hineingeboren wurden: Schon mit sechs
Monaten kam er ins Heim. Zunächst
in ein Säuglingsheim in Saarbrücken,
mit vier Jahren dann in ein Heim für
größere Kinder.
52 news / caritas-mitteilungen / 1-2016
Werner Nickolai, Professor an der KH Freiburg
und früheres Heimkind: „Es wurde auch anlasslos
geprügelt und es gab einen Automatismus der
Gewalt“.
Beide Einrichtungen waren von
Ordensschwestern getragen. Und in
beiden Einrichtungen waren körperliche
Gewalt und mutwillige Drangsalierung
an der Tagesordnung. „Ich will gar nicht
alles erzählen, was ich erlebt habe“,
sagt Werner Nickolai.
Dass das Schlagen von Kindern den
damals gängigen Erziehungsvorstellungen entsprach, ist ihm bewusst. „Aber
es wurde auch anlasslos geprügelt“,
sagt er. „Und es gab einen Automatismus: Wenn ich in der Schule
geschlagen wurde und zurück ins Heim
kam, wusste die Schwester schon
davon und verabreichte mir nochmals
Schläge als Strafe für die Schläge in
der Schule“, so der Sozialpädagoge.
Dazu kamen verbale Demütigungen:
Auch mit inzwischen 65 Jahren, kurz
vor seiner Emeritierung stehend, kann
Werner Nickolai die Tränen nicht unterdrücken, wenn er seine Geschichte
erzählt. Zumal seine Erfahrungen in
den damaligen Kinderheimen keine
Ausnahme waren, sondern häufig
vorkamen. Fast flächendeckend, wie
das Landesarchiv Baden-Württemberg
im Rahmen eines Forschungsprojekts
über die „Heimerziehung in BadenWürttemberg 1949 bis 1975“ herausgefunden hat. Die bisherigen Ergebnisse werden derzeit in einer kleinen, aber
aussagekräftigen Wanderausstellung
präsentiert. Sie war vor kurzem in der
Katholischen Hochschule in Freiburg
zu sehen und wird auch noch im Laufe
der Jahre 2016 und 2017 im Land
unterwegs sein.
Oft reichten Auffälligkeiten zur
Heimeinweisung
Die Forschungen brachten auch für
die Mitarbeiter des Landesarchivs
Überraschendes zutage. Das betrifft
zunächst die Zahlen. Bundesweit, so
betont Nastasja Pilz, die das Projekt
leitet, habe es zwischen dem Kriegsende und der Mitte der 1970er-Jahre
rund 800 000 Heimkinder gegeben. In
Baden-Württemberg lassen sich nicht
weniger als rund 650 Einrichtungen
nachweisen. Dazu gehören regelrechte
Massenunterkünfte, aber auch kleine
Heime in privaten Häusern. Für die
Zeit um 1960 gehen die Forscher von
rund 20 000 Heimkindern in BadenWürttemberg aus.
magazin
Eine aus heutiger Sicht außerordentlich
hohe Zahl. Wobei es sich nur bei einer
Minderheit dieser Kinder um Vollwaisen
handelte. Öfter waren es unehelich
geborene Kinder oder Kinder aus
schwierigen Familien. Zuweilen reichten
damals Auffälligkeiten oder Schulschwächen, um die Kinder ins Heim
einzuweisen. Zwischenformen gab es
nicht. Nur ein Entweder-oder. Zuhause
oder Heim.
Zu den größten Überraschungen im
Zuge der Forschungsarbeiten gehörte
für Nastasja Pilz die Tatsache, dass
sich so viele Betroffene beim Landesarchiv gemeldet haben, um über ihre
Zeit als Heimkinder zu sprechen. Die
Projektleiterin selbst war in den letzten
drei Jahren mit hunderten ehemaligen
Heimkindern im Gespräch. „Wir haben
dabei Geschichten gehört, die zuvor
nicht einmal in der eigenen Familie
erzählt wurden“, weiß sie.
Wobei die Gewalt, die fast in allen
Heimen eine Rolle spielte, gar nicht
das Schlimmste für die Betroffenen
gewesen ist. Dies gilt ungeachtet massiver Vorkommnisse wie regelrechter
Prügelorgien, Isolation, Essens- und
Schlafentzug und damit Maßnahmen,
die auch vom damaligen „Züchtigungsrecht“ nicht gedeckt waren. „Am
schwersten war für die Kinder die Erkenntnis, nicht in einer Familie zu sein,
keinen Rückzugsort, keine wirkliche
Beheimatung zu haben“, so Nastasja
Pilz. Die Heime und ihre Bewohner seien abgeschottet gewesen. Einschließlich der heimeigenen Schulen. Im Rahmen eines „massiv durchstrukturierten“
Tagesablaufes hätten die Kinder nicht
als Individuen gegolten, sondern seien
nur als Kollektiv wahrgenommen worden. „Es gab keine Privatsphäre und
kaum Zeit alleine“, so die Projektleiterin.
„Das ist auch der Grund dafür, warum
ehemalige Heimkinder auffallend viel
Wert auf Privatsphäre legen.“
Was die Verhältnisse in den Heimen
zwischen 1945 und 1975 angeht,
lassen sich nach den Ergebnissen des
Forschungsprojekts keine Unterschiede
zwischen kommunalen, privaten und
kirchlichen Trägern ausmachen. Vielerorts ging eine mangelhafte Ausstattung
der Einrichtungen mit einer drangvollen
Enge einher.
Entschuldigung im Namen des
Diözesan-Caritasverbandes
Mangelhaft war zudem die Ausbildung
der Verantwortlichen, wenn es denn
überhaupt eine Ausbildung gab. Dies
gilt auch und gerade für die Ordensschwestern, die zum Teil schon allein
aufgrund der Vielzahl der von ihnen zu
betreuenden Kinder völlig überfordert
waren. „Manchmal galt damals die
Abordnung aus dem Mutterhaus in ein
Kinderheim als Strafe“, stellt Nastasja Pilz fest. Werner Nickolai erinnert
sich, dass die Ordensschwestern im
Saarland „rund um die Uhr“ gearbeitet
hätten. „Sie waren immer am Kind und
hatten nie frei“, sagt er. „Ihre Gewalt
war auch so etwas wie Abwehr.“
Ehemalige Heimkinder haben seit einigen Jahren die Möglichkeit, über den
bundesweiten Fond Heimerziehung
eine finanzielle Anerkennungsleistung
zu beantragen. Vielen Betroffenen aus
Baden-Württemberg ist es mithilfe des
Forschungsprojekts des Landesarchivs
erstmals gelungen, an die entsprechenden Akten zu gelangen, die ihr
Schicksal belegen. Dabei stießen einige
auch auf Details, die ihnen bisher unbekannt waren und die möglicherweise
eine erneute psychische Belastung
bedeuten. Zum Beispiel dann, wenn
die Akten Briefe der Mutter enthalten,
die ihnen als Kinder vom Heimpersonal
unterschlagen wurden.
Die finanzielle Anerkennungsleistung
ist Nastasja Pilz zufolge für die meisten
Betroffenen zweitrangig. Viel wichtiger,
so die Projektleiterin, sei die Erfahrung:
„Man hat mir zugehört, es hat mich jemand ernstgenommen, es hat jemand
Entschuldigung gesagt.“
Letzteres tat im Namen des DiözesanCaritasverbandes dessen Vorsitzende Mathea Schneider anlässlich der
Ausstellungseröffnung in Freiburg.
Sie drückte ihr Bedauern darüber
aus, dass Kinder auch in Häusern der
Caritas gelitten hätten. Die Caritas-Vorsitzende bezeichnete die Aufarbeitung
der Vergangenheit als „unverzichtbar“,
verwies aber auch auf die inzwischen
völlig veränderte Pädagogik, die junge
Menschen in ihren Persönlichkeitsrechten achte und schütze.
Tatsächlich ist heute eine Situation
wie sie in den 1950er- und 1960erJahren in den Heimen vorzufinden war,
unvorstellbar. Die Heimpädagogik hat
sich radikal zum Positiven gewandelt.
Alles immer zusammen, nie alleine. In vielen Heimen begann der Tag mit gemeinsamer Körperhygiene.
Ehemalige Heimkinder verweisen oft auf die fehlende Privatsphäre in den Einrichtungen.
news / caritas-mitteilungen / 1-2016 53
ma g a zin
Woran das liegt? Für Werner Nickolai
steht fest, dass diese Veränderung vor
allem von der 68er-Bewegung angestoßen wurde. „Die kämpften damals
für alle, die innerhalb der Gesellschaft
irgendwie als Randgruppe erschienen“,
sagt er. In diesem Zusammenhang sei
dann auch die Situation der Heimkinder
in den Blick gekommen.
Nastasja Pilz verweist darauf, dass der
Bruch mit der überkommenen Heimerziehung erstaunlich schnell vollzogen
wurde. So gab es noch in den 1960erJahren in fast jeder baden-württembergischen Stadt ein Säuglingsheim
– Ende der 1970er-Jahre kein einziges
mehr. Die Betreuung der betroffenen
Kleinkinder erfolgte fortan in familienähnlichen Gruppen. Und während in
den Akten der 1950er-Jahre keine einzige Äußerung eines Kindes zu finden
ist, spielte später die Frage nach der
persönlichen Befindlichkeit und dem
Willen der Kinder eine entscheidende
Rolle und wurde in selbstverständlicher
Weise schriftlich festgehalten. Auch
Heime mit langer Tradition seien spätestens in den 1970er-Jahren komplett
umgestellt worden, so Nastasja Pilz.
Aber auch zuvor war die Situation nicht
überall gleich. Eine Minderheit von
Heimkindern hatte Glück. Je nachdem,
mit welchen Personen sie es zu tun
bekamen. Auch Werner Nickolai hatte
nach den schlimmen Jahren seiner
Kindheit solches Glück. Er wurde nach
Oberrimsingen im Kaiserstuhl in das
dortige Christophorus-Jugendwerk,
eine Einrichtung in Trägerschaft der
Caritas, verlegt. Das hat ihn gerettet.
Hier traf er unerwartet auf einfühlsame,
kompetente Erzieher. „Wichtig war
auch, dass es Männer waren“, sagt er.
Inspiriert von ihrem Beispiel reifte in ihm
der Wunsch, Sozialarbeit zu studieren.
Angesichts solcher Erfahrungen kommt
für Werner Nickolai in der Ausstellung
des Landesarchivs das „Gelungene“
in der Heimerziehung etwas zu kurz.
Ungeachtet aller Missstände habe es
schon in den 1950er- und 1960erJahren einzelne Einrichtungen mit
qualifiziertem Personal gegeben, meint
er. Kritisch sieht Nickolai die Tatsache,
dass heutzutage manche Jugendliche
eher zu spät in einem Heim untergebracht werden. „Oft aus Kostengründen“, vermutet er.
Vor vier Jahren wurde Werner Nickolai
noch einmal von seiner Vergangenheit
eingeholt. Seine Mutter starb. Ebenso
wie sein später geborener Halbbruder
war er auf der Beerdigung im Saarland. Der junge Priester begrüßte die
Trauergäste und gab einen Überblick
über das Leben der Verstorbenen. Die
beiden Söhne erwähnte er während der
ganzen Feier mit keinem Wort. Werner
Nickolai schrieb ihm darauf einen Brief.
Die Rechtfertigung des Pfarrers machte
ihn fassungslos: Er habe nicht gewollt,
dass bekannt wird, dass die Verstorbene zwei uneheliche Kinder hatte.
Michael Winter
nnn
Die nächsten Termine
der Wanderausstellung:
n 2
3. März bis 4. Mai 2016:
Bildungshaus der Barmherzigen Schwestern vom heiligen
Vinzenz von Paul, Untermarchtal,
Margarita-Linder-Straße 8, 89617
Untermarchtal.
n 4. Oktober bis 25. November
2016: Staatsarchiv Ludwigsburg,
Arsenalplatz 3, 71638 Ludwigsburg.
n 17. Januar bis 31. März 2017:
Generallandesarchiv Karlsruhe,
Nördliche Hildapromenade 3,
76133 Karlsruhe.
nnn
Hilfe bei der Verständigung
In Freiburg gibt es ein Beratungszentrum für Menschen mit einer
Kommunikationseinschränkung
Anfang Januar wurde in Freiburg
mit einer Kommunikationsein-
das Beratungszentrum für Unter-
schränkung offen ist. Drei Fragen
stützte Kommunikation offiziell er-
an Professor Gregor Renner, den
öffnet. In der Region Südbaden ist
Geschäftsführer des Beratungszen-
das Beratungszentrum die einzige
trums für Unterstützte Kommunika-
Anlaufstelle, die für alle Personen
tion gGmbH in Freiburg.
54 news / caritas-mitteilungen / 1-2016
Was ist Unterstützte Kommunikation?
Renner: Menschen, die nicht sprechen
können oder anderweitig in der Kommunikation eingeschränkt sind, können
sich über Handzeichen, Gebärden,
Kommunikationstafeln oder technische
magazin
mit demenziellen Erkrankungen. Die Art
der Erkrankung oder Einschränkung
steht weniger im Vordergrund als die
Möglichkeiten, die Kommunikation zu
erweitern und so mehr selbstbestimmte Teilhabe zu erreichen.
Hilfsmittel mit Sprachausgabe mitteilen.
Manchmal helfen aber auch Fragestrategien oder Partnertraining. Das alles
fällt in das Fachgebiet der Unterstützten Kommunikation.
Wie funktioniert das ganz praktisch? Können Sie das an einem
Beispiel erläutern?
Auf der Eröffnungsfeier des Beratungszentrums für Unterstützte Kommunikation Freiburg hat unter anderem Frau
Povhe einen Vortrag gehalten. Sie kann
selbst nicht sprechen und nutzt darum
ein Sprachausgabegerät. Wegen ihrer
Lähmung kann sie auf dem Gerät nicht
mit ihren Fingern tippen. Im Rahmen
von Beratungen wurde unter anderem
Augensteuerungen erprobt, die aber
ihre Augenbewegungen nicht zuverlässig erkannten. Nun wurde eine Lösung
gefunden, wie sie mit zwei Tasten in
ihrer Nackenstütze das Gerät durch
Kopfbewegungen bedient. So wurde
es möglich, dass sie den Vortrag halten
und so über ihre Situation informieren
konnte.
Welche Menschen finden bei Ihnen
Unterstützung?
Fragen: Thomas Maier
nnn
Professor Gregor Renner, Geschäftsführer des
Beratungszentrums für Unterstützte Kommunikation in Freiburg.
Unterstützung erhalten alle Menschen
mit schweren Kommunikationseinschränkungen. Von kleinen Kindern
im Vorschulalter bis zu Senioren. Dazu
zählen Menschen mit angeborener
Behinderung wie Zerebralparese oder
Down Syndrom, Menschen mit erworbenen Einschränkungen wie Schlaganfall oder fortschreitenden Muskelerkrankungen (MS, ALS) bis hin zu Menschen
Das Beratungszentrum für Unterstützte Kommunikation ist ein Zusammenschluss verschiedener Träger der Behindertenhilfe. Zu ihnen
gehören neben der Lebenshilfe, dem
Arbeitskreis für Menschen mit und
ohne Behinderung, dem Ring der
Körperbehinderten auch der Caritasverband Freiburg-Stadt, die Caritaswerkstätten Hochrhein und das St.
Josefshaus Herten.
Kontakt: Telefon 0761 48994-170/169, E-Mail: [email protected],
www.bzuk-freiburg.de
nnn
Im Jahr der Barmherzigkeit nach Rom
Seelsorgeamt und Diözesan-Caritasverband organisieren Pilgerreise
in die Ewige Stadt
„Seid barmherzig, wie es auch euer
(himmlischer) Vater ist!“ – Dieses Jesuswort aus dem Lukasevangelium
drückt das wichtigste Anliegen von
Papst Franziskus aus: Die Christen
sind gerufen, für die Barmherzigkeit
Gottes Zeugnis abzulegen und sich
den Armen, Schwachen und Notleidenden zuzuwenden.
Barmherzigkeit ist deshalb auch das
zentrale Stichwort für das Heilige Jahr,
das der Papst ausgerufen hat. In diesem Jahr der Barmherzigkeit organisiert das Erzbischöfliche Seelsorgeamt
in Kooperation mit dem Caritasverband
für die Erzdiözese Freiburg eine Wallfahrt nach Rom. Die Pilgerreise per Bus
findet vom 1. bis 6. September 2016
statt.
Mit der Reise sollen insbesondere
Personen, die sich ehrenamtlich im
Dienst am Nächsten engagieren, aber
selbstverständlich auch Hauptamtliche
im Dienst der Caritas die Möglichkeit
haben, im Heiligen Jahr nach Rom zu
pilgern.
Zum Programm gehört die Teilnahme
an dem Pilgergang durch die Heilige Pforte und an der Papstmesse
anlässlich des Gedenktages der seligen
Mutter Teresa, deren Heiligsprechung
news / caritas-mitteilungen / 1-2016 55
m a g a z in
im Rahmen der Messe erfolgen wird.
Ebenso sind Begegnungen mit Vertretern des Vatikans, zum Beispiel vom
Päpstlichen Rat Cor Unum, der die
humanitären Hilfsaktionen des Heiligen
Stuhls koordiniert, vorgesehen. Außerdem gibt es Gelegenheit, die antiken
Stätten (Katakomben, Forum Romanum etc.) zu besuchen. Eine tägliche
Eucharistiefeier und spirituelle Impulse
geben Anregungen für den persönlichen Glauben.
nnn
Information und Anmeldung beim
Veranstalter:
Schwarzwald-Reisebüro Freiburg
Pilgerbüro der Erzdiözese Freiburg
Merianstr. 8, 79104 Freiburg
Telefon 0761 207 79 22
E-Mail: [email protected]
www.pilger-buero.de
nnn
Buchtipp
Joseph Stiglitz, „Reich und Arm.
Die wachsende Ungleichheit in
unserer Gesellschaft“, Aus dem
Englischen von Thorsten Schmidt,
Siedler-Verlag, München 2015, 512
Seiten, ISBN 978-3-8275-0068-7,
24,99 Euro
Dass die Ungleichheit in unserer Gesellschaft ständig wächst, ist offenkundig.
Die Schere zwischen Einkommensmillionären und Spitzenverdienern auf der
einen und denjenigen auf der anderen
Seite, die sich nur mit mehreren Jobs
gleichzeitig einigermaßen über Wasser halten können, geht immer weiter
auseinander. Dass diese Entwicklung
kein „Naturphänomen“ und auch kein
unabwendbares Schicksal ist, sondern das Ergebnis einer fehlgeleiteten
Politik – das belegt der amerikanische
56 news / caritas-mitteilungen / 1-2016
Wirtschaftswissenschaftler und Nobelpreisträger Joseph Stiglitz in seinem
neuen Buch. Anhand vieler Beispiele
zeigt er eindrucksvoll, welche Risiken
die wachsende Ungleichheit birgt und
was jener immer größer werdende Teil
der Bevölkerung, dem die zunehmende
Spaltung der Gesellschaft in Reich und
Arm schadet, gegen sie tun können.
Stiglitz widmet sich vor allem den ökonomischen Faktoren der Ungleichheit
in der amerikanischen Gesellschaft. Er
beschreibt die Wechselwirkungen zwischen Politik und Ökonomie, die er als
Teufelskreis bezeichnet, weil er mehr
ökonomische Ungleichheit in politische
Ungleichheit übersetzt, „insbesondere
in dem politischen System der USA, in
dem Geld eine so ungezügelte Macht
besitzt“, wie er schreibt. In bemerkenswerter Deutlichkeit kritisiert Stiglitz den
zeitgenössischen
US-Kapitalismus,
dessen Einfluss und
Auswirkung weltweit
und gerade auch
in Deutschland seit
Jahren zu spüren
sind. In seinem
gut lesbaren, auch
für ökonomische
Laien verstehbaren
Buch erweist sich
der Autor nicht nur als herausragender Wirtschaftsexperte, sondern auch
als scharfsinniger politischer Denker,
der für eine gerechtere Verteilung des
Wohlstandes kämpft. Ein informatives
und zugleich ermutigendes Buch für
alle, denen das soziale Auseinanderdriften unserer Gesellschaft nicht gleichgültig ist. (tom)
magazin
Kultur der Aufnahme und der Solidarität
Zitate aus den neuen Leitsätzen des Engagements für Flüchtlinge
Die katholischen deutschen
Bischöfe haben Leitsätze für die
kirchliche Flüchtlingsarbeit verabschiedet. Diese wurden zum Ende
der Frühjahrsvollversammlung im
baden-württembergischen Schöntal vorgestellt. Wir dokumentieren
einzelne Zitate aus den Leitsätzen:
In der aktuellen Situation erleben wir
in unserem Land ein beeindruckendes
Maß an Solidarität und Hilfsbereitschaft.
Zugleich sind vielerorts die Anzeichen
der Ratlosigkeit und Überforderung
unverkennbar. Nicht selten wird in der
öffentlichen Debatte auch ein rauer Tonfall angeschlagen, der den Anliegen der
schutzsuchenden Menschen in keiner
Weise gerecht wird. Insbesondere die
Zunahme an fremdenfeindlichen Gewalttaten gibt Anlass zu großer Sorge.
Ausgangs- und Zielpunkt all unserer Bemühungen muss (...) stets die Wahrung
der individuellen Würde jedes Flüchtlings
und Asylsuchenden sein - unabhängig von Herkunft und sozialem Stand,
Religion und Weltanschauung, Geschlecht und sexueller Orientierung. Bei
allen politischen und gesellschaftlichen
Auseinandersetzungen um angemessene Antworten auf die gegenwärtigen
Migrationsbewegungen ist von Christen
ein besonderes Maß an Sensibilität
gefordert für die vielen individuellen Lebens- und Leidenswege, die sich hinter
den hohen Flüchtlingszahlen verbergen.
Gleichzeitig darf jedoch nicht der Eindruck erweckt werden, dass die Kirche
einen Ersatz für tragfähige sozialstaatliche und zivilgesellschaftliche Strukturen
anbieten könnte.
Als Christen setzen wir uns mit Entschiedenheit für die Anliegen der Flüchtlinge und Asylsuchenden ein. Dabei
haben wir immer auch das Wohl der
gesamten Gesellschaft und insbesondere die Bedürfnisse der benachteiligten
Menschen in unserem Land im Blick.
Die Kirche vertritt die Anliegen aller benachteiligten Menschen. Das kirchliche
Engagement für die vielen Menschen,
die an die Ränder unserer Gesellschaft
gedrängt werden, wird mit unverminderter Energie fortgesetzt (...). Die Anliegen der benachteiligten Menschen in
unserer Gesellschaft und die Bedürfnisse der Flüchtlinge und Asylsuchenden
dürfen nicht gegeneinander ausgespielt
werden.
Fremdenfeindlichkeit und Rassismus
sind mit dem christlichen Menschenbild
unvereinbar. Gemeinsam mit Papst
Franziskus setzt sich die katholische
Kirche in Deutschland für eine lebendige „Kultur der Aufnahme und der
Solidarität“ ein. Dabei sind wir uns
bewusst, dass auch in unserer eigenen
Kirche nicht alle das Engagement für
Flüchtlinge und Migranten vorbehaltlos unterstützen. Gelegentlich gibt es
sogar offenen Widerspruch. Deshalb
brauchen wir ein innerkirchliches Gespräch, das Ängste und Befürchtungen
aufgreift und überwinden hilft.
Zahlreiche Flüchtlinge haben in kirchlichen Gebäuden ein Dach über dem
Kopf gefunden. Die zuständigen kirchlichen Verantwortungsträger prüfen auch
weiterhin mit der notwendigen Kreativität und Offenheit, welche Objekte rasch
und unkompliziert für die Aufnahme von
Flüchtlingen bereitgestellt werden können. Neben dieser kurzfristigen Nothilfe
müssen wir uns bereits jetzt um längerfristige Lösungen bemühen: Integration
kann nur dann gelingen, wenn für alle,
die in unserem Land leben, angemessener Wohnraum zur Verfügung steht und
Ghettobildung verhindert wird.
Von der frühkindlichen und schulischen
Bildung bis hin zur Hochschul- und
Erwachsenenbildung befinden sich in
Deutschland zahlreiche leistungsfähige
Einrichtungen in kirchlicher Trägerschaft. Auch die vielfältigen Aktivitäten
der katholischen Jugendarbeit sowie
der Hochschul- und Studierendengemeinden schaffen Orte des sozialen
Lernens. All diese wertvollen Ressourcen müssen noch intensiver als bisher
dazu genutzt werden, den Flüchtlingen
aussichtsreiche Bildungsperspektiven
zu eröffnen. Gleichzeitig wird aufs Neue
darüber nachzudenken sein, wie eine
stärkere interreligiöse Öffnung katholischer Bildungseinrichtungen mit der
Wahrung und Weiterentwicklung ihres
christlichen Profils einhergehen kann.
Es muss gewährleistet sein, dass
christliche Flüchtlinge in unserem
Land - gerade in Asylbewerberunterkünften – keine Ausgrenzung oder
Bedrängung aufgrund ihres Glaubens
erfahren. Wir setzen uns dafür ein,
dass das christliche Leben im Mittleren
Osten eine Zukunft hat, und finden
uns nicht damit ab, dass Christen, die
ihre angestammten Länder verlassen
müssen, ihre Heimat für immer verlieren
könnten. Auch für sie gibt es ein Recht
auf Heimat, auch für sie gibt es ein
Recht auf Rückkehr.
Jeder Mensch, der bei uns Zuflucht
sucht, hat Anspruch auf ein faires
Verfahren und eine menschenwürdige
Behandlung. Dies gilt auch für jene, die
nicht dauerhaft in Deutschland bleiben
können. Auch für sie tragen wir Verantwortung. Des Weiteren kommt der
Einheit der Familie eine große Bedeutung zu. Sie ist ein hohes Gut, für das
wir einstehen. An diesen Grundsätzen
muss sich die deutsche und europäische Flüchtlingspolitik messen lassen.
(kna)
news / caritas-mitteilungen / 1-2016 57
m a g a z in
DiCV-Bildungsangebote für
Gesundheits- und Sozialberufe
Weiterbildung:
Qualitätsbeauftragte/r in Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens sowie der Altenhilfe
Beginn: 11.04.2016 in Freiburg,
Caritas Tagungszentrum
Die Weiterbildung zielt auf den Erwerb,
die Vertiefung und die Erweiterung
der für Qualitätsbeauftragte erforderlichen fachlichen, persönlichen und
psychosozialen Kompetenzen. Dies ist
insbesondere die Fähigkeit, qualitätssichernde Ziele für den jeweils spezifischen Arbeitsbereich zu entwickeln
und umzusetzen. Die Weiterbildung
richtet sich an Personen, die in Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens sowie der Altenhilfe mit dem
Qualitätsmanagement befasst sind und
eine abgeschlossene Berufsausbildung
sowie eine zweijährige Berufserfahrung
nachweisen können.
Zertifizierte Weiterbildung: Qualifikation für Betreuungskräfte in der
Altenhilfe nach §87b SGB XI sowie
in der Behindertenhilfe
Beginn 19.04.2016 in Freiburg,
Waldhof, Akademie für Weiterbildung
In dieser Weiterbildung entwickeln die
Teilnehmenden ein umfassendes Aufgabenverständnis für die Tätigkeit einer
Betreuungskraft im häuslichen und stationären Pflegebereich und erwerben
die dafür erforderlichen Kompetenzen.
Diese Qualifikation ist einem Grundverständnis verpflichtet, das den Menschen als Individuum in seiner Einmaligkeit wahrnimmt und wertschätzt. Sie
will durch die Vermittlung der Haltung
einer zugewandten Betreuung einen
Beitrag zu mehr Lebensqualität und
Teilhabe betagter Menschen leisten.
58 news / caritas-mitteilungen / 1-2016
Die Qualifikation ist in eine Basisqualifikation, ein Betreuungspraktikum und
eine Aufbauqualifikation gegliedert.
Um Leben und Tod – Kraftquellen
kreativer Momente
Fortbildung am 21.04.2016 in Freiburg, Seminarhaus am Schönberg
Die Teilnehmenden erhalten einen Einblick in die palliative Arbeit einer erfahrenen Kunsttherapeutin und gewinnen
Verständnis für die Möglichkeiten, die
sich ihrem Klientel durch diesen therapeutischen Zugang bieten. Sie werden
mehr davon verstehen, wenn sie selber
kreativ werden und dabei die Erfahrung
machen, dass sie den Druck, etwas
Perfektes schaffen zu müssen, ablegen
dürfen. Das kreative Schaffen ohne
Angst soll die Teilnehmenden dazu führen, am Ende etwas zu gestalten, das
sie persönlich als wertvoll erachten.
Die Hauswirtschaft in Zahlen
fassen – Der einfache Umgang mit
Kennzahlen
Fortbildung am 13.05.2016 in Freiburg, St. Carolushaus
In diesem Seminar lernen Teilnehmende aus dem Bereich Hauswirtschaft
und Küche Kennzahlen selbst zu ermitteln und anzuwenden. Sie erfahren ihren Nutzen für betriebliche Abläufe, und
lernen die positiven Auswirkungen auf
die Personalplanung schätzen. Kennzahlen sollen helfen, die Arbeit besser
zu strukturieren, unnötigen Aufwand zu
erkennen und Zeit zu sparen.
Staatlich anerkannte Weiterbildung
zum/zur Fachpfleger/-in für Gerontopsychiatrie
Beginn, 30.05.2016 in Freiburg,
Katholische Akademie
Die Weiterbildung vermittelt ein
umfassendes Rollen- und Aufgabenverständnis als Fachpflegekraft für
Gerontopsychiatrie. Sie zeigt Pflegeund Betreuungsmodelle und Konzepte
auf, durch die Fachpfleger/-innen
für Gerontopsychiatrie innovativ und
kreativ zukunftsorientierte Wege in der
Gestaltung von Pflege- und Unterstützungsarrangements begehen können,
die den Bedarfen und Bedürfnissen
gerontopsychiatrisch erkrankter
Menschen und deren Familien entsprechen. Die Weiterbildung richtet sich an
examinierte Pflegende in Einrichtungen
der Altenhilfe, der ambulanten Pflegedienste und Krankenhäuser, die sich für
die gerontopsychiatrische Pflege und
Betreuung qualifizieren wollen.
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Weitere Informationen:
Akademie für Gesundheits- und
Sozialberufe des Caritasverbandes
für die Erzdiözese Freiburg e.V.
Weihbischof-Gnädinger-Haus
Alois-Eckert-Straße 6
79098 Freiburg
Telefon: (0761) 8974 - 246
Telefax: (0761) 8974 - 382
E-Mail: [email protected]
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Neue Kurse der
DCV-Fortbildungs-Akademie
Ausführliche Beschreibung anfordern: [email protected]
Wirkungsvoll und zielgerichtet
intervenieren
Mit TZI auf dem Weg zur Arbeitsfähigkeit
Seminar von 4. bis 8.04.2016 in
Freiburg
Wer ein Team oder eine Gruppe führt,
hat Anliegen und Interessen, möchte
mit seinem Verhalten oder Vorgehen
etwas erreichen, um einen Prozess in
eine bestimmte Richtung zu lenken.
Alles, was er oder sie dabei tut oder
auch nicht tut, bewusst oder unreflektiert, hat Wirkung, ermöglicht oder
verhindert das Vorhaben. Deshalb
gilt es, eigene Verhaltensweisen
bewusst in den Dienst der eigenen
Ziele zu stellen und ihre Wirkung auf
andere wahrzunehmen. Dies fordert
eine differenzierte Wahrnehmung und
eine hohe Selbst-Bewusstheit. Das
Seminar richtet sich an Führungskräfte und Mitarbeiter/-innen in sozialen
und pädagogischen Arbeitsfeldern, in
Einrichtungen, Diensten und Verbänden der Caritas, ebenso auch an
Personen mit Interesse an Themenzentrierter Interaktion (TZI).
Menschenwürde und Scham
Die Bedeutung von Würde, Scham
und Scham-Abwehr für die psychosoziale Beratung
Seminar von 11. bis 13.04.2016 in
Freiburg
Welche Bedeutung hat Würde, Scham
und Scham-Abwehr für die psychosoziale Beratung? Solange die Scham als
solche von Klient/-in und Berater/-in
nicht erkannt wird, sind Versuche, Störungen und Konflikte im Beratungsprozess zu lösen, meist nicht erfolgreich.
Neben den problematischen Aspekten
gibt es auch produktive und helfende
Aspekte des Schamgefühls. Diese
können für einen Beratungsprozess
von großem Nutzen sein. Das Erkennen und Wahrnehmen von Scham und
Scham-Abwehr ist daher für Berater/innen von großer Bedeutung. Das
Angebot richtet sich an Menschen, die
in beraterischem und therapeutischem
Auftrag in ambulanten, teilstationären
und stationären Diensten und Einrichtungen der verbandlichen Caritas
arbeiten.
Sand im Betriebe?
Als betriebswirtschaftlich
Verantwortliche/r wirksam handeln
Seminar von 6. bis 8.06.2016 in
Hannover
Als Verantwortliche(r) für Finanzen zum
Sympathieträger in der Organisation
zu werden, ist eine Herausforderung.
Und selbst wenn man diesen Anspruch
gar nicht hat, ist es doch unbefriedigend oder vielleicht manchmal sogar
erschreckend, wie wenig wirksam
manche Informationen, Interventionen,
Strukturen oder ‚Tools‘ in der Organisation zu sein scheinen. Vor diesem
Hintergrund bietet die FortbildungsAkademie das Seminar „Sand im
Betriebe?“ an. Darin geht es um die
Frage der Wirksamkeit der eigenen
betriebswirtschaftlichen Steuerung –
mit Blick auf die eingesetzte Methodik,
vor allem aber auch mit Blick auf die
anderen Beteiligten in der Organisation.
In diesem Seminar wird zum einen der
Einsatz betriebswirtschaftlicher Steuerungsinstrumente fachlich reflektiert.
Zum anderen werden ungewohnte
Perspektiven eingenommen und damit
hilfreiche neue Zugänge zur Thematik
erkundet.
Die Kunst der Entschleunigung
Ein Anti-Stress-Angebot für
Fachkräfte in Verbänden, sozialen
Diensten und Einrichtungen
Seminar von 20. bis 23.06.2016 in
Freiburg
Fachkräfte in sozialen Organisationen
sind in ihrem beruflichen Alltag durch
hohe Arbeitsdichte, immer vielfältigere
Anforderungen sowie stetige Veränderungen permanent gefordert. Die
Balance zwischen Arbeit und persönlichen, privaten Bedürfnissen scheint
dadurch ins Ungleichgewicht zu
geraten. Stress verstärkt sich und führt
zu körperlichen und/oder psychischen
Beschwerden. In diesem Seminar wird
als Anti-Stress-Angebot eine Kombination von unterschiedlichen Wegen zur
„Entschleunigung“ angeboten: Laufen
beziehungsweise Walken sowie Yoga
und Meditation werden kombiniert mit
Angeboten zur persönlichen Reflexion
sowie Theorieimpulsen und Beratung
zum Selbst- beziehungsweise Stressmanagement. Ziel ist es, eine bessere
Balance zwischen den persönlichen
und beruflichen Bedürfnissen und
Aufgaben zu finden – die eigene WorkLife-Balance.
nnn
Ausführliche Informationen
zu allen Kursen:
Fortbildungs-Akademie des
Deutschen Caritasverbandes e.V.,
Wintererstr. 17-19
79104 Freiburg
Telefon 0761 200-1700
Telefax 0761 200-1799
[email protected],
www.fak.caritas.de und
www.caritas-akademien.de
nnn
news / caritas-mitteilungen / 1-2016 59
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April
2016
Juni 2015
05./06.04.16 Arbeitstreffen der CSD-Teamleitungen
Staufen, BDB-Musikakademie – Referat Armut, Existenzsicherung,
Caritassozialdienst
06.04.16 Tagung der Verwaltungsleitungen
Staufen, BDB-Musikakademie – Stabsstelle Ortscaritasverbände
06.04.16Einsatzstellen-Leitungskonferenz
Freiburg, WGH – Referat Freiwilligendienste
07.04.16 Leitungskreis Verwaltungsleiter
Stuttgart, DiCV – Referat Behindertenhilfe und Gemeindepsychiatrie
07.04.16 AK Gemeindecaritas
Freiburg, WGH – Referat Gemeindecaritas
APRIL
07./08.04.16 Arbeitstagung Beschäftigungsförderung
Staufen, BDB-Musikakademie – Referat Arbeit, Europa, Schuldnerberatung
12./13.04.16 Rollenklärung und Rollenfestigung für Projektmitarbeitende
Freiburg, Institut „tandem“ – Projekt „Nah an Menschen von weit weg“
14./15.04.16 Arbeitskreis Sozialarbeit in der Altenhilfe
Staufen, BDB-Musikakademie – Referat Offene Altenhilfe
18.04.16 Grundkurs Schuldnerberatung: Zwangsvollstreckung, Schuldnerschutz
Freiburg, Margarete Ruckmich-Haus – Referat Arbeit, Europa, Schuldnerberatung
19.04.16 Leitungskreis Gemeindepsychiatrie
Freiburg, Margarete Ruckmich-Haus – Referat Behindertenhilfe und Gemeindepsychiatrie
20.04.16 Fachtag Tafeln
Freiburg, WGH – Referat Armut, Existenzsicherung, Caritassozialdienst
20.-22.04.16 Grundmodulreihe zur Leitungsqualifizierung
Staufen, BDB-Musikakademie – Referat Tageseinrichtungen für Kinder
21.04.16Kontakt- und Informationstag für neue leitende Mitarbeitende
in Einrichtungen der Gesundheits- und Altenhilfe
Freiburg, WGH – Abteilung Gesundheits- und Altenhilfe
60 news / caritas-mitteilungen / 1-2016
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news
news /caritas-mitteilungen
Zeitschrift für soziale Fragen
in der Erzdiözese Freiburg
63. Jahrgang
Die „caritas-mitteilungen“ sind das offizielle
Verbandsorgan für Mitglieder, haupt- und
ehrenamtliche Mitarbeiter­innen und Mitarbeiter
in Einrichtungen, Diensten und Pfarrgemeinden
sowie Freunde der Caritas.
Verleger Caritasverband für die
Erzdiözese Freiburg e.V.
Weihbischof-Gnädinger-Haus
79111 Freiburg, Alois-Eckert-Straße 6
Gegründet: 16. November 1903
www.dicvfreiburg.caritas.de
Redaktion, Gestaltung Thomas Maier, Öffentlichkeitsreferent
und Produktion Tel. (07 61) 89 74-1 08 · Fax (07 61) 89 74-3 88
eMail: [email protected]
Gerd Bauer, phase-zwei, Wittnau
Layoutentwurf Irmhild Haite-Voss, Triolog Freiburg
Fotos
Achiv: 5, 7, 36, 56; Caritas international: 50, 51;
CV Heidelberg: 40; CV Hochrhein: 41; CV Karlsruhe: 42, 43; CV Konstanz: 44; CV Limburg: 25;
CV Mannheim: 45; Deutscher Caritasverband: 9,
10, 11, 12, 22, 23; Deutscher Caritasverband/
KNA: 18, 24; Hohenzollerische Zeitung: 49;
Bernd Kasper/pixelio.de: 32; KNA: 15; Landeskirchliches Archiv Stuttgart/Schowalter: 53;
Thomas Maier: 29, 30, 32, 34, 35; Malteser: 39;
privat: 17; 19, 21, 22, 31, 33, 37, 38, 52, 55;
Otto-Rauch-Stift: 47; Dieter Schütz, pixelio.de:
14, 15; Thomas Wilk: 26, 27, 28.
Satz und Druck Druckerei Herbstritt GmbH, Sexau
Redaktionsschluss 30. April 2016
2-2016
news / caritas-mitteilungen / 1-2016
Caritasverband für die Erzdiözese Freiburg e.V.
Postfach 10 01 40, 79120 Freiburg
Nr. 1-2016
PVSt, Deutsche Post AG
„Entgelt bezahlt“, VKZ E 12315
Stiften für eine bessere Zukunft
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Für Menschen in sozialer Not
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Für Alte, Kranke und Behinderte
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Für bessere Chancen von Kindern und Jugendlichen
Caritas-Stiftung für die
Erzdiözese Freiburg:
Wir übernehmen
Verantwor­tung.
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Bitte r
Stiftungsverwaltung:
Caritasverband für die
Erzdiözese Freiburg e.V.
Weihbischof-Gnädinger-Haus
Alois-Eckert-Str. 6
79111 Freiburg
Die Caritas-Stiftung für die Erz­diözese Freiburg trägt dazu bei, dass hilfebedürftige
Menschen Unter­stützung erfahren und
neue Hoffnung schöpfen. Ziel ist es, den
gesellschaftlichen Zusam­men­halt zu bewahren.
Setzen Sie ein Zei­chen. Übernehmen auch
Sie Verantwortung – gemeinsam mit uns!
Gerne senden wir Ihnen unsere kostenlose
Stiftungs­bro­schüre zu. Bitte rufen Sie uns an.
Msgr. Bernhard Appel
Tel. 0761 8974-100
Bank für Sozialwirtschaft Karlsruhe
IBAN: DE38 6602 0500 0001 7000 00
Caritas-Stiftung
für die Erzdiözese
Freiburg