Fälschungen der Probedrucke der Allgemeinen Ausgabe

Sammlerschutz
Fälschungen der Probedrucke der Allgemeinen
Ausgabe der Französischen Zone
Wolfgang Straub BPP
Aus gegebenem Anlass muss auf gefährliche Fälschungen aus dem Sammelgebiet der Französischen Zone hingewiesen werden. Es handelt sich um falsche Probeabzüge der
drei Urstempel in Schwarz von den fünf Motiven der Pfennigwerte der Allgemeinen Ausgabe mit den Wertstempeln
zu 10 Pf, 12 Pf, 15 Pf, 20 Pf und 30 Pf.
Ein kurzer Steckbrief der Fälschungen
•
Druckart: Die Fälschungen sind – wie die echten Probeabzüge - im Buchdruck hergestellt.
•
Druckklischee: Saubere Ausführungen der echten Probeabzüge (épreuves de travail) dienten offensichtlich
als Vorlage für die neu herzustellenden Klischees der
Fälschungen. Die Fälschungen stimmen in der Größe
nicht exakt mit den echten Probeabzügen (épreuves de
travail) und den offiziellen Farbproben überein, deshalb
sind sie zwangsläufig falsch. Der Nachweis kann sowohl
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anhand von Originalen von verschiedenen „épreuves de
travail“ und von offiziellen Farbproben als auch anhand
der originalgetreuen Kopien der für die Druckfreigabe
archivierten Farbproben des Musée de La Poste in Paris
geführt werden.
•
Druckfarbe: Die Druckfarbe bei den Fälschungen ist
„schwarz“, bei allen Stücken, die bisher im Original vorgelegen haben „glänzend schwarz“.
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Papier: Die Fälschungen liegen auf zwei verschiedenen
Papiersorten vor.
•
Papiersorte A: Dünnes, weißes, glattes Maschinenpapier (90 µ ± 10 µ), wie man es z.B. für Bücher (auch bei
zusätzlichen Abbildungen) verwendet.
•
Papiersorte B: Dünnes, weißes, satiniertes Papier (80 µ
± 5 µ) mit einzelnen Fasern, die optische Aufheller mit
bläulich-weißer Fluoreszenz enthalten.
Das Format ist bei allen Stücken einheitlich 14 x 11 cm
(± 0,3 cm). Alle fünf Wappenmotive (10 Pf, 12 Pf, 15 Pf,
20 Pf und 30 Pf) lagen in der Papiersorte B mit optischen
Aufhellern mit bläulich-weißer Fluoreszenz vor. Ein Wappenmotiv (15 Pf) lag nur in der Papiersorte B mit optischen
Aufhellern mit bläulich-weißer Fluoreszenz vor.
Da die Probeabzüge vor Druckbeginn der eigentlichen
Auflage im Jahr 1945 hergestellt sein müssen, sind Drucke
auf Papieren mit optischen Aufhellern mit bläulich-weißer
Fluoreszenz zwangsläufig Fälschungen.
Signaturen: Die Fälschungen der Probeabzüge existieren mit oder ohne Signaturen. Ein Fall von einer Serie
der Fälschungen dieser Probeabdrucke wurde im Jahr
2007 vor dem Amtsgericht München auf der Basis zweier
Sachverständigen-Gutachten rechtskräftig entschieden.
Im Sachverständigen-Gutachten des wissenschaftlichen
Graphologen wurden die Signaturen auf den im konkreten
Gerichtsfall strittigen Stücken „mit an Sicherheit grenzender
Wahrscheinlichkeit“, also dem höchsten Wahrscheinlichkeitsgrad, als falsch eingestuft.
philatelie 466 · April 2016
Sammlerschutz
Literatur
Dr. W. D. Meisel: Entwürfe, Probe-, Vorlage und Vorzugsdrucke, Handbuch
Französische Zone, Kapitel 2.1, 1980
Wolfgang Straub: Entwürfe, Probe-, Vorlage und Vorzugsdrucke, Handbuch Französische Zone, Kapitel 2.1, S. 7 a – 10 a, 2013
Dr. W. D. Meisel: Druckformherstellung und Druckvorgang, Handbuch
Französische Zone, Kapitel 2.2, 1981
Hans-Dieter Schlegel, Gutachterliche Stellungnahme für das Amtsgericht
München, 2006
Peer-Dieter Lochmann, Schriftgutachten, 2006
Leopold Mayr & Michael Wienecke: Kanalinseln – Postgeschichtliches
Handbuch zur Deutschen Besetzung 1940 – 1945, 2000
Dr. H. Schneider: Die französischen Blocks, ihre Bezeichnung, Herstellung
und Bedeutung, Die Sammlerlupe, Heft 5, 1970
Dr. Damian Läge: Probe- und Präsentationsausgaben der französischen
Staatsdruckerei
Bei allen gezeigten Abbildungen – auch bei der nachfolgenden Abbildung aus dem Sammelgebiet Jersey – handelt
es sich um falsche Probedrucke.
Da die echten „épreuves de travail“ der drei Urstempel
ebenfalls in Schwarz auf verschiedenen Papiersorten abgezogen wurden und ebenfalls mit oder ohne Signatur vorkommen, ist die Prüfung anzuraten. Es gibt sogar – leider
– echte Probedrucke mit falschen Signaturen.
Im Mitteilungsblatt Nr. 52 hatte die ArGe Saar in einem
redaktionellen Beitrag von Dr. Horst Buchheit unter Negierung aller gegenteiligen Fakten die falschen Probedrucke
der Französischen Zone für echt erklärt (siehe „Das besondere Verhältnis der ArGe Saar zu Fälschungen“).
Aus der gleichen Fälscherwerkstatt stammen übrigens
auch die Fälschungen der 1943 in Paris hergestellten Vorlagedrucke der Landschaftsausgabe von Jersey. Die falschen Probedrucke von Jersey wurden mit der gleichen
Druckfarbe auf den gleichen Papiersorten wie die falschen
Probeabzüge der allgemeinen Ausgabe der Französischen
Zone gedruckt. Wie die Fälschungen der Probedrucke der
Französischen Zone existieren die falschen Probedrucke von
Jersey sowohl ohne als auch mit falschen Signaturen.
Dr. Ludwig Franzheim: Aufdeckung einer Briefmarkenfälschung durch
Papieraltersbestimmung, 1960
Hans Kotte: Papier im Druck, eine kleine Werkstoffkunde, Sammlung Garte
Band 2, 1948
Dr. Hubertus J. Buchheit: Künstlerdrucke (épreuve d‘ artiste) der Pfennigwerte der Allgemeinen Ausgabe für die Französische Besatzungszone“,
Mitteilungsblatt Nr. 52 der ArGe Saar
Publikationen zur martensitischen Umwandlung (u.a. Versuchsanleitung
für Studenten, Praktikumsversuch zur martensitischen Umwandlung und
ihrer Anwendungen, Institut für Physik, Universität Augsburg)
Das besondere Verhältnis der ArGe Saar zu Fälschungen
(ws) Die ArGe Saar hat das Fälschungsproblem – zumindest teilweise – gelöst: Man erklärt die Fälschungen für echt.
Die Methode funktioniert laut Mitteilungsblatt Nr. 52 der
ArGe Saar speziell bei Ganzfälschungen und bei Druckformen
aus Stahl, wenn die ungehärteten Druckformen dem martensitischen Härtungsverfahren unterzogen werden. Die Druckform kann durch das martensitische Härtungsverfahren makroskopisch kleiner oder größer als die ungehärtete Druckform
werden, es kann zur „Stauchung, Dilation oder Scherung“
kommen. Speziell bei Probedrucken aller Art kann man damit
beweisen, dass die Abweichungen je nach Bedarf der gehärteten oder der ungehärteten Druckform zuzuschreiben sind.
Die Methode würde dann auch bei Abweichungen des Aufdrucks funktionieren, wenn das ungehärtete Aufdruck-Klischee
aus Stahl dem martensitischen Härtungsverfahren unterzogen
würde. Das Aufdruck-Klischee würde durch das martensitische
Härtungsverfahren makroskopisch kleiner oder größer als das
ungehärtete Klischee werden, es könnte auch zu Stauchungen, Streckungen und Scherungen kommen. Also könnte man
damit beweisen, dass die Abweichungen der Fälschung je nach
Bedarf dem gehärteten oder dem ungehärteten Aufdruck-Klischee zuzuschreiben sind.
Das umfangreichste Anwendungsgebiet für diese Methode
wären allerdings die Falschstempel. Man könnte im Saarland alle möglichen Abweichungen von Falschstempeln mit
Nachhärtungen der Stempel nach dem martensitischen Verfahren erklären. Aber vielleicht kennt die ArGe Saar gar keine
Falschstempel (vgl. hierzu auch den etwas versteckten Leserbrief im gleichen Mitteilungsblatt Nr. 52 der ArGe Saar).
philatelie 466 · April 2016
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Sammelgebiet Europa
Post und Postwertzeichen in Finnland (I):
Von Ganzsachen zu Briefmarken
Michael Burzan, AIJP
Mehr als ein Jahrzehnt lang nutzte man im Großfürstentum Finnland Ganzsachen, bevor die Postverwaltung
beschloss, auch Briefmarken in ausgeschnittener Form als
Wertstempel für Sendungen einzuführen.
Finnland war über mehr als sieben Jahrhunderte ein
Teil des schwedischen Königreichs. Auch die Ursprünge des
Postwesens entwickelten sich weitgehend in dieser Periode.
Vor der Einführung staatlicher Postsysteme mit festgelegten Routen und Zeitplänen wurden offizielle Briefsendungen der schwedischen Monarchie durch königliche Kuriere
befördert. Diese Dienste hatten allerdings einen recht
begrenzten Umfang. So gab es um 1630 am schwedischen
Hof laut Katri Mattila von der Universität Tampere nur etwa
40 Kuriere. Für die staatliche Verwaltung war in Finnland
die sogenannte „Häradspost“ zuständig, auch „Kronopost“
genannt. Die Post wohlhabender privater Bürger wurde in
der Regel durch Dienstboten bestellt.
Die Kirche wiederum
verfügte bereits seit dem 15.
Jahrhundert über ihre eigenen Postdienste, die „Klockarpost“, in Finnisch „lukkarinposti“ genannt („Küsterpost“).
Das Kirchengesetz verpflichtete die Küster der Gemeinden, Post der Kirchenleitung
zu befördern. Diese Dienstleistung erfolgte mehr nach
Bedarf als auf einer festgelegten Basis und wurde
Ein historisches Gemälde von
in Finnland noch bis in die
Per Brahe, der Finnlands Post1860er-Jahre fortgeführt.
wesen etablierte.
Staatspost ab 1638
Zum Start ab 6. September 1638 richtete der Generalgouverneur Per Brahe der Jüngere (1602–1680) entsprechend seinem Vorschlag von 1637 mit Genehmigung der
schwedischen Königin Christina einen Postdienst in Finnland ein. Als erster Postmeister war Oluf Jönssonin vorgesehen. Doch dieser traf nicht ein, und so trat am 2. Juni
1638 Bernhardt Steen von Steenhausen an seine Stelle.
Er verpflichtete auf dem Land Bauern zur Beförderung der
Post und ernannte entlang der Strecken Bürger zu Postmeistern. Am 18. Juni 1638 wurde ein Postamt in Turku
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Gesiegelter Brief des schwedischen Reichskanzlers Graf Oxenstierna an Per Brahe vom September 1638.
(Åbo) eröffnet, am 27. Juni in Helsinki, in Porvoo am 2. Juli,
in Vyborg am 15. Juli und in Kökisalmi am 20. Juli 1638.
Dr. med. Wolf Heß berichtet in seiner Publikation über
die Postgeschichte Finnlands für die Arbeitsgemeinschaft
Nordische Staaaten: „Von Beginn an war die Post auch für
die Allgemeinheit zugänglich. Erste Postrouten verbanden
ab 1638 die beiden Hauptstädte Stockholm und Åbo, hinzu
kamen Postverbindungen ins Innere Finnlands. Die Post
wurde zunächst durch Postläufer (Postlöpar), mit Postreitern/Postfuhren oder mit Ruder- und Segelbooten (Postbauern auf den Åland-Inseln) befördert.“
Ab 6. September 1638 traten die ersten Beförderungstarife für Postsendungen in Kraft. Das Basisgewicht für einen
Brief galt bis 13,3 Gramm, doch auch die Entfernung spielte
für die Berechnung eine Rolle. Der günstigste Tarif lag bei
zwei Öre, der höchste von 14 Öre galt von Stockholm bis
Narva. Die erste Postroute führte einmal pro Woche von
Stockholm über Grisslehamn nach Eckerö, weiter über
Turku, Helsinki, Porvoo, Käkisalmi, Vyborg, Nyen und Narva.
Ein anderer Zweig reichte von Helsinki nach Hömeenlinna.
Philatelie und Postgeschichte 387 · philatelie 466 · April 2016
Sammelgebiet Europa
Auf der finnischen Europamarke 1979 zu 1,10 Mark
(MiNr. 842) ist ein Auszug
des Briefs von Königin Christina an Generalgouverneur Pietari (Per) Brahe aus dem Jahr 1638 wiedergegeben, mit
dem sie der Einrichtung des Postdienstes zustimmte.
Ab 1640 gab es auch postalische Verbindungen über die
Ostsee nach Reval. Ab 1642 wurden verstärkt Pferde statt
Fußboten zur Beförderung auf dem Landweg eingesetzt. In
den 1650er-Jahren brauchte ein Brief von Stockholm nach
Helsinki 10 bis 15 Tage.
Die Jubiläumsserie von 1938
wurde auch im
Markenheftchen ausgegeben.
Bauern befunden. 1748 wurde auf Grund einer Beschwerde
ein eigenes Postgebäude errichtet, das aber 1783 in Folge
des sumpfigen Bodens schwere Schäden aufwies und durch
ein repräsentatives neues Postamt abgelöst wurde. Das Markenbild der MiNr. 213 entstand nach einer Seidenstickerei aus
der Königlichen Bibliothek in Stockholm.
Das 2014 eröffnete finnische Postmuseum im Museumszentrum Vapriikki in Tampere bietet mit seiner Sammlung von über 9 000 Objekten einen guten Überblick über
die Entwicklung des Postwesens (www.postimuseo.fi).
Hier findet man unter den ältesten Spuren ein Edikt von
König Johann III aus dem Jahr 1584. Es legte fest, dass die
königlichen Kuriere ein offizielles Abzeichen zu tragen hatten,
das ihnen freie Kost und Verpflegung für ihre Pferde garantierte.
Unter russischer Herrschaft
Die erste Blockausgabe des Landes mit Darstellung der historischen
Postrouten rund um die Ostsee.
Zum Jubiläum „300 Jahre Finnische Post“ erschien am
6. September 1938 eine Serie von vier Sondermarken, die
auch in Markenheftchen zu haben war (MiNr. 213–216). Der
niedrigste Wert zu 50 Penniä stellt das Posthaus von Ahvenkoski im Jahr 1787 dar, das an der Grenze zwischen finnischem und russischem Staatsgebiet gelegen war. Diese Poststelle hatte sich zunächst in der bescheidenen Hütte eines
Philatelie und Postgeschichte 387 · philatelie 466 · April 2016
Nach dem Krieg zwischen Schweden und Russland
wurde Finnland 1809 als Großfürstentum in das Russische
Reich eingegliedert; es konnte aber weitgehend seine politische Autonomie bewahren. So errichtete man 1811 in Åbo
(Turku) eine zentrale Postdirektion, die 1818 in die neue
Hauptstadt Helsingfors (Helsinki) verlegt wurde. Generell
blieb das schwedische Postsystem nach Dr. Heß bis Ende
1844 unverändert bestehen. Die Stempel wurden allerdings
bis auf Ausnahmen in kyrillischer Schrift abgeschlagen.
Finnland war über Jahrhunderte schwach besiedelt; so
blieb das Postaufkommen recht gering. Erst im frühen 19.
Jahrhundert stieg die Einwohnerzahl über eine Million; um
1860 lag sie bei 1,75 Millionen, die zweite Million war um
1880 erreicht. 1860 hatte Finnland 39 Postämter; um 1870
gab es 62, zehn Jahre später waren es bereits 116.
(wird fortgesetzt)
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