Kilroy was here

SÜDWESTRUNDFUNK
SWR2 Tandem
aktualisierte Fassung vom:
12.10.2015
AutorIn:
RedakteurIn:
Regie:
Robert Weber
Katrin Zipse
Mark Ginzler
Kilroy was here
Folge 1: Beute Kunst
Studiobelegung:
Sendung am:
Studio 2; 30.11.-4.12.15:9.00-16.45; 7.-11.12.:17.00-0.30; 14.+15.12:9.00-16.45
Dienstag, den 22.3.2016 um 19.20 Uhr in SWR2 Tandem
Sprecher/Rollen: Juwe ♂
Jankowitz ♀
Kilroy ♂
Schulze ♂
Meyer-Hoge ♀
Scheuer ♂
Nachrichten ♀
Diese Kopie wird nur zur rein persönlichen
Information überlassen. Jede Form der
Vervielfältigung oder Verwertung bedarf der
ausdrücklichen vorherigen Genehmigung
des Urhebers.
© by the author
2
1.
Szene
Polizeipräsidium. Kilroy, Jankowitz, Juwe und Schulze.
1KILROY
(über Telefon, mit Stimmverzerrer) Ich rate Ihnen, die Sache ernst zu
nehmen. Sie haben noch drei Minuten und 38 Sekunden.
2JANKOWITZ
(ins Telefon) Sie wissen, dass derartige Scherze hart bestraft
werden? (In den Raum, zu einem ihrer Männer) Schulze, haben wir
den Idioten?
3SCHULZE
Arm raus, Arm rein. Armbanduhr geklaut.
4JANKOWITZ
Der Anruf kommt aus Rom?
5SCHULZE
Für den genauen Standort brauchen wir noch etwas.
6JANKOWITZ
(ins Telefon) Hören Sie zu, Sie Witzbold. Ich weiß noch nicht, wer
Sie sind, aber das ist nur eine Frage der Zeit. Das wird Sie teuer zu
stehen kommen.
7KILROY
(über Telefon, mit Stimmverzerrer) Noch zwei Minuten 46 Sekunden.
8SCHULZE
Wir haben ihn, Chefin. Das Signal seines Handys kommt aus dem
Vatikan. Aus der Sixtinischen Kapelle.
9JANKOWITZ
(Raum) Aber dort darf man doch gar nicht telefonieren.
10JUWE
Befindet sich derzeit jemand in der Asservatenkammer?
11JANKOWITZ
Kann das mal einer klären?
3
12JUWE
Und man sollte die Corpo della Gendarmeria1 informieren.
13JANKOWITZ
Meinen Sie nicht, wir machen da ein zu großes Fass auf?
14KILROY
(über Telefon, mit Stimmverzerrer) Noch zwei Minuten, drei
Sekunden.
15SCHULZE
Stein sagt, er macht gerade eine Bestandsaufnahme.
16JANKOWITZ
Stein? Ich dachte, der hat sich krank gemeldet? Sagen Sie ihm, er
soll verschwinden. Und wenn sich noch jemand da unten befindet,
soll er ihn mitnehmen.
17KILROY
Endlich werden Sie vernünftig, Oberkommissarin Jankowitz. Aber
keine Sorge. Die erste Bombe ist so berechnet, dass sie nur die
Asservatenkammer zerstört. Sie müssen nicht gleich das ganze
Kellergeschoss räumen.
18JANKOWITZ
Er kann uns hören. Hier muss irgendwo eine Wanze sein.
19KILROY
(über Telefon, mit Stimmverzerrer) Kluges Mädchen.
20JANKOWITZ
(ins Telefon) Was meinen Sie mit der ersten Bombe? Gibt es eine
zweite? (In den Raum) Hat jemand das Gendarmeriekorps im
Vatikan verständigt?
21KILROY
(über Telefon, mit Stimmverzerrer) Sparen Sie sich die Mühe. Wie
Sie zu Recht bemerkten, sind Handys in der Sixtinischen Kapelle
nicht gestattet. Ich bin hier. Ganz nah bei Ihnen.
22JUWE
1
Was ist mit der zweiten Bombe?
Gendameriekorps der Vatikanstadt.
4
23KILROY
(über Telefon, mit Stimmverzerrer) Ist das Officer Juwe von Europol,
den ich da fortwährend dazwischenreden höre? Stets zur rechten
Zeit am rechten Ort. Was für ein Zufall. Noch 32 Sekunden.
24JANKOWITZ
Er kennt Sie, Juwe!
25JUWE
Was? Geben Sie mir das Telefon. (Zu Kilroy, ins Telefon) Hören Sie
zu, keine Ahnung woher Sie mich kennen oder wer Sie sind, aber Sie
legen sich mit dem Falschen an.
26KILROY
Sie wissen, wer ich bin, Officer Juwe: Sieben, Sechs, Fünf, Vier,
Drei, Zwei...
Explosion im Kellergeschoss. Scheiben klirren.
2.
Szene
BND-Zentrale. Scheuer, Jankowitz, Juwe und Schulze.
27SCHEUER
Oberkommissarin Jankowitz, jetzt kommen Sie erst mal runter. Ich
kann doch nicht die ganze BND-Zentrale räumen lassen. Wir sind
gerade erst eingezogen. Wie stehen wir denn da? Wie sieht das
denn aus?
28JANKOWITZ
(über Telefon) Spreche ich Chinesisch? Bei uns ist gerade eine
Bombe hochgegangen. Der Mann scherzt nicht. Ich gebe Ihnen
Officer Juwe.
5
29JUWE
(über Telefon) Hier Officer Juwe, Analytiker bei Europol.
30SCHEUER
Wir wissen wer Sie sind, Officer Juwe. Ihr Ruf eilt Ihnen voraus.
31JUWE
(über Telefon) Welchen meinen Sie? Den schmeichelhaften oder den
weniger schmeichelhaften?
32SCHEUER
Das überlasse ich Ihnen. Sie sind also auch der Meinung, dass die
Bombendrohung ernst zu nehmen ist? Kennen Sie unsere immensen
Sicherheitsvorkehrungen? Es ist unmöglich, hier einen Sprengsatz
reinzuschmuggeln.2
33JUWE
(über Telefon) Das hat Oberkommissarin Jankowitz auch behauptet.
Und doch ist die Bombe hochgegangen. Am bestgesicherten Ort im
Polizeipräsidium: in der Asservatenkammer.
34SCHEUER
Sie vergleichen hier Äpfel mit Birnen. Wir sind der BND und keine
poplige Polizeidienststelle. Was ist da bei Ihnen überhaupt los?
Polizeipräsidium, hektische Atmosphäre. Telefone klingeln, aufgeregtes
Stimmengewirr usw.
35SCHULZE
Noch ein stiller Alarm. Diesmal aus den drei Filialen der Deutschen
Bank.
36JANKOWITZ
Wie viel sind es jetzt insgesamt?
37SCHULZE
24.
2
http://www.tagesspiegel.de/berlin/polizei-justiz/metalldiebstahl-in-berlin-mitte-watergateim-bnd-neubau/11457216.html
6
38JANKOWITZ
Und die Ampelanlagen?
39SCHULZE
Immer noch tot. Die Verkehrslenkung hat keine Ahnung, warum. Sie
fahren gerade das System wieder hoch. Es ist Berufsverkehr. Auf
den Straßen herrscht das totale Chaos. Wir kommen mit unseren
Streifenwagen nicht mehr durch.
BND-Zentrale
40JUWE
(über Telefon) Was hier los ist? (Abgesehen von der Explosion in der
Asservatenkammer?) Gerade sind alle Ampeln in Berlin offline
gegangen und scheinbar wird jede Bank in der Innenstadt
gleichzeitig überfallen. Das ist Er! Räumen Sie endlich das Gebäude.
Sie haben noch fünf Minuten.
41SCHEUER
Er? Wer ist Er?
42JUWE
(über Telefon) Kilroy... Er ist hier.
Ansage / Titelmelodie:
43Ansage
Kilroy was here
Hörspielserie von Robert Weber
Folge 1: Beute: Kunst
7
3.
Szene
Besprechungsraum. Juwe, Scheuer, Jankowitz und Schulze.
44JANKOWITZ
Fassen wir zusammen: In 24 Banken wurde stiller Alarm ausgelöst.
Keine dieser Banken ist überfallen worden. Die Mitarbeiter haben
nichts Ungewöhnliches bemerkt, sie wussten nicht einmal, dass der
Alarm ausgelöst wurde. Zeitgleich sind in der ganzen Stadt die
Ampeln ausgefallen, was den Verkehr lahm gelegt hat. Kurz vorher
ging eine Bombe in der Asservatenkammer des Polizeipräsidiums
hoch, kurz danach eine weitere, mit erheblich mehr Zerstörungskraft,
in der BND-Zentrale.
45SCHEUER
Genauer gesagt im Serverzentrum. Neben unseren eigenen Daten
hatten wir da noch einiges von den Amerikanern zwischengelagert.
Die NSA wird nicht erfreut sein.
46JANKOWITZ
Sowohl an einer Wand des zerstörten Serverzentrums als auch in
der Asservatenkammer fand sich das Graffiti „Kilroy was here“, das
offenbar vom Täter hinterlassen wurde.
47JUWE
Europol ist Kilroy schon lange auf den Fersen. Möglicherweise hatte
der BND in seiner Datenbank etwas gespeichert, von dem er nicht
wollte, dass es gespeichert ist.
48JANKOWITZ
Womit wir bei einem weiteren Punkt wären: Kilroy hat Officer Juwe
anhand seiner Stimme identifiziert. Er scheint ihn also gut zu kennen.
Und er hat angedeutet, dass der Aufenthalt von Officer Juwe zum
Tatzeitpunkt kein Zufall war. Ihre Meinung, Officer Juwe?
8
49JUWE
Dass ich als Vortragsredner an einer Tagung über organisierte
Kriminalität in Berlin teilnehme, war kein Geheimnis, das steht seit
Monaten auf der Internetseite von Europol. Die Frage, die sich stellt,
ist: Warum hat Kilroy seinen Plan gerade jetzt ausgeführt? Das kann
nur bedeuten: Ich war oder bin Teil seines Plans. Er macht nichts
ohne einen triftigen Grund.
50JANKOWITZ
Was können Sie uns über diesen Kilroy erzählen?
51JUWE
Können wir das Licht etwas dimmen und den Beamer einschalten?
Danke. Was sehen Sie?
3
52JANKOWITZ
3
„Kilroy was here“, das Graffiti aus der Asservatenkammer.
Gedenktafel am Washington Memorial.
Foto: Luis Rubio. Lizenz: https://creativecommons.org/licenses/by/2.0/deed.en. Quelle:
https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Kilroy_Was_Here__Washington_DC_WWII_Memorial.jpg
9
53JUWE
Und jetzt?
Geräusch wie bei einem Diaprojektor. Im Folgenden immer bei (-).
54SCHEUER
Das gleiche Graffiti, aus der BND-Zentrale.
55JUWE
Ich lege nun beide übereinander. - Wie Sie bemerken werden, sind
beide Schriftzüge nahezu identisch. Die Auswertung unserer
Graphologen bei Europol steht zwar noch aus, aber ich verspreche
Ihnen, das Graffiti stammt von ein und derselben Person. Genauso
wie das auf diesem Foto hier. (-)
56JANKOWITZ
Wo wurde die Aufnahme gemacht?
57JUWE
Fort Knox. In einem Golddepot, das man 1977 geöffnet hat,
nachdem es 40 Jahre lang versiegelt war.
58SCHEUER
Was soll das heißen?
59JUWE
Dass der Schriftzug 1937 dort angebracht wurde.4
60SCHEUER
Das ist lächerlich. Das hieße ja, dass Kilroy an die hundert Jahre alt
sein muss.
61JUWE
Die nächste Aufnahme stammt aus einem deutschen Bunker in der
Normandie. - 1944. Ein paar G.I.’s haben das Graffiti entdeckt,
nachdem sie sich vom Omaha Beach freigekämpft hatten. Offenbar
war schon jemand vor der Landung der Alliierten dort, denn die
Deutschen haben das sicher nicht an die Wand gepinselt.
4
Zu sehen in einer Dokumentation von 2007. Tatsächlich wurde die Szene aber aus der
Erinnerung damaliger Mitarbeiter nachgestellt.
10
62JANKOWITZ
Dieselbe Handschrift.
63JUWE
Beim weiteren Vormarsch der Amerikaner tauchte der Schriftzug
immer wieder auf. Kilroy war der Mann, der immer schon vorher da
war. Für die Truppen wurde er zu einem Phantom.5 1945. - Dieses
Foto stammt von einem Soldaten der Roten Armee. Es wurde im
Führerbunker aufgenommen.
64SCHEUER
Jetzt sagen Sie bloß noch, Ihr Kilroy hat Hitler erledigt und es wie
einen Selbstmord aussehen lassen?
65JUWE
Möglich wär’s. - 1963.
66JANKOWITZ
Der Postraub von England.6
67JUWE
Das Foto stammt aus dem Packwagen mit dem Geld. Zweieinhalb
Millionen Pfund, nach heutigem Wert etwa 50 Millionen Euro.
68JANKOWITZ
Und nur 300.000 Pfund sind wieder aufgetaucht. Was ist mit
Reynolds, Wilson, Biggs und den anderen Posträubern?
69JUWE
Nur Handlanger. Ein anderes Bild: - 1979, der spektakulärste
Kunstraub der DDR ...
70JANKOWITZ
Der Kunstraub von Gotha.7
71JUWE
Fünf Gemälde im Wert von 50 Millionen Euro sind bis heute
verschwunden. Danach wurde es einige Zeit ruhig um Kilroy. Bis
5
http://www.spiegel.de/einestages/legendaerer-weltkriegs-slogan-kilroy-was-here-a951307.html
6
http://de.wikipedia.org/wiki/Postzugraub
7
http://de.wikipedia.org/wiki/Kunstraub_von_Gotha
11
1987. - Das Foto wurde im Hotel Beau Rivage in Genf
aufgenommen.
72SCHEUER
Uwe Barschel.
73JUWE
Tot in einer Badewanne.8 Und an der Wand...
74JANKOWITZ
Kilroy was here.
75JUWE
Ein als Selbstmord getarnter Mord.
76JANKOWITZ
Wie bei Hitler.
77JUWE
- Diese Aufnahme stammt aus dem Steward Gardner Museum in
Boston. 1990 wurden dort 13 Gemälde im Wert von 300 Millionen
Dollar gestohlen und sind bis heute nicht wieder aufgetaucht.9
78SCHEUER
300 Millionen für ein paar Bilder?
79JUWE
Wissen Sie, was ein Rembrandt heute wert ist? Zwischen 20 und 30
Millionen Euro. Ein Picasso wird mit 150 Millionen gehandelt.10
Mit Kunst können Sie inzwischen mehr verdienen, als mit Drogen. Diese Aufnahme stammt vom Juwelenraub in Cannes 2013.11
Die Beute betrug hundert Millionen Euro. Nach dem, was heute hier
passiert ist, gehe ich davon aus, dass er das Geld in einen weitaus
größeren Coup investiert hat.
8
http://www.zeit.de/wissen/geschichte/2012-10/barschel-tod
http://de.wikipedia.org/wiki/Uwe_Barschel#Todesumst.C3.A4nde
10
http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/kunstmarkt/kommentare-glossen/the-gardner-heist-derhistorische-bilderraub-1954786.html
11
http://www.focus.de/kultur/kunst/kunst-was-ist-das-besondere-an-les-femmesdalger_id_4677507.html
9
12
80JANKOWITZ
Wie kommt es, dass nichts von den Graffitis an die Öffentlichkeit
gelangt ist?
81JUWE
Niemand würde die Geschichte glauben. Die zuständigen Ermittler
im jeweiligen Fall haben sie selbst nicht geglaubt. Ein genialer
Superverbrecher, der seit fast 80 Jahren sein Unwesen treibt?
82SCHEUER
Das ist unmöglich. Die Graphologen müssen sich irren.
83JUWE
Wir nutzen auch Schrifterkennungssoftware. Die Wahrscheinlichkeit
einer Übereinstimmung beträgt 98,6 Prozent. Zudem wurde das
Graffiti immer mit derselben Kreide angebracht, seit 1937. Einer
gelben Zimmermannskreide, die seit 50 Jahren nicht mehr hergestellt
wird.
84JANKOWITZ
"Wenn Du das Unmögliche ausgeschlossen hast, dann ist das, was
übrig bleibt, die Wahrheit, wie unwahrscheinlich sie auch sein mag."
85JUWE
Sir Arthur Conan Doyle.12
Schulze platzt rein.
86SCHULZE
Chefin, ein Anruf vom Kunsthistorischen Institut in Dahlem.
87JANKOWITZ
Schulze! Klopfen Sie gefälligst an.
88SCHULZE
Sorry Chefin. Aber sie sagt, es sei dringend.
89JANKWOWITZ
Wer?
90SCHULZE
Eine Frau Meyer-Hoge.
12
Sherlock Holmes
13
91JANKOWITZ
Dafür habe ich jetzt keine Zeit. Übernehmen Sie das!
92SCHULZE
Sie will nur mit Ihnen sprechen.
93JANKOWITZ
Also gut. Entschuldigen Sie mich bitte kurz, meine Herren.
Geht raus. Durch die Tür hört man Jankowitz schreien.
Was?... Wieso weiß ich davon nichts?... Geheimhaltung?... Die
gesamte Sammlung?... An der Wand?...Ein Graffiti?... Wir kommen
so schnell wie möglich.
Betritt wieder den Raum.
Kilroy hat wieder zugeschlagen.
4.
Szene
Kunsthistorisches Institut Dahlem. Jankowitz, Scheuer, Juwe, Kilroy und MeyerHoge.
94JUWE
Kilroy was here!
95JANKOWITZ
Das also war sein Ziel.
96MEYER-HOGE
Die gesamte Gerlachsche Sammlung ist weg. 1500 Bilder im Wert
von einer knappen Milliarde Euro. Das ist der größte Kunstraub der
Geschichte.13
97SCHEUER
13
Es hieß doch, die Bilder seien nur 50 Millionen wert?
In Anlehnung an die Sammlung Gurlitt:
http://de.wikipedia.org/wiki/Schwabinger_Kunstfund
14
98JUWE
Aus Sicherheitsgründen, nicht wahr, Dr. Meyer?
99MEYER-HOGE
Meyer-Hoge. Den Doktortitel können Sie ruhig weglassen, den
können Sie heutzutage nur noch ironisch führen. Es stimmt, was
Officer Juwe sagt. Wäre der wahre Wert der Sammlung bekannt
geworden, hätte das eine Menge Begehrlichkeiten auf den Plan
gerufen.
100JUWE
Und nicht nur von Seiten der Kriminellen. Die Londoner Kommission
für Beutekunst hätte Sie dann weit mehr unter Druck gesetzt, als
ohnehin schon.
101MEYER-HOGE
Die Kommission geht davon aus, dass ein Teil der Sammlung
während des 2. Weltkrieges unter, gelinde gesagt, recht zwielichtigen
Umständen in den Besitz der Familie gelangt ist. Die Taskforce
Gerlach unter meiner Leitung ist ... war damit beauftragt, die Herkunft
und den Wert der Werke zu klären. Eine langwierige Angelegenheit,
wie Sie sich denken können. Die Provenienz von 1500 Bildern...
102JUWE
Monet, Renoir, Matisse, Magritte, Chagall, Kokoschka, Picasso...
103MEYER-HOGE
Liebermann, Spitzweg, Dix ... Jedenfalls wurde die Sammlung unter
größter Geheimhaltung nach Berlin überführt.
104SCHEUER
Wieso wusste der BND nichts davon? Wir sind davon ausgegangen,
dass die Sammlung sich irgendwo in Baden-Württemberg befindet.
15
105MEYER-HOGE
Das Kultusministerium, das Innenministerium, die Staatsanwaltschaft
Stuttgart, das Auswärtige Amt und auch wir sind der Meinung, dass
hiervon zunächst nichts an die Öffentlichkeit gelangen darf. Der
Raub muss unter allen Umständen geheim bleiben. Vorläufig
jedenfalls. Es geht um das Ansehen der Bundesrepublik. Wir zählen
auf Ihre Diskretion.
106JANKOWITZ
Keine Spuren eines gewaltsamen Eindringens. Nichts deutet auf
einen Einbruch hin.
107MEYER-HOGE
Der Tresorraum war heute Morgen genauso, wie ich ihn gestern
Nachmittag zurück gelassen habe, nur ohne die Bilder und mit
diesem Schriftzug an der Wand.
108SCHEUER
Gelbe Zimmermannskreide.
109MEYER-HOGE
Die Tür war verschlossen. Nur ich und der Institutsleiter kennen die
Kombination. Außerdem ist der Tresorraum mit einem Zeitschloss
gesichert.
110SCHEUER
Und wie hätte man die Bilder in dem Chaos gestern abtransportieren
können? Sie wissen ja, was auf den Straßen los war.
111JUWE
Befanden sich Hubschrauber über dem Gelände?
112JANKOWITZ
Über der gesamten Stadt waren Hubschrauber, wir haben alles, was
fliegen konnte, in die Luft geschickt.
113SCHEUER
Aber ein Hubschrauber, der hier gelandet wäre, wäre doch
irgendwem aufgefallen.
16
114MEYER-HOGE
Ich sage es ja nur ungern, aber gestern ist tatsächlich ein
Hubschrauber hier gelandet. Ein Rettungseinsatz. Professor Robert
Langdon14 - er hatte einen Nervenzusammenbruch.
115JUWE
Überprüfen Sie das!
116JANKOWITZ
Schon dabei. (Tippt eine Nummer in ihr Handy, Ruf-Tastentöne). Ja,
Oberkommissar Jankowitz hier. Es gab hier am Kunsthistorischen
Institut gestern einen Hubschraubereinsatz, können Sie kurz klären,
wer da am Start war? (Zu Meyer-Hoge) Um wie viel Uhr?
117MEYER-HOGE
Etwa gegen 18 Uhr.
118JANKOWITZ
18 Uhr. Wie? Sind Sie sicher? Gut. Danke. (legt auf) – Kein offizieller
Hubschraubereinsatz registriert. Jetzt wissen wir wenigstens, wie er
die Bilder abtransportiert hat.
119SCHEUER
Wer ist dieser Langdon?
120MEYER-HOGE
Professor Langdon? Er arbeitet ebenfalls für die Taskforce. Er wurde
uns vom Museum of Modern Art in New York ausgeliehen. Meinen
Sie...?
121JUWE
Seine Telefonnummer.
122MEYER-HOGE
Moment, ich habe sie in meinen Kontakten gespeichert....
123JUWE
Rufen Sie ihn an!
14
Nach dem gleichnamigen Professor aus Dan Browns „Sakrileg“ (im Film gespielt von Tom
Hanks).
17
124MEYER-HOGE
(wählt, Ruf-Tastentöne, über Telefon) Yes, hello. This is Meyer-Hoge
speaking, from the Kunsthistorischen Institut Berlin. Professor
Langdon? How are you? Do you feel better? So, you are not in the
Hospital anymore? I’m very glad to hear that … Yes. One Moment
please. (Zu Juwe in den Raum) – Er möchte mit Ihnen sprechen,
Officer Juwe.
125JUWE
Woher weiß er...? Ach, egal. Geben Sie her. (Über Telefon) This is
Officer Juwe from Europol. Professor Langdon?
126KILROY
(über Telefon, Stimmverzerrer) Officer Juwe, ich hatte Ihren Anruf
früher erwartet. Sie enttäuschen mich.
127JUWE
(ins Telefon) Kilroy. Wieso überrascht es mich nicht, Sie am anderen
Ende der Leitung zu haben? Auf die Sammlung Gerlach hatten Sie
es also abgesehen. Meinen Sie nicht, dass das Ablenkungsmanöver,
das Sie dafür veranstaltet haben, etwas übertrieben war? Selbst für
Ihre Verhältnisse?
128KILROY
(über Telefon, Stimmverzerrer), Ablenkungsmanöver? Die
Sammlung Gerlach? Mein lieber Officer Juwe, offenbar habe ich Ihre
intellektuellen Fähigkeiten weit überschätzt. Glauben Sie im Ernst,
ich wäre auf ein paar läppische Gemälde aus? Obwohl ich sagen
muss, das Selbstporträt von Otto Dix hat es mir doch sehr angetan.
Ich denke, das werde ich behalten. Das erinnert mich so an Sie.
Diese blumenkohlartigen Ohren, diese Triefaugen, diese
Säufernase…
18
15
129JUWE
(ins Telefon) Äußerst schmeichelhaft. Aber bei 1500 Kunstwerken im
Wert von einer Milliarde Euro kann man wohl kaum von ein paar
läppischen Gemälden sprechen. Glauben Sie wirklich, Sie könnten
eine derartige Sammlung absetzen, ohne Spuren zu hinterlassen?
130KILROY
(über Telefon, Stimmverzerrer) Absetzen? Wer spricht denn von
absetzen? Große Güte. Wenn es mir nur um Geld ginge, wäre der
Aufwand wahrlich nicht gerechtfertigt. Lesen Sie morgen die Zeitung,
wenn Sie noch zu den Menschen gehören, die Zeitungen lesen.
Ansonsten benutzen Sie eine von Ihren fragwürdigen Apps. Sie
müssen SIRI übrigens nicht immer anschreien wie Adolf Hitler. Die
Spracherkennung funktioniert inzwischen recht gut.
15
Selbstporträt Dix. Foto: Hans Weingartz. Quelle:
https://de.wikipedia.org/wiki/Otto_Dix#/media/File:OttoDIX.jpg. Lizenz:
http://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0/de/deed.en
19
131JUWE
(Raum) Er hört mein I-Phone ab.
132KILROY
(über Telefon, Stimmverzerrer) Mit einem Blackberry wäre das nicht
passiert.16 Nun muss ich aber Schluss machen. Telefonate mit
Menschen unter meinem Niveau machen mich immer so unglaublich
müde.
133JUWE
(Telefon) Kilroy?
134JANKOWITZ
Was hat er gesagt?
135JUWE
Ich fürchte, die Sache mit der Geheimhaltung können wir vergessen.
Dieses verfluchte I-Phone.
5.
Szene
Büro Jankowitz. Nachrichtensprecherin, Schulze, Juwe und Jankowitz.
136NACHRICHTEN
… wie die Times berichtete, sei ein Großteil der
Gerlachschen Sammlung auf mysteriöse Weise in den Besitz der in
London ansässigen Kommission für Beutekunst gelangt. Deren
Vorsitzende teilte mit, dass man die Bilder den Nachkommen der
ursprünglichen Besitzer aushändigen werde. Ein Sprecher der
Bundesregierung verurteilte indessen auf schärfste, dass weder die
Kommission noch die britische Regierung die Absicht zeigen, die
geraubten Kunstwerke an Deutschland zurückzugeben. Die
16
Mitglieder der Bundesregierung und Angelea Merkel benutzen ein „abhörsicheres“ Modell
10 von Blackberry. http://www.spiegel.de/politik/deutschland/nsa-merkel-beschwert-sich-beiobama-a-929636.html
20
Sammlung verschwand aus bislang noch ungeklärten Umständen
aus einem Tresorraum des Kunsthistorischen Institutes in Berlin, wo
eine Taskforce Gerlach den Wert und die Herkunft der Bilder
bestimmen sollte. Die unschätzbare Sammlung wurde nach dem Tod
des Industriellen Otto Gerlach vor zwei Jahren in einem Lagerhaus in
Stuttgart entdeckt und sorgt seitdem für eine kontroverse Diskussion
über den Umgang mit Beutekunst. Oberkommissarin Jankowitz, die
mit dem Fall betraut ist, spricht vom größten Kunstraub aller Zeiten.
Man arbeite eng mit Europol zusammen, um den Fall
schnellstmöglich aufzuklären.
137JUWE
Gut. Was wissen wir bis jetzt? Vor drei Tagen um 17 Uhr geht eine
Bombendrohung im Polizeipräsidium ein. Kurz darauf gibt es eine
Explosion in der Asservatenkammer. An der Wand das Graffiti „Kilroy
was here“.
138JANKOWITZ
Die erste Bombe sollte nur dafür sorgen, dass wir die zweite Bombe
ernst nehmen und evakuieren. Offenbar wollte er niemanden
verletzten.
139JUWE
Die zweite Bombe explodiert wie angekündigt in der BND-Zentrale,
zerstört die Server und vernichtet sämtliche Daten des
Nachrichtendienstes. Auch hier an der Wand ein Graffiti. Wie er es
geschafft hat, die Sprengsätze zu platzieren und seine Signatur zu
hinterlassen, wissen wir nicht.
140JANKOWITZ
Noch nicht. Um 17 Uhr 10 geht bei zwei Dutzend Banken der stille
Alarm los. Gleichzeitig fallen alle Ampeln der Stadt aus.
21
141JUWE
Bei Wartungsarbeiten im zentralen Verkehrslenksystem wird,
vermutlich mit einem USB-Stick, ein Trojaner eingeschleust. Ebenso
in das zentral gesteuerte Sicherheitssystem der Banken.
142JANKOWITZ
Der Verkehr bricht zusammen, sämtliche Polizeikräfte sind im
Einsatz. Alle verfügbaren Hubschrauber sind in der Luft, weil auf den
Straßen kein Durchkommen ist.
143JUWE
Im allgemeinen Chaos fällt ein einzelner weiterer Hubschrauber nicht
auf.
144JANKOWITZ
Der landet um 18 Uhr wegen eines vermeintlichen Rettungseinsatzes
vor dem Kunsthistorischen Institut in Dahlem.
145JUWE
Und transportiert 1500 ungerahmte Bilder ab, die Kilroy (alias
Professor Robert Langdon) aus dem Tresorraum gefischt hat.
146JANKOWITZ
Kilroy (alias Langdon) schickt die gestohlene Sammlung dreist per
UPS an die Kommission für Beutekunst in London.
147JUWE
Welche die Bilder nicht mehr herausrückt, sondern den
ursprünglichen Besitzern aushändigen will.
148JANKOWITZ
Die deutsche Regierung ist empört.
149JUWE
Die britische Regierung mauert.
150JANKOWITZ
Man droht mit Konsequenzen.
151JUWE
Frankreich, Spanien, Italien, Griechenland, Portugal, Israel und die
USA stellen sich hinter die Briten.
22
152JANKOWITZ
Und der Rest der Welt lacht über uns.
153JUWE
Wir wissen also was Kilroy getan hat, wir wissen teilweise wie er es
getan hat, wir wissen aber nicht warum. Er hat keinerlei Profit aus
der Sache geschlagen. Im Gegenteil. Für die Durchführung dieses
komplexen Vorhabens muss er erhebliche finanzielle Mittel
eingesetzt haben. Was also will Kilroy wirklich? Was hat er vor?
Schulze platzt rein.
154SCHULZE
Chefin …
155JANKOWITZ
Wie oft denn noch? Klopfen Sie an, Schulze.
156SCHULZE
Sorry Chefin, aber wir haben ihn.
157JUWE
Was?
158JANKOWITZ
Wen?
159SCHULZE
Kilroy.
160JUWE
Wo?
161SCHULZE
Er hat unter dem Namen Langdon im Nachtzug Berlin-Paris einen
eigenen Clubwagen gemietet. Dummerweise ist der Zug bereits
unterwegs. Letzter Halt vor Paris ist Göttingen. Sollen wir ihn dort
verhaften lassen?
162JUWE
Nicht bevor wir wissen, ob er auch wirklich Kilroy ist. Ich nehme
einen Hubschrauber und steige mit ein paar Leuten in Göttingen zu.
23
163JANKOWITZ
Ich nehme die nächste Maschine nach Paris und lasse den Bahnhof
abriegeln.
164JUWE
Scheuer.
165JANKOWITZ
Was?
166JUWE
Scheuer ist zwar ein Idiot, aber wir sollten ihn trotzdem verständigen.
167NACHRICHTEN
Inzwischen hat sich die so genannte Gerlach-Krise weiter
verschärft. Die Bundesrepublik verweigert ihre Zustimmung bei der
Vergabe weiterer Rettungspakete an Spanien, Portugal,
Griechenland, Irland und Italien, sollten sich die Regierungen dieser
Länder weiterhin hinter Großbritannien stellen. Auch das
Freihandelsabkommen mit den USA droht zu wanken. Präsident
Obama hat der Britischen Regierung in der Sache Gerlach seine
vollste Unterstützung zugesagt. Wenn das Freihandelsabkommen
scheitere, dann scheitere es eben, so Barack Obama. Hier ginge es
um wesentlich mehr als um wirtschaftliche Interessen, mehr als um
Profit, hier ginge es um Kunst.
24
6.
Szene
Nachtzug Berlin-Paris, Charterwagen. Kilroy, Juwe, Scheuer.
168KILROY
(Stimmverzerrer?) Zwei Bars, eine Tanzfläche, gedämpftes Licht, ein
Separee für das gepflegte Techtelmechtel ... Diese Luxusclubwagen
der Bahn sind wirklich fantastisch. Was darf ich Ihnen anbieten,
Officer Juwe? Sagen Sie nichts! Sie nehmen einen Mai Tai,
geschüttelt, nicht gerührt, richtig? Schon in Arbeit.
Schüttelt den Shaker.
169JUWE
Sie sind ausgesprochen gut über mich informiert, Kilroy.
170KILROY
Willst du den Gegner besiegen, so vergewissere dich seiner
Schwächen.
171JUWE
Clausewitz. Von einem Sieg scheinen Sie mir aber weit entfernt.
Einen eigenen Wagen ...
172KILROY
Luxusclubwagen!
173JUWE
… für eine Fahrt nach Paris im City-Nightliner zu chartern, dachten
Sie, dass fällt uns nicht auf? Zumal Sie den Namen Langdon benutzt
haben?
174KILROY
Immerhin, so haben wir Gelegenheit, uns endlich mal persönlich
kennen zu lernen. Ihr Drink, bitte. Stört es Sie, wenn ich etwas Geige
spiele?17
17
In Anlehnung an Sherlock Holmes.
25
Ein paar Takte Geigenmusik.
175JUWE
Stört es Sie, wenn ich ein Foto von Ihnen mache? Für die Akten?
176KILROY
Liebend gerne. Aber Sie werden damit nicht viel anfangen können.
Soll ich das Licht etwas hochdimmen? Dann wird die Aufnahme nicht
so verpixelt.18
177JUWE
Eine Maske!
178KILROY
Mehr Fantomas als Mission Impossible, aber für meine Zwecke völlig
ausreichend
Pitcht seine Stimme hoch und wieder runter.
Mein Lieblingsspielzeug ist natürlich das Sprachmodul. Amüsant,
nicht wahr?
18
Fantomas (1965).
Foto: http://www.fantomas-lives.com/fanto4.htm
26
179JUWE
Ein wenig albern.
180KILROY
Genau wie Ihre Walther, Officer Juwe. Sie verabscheuen
Schusswaffen und tragen sie nur der Vorschrift wegen. Wir wissen
doch beide, dass sich keine Patronen im Magazin befinden.
181JUWE
Vielleicht habe ich in diesem Fall eine Ausnahme gemacht.
182KILROY
Unwahrscheinlich.
183JUWE
Sie haben Recht.
Steckt die Waffe ins Holster.
Ihnen ist doch klar, dass in Paris ein Empfangskomitee für Sie bereit
steht. Oberkommissarin Jankowitz hat bereits alles arrangiert. Sie
wartet persönlich auf Sie am Bahnsteig.
184KILROY
Würde denn meine Verhaftung irgendetwas ändern? Der BND
kaschiert den ganzen Vorfall, um sich nicht zu blamieren, der
Ampelausfall war offiziell eine technische Störung, die
Bombenanschläge, die Banküberfälle, sie haben nie stattgefunden ...
Wie lautet eigentlich die Anklage? Dass ich von den Nazis geraubte
Kunst geraubt habe, die jetzt wieder in die Hände der rechtmäßigen
Besitzer gelangt? Wenn Sie nicht aufpassen, machen Sie noch einen
Helden aus mir.
185JUWE
Sie landen ganz klammheimlich in Stammheim, für dieses und Ihre
anderen Verbrechen.
186KILROY
Sofern Sie mir etwas nachweisen können.
27
187JUWE
Einzelhaft, Hochsicherheitstrakt. Ihr Gerichtsverfahren wird unter
Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden. Niemand wird je erfahren,
wer Sie sind oder was Sie getan haben.
188KILROY
Anonymität ist gut fürs Geschäft.
189JUWE
Mich würde interessieren, was Sie wirklich vorhatten. Wollten Sie
eine internationale Krise auslösen? Zu welchem Zweck?
190KILROY
Zu meinem Bedauern hat die Bundesregierung zwischen Hannover
und Göttingen gegenüber London eingelenkt. Natürlich habe ich eine
solche Entwicklung mit einkalkuliert. Eine unwesentliche
Verzögerung.
191JUWE
25 Jahre, wenn Sie überhaupt wieder rauskommen.
192KILROY
Sie sind tatsächlich der Ansicht, Sie hätten mich erwischt? Das
glauben Sie doch nicht wirklich?
193JUWE
An beiden Ausgängen des Wagens befinden sich Männer, und deren
Waffen sind geladen. Der Bahnhof in Paris ist abgeriegelt. Der Zug
wird von zwei Polizeihubschraubern eskortiert.
194KILROY
Gleich kommt ein Tunnel.
195JUWE
Auf der Strecke Berlin-Paris gibt es keine Tunnel.
196KILROY
Ich habe mir die Freiheit genommen, den Zug umzuleiten. Und was
Ihre Leute vor den Türen des Wagens betrifft, - die waren nicht
zufällig vom BND abkommandiert?
Scheuer betritt den Wagen.
28
197JUWE
Scheuer!
198SCHEUER
Officer Juwe...
199JUWE
Sie hängen in der Sache mit drin?
200SCHEUER
Ich habe eine Deckungslücke in meiner Altersvorsorge.
201JUWE
Wie viel hat Kilroy Ihnen bezahlt?
202SCHEUER
Ich arbeite auf Gewinnbeteiligung.
203JUWE
Gewinn? Sie landen schneller im Gefängnis, als Sie flatulieren
können. Was, wann, wo, mit wem und warum - Ihr eigener Laden,
der BND, hat doch alles über Sie abgespeichert.
204SCHEUER
So, hat er das?
205JUWE
Die Bombe im Serverzentrum!
206KILROY
Gut kombiniert, Dr. Watson. Kombinieren Sie weiter, oder besser:
induzieren Sie!
207JUWE
Hätte die Bundesregierung auf die Rückgabe der Gerlachschen
Sammlung beharrt und als Konsequenz die Zustimmung bei der
Vergabe weiterer Rettungsschirme im Euroraum verweigert, hätte
das zu einer tiefen Krise in Europa geführt. Spanien, Portugal, Irland,
Italien und Griechenland - allesamt zahlungsunfähig. Als nächstes
wäre Frankreich umgefallen. Das Aus für den Euro und die
Europäische Union. Zusammenbruch der Banken, der Aktienmärkte,
des Finanzwesens. Weltwirtschaftskrise. Soziale Unruhen. Das
ganze System wäre kollabiert.
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208KILROY
Und da sage noch einer, Kunst könne nichts bewirken.
209SCHEUER
Wissen Sie, wie viel Geld man mit dem Zusammenbruch des Euro
verdienen kann, wenn man auf die richtige Karte setzt?
210JUWE
Nur ist der Schuss nach hinten losgegangen. Die Eurozone wird es
auch weiterhin geben und Sie stehen mit leeren Händen da. Ich
werde Sie einbuchten, alle beide! Daran ändert auch die Entführung
eines Zuges nichts. Sie halten sich für einen Superschurken, Kilroy,
aber die Zeit der Superschurken ist vorbei.
211KILROY
Sie irren sich, Officer Juwe. Die Zeit der Superschurken hat gerade
erst begonnen...
Absage / Titelmelodie